Steueramtes, hat (1895) 5618 E., darunter 47 Katholiken, Postamt zweiter Klasse, Telegraph,
[* 3] evang. Stadtkirche, ein Schloß
(Tenneberg, 1392) auf dem Burgberg, jetzt Sitz der Behörden, Rathaus, zwei Bürgerschulen, Gewerbeschule, Mädchenpensionat,
Bezirkskrankenhaus, Hospital, Gasanstalt, Wasserleitung,
[* 4] Gewerbebank; bedeutende Fabrikation von Spielwaren aus Papiermaché,
Fleisch- und Wurstwaren, Pfeifen und Cigarrenspitzen, Tierfiguren, Alabasterwaren, Schläuchen, Bürsten
und Papier, Gerbereien und Mühlen;
[* 5] Handel mit Spielwaren und Fleischwaren. Nahebei Schnepfenthal (s. d.).
(spr. wóllthämm), Stadt im County Middlesex im nordamerik.
Staate Massachusetts, 16 km westlich von Boston,
[* 6] links am Charles-River und an zwei Bahnen, hat (1890) 18707 E., die bekannte große Waltham-Taschenuhrenfabrik, welche 1854 errichtet,
zuerst Uhren
[* 7] mit Hilfe von Maschinen herstellte, zwei Baumwoll- und Bleichwerke, Eisengießerei,
[* 8] Papiermühle,
Fabrikation von Schmirgelrädern, Wagen u. s. w.
HolyCroß (spr. wólltämm), angelsächs. Wealdham, Stadt in der
engl. Grafschaft Essex, links am Lea, an der Linie London-Cambridge der Great-Eastern-Eisenbahn, hat (1891) 6066 E., eine teilweise
erneuerte Abteikirche, in welcher der letzte angelsächs. König Harald
begraben liegt;
genauer Waltharius manu fortis, eine lat. Dichtung, die etwa 930 in Hexametern als
metrische Schulübung von dem St. Galler Mönche Eckehart Ⅰ. (s. d.; gest. 973)
gedichtet und später von einem Mönche desselben Klosters, Eckehart Ⅳ. (gest. um 1060), zum Teil überarbeitet wurde. Die
Dichtung, die im letzten Grunde sicher auf deutsche allitterierende Lieder zurückgeht, gehört dadurch trotz christl.
und gelehrter Einschiebsel zu den wichtigsten Quellen für die Kunde der alten deutschen Heldensage.
Sie berichtet, wie ihr Held, der vergeiselte Königsohn Walther vonAquitanien, bei Attila weilt, wie er mit Hildegunde, der
Tochter König Heinrichs von Burgund flieht, und wie er auf dem Wasgenstein (d. i. den Vogesen) gegen den habgierigen König
Gunther und seine Recken siegreich kämpft. Dem Dichter, der Virgil besonders plündert, glückt der einheitliche Aufbau des
Ganzen und der wilde volksmäßige Humor der Einzelkämpfe wunderbar gut. Der Waltharius wurde herausgegeben von Peiper (Berl.
1873), mit Übersetzung von Scheffel und Hölder (Stuttg. 1874), übersetzt von P. von Winterfeld (Innsbr.
1897). Von einem angelsächsisch allitterierenden und einem strophischen mittelhochdeutschen Walthergedicht
des 13. Jahrh. sind nur Bruchstücke da. In der Thidrekssaga, die aus niederdeutschen Quellen schöpft, und, wie es scheint,
in dem mittelhochdeutschen und bruchstückweise erhaltenen Gedicht von Walther aus dem 13. Jahrh. mußte Walther seinen Raub
gegen die verfolgenden Hunnen, unter ihnen Hagen,
[* 10] verteidigen. Auswüchse der Walthersage zeigt die poln.
Version von Walczerz wdały, die neben alten Zügen ganz junge Motive enthält. –
Vgl. Müllenhoff (in der «Zeitschrift
für deutsches Altertum», Bd. 12, S. 264);
vonderVogelweide, mittelhochdeutscher Dichter, wurde um 1165‒70 geboren, wahrscheinlich in Österreich
[* 12] (nach
anderer Ansicht in der Gegend von Bozen),
[* 13] aus niederm Adelsgeschlecht, lernte in Österreich, wo Reinmar der Alte gefeierter
Modedichter war, «singen und sagen». Als sein junger Gönner, HerzogFriedrich der Katholische, auf
einer Kreuzfahrt starb, verlor Walther von der Vogelweide seine bis dahin sehr günstige Stellung in Wien und begann ein Wanderleben, das ihn von der
Seine bis zur Mur, vom Po bis zur Trave brachte. Im Dienste
[* 14] König Philipps besang er im Sept. 1198 dessen Krönung; im nächsten
Jahre erscheint er in seinem oder im Gefolge Hermanns von Thüringen auf dem Weihnachtsfest zu Magdeburg.
[* 15]
Damals etwa wird er am ThüringerHofeWolfram von Eschenbach, später in Meißen
[* 16] Heinrich von Morungen kennen gelernt haben.
Schon im Mai 1200 und nach urkundlichem Zeugnis im Nov. 1203 war er wieder in Österreich und machte vergebliche
Versuche in Wien, bei HerzogLeopold dem Glorreichen dauernde Aufnahme zu finden. Von neuem bot ihm der Thüringer und zeitweise
der meißnische Hof
[* 17] eine Zuflucht (etwa 1203 bis Sommer 1211). Als der Papst den einst begünstigten KaiserOtto Ⅳ., der nach
Philipps Tode allgemein anerkannt war, in den Bann that (Frühling 1211), loderte W.s Zorn gegen Roms treulose
Politik auf; für Otto sang er seine mächtigsten, leidenschaftlichsten, polit.
Sprüche, die nach dem Zeugnis eines Zeitgenossen Tausende dem Papste abwendig machten. Aber schon im Herbst 1213 ging
Walther von der Vogelweide, dessen innerste Neigung immer den Staufern gehörte, mit der egoistischen Sorglosigkeit des Fahrenden
von dem geizigen Welfen zu Friedrich Ⅱ. über, der ihn durch ein kleines Lehn belohnte. Neue Wanderungen führten ihn nach
Kärnten, Aquileja, Mödling, Tegernsee, besonders nach Österreich (Anfang 1217), wo er bis etwa 1220 blieb und den vom Kreuzzug
heimkehrenden Herzog begrüßte. Im AuftrageFriedrichs Ⅱ. und seines nächsten Rates, des Erzbischofs
von Köln,
[* 18] spätern Reichsverwesers Engelbert, dem Walther von der Vogelweide sehr nahe stand, war er dann für die
WahlHeinrichs Ⅶ. und für den Kreuzzug thätig; dagegen ist er wohl nicht der Erzieher des jungen Königs Heinrich gewesen.
Nach 1220 ward ihm zum Dank ein neues reicheres Lehn zu Würzburg
[* 19] zu teil, das dem armen Sänger endlich
gesicherte Existenz gab. Engelberts Ermordung beklagte er in zorniger Trauer auf dem NürnbergerTage (Nov. 1225). Noch einmal
erhob er grollend seine Stimme, als wiederum Rom
[* 20] seinen Kaiser bannte (Nov. 1227); aber sein Pathos mischt sich mit elegischen
müden Tönen. Den Kreuzzug von 1228 hat er nicht mitgemacht. Er starb um 1230, wahrscheinlich in Würzburg,
wo er im neuen Münster
[* 21] begraben sein soll.
Walther von der Vogelweide dichtete Lieder und Sprüche. Er begann im Geschmack Reinmars des Alten mit modischen, reflektierenden Liebesliedern; als
er aber genötigt war, sich an den Höfen und auf der Straße sein Brot
[* 22] zu ersingen, da überwand er das
adlige Vorurteil, dem nur das höfische Minnelied und der Ritterroman standesgemäß schien. Dadurch, daß er die vollendete
Kunstform der höfischen Dichter mit der erquickenden Frische des Volksliedes, mit dem ausgelassenen Humor der Vagantenlyrik
verband, schuf er unerreichte Perlen des Minnesanges, so das berühmte Lied «Unter der Linde». Deutschlands
[* 23] Lob sang er
¶
mehr
in dem Liede «Ihr sollt heißen willekommen» mit demselben glühenden Patriotismus, der ihn in seiner polit. Dichtung zum Kampf
gegen das welsche Rom trieb. Die demagogische Macht seiner polit. Sprüche, die er mit allen Künsten rücksichtslos leidenschaftlicher
Rhetorik ausstattete, machte den armen Dichter zu einem begehrten Bundesgenossen des Kaisertums in seinem
Weltkampfe. Daß Walther von der Vogelweide, obwohl Gegner Roms, nicht unfromm war, beweist sein kunstvoller, farbenprächtiger Leich; freilich fehlt
es sonst nicht ganz an frivolen und trotzigen Äußerungen. Auch in seinen Klagen über persönliche Not, seinen Lob- und
Scheltsprüchen, seinen Bitten und Drohungen an Gönner tritt eine sichere, des eigenen Wertes bewußte
Männlichkeit hervor. Lehrhaften Betrachtungen über Minne und Zucht widmet er geistvolle, belebte Lieder; schwächer ist
die allgemeine Sittenlehre seiner Sprüche.
Ohne große Schule zu machen, galt er doch der Zeit, wie uns das UrteilGottfrieds von Straßburg
[* 25] beweist, als erster Meister
der Lyrik. Im Wartburgkrieg (s. d.) spielt er eine Rolle,
die Meistersinger nahmen ihn unter ihre zwölf alten Meister auf, und Hugo von Trimberg rief ihm nach: «Herr Walther von der Vogelweide von der Vogelweide,
wer des vergäß, der thät’ mir leide.» Im 16. Jahrh. hat Goldast manches von ihm veröffentlicht; im 18. Jahrh. verfaßte
Gleim «Gedichte nach Walther von der Vogelweide von der Vogelweide» (Halberst. 1779); dauernd wurde sein Andenken neu
belebt durch Uhlands schönes Buch «Walther von der Vogelweide von der Vogelweide, ein altdeutscher Dichter» (Stuttg. 1822; neu gedruckt in Uhlands«Schriften
zur Geschichte der Dichtung und Sage» und im 1. Bd. der Uhland-Ausgabe von FriedrichBrandes) und durch Lachmanns meisterhafte
kritische Ausgabe (Berl. 1827 u. ö.). Denkmäler wurden ihm errichtet in Würzburg, Innsbruck
[* 26] und Bozen
Neben Lachmanns Ausgabe sind zu nennen die vortreffliche von Wilmanns (2. Aufl., Halle
[* 27] 1883), von Pfeiffer (Lpz. 1864 u. ö.)
und von H. Paul (Halle 1882 u. ö.). Die beste Übersetzung ist noch immer die von Simrock (Berl. 1833 u. ö.); andere
von Pannier (in Reclams «Universalbibliothek») und von AdalbertSchröter (Jena
[* 28] 1881); einzelne Gedichte in Samhabers «Walther von der Vogelweide von
der Vogelweide» (Laibach
[* 29] 1882). Die umfängliche Litteratur stellte zusammen Leo (Wien 1880). Von Biographien vgl. außer UhlandsBuch: Menzel, Leben W.s von der Vogelweide (Lpz. 1865);
(Cetacea, hierzu Tafel: Waltiere), wasserbewohnende Säugetiere von Fischgestalt, bei denen die hintern Gliedmaßen
äußerlich gänzlich fehlen, die vordern dagegen in breite Flossen umgewandelt sind. Der oft ungeheure
Kopf geht ohne Hals in den spindelförmigen Körper über, der häufig eine Rückenflosse und stets am Ende eine Schwanzflosse
trägt, die aber, zum Unterschiede von den Fischen, wagerecht gestellt ist. Alle Wale
[* 31] sind Wasserbewohner und gehen nie ans
Land, auf dem sie sich nicht fortbewegen können und bald verenden. Da sie durch Lungen Luft atmen, so
müssen sie stets an die Oberfläche kommen, um Luft zu schöpfen und auszuatmen, was meist durch auf der Stirn gelegene Nasenöffnungen,
sog. Spritzlöcher, geschieht. Zu ihnen gehören
die riesigsten jetzt lebenden Tiere. So plump die Waltiere auf dem Lande aussehen,
so schnell und gewandt sind ihre Bewegungen in ihrem Element.
Der Körper ist stets mit einer, oft sehr dicken Fettschicht umhüllt. Man teilt die Waltiere in zwei Gruppen: zahntragende
Waltiere, zu denen die Familien der Delphine (s. d., mit dem gemeinen
Delphin, Delphinus delphisL.,
[* 24]
Fig. 2), Narwale (s. d., mit Monodon monocerosL.,
[* 24]
Fig.
1), der Butzkopf (PhocaenaglobicepsCuv.) und Kaschelot (s. d.) oder Potwal gehören, und zahnlose, mit Hornbarten
im Oberkiefer ausgestattete Bartenwale (s. Walfische) mit dem nordischen Finnwal (BalaenopteraboopsL.,
[* 24]
Fig. 3) und dem gemeinen
Wal (BalaenamysticetusL.,
[* 24]
Fig. 4).
Claude Albert, franz. Kupferstecher und Radierer, geb. zu
Paris,
[* 32] war erst Schüler des Malers Gérôme, sodann der Kupferstecher Martinet und Henriquel-Dupont und erhielt 1868 den großen
röm. Preis. Waltner wußte durch seine virtuose Technik die Originalgemälde alter und neuer Meister vorzüglich wiederzugeben.
Er stach viel nach niederländ., span. und franz.
Meistern;
Meisterwerke sind seine Radierungen nach Gemälden von Rembrandt.
W.s Beispiel ist von großem
Einfluß auf die jüngern Radierer Frankreichs gewesen.
Peter Alexandrowitsch, Graf, russ. Staatsmann, geb. 4. Okt. in
Moskau,
[* 36] war seit 1845 Beamter beim Generalgouverneur in Riga
[* 37] und 1853‒58 Gouverneur von Kurland.
[* 38] Als Minister des Innern, 1861‒68,
führte er die Aufhebung der Leibeigenschaft durch, setzte die Provinzialinstitutionen (s. Semstwo) ein und erließ ein neues
Preßgesetz. 1872‒77 war Walújew wieder Minister der Staatsdomänen, darauf bis Okt. 1881 Präsident
des Ministerkomitees. 1880 wurde er in den Grafenstand erhoben. Er starb 8. Febr. Walújew veröffentlichte
die Romane «Lorin» (Petersb. 1881; deutsch, 3 Bde.,
Lpz. 1882),
«Die Landessteuer» (1887),
«Die Fürstin Tatjana» (1891). Der Anfang seines Tagebuches (1848‒60) erschien in
«Russkaja Starina» (Jahrg. 1891).
cylindrischer, bei der Arbeit rotierender Körper, der aus den verschiedensten Materialien hergestellt ist und
einzeln oder in Zusammenstellung von mehrern gegeneinander arbeitenden sehr verschiedene Verwendung findet. Einzeln dienen
die Walze z. B. zum Einschwärzen der Schrift in der Buchdruckerei (Auftragwalze), in der Bäckerei zum gleichmäßigen
Ausbreiten des Teiges (Teigwalze), in mehrern Industrien zum Aufwickeln von Garnen oder Geweben (Wickelwalze), hohl
¶
gewalztes Stabeisen im Gegensatz zu dem durch Schmieden in Gesenken hergestellten. Der Querschnittsform
nach unterscheidet man hauptsächlich folgende Arten: Rundeisen (von kreisrundem Querschnitt), Quadrat-
oder Vierkanteisen (von quadratischem Querschnitt), Flacheisen von rechteckigem Querschnitt und in besonders dünnen Sorten
auch als Bandeisen bezeichnet), Sechs- und Achtkanteisen (von sechs- oder achteckigem Querschnitt). Die genannten Sorten heißen
auch Stabeisen; alle Sorten, deren Querschnitte hiervon abweichen, heißen zusammen Façon- oder Profileisen.
Unter diesen sind die wichtigsten Winkeleisen oder L-Eisen (von L-förmigem Querschnitt), T-Eisen (von
T-förmigem Querschnitt), Doppel-T-Eisen oder H-Eisen (von H-förmigem Querschnitt), U-Eisen (von U-förmigem Querschnitt),
C- oder E-Eisen (von ^[img]-förmigem Querschnitt), S-Eisen (von S-förmigem Querschnitt), Kreuzeisen oder X-Eisen (von X-förmigem
Querschnitt), Z-Eisen (von Z-förmigem Querschnitt), Zores-Eisen (von ^[img]-förmigem Querschnitt), endlich die Gruben-
und Eisenbahnschienen sowie die eisernen Schwellen (von ^[img]-förmigem Querschnitt) und die Bandagen für Eisenbahnräder.
Für die üblichen Querschnitte sind in Deutschland
[* 44] bestimmte Größen (Normalien) festgestellt worden, wodurch die Normalprofile
entstanden, die von Heinzerling (s. d.) und Intze zusammengestellt wurden. Diese Normalprofile beschränken die Anzahl der
Querschnittsformen. In dem Heinzerlingschen Werke sind Tabellen über Tragfähigkeit und Gewicht der einzelnen
Profile beigefügt, wodurch die Berechnung von Eisenkonstruktionen bedeutend erleichtert wird.
Grundstücke,Erb- oder Walzäcker, Wandeläcker, im Gegensatze zu den geschlossenen Höfen solche Liegenschaften,
die regelmäßig der Teilung im Erbgange unterliegen.
Sie kommen namentlich in Mitteldeutschland in der
Weise vor, daß nur ein Teil des Besitztums auf den Anerben übertragen, der «walzende» Rest unter seinen Miterben zu gleichen
Teilen aufgeteilt wird.
[* 49] Rollschiff, eine 1894 von dem franz. Ingenieur Bazin erfundene Schiffskonstruktion, der folgender Gedanke
zu Grunde liegt: auf sehr großen hohlen Walzen ruht eine Plattform;
die Walzen tauchen nur wenig ins Wasser
ein, die Plattform liegt etwa 6‒7 m über dem Wasserspiegel.
Durch eine Dampfmaschine
[* 50] werden die Walzen gedreht und laufen
auf dem Wasser wie die Räder eines
Wagens, der in weichem Boden teilweise einsinkt. Die Geschwindigkeit hängt vom Umfang der
Walzen ab, die bis 22 m Durchmesser bekommen können; 60‒70 Proz. dieses
Umfangs kommt das Schiff
[* 51] in Wirklichkeit vorwärts. Der franz. Konteradmiral Coulombeaud hat über die Probefahrt des Modells
eines Walzenschiff (im Bois de Vincennes, Herbst 1894) berichtet, daß es 32 Seemeilen oder 59 km Geschwindigkeit in der Stunde erreichte.
Gesteuert wird das Walzenschiff mit einem hydraulischen Ruder. Auf der Werft von St. Denis bei Paris lief 1896 das
erste Versuchsschiff von Stapel (s. Walzenschiff, Bd. 17),
das indes nicht die erhoffte praktische Brauchbarkeit bewährt haben soll.
(Solifugae), eine Ordnung der Spinnentiere
[* 52] (s. d.). Sie sind von allen übrigen Spinnentieren durch den
deutlich von dem dreigliedrigen Bruststück getrennten Kopf unterschieden. Sie besitzen scherenförmige
Kieferfühler und lange beinartige Kiefertaster. Ihr Hinterleib ist gegliedert und walzen- oder birnförmig. Die Walzenspinnen sind
nächtliche Tiere von blaßgelber Farbe und finden sich in Erdlöchern und Rissen in wüsten, steppenartigen Gegenden der wärmern
Länder. Die spinnenartige Walzenspinne (Galeodesaraneoides Pall.,
s. Tafel: Spinnentiere und Tausendfüßer Ⅱ,
[* 40]
Fig. 3) wird bis 6 cm lang und bewohnt die südruss. Steppen
bis zur Wolga; ihr schmerzhafter Biß soll giftig wirken und kleinere Tiere töten.
ein deutscher Tanz im ¾- oder ⅜-Takt von heiterm, fröhlichcm Charakter. Früher von mäßigerer Bewegung,
hat er sich durch die Herrschaft der Wiener Walzer zu größerer Lebhaftigkeit gesteigert. Um die Einförmigkeit
zu vermeiden, und den Walzer zu größern Tanzscenen geeignet zu machen, haben die Meister der Wiener Schule (Strauß,
[* 56] Lanner, Gungl,
Labitzky u. a.) mehrere Melodien aufeinander folgen lassen. Der Walzer ist der populärste
Tanz der Gegenwart. Seine Beliebtheit ist auch daraus zu ersehen, daß neuere Komponisten ihn teils national, teils sogar
gesangmäßig behandeln, wie Brahms («Ungarischer Walzer» und «Liebesliederwalzer»).
Rollkorb, cylindrisches Geflecht von 3 m Länge und 1 m Durchmesser;
mit Strauchwerk und Stangen ausgefüllt,
diente er früher als bewegliche Deckung der Sappentête bei Ausführung der völligen Sappe (s. d.,
[* 40]
Fig.
2).
Nur bei dem zur Herstellung von Nadreifen benutzten Kopfwalzwerk liegen die Walzen
außerhalb der Ständer.
In der Regel werden in einem Ge- rüst zwei Walzen zusammengestellt (DuoWalz- werk);
für gewisse Fälle
der Fabrikation auch drei (Triowalz werk) und mehr.
Die Walzenachsen liegen mit wenig Ausnahmen horizontal
überein- ander, ragen über die Gerüste nach außen vor und erhalten hier quadratischen oder sternförmigen Quer- schnitt,
um die Walzen nebeneinander stehender Ge- rüste unter Einschaltung kurzer Wellenstücke mit Hilfe übergeschobcner Htuffen
zusammenschließen (kuppeln) zu können.
Eine Anzahl solcher im Ver- band stebeuder Einzelwalzwerke bilden eine W
alzen -
[* 59]
strahe(s.nachstehendeFig.i).
Die von einem Dampf- odcr Wassermotor ausgehende Betriebsarbeit wird Nig. 1. unter Vermittelung
von Zahnrädern a (Kräu- seln), die in einem besondern Gerüst d gelagert sind, und einer ausrückbaren Klauen- oder Reibungs-
kuppelung o dem ersten Walzenpaar I der Straße zugeleitet und von diesem aus mittels der Walzen- kuppelungen
ä ans die übrigen II u. s. w. über- tragen.
Indem die Querschnittsabmessungen der Kuppelnngswellen so gewählt werden,
daß die Festigkeit
[* 60] dieser geringer ist als die der Walzen- körper und Walzenzapfen, sichern dieselben die Wal- zen bei zu
starkem Anwachsendes Arbeitswiderstan- des vor Bruch (Vrech tuppclnngcn).
Die untere Walze der Duowalzwerke
ist unverrückbar gelagert; die Lager
[* 61] der obern Walze gleiten in den rahmen- artig gestalteten Gerüsten und können mittels
Gegen- gewichten n. dgl. gehoben, mittels Schrauben- spindeln oder hydraulischen
Druckwerken gesenkt werden.
In der tiefsten Stellung berühren sich die Walzen in der sog. Walzlinie.
Vor dieser liegt an der
Einzngseite der umlaufenden Walzen der zur Stützung und sichern Einführung des Werkstückes dienende
Walzentisch;
auf der Austrittseite lösen Abstreifmeißel das Werkstück von den Walzen- flachen ab.
Für wiederholtes Auswalzen
des Ar- beitsstückes muß dieses nach jedem Durchgang auf die Einzugseite über die Oberwalze zurückgeführt werden.
Bei
großen, für die Bearbeitung schwerer Stücke bestimmten Walzwerk werden zur Erleichterung des Nberhebens an der
Ein- und Austragseite der Wal- zen Walzentische angeordnet, die in der Höhenrich- tung verstellbar sind.
Nicht selten sind
die Stutz- flächen dieser aus einer größern Anzahl neben- einander liegender Transportwalzen gebildet, die zuweilen zur
Erleichterung des Transportes selb- ständige Drehung erhalten.
Zur Vermeidung des mit dem Überheben verbundenen
Zeitaufwandes tann durch Einschaltung eines Wendegetriebes zwi- schen Motor und Krauselgerüst nach jedem Durch- gang des Werkstückes
dieNmlaufrichtung der Walzen gewechselt werden (Kehr- oder Reversierwalz- werke).
Bei den Triowalzwerken findet die Rück führung
des Werkstückes zwischen der Mittel- un^ Oberwalze, also unter Leistung von Walzarbeil statt.
Die bisher
erwähnten Walzwerk heiszen auch Schub oder Langwalz werke.
Liegen jedoch die Acksei der Walzen geneigt zueinander im Gerüst, so
erhäl das Werkstück neben der fortschreitenden auch einl Drehbewegung, wodurch derartige Walzwerk zur Her stellung von Rundstäben
und Röhren geeignet wer den (Schrägwalzwerk; s. auch Mannesmann sches Röhrenwalzverfahren).
Die Verminderung des Querschnittes eines Werk stückes ist stets mit einer Lüngenzunahme, dei Strecknng, des letztern verbunden.
Die Quer schnittsabnadmc in der Richtung normal zur Walz linie wird die Stauchung, diejenige parallel zi dieser Linie die Breit
ung genannt.
Zur Herstel lung plattenförmiger Körper (Bleche, Panzerplatten) wer den Walzen von kreiscylin
drischer Gestalt benutzt, de ren Länge der Breite
[* 62] de^ Arbeitsstückes entspricht.
Dei Abstand der Walzen in dci Walzlinie
bedingt die Dickt des herznstellenden Arbeits stückes und wird für jeder nenenDnrchgang verkleinert Die Breitung ist hierbei
ir der Regel nicht begrenzt, die Werkstücke erhalten daher rauhe Ränder.
Für Platten mit genar rechteckigem
Querschnitt werden den Walzen nock zwei kurze stehende Cylinderwalzen vorgelagert, du selbständig angetrieben werden und
deren gegew seitiger Abstand, der Breite des Werkstückes ent sprechend, geregelt wird (Universalwalzwerke), oder es werden
in die Oberfläche der einen odel anch der beiden Walzen rundumlaufende Nuten (Kaliber) geschnitten, deren
Querschnitt dem bcr zustellenden Stabquerschnitt gleicht.
Diese Kalibei sind für die Herstellung beliebiger Stabformen ge
eignet. Man unterscheidet offene und gcschlosscm Kaliber.
Auch im Kaliber kann die Verminderung und Umgestaltung des Querschnitts
eines Werk stückes nur allmählich erfolgen.
Sie erfordert bei Walzen mit offenen Kalibern, ebenso wie bei Platten-
Walzwerken, die Veränderung des gegenseitigen Ad
[* 59]
Fig. 2. standes der beiden in einem Gerüst vereinten Wal zen, bei geschlossenen
Kalibern das Durchlaufe! mehrerer derselben, deren Querschnitte allmählick kleiner werden und so gestaltet sind, daß der
Quer schnitt des Walzstückes sich allmählich der verlangter Endform nähert.
Die Ermittelung des Abnahme- verhältnisses
der Kaliber erfordert eine genam
¶
mehr
495 Kenntnis der Arbeitseigenschaften des zu verarbeitenden Materials und große praktische Erfahrung.
Verwickelte Querschnittsformen
erfordern meist eine große Zahl von Einzelkalibern. In
[* 63]
Fig. 2 sind die aufeinander folgenden Kaliber eines Schienenwalzwerkes
wiedergegeben.
Sehr dünne Stäbe zu Walzdraht werden gleichzeitig durch eine Anzahl (bis 20) Kaliber hindurchgeführt und hierbei
in einem Durchgang vollendet.
Die Kaliber sind dann zweckmäßig auf Walzenpaare verteilt, die bei gleichem
Durchmesser mit zunehmender Geschwindigkeit umlaufen.
Über die in der Münztechnik gebrauchten Walzwerk s. Münze.
Das Walzwerk tritt
auch als Zerkleinerungsmaschine auf und hat je nach dem zu verarbeitenden Material verschiedene Konstruktionen.
Seine Breite wechselt zwischen 45 und 90 m, seine Tiefe vermindert sich im untersten Lauf bis auf 1 m. Seine Schiffbarkeit
ist wegen der Stromschnellen und Krümmungen äußerst beschränkt.
Triel, Koder, die von der Kehle bis zur Brust herabhängende Hautfalte beim Rindvied, die bei männlichen Tieren
und einzelnen Rassen stärker hervortritt.
Perlen aus marinen Konchylien geschnitten, die unter den Indianerstämmen östlich des Felsengebirges bis hinauf
nach dem Saskatschawan allgemein als Geldmünze in Gebrauch waren und durch Tausch auch zu den Stämmen
weiter westlich gelangten, wo sie indes nur als Schmuckgegenstand dienten. Man hatte eine weißgefärbte Varietät und eine
von Purpur- und braunschwarzer Färbung. Die erstere wurde meist aus den 6–7" langen, birnförmigen Gehäusen zweier Schnecken
[* 66] aus der Gattung Fulgur angefertigt. Die dunklere Varietät wurde aus dem Gehäuse einer Venusart hergestellt.
Man reihte sie auf Tiersehnen oder Schnuren, die dann auch in handbreite Geflechte, sog. Wampumgürtel (wampum bells), verschlungen
wurden. Diese wurden bei Friedensschlüssen, wichtigen Verhandlungen u.s.w. ausgetauscht und überlieferten durch besondere
Muster die Art des Ereignisses der Nachwelt.
1) Türk. Wilajet im südöstl. Armenien, gewöhnlich zu Kurdistan gerechnet, bestehend aus den Sandschaks Wân und Hakkiari,
hat ein Areal von etwa 47700 qkm und zählt etwa 430000 E., darunter 79998 armenische, 98002 andere Christen, sonst Kurden
und einige Türken in den Städten. Es ist durchaus gebirgig und umschließt den Wansee (s.d.). –
2) Hauptort des Wilajets Wân, am Ufer des Wansees, Sitz des Generalgouverneurs des nördl. Kurdistans, mit etwa 30000 E., zerfällt
in die ummauerte türk. Stadt mit der Citadelle und die armenische sog.
Gartenstadt mit herrlichen Gärten, hat vier Moscheen, schöne Bazars, verwahrlostes Militärhospital; Weberei
[* 68]
(Ziegen-
und Kamelhaar), Herstellung von groben Kalikos und feinen Silberarbeiten, Obstbau und Landwirtschaft. Innerhalb der Mauern der
Citadelle finden sich großartige Felsenbauten («Felsschloß der Semiramis»),
hineingehauen in den Kalkstein mit polierten Wänden, aus denen sich vorzüglich erhaltene Keilinschriften befinden. Der Sage
nach ist Wân von Semiramis (daher auch Schamira makert = Semiramisstadt bei den Armeniern genannt),
nach den Inschriften aber sind Stadt und Befestigungen etwa von der Mitte des 9. bis zur Mitte des 8. Jahrh.
v. Chr. Gebaut. Für die Bewässerung ihrer Gärten diente der sog. Schamiramsul = Semiramiskanal, ein noch heute
erhaltener und in Gebrauch befindlicher Felsenaquädukt von 75 km Länge.
Ruinen finden sich auf der ganzen Ebene rings um den See. Die Stadt soll vom pers. König Schapur
II. in der Mitte des 4. Jahrh. n.Chr. zerstört worden sein, erscheint aber später, bis 1021,
als Residenz einer armenischen Dynastie im Lande Vaspuragan. Sie kam 1021 unter die Herrschaft der Byzantiner, 1081 unter
die der Seldschuken und Turkomanen, gehörte Ende des 12. Jahrh. zum Reiche Khilât (Achlath), im 13. und 14. Jahrh. zu Kurdistan,
wurde 1387 und 1394 von Timur, 1425 vom Turkomanen Iskander erobert und 1533 und 1548 von den Türken durch Kapitulation den
Persern entrissen, welche sie 1636 auf kurze Zeit wieder eroberten.
der nationalen Sage nach die Tochter des poln. oder böhm.
Königs Krakus, des vermeintlichen Gründers der Stadt Krakau,
[* 69] nach einigen die Schwester der Libussa (s. d.), soll um 700 Polen
beherrscht haben. Als der deutsche Fürst Rytiger um ihre Hand
[* 70] anhielt und nach ihrer Weigerung Polen mit Krieg überzog, besiegte
ihn Wanda zwar, stürzte sich aber, um ihr Keuschheitsgelübde zu halten und Polen vor weitern Kriegen zu
bewahren, in die Weichsel. Noch heute wird ein Hügel, Mogila, unfern Krakau, als ihr Grabmal bezeichnet. Die Sage ward wiederholt
von poln. Dichtern, auch von Werner in dem Drama «Wanda, Königin der Sarmaten», bearbeitet.
Blatt,
[* 72] mehrere zur Familie der Gespenstheuschrecken (s. Phasmidae) gehörige Geradflüglerarten, deren Körper
in der Form durch die Erweiterung des Hinterleibs und der Flügeldecken sowie auch in der Färbung einem
Blatte gleicht, und deren gleichfalls erweiterte Schenkel kleinere Blätter nachahmen. + Bekannt ist das ostindische, 70–95
mm lange, im Leben hellgrün, nach dem Tode gelbgefärbte Trockne Blatt(Phyllium siccifoliumL.; s. Tafel: Zuchtwahl I. Nachahmende
Zuchtwahl,
[* 63]
Fig. 2).