Von ärztlicher Seite wird dies zurückgeführt auf die überhandnehmende
Nervosität der letzten Generationen und behauptet,
daß sexuelle Delikte vielfach in psychischen Defektzuständen ihren
Grund hätten, so daß hier oftmals Veranlassung zur
Berufung des Gerichtsarztes wegen Feststellung der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten nötig sei. Nach Deutschem
Bürgerl. Gesetzb. §§. 825 und 847 ist, wer eine Frauensperson durch Hinterlist,
Drohung oder
Mißbrauch
eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung außerehelichen Beischlafs bestimmt, ihr zum Ersatz des daraus entstehenden
Schadens (Entlassung;
Defloration) verpflichtet.
Vgl. von
Liszt, Lehrbuch des deutschen
Strafrechts (8. Aufl., 2 Bde.,
Berl. 1897 fg.);
Harburger, Konkubinat (in
Liszts «Zeitschrift», Bd.
4,1884);
Rosenblatt (ebd., Bd. 5,1885);
Binding, Unzüchtige Handlungen und Unzüchtige
Schriften (ebd.,
Bd. 2,1882);
Kohler, Das Sinnliche und das Unsittliche in der Kunst (ebd., Bd.
7, 1887);
die Litteratur über den Prozeß
Gräf (ebd., Bd. 6, 1886);
die in der durch das Gesetz bestimmten Form von einer
Behörde, einem
Beamten, einem Gericht abgegebene Erklärung, daß sie für die an die
Behörde u. s. w. gebrachte Sache sachlich oder örtlich
nicht zuständig seien. Sie wird, wenn eine
Behörde um Vornahme einer amtlichen Handlung ersucht hat, dieser
Behörde gegenüber
abgegeben, z. B. von dem um Rechtshilfe (s. d.)
ersuchten
Amtsgericht. Im Civilprozeß spricht das Gericht zwischen den Parteien seine
Unzuständigkeit durch
Urteil aus; bei
örtlicher
Unzuständigkeit und sofern nicht für das zuständige Gericht die Zuständigkeit ausschließlich begründet ist,
jedoch nur dann, wenn der Beklagte die
Unzuständigkeit gerügt hat, bevor er zur Hauptsache verhandelt hat (§. 39 der
Deutschen Civilprozeßordnung).
Auf
Antrag des Klägers verweist das
Amtsgericht, wenn es sich für fachlich unzuständig erklärt, die Sache an das Landgericht
(§. 466 der Civilprozeßordnung), und umgekehrt (§. 249). Wegen der der Kammer für Handelssachen gegenüber der
Civilkammer
und umgekehrt
haben §§. 103, 104 des Gerichtsverfassungsgesetzes die entsprechenden Bestimmungen. Nach
Österr. Civilprozeßordnung muß die Unzuständigkeitseinrede bei der ersten
Tagsatzung angemeldet werden (§. 240; dazu
Jurisdiktionsnorm vom §§. 41 fg.). Im
Strafverfahren muß der Angeschuldigte die örtliche
Unzuständigkeit bis
zum
Schluß der
Voruntersuchung, falls aber solche nicht stattfand, in der Hauptverhandlung bis zur Verlesung des
Beschlusses über die Eröffnung des Hauptverfahrens geltend machen (Strafprozeßordnung §. 16). Nach Eröffnung des Hauptverfahrens
darf das Gericht seine örtliche
Unzuständigkeit nur auf Einwand des Beklagten aussprechen (§. 18). Die die
Unzuständigkeit
aussprechenden
Beschlüsse des Gerichts können mit der
Beschwerde angefochten werden.
Das Strafgericht darf sich nicht für sachlich unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht
niederer Ordnung gehört (§. 269); stellt sich nach dem Ergebnis der Verhandlung die dem Angeklagten zur Last gelegte That
als eine solche dar, welche die Zuständigkeit des Gerichts überschreitet, so spricht es durch Beschluß seine
Unzuständigkeit
aus und verweist die Sache an
das zuständige Gericht. Dieser Beschluß hat die Wirkung eines das Hauptverfahren
eröffnenden Beschlusses und muß den Erfordernissen eines solchen entsprechen.
Über seine Anfechtbarkeit bestimmt der §. 209 der
Strafprozeßordnung (§. 270). ^[]
im Sanskrit eine
Klasse theol.-philos.
Traktate, die ursprünglich einen
Abschnitt
der sog.
Brāhmana (s. d.) oder
Āranyaka (s. d.) bildeten, zum
Teil sich auch noch in diesen finden, meist
aber selbständige Werke sind. Die enthalten die ältesten philos.
Spekulationen der
Inder, zum
Teil tiefsinnig und in schwungvoller
Sprache.
[* 2] Fünfzig der bedeutendsten wurden 1656 auf
Befehl des Fürsten Muhammed
Dara Shakoh, ins
Persische und daraus von
Anquetil-Duperron (s. d.) ins
Lateinische (2 Bde., Straßb.
1802–4) übersetzt. Eine neue engl.
Übersetzung der wichtigsten lieferte
MaxMüller («Sacred Books of the East», Bd. 1
u.
15). Zwei der besten gab mit deutscher
Übersetzung heraus
Böhtlingk, die «Khândogjopanishad» (Lpz.
1889) und die «Bṛhadāraṇjakopanishad» (Petersb.
1889). Eine
Übersetzung gab
Deussen, Sechzig des
Veda, aus dem Sanskrit übersetzt (Lpz. 1897).
mehrere auf den hinterind.
Inseln und Philippinen gebräuchliche Pflanzengifte. Das berüchtigtste
kommt von dem javan.
Giftbaum (s.
Antiaris). Aus seinem
Milchsaft
(Boon- oder Pohon-Upas, auf Java Antschar, auf den Philippinen
Ipo genannt) bereiten die Malaien unter Beimischung von Schlangengift, Pfeffer, Galgant- und Ingwerwurzelsaft
ein Pfeilgift, das
Menschen und größere Säugetiere in kürzester Zeit tötet. Schneller noch wirkt das Upas-Radscha oder
Tieuté (s. Pfeilgifte). Die wirksamen
Bestandteile des Upasgiftes sind
Alkaloide, deren Zusammensetzung noch nicht genau feststeht,
die aber in der Wirkung dem
Strychnin nahestehen.
schwed. Landschaft, der nordöstl.
Teil des Svealand, im S. vom
Mälarsee, im O. von der Ostsee begrenzt, jetzt
Teile der drei
LäneStockholm,
[* 3]
Upsala
[* 4] und Westmanland mit 12820 qkm und 250000 E. umfassend. ist die Stammlandschaft
Schwedens. Der Küstenstrich längs der Ostsee, Roslagen, wie auch der am
Mälarsee sind von
Buchten zerrissen. Bedeutende
Wälder
finden sich in den nördl. und nordwestl.
Teilen, großartige Eisenwerke
(Dannemora u. a.) im
NO. und weite,
fruchtbare Ebenen in den Gegenden von Fyrisån und am
Mälarsee.
früher
Ojolava, zweitgrößte der
Samoa-Inseln (s. d.), die fruchtbarste und schönste von allen, südöstlich
von Savaii, ist von O. nach W. 64 km lang und bis zu 24 km breit, bedeckt mit den Nebeninseln 881 qkm.
(S. die Nebenkarte zur Karte: Oceanien.) Die eingeborene
Bevölkerung
[* 5] beträgt etwa 16000 christl. E., außerdem leben besonders
in
Apia (s. d.), der Hauptstadt des Archipels, 250 Europäer. Im westlichsten
Teil, dem ergiebigsten Distrikt, erhebt sich der ausgebrannte
Vulkan Tofua zu einer Höhe von 930 m; das
die
Insel von W. nach O. durchziehende
Gebirge fällt nach S. steil ab, senkt sich dagegen nach N. allmählich und ist mit
¶
mehr
einer dichten Pflanzendecke bekleidet; die höchsten Gipfelpunkte desselben sind erloschene Vulkane.
[* 7] Die Ufer sind von Korallenriffen
umgeben; außer Apia sind bemerkenswert Saluafata, ein trefflicher Ankerplatz, wo Deutschland
[* 8] das Recht hat, Kohlenlager und
Stationsgebäude zu errichten; ferner an der Südküste die Bucht von Safata und der Hafen von Falealili, der größte
Ort der ganzen Gruppe.
[* 4] alte Universitätsstadt im Län gleichen Namens, in der schwed. Landschaft Upland, 66 km nordnordwestlicb von
Stockholm, an der nördl. Staatsbahn, die hier nach Gefle und Norrtelge abzweigt, liegt
in fruchtbarer Ebene, an dem bis dahin schiffbaren Flüßchen Fyris. Die Stadt hat (Ende 1895) 21 428 E.
ist seit 1164 der Sitz des Erzbischofs, Primas des Reichs, und eines Landeshauptmanns und hat außer der Universität vollständiges
Gymnasium und mehrere Volksschulen sowie ein Volkslehrerseminar.
Der neuere Stadtteil ist eben, die ältere westl. Hälfte bergig. Die Universität wurde 1477 gestiftet
und später von Gustav II. Adolf mit dem Geschenk seiner sämtlichen Familiengüter bereichert. Die Bibliothek zählt etwa 280000
Bände (kleine Schriften ungerechnet) und 12000 Handschriften, darunter den berühmten Codex argenteus des Ulfilas (s. d.). Ferner
besitzt die Universität eine Sammlung von 16000 Münzen,
[* 9] eine Gemäldesammlung, eine sehr wertvolle Mineraliensammlung,
einen großen botan. Garten
[* 10] mit einem Museum und der 1829 errichteten Statue Linnés, chem. Laboratorium
[* 11] im Carolina-Park sowie
eine Sternwarte
[* 12] und andere (im ganzen 12) akademische Institute.
Das prächtige Universitätsgebäude im Renaissancestil wurde 1879-87 erbaut. Der Lehrerstand beträgt (1896) 120, die Zahl
der Studenten 1505, davon 330 in der theol., 431 in der jurist., 224 in der mediz. und 520 in der philos.
Fakultät. 2 km entfernt ist die neue Centralirrenanstalt. Die got. Domkirche wurde 1260 vom
franz. Baumeister E. de Bonneuil begonnen und um 1435 vollendet; 1702 durch die Feuersbrunst, welche fast
ganz in Asche legte, sehr beschädigt, wurde sie unter Leitung von H. Zetterwall 1886-93 gänzlich restauriert (Portal s. Tafel:
Skandinavische Kunst
[* 13] I,
[* 4]
Fig. 1).
Prachtvoll sind die Grabmäler Gustav Wasas (mit Sandbergs Freskogemälden), Johanns III., Linnés und vieler Adelsgeschlechter.
In bestehen eine königl. Societät der Wissenschaften (gestiftet 1710), ein mediz. Verein und eine Humanistiska
Vetenskaps-Samfundet. Seit den ältesten Zeiten wird in im Anfang Februar ein großer Markt, Distingen (Disa-ting), gehalten,
bei welchem besonders die norrländ. Bauern ihre Waren absetzen. Die Industrie ist unbedeutend. Die Umgegend, der Boden der
ältesten Geschichte Schwedens, führt den Namen Fyrisvall. Hier liegt, 4 km nördlich von der Stadt, das
jetzige Bauerndorf Gamla-Upsala, d. i. Alt-Upsala, einst der Hauptsitz des Asakultus und Residenz des Oberpriesters, der zugleich
Oberkönig war, mit einem jetzt verschwundenen Tempel
[* 14] und heiligen Haine. Dabei sind drei große Königshügel und kleinere
Grabbügel. -
Vgl. Annerstedt, universitets historia (Upsala 1877);
schwed. Bezirk, umfaßt den mittlern Teil der ProvinzUpland und zählt auf 5314 qkm, davon 193 qkm Wasser,
(1895) 123 015 (58 951 männl., 64 064 weibl.) E. Von der Festlandoberfläche sind 27 Proz.
Ackerland, 9 Proz. Wiesen und 55 Proz. Wälder.
Der fruchtbare Boden erzeugt reichlich Getreide;
[* 15]
im nördl.
Teil ist Bergbau
[* 16] der wichtigste Erwerbszweig.
Eisenbahnen hat 43 km Staats- und 232 km Privatbahnen.
[* 17]
(Bos primigenius Boj.), ein im wilden Zustande schon seit langer Zeit ausgestorbenes Rind,
[* 19] das
bei den alten Bewohnern Deutschlands
[* 20] ein Hauptjagdwild war.
Die Römer
[* 21] benannten es mit dem altgermanischen Ausdruck ûrus,
althochdeutsch ûr, woher unser Auer(ochs).
Es wurde, wahrscheinlich in schon sehr früher Zeit, gezähmt und man führt drei
gegenwärtig noch lebende Rinderrassen, nämlich das Appenzeller, Holländer und Berner Vieh, auf den Ur
zurück.
Man darf den Ur nicht mit dem Wisent (s. d.) verwechseln.
assyr. Uru, Stadt im nördl. Mesopotamien, von der aus nach der Bibel
[* 22] Tarah,
der VaterAbrahams, nach Kanaan zog
(1 Mos. 11,28,31; 15,7). Die Ruinen von Ur sind von Rawlinson wieder
entdeckt worden in El-muqajjar oder Mugheïr am rechten Ufer des Euphrat. Schon in den ältesten Zeiten der babylon. Geschichte
(s. Babylonien, Geschichte) spielte Ur eine hervorragende Rolle als Hauptstadt des Reichs von Schumir und Akkad. Die Hauptruine
birgt einen großen Tempel des Mondgottes Sin, der Stadtgottheit Urs.
1) Oberamt im württemb. Schwarzwaldkreis, hat 295,10 qkm und (1895) 31 325 (14 642 männl., 16 683 weibl.) meist
evang. E. in 2 Stadt- und 26 Landgemeinden. - 2) Oberamtsstadt im Oberamt an der Erms und der Ermsthalbahn
(Metzingen-Urach, 10,4 km, Nebenbahn) der Württemb. Staatsbahnen, Sitz des Oberamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Tübingen,
[* 23] hat (1895) 4558 E., darunter etwa 250 Katholiken, Post, Telegraph,
[* 24] evang. und kath. Kirche, Schloß (1443), schönen Brunnen
[* 25] mit got. Säule, evang.-theol.
Seminar, Latein- und Realschule, Spital und Krankenhaus,
[* 26] Handwerkerbank, Sparkasse, elektrische Straßenbeleuchtung; Baumwoll-
und Flachsspinnerei, Baumwollweberei, Bleicherei, Gerberei, Drechslerei, Färberei, Holzwaren-, Wagen-, Leder- und Leinwandfabrikation,
mechan. Werkstätte, Kunstmühle, Kalksteinbrüche, Obstbau, Vieh-, Schaf- und Fruchtmärkte.
wird als Luftkurort besucht. In der Nähe die Trümmer der Festung
[* 27] Hohenurach. war seit dem 12. Jahrh.
Sitz eines Grafengeschlechts, kam 1260 an GrafUlrich von Württemberg
[* 28] und war 1442-82 Sitz der Uracher
Linie der Grafen von Württemberg. 1557-62 bestand in die slaw. Buchdruckerei des BaronsUngnad (s. d.). -
Vgl. Adam, Führer
durch das Uracher Gebiet (Urach 1876).
(grch.), Harnstrang, in der Entwicklungsgeschichte der sich verschmächtigende Teil der Harnhaut (s. d.), der
durch den Hautnabel hindurchgeht und sich nach der Beendigung des embryonalen
¶
mehr
Lebens in einen festen rundlichen Strang (Ligamentum vesicale medium) verwandelt, der vom Scheitel der Harnblase nach dem Nabel
verläuft.
russ. Kammenój Pojas (d. h. Erd- oder Felsengürtel), bei den
Alten Montes Hyperborei oder Riphaei, das Gebirge, welches an der Grenze Asiens und Europas von der Karischen Bucht des
Eismeers bis zu den Ufern des Aralsees (von 68° 30' bis 45° 30' nördl. Br.) in einer Strecke von 2560 km durch die ganze Breite
[* 31] des RussischenReiche hinstreicht und die einzige Unterbrechung der ungeheuren Tiefebene Osteuropas und Nordasiens bildet. (S.
Karte: Europäisches Rußland, Bd. 14, S. 66, und für den
südl. TeilRussisch-Centralasien und Turkestan, Bd. 14, S. 34.) Die mittlere Kammeshöhe des ist
360-460 m, seine bedeutendern Gipfel erhöhen sich bis über 1600 m. Der Ostabfall zeigt geringe
Vorgebirge, die westl. Seite ist ein weites welliges Hügelland.
Das Gebirge wird gewöhnlich in den nördlichen oder wüsten, den mittlern oder erzreichen, den südlichen
oder waldreichen eingeteilt. Der nördliche oder wüste dessen Fortsetzung die Inseln Waigatsch und Nowaja Semlja erfüllen,
reicht vom Eismeerbis in die Gegend der Petschoraquellen, ist eine wallähnliche, von niedrigen Vorbergen begleitete Felsenkette
mit Gipfeln von 1000 m Höhe, die durch 450 m hohe Einsenkungen und weite Thäler voneinander geschieden
sind, mehrfach zerspalten, zertrümmert und kahl: sein Kamm und seine Gipfel sind waldlos, mit Krüppelholz, Moos, Torf, Morästen,
Felsblöcken bedeckt oder nackt, fast stets in Wolken und Nebel gehüllt, die unwirtlichste Gegend Europas;
in den Thälern
findet sich hingegen dichter Nadelwald. In ihm steigt der höchste Gipfel des der Töll Pös-is, zu 1656 m
empor.
Der nördlichste höchste Punkt ist der Konstantinow-kamen, 447 m hoch. Der vielen Passagen wegen darf der mit Recht
für zugänglich gelten; hierauf stützen sich die Vorschläge einer VerbindungSibiriens mit dem Petschoragebiet. Der mittlere
auch der mineralreiche, permische, werchoturische, ostjakische oder Jekaterinburger genannt, reicht südwärts
bis zu den Quellen und dem Durchbruchsthal der Ufa und ist der schmalste und zugänglichste Teil des ganzen Gebirges.
Die Zone seiner Vorberge ist nur schmal; die mittlere Höhe beträgt 6-800 m. Der höchste Gipfel
ist der 1593 m hohe Konschakowskij; der Deneschkin mißt 1528 m. Zu erwähnen
ist der BergBlagodat (349 m), hauptsächlich aus Magneteisenstein bestehend, im O. des mittlern Bei Jekaterinburg senkt sich
das Gebirge bis auf 350 m. Die Gipfel bestehen hier wie im Norden
[* 32] aus kahlen Felsenkämmen, während
die Abhänge beider Seiten, je weiter nach Süden, desto dichter mit Wald bedeckt, die Thäler mit Sumpf
und Busch erfüllt sind.
Der südliche oder waldreiche, baschkirische oder Orenburger besteht aus drei südwärts mehr und mehr divergierenden Bergkämmen,
dem Uraltau, welcher für die unmittelbare Fortsetzung des gilt, im O. den Ilmenischen Bergen,
[* 33] geschieden durch
das Thal
[* 34] des Mijaß, im W., geschieden durch die Flußthäler des Aj und den UrengaischenBergen. Der höchste Punkt ist hier
der Jaman-tau, 1645 m hoch, und der 1599 m hohe Iremel auf der westl. Kette dieses durch Waldreichtum, malerische Felsen und
Gebirgsseen, Mineralschätze und treffliches Weideland ausgezeichneten Gebirgsabschnitts.
Zwischen der Sakmara und
dem Uralfluß ziehen sich längs des Flusses Guberlja die Guberlinischen Berge (durchschnittlich 250-300
m), deren nördl. Fortsetzungen unter den Namen Kurjuk, Kyrkty und Irendyk bekannt sind. Im S. (jenseits des Uralflusses)
läuft der in die Mugodscharschen Berge aus, aus krystallinischem Gestein, ferner aus Augitporphyr und
andern vulkanischen Gesteinen bestehend. Die Mugodscharschen Berge stehen orographisch im Zusammenhange mit dem Ust-Urt (s. d.),
der Wasserscheide zwischen Kaspischem Meer und Aralsee.
Der ist in seiner centralen Achse aus Granit und Porphyr gebildet, durch welche krystallinische Schiefer und vulkanische Gesteine
[* 35] gehoben worden sind; dieser Charakter ist ausgeprägter an den Ostgehängen, welche beim Übergang in
die große sibir. Ebene sich mit den jüngsten Quartärablagerungen bedecken. Dem Westabhange
hingegen schließen sich paläozoische Gesteine an und zwar in schmalen und parallelen Streifen: silurische, devonische und
Steinkohlenablagerungen.
Darauf folgen in weiterer Ausdehnung
[* 36] permische Ablagerungen und schließlich das Gebiet der Trias. Unter den edeln,
im U. sich findenden Gesteinen sind hervorzuheben die Smaragde, die Topase aus den Gruben von Mursinsk, die Berylle aus den Gruben
von Jekaterinburg. Auf einer Goldwäscherei des Grafen Polier entdeckte man 1829 den ersten Diamanten; auch findet man Malachitdrusen,
Turmaline, Jaspis und andere Edel- und Halbedelsteine, seit 1836 auch Bernstein.
[* 37]
Bei weitem wichtiger ist der Metallreichtum. Die Vorstufen des Gebirges bilden das eigentliche uralische Erzgebirge. Die bedeutendsten
Metallschätze liegen größtenteils zwischen 54 und 60° nördl. Br., und zwar hauptsächlich auf der östl. Seite. Hier
ist auch der allein kolonisierte Teil des Gebirges und einer der gewerbreichsten und civilisiertesten Distrikte Rußlands.
In diesem zum Gouvernement Perm gehörigen mittlern wurde 1623 die erste Eisenhütte und 1640 der erste Kupferhammer angelegt.
Gold
[* 38] wurde 1745 unweit nordöstlich von Jekaterinburg auf Quarzgängen entdeckt; allein erst 1754 begann der Bergbau daselbst.
Seitdem öffnete man zahlreiche Goldgruben, die aber großenteils wieder verlassen wurden, nachdem man 1774 die
goldführenden Sandflöze entdeckt hatte, die zur Anlage von Goldwäschereien führten. Der uralische Goldsand bedeckt eine
Fläche von 40470 qkm, und man findet ihn sowohl in den Bergadern als in dem Ufersande. 1894 betrug die Ausbeute an Gold in
den Uralbergwerken 811 Pud.
Ein großes Interesse erweckte früher die Ausbeute an Platin, von dem 1876 noch 1562 kg gefunden wurden;
seitdem hat die Ausbeute abgenommen; 1894 wurde 359 Pud gewonnen. Silberhaltige Bleierze bricht man in denBerg- und Hüttendistrikten
von Nishnij Tagilsk, Syßertsk und Jekaterinburg. Die Ausbeute an Kupfer
[* 39] hat stark abgenommen. Mehr als vier Fünftel der gesamten
Roheisenmasse Rußlands werden auf den uralischen Hüttenwerken, und zwar in den Gouvernements Penn, Orenburg,
Wjatka und Wologda gewonnen. An Roheisen wurde gewonnen (1894-95) 18,05 Mill. Pud, an Stahl 3,36, an Gußeisen 33,65 Mill.
Pud. Die Ausbeute von Steinkohlen ist gering: 16,20 Mill. Pud. Große Steinsalzbrüche befinden sich bei Ilezk, Salzwerke in
den Gouvernements Wologda und Perm. Die Ausbeute an Erzen betrug (1894-95) 68,69 Mill. Pud; davon Eisenerz
61,85, Kupfererz 5,74 Mill.,
¶
Die Flora ist vom Südfuß, welcher in die Orenburgschen Steppen ausläuft, durch das waldreiche Perm hindurch bis zum nördl.
Samojedenlande sehr wechselnd; Steppengräser und baumlose Krautbestände hier, arktische Flechtentundra dort. Die weit ausgedehnte
Waldregion hat die Bäume der zweiten russ. Zone, besonders hoch steigen die Nadelhölzer,
[* 41] aber unter 64°
nördl. Br. ist die Waldgrenze schon bei 550 m und sinkt am Polarkreise zur Ebene hinab. Über ihr sind wüste Gerölle ausgebreitet.
Der ist reich an Wild und an Pelztieren, und für eine Anzahl östl. Formen bildet er die westliche
und umgekehrt für westliche die östl. Grenze. Es finden sich: Luchse, Wölfe, Bären, Vielfraße, Zobel,
Elche, Renntiere, Hirsche,
[* 42] fliegende Eichhörnchen, Backenhörnchen (Tamias) u. a. m. Jagdbares Geflügel sind: Auer- und Birkwild
sowie Alpenschneehühner.
Vgl. außer den Werken von A. von Humboldt (s. d.) und Murchison (s. d.):
Hofmann und Helmersen, Geognost.
Untersuchungen des Süduralgebirges (Berl. 1831); Rose, Mineralog.-geognost.
Reise nach dem u. s. w. (2 Bde.,
ebd. 1837-42); Schrenck, Orographisch-geognost. Übersicht des Uralgebirges im hohen Norden (Dorp.
1849);
Hofmann, Der nördliche und das Küstengebirge Pae-Choi (Bd. 1, Petersb.
1853);
Studien auf einer Reise durch
Rußland und den (Darmst. 1862); Hochstetter, Über den (Berl. 1873); Hiekisch, Das System des (Dorp. 1882).
Von großer Bedeutung sind die russ. Uralstudien der letzten Zeit, so die von Karpinskij, Tschernischew,
Krotow, Saizew u. s. w., welche in den «Mémoires
du Comité géologique» (Petersburg)
[* 43] gedruckt werden.
früher Jaik, Fluß in den russ. Gouvernements Orenburg und Uralsk (s. Karte: Russisch-Centralasien
und Turkestan), entspringt unter 54° 41' nördl. Br. im südl. Uralgebirge, geht anfangs südlich in einem breiten Längenthal
bis Orsk, wendet sich dann nach Westen, endlich bei Uralsk nach Süden, geht durch die schon unterm Meeresspiegel liegenden
Salzsteppen, bildet zuletzt ein Delta,
[* 44] dessen östl. Hauptarm (65 km lang)
bei Gurjew ins KaspischeMeer mündet.
Der gilt als die Grenze zwischen Europa
[* 45] und Asien,
[* 46] ist 2396 km lang und hat ein Flußgebiet von 249549 qkm, wovon 84400 zu
Europa und 165149 zu Asien gehören. Hauptnebenflüsse sind: rechts die Sakmara (695 km), links der Or
und Ilek. Schiffahrt ist nur bei Hochwasser bis Werchoturijr möglich; von Orenburg abwärts gehen größere Fahrzeuge. Hier
ist der 210 Tage eisfrei. Er ist sehr reich an Fischen, besonders an Stören und Sterletten. Am rechten Ufer wohnen die Uralischen
Kosaken und einzelne nomadisierende Kalmücken, am linken Ufer Kirgisen. Zum Schutz gegen diese diente
früher die sog. Uralische oder Orenburgische Linie, eine Reihe von Festungen und Kosakenstationen
längs des
Völker und Sprachen. Als uralalaltaisch bezeichnet man gegenwärtig diejenigen Völker, welche frühere
Gelehrte mit dem Namen tatar. oder turan. Völker benannt haben. Man nimmt folgende fünf Gruppen an, wobei
man jedoch nicht so sehr eine innige Stammverwandtschaft als vielmehr die analoge morpholog. Entwicklung zu Grundezu legen
berechtigt ist:
1) die finnisch-ugrische, 2) die samojedische,
3) die türkische, 4) die mongolische, 5)
die tungusische, von denen die beiden ersten die uralischen, die drei letzten die altaischen Sprachen
umfassen. -
Vgl Schott, Über das altaische oder finnisch-tatar. Sprachengeschlecht (Berl.
1849);
Castrén, Ethnolog. Vorlesungen über die altaischen Völker (Petersb. 1857);
Winkler, Uralaltaische Völker und Sprachen
(Berl. 1884);
ders., Das Uralaltaische und seine Gruppen (ebd. 1885).
UralerBahn, s. Russische Eisenbahnen, ^[= Am 1. Aug. 1894 waren im europäischen Rußland 34499 km Eisenbahnen im Betrieb, davon 2108 ...]
[* 47] Übersicht A.
Chloralurethan, etwas bittere, in Alkohol leicht, in Wasser schwer lösliche Krystalle, die man durch Auflösen
von Urethan in wasserfreiem Chloral erhält. wird in Gaben von 2 bis 3 g neuerdings als Schlafmittel empfohlen.
eine Abteilung des russ. Heers, die dem Oberkommandierenden der Truppen des Kasan-Militärbezirks
und speciell dem «stellvertretenden Ataman» untersteht, dessen Sitz in Uralsk ist. Sein (Ural) Gebiet umfaßt 7059,5 qkm;
zum
Heeresstande gehörten 1887: 101517, nicht zum Heeresstande 37368 Personen. Es stellt (1897) auf im Frieden (ersten Aufgebots) 2 Reiterregimenter
zu je 6, 1 zu 4 Sotnien, 1 Leibgardeeskadron;
Die Leibgardeeskadron steht in der 1. Gardekavalleriedivision,
je 1 Regiment in der 9. und 15. Kavalleriedivision, und in der turkestanischen Kosakenbrigade.
1) Gebiet im westlichsten Teile von Russisch-Centralasien, grenzt im N. an die Gouvernements Samara und
Orenburg, im O. an das Gebiet Turgaj und an den Aralsee, im S. an Transkaspien und das KaspischeMeer, im W. an die Gouvernements
Astrachan und Samara und hat 360437,5 qkm, wovon 60569 qkm rechts am Uralfluß liegen, also geographisch
zu Europa gehören, mit (1897) 598493 E., d. i. 1,7 auf 1 qkm. ist im N. ein hügeliges und fruchtbares
Steppengebiet, das sich nach S. hin unter das Niveau des SchwarzenMeers senkt und hier selbst einen salzhaltigen und sandigen
Boden besitzt. Im O. ziehen sich Ausläufer des Uralgebirges mit dem Mugodschargebirge.
Hauptflüsse sind der schiffbare Ural und die Emba; die andern münden in Landseen oder verlieren sich im Sande. Seen nehmen 3857 qkm
ein. Das Klima ist ausgeprägt kontinental und leidet Mangel an Niederschlägen. Die Bevölkerung besteht zumeist aus Kirgisen
(über 400000), dann Russen (105000), Tataren, Kalmücken, Baschkiren. Der Religion nach sind Mohammedaner
76,4 Proz., russisch-orthodox 12,9, Raskolniken 10,5. Die Hauptbeschäftigung ist Vieh-, besonders
Schafzucht, ferner auf dem Ural und der Emba ein einträglicher Fischfang mit Kaviarbereitung. An Vieh wird gezählt: 388800
Pferde,
[* 49] 370700 Rinder,
[* 50] 2 Mill. Schafe,
[* 51] 157000 Kamele.
[* 52] An Fabriken giebt es Talgschmelzereien, Ziegeleien,
Gerbereien, Mühlen
[* 53] u. s. w. mit einer Gesamtproduktion von 800000 Rubel; ferner etwa 200 km
Eisenbahn; 2 Mittelschulen für Knaben, 2 für Mädchen und 2 Specialschulen. Das Gebiet zerfällt in 4 Kreise:
[* 54] Emba, Gurjew,
Kalmykowsk und - 2) Kreis
[* 55] im nördl. Teil des Gebietes im Gebiet des Uralflusses, hat 75522,3 qkm,
¶
mehr
wovon 27 315 geographisch zu Europa gehören, 225 616 E.; Ackerbau, Fischerei
[* 57] und 48 Fabriken. - 3) Hauptstadt des Gebietes
und des Kreises schön gelegen an der Mündung des Tschegan in den Ural und an der Linie Pokrowskaja-Urálsk der Eisenbahn Rjasan-Urálsk,
Sitz des Militärgouverneurs, hat (1897) 36 597 E., meist Russen; 10 Kirchen, 4 Raskolniken-Kapellen, 3 Moscheen,
Realschule, Mädchengymuasium, Musikschule, Bibliothek, Museum, Theater,
[* 58] 2 Zeitungen, Filiale der Reichsbank; Talgschmelzerei,
Gerberei, Ziegeleien, 1 Bierbrauerei,
[* 59] 2 Jahrmärkte.
(chem. Zeichen Ur, Atomgewicht 239), ein Metall, das 1789 von Klaproth entdeckt, aber erst 1841 von Peligot
in Paris
[* 60] genauer untersucht wurde. Es findet sich in der Natur nicht gediegen, sondern hauptsächlich als Uranoxydoxydul
im Uranpecherz (s. d.), ferner, obgleich ziemlich selten, als Uranphosphat im
Uranglimmer und als Hydrat des Uranoxyds im Uranocker. Man erhält das metallische aus dem Uranchlorür durch Reduktion mit
Natrium. Das reduzierte Metallpulver wird zusammengeschmolzen.
Das ist ein weißes, etwas hämmerbares, sehr hartes Metall vom spec. Gewicht 18,7; es läuft bei Zutritt der Luft an und
verbrennt beim Glühen an der Luft zu schwarzem Uranoxydul. Es löst sich leicht in verdünnten Säuren. Das reine Metall
findet keine Anwendung, dagegen macht man von einigen Uranpräparaten, die man in Joachimsthal in Böhmen
[* 61] und anderwärts fabrikmäßig darstellt, in der Technik Gebrauch, so zum Gelbfärben des Glases, zur Erzeugung des Canarienglases,
das im durchgehenden Lichte gelblich, im auffallenden Lichte grün erscheint.
Man benutzt ferner die Oxyde des bei der Porzellan- und Emailmalerei und das salpetersaure Uranoxydul
unter dem Namen Wothlisches SaOz in der Photographie. Die Salze des leiten sich meist vom Hydrat des Uranoxydes, UO2(OH)2,
ab, so das Uranoxydnitrat, UO2(NO3)2 + 6 H2O, und das Uranoxydacetat, UO2(C2H3O2)2 + 2 H2O,
die zum Titrieren der Phosphorsäure verwendet werden. Man nennt diese SalzeUranylsalze, weil in ihnen das
Radikal Uranyl, UO2, vorkommt. Außerdem kennt man noch Salze des vierwertigen
älterer zusammenfassender Name für zwei Mineralien, die auf Grund ihrer Krystallisation und chem. Zusammensetzung
auseinander gehalten werden müssen, für den Kalk- und den Kupferuranit. Der Kalkuranit, in rhombischen,
aber den Dimensionen nach von tetragonalen nur wenig abweichenden tafelartigen, höchst vollkommen basisch spaltbaren, optisch
zweiachsigen Krystallen von zeisiggrüner bis schwefelgelber Farbe, ist phosphorsaures Uranylcalcium, Ca(UO2)2(PO4)2
+ 10 H2O.
Der Kupferuranit bildet schärferkantige und glänzendere, dem tetragonalen System angehörige, sehr dünn-tafelartige Krystalle,
ist optisch einachsig und von gras- bis smaragdgrüner, auch spangrüner Farbe; er ist das dem Kalkuranit analoge Doppelphosphat
von Kupfer und Uran (phosphorsaures Uranylkupfer), aber mit nur 8 MolekülenKrystallwasser, Cu(UO2)2(PO4)2 + 8 H2O.
Beide finden sich zu Johanngeorgenstadt und Eibenstock
[* 62] in Sachsen
[* 63] sowie in Cornwall an mehrern Orten, der
Kalkuranit auch
zu Autun in Frankreich, der Kupferuranit zu St. Yrieix bei Limoges, meist auf Gängen im Granit.
eine in Form einer Aktiengesellschaft begründete wissenschaftliche Anstalt zu Berlin,
[* 69] deren
Zweck die Förderung naturwissenschaftlicher Anschauung und Belehrung ist. 1889 wurde sie unter der Direktion von M. Wilhelm
Meyer eröffnet. Sie gliedert sich in eine astron., physik, und mikroskopische Abteilung, enthält ferner ein wissenschaftliches
Theater und giebt die Zeitschrift «Himmel
[* 70] und Erde» und eine «Sammlung
populärer Schriften» heraus. Die in den Sammlungen und der Sternwarte vorhandenen Instrumente werden dem
Publikum mit den entsprechenden Erläuterungen in ihrer Wirkungsweise vorgeführt. Der eigenartigste Teil des Unternehmens
ist das Theater, das bestimmt ist, ein verkleinertes Bild der Natur wirkungsvoll und allgemeinverständlich zu entwickeln.
citrongelbe bis pomeranz- und schwefelgelbe, sehr milde und weiche, zerreibliche rindenartige Überzüge
und eingesprengte Partien, die zu Johanngeorgenstadt und Joachimsthal das Uranpecherz begleiten.
Der besteht hauptsächlich
aus Uranhydroxyd mit beigemengtem Uransulfat.
(grch.), Himmel. Er erscheint personifiziert zuerst in der Hesiodischen Theogonie als Erstgeborener der Gaia
(Erde), der als die die Erde mit Feuchtigkeit und Wärme
[* 73] durchdringende Zeugungskraft des Himmels mit dieser seiner Mutter
die Titanen, die Kyklopen
[* 74] und die drei hundertarmigen Riesen Kottos, Briareos und Gyes erzeugte. Alle diese
Kinder waren dem Vater verhaßt, und er verbarg sie gleich nach der Geburt in der Tiefe der Erde. Diese aber rächten sich dafür
auf den Rat und mit Hilfe ihrer Mutter, die dem Kronos, dem jüngsten der Titanen, eine gewaltige Sichel
in die Hand
[* 75] gab, womit er dem als dieser herbeikam, die Gaia zu umarmen, das Zeugungsglied abschnitt und es ins Meer warf,
wo aus dem Schaum, der sich darum anhäufte, die Aphrodite (Venus) hervorging, während aus den Blutstropfen, die dabei auf
die Erde gefallen waren, die Erinnyen,
[* 76] die Giganten und die Melischen Nymphen, die Dämonen der Rache und
rohen Gewalt, entsprangen. In röm. Zeit erscheint als Cälus; er wird dann als bärtiger Mann mit über dem Kopf ausgespanntem
Gewand, besonders bei Darstellung des Parisurteils und des Phaëthonsturzes, aufgefaßt.
das verbreitetste der zur Darstellung des Urans dienenden Mineralien; es bildet meistens derbe und eingesprengte,
auch nierenförmige Massen, ist fettglänzend und flachmuschelig brechend, von pechschwarzer, grün- und grauschwarzer Farbe
und an einigen Orten finden sich auch Krystalle, Oktaeder mit den Flächen des Würfels und Rhombendodekaeders. Die Härte
ist 5 bis 6, das spec. Gewicht 8 bis 9. Das Erz besteht der Hauptsache nach aus Sauerstoffverbindungen
des Urans (s. d.). Indessen ist die Substanz namentlich der derben Massen mit Blei,
[* 78] Eisen,
[* 79] Arsen, Kalt, Magnesia, Kieselsäure, Wismut
u. s. w. dermaßen verunreinigt, daß der Gehalt an den Sauerstoffverbindungen des Urans hier nur selten 80 Proz.
zu erreichen scheint.
Das findet sich bei Marienberg, Annaberg,
[* 80] Johanngeorgenstadt, Joachimsthal, Pribram, Redruth (in Cornwall), auch mehrorts in
Norwegen
[* 81] (Valle in Sätersdalen, Halbinsel Anneröd, Huggenaeskiten bei Vandsjö); später wurde es gut krystallisiert zu Branchville
in Connecticut und in Mitchell County in Nordcarolina angetroffen. Es findet in der Emailmalerei seine
Anwendung und wird auch außerdem zur Darstellung des Urangelbs und anderer Farben, des Uranglases u. s. w. benutzt.
( ^[img]), der siebente in der Reihe der großen Planeten,
[* 82] der von Wilhelm Herschel mit Hilfe seines
neuen Spiegelteleskops entdeckt wurde. Zu Ehren Georgs III. von England nannte Herschel denselben ursprünglich
Georgium sidus, dieser Name konnte sich indessen keinen allgemeinen Eingang verschaffen und wurde auf BodesVorschlag durch ersetzt.
Anfangs hielt man ihn für einen Kometen,
[* 83] bis die Art seiner Bewegung seine wahre Natur erkennen ließ.
Die Excentricität beträgt 0,0464, die Neigung seiner Bahn gegen die Ekliptik 0° 46'. Seine mittlere Entfernung
von der Sonne
[* 84] ist 2850 Mill. km, die kleinste 2714, die größte 2976 Mill. km. Seine Entfernung
von der Erde schwankt zwischen 2560 und 3130 Mill. km. Sein Durchmesser beträgt 50000 km; von
der Erde aus gesehen erscheint als Scheibchen von 3'',6 Durchmesser. Die Untersuchungen über seine physische
Beschaffenheit haben infolge der Kleinheit seines Durchmessers bisher nicht viel Sicheres ergeben, doch wollen verschiedene
Astronomen eine erhebliche Abplattung und Flecke auf der Oberfläche wahrgenommen haben.
Seine Masse ist zu 1/22000 der Sonnenmnasse berechnet, woraus eine Dichtigkeit von 0,22 der Erddichte folgt. vollendet seinen
Umlauf um die Sonne in 83 Jahren 271 Tagen und wird von vier Monden umgeben, deren Bahnen im Gegensatz zu
den Bahnen aller sonst bekannten Nebenplaneten auf der Uranusbahn fast senkrecht stehen. Hieraus folgert man, da die Bahnebenen
der Monde im allgemeinen mit der Ebene des Äquators des Hauptplaneten nahe zusammenfallen, daß die Rotationsachse
des eine sehr geringe Neigung gegen seine Bahnebene hat.
Eine Folge hiervon wäre ein äußerst schroffer Wechsel der Jahreszeiten,
[* 85] wie ihn kein anderer bekannter Planet aufweist.
Die Namen der Uranusmonde sind: Ariel, Umbriel, Titania, Oberon, ihre Umlaufszeiten betragen 2 Tage 12 Stunden, 4 Tage 3 Stunden, 8 Tage 17 Stunden, 13 Tage 11 Stunden,
ihre Entfernungen vom 200000, 280000, 470000, 630000 km. Die beiden erstgenannten Monde erscheinen
wie Sternchen 15. Größe und sind nur mit den größten Fernrohren wahrzunehmen. Durch
die Unregelmäßigkeiten seiner Bewegung
gab am Anfang des 19. Jahrh. Veranlassung zu der Entdeckung des Neptun
(s. d.). Als Stern 6. Größe ist er dem freien Auge
[* 86] gerade noch sichtbar.
oder Johannit, ein aus dem Uranpecherz hervorgegangenes sekundäres Mineralprodukt von Joachimsthal und
Johanngeorgenstadt im Erzgebirge. Es bildet lebhaft grasgrüne nierenförmige und krustenähnliche Aggregate, die aus sehr
kleinen monoklinen Kryställchen bestehen;
chemisch ist die in Wasser schwer lösliche Substanz wasserhaltiges
schwefelsaures Uranoxydul, bisweilen mit einem geringen Gehalt an Kupferoxyd.
II. (1088-99), vorher Odo, geb. 1042 zu Châtillon-sur-Marne, früher Mönch zu Cluny, dann durch Gregor VII. zum Bischof von
Ostia ernannt, bekämpfte die Laieninvestitur, erneuerte den Bann über KaiserHeinrich IV. und förderte
wenigstens die Empörung seines Sohnes Konrad; auch Philipp I. von Frankreich bannte er 1094 wegen dessen ehebrecherischer
Vermählung mit der Gräfin Bertrada und erzwang deren Entlassung. Die Freundschaft der Normannen erkaufte er durch Ernennung
des Grafen Roger und seiner Nachfolger zu immerwährenden päpstl. Legaten über Sicilien. Überraschenden
Erfolg hatte seine begeisterte Aufforderung auf den Synoden zu Piacenza (1095) und Clermont (1095) zur BefreiungPalästinas,
wodurch er die große Bewegung der Kreuzzüge (s. d.) hervorrief, die er mit Klugheit zur Hebung
[* 91] der päpstl. Macht zu benutzen
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