Fasttagen auch keine
Milch.
Wein,
Bier oder
Apfelwein werden je nach Landesbrauch ½ l zur
Mahlzeit gegeben. Nur mit besonderer
Erlaubnis dürfen sie mit den Obern sprechen und selten
Briefe wechseln oder Besuch von
Angehörigen empfangen; sonst verständigen
sie sich durch Zeichen.
Abt, Prior und
Kranke haben eigene Zellen, sonst schlafen die in einem gemeinsamen
Schlafsaal in getrennten
Abteilungen mit hohen Holzwänden auf einfachem
Bett
[* 2] (dünner Strohsack, gleiches
Kissen,
Decken) in
ihrer Kleidung. Diese ^[fehlt: ist] für die
Arbeit und andere Zeit verschieden, besteht aus weißwollener Kutte mit oder
ohne weiße
Kapuze und schwarzem
Skapulier
[* 3] und gewöhnlichen oder Holzschuhen. Die Laien der Trappisten werden
gegen
Osten, die Priester gegen Westen gewendet ohne
Sarg beerdigt. Die Trappisten zerfallen in Chorprofessen und Konversprofessen
(Brüder). Das Noviziat dauert zwei Jahre für die Postulanten des
Chors(Kleriker) und für die Donaten (Laien oder frères
donnés, wie auch solche heißen, die sich imKloster zeitweilig zur Bußübung aufhalten); darauf erfolgt
die Ablegung der »einfachen Gelübde", nach weitern drei bis fünf Jahren die der «feierlichen
Gelübde».
Wegen ihrer
Strenge fand Rancés
Reform nur in wenigen
Klöstern Eingang. Bei der franz. Revolution wurden auch die Trappisten vertrieben. 90 Trappisten zogen
unter
Führung des spätern
AbtesLudwigHeinrich von Lestrange
(DomAugustin) nach Freiburg
[* 4] in der
Schweiz,
[* 5] wo sie das 1794 zur
Abtei erhobene
KlosterValSaint
[* 6] gründeten, von dem aus in
Belgien,
[* 7]
Spanien,
[* 8]
Deutschland
[* 9] und Piemont Neugründungen stattfanden. 1817 erwarben
die Trappisten La
Trappe wieder, um es 1830 nochmals zu verlieren. Im ganzen bestehen jetzt 56 Trappistenklöster;
deutsche sind Ölenberg (Elsaß), Mariawald (Rheinprovinz),
[* 10] Maria
Veen (Münsterland). Trappistenmissionen bestehen in
Kapland
(Abtei Marianhill mit 9 Filialen), in
China,
[* 11]
Westaustralien und im
Kongostaate. Das außerordentliche Generalkapitel von 1892 in
Rom
[* 12] vereinigte die drei verschiedenen
Kongregationen der Trappisten zu einem gemeinsamen
Orden
[* 13] mit einem
Generalabt in
Rom und dem
Stammkloster
Notre-Dame de la
GrandeTrappe. - Es giebt auch Trappistinnnen mit 13
Klöstern (ein deutsches in Ergersheim im
Elsaß); 1797 wurden von
DomAugustin für Mädchenerziehung Trappistentertiarierinnen gegründet. Die Trappistenprediger, 1851 im
Bistum Sens entstanden, pflegen neben der
Ascese die Predigt. -
Vgl. Ritsert, Der
Orden der Trappisten (Darmst.
1833);
Stadt im
Kreis
[* 15] Zell des preuß. Reg.-Bez. Koblenz,
[* 16] gegenüber von
Traben (s. d.), an der Mündung des Kautenbachs
in die Mosel, an der
Nebenlinie Pünderich-Trarbach (10,5 km,
StationTraben-Trarbach), Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Koblenz) und einer Reichsbanknebenstelle (Traben-Trarbach), hat (1895) 2102 E., darunter 395 Katholiken, Post,
Telegraph,
[* 17] Gymnasium,
höhere Mädchenschule; Gerbereien, bedeutenden
Weinbau (s. Moselweine) und Weinhandel, sowie
Bergbau
[* 18] auf Kupfer,
[* 19]
Blei
[* 20] und Schwefel
und Schieferverarbeitung. Schloß
Gräfinburg (Greiffenberg), von dem noch Ruinen vorhanden sind, wurde 1687 und 1702 von
den
Franzosen, vom
Erbprinzen von
Hessen-Cassel genommen,
von den
Franzosen erobert und gesprengt. 4 km
entfernt, im Kautenbachthal, das
Bad
[* 21] Wildstein mit eisenhaltiger
Quelle
[* 22] (35° C.). Das
Bad, 1883 eröffnet, wird gegen
Gicht,
Rheumatismus u. s. w. gebraucht.
See
(LacusTrasimēnus), jetzt
Lago diPerugia, der größte See Mittelitaliens (s. Karte: Ober- und Mittelitalien,
beim
ArtikelItalien),
[* 23] in der
ProvinzPerugia, unweit der Grenze der
ProvinzArezzo gelegen, hat 115 qkm Flächenraum, 50 km
Umfang,
drei kleine
Inseln und ist meist von anmutigen, bis 600 m hohen
Gebirgen umgeben. Ein
Kanal
[* 24] verbindet seit 1897 den
mit dem See von
Perugia, um den Wasserstand des erstern auf gleicher Höhe zu erhalten. Er ist in der Geschichte berühmt
durch die entscheidende
Niederlage, welche im
Sommer 217
v. Chr. im zweiten
Punischen Kriege die
Römer
[* 25] an
seinem nördl. Ufer erlitten.
Hannibal war unerwartet nach
Etrurien eingebrochen und im
Marsch auf
Rom, der Konsul Gajus Flaminius eilte ihm von Cortona her
nach. Da beschloß Hannibal, Flaminius zu überfallen und legte sich im Norden
[* 26] des Sees an einer vorteilhaften, von Hügeln
eingeengten
Stelle in den Hinterhalt. Bei starkem Nebel trafen die
Römer in langer Marschkolonne auf den
Feind, der sie gleichzeitig von drei Seiten angriff. 15000
Römer, unter ihnen Flaminius selbst, fielen, ebenso viele wurden
gefangen. Viele wurden in den See gedrängt und kamen dort um; 6000 schlugen sich durch, mußten sich aber am nächsten
Tageergeben. -
Vgl. Nissen im «Rheinischen Museum», XXII; Faltin im «Hermes»,
[* 27] XX; Stürenburg, Zu den
Schlachtfeldern am (Programm, Lpz. 1889).
oder Duckstein, vulkanische Tuffbildungen, die größtenteils aus zerriebenem Bimssteinmaterial bestehen und
sich wegen ihrer Zusammensetzung zur Bereitung von Wassermörtel (Cementkalk) eignen. Es ist ein natürlicherCement
(s. d.).
Die berühmtesten Traßbrüche sind die des Brohlthals am Rhein in der Gegend des Laacher Sees;
auch in der Eifel
und im Riesgau kommt nutzbarer Traß vor.
Die festern
Varietäten desselben werden auch wohl unter der Benennung Backofenstein
zu feuerfesten
Steinen verwendet.
Ziehen, im Wechselverkehr und bei der
Anweisung übliche Bezeichnung für den Rechtsakt, durch
den derAussteller
(Trassant) des gezogenen Wechsels
(Tratte) oder der
Anweisung dem Bezogenen
(Assignaten, Trassaten) mittels der
Ausstellung des
Wechsels (der
Anweisung) den
Auftrag zur
Zahlung giebt. Man sagt, daß der
Aussteller auf den Bezogenen trassiert,
zieht, abgiebt oder entnimmt, weil regelmäßig der
Aussteller entweder seinen Kredit oder sein Guthaben beim Bezogenen in
Anspruch nimmt.
Danach spricht man von Trassieren auf
Deckung, wenn der Bezogene die
Mittel zur
Zahlung vom
Aussteller in
Händen hat,
bar, in Papieren
oder in einem Guthaben des
Ausstellers an ihn selbst (Trassieren auf Schuld);
von Trassieren auf Kredit, wenn der Bezogene
für den
Aussteller zahlen und durch die
Zahlung dessen
Gläubiger werden soll;
von Trassieren auf gedeckten Kredit, wenn der Bezogene
Sicherheit in
Händen hat;
auch für fremde Rechnung trassiert werden (Kommissionstratte), wenn der Bezogene Deckung nicht vom Aussteller, sondern von
einem Dritten erhalten soll; z. B. wenn A inLeipzig
[* 29] von B inBerlin
[* 30] 1000 M. zu fordern hat und an C in Hamburg
[* 31] 1000 M. schuldet,
so kann dies dadurch abgewickelt werden, daß C für Rechnung des A auf B zieht. So kann A auch seinen
Kredit bei B nutzen. (S. Adrittura.) Nach der Deutschen und Österr. Wechselordnung kann der Aussteller auch auf sich selbst
ziehen, d. h. sich selbst als den Bezogenen bezeichnen (trassierteigener Wechsel), unter der
Voraussetzung, daß der Zahlungsort ein anderer als der Ausstellungsort. So kann eine Firma vom Ort der
Hauptniederlassung auf sich selbst am Ort einer Zweigniederlassung ziehen, oder umgekehrt (Kommanditwechsel), oder ein Kaufmann
in Berlin auf sich selbst in Leipzig ziehen, wenn er zur Zahlungszeit in Leipzig, z. B. auf der Messe, zu sein beabsichtigt. Aus
dem Bedürfnis des Meßverkehrs hat sich der trassierteigene Wechsel herausgebildet. Wenn ein Kaufmann
unter seinem Personennamen auf seine Firma, oder bei Führung zweier Firmen von einer auf die andere zieht, liegt echte Tratte
vor.
Der Trassat ist als solcher nicht verpflichtet, wird es erst durch das Accept (s. d.), dagegen hat der Trassant beim Wechsel
(nicht bei der Anweisung) dem Inhaber des Wechsels dafür einzustehen, daß der Wechsel vom Trassaten acceptiert und gezahlt
wird, ist daher zur Zahlung verpflichtet, wenn der Bezogene nicht zahlt. Auch das Trassieren eines Wechsels hat deshalb seine Gefahr,
wenn auch der Trassant gegen den Trassaten, der acceptiert hat, aus dem Wechsel klagen kann, wenn er ihn
behalten oder auf dem Regreßweg eingelöst hat. Der Trassant kann seine Verpflichtung durch die Klausel«ohne Obligo» nicht
ausschließen, aber durch die Rektaklausel (s. Rektawechsel) die Weiterbegebung des Wechsels verbieten,
so daß nur der Remittent des Wechsels gegen ihn Wechselrecht hat. Über den Anspruch des Trassaten gegen
den Trassanten s. Revalierungsklage. Über Trassieren im Sinne von Entwerfen s. Trassierung.
(Tracierung), beim Entwerfen von Straßen, Eisenbahnen oder Schiffahrtskanälen die Festlegung der Linie
(Trace, s. d.), nach welcher der Verkehrsweg anzulegen ist. Man faßt die
darauf bezüglichen Arbeiten des Bauingenieurs unter der Bezeichnung des Trassierens (frz. tracer, ziehen,
zeichnen) zusammen und versteht wohl unter kommerziellem Trassieren im besondern die Festlegung der Linie in ihren allgemeinen
Zügen und im Hinblick auf die kommerzielle Bedeutung des Verkehrsweges. -
der rechts vom Tiber (trans Tiberium) gelegene Teil von Rom (s. d. nebst Plänen). Das
hier nahe und beherrschend an den Fluß herantretende Janiculum war seit dem 2. Jahrh. v. Chr. stark befestigt; der jenseitigen
Stadt aber wurde die hier entstandene, von Villen eingefaßte Vorstadt, der Sitz der Fremden, erst unter Augustus als 14. Distrikt
(regio transtiberina) einverleibt. Bis ins 16. Jahrh. wohnten hier die
dann in den Ghetto übergesiedelten Juden. Jetzt ist es fast nur von Arbeitern bewohnt. Das altröm. Blut erhielt sich hier
am meisten, und man begegnet zahlreichen schönen und kräftigen Männer- und Weibergestalten; gegenüber Rom behaupten die
Trasteveriner eine
Sonderhaltung, auch sprechen sie einen eigenen Dialekt. Mit der Leoninischen Stadt
(s. d.) ist Trastevere durch die Lungarastraße verbunden.
in der kaufmännischen Buchhaltung ein Nebenbuch, in welches der Kaufmann, insbesondere
der Bankier, die auf ihn gezogenen Wechsel (Tratten) in chronol. Reihenfolge und unter fortlaufenden Nummern einträgt, um
eine Kontrolle über diese Wechsel und deren Zahlung zu üben, und um zu wissen, welche Summen er an den bestimmten Verfallzeiten
bereit zu halten hat. Insofern diese Wechsel meistens vorher von ihm acceptiert werden, heißt man das
Buch auch Acceptationsbuch. Das entsprechende Conto im Hauptbuch (s. d.)
der doppelten Buchführung heißt Trattenconto oder Acceptationsconto.
kroat. Trogir (lat. Tragurium), Stadt in der österr. Bezirkshauptmannschaft Spalato inDalmatien, auf
einer Halbinsel, die mit der Nachbarinsel Bua durch eine steinerne und mit dem Festland durch eine hölzerne Brücke
[* 33] verbunden
ist, Sitz eines Bezirksgerichts (648,73 qkm, 24 417 E.), ist Dampferstation und hat (1890) mit der Vorstadt auf der InselBua 3392, als Gemeinde 15 809 kroat. E., Reste alter Kastellmauern, von den Venetianern erbaut, einen sehr
schönen Dom (13. Jahrh.) mit einer an Skulpturen reichen Kapelle, in der die Gebeine des BischofsGiovanni Ursino (1070) ruhen,
den die Trauriner als Patron ihrer Stadt verehren.
Ähre und Traube gehen häufig ineinander über. Je nach der Stellung
und Richtung der Blüten unterscheidet man einseitswendige, zweizeilige, allseitige, einfache und zusammengesetzte Traube. Im engsten
Sinne wird Traube häufig für Weintraube (s. Wein) gebraucht.
Ludw., Patholog und Kliniker, geb. zu Ratibor
[* 35] in
Schlesien,
[* 36] studierte in Breslau
[* 37] Medizin, machte seit 1837 unter JohannesMüller in Berlin physiol. und seit 1840 unter Schönlein
daselbst klinische Studien. Nachdem er sich 1841 als Arzt in Berlin niedergelassen hatte, habilitierte er sich 1848 an der dortigen
Universität als Privatdocent, wurde 1849 Assistent Schönleins und 1853 dirigierender Arzt am Charitékrankenhause. 1857 wurde
er außerord., 1862 ord.
Professor der Medizin am Friedrich-Wilhelms-Institut, und 1872 in gleicher Eigenschaft an der Universität mit dem Range eines
Geh. Medizinalrats. Traube starb zu Berlin. Von seinen das Gebiet der Pathologie betreffenden Arbeiten sind zu nennen:
im Verein mit Virchow und Reinhard, «Beiträge zur experimentellen Pathologie» (2
Hefte, Berl. 1846-47),
«Über den Zusammenhang von Herz- und Nierenkrankheiten» (ebd. 1856),
«Die Symptome der Krankheiten des
Respirations- und Cirkulationsapparats», Lfg. 1 (ebd. 1867) u. s. w. Seine namhaften
Arbeiten vereinigte er in «Gesammelte Beiträge zur Pathologie und Physiologie» (2 Bde., Berl.
1871). Traube hat außerordentlich viel dazu
¶
mehr
beigetragen, die exakt experimentelle Methode in die Medizin einzuführen, wie er auch große Verdienste um die physik. Diagnostik
hat. Die Auskultation
[* 39] und Perkussion sowie die mediz. Thermometrie erhielten durch ihn einen hohen Grad der Ausbildung. -
Vgl.
Gedächtnisreden auf Ludwig Traube von Leyden (Berl. 1876) und Freund (Bresl.
1876).
s. Traubenkrankheit^[= oder eine Krankheit des Weinstocks, die durch einen Pilz, Oïdium Tuckeri Berk ...] und Tafel: Pflanzenkrankheiten,
[* 40] Fig. 6.
ein fettes Öl, das namentlich in südl. Ländern durch Auspressen der zerquetschten Traubenkerne gewonnen
und im frischen Zustand als Speiseöl und Brennöl verwandt wird;
es ist farblos oder schwach gelblich, schmeckt süßlich,
spec.
oder Traubenfäule, eine Krankheit des Weinstocks, die durch einen Pilz,
[* 42] Oïdium Tuckeri Berk (s. Oïdium),
hervorgerufen wird. Die Traubenkrankheit wurde zuerst 1845 in England in dem Weinberge des Gärtners Tucker beobachtet, 1848 fand man dieselbe
auch an einigen Orten Frankreichs und seitdem hat sie sich mit großer Schnelligkeit fast über alle weinbauenden
Länder verbreitet, 1851 und 1852 trat sie verheerend in den Mittelmeerländern und besonders in Madeira
[* 43] auf, wo der
gesamte Weinbau infolgedessen auf mehrere Jahre vernichtet wurde.
Die Symptome der Traubenkrankheit bestehen darin, daß kurz nach der Zeit der Blüte
[* 44] auf den jungen Blättern und Zweigen sowie auch auf
den Beeren spinnwebeartige graue Überzüge (s. Tafel: Pflanzenkrankheiten, Fig. 6a) erscheinen, die rasch an Umfang zunehmen
und schließlich besonders bei ungünstigen Witterungsverhältnissen zum Vertrocknen der Blätter und zur Fäulnis der Beeren
führen. Die grauen Überzüge bestehen aus dem epiphytisch lebenden Mycelium des Pilzes, das seine Haustorien in die Epidermiszellen
hineinsendet.
Von diesem Mycelium erheben sich die Conidienträger als niedrige keulenförmige Hyphenzweige, die gewöhnlich je eine Conidie
abschnüren
[* 38]
(Fig. 6b). Die Perithecien des Pilzes sind bisher nicht beobachtet worden und es ist deshalb auch noch nicht entschieden,
wie der Pilz überwintert. Vermutlich geschieht dies durch einzelne Mycelpartien an den Zweigen. Es sind
verschiedene Mittel gegen die Traubenkrankheit empfohlen worden, von denen sich aber nur das Bespritzen der Weinstöcke mit einem Gemisch
von Kalk- und Schwefelpulver oder mit einer auf Sicilien vorkommenden, gegen 40 Proz. Schwefel enthaltenden Erde bewährt
hat. Übrigens widerstehen manche Rebensorten der Traubenkrankheit besser als andere, und es wird
sich deshalb das Hauptaugenmerk der Weinbauer darauf zu richten haben, widerstandsfähigere Reben einzuführen oder Varietäten
zu züchten, die weniger von dem Pilze
[* 45] zu leiden haben. (S. auch Weinbau.)
oder Weintraubenkur, eine Kur, die darin besteht, daß einige Wochen hindurch
bei Vermeidung sehr nahrhafter,
fetter, blähender Speisen und bei hinreichender Körperbewegung Weintrauben in reichlicher Menge (3-4
kg täglich) genossen werden. Sie leistet bei Stockungen im Unterleibe und davon abhängiger Hypochondrie, bei Hämorrhoidalbeschwerden
und bei Gicht, in gewissen Fällen auch gegen chronische Brustkatarrhe und Lungentuberkulose vortreffliche Dienste,
[* 46] eine Wirksamkeit,
die hauptsächlich der abführenden und auflösenden Wirkung des Traubenzuckers und der in den Trauben
enthaltenen Salze zuzuschreiben ist. Als Traubenkurorte sind Bozen
[* 47] und Meran
[* 48] in Tirol,
[* 49] Dürkheim
[* 50] und Neustadt
[* 51] an der Hardt, Bingen,
[* 52] Boppard, Geisenheim und Rüdesheim am Rhein, Montreux, Vevey und Bex am Genfer See zu nennen. -
Vgl. Knauthe, Die Weintraube in
histor., chem., physiol., therapeutischer Beziehung (Lpz. 1874).
(Conchylis ambiguella Hübn.), Traubenmade, Sauerwurm, Heuwurm, ein 12-14 mm spannender
Wickler (s. d.) mit hellgelben, durch eine dunkelbraune Mittelbinde ausgezeichneten
Vorderflügeln, die hintern sind hellbräunlichgrau, beim Männchen fast weiß. Sehr gemein in WeinbergenDeutschlands,
[* 55] der
Schweiz, Frankreichs und Norditaliens. Der Traubenwickler fliegt in zwei Generationen: die erste im April, die zweite im Juni und Juli.
Die bräunlichrote Raupe wird bis 12 mm lang, lebt von Mitte Mai bis Mitte Juni (Raupe der zweiten Generation)
als Heuwurm in zusammengerollten Nebenblättern und von Ende August bis September (Raupe der nächsten Frühjahrsgeneration)
als Sauerwurm in den Beeren.
Die Puppe der ersten Generation findet sich meist in der von der Raupe verfertigten Blatttüte, die der
zweiten überwintert an dem Holz
[* 56] und an den Pfählen der Reben. Der sehr schädliche Traubenwickler ist schwer zu vertilgen: man bespritze
im Mai die Weinstöcke mit einer einprozentigen Lösung von Schwefelkalium, zünde besonders zur Flugzeit der immer stärkern
zweiten Generation Leuchtfeuer in den Weinbergen an, um die angelockten Schmetterlinge
[* 57] zu fangen, namentlich
kratze man im Winter das Holz derWeinstöcke tüchtig ab und verbrenne den Abraum. (S. auch Weinbau.)
auch Dextrose, Glykose, Harnzucker, Krümelzucker, Stärkezucker, C6H12O6, eine im Pflanzenreich
sehr verbreitet vorkommende Zuckerart, findet sich, meist von Fruchtzucker begleitet, in allen süßen Früchten, auch im Honig,
entsteht durch eine Spaltung von Rohrzucker durch Wirkung von Säuren oder unter dem Einfluß von Fermenten,
wird außerdem durch Einwirkung von Säuren auf andere Zuckerarten, Kohlehydrate und Glykoside gebildet und tritt in namhaften
Mengen im Harn derDiabetiker auf. Aus wässerigen Lösungen krystallisiert der in der Kälte in kleinen kugeligen Krystallaggregaten
(Krümelzucker); sehr konzentrierte Lösungen erstarren beim Stehen nach einiger Zeit zu festen Massen
(Blockzucker, Kistenzucker). In dieser Form hält er
¶
mehr
ein MolekülKrystallwasser gebunden. Erhält man die wässerige Lösung während der Krystallisation dauernd auf einer Temperatur
von 40° C., oder läßt man aus starkem Weingeist oder Methylalkohol krystallisieren, so scheidet sich der in Form von kleinen
ineinander verwachsenen Nadeln
[* 59] ohne Krystallwasser ab. Seine Lösungen lenken die Ebene des polarisierten
Lichtstrahls nach rechts ab, daher sein Name Dextrose. Durch Hefe
[* 60] erleidet er weinige Gärung und wird in Alkohol und Kohlensäure
verwandelt.
Sein Geschmack ist weit weniger süß als der des Rohrzuckers. Der Traubenzucker wird in großem Maße technisch dargestellt. Stärkemehl
wird in Wasser, das 1-2 Proz. Schwefelsäure
[* 61] enthält, gekocht. Die Flüssigkeit
enthält alsdann Traubenzucker, aber außerdem reichliche Mengen von Dextrin. Sie wird durch Zusatz von Kreide
[* 62] neutralisiert,
zur Abscheidung des gebildeten Gipses durch eine Filterpresse
[* 63] getrieben, über Knochenkohle filtriert und im Vakuum bis zur
Sirupkonsistenz (Stärkesirup) verdampft. Nach dem Erkalten beginnt nach einiger Zeit die Krystallisation. Sobald diese eintritt,
wird die Masse in offene Kisten gefüllt und erstarrt darin zu einer festen Masse. In dieser Form wird
der Traubenzucker meist in den Handel gebracht.
Der Traubenzucker des Handels enthält durchschnittlich nur ungefähr 66 Proz. reinen Traubenzucker, der
Rest besteht aus Krystallwasser und Dextrin. Um ihn rein zu erhalten, wird, nach Soxhlet, die etwas weniger
weit verdampfte Lösung in Krystallisationsgefäße gebracht, die in einem auf 40° C. geheizten Raume aufgestellt sind und
bereits einige Krystalle von wasserfreiem Traubenzucker enthalten. Hier scheidet sich der in reiner Form, wasserfrei, in deutlich
ausgebildeten Krystallen ab und wird von dem anhaftenden Sirup durch Centrifugieren getrennt. Diese Darstellung
des reinen Traubenzucker wird in Amerika
[* 64] fabrikmäßig ausgeübt, und es findet sich dort ein Produkt von höchster Reinheit im Handel.
Der Traubenzucker kommt im Handel in sechs Formen (drei festen und drei flüssigen) vor:
1) Gekörnter Zucker,
[* 65] dem Rübenrohzucker ähnlich, zu dessen Verfälschung er öfters dienen muß.
2) Fester weißer Traubenzucker oder Kapillärzucker, hart, weiß und porös, wie Melis, aber nicht wie dieser durchscheinend krystallinisch,
sondern trübe, wird teils in Kisten, teils in Kuchen- und Hutform, teils geraspelt in Säcken verkauft.
3) Gewöhnlicher, fester Traubenzucker, eigentlich nichts anderes als durch mechan.
Bearbeitung (Umrühren oder Peitschen) zum Erstarren gebrachter Stärkesirup und daher mit diesem gleichwertig,
aber meist von geringerm Dextringehalt, kommt entweder gemahlen oder in erstarrtem Zustand als Kisten- oder Blockzucker in
den Handel und ist von seifenartigem Aussehen und von mehr oder weniger weicher Beschaffenheit.
4) Kapillärsirup, ein wasserheller, sehr reiner, stark eingedickter Sirup, der in Tonnen zur Versendung
gelangt.
5) Gewöhnlicher Stärkesirup oder Kartoffelsirup, je nach seiner Bestimmung von gelber bis brauner Farbe und stark dextrinhaltig.
6) Dextrinsirup, Gummisirup oder unwägbarer Sirup, so genannt, weil er so dickflüssig ist, daß das Saccharometer in ihm nicht
einsinkt, er folglich nicht «gewogen» werden kann. Der Dextrinsirup enthält
stets über die Hälfte seines Zuckergehalts Dextrin und wird häufig aus Malz hergestellt (Malzsirup),
wo er dann keinen Traubenzucker, sondern Maltose neben Dextrin enthält.
Die hauptsächlichste Verwendung findet
der Traubenzucker, vorzüglich in den reinern und festern Formen, zum Gallisieren
und Petiotisieren des Weins. Stärkesirup wird besonders zur Bierbrauerei
[* 66] und Branntweinbrennerei benutzt;
namentlich wird für den erstgenannten Zweck sehr viel von ihm (meist Kapillärsirup) nach England ausgeführt. Ferner dient
er zum Verfälschen des Honigs und des ind. Sirups sowie als Ersatz jenes in der Zuckerbäckerei und Lebküchlerei. Dextrinsirup
benutzt man besonders in der Mostrich- und Tabakfabrikation, außerdem zur Herstellung von Fruchtsirupen und
eingemachten Früchten.
Auch für die Bonbonfabrikation hat der Traubenzucker Bedeutung, da er hier das Krystallisieren der Masse verhindert. Große Mengen werden
endlich zur Herstellung von Zuckercouleur verbraucht. Der Traubenzucker ist in den meisten Ländern der Besteuerung nicht unterworfen
und daher viel wohlfeiler als Rohrzucker, aber auch weit weniger süß als dieser. Seine Gewinnung, die
sehr oft mit der Stärkefabrikation verbunden ist, hat namentlich in neuester Zeit großen Aufschwung genommen. Am schwunghaftesten
wird sie in Deutschland und Nordamerika
[* 67] (aus Mais) betrieben; auch Österreich
[* 68] (Böhmen
[* 69] und Galizien), Holland und Rußland erzeugen
große Mengen Traubenzucker. Im Betriebsjahr 1895-96 hatte Deutschland 28 Traubenzuckerfabriken mit einer Produktion
von 364 051 Doppelcentnern. Die Ausfuhr betrug (1896) 40 708 Doppelcentner im Werte von 0,78 Mill. M.
Dem Traubenzucker kommt die chem. Formel CH2OH.CHOH.CHOH.CHOH.CHOH.CHO zu. Zu seiner
Charakterisierung ist besonders das Phenylglykosazon geeignet, das man in Form von feinen gelben Krystallnädelchen erhält,
wenn man eine Lösung von Traubenzucker mit essigsaurem Phenylhydrazin (s. d.) erwärmt. Es schmilzt bei 204°, während
reiner wasserhaltiger Traubenzucker bei 86°, wasserfreier bei 144° C. schmilzt. Durch Reduktion mit Natriumamalgam
entsteht aus dem Traubenzucker Sorbit und daneben Mannit. Durch Oxydation liefert der Traubenzucker die Zuckersäure (s. d.). Auch durch Synthese ist
Traubenzucker dargestellt worden. (S. Zuckersynthese, Bd. 17.)
oder Hängebaum, ein Baum mit hängenden Zweigen, seit langen Zeiten als Zeichen der Trauer auf Gräber gepflanzt.
Auch finden sie in Parks und kleinern Gärten wegen ihrer kontrastierenden Wirkung mannigfaltige Verwendung an Wasserläufen,
großen Rasenbahnen, zur Bildung von Lauben u. s. w. Sie müssen frei stehen, gestatten aber
auch eine Vereinigung mehrerer zu einer Gruppe. Viele Bäume nehmen im vorgeschrittenen Alter den Charakter der an, wie die
Birke (Betulaalba.L.), der Zuckerahorn (Acerdasycarpon Ehrh.),
verschiedene Weiden u. a., die meisten aber müssen auf ihnen verwandten starkwüchsigen Unterlagen,
teils hoch-, teils niederstämmig, je nach der Art ihrer Verwendung veredelt werden. Es gehören hierher:
Salix annularis Forb., Salix nigra pendula
Hort., die Trauerbaum von FagussilvaticaL.,Fraxinus excelsiorL., Quercus pedunculata Willd.,
SorbusaucupariaL.,Sophora japonicaL.,UlmuscampestrisL. u. a.
(Oidemia), aus fünf, der nördl. Hemisphäre angehörigen
Arten bestehende Gattung der Enten
[* 70] mit einem, besonders im männlichen Geschlecht im Wurzelteil stark aufgetriebenen, vorn
breiten, abgeplatteten Schnabel. Der 14federige
¶
mehr
Schwanz ist kurz, zugespitzt. Die Trauerenten weichen in den Geschlechtern sehr voneinander ab. Die bekannteste
Art ist die Mohren- oder gemeine Trauerente (Oidemia nigra Gray, s. Tafel: Enten, Fig. 2), Männchen im Prachtkleid ganz schwarz
mit orangegelbem Schnabelhöcker, Weibchen und jüngere Männchen oben graubraun, unten heller mit bräunlichen Flecken.
Die gemeine Trauerente klaftert zwischen 60 und 70 cm und bewohnt die nördlichsten Teile der Alten und
der Neuen Welt.
in der Rechtssprache die Frist, innerhalb deren eine Witwe nicht wieder heiraten darf. Nach dem Reichsgesetz
vom §. 35, und vom an nach Bürgerl. Gesetzb. §. 1313 (vgl. Einführungsgesetz
zum Bürgerl. Gesetzb. Art. 46) dürfen Frauen nicht vor Ablauf
[* 72] des zehnten Monats (Wartezeit) seit Auflösung oder Nichtigkeitserklärung
der frühern Ehe wieder heiraten, es sei denn, daß sie inzwischen geboren haben; Dispensation ist jedoch zulässig.
Die vorzeitig geschlossene Ehe ist nicht ungültig, also nur aufschiebendes Ehehindernis (s. d.). Das Österr.
Bürgerl. Gesetzb. §. 120 beschränkt die Frist auf sechs Monate für die nichtschwangere Witwe; die Frist kann durch Dispensation
unter Umständen bis auf drei Monate verkürzt werden. Schon das röm. Recht bestimmte, die Witwe habe ihren verstorbenen Ehemann 10 (später
12) Monate zu beweinen. Die Verletzung dieses Trauerjahr zog nach röm.
Recht, außer der vom kanonischen Recht beseitigten Ehrlosigkeit (Infamie), gewisse Vermögensnachteile nach sich. Sie sind
im Gemeinen Recht außer Übung gekommen. Die neuern Gesetzbücher kennen jene vermögensrechtlichen Nachteile nicht. Nur das
Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 121 läßt die zu frühzeitig wiederheiratende Witwe dasjenige verlieren,
was sie aus dem Vermögen des frühern Ehemannes als Ehegewinn erhalten hat.
(Vanessa Antiopa L.), einer der schönsten TagschmetterlingeDeutschlands, zu den Eckflüglern (s. d.) gehörig,
etwa 70 mm spannend, oben dunkelpurpurbraun mit breitem, schwefelgelbem, fein schwarz punktiertem Rande,
von dem nach innen eine Reihe blauer, schwarzer, umsäumter Flecken steht;
die Unterseite ist schwarz.
Die schöne schwarze,
weiß punktierte, rot gefleckte Dornenraupe lebt im Sommer gesellschaftlich auf Weiden, Birken, Pappeln, aber auch auf Hauhechel.
die Servitut, vermöge welcher der Besitzer eines Grundstücks das Recht hat, das Regenwasser auf das Grundstück
des Nachbars ablaufen zu lassen (s. Gußgerechtigkeit).
(lat. somnium), das Erzeugnis der Seelenthätigkeit im Schlafe.
Man findet vielleicht keinen Menschen, der sich nicht erinnerte, zuweilen geträumt zu haben, während es ungewiß ist, ob
jeder Schlaf von Traum begleitet sei; denn meist erinnern wir uns nicht, daß
wir geträumt haben. Nur besonders lebhafte
oder im unvollkommenen Halbschlaf stattgehabte Traum pflegen in den wachen Zustand als mehr oder
weniger deutliche Erinnerungen überzugehen. Der Traum gehört zu den normalen Erscheinungen des Lebens.
Vor dem Einschlafen, noch ehe der wirkliche Traum beginnen kann, zeigen sich oft die sog.
Schlummerbilder, einzelne Punkte, Striche, Umrisse von
[* 71]
Figuren und Menschen, die ineinander verschwimmen, aber isoliert und
ohne innern Zusammenhang sich dem Gesichtssinn darstellen. Der eigentliche Traum hingegen besteht aus der Vorstellung zusammenhängender
Reihen von Erscheinungen und Ereignissen, bei deren Wahrnehmung es scheint, als ob die Sinnesorgane wirklich ihre Funktion
erfüllten (d. h. als ob man höre, sehe, fühle), da man noch nach dem Verschwinden eines lebhaften Traum oft
die Folgen von Sinneseindrücken, eine Affektion des Auges, einen Klang im Ohr,
[* 74] einen ungewöhnlichen Geschmacku. dgl. empfindet.
Man darf jedoch nicht annehmen, daß diese Empfindungen durch die Sinne zum Vorstellungsvermögen gelangen, sondern muß vielmehr
die Erzeugung derselben in dem Gehirn
[* 75] suchen (wie bei den Hallucinationen). Im Schlafe fällt die Thätigkeit
des bewußt ordnenden und verknüpfenden Verstandes weg, und die Phantasie verarbeitet die Seeleneindrücke in freier Willkür.
Die Phantasie nimmt den Stoff zu ihren Bildungen immer aus dem Gedächtnis, indem sie ganze Scenen aus der Vergangenheit mit
mehr oder weniger Abänderungen wiederholt oder aus mehrern derselben sowie aus gehabten Anschauungen
ein neues Bild zusammensetzt. Daher träumen Blindgeborene nie von Sichtbarem, Taubgeborene nicht von Hörbarem.
Je geringer die Tiefe des Schlafes ist, um so mehr nähert sich das Traumleben dem Wachzustande. Der Zusammenhang der Traum wird
vernünftiger, die Arbeit des wachen Geistes setzt sich im Schlafe fort. Sogar Probleme der Philosophie,
der Physiologie, der Poesie u. s. w. sollen im T. gelöst worden sein. Doch sind das Zeichen einer krankhaften
Überreizung des Nervensystems, und man behauptet mit Recht, daß traumloser oder mit besonders sinnlosen, phantastischen Traum angefüllter
Schlaf der gesündeste sei.
Eigentümlich gestaltet sich der Verkehr des Träumenden mit der Außenwelt. Die Sinne, deren Thätigkeit
im Schlafe nicht ganz erloschen, werden durch die ihnen entsprechenden Einflüsse angeregt. Wenn dieser Eindruck stark genug
ist, um empfunden werden zu können, ohne die Erregung bis zum Erwecken zu steigern, so deutet dann die Phantasie denselben
auf ihre Weise aus, webt ihn in den Traum hinein oder erzeugt aus ihm weitere Traumbilder. In dieser
Art wird besonders das Gehör
[* 76] häufig zum Schöpfer von Traum Empfindungen des Gemeingefühls, die im Innern des Körpers selbst
ihren Grund haben, stellen sich als von außen kommende und angenehme oder unangenehme Empfindungen erzeugende Sinneseindrücke
dar. So werden die Traum auch durch krankhafte Zustände verschiedentlich modifiziert. Hieran knüpft sich
die wichtige Streitfrage, ob alle Traum Reizträume sind, d. h. Sinnesreizungen ihre
Entstehung verdanken, oder ob es auch Associationsträume giebt, die aus innerer Vorstellungs- oder Phantasiethätigkeit allein
entspringen. Man neigt sich in der modernen Psychologie mehr der erstern Ansicht zu und betrachtet demnach den
Traum als Illusion (s. d.), nicht als
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Hallucination (s. d.). Die Muskelbewegung findet beim Traum meist
in der Schwäche der Macht des Willens über die Muskeln
[* 78] ein Hindernis, kann aber in den verschiedensten Graden stattfinden,
von der geringsten Regung bis zum Schlaf- oder Traumwandeln mit Vollbringung mehr oder weniger zweckmäßiger Handlungen.
(S. Somnambulismus.)
Charakteristisch für den Traum ist die Fähigkeit der Seele, die eigene Erfindung als eine fremde
zu betrachten, andern, deren Erscheinung sie schafft, mündliche Äußerungen und Handlungen unterzulegen, die sie selbst
erfindet, und so ihre eigene subjektive Thätigkeit zu objektivieren. Nicht selten endlich vereinigt sich die Thätigkeit
der Phantasie mit der des Verstandes im T. zu einem Gedankenfluge, wie er in dem Maße während des Wachens
nie stattfindet. Wenn die Einflüsse der Außenwelt auf die Sinne im wachen Zustande unsere Vorstellungen regeln, so hemmen
sie dieselben zugleich durch die Schranken der Zeit und des Raums; im Traumzustande aber waltet der Gedanke fast fessellos.
So entstehen die Traum der Vision, Inspiration und Divination.
Unser Traumdenken beruht, ganz wie das Denken im wachen Zustande, auf den Gesetzen der Ideenassociation (s. d.); doch entbehren
die Traumvorstellungen der logischen Beherrschung, und in raschem Wechsel wird im T. oft das Sinnloseste und Ungewöhnlichste
miteinander verbunden. Als krankhafte Traumzustände sind zu betrachten: das Aufschrecken und Zusammenfahren
im Schlafe, das Alpdrücken und die Hallucinationen. Daß auch die Tiere, wenigstens die höher organisierten, träumen, scheinen
die Ausdrucksbewegungen im Schlafe zu beweisen.
(vom grch. trauma, die Wunde), eine sirupdicke klare
Lösung von Guttapercha in Chloroform, die, auf die Haut
[* 81] aufgestrichen, nach der Verdunstung des Chloroforms eine durchsichtige
geschmeidige Hülle bildet und wie das Kollodium äußerlich gegen Hautkrankheiten,
[* 82] Erosionen, Verbrennungen und Frostbeulen
angewendet wird.
(grch.), durch eine Wunde oder Verletzung entstanden;
traumatische Entzündung, die nach einer Verwundung
entstehende Entzündung, führt durch unmittelbare Verklebung oder durch Granulationsbildung zur Wundheilung.
Neurose,Unfallnervenkrankheit, allgemeine Bezeichnung für diejenigen Nervenkrankheiten, die nach Unfällen
beobachtet werden und nicht auf groben materiellen Verletzungen, sondern auf feinern, anatomisch nicht nachweisbaren Veränderungen
des Nervensystems beruhen. Die Krankheit tritt entweder infolge von heftigen Erschütterungen des ganzen Körpers, insbesondere
nach Eisenbahnunfällen (s.
Rückenmarkserschütterung), oder auch nach mehr umschriebenen Verletzungen
eines bestimmten Körperteils auf.
Der Verlauf ist gewöhnlich derart, daß sich bei dem bis dahin anscheinend ganz gesunden Individuum im Anschluß an den
erlittenen Unfall allmählich eine eigentümliche psychische Veränderung entwickelt; der Kranke wird mißmutig, verstimmt,
völlig energielos, wird den Eindruck des erlittenen Unfalls nicht mehr los und grübelt nun fortwährend
über die etwaigen Folgen desselben. Der Schlaf wird unruhig, oft durch ängstliche Träume gestört, der Appetit wird geringer,
das Körpergewicht sinkt.
Ferner klagt der Kranke über allerhand Schmerzen und unangenehme Empfindungen an den Körperstellen, die durch den Unfall besonders
betroffen wurden, über Kopfdruck und Kopfschmerzen, Schwindel, Mattigkeit, Ohrensausen, Flimmern vor den Augen, undeutliches
Sehen,
[* 83] Herzklopfen, Erschwerung der Harnentleerung, Stuhlverstopfungu. dgl. Objektiv lassen sich oft eine allgemeine notorische
Schwäche, Sensibilitätsstörungen, Einschränkung des Gesichtsfeldes, Steigerung der Sehnenreflexe, Lähmungserscheinungen
der verschiedensten Art, Geh- und Sprachstörungen, leichtes Zittern, Ohnmachten und selbst epileptiforme
Anfälleu. dgl. nachweisen.
Die Deutung dieses Krankheitsbildes hat zu vielfachen und interessanten Erörterungen Anlaß gegeben. Während die ersten
Beobachter die Ansicht ausstellten, daß es sich bei dem geschilderten Symptomenkomplex um eine eigenartige, einheitliche,
scharf begrenzte Krankheitsform handle, die infolge des beim Unfall erlittenen Schrecks entstehe, läßt man neuerdings den
Begriff der Traumatische Neurose mehr und mehr fallen und weist die bisher unter dieser Kollektivbezeichnung
zusammengefaßten Krankheitsfälle teils der Neurasthenie, teils der Hysterie, teils den eigentlichen Psychosen (Hypochondrie,
Melancholie) zu; ein nicht geringer Teil endlich gehört in das Gebiet der Simulation, zu der die gerade hier so häufig in
Frage kommenden Entschädigungsansprüche leicht Veranlassung geben.
Der Verlauf der traumatischen Neurasthenie und Hysterie, der sich von dem der nichttraumatischen Formen nicht wesentlich unterscheidet,
ist chronisch und erstreckt sich oft über Jahre. Die Behandlung hat vor allem eine allgemeine Kräftigung des Körpers und
eine geeignete psychische Ableitung zu erstreben, im besondern sind Bäder, Massage, die Anwendung der
Elektricität, unter Umständen die hypnotische Suggestion sowie die Verabreichung von Bromsalzen von Nutzen. -
Vgl. Oppenheim,
Die Traumatische Neurose (2. Aufl., Berl. 1892);
Wichmann, Der Wert der Symptome der sog. Traumatische Neurose (Braunschw.
1892).
Sammlungen von Auslegungen der Träume, die aus dem Bestreben der Traumdeutung (Oneirokritik,
Oneiromantie), dem Bestreben, den Träumen eine höhere Offenbarung unterzulegen und diese zu enträtseln, entstanden. Im
Altertum bestanden förmliche Traumorakel, durch die z. B. Kranke die Mittel zu ihrer Heilung suchten. Im Mittelalter und in
den Folgezeiten bis auf die Gegenwart hat der Aberglaube eine Menge von Traumbücher für das bedürftige Publikum
hervorgebracht, von denen hervorzuheben sind: Cardanus, «Traumbuch. Wahrhaftige, unbetrügliche Unterweisung, wie allerhand
nächtliche Träume und Erscheinungen ausgelegt werden sollen» (Bas. 1563);
Anhorn, «Magiologia u. s. w.» (ebd. 1674);
Artemidori, «Traumbuch u. s. w.» (Straßb.
um 1580; Lpz. 1677 u. 1735; auch
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