1) Arrondissement im franz. Depart. Meurthe-et-Moselle
in Lothringen, hat auf 1168 qkm (1896) 66 902 E., 5 Kantone und 119 Gemeinden. - 2) Toul, Hauptstadt des Arrondissements Toul und
Festung
[* 12] ersten Ranges, 22 km westlich von Nancy,
[* 13] zwischen Rhein-Marne-Kanal und linkem Moselufer, an den Linien Paris-Avricourt,
Nancy-Neufchâteau und Toul-Pont-St. Vincent (24 km) der Ostbahn (s. den Situationsplan, S. 926), ist Sitz
des Kommandos der 78. Infanteriebrigade, eines Gerichtshofs erster Instanz, einer Ackerbaukammer, Forstinspektion und früher
eines Bischofs und hat (1896) 8942, als Gemeinde 12 201 E., in Garnison das 146. und Teile des 26., 153., 156. und 160. Infanterieregiments,
das 39. Feldartillerieregiment, das 6. Fußartillerie- und das 6. Geniebataillon, ein Collège, Pensionate,
Spital, Bibliothek, Gefängnis, Kathedrale St. Etienne mit zwei luftigen Türmen, Chor und Querschiff aus dem 13. Jahrh., und
dem 70 m langen, 50 m breiten Kreuzgang, sowie got. Kirche St. Gengoult (13. und 15. Jahrh.), Stadthaus im ehemaligen Bischofspalast;
ferner Brauerei, Ziegelei, Lohgerberei, Fabrikation von Spitzen, Kalk, Fayence
[* 14] und Handel mit Getreide,
[* 15] Leder, Wein, Essig und Branntwein.
Die Festung Toul ist als rechter Flügelstützpunkt der Linie Verdun-Toul von großer Bedeutung. Vor der alten Bastionumwallung
legte man 1874 vier Werke an: St. Michel im N., La Justice im W., Dommartin im O. und Tillot im S., die
bis auf das erste, auf hohem Bergkegel gelegene, nur noch Wert als Reduitposten haben. Die 15 km lange Westfront bilden jetzt,
am steilen Ostrand der Côtes de Meuse gelegen, von N. nach S. Fort Lucey (6 Nebenwerke), Reduit Bruley mit 5 Batterien, Fort
Ecrouves (2 Batterien), Domgermain, Charmes, Blenod. Im S. zwischen letzterm und der Mosel liegen in der
Ebene Fort Gye und Chanot; im O. als innerer Moselbrückenkopf, vor dem als äußerer das Plateau von La Haye mit Fort Frouard
und Pont Saint Vincent sich ausdehnt, liegen dem Walde von La Haye gegenüber die Werke Chaudenay, Villey-le-Sec
und Gondreville; im N. die Werke Villey-St.
Etienne (2), Francheville und Bouvron.
Zur Verstärkung
[* 16] der Intervalle sind endlich 13 Zwischenwerke
[* 17] und Batterien erbaut. Der Gesamtumfang mißt 46 km. Zum Schutze
der zwischen Pont St. Vincent und Toul angelegten Eisenbahnlinie wurde am südl. Moselufer ein Fort St. Mansuy
erbaut. Auf der südl. Fortsetzung der Côtes liegt 16 km von Toul. Fort La BlancheCôte, auf weitere 21 km Fort Bourlemont (westlich
Neufchâteau). Toul, das alte Tullum Leucorum, wurde 410 Bischofssitz, der zum Erzbistum Trier
[* 18] gehörte. Toul war deutsche Reichsstadt,
wenn auch die Herzöge von Lothringen die Schirmvogtei über sie besaßen. 1552 besetzte Heinrich II. von
Frankreich im Bunde mit Moritz von Sachsen
[* 19] die Stadt nebst Metz
[* 20] und Verdun
[* 21] und behauptete die drei Bistümer, bis sie 1648 im Westfälischen
Frieden an Frankreich abgetreten wurden. Am wurde die
Festung eingeschlossen und ergab sich 23. Sept. mit 109 Offizieren, 2400 Mann
und 490 Geschützen den Deutschen.
1) Arrondissement im franz. Depart. Var in der Provence, hat auf 1292 qkm (1896) 179 308 E., 9 Kantone und 31 Gemeinden. -
2) Toulon, lat. Telo Martius, Hauptstadt des Arrondissements Toulon, neben Brest der bedeutendste Kriegshafen Frankreichs und
Festung ersten Ranges, auch Handelshafen, im Innern der tiefen und sichern Bai von Toulon, die nach W. und SW. durch die Halbinsel
von Kap Sicié und nach S. durch die im O. jener anhängenden des Kap Cépet vom Mittelmeer getrennt und nur nach O. mit ihm
verbunden ist, am Südfuß des Mont-Faron (546 m) schön gelegen, an den Linien Marseille-Nizza und Toulon-Hyères
(29 km), ist Hauptstation der franz. Mittelmeerflotte, Sitz der fünften Marinepräfektur,
eines Marineamtes, Gerichtshofs erster Instanz, Handelsgerichts, einer Handels- und Ackerbaukammer, eines Hauptzollamtes,
vieler Konsulate und einer Filiale der Banque de France. (Hierzu ein Plan: Toulon und Umgebung nebst Straßenverzeichnis.)
Gebäude und Anlagen. Die eigentliche Stadt ist ein mit Mauern und Graben umgebenes Dreieck,
[* 24] dessen gerade Basis im S. der Hafen
bildet und dessen vom Festungsartilleriepark gebildete nördl. Spitze durch Eisenbahn und Bahnhof abgetrennt
wird. Vorstädte sind: du Las im W., St. Roch im NO., St. Jean und Ste. Catherine im O. und auf einer Halbinsel mit der Pipadyspitze
der Stadtteil Le
[* 25] Mourillon im SO. Die meist hohen Häuser der näher beim Hafen liegenden alten Stadt bilden oft enge Straßen
(die interessanteste ist die nach Süden zum Hafenquai führende Rue d'Alger), lassen aber auch viele Plätze frei, so die
große Place d'Armes am Arsenal, daran die schöne Marinepräfektur (1786-88), Place Puget mit malerischer Fontäne von 1780 u. a.
Boulevard de Strasbourg durchschneidet den neuen Stadtteil von Osten nach Westen, an ihm liegen das hübsche
neue, mit Statuen geschmückte Theater (1800 Plätze), die Place de la Liberi mit schöner Fontäne (1890), mit Statuen von Andre
Allar, weiter die AvenueVauban, die nördlich zum Bahnhof führt, dann das hübsche Gebäude für das Museum (für Gemälde,
Skulpturen, Abgüsse, Reliefs von Puget u. a.) und die Bibliothek (32000 Bände), 1883-87 im Renaissancestil
erbaut, daneben der Stadtgarten mit der Charité (Bürgerhospital) im Hintergrunde. Östlich führt in der Altstadt die Rue
Lafayette vom Quai du Port (Hafenquai) nach Norden,
[* 26] in dessen Nähe die alte KathedraleSte. Marie Majeure steht, ein roman.
Gebäude aus dem 11. und 12. Jahrh., das im 17. Jahrh.
bedeutend vergrößert wurde, im 18. den Glockenturm erhielt und mehrere Kunstwerke birgt.
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Der Quai du Port an der Vieille Darse hat in der Mitte einen in den Hafen vorspringenden Platz (Carré du Port), darauf steht
das kolossale Bronzestandbild des Genius der Schiffahrt (von Daumas) vor dem Stadthause mit zwei den Balkon tragenden Karyatiden
[* 28] von Puget (1656). Das Arsenal am Westende des Hafenquais wurde zuerst von Heinrich IV. gegründet und von
Richelieu erweitert, der 1680 von Vauban begonnene Neubau verblieb in der Hauptsache bis 1856, wo die Bassins vergrößert,
neue Docks angelegt und die Etablissements neu gebaut wurden, so daß es jetzt 270 ha bedeckt und 12-13000 Arbeiter beschäftigt.
Das monumentale Eingangsthor von 1738 hat dor. Säulen
[* 29] und Statuen von Mars und Bellona. Südwestlich der
Stadt an und zwischen den westl. Bassins sind Eisenhütten und Hämmer, Maschinenwerkstätten, Waffenschmieden, ein 320 m
langer, 20 m breiter Seilersaal, ferner Bäckerei, Waschhaus, Mahlbetrieb, große Magazine aller Art, Krankenhaus
[* 30] (ehemals Bagnohospital),
Artilleriepark, ein Schiffsmuseum (mit Skulpturen von Puget u. a., Schiffsmodellen u.s. w.), Marinebibliothek,
der große Waffensaal und zwischen Vieille Darse und Darse Neuve ist l'Ilot mit Ausbesserungswerkstätten. Im SO.
davon befindet sich das Arsenal du Mourillon mit Schiffswerften und Docks (auch bedeckte), Gräben mit Holzvorräten, Holzmagazine
und Marinekasernen. Auf der Halbinsel des Kap Cépet liegt das Matrosenhospital St. Mandrier.
Der Hafen liegt an der Nordseite des innern Teils der Bai, an der Petite Rade (mit Wassertiefen bis zu 24 m), die im W. mit der
Bai de la Seyne und im S. zwischen der Pipadyspitze und dem Fort d'Aiguillette auf der Halbinsel des Kap Sicié mit der
Rade du Lazaret und der östl. GrandeRade zusammenhängt und hat fünf durch Molen gebildete Bassins (Darses), im O., nördlich
von Mourillon, den kleinen PortMarchand (nur für Schiffe
[* 31] von 3 bis 4,5 m Tiefgang) und daneben die in der Einfahrt 10 m, in der
Mitte 7 m, an den Quais 4 m tiefe große Vieille Darse, beide besonders dem Handel dienend.
Die drei folgenden, weiten Darses Vauban oder Neuve, de Castigneau und de Missieissi sind nur fürKriegsschiffe bestimmt und
mit den Gebäuden des Arsenals umstanden. 8 Trockendocks, der Marine gehörend, sind vorhanden; davon das größte 163 m lang, 22 m
breit und 8 m tief. Die Einfahrt zur kleinen oder innern Reede und zugleich zur Lazarettreede ist an der Westseite der großen
Reede durch großartige Dämme (zwei an der Halbinsel von Kap Cépet und ein 1500 m langer, nach Norden zur Pipadyspitze gerichteter)
bis auf eine Breite
[* 32] von 500 m und einen schmalen verschließbaren Zugang an der Pipadyspitze geschlossen.
Befestigungen (s. die Nebenkarte zum Plan). Äußerste Verteidigungslinie von W. nach O.: Fort Six-Fours (Küstenwerke des
Kap Sicié: Balaguier, de l'Aiguilette, Napoléon), Fort und Batterie Gros Cerveau, eine Reihe Werke von Croupatier bis Caoume,
im N. Poste du GrandCàp, die Befestigungen des Mont-Coudon, von hier zur Küste im O.FortThouars, la Garde,
la Gavaresse und Colle Nègre. Zweite Linie im N. die Stellung des Mont-Faron mit 5 Werken, im W. durch Fort Rouge, St. Antoine
und Malbousquet an die Stadtbefestigung (dritte Linie), im O. durch FortFaron, Artigues, Ste. Catherine
und La Malgue an die Küste angeschlossen. An
dieser liegen in östl. RichtungFortKapBrun und Ste. Marguerite, auf dem Kap Cépet
St. Elme und de la Croix Signaux.
Die Umgebung liefert gute Weine (Coteau de Lamalgue), Oliven, Feigen und Südfrüchte. Die schönste Aussicht bieten Mont-Faron
und Le Coudon im N. und NO., während die Halbinsel des Kap Cépet beim Hospital St. Mandrier, wohin regelmäßig Dampfer gehen,
prächtigen Fichten- und Eucalyptuswald, botan. Garten, Leuchtturm und auf einem Hügel eine Pyramide zur Erinnerung an den Admiral
Latouche-Tréville (gest. 1805) enthält. Südwestlich von Toulon liegt auf der Halbinsel
des Kap Sicié die durch Dampfer verbundene Stadt La Seyne-sur-Mer (s. d.), dahinter Six-Fours (2823 E.) mit einer an Kunstwerken
reichen Kirche aus dem 11. und 17. Jahrh., und im S. das 359 in hohe Kap Sicié.
Geschichte. Toulon wurde von den Phöniziern gegründet, die hier Purpurfärberei betrieben, wurde im 5. oder 6. Jahrh.
Bischofsstadt, 889 von den Sarazenen zerstört; Graf Wilhelm I. von Arles baute es wieder auf. 1032 hatte Toulon eigene Grafen und
wurde 1178, 1196 und 1211 von den Sarazenen belagert und zerstört. Im Spanischen Erbfolgekrieg wurde 1707 ein doppelter Angriff
der Verbündeten (Savoyens und Prinz Eugens zu Lande und der Holländer zur See) durch Marschall Tessé
abgeschlagen. 1744 besiegten in der Nähe die Engländer die franz.-span. Flotte. Am übergab
sich das dem Konvent feindliche Toulon der engl.-span. Flotte unter Hood, im Oktober aber begann
die Belagerung, bei der Napoleon Bonaparte die Artillerie kommandierte. Am 19. Dez. wurde Toulon erobert und mit
furchtbarer Härte bestraft. -
Vgl. Teissier, Histoire des diverse aggrandissements et des fortfications de la ville de Toulon (Toulon
1874);
Lambert, Histoire de Toulon (3 Bde., ebd. 1886-90).
1) Arrondissement im franz. Depart. Haute-Garonne, hat auf 1597,79 qkm (1896) 221 300 E., 12 Kantone und 131 Gemeinden.
- 2) Toulouse, Hauptstadt des Depart. Haute-Garonne und früher von Languedoc, Mittelpunkt des südl. Frankreichs, 140 m ü. d. M.,
in kahler, aber fruchtbarer Ebene rechts an der schiffbaren Garonne, über die drei Brücken
[* 33] zur Vorstadt St. Cyprien führen,
oberhalb der Mündung des Canal du Midi, wo auch der Seitenkanal von Brienne endet (s. den Situationsplan,
S. 929), an den Linien Bordeaux-Cette, Toulouse-Auch (89 km), Toulouse-Bayonne (322 km), Toulouse-Foix-Ax (124 km) der Südbahn und Paris-Toulouse (748
km) der Orléansbahn, ist Sitz des Präfekten, des Erzbischofs von Toulouse und Narbonne, eines prot. und israel.
Konsistoriums, des Kommandos des 17. Armeekorps, der 34. Infanteriedivision, der 67. Infanterie- und 17. Artilleriebrigade,
eines Appellhofs, Gerichtshofs erster Instanz, Handels- und Schiedsgerichts, Zollamtes, einer Ackerbau- und Handelskammer, Forstverwaltung,
Sparkasse, der Direktion des Canal du Midi, einer Filiale der Bank von Frankreich und der Société Générale und hat (1896) 124 187,
als Gemeinde 149 963 E. (172 mehr als 1891), in Garnison das 126. und Teile des 83. Infanterieregiments
sowie das 18. und 23. Artillerieregiment und die 17. Gendarmerielegion; ferner ein Krankenhaus, Taubstummeninstitut, prot.
Hospital, Irrenanstalt, Charité St. Nicolas und ein Zwangserziehungshaus.
Gebäude, Straßen, Anlagen. Die von Boulevards, Alleen und der Garonne umgebene eigentliche Stadt hat enge und winklige Straßen
mit Ausnahme einiger neuern, wie Rue d'Alsace-Lorraine. Dieselbe beginnt im Süden beim erzbischöfl. Palast, nach Osten davon
liegt die Präfektur und die Kathedrale St. Etienne mit dickem Turm,
[* 35] breitem Schiff
[* 36] (13. Jahrh.), schönem
Chor und Altarblatt in Marmor, nördlich das Museum in einem alten Augustinerkloster mit Kreuzgang (14. Jahrh.),
mit Antiquitätensammlung, Gläsern und Fayencen und einer Gemäldesammlung nebst modernen Skulpturen, (von Pradier, dem hier
geborenen Falguière und Mercié u. a.), weiterhin nach Westen das Stadthaus an der Place du Capitole mit einer StatueHeinrichs IV. im ersten Hof,
[* 37] in dem 1632 der HerzogHeinrich II. von Montmorency enthauptet wurde, Sitzungssälen mehrerer Akademien
und das Théâtre du Capitole.
Nördlich vom Kapitolplatz ist die Kirche du Taur und die schöne roman. Kirche St. Sernin (oder St. Saturnin, «Apostel von
Toulouse»),
das bedeutendste Bauwerk in Toulouse, das im 11. Jahrh. begonnen,
im 12. und 13. Jahrh. weiter geführt bis zum unvollendeten Portal. Eine vollständige Erneuerung (1860) hat Viollet le Duc
geleitet. Die Kirche ist 115 m lang, 32 m breit (im Transept 64 m) und im großen Schiff 21 m hoch. Der 65 m hohe Turm
hat fünf Etagen mit Arkaden. Westlich von St. Sernin ist das Arsenal mit Artillerieschule, nach Süden der prot. Tempel,
[* 38] das kleine
Lyceum mit der Jakobinerkirche aus dem 13. und 14. Jahrh., deren Turm (im ToulouserStil) dreieckige Arkaden hat.
Das große Lyceum daneben befindet sich im alten Hôtel de Bernuy, worin auch die Bibliothek (du
Collège)
mit 100000 Bänden (284 Inkunabeln) und 950 Handschriften aufbewahrt wird. Weiter südlich an der Garonne, unterhalb des Pont
Neuf mit 7 Bogen
[* 39] (1543-1626 vonNic. Bachelier und Sohn erbaut), ist die Kirche La Daurade («die vergoldete»),
von da geht nach
Nordwesten der Quai de Brienne bis zur Hängebrücke St. Pierre, weiter der Quai St. Pierre zur alten Mühle
du Bazacle, daneben die staatliche Tabakmanufaktur. Oberhalb Pont Neuf ist die InselTunis,
[* 40] an deren oberm Ende die alte Schloßmühle
steht. Dieser südl. Teil der alten Stadt enthält in der Straße Dalbade die gleichnamige Kirche (oder
Notre-Dame la Blanche, Mitte des 15. Jahrh.), die Hôtels de Clary (oder Maison de pierre) aus dem 17. Jahrh. und östlich davon
das Hôtel Lasbordes (oder de Fleyres), ein Meisterwerk vonNic. Bachelier (1515). Ziemlich im Süden ist die Place du Salin,
wo die Auto de Fé stattfanden. Am Südende der Altstadt ist das alte Parlamentsgebäude, jetzt Justizpalast,
vor dem das Bronzestandbild des Juristen Cujacius steht; daran führt die Allée St. Michel vorüber zum schönen Platz Grand
Rond und trennt die südl. Vorstadt ab, in der die mediz.
Schule, die mathem.-physik. Fakultät und der botan. Garten liegen. Vom Grand Rond gehen mehrere Alleen ab,
die nach Norden führende St. Etienne begrenzt die gleichnamige östl. Vorstadt, die bis zum
Canal du Midi reicht und nördlich davon, zwischen Boulevard und Kanal,
[* 41] die Vorstadt St. Aubin mit der gleichnamigen Kirche,
während die östlichste Vorstadt Guilhemery jenseit des Kanals liegt und den großen Park Caousou enthält.
Die nach Nordosten führende Allée
Lafayette trennt die Vorstädte St. Aubin und Matabiau und hat beim Canal du Midi ein Marmorstandbild des Schöpfers desselben,
Riquet, von Rissoul-Dorval (1838). Die große nordöstl. Vorstadt Matabiau zu beiden Seiten des Kanals enthält die Tierarzneischule
und den Hauptbahnhof. Hinter der Schule steht ein Obelisk zur Erinnerung an die Schlacht von Toulouse,
und weiterhin die Sternwarte.
[* 44] Hinter dem Boulevard d'Arcole liegt die nördl. Vorstadt Arnaud-Bernard, im Nordwesten liegen
Kasernen, im Westen hinter dem Arsenal die Vorstadt St. Pierre und südlich davon die bedeutende Vorstadt St. Cyprien mit dem
Hôtel Dieu St. Jacques (12. Jahrh.) am Pont Neuf und dem Hospice St.
Joseph de la Grave. Diese Vorstadt leidet bei den Überschwemmungen am meisten und wurde 23. bis fast ganz zerstört.
Handel und Industrie. Durch die Lage an der Garonne, dem Canal du Midi und dem Zusammenfluß verschiedener Pyrenäenstraßen
ist der Handel von jeher sehr bedeutend gewesen, namentlich mit Landesprodukten und Lebensmitteln mit Spanien.
[* 46] Ebenso ist auch
die Industrie lebhaft; außer der staatlichen Pulverfabrik und der Tabakmanufaktur sind Fabriken für landwirtschaftliche
Maschinen und Geräte, Papierindustrie und Gewerbe aller Art vorhanden. Viele Straßenbahnen durchziehen die Stadt.
Geschichte. Toulouse, lat. Tolosa, war als Hauptort der Tektosagen schon unter den Römern bedeutend und eine
heilige Stadt der Gallier, mit einem heiligen Teiche, der einen großen Schatz enthielt. Es wurde 419 Hauptstadt des Reichs
der Westgoten, das nach ihm als das «Tolosanische» bezeichnet wird, fiel 507 an
Chlodwig und wurde 778 eine Grafschaft, deren Besitzer mit Raimund VII. 1249 ausstarben (s. den folgenden
Artikel), worauf Toulouse 1271 an die Krone fiel. Sehr verderblich für Toulouse waren von 1208 ab die Albigenserkriege (s.
Albigenser). Im Bürgerkriege von 1562 fielen 4000 Hugenotten und zu Bartholomäus 1572 wurden noch 300 gemordet. Am wurden
bei Toulouse die Franzosen von Engländern und Spaniern unter Wellington geschlagen. -
Vgl. Jourdan, Panorama
historique de Toulouse (2. Aufl., Toulouse 1877);
[* 27] (spr. tuluhs'), altes südfranz. Geschlecht, dem seit 507 das Gebiet und die Stadt
Toulouse gehörte. Lange Zeit regierten die Herzöge von Aquitanien in Toulouse, bis Pippin 767 ihrer Herrschaft
ein Ende machte: nun wurde Toulouse wieder Sitz einer Grafschaft, die 852 mit Raimund
I. an das neue aquitanische Geschlecht
kam. Unter ihm und seinen Nachfolgern wurde Quercy und Albigeois, unter Raimund Pons (923-950), der 924 die bis zur Provence
vorgedrungenen Ungarn
[* 47] schlug, auch Auvergne und Aquitanien zeitweilig erworben.
Auf Pons folgte sein Sohn Wilhelm Taillefer (950-1037), der durch Heirat die Provence gewann. Sein Enkel Wilhelm IV. hatte
keine Söhne und gab daher Toulouse an seinen BruderRaimund IV. von Saint-Gilles, der bereits Novergue, Nimes
[* 48] und Narbonne besaß
und einer der reichsten Fürsten seiner Zeit war. Er hatte einen hervorragenden Anteil am ersten Kreuzzug 1096 und
eroberte 1103 das Fürstentum Tripolis in Syrien, wo er 1105 starb. Sein Sohn Bertrand, der ihm in Toulouse folgte, zog 1109 ins
Heilige Land und starb dort 1112. Sein Nachfolger in Toulouse war sein Neffe Alfons Jordanus (1112-48),
der anfangs durch Wilhelm IV. von Aquitanien aus seinem Besitz vertrieben war; dann folgte Alfons' Sohn Raimund V. (1148-95),
der sich gegen den Erben der Aquitanier, Heinrich II. von England, mit Hilfe Frankreichs 1159 behauptete und gegen die in Toulouse
erstarkende Sekte der Albigenser (s. d.) mit Strenge einschritt.
Sein Sohn Raimund VI. (1195-1222) vereinigte mit seinen Gebieten in Languedoc auch noch das Marquisat der Provence auf dem
linken Rhôneufer um Avignon; sein Hof war ein Mittelpunkt der provencal. Poesie. Bald aber geriet er wegen Begünstigung der
Albigenser (s. d.) mit Papst Innocenz III. in Streit. Mehrfach exkommuniziert,
sah er sein reiches Land bald zu einer Beute fanatischer Mönche und habgieriger Kreuzfahrer werden. Dem Anführer der letztern,
Simon von Montfort (s. d.), sprach Innocenz 1215 trotz der Demütigung Raimunds VI. die Herrschaft in Toulouse zu. Aber dieser
setzte sich zur Wehr und hatte, als er 1222 im Bann starb, fast alle seine Länder wiedererobert.
Sein Sohn Raimund VII. (1222-49), ein unruhiger, kriegerischer und unbeständiger Fürst, hatte anfangs gegen Simons Sohn Amalrich von
Montfort guten Erfolg, bis dieser seine Ansprüche auf Toulouse an Frankreich abtrat, dessen König Ludwig VIII. nun 1226 gegen
Raimund VII. zog. Dieser mußte im Frieden von Paris
[* 49] 1229 einen Teil seines Gebietes an Ludwig IX. von Frankreich
geben und den Rest von ihm zu Lehn nehmen, auch Kirchenbuße und Verfolgung der Ketzer geloben. Seine Tochter Johanna wurde
mit Ludwigs IX. BruderAlfons von Poitou vermählt, und dieser erbte Toulouse, als Raimund VII. nach manchen Fehden und
Versuchen, sein Land zurückzuerobern, 1249 ohne männlichen Erben starb. Auch Alfons starb 1271 ohne Nachkommen, so daß nun
Philipp III. von Frankreich Toulouse mit seiner Krone vereinigen konnte. -
Vgl. Devic und Vaissete, Histoire du Languedoc (neue
Ausg., 15 Bde., Toulouse 1873-93).
(spr. tuluhs'), Louis Alexandre von Bourbon, Herzog von Penthièvre, Graf von, dritter natürlicher
Sohn Ludwigs XIV. von der Montespan, geb. 1678, focht 1690 mutig in den Niederlanden, kämpfte im Spanischen Erbfolgekrieg 1704 unentschieden
zur See bei Malaga
[* 50] gegen die Engländer und trat dann ins Privatleben zurück. Sein Vater hatte ihn wie auch die andern Kinder
der Montespan legitimiert und sogar im Fall des Aussterbens der legitimen Bourbons für thronfähig erklärt.
Der Regent Philipp von Orlèans annullierte diese Bestimmungen, ließ aber dem Grafen von Toulouse
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mehr
seine Würde auf Lebenszeit. Er starb zu Rambouillet.
(frz., spr. tupeh), die zunächst über der Stirn befindlichen, nach der zu Ende des 18. Jahrh. herrschenden
Mode rückwärts gekämmten und in die Höhe gekräuselten Haare.
[* 52]
(spr. tuk), 108 km langer Küstenfluß in der Normandie, entspringt im franz. Depart. Orne, an der Nordseite
der Berge von Amain, berührt Lisieux und Pont l'Evêque in Calvados und mündet 4 km unterhalb Touques (1287 E.) an der Westbahn,
westlich des Seebades Trouville-sur-Mer, in den Kanal.
(spr. turähn), ehemaliges franz. Herzogtum, einst
von der gall. Völkerschaft der Turones bewohnt, grenzte im N. an Maine und Orléanais, im O. an Berry, im S. an Poitou und im
W. an Anjou und umfaßte das Gebiet des heutigen Depart. Indre- et-Loire.
Die Touraine hatte unter den Merowingern und Karolingern als Pagus Turonicus eigene Grafen, kam 1045 an Anjou, 1154 durch Erbfall an
England, 1206 als verwirktes Lehn an die franz. Krone, wurde 1356 Herzogtum und mehrmals an franz. Prinzen gegeben, aber 1584 nach
dem Tode des Herzogs von Alençon, BrudersHeinrichs III., wieder mit der Krone vereinigt. Die Hauptstadt der
Touraine war Tours
[* 54] (s. d.). -
Vgl. Bourassé, La Touraine, son histoire et ses monuments (Tours 1885).
(spr. turkŏäng), Fabrikstadt im Arrondissement Lille
[* 55] des franz. Depart. Nord, in Flandern,
an der belg. Grenze, liegt in fruchtbarer Gegend an den Linien Lille-Tourcoing (11
km, nach Gent)
[* 56] und Orchies-Halluin der Nordbahn, hat (1896) 55 705, als Gemeinde 73 353 E. (Anfang des Jahrhunderts nur 10000), 7876 mehr
als 1891, ein Handels- und ein Schiedsgericht, eine Handels- und eine Gewerbekammer, Zollamt, Krankenhaus, Spital
u. s. w. Tourcoing ist neben Roubaix (s. d.)
Mittelpunkt eines großen Industriebezirks (hierzu die Karte: Industriegebiet von Roubaix-Tourcoing); wichtig sind vor allem:
Woll-, Baumwoll- und Leinenspinnerei, Fabrikation von Zucker,
[* 57] Tafelleinen, Teppichen, Messerschmiedwaren, Seife, Baumwollbänder
sowie Brauerei, Lohgerberei und Zuckerraffinerie.
Das Rathaus ist ein großes neues Gebäude im Renaissancestil, aus dessen Mitte sich eine große Kuppel
erhebt und das ein kleines Museum enthält. Die hübsche moderne got. Kirche St. Christophe hat prächtige Glasmalereien, Gemälde
und Holzschnitzereien, auch die neue KircheNotre-Dame (im Renaissancestil) ist im Innern sehr reich (35 Statuen). Von den nächstliegenden
Industrieorten sind Marcq en Baroeul (10 392 E.), Mouvaux (5786 E.), Roncq (6726 E.), Croix (14338 E.),
Wasquehal (4901 E.) und Wattrelos (22 731 E.) zu nennen; Halluin (s. d.) mit 15 781 E. liegt 12 km nach Norden. Am 17. und siegten
hier die
Franzosen über die verbündeten Österreicher und Engländer unter Clerfayt.
(spr. turnaschóng), Félix, eigentlich Nadar genannt, franz. Schriftsteller, Zeichner
und Luftschiffer, geb. zu Paris, war Mitarbeiter am «Charivari» und am «Journal pour rire», begründete die «Revue
comique» (1849) und verfaßte «La robe de Déjanire» (1862),
«Le monde où l'on patauge» (1883).
Seine Luftschiffahrten schilderte er in «A terre et en l'air. Mémoires du Géant»
(1864) und in «Le droit au vol» (1865).
(spr. turnäh), vläm. Doornik, Stadt auf beiden Seiten
der Schelde in der belg. ProvinzHennegau, an den Staatsbahnlinien Kortrijk-Tournai, Tournai-Ronsse, Tournai-Rumes, Ath-Tournai-Lille und Tournai-Blaton-Mons,
ist Sitz eines Bischofs, hat (1897) 35 905 E., sieben Vorstädte, schöne Straßen und Quais, einen aus
dem J. 1187 stammenden, 1852 restaurierten Belfried mit Glockenspiel, viele Kirchen, unter denen, außer St. Quentin, St. Brice,
welche einst das Grab des frank. Königs Childerich I. (gest. 481) enthielt, und St. Jacques, sich die sehenswerte Kathedrale
mit fünf Türmen (roman. Stils) auszeichnet; diese stammt aus dem 12. Jahrh., wurde aber im 13. und 14. vollendet;
sie hat merkwürdige Skulpturen, die ältesten aus dem 13. Jahrh., und Gemälde von Rubens, Jordaens u. a. Die Stadt besitzt
eine Gemäldegalerie in der ehemaligen Tuchhalle (1610), eine Bibliothek von mehr als 50000 Bänden, ein
bischöfl.
Seminar, fünf Hospitäler, ein Irrenhaus, ein Zuchthaus, Infanteriekaserne, naturhistor. Museum, Stadthaus in der frühern
Priorei, neuen Gerichtspalast, Theater, Bronzestandbild der Prinzessin d'Epinoy (s. unten, von Dutrieux, 1863), Marmorstandbild
des Naturforschers Dumortier (1883) und viele mittelalterliche Bauten. Die Industrie erstreckt sich auf Herstellung wollener
Stoffe, Strumpfwaren, sehr geschätzter Teppiche, Leinwand, Band,
[* 58] Fayence, Seife und Lichter.
Tournai, das alte Tornacum oder Turris Nerviorum der Römer,
[* 59] war im 5. und 6. Jahrh. Sitz der merowing. Könige. Seit der Teilung
des FränkischenReichs im 9. Jahrh. lag Tournesis, d. i. die umliegende Landschaft, an den Grenzen
[* 60] Flanderns und Lothringens. 1056 wurde
dieselbe als ein deutsches Reichslehn dem Balduin I. von Hennegau überlassen, doch galt für sie gewöhnlich die Lehnshoheit
Frankreichs. Häufig war Tournai ein Kampfobjekt zwischen den franz. Königen
und Grafen von Flandern, doch gelangte dort weder der eine noch der andere zur landesherrlichen Gewalt. Im Kriege gegen Maria
von Burgund 1477 bemächtigte Ludwig XI. sich der Stadt. Im Frieden von Cambrai 1529 wurde Tournesis endgültig
an Karl V. abgetreten. 1581 wurde Tournai von der Prinzessin d'Epinoy (Marie de Lalaing) gegen Alexander von Parma
[* 61] verteidigt. Von
Ludwig XIV. 1667 nach langer Belagerung¶