zur Errichtung der Halleschen
Universität (1694). Thomasius wurde zweiter, in der Folge erster Professor des
Rechts sowie Direktor
der
Universität. Er starb
Charakteristisch für Thomasius' Denkart sind besonders die «Vernünftigen
und christlichen, aber nicht scheinheiligen
Gedanken und
Erinnerungen über allerhand auserlesene, gemischte, philos. und jurist.
Händel» (3 Bde.,
Halle
[* 2] 1723-26) sowie seine «Geschichte der Weisheit und Thorheit» (3
Bde., ebd. 1693). Gegen die Hexenprozesse richtete er die «Kurzen
Lehrsätze von dem Laster der
Zauberei mit dem Hexenprozeß»
(Halle 1704). Seine systematischen
Schriften beziehen sich meist
auf Naturrecht und
Moral, die er voneinander trennen wollte. -
Gottfried, luth. Theolog, ein Nachkomme von
Christian Thomasius, geb. zu Egenhausen
in
Franken, studierte in
Erlangen,
[* 5]
Halle und
Berlin,
[* 6] wurde 1829 Pfarrer in
Nürnberg,
[* 7] später zugleich Religionslehrer am dortigen
Gymnasium, 1842 ord. Professor der Dogmatik und Universitätsprediger in
Erlangen, wo er starb. Thomasius gehörte zu
den einflußreichstenVertretern der luth.
Orthodoxie und war neben
Chr. von Hofmann das angesehenste Haupt
der sog. Erlanger Schule. Er schrieb: «Christi
Person und Werk.
Darstellung der evang.-luth. Dogmatik vom Mittelpunkt der
Christologie
aus» (3 Bde.,
Erlangen 1852-61; 3. Aufl., hg. von F. J. Winter, 2 Bde.,
1888),
«Die christl. Dogmengeschichte alsEntwicklungsgeschichte des christl. Lehrbegriffs» (Bd.
1, ebd. 1874; Bd. 2, hg. von Plitt, 1876; 2. Aufl.
von Bonwetsch und Seeberg, 1886-89); ferner «Origenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte
des 3. Jahrh.» (Nürnb. 1837),
«Das
Bekenntnis der evang.-luth.
Kirche in der Konsequenz seines Princips» (ebd. 1848),
die in Kugelmühlen fein gepulverte
Thomasschlacke, ein Nebenprodukt bei der Flußeisenfabrikation
nach dem von denEngländernThomas und Gilchrist 1879 verbesserten Bessemerverfahren (s. Eisenerzeugung);
es dient, seit G. Hoyermann in Hannover
[* 8] auf seine düngende Wirkung aufmerksam gemacht hat, in der
Landwirtschaft als wichtiges
Düngemittel. Der Wert des dunkelbraun bis schwarz aussehenden Thomasphosphatmehl beruht in seinem Gehalt an
Phosphorsäure (durchschnittlich
17,5 Proz.). Außerdem sind noch vorhanden etwa 50 Proz.
Kalk (davon bis 12 Proz. im freien Zustand), 4,5 Proz.
Magnesia, 13 Proz.
Eisenoxyd und -Oxydul, 7,5 Proz.
Kieselsäure und
mehr oder weniger
Thonerde,
Manganoxydul, Schwefel, Schwefelsäure
[* 9] und Vanadinoxyd.
Das zur Verwendung kommende Thomasphosphatmehl soll mindestens 75 Proz. Feinmehl, das durch
ein 0,2 Millimetersieb geht, enthalten. Infolge seines Gehalts an
Ätzkalk verwittert und zerfällt das
Thomasphosphatmehl (oder die
Thomasschlacke) mehr oder weniger leicht an der Luft und man suchte bislang hierin den
Grund, daß es auf dem
Acker soviel wirksamer ist als die in der Natur vorkommenden Rohphosphate. Neuerdings erklären dies jedoch mehrere
Autoren
durch die Anwesenheit eines Tetrakalkphosphats oder eines Kalksilikatphosphats und schätzen den Wert
des Thomasphosphatmehl nach seinem Gehalt an in saurer citronsaurer Ammoniaklösung löslicher
Phosphorsäure (P.
Wagner).
Die Düngung mit Thomasphosphatmehl (etwa 600 kg pro
Hektar) hat sich vor allem auf Moorboden und auf sandigem
Boden bewährt, während auf
schwerem Thonboden das
Superphosphat vorzuziehen ist. Auch zur Düngung der Wiesen wird es (in Gemeinschaft
mit
Kainit) meist zu empfehlen sein. Man schätzt den Wert der
Phosphorsäure im T. einhalb bis reichlich dreiviertel so hoch,
wie
den derPhosphorsäure im
Superphosphat und bezahlt gegenwärtig 1 kg der citratlöslichen
Phosphorsäure etwa mit 14
Pf.
Die Produktion von Thomasphosphatmehl ist rapid gestiegen und hat ihren Hauptsitz in
Deutschland
[* 10] (seit 1894 ist das
Patent
für das Thomasverfahren erloschen). Sie betrug im J. 1896 in
Deutschland etwa 735000, in ganz Europa
[* 11] etwa 1 274000 thomasphosphatmehl. -
(SciaraThomaeL.), eine kleine schwarze Mücke aus der Familie der
Pilzmücken mit beim Weibchen
schwefelgelb gezeichnetem Hinterleib, im Juli und
August häufig an niedern
Pflanzen.
Achilles, österr. Oberbaurat, geb. zu Basel,
[* 15] studierte zuerst daselbst
Philosophie, Mathematik und Naturwissenschaften und widmete sich dann 1850-52 den technischen
Studien in
Karlsruhe.
[* 16]
In den J.
1852-56 unter Etzel beim
Bau derSchweizerCentralbahn thätig, wurde Thommen von demselben 1857 zum
Bau derFranz-Joseph-Orientbahn
nach
Ungarn
[* 17] als Sektionsingenieur berufen. Ferner projektierte und baute Thommen die
Brennerbahn (1861-67). 1867 als
Staatseisenbahn-Baudirektor und Leiter des gesamten Eisenbahnwesens nach
Ungarn berufen, konzipierte er das große ungar.
Eisenbahnnetz und organisierte die staatliche Eisenbahnbaudirektion. 1869 nahm er aus Gesundheitsrücksichten seine Entlassung
als Baudirektor, fungierte aber noch bis Ende 1870 als technischer
Konsulent der ungar. Regierung. In der
Broschüre «Die
Gotthardbahn»
(Wien
[* 18] 1877) trat er für die Vereinfachung des Gotthardbahnunternehmens und für die Anwendung
des Zahnschienensystems auf den zum großen
Tunnel
[* 19] führenden Steilrampen ein. Thommen starb zu Maria-Schutz.
¶
(spr. tomms'n),Sir Henry, engl. Chirurg, geb. zu Framlingham in Suffolk, studierte in London
[* 21] und wurde 1866 Professor
der Chirurgie in London. Er gilt als eine der ersten Autoritäten auf dem Gebiete der Blasenkrankheiten und
hat sich besonders um die Vervollkommnung der Lithotripsie und Lithotomie große Verdienste erworben; in weitern Kreisen wurde
er durch die an Kaiser Napoleon III. ausgeführte Steinoperation bekannt. Er schrieb: «The diseases of the prostate» (6.
Aufl., Lond. 1886),
«Practical lithotomy and lithotrity» (ebd. 1863; deutsch von Goldschmidt, Cass. 1882),
«Clinical lectures
on diseases of the urinary organs» (Lond. 1868; 5. Aufl. 1879),
«Lectures on some important points connected with the surgery of the urinary organs»
(ebd. 1884; deutsch von Dupuis, Wiesb. 1885),
«On tumours of the bladder» (Lond.
1885; deutsch von Wittelshöfer, Wien 1885),
«On the suprapubic operation for opening the bladder for stones or tumours»
(Lond. 1886),
«Food and feeding» (7. Aufl. 1891) u. a.
Unter dem PseudonymPen Oliver veröffentlichte er die Romane «Charley Kingston's aunt» (1885)
und «AllBut» (1886).
(spr. tomms'n), Silvanus
[* 22] Phillips, engl. Physiker,
geb. zu York in England, studierte in Flounders' Institute bei Pontefract, um an der University of London 1869 den
Grad eines Bachelor of Arts zu gewinnen. Seine Stellung als Science Master, die er in der von ihm früher
besuchten Bootham School von 1873 bis 1874 bekleidete, gab er auf, um sich weitern chem. und
physik. Studien an der Royal School of Mines in London zu widmen. 1876-78 wirkte Thompson als Lecturer, seit 1878 als Professor für
Experimentalphysik am University College zu Bristol, wo er das physikalische Laboratorium
[* 23] einrichtete.
Seit 1885 ist er Direktor (Principal) des City and Guilds Technical College zu Finsbury in London und daselbst Professor der
Physik. Thompson war Mitglied der Royal Society of London, der Royal Astronomical Society und Vicepräsident der Physical Society of
London. Außer einer großen Anzahl von Aufsätzen aus dem Gebiete der Experimentalphysik, im speciellen
der Elektricität und Optik schrieb Thompson «Elementary lessons in electricity and magnetism»
(Lond. 1881; 53. Aufl. 1891; übersetzt in das Deutsche,
[* 24] Französische, Italienische, Polnische),
«Dynamo-electric machinery»
(ebd. 1884; 5. Aufl. 1895; übersetzt in das Deutsche [5. Aufl., Halle 1896-97] und Französische),
«The Electromagnet» (Lond.
1891; deutsch Halle 1894),
«Polyphase electric currents and alternate current motors» (1895;deutsch
ebd. 1896),
(spr. tomms'n bött-), Lady Elizabeth Southerden, engl.
Malerin, geb. 1844 zu Lausanne,
[* 25] war eine geborene Thompson und heiratete 1877 den GeneralSir W. F. Butler, der sich besonders
im Sudan ausgezeichnet hat. Sie kam jung mit ihren Eltern nach Italien,
[* 26] wo sie in Florenz
[* 27] Studien in der
Malerei machte; 1870 nach England zurückgekehrt, errang sie einen ersten Erfolg mit dem Bilde: Truppenmusterung, das die
Königin Victoria
[* 28] erwarb. Ferner
malte sie: Das 28. Regiment bei Quatrebras (1875),Balaklawa, Inkjerman, Rekrutierung in
Irland (1879),Angriff der schott. Dragoner (Scots Greys) bei Waterloo
[* 29] (1882),
Ausgestoßen (1890);
diese Kriegsbilder, durch den Stich vervielfältigt, gehören in England zu den beliebtesten Werken dieser
Art.
Julius, dän. Chemiker, geb. in
Kopenhagen,
[* 30] wurde, nachdem er als Docent der Chemie an der polytechnischen Lehranstalt und Docent der Physik
an der militär. Hochschule seiner Heimatstadt gewirkt hatte, dort 1866 Professor der Chemie an der Universität und 1883 Direktor
der Technischen Lehranstalt. Er hat zuerst (1853) die Lehren
[* 31] der mechan. Wärmetheorie auf thermochem. Vorgänge angewendet
und zu diesem Zweck unter Verbesserung der Methoden zahlreiche Bestimmungen der Wärmetönungen ausgeführt. 1853 gründete
er die Kryolithindustrie und ist seit 1865 Direktor der Kryolithminen und -Handelsgesellschaft in Kopenhagen. Sein Hauptwerk
sind die «Thermochem. Untersuchungen» (4 Bde.,
Lpz. 1882-86).
Wilh.LudwigPeter, dän. Sprachforscher, geb. in Kopenhagen,
habilitierte sich 1869 an der Universität daselbst und wurde 1871 außerord., 1887 ord. Professor der
vergleichenden Sprachwissenschaft. 1876-92 war er Hauptredacteur der «Nordist Tidskrift for
Filologi». Er schrieb namentlich: «Det magyariske Sprog og dets Stammeslœgtskab» (in der «Tidskrift
for Filologi og Pœdagogik», 1876),
«Den gotiske Sprogklasses Indflydelse paa den finske» (Kopenh.
1869; deutsch von E. Sievers, Halle 1870),
«The relations between ancient Russia and Scandinavia, and the origin of the Russian
state» (Oxf. und Lond. 1877; deutsch von Bornemann, Gotha
[* 32] 1879); «Beröringer mellem de finske og de baltiske (litauisk-lettiske)
Sprog» (Kopenh. 1890). 1893 gelang es ihm, das rätselhafte runenartige Alphabet der, wie er bewies, alttürk.
Inschriften aus Sibirien und der Mongolei zu entziffern (vgl. T.s Werk «Inskriptions de l'Orkhon», auch in den «Memoires de
la Société finno-ougrienne», V., Helsingf. 1894-95).
Krankheit (Myotonia congenita), eine eigentümliche angeborene Anomalie
[* 33] des Muskelapparats, die sich dadurch
zu erkennen giebt, daß bei beabsichtigten Bewegungen tonische Krampfzustände in den Muskeln
[* 34] eintreten,
welche die Ausführung der gewollten Bewegung verzögern oder zeitweise vollkommen unmöglich machen. Die Spannung, Steifigkeit
und krampfartige Starre der Muskeln ist nach längerer Ruhe am ausgesprochensten, während sie bei weiterer Fortsetzung der
Bewegungen einer freiern, ja völlig unbehinderten Beweglichkeit Platz macht. Das Verhalten der Muskeln
auf elektrische und mechanische Reizung ist dabei oft in eigentümlicher Weise verändert (sog. myotonische Reaktion); die
mikroskopische Untersuchung er giebt öfters Hypertrophien und feinere Strukturveränderungen der Muskelfasern. Ausgangspunkt
und Ursache der bis jetzt unheilbaren Krankheit, die oft erblich ist, sind noch ganz unbekannt.
(spr. tomms'n),Sir Charles Wyville, Begründer der Tiefseeforschung, geb. zu Bonsyde, dem Stammgut
seiner Familie in
¶
mehr
Schottland, studierte in Edinburgh Naturwissenschaften, wirkte 1850-53 als Docent der Botanik an dem King's College in Aberdeen,
[* 36] 1853-54 als Professor der Naturgeschichte an dem Queen's College in Cork, dann als Professor der Mineralogie und der Geologie
[* 37] an dem Queen's College in Belfast. Später widmete er sich vorzugsweise biologischen Untersuchungen über
die niedrigsten Tier- und Pflanzenformen. Mit Carpenter machte Thomson auf dem Kanonenboot Lightning 1868 und auf dem Wachtschiff
Porcupine 1869 die ersten Seefahrten zur Erforschung der Tiefseefauna in der Nordsee und dem Mittelländischen Meer. 1872 wurde
er Professor der Naturgeschichte an der Universität Edinburgh. 1872-76 leitete er die Challenger-Expedition (s. d.).
Dafür erhielt Thomson die Ritterwürde und die große goldene Medaille der Königlichen Gesellschaft. Er starb in Edinburgh.
Thomson schrieb: «Depths of the sea» (Lond.
1872) und «The voyage of the Challenger. The Atlantic» (2 Bde., ebd. 1877).
(spr. tomms'n), James, engl. Dichter, geb. zu
Ednam (Grafschaft Norburgh, Schottland), Sohn eines presbyterianischen Predigers, zeigte schon früh große Neigung zur Dichtkunst
und bildete sein Talent namentlich auf der Universität Edinburgh aus. Nach seines VatersTode ging er nach London, wo er eine
Hofmeisterstelle erhielt und 1726 ein beschreibendes Gedicht «The Winter»
herausgab, das sofort mehrere Auflagen erlebte und den Dichter bewog, 1727 «The Summer», 1728 «The
Spring» und 1730 die erste vollständige Ausgabe von «The Seasons» («Die
Jahreszeiten»)
[* 38] folgen zu lassen. 1731 begleitete Thomson den ältesten Sohn des nachmaligen Lordkanzlers Sir Charles Talbot auf
einer Reise durch Frankreich, die Schweiz
[* 39] und Italien, gab nach seiner Rückkehr das Gedicht «Liberty»
heraus und erhielt durch Talbots Verwendung eine einträgliche Sinekure, die er jedoch nach dessen Tode verlor. Indessen verlieh
ihm der Prinz von Wales ein Jahrgehalt von 100 Pfd. St., und später erhielt er auch als Oberaufseher
über die Kleinen Antillen eine andere Sinekure. Er starb Von seinen fünf Trauerspielen sind
«Sophonisba» und «Tacred and
Sigismonda» die besten; aus allen leuchtet jedoch der Lehrdichter hervor. Das Stück«Alfred», das er gemeinschaftlich mit
seinem Jugendfreunde David Mallet (gest. 1765) schrieb (1740),
enthielt zuerst das berühmte engl. Volkslied «Rule Britannia»;
ob Thomson oder Mallet der Verfasser desselben war, ist unentschieden. Außerdem schrieb er «The
castle of indolence», ein allegorisches, aber sehr unbedeutendes Gedicht in SpensersWeise. Gesamtausgaben seiner Werke erschienen
zu Edinburgh 1768 (4 Bde.),
1788 (3 Bde.),
1833 (4 Bde.),
1870 (2 Bde.). Sein Leben von Patrick Murdoch (Lond.
1803) ist vielen Ausgaben vorgedruckt. Die «Seasons» wurden oft
ins Deutsche übersetzt (von Tobler, Zür. 1766-69; neue Aufl. 1781;L.Schubart, Berl. 1789; Soltau, Braunschw. 1823; Bruckbräu,
Münch. 1828 u. a.), die Trauerspiele von J. H. Schlegel in reimlosen Iamben.
(spr. tomms'n),Joseph, engl. Afrikareisender, geb. ging 1878 mit
der von Keith Johnston geführten Expedition als Geolog nach Ostafrika, übernahm als Johnston
einem Fieberanfall erlegen war, die Führung, erreichte durch Uhehe das Nordende des Njassasees und von hier den Tanganika bei
Pambete, erforschte das Westufer bis zur Insel Kasenge und
verfolgte den Lauf des Lukuga weiter als Stanley und Cameron
bis zu 29° 27' östl. L. von Greenwich und 5° 41' südl. Br. Den Rückweg schlug er von Pambete in nördl. und nordöstl.
Richtung durch Fipa und Ukonongo nach Unjamwesi ein. Am traf er wieder an der Küste ein. Im Auftrag des Sultans machte
er 1882 einen vergeblichen Versuch, Kohlenlager am Rovuma aufzufinden. Ausgerüstet von der Geographischen
Gesellschaft in London, ging er von Mombas aus über Taveta, am Ost- und Nordrand des Kilima-Ndscharo vorbei, auf
das Plateauland von Kapoteï, zum Naiwaschasee und über.eine 4300 m hohe Gebirgskette, welche von ihm den NamenAberdare Ranges
erhielt, an den Fuß (1740 m ü. d. M.) des Kenia.
Von hier wandte er sich nach Nordwesten zum Baringosee und über den Elgejo-Gebirgskamm, den Nsoia entlang nach Kavirondo,
wo er in Masala den Victoria-Njansa erblickte. Nach einem Abstecher zum 4270 m hohen Elgon ging er über den
Baringo und Naiwaschasee und südlich davon über die Uluberge und durch die Landschaft Kikumbuliu nach Teita und Mombas zurück;
hier traf er ein. Die National African Company entsandte Thomson 1885 nach dem HaussastaatSokoto in Westafrika, um den
dortigen Machthaber zu bestimmen, Uferstrecken am Niger und Binue an die Gesellschaft abzutreten und das
Handelsmonopol ihr zu bewilligen, was ihm auch gelang. 1888 entsandte ihn die Geographische Gesellschaft in London in den
südl. TeilMarokkos. Thomson kam bis zum WadSus, mußte sich aber dann zur Umkehr entschließen. Im Auftrag der Englisch-Südafrikanischen Gesellschaft
unternahm er 1890 eine neue Expedition nach Englisch-Centralafrika; er ging 23. Aug. vom Westufer des Njassasees
den Loangwafluß hinab nach dem Bangweolosee, welchen er wie den Tschambesi genauer erforschte, und kehrte über die Victoriafälle
des Sambesi nach der Küste zurück. Thomson starb in London. Er schrieb: «Expedition nach den
Seen» (deutsch, Jena
[* 40] 1882) und «Durch Massailand» (deutsch, Lpz.
1885). -
Vgl. J. B. Thomson, Joseph Thomson African explorer (Lond. 1896).
Thomas, schott. Chemiker, geb. zu Crieff in Schottland, studierte in Glasgow
[* 41] und in
Edinburgh unter Black und war seit 1796 bei der Herausgabe des Supplements zur «Encyclopædia Britannica»
thätig. 1813 zog Thomson nach London, wo er die «Annals of Philosophy» herausgab, die mit dem «Philosophical
Magazine» vereinigt wurden; 1817 ging er als Professor der Chemie nach Glasgow und gründete hier das erste chem. Unterrichtslaboratorium
in Großbritannien.
[* 42] Er starb zu Kilmun in Argyll. Thomson hatte hervorragenden Anteil an der Befestigung
der Daltonschen Atomtheorie, trug zur Verbesserung des Lötrohrs bei und entdeckte mehrere Mineralien
[* 43] u. s. w. Seine Hauptwerke
sind: «System of chemistry» (4 Bde., Edinb.
1802; 7. Aufl., 2 Bde., 1831),
«Outline of the sciences of heat and electricity» (neue
Aufl. 1840; deutsch von Wolff, 5 Bde.,
Berl. 1805-11),
«Elements of chemistry» (Edinb. 1810),
«Attempt to establish the first principles of chemistry by experiment»
(2 Bde., Lond. 1825),
«Chemistry of organic bodies» (2 Bde.,
ebd. 1838),
(spr. tomms'n), William, Lord Kelvin, engl. Physiker, geb. im Juni 1824 zu Belfast, studierte zu Glasgow, Cambridge
und Paris
[* 45] und wurde schon 1846 zum Professor der Physik an der UniversitätGlasgow ernannt. In demselben Jahre übernahm
er die Redaktion des «Cambridge and Dublin
[* 46] Mathematical Journal», worin er unter anderm seine berühmte Abhandlung «On the
distribution of electrticity on spherical conductors» (1848) veröffentlichte. Elektricität und Wärme
[* 47] bildeten seitdem
die Hauptgegenstände seiner Untersuchungen.
Die Resultate derselben veröffentlichte er besonders in dem «Philosophical Magazine» und in den Schriften der
königl. Gesellschaften von London und Edinburgh. Auf dem Gebiet der Elektricität verdienen Erwähnung T.s Vorlesung «On
the electrodynamic properties of metals» (1856), ferner die Erfindung seiner Elektrometer,
[* 48] die mit der größten Genauigkeit
den elektrischen Zustand der Atmosphäre anzeigen, und seines Spiegelgalvanometers, der in der Geschichte der unterseeischen
Telegraphie Epoche machte. Thomson erwarb sich hervorragende Verdienste um die erfolgreiche
Legung und Benutzung des ersten atlantischen Kabels (1866). Eine von ihm konstruierte Form des Schiffskompasses mit geringer
Deviation hat große Verbreitung gefunden. Er erfand auch eine Tiefseesonde und beschäftigte sich in neuester Zeit mit der
Durchbildung elektrotechnischer Meßinstrumente. 1890 wurde er Präsident der Königlichen Gesellschaft, 1892 zum
Lord Kelvin ernannt.
Außer den erwähnten Schriften erschien von ihm: «Mathematical theory of elesticity» (1878),
«Rigidity of the earth», «Reprints
of papers on electrostatics and magnetism» (1862; 2. Aufl. 1884; deutsch von Levy und Weinstein, Berl. 1890),
«Navigation;
a lecture» (1875),
das gemeinschaftlich mit P. G. Tait herausgegebene größere Werk «Treatise
on natural philosophy» (Bd. 1, Teil 1 u. 2, 1887 u. 1883; Bd. 1, deutsch von Helmholtz und Wertheim, Braunschw. 1871-74),
und
eine Sammlung seiner verstreuten «Mathematical and physical papers» (Cambr.
1882, 1884 u. 1890).
In deutscher Übersetzung erschienen noch seine «Populären Vorträge und Reden», Bd. 1 (Berl.
1891). - James Thomson, ein älterer BruderSir William T.s und Professor der Ingenieurwissenschaften in Glasgow, hat sich besonders
durch die Entdeckung, daß der Gefrierpunkt des Wassers durch Druck sinkt, und durch seine hierauf gegründete Gletschertheorie
einen Namen gemacht.
Lotmaschine, s. Tiefseeforschung^[= die Summe der Untersuchungen, die unsere Kenntnis der Beschaffenheit des Meeresgrundes sowohl ...] nebst Tafel,
[* 44]
Fig. 4.
die durch Verwitterung Aluminiumsilikat enthaltender Mineralien (z. B. der Feldspate) entstandenen steinigen
bis erdigen Stoffe. Diese lagern entweder an der Stelle, an welcher sich ihr Muttergestein befand, und heißen dann Thon primärer
Lagerstätte, welche auch als Porzellanerde oder Kaolin (s. d.) bezeichnet werden, oder sie sind durch
einen natürlichen Schlämmprozeß vom Ursprungsorte fortgeführt und haben sich aus dem Wasser, meist in regelmäßigen
Lagern abgesetzt: Thon sekundärer Lagerstätte.
Der Hauptbestandteil beider Arten von Thon ist ein wasserhaltiges Aluminiumsilikat, doch tritt dieses fast nie in annähernd
reinem Zustande auf, sondern die Thon enthalten infolge der mechan. Wirkung der
Verwitterung mehr
oder weniger große Mengen innig fein zerteilter Trümmer von Quarz, Feldspat oder andern Silikaten beigemengt.
Ihre Menge ist wesentlich bestimmend für die Anwendung der Thon verschiedener Fundstätten zur Herstellung von
Thonwaren
[* 49] (s. d.). Danach unterscheidet man unter dem Thon sekundärer
Lagerstätte z. B. feuerfeste Thon, Pfeifenthone, von denen die erstern
geringere, die letztern schon größere Mengen von Nebenbestandteilen enthalten.
Sehr unrein sind die Töpfer- und Ziegelthone, die Lehm- und Mergelsorten, von denen die drei erstern viel Eisenoxyd und Sand
neben kohlensaurem Kalk, die letztern besonders viel kohlensauren Kalk enthalten. Die Thon haben die Eigenschaft,
mit Wasser angerührt, bildsame plastische Massen zu geben. Auch können sie fremde, nichtplastische Stoffe
umhüllen und festhalten, ohne ihre Plasticität zu verlieren (Bindevermögen). Je nachdem die reine Thonsubstanz oder nichtplastische
Körper in den Vordergrund treten, spricht man von fetten und magern Thon und von Magerungsmitteln.
BeimTrocknen der geformten Thonwaren rücken die kleinsten Teilchen einander näher, indem das zwischen
ihnen befindliche Wasser verdunstet, die Ware zieht sich zusammen, erleidet Luftschwindung; bei höherer Temperatur entweicht
das letzte Wasser, aber auch bei weiter gesteigerter Hitze zieht sich die Thonmasse noch weiter zusammen und wird dichter
und fester (Feuerschwindung). Das Brennen der Thon verleiht den ihnen in feuchtem Zustande erteilten Formen
die nötige Beständigkeit.
Bei noch höhern, für die einzelnen Thon je nach ihrer Reinheit sehr verschiedenen Temperaturen schmelzen diese. Die Thon, besonders
die reinen, dienen nicht nur zur Herstellung der Thonwaren, sondern auch der Ultramarine, zum Versetzen der Papiermasse (unter
dem Namen Lenzin), zur Bereitung der schwefelsauren Thonerde und der Alaune u. s. w. Große landwirtschaftliche
Bedeutung hat der Thon als Komponent einer jeden Ackererde; er ist der wesentliche Bestandteil der Feinerde (s. d.), und deren
Eigenschaft, wertvolle Pflanzennährstoffe aus der Bodenflüssigkeit zu absorbieren und also vor dem Versinken in den Untergrund
zu bewahren, wird in der Hauptsache durch die Anwesenheit des Thon und durch dessen Gehalt an
Zeolithen sowie an Thonerde- und Eisenhydroxyd bewirkt.
Unter dem Mikroskop
[* 50] zeigen die kleinsten Teilchen des Thon Kugelgestalt und bilden Anhäufungen von fischrogenartigem
Charakter, wodurch anscheinend seine Plasticität und seine große, wasserhaltende Kraft
[* 51] bedingt wird, und diese ist von
maßgebendem Einfluß auf die Feuchtigkeitsverhältnisse und Erwärmungsfähigkeit des Bodens. Überwiegt
der Thongehalt zu sehr (Thonboden enthält über 50 Prozent Thon), so wird der Boden steif, naß und infolge der hohen specifischen
Wärme des Wassers kalt. Stärkere Thonschichten sind für Wasser völlig undurchlässig; sehr häufig bilden sie die tragenden
Schichten für das Grundwasser
[* 52] und sind daher wichtig für hydrologische Untersuchungen. -
Joh. Jos., belg. Staatsmann
und nationalökonomischer Schriftsteller, geb. zu Hasselt, studierte Jura, war dann
Staatsanwaltssubstitut und wurde 1848 Professor an der kath. Universität zu Löwen,
[* 60] wo er bis 1884 Lehrer des Strafrechts war.
Seit 1863 Mitglied der Abgeordnetenkammer für den Bezirk Hasselt, war er vom bis Minister
des Innern und öffentlichen Unterrichts. Er starb in Löwen. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: «Constitution
belge annotée» (1844; 3. Aufl. 1879),
«Complément du code pénal» (3 Bde.,
1846-50),
«Le
[* 61] socialisme dans de la passé» (3 Bde.,
1851),
«Le socialisme dans l'antiquité jusqu'á la constitution de 1852» (2 Bde.,
1852),
«La Belgique sous le règne de Leopold Ier» (3 Bde., 2. Aufl.
1862),
«De la prétendue nécessité de la peine de mort» (1864),
«La théorie du progrès indéfini, dans ses rapports avec
l'histoire de la civilisation et les dogmes du christianisme» (Par. 1869),
«Études sur l'histoire du droit criminel des peuples anciens» (2 Bde.,
1869),
«Mélanges d'histoire, de droit et d'économie politique» (1873),
«L'organisation judiciare, le droit pénal et la
procedure pénale de la loi salique» (2. Aufl. 1882),
«Travaux préperatoires du code de procédure pénale» (2
Bde., Brüss. 1885).
1) Arrondissement im franz. Depart. Obersavoyen, hat (1896) 62 208 E., 6 Kantone
und 71 Gemeinden. - 2) Hauptstadt des Arrondissements Thonon-les-Bains oder der Landschaft Chablais (s. d.), früher Residenz der Herzöge
von Savoyen, am Südufer des Genfer Sees, westlich vom Delta
[* 63] der Dranse, an der Seitenlinie Bellegarde-Evian-les-Bains
der Mittelmeerbahn, besteht aus zwei durch Drahtseilbahn verbundenen Teilen, der eigentlichen Stadt auf dem den See beherrschenden
Plateau mit dem Bahnhof und dem Platz, wo früher das herzogl. Schloß stand, und Rives unten
am Hafen, der durch Dampfer mit Genf,
[* 64] Evian u. s. w. verbunden ist, und hat (1896) 3638, als
Gemeinde 5666 E., Gerichtshof erster Instanz, Ackerbaukammer, Forstinspektion, eine Kirche aus dem 15. Jahrh. mit hübschem
modernen Turme, ein Collège, Kloster, Spital, Mineralquellen; Baumwollspinnerei, Uhrmacherei, Brauerei, Lohgerberei, Gießerei,
[* 65] Schiffbau, Handel mit Holz,
[* 66] Steinen, Gips,
[* 67] Getreide.
[* 68]
ein in vielen sedimentären Formationen verbreiteter Sandstein, der Thon bald in
fein verteiltem Zustande, bald in kleinen Knöllchen oder Bröckchen enthält;
der Thon stammt ursprünglich von der Verwesung
von Feldspatpartikelchen her, die mit den Quarzkörnchen des Sandsteins zum Absatz in Gewässern gelangten.
ein grauschwarzer, bläulich-schwarzer oder dunkelgrünlicher, dem bloßen Auge
[* 69] homogen erscheinender
Schiefer
(s. d.) von oft außerordentlich vollkommener
Schieferung, weshalb er sich leicht in sehr dünne, schimmernde Platten spalten läßt (Tafelschiefer, Dachschiefer, s. d.).
Diese Schieferung ist oft gar nicht mehr die ursprüngliche, sondern eine unter Verwischung derselben sekundär durch seitlichen
Gebirgsdruck zu stände gekommene.
Als ehemaliger im Wasser abgesetzter Schlamm besteht der Thonschiefer hauptsächlich aus feinst
zerriebenem Material anderer Gesteine, aus mikroskopischen Quarz- und Feldspatkörnchen, Glimmerschüppchen, Thonteilchen,
wozu sich auch krystallinische bräunliche Nüdelchen von Rutil
[* 70] gesellen. Mehrere Thonschiefer besitzen auch einen
Gehalt an kohlensaurem Kalk; accessorisch tritt namentlich Eisenkies
[* 71] in Krystallen und Knollen,
[* 72] Quarz in Adern und Wülsten darin
auf. Auf der einen Seite gehen diese Gesteine in Phyllite, auf der andern oft in Grauwacke und Sandstein
über.
Auch der Griffelschiefer, der sich infolge einer gleichzeitigen Ausbildung zweier sich durchschneidender Systeme der Schieferung
in Stengel
[* 73] oder griffelförmige Stifte spalten läßt, und der Zeichenschiefer, ein durch viel Kohlenstoff schwarzgefärbter,
weicher und milder Schiefer, sind Varietäten des Thonschiefer. Der eigentliche, oft Versteinerungen führende Thonschiefer, findet
sich in mächtigen Schichtensystemen namentlich im Bereich der ältesten Sedimentformationen, des Silur, Devon
[* 74] und des Kulm;
doch treten auch in jüngern Formationen ganz ähnliche Schiefer auf, wie die von Cervins, die berühmtesten Savoyens, die
in der Juraformation
[* 75] lagern, und die ausgezeichneten von Glarus,
die der untern Tertiärformation
[* 76] angehören.
kleine Scheiben aus Thon, die mit der Hand
[* 77] oder einer kleinen Wurfmaschine in die Luft geworfen werden,
um als Ziel bei Schießübungen zu dienen.
[* 49] nächst den Geweben die ältesten und am mannigfachsten angewendeten Erzeugnisse des Gewerbfleißes. Die
gegenwärtig hergestellten Thonwaren teilt man nach der innern Beschaffenheit der gebrannten Masse (des Scherbens)
in dichte und poröse. Jene sind während des Brennens so stark erhitzt worden, daß ihre Masse zusammengesintert (aufgelöst,
zerflossen) erscheint; sie sind im Bruch mehr oder weniger glasartig, undurchdringlich für Wasser, hellklingend und geben
am Stahl Funken.
Dagegen sind die porösen Thonwaren nicht verglast, daher mehr oder weniger locker; der Bruch ist erdig, die
Masse zerreiblich, läßt in unglasiertem Zustand Wasser durch und klebt an der Zunge. Die gebrannte Ware, mag sie porös oder
dicht sein, bleibt entweder rauh, oder sie wird mit einer glasartigen Masse, der Glasur (s. d.), überzogen. (Manche unglasierte
Steinzeug- oder Töpferwaren werden auch lackiert und dann im Handel als Siderolith oder Terralith bezeichnet.) Bei den dichten
Thonwaren unterscheidet man nach Brongniart und Knapp:
A. Durchscheinende a. Strengflüssige (Hartporzellan):
1) Echtes Porzellan, dessen Masse aus einem innigen Gemenge von reinem farblosen Kaolin, Feldspat und Quarz besteht; sie wird
zunächst schwach gebrannt, dann glasiert und nun bei sehr hoher Temperatur gar gebrannt. Die Glasur wird aus Kaolin, Quarz
und kohlensaurem Kalk mit oder ohne Feldspatzusatz bereitet. Zu den Hartporzellanen gehören diejenigen der königl.
Manufakturen in Charlottenburg,
[* 78] Meißen,
[* 79] Nymphenburg, sowie dasjenige von Sèvres. Den
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übergang zu den Weichporzellanen bilden die chines. und japan.
Porzellane und das Seger-Porzellan, ein in mäßigem Umfange zu Charlottenburg hergestelltes Porzellan. b. Leichtflüssige
(Weichporzellan).
2) Englisches Porzellan wird aus kalkhaltiger Porzellanerde (Cornish clay), einem feldspatartigen Material (Cornish stone),
plastischem Thon mit Feuerstein und Knochenasche hergestellt und wegen des Zusatzes der letztern auch Knochenporzellan
genannt. Erst wird bei höherer Temperatur die Masse, dann in einer zweiten, gelindern Hitze die bleihaltige Glasur gebrannt.
3) Französisches Frittenporzellan ist ein unvollständig geschmolzenes Alkali-Erdsilikat ohne Thonzusatz mit bleihaltiger
Glasur, gehört also eigentlich nicht zu den Thonwaren; demselben steht das Heißgußporzellan oder Kryolithglas sehr nahe. Aus
einer Masse, ähnlich der des engl. Porzellans, nur daß sie strengflüssiger ist, besteht das
unglasierte parische Porzellan oder Parian; eine in der Mitte zwischen Steinzeug und Parian stehende Masse wird Carrara genannt.
B. Nicht durchscheinende a. Weißes
[* 81] unglasiertes Steingut (Wedgwood, englisches Steingut), b. Gemeines Steinzeug mit Salzglasur.
Die Masse besteht aus plastischem Thon (Pfeifenthon), dem zur Verminderung des Schwindens zuweilen Sand
zugesetzt wird. Zwischen die Thonwaren mit geflossenem und diejenigen mit porösem Scherben ist das Steingut einzuordnen, dessen
Scherben nur noch wenig porös aber noch nicht geflossen ist. Die Masse besteht aus weniger feuerfestem, sich weiß brennendem
Thon mit Zusatz von Kaolin und Feuerstein.
Die Glasur ist borsäure- oder bleioxydhaltig, durchsichtig. Zu den Thonwaren mit porösem Scherben rechnet man:
1) die feine Fayence,
[* 82] besteht aus sich weiß oder gelblich brennendem, wenig feuerfestem Thon mit durchsichtiger, bleihaltiger
Glasur;
2) die gewöhnliche Fayence, aus sich gelblich brennendem Thon oder Thonmergel, mit undurchsichtiger weißer
oder gefärbter Zinnglasur. Hierzu gehören die mit Ornamenten und
[* 80]
Figurenmalereien geschmückten Majolikagefäße,
die holländ. Fayence (Delfter Ware), Ofenkacheln u. s. w.;
3) die gemeine Töpferware, irdene Ware oder Töpferzeug, wird aus Töpferthon und Thonmergel mit Blei- oder Erdglasur hergestellt,
durch Metalloxyde gefärbt und nur einmal (mit der Glasur) gebrannt;
4) poröse unglasierte Thonwaren,. Terracotta, die zu Drainröhren, Blumentöpfen, Thonpfeifen und Kühlkrügen,
neuerdings auch vielfach zu großen
[* 80]
Figuren, architektonischen Ornamenten, den sog.
Bauterrakotten (s. Terracotta) Verwendung findet. Hieran schließen sich die feuerfesten Thonwaren und die Ziegel. Feuerfeste
[* 83] Schmelztiegel
werden aus feuerfestem Thon, mit grobem Sand, auch mit Graphit vermischt, verfertigt. Über die aus Thonmasse
bestehenden feuerfesten Steine s. Chamotte. Die Ziegel (Mauersteine,
[* 84] Backsteine und Dachsteine) werden aus Lehm, magerm Töpferthon
oder Kalkmergel mit Zusatz von Sand hergestellt, durch Eisen gelb bis rot und braun gefärbt und zuweilen glasiert. Über die
technische Herstellung der s. Thonwarenfabrikation; über die künstlerische Behandlung derselben s. Fayence,
Fliesen,
[* 85] Majolika, Porzellan, Terracotta u. s. w.
[* 62] die gewerbmäßige Herstellung der Thonwaren (s. d.). Gegenwärtig hat auf diesem Gebiete die
Maschinenarbeit den Handbetrieb bedeutend eingeschränkt. Dies gilt namentlich für die Ziegel. Ehe man
den Thon verarbeitet,
läßt man ihn wintern, d. h. man läßt ihn, mit Wasser angefeuchtet, wenn möglich bei
Frostkälte längere Zeit lagern, wodurch er bedeutend an Bildsamkeit gewinnt. Dieses Wintern (Faulen) ist ein langsamer
Verwitterungsprozeß, durch den die im Thon enthaltenen Mineralien durch die mechan. und chem. Einwirkung der Feuchtigkeit
aufgeschlossen werden.
Bei der Ziegel- und Thonröhrenfabrikation wird der so vorbereitete Thon in Walzwerken gebrochen. Gewöhnlich bedient man
sich mehrerer glatter oder (bei stark mit Steinen versetztem Thon) geriffelter Walzenpaare; nur für besonders reines und schweres
Material genügt ein Paar derselben. Die Anordnung dieser Walzwerke ist aus der Tafel: Thonwarenfabrikation I,
[* 80]
Fig. 1, ein liegendes
Walzwerk von C. Schlickeysen in Berlin darstellend, ersichtlich. Das Material gelangt durch einen Fülltrichter
zwischen die beiden Hartgußwalzen, die ungleiche Umfangsgeschwindigkeit haben, so daß die Masse nicht nur gequetscht, sondern
gleichzeitig zerrissen und zerrieben wird.
Von dem letzten Walzwerk wird das Material mit Hilfe eines Elevators, wie in Taf. II,
[* 80]
Fig.
4, angenommen, oder auch durch Transportkarren nach der Ziegelmaschine befördert; bisweilen ist das
Feinwalzwerk auch unmittelbar über der letztern angeordnet, z. B. bei der liegenden Ziegelpresse
von C. Schlickeysen (Taf. I,
[* 80]
Fig. 4). In Fällen, wo das zu verarbeitende
Material sehr schwer zu mischen und zu vereinigen ist, werden besondere Vorschneider angewendet; andernfalls gelangt dasselbe
unmittelbar in die Ziegelpresse, die gleichzeitig Thonknet- und Mischmaschine, Presse
[* 86] und Formmaschine
ist. Die Ziegelpressen werden entweder mit vertikaler Arbeitswelle (wie in Taf. II,
[* 80]
Fig. 3 u. 4) oder horizontal (Taf. I,
[* 80]
Fig. 3 u. 4) angeordnet.
Die erstere Anordnung ist die ältere und aus den früher gebräuchlichen holländ. Kleinmühlen
oder Thonknetmaschinen entstanden. Auf Taf. II,
[* 80]
Fig. 3,
ist die vertikale Ziegelpresse von C. Schlickeysen in ihrer Anwendung für direkten Pferdebetrieb veranschaulicht. Das Innere
des Apparats entspricht demjenigen der durch Dampf
[* 87] betriebenen Röhrenpresse (Taf. I,
[* 80]
Fig. 6). In dem gußeisernen, schwach
konischen Gefäß
[* 88] ist die vertikale Welle gelagert, die mit breiten, schraubenförmig gekrümmten Flügeln oder Messern besetzt
ist.
Dieselben zerschneiden und kneten den von oben hineingeworfenen und durch die eigentümliche Form der Flügel sowie durch
sein Eigengewicht nach dem Boden zu gedrückten Thon und pressen denselben durch das am Boden des Gefäßes angebrachte Mundstück
nach außen auf einen mit Rollen
[* 89] versehenen Tisch, der in der Regel eine Vorrichtung besitzt, um den
austretenden Thonstrang nach der gewünschten Ziegelform zu zerschneiden. Die in Taf. II,
[* 80]
Fig.
4, dargestellte Anordnung, die für größern Fabrikbetrieb bestimmt ist, unterscheidet sich von der Anordnung Taf. II,
[* 80]
Fig.
3, namentlich dadurch, daß die Presse zwei Ausflußöffnungen hat; außerdem geschieht hier die Beschickung mechanisch durch
einen Elevator, während die für kleinern oder zeitweiligen Betrieb geeignete Ziegelpresse
[* 80]
Fig. 3 von
Hand gefüllt werden muß. Die Abschneidetische laufen auf Untergestellen auf Rollen und erleichtern so das saubere Abschneiden
der Steine.
Das Princip der horizontalen Ziegelpressen ist das nämliche wie eben angeführt. Der eingebrachte
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