Verbannung starb,
war in erster
Ehe mit
Anna Hyde, Tochter des
Grafen Clarendon, verheiratet, die ihm zwei
Töchter, die spätern
Königinnen Maria und
Anna, gebar. Aus der zweiten nach
JakobsÜbertritt zur kath.
Kirche geschlossenen
Ehe mit Maria von
Este
entstammten der gleichfalls kath. Prinz
Jakob Eduard (s. d.) und eine Tochter, Marie Louise,
die 1760 unvermählt starb. Außerdem hinterließ
Jakob II. von Arabella Churchill, der Schwester
Marlboroughs, den unehelichen
Sohn
Jakob,
Herzog von
Berwick (s. d.) und Fitzjames, von dem die Fitzjames in
Frankreich abstammen.
Nachdem das engl. Parlament 1688
Jakob II. des
Throns verlustig erklärt hatte, gingen die dreiKronen
[* 2] auf
Jakobs älteste, prot. Tochter Maria (s. d.) und deren Gemahl, Wilhelm III.
von
Oranien, über. Wilhelm III. brachte nach dem kinderlosen
Tod seiner Gemahlin (1695) mit dem engl. Parlament die Successionsakte
vom zu stande, nach der den kath. Gliedern des Hauses S. das Thronrecht abgesprochen
und die Erbfolge den prot. Nachkommen
Jakobs I. zugesichert wurde. -
Vgl.
Nippold, Die Regierung der Königin
Mary S. (Hamb. 1895).
Nach Wilhelms III.
Tod (1702) bestieg
Anna (s. d.), die zweite Tochter
Jakobs II., den
Thron,
[* 3] nach deren
Tod (1714) die Successionsakte
von 1701 in Kraft
[* 4] trat. Damit ging die
Krone über auf den einzigen prot. Enkel der pfälz. Kurfürstin
Elisabeth, den Kurfürsten von Hannover,
[* 5] der als
Georg I. (s. d.) den engl.
Thron bestieg.
Der kath. SohnJakobs II.,
Jakob Eduard (s. d.), nahm als Kronprätendent den
NamenJakob III. an. Er war vermählt mit Maria
Sobieska und starb 1766. Sein ältester Sohn
Karl Eduard (s. d.) lebte nach erneuten Versuchen zur Herstellung
der Dynastie als
Graf von
Albany in
Italien
[* 6] und starb ohne eheliche Nachkommenschaft zu
Rom.
[* 7] (S.
Albany, Louise, Gräfin
von.) Dessen einziger
BruderHeinrichBenedikt, der 1747 die Kardinalswürde erhielt, legte sich hierauf den Königstitel bei.
Dieser letzte männliche Nachkomme des königl. Hauses S. lebte von einem
Jahrgelde, das ihm der brit.
Hof
[* 8] gab. Er starb zu
Frascati.
Georg IV. ließ ihm in der Peterskirche zu
Rom durch
Canova
ein
Denkmal errichten. Die wertvollen Familienpapiere, die er besaß, kaufte die brit. Regierung
an und ließ sie veröffentlichen («S. Papers», Lond.
1847).
Von andern Zweigen der Familie S. leben noch zahlreiche
Glieder
[* 9] in
Schottland, England und
Irland.
Sir John S., ein natürlicher
Sohn Roberts II., war der Ahnherr der Marquis und
Grafen von
Bute, Lord Wharncliffes und Lord S. de Rothesays. Von den S. von
Bonkyll stammen die Lords Blantyre und Douglas, die
Grafen von Galloway und die Marquis von
Londonderry;
von Elisabeth, Tochter des
Regenten Murray und Gemahlin
Sir James
S.s von Doune, die heutigen
Grafen von Murray oder Moray. Außerdem
leiten die
Grafen von Traquair ihren Ursprung von einem natürlichen
Sohne des
Grafen James vonBuchan, Stiefbruders
König
Jakob II., ab.
Vgl. Vaughan, Memorials of the S. dynasty (2 Bde., Lond.
1831);
(spr. stjuh'rt),JohnMacDonall, Entdeckungsreisender, geb.
1818 in
Schottland, begleitete 1844-46 Sturt auf dessen Expedition, erforschte 1858 mit Forster das südaustral. Gebiet westlich
vom
Torrenssee, umwanderte das Stuartgebirge, erreichte südlich den See
Younghusband, erstieg den
Mount-Finke und gelangte
südlich zur
Küste. 1839 erforschte S. das Land zwischen dem
Torrens- und dem Eyresee und das
Flußgebiet
des Neales. Zwei Versuche, den austral.
Kontinent von
Süden nach Norden
[* 11] zu durchwandern, mißglückten kurz vor Erreichung des Ziels.
Endlich (1862) gelang S. die
Durchschneidung des Festlandes; die Expedition erreichte den Oberlauf des in den
Carpentariagolf mündenden Roper und, von
da über das
Gebirge nach Nordwesten wandernd und den Adelaidefluß bis zur Mündung verfolgend, die Südwestecke
des Vandiemengolfs. Nach
Adelaide
[* 12] noch 1862 zurückgekehrt, starb S. in
Nottingham-Hill. Hardman gab heraus: «Explorations
in
Australia. The journals of John Mac Donall S. during the years 1858-62» (2. Aufl.,
Lond. 1864).
Hochthal der gleichnamigen Alpengruppe im
TirolerBezirkInnsbruck,
[* 13] zweigt bei Schönberg an der alten Brennerstraße
vom Wippthal ab und zieht sich, 40 km lang, bis zum Fuße der
Stubaier Ferner hinauf, die mit ihren höchsten
Spitzen den Hintergrund
bilden. Links wird das
Thal
[* 14] von derKette der Villerspitzen (3095 m), des
HohenBurgstall (2609 m) und der
Saile (2402 m) umrahmt, rechts vom
Habicht (3274 m), dem Kirchdach und dem Serlesspitz (2715 m). Der vom Ruderhofspitz auslaufende
Grat der Brennerspitzen (3022 m) teilt die obere
Stufe in zwei Zweigthäler.
Das Thalwasser, der wilde Rußbach, entspringt mit zwei
Quellen aus dem Gletschercirkus der Mutterberger
Alp, empfängt rechts, den
Bach der Sulzenau und den
Bach des Langenthals, links den Alpeiner
Bach und mündet 8 Km südlich
von
Innsbruck in die Sill. Das
Thal ist reich an
Wald und
Weide;
[* 15]
in der Thalsohle, die in der untersten
Stufe 2 bis 3 km
breit ist und sich 900-1000 m
ü.
Der Sitz des Bezirksgerichts ist in Mieders (395 E.), Vulpmes (1079 E.) ist
Mittelpunkt des gewerbthätigen Lebens, Neustift (1217 E.) Ausgangsstation für die Gebirgstouren. Hinter
Neustift gabelt sich das
Thal; rechts zieht das 24 km lange Oberberg- oder Alpeiner
Thal bis zur Grenzkette des Ötzthals hinauf
und endet mit dem Gletschercirkus der Alpeiner
Alm (2043 m). Das Unterbergthal, die Fortsetzung des Hauptthals, zieht nach
Südwesten und ist wegen seiner kühnen Bergformen, seiner Wasserfälle und Gletscherpracht der interessanteste
Teil des S. -
Vgl. Stubai,Thal und
Gebirge,
Land und Leute, hg. durch die Gesellschaft von Freunden des Stubaithales (Lpz. 1891).
Die
Große S., d. h. steinerne
Treppe
[* 16] (poln. stopień,
Stufe, kamień,
Stein), ist ein senkrecht abfallender Kreidefels, dessen höchster Punkt, 133 m
hoch, der Königsstuhl heißt.
Jenseit einer Schlucht, zu der 600 eingegrabene
Stufen hinabführen, liegt weiter ostwärts
die
Kleine S., nicht so hoch, aber fast noch steiler.
¶
(spr. stöbbs), William, engl. Historiker, geb. zu Knaresborough, wurde herangebildet zu Ripon und
Oxford,
[* 18] trat 1848 in den geistlichen Stand, wurde 1866 Professor der neuern Geschichte zu Oxford, 1884 Bischof von Chester, 1888 Bischof
von Oxford. Er veröffentlichte mehrere kirchliche und weltliche Schriften des Mittelalters, darunter
«Chronicles and memorials of Richard Ⅰ.» (1864 u. 1865),
«Chronica magistri Rogeri de Hovedone» (1868),
«Memorials of St.
Dunstan» (1874),
«The constitutional history of England, in its origin and development»
(3 Bde., Lond. 1874‒78; 4. Aufl.
1883),
ein Muster verfassungsgeschichtlicher Darstellung, «Registrum Sacrum Anglicanum: An attempt
to exhibit the course of episcopal succession in England from the records of the church» (Lond.
1897) u. a.
(Muscadomestica L.), zur Familie der Gemeinfliegen gehörig, eins der bekanntesten Insekten,
[* 24] fast über
die ganze bewohnte Erde verbreitet. Das Weibchen legt nach der Überwinterung seine Eier
[* 25] in allerlei verwesende Substanzen,
namentlich Nahrungsmittel,
[* 26] Dünger u. s. w.; die kopflosen Maden sind ziemlich schlank, weißglänzend
und weich, erreichen eine Länge von fast 9 mm, verwandeln sich in rotbraune Tönnchenpuppen, aus denen nach 10‒14 Tagen
die Fliegen
[* 27] auskriechen. Im August sind die Fliegen am zahlreichsten; nur wenige überwintern in warmen Räumen. Das beste
Mittel gegen sie ist gelinder Zug,
namentlich während der Nacht, durch die am Tage bewohnten Räume, Reinlichkeit
und Fliegenfenster. Fliegenpapier, Leimruten, Glasfallen sind teils gefährlich, teils ekelhaft; die Aralienpflanzen verscheuchen
die S. nicht. – Über die kleine S. s. Hundstagsfliege.
[* 28] oder Zimmervögel, Vögel,
[* 29] die von Liebhabern im Zimmer und zwar im Käfig gehalten
werden. Bei allen Völkern seit dem Altertum her findet sich eine Vorliebe für die Vögel. Während die Römer
[* 30] Sing- und Schmuckvögel,
selbst gefiederte Sprecher hielten, nur um sie zu mästen und zu verspeisen, gilt der Stubenvogel jetzt als Genosse und Hausfreund.
Gegenwärtig hat, infolge der regsamen Liebhaberei, der Vogelhandel eine bedeutende Ausdehnung
[* 31] gewonnen;
er umfaßt alle Weltteile und führt einen jährlichen Umsatz von vielen Hunderttausend Mark mit; namentlich aber hat sich in
den Hafenstädten aller Erdteile ein ungemein lebhafter Vogelhandel entwickelt.
Fast alle Vogelfamilien sind dem Handel oder der Liebhaberei zugänglich, indem sie, mit Einschluß der Vögel für die
zoolog. Gärten, zu Tausenden von Köpfen alljährlich ausgebeutet werden. Überblickt man die S. ausschließlich, so hat
man es mit ganz bestimmten Familien zu thun. Vor allem wertvoll sind: Papageien, Finken im weitesten Sinne, die vielgestaltige
Sippschaft der Sänger, nebst allen Verwandten, Drosseln, Stare, krähenartige oder Raben und sodann noch Schmuckvögel
aus mancherlei andern Familien.
Die Liebhaberei für S. teilt sich sachgemäß in mehrere Zweige. Obenan stehen die Sänger: Nachtigall, Sprosser, amerik.
Spottdrossel, ostind. Schamadrossel, Singdrossel, Amsel u. a. Drosseln, Schwarzplattl u. a. Grasmücken; von Körnerfressern Hänfling,
Edelfink u. a. Finken, fremdländische Gimpel, Kardinäle, einheimische Lerchen u. a. bilden im allgemeinen die am höchsten
geschätzten Sänger. Der wichtigste unter allen Finken ist der Canarienvogel (s. d.). Kaum minder wertvoll
als die Sänger sind die Spötter, als welche vornehmlich der rotrückige Würger, Sumpfrohrsänger, Gartenlaubvogel, die amerik.
Spottdrossel u. a. geschätzt sind. Nächstdem werden Schmuckvögel in beträchtlicher
Anzahl gehalten; dies sind Vögel aller Zonen: Tangaren, Bülbüls, prächtigeWeber, Widafinken, Prachtfinken,
Papageien und unzählige andere aus den verschiedensten Familien bis zu unsern einheimischen Finken: Stieglitz, Zeisig, dazu
Ammern, Meisen, Seidenschwanz,
[* 32] Heher
[* 33] u. a. Zwischen beiden Gruppen stehen die abrichtbaren oder gelernten Vögel: der Gimpel,
der von Thüringen aus einen internationalen Handelsgegenstand bildet, ebenso Lieder nachflötende Stein- und Blaudrosseln,
Amsel, Star u. a. Sie alle sind nur dann abrichtbar, wenn sie aus dem Nest gehoben und von Menschenhand
aufgefüttert werden.
Ihnen schließen sich an die sprachbegabten Vögel, zu denen zahlreiche Papageienarten bis zu den krähen- oder rabenartigen,
den Starvögeln u. a. gehören. Den Schluß bilden die züchtbaren Vögel, die erst in der neuern Zeit
zur Geltung gekommen sind. Hierher gehören: Prachtfinken, Webervögel u. a. Finkenvögel,
Papageien, Täubchen, kleine Wachteln, auch verschiedene Weichfutterfresser: Drosseln, Bülbüls, der Sonnenvogel, Hüttensänger
u. a. Der Vogelwirt teilt alle S. in Beziehung auf ihre ganze Haltung und Verpflegung in Körnerfresser und Kerbtier- oder Weichfutterfresser
ein.
Zur Ausstattung der Käfige (s. Vogelbauer) und der Vogelstube hat der HandelNistvorrichtungen: Nistkästen,
Korbnester u. a. m., sodann Nestbaustoffe: Agave- oder Aloefasern, Manilahanf u. a. zu bieten. Alle diese Hilfsmittel der Stubenvogelpflege
und -Zucht gelangen auf den Vogelausstellungen, die in den meisten Städten alljährlich veranstaltet werden, neben den Vögeln
selbst zu Schau und Verkauf und bilden wiederum einen nicht geringen Geschäftsbetrieb. In großen Heckkäfigen,
Vogelkammern bis großartigen Vogelstuben wird die Stubenvogelzucht betrieben.
Berg, Ostfriesland u.s.w.) früher gebräuchliche Scheidemünze von Silber und Kupfer.
[* 36] In erstern war bis 1816 der Gulden =
20, in letztern der ThalerCourant = 60 S.
oder Stuck (ital. stucco), die aus Gips,
[* 37] Kalk und Sand hergestellte, anfangs weiche und daher leicht
formbare, später aber hart werdende Masse, welche zum Überzug des Mauerwerkes, oft auch des Holzes an Wänden und Decken, und
zu Ornamenten aller Art im Innern, oft auch am Äußern der Häuser angewendet wird. Die Masse wird ganz weich aufgetragen;
sobald sie zäh geworden ist, wird das Ornament modelliert und später mit Eisen
[* 38] nachgearbeitet. Zuweilen
wird das Ornament auch einzeln für sich bearbeitet, oft gegossen und dann befestigt.
Schon die Griechen wendeten eine Art Stuck an und behandelten oft ganze Tempel
[* 39] auf diese Weise. Den eigentlichen Stuck für Ornamentik
kannten auch schon die Ägypter. Die Römer verwendeten ihn in größter Ausdehnung an Wänden und Decken,
zum Teil in reichster Ausbildung mit Bemalung und Vergoldung. Später ging die Kunst seiner Herstellung verloren und wurde
erst im 14. Jahrh. in Italien wieder erfunden. Zur höchsten Vollkommenheit wurde sie in der ital. Renaissance ausgebildet
und von dort auch nach Deutschland übertragen.
Die umfangreichste Anwendung fand sie jedoch in der Barockperiode, wo sich Pietro da Cortona als Meister
in der Behandlung der S. hervorthat. Von hier wurde sie nach Frankreich und Deutschland übertragen, wo bis in die neueste Zeit
die Stuccateure meist Italiener sind. Die größten Stuccatoren Deutschlands
[* 40] waren die in München
[* 41] in der zweiten
Hälfte des 18. Jahrh. lebenden BrüderAsam. Während der Herrschaft des Klassicismus ging die Technik der S. wieder zurück.
In unsern Tagen wird der Stuck wieder vielfach angewendet, obgleich ihm der Backsteinrohbau (s. Rohbau) besonders an Außenwänden
den Rang streitig macht.
Gegenwärtig sind folgende Arten von Stuck in Anwendung: Gipsstuck, das ist ein Gipsguß, welcher in sog.
Leimformen hergestellt wird, die sich nach dem Hartwerden des Gipses leicht abziehen lassen. Trocken-, Staff- oder Steinstuck
wird hergestellt, indem in die Leimform eine dünne LageGips gegossen wird, auf welche an geeigneten Stellen etwa 2 cm breite
Metallstreifen mit 2 cm Überstand über den Rand der Form gelegt werden, über den noch weichen Gips
wird ein weitmaschiges Gewebe
[* 42] (Nessel) ausgebreitet und darüber ein zweiter Gipsguß gebracht, welcher sich mit dem ersten
und dem Gewebe zu einer zähen, festen Masse verbindet.
Der Gips erhält einen starken Leim- oder auch Alaun- oder Boraxzusatz. Die vorstehenden Ränder der Metallstreifen
bilden umgebogen die Befestigungslappen für Vernagelung und Verschraubung der Stuckteile, welche sofort bemalt und vergoldet
werden können. Ein diesem ähnliches Fabrikat ist der Holzgipstrockenstuck von Adler
[* 43] in Leipzig-Eutritzsch, welcher aus Gips,
Papier und Holzstoff
[* 44] besteht. Tripolith ist eine Mischung von Gips und Kalk, Magnesiumcarbonat und Sand,
welche mit ein Zehntel Gewichtsteilen Kohle oder Koks mäßig gebrannt wird, wurde erfunden von Schenk in Heidelberg.
[* 45]
Den Witterungseinflüssen sehr ausgesetzte Schmuckteile gießt man aus Portlandcement und Zusatz von Quarzsand. Schmuckteile
aus sog. weißem Cement, welcher kein eigentlicher Cement ist, sondern eine Mischung von Gips und
andern Bestandteilen, vermeidet
man auch im Freien anzubringen. – In neuester Zeit werden sog. Xylogenit und Papierstuck in den Handel gebracht, während
über den ebenfalls neuen Holzcementstuck noch keine Resultate vorliegen. (S. auch Gipsdielen und Papiermaché.)
Verfeinerungen des Stucks sind verschiedene Marmorimitationen:
1) Der Stuckmarmor, ein mittels Gips nachgeahmter Marmor erhält durch Erdfarben beliebige Färbung und
kann ähnlich wie der natürliche Marmor geschliffen werden. Seine Bestandteile, der rein gesiebte Gips und die gewünschten
Farben, werden durch Leimwasser angemacht und auf den Grund aufgetragen, welcher aus Gips und grobem Grundsand besteht. Danach
werden die Flächen gehobelt, mit Sandstein geschliffen und poliert. Für die bunten Muster des Marmors,
Porphyrs u.s.w. nimmt man verschiedenartig gefärbte Gipsbreimassen mit Alabaster- oder Marienglasstücken, Kupferfeilspänen,
calcinierten Knochen,
[* 46] Smalte- oder Goldblättchen vermengt und trägt dieselben so nebeneinander auf den Grund auf, daß die
Adern möglichst treu nachgebildet werden.
2) Der Marezzomarmor, bestehend aus feinstem, doppelt gebranntem Gips mit Alaunzusatz. Die weiche Masse
wird auf Spiegelglasplatten gegossen, wodurch nur ein geringes Nachpolieren mit Tischlerpolitur erforderlich wird. Aus solchen
Platten werden die Wandbekleidungen zusammengesetzt. Da sich die Platten leicht werfen, wird derselbe in Deutschland nur noch
zu Tischplatten, Einlagen in Paneele und Möbel
[* 47] verwendet.
3) Stuccolustro oder lucido, bestehend aus einer Mischung von gutem Weißkalk mit Marmor-, Alabaster-
und ungebranntem Gipsstaub im Verhältnis von 1:2, welche gleichmäßig mit der Farbe des Grundtones des nachzuahmenden Marmors
gefärbt und auf einem rauhen Grundputz von einem am besten aus hydraulischem Kalk bereiteten Mörtel aufgetragen und fein
abgefilzt wird. Auch er läßt sich, auf einem hölzernen Kern wie der Stuckmarmor anfertigen. Auf den
noch nassen buntfarbigen Putz werden die Aderungen des Marmors gemalt. Nach Erhärtung der Masse erfolgt eine Abbügelung
der Fläche mit einem heißen Eisen und nach Abtrocknung der Überzug mit einer Politur.
4) Marmorino- und Weißstuckputz. Der erstere besteht aus einem Grundputz, der in zwei je 3 mm starken
Lagen aufgebracht wird und aus 3 Teilen feinem weißem Marmorpulver und 1 Teil durch gesiebtem Kalk hergestellt wird. Der obere
Bewurf wird kartätscht, gefilzt und mit Eisenkellen geglättet, worauf der Putz durch auf 45° C. erwärmte Gußstahlkellen
seinen Glanz erhält. Der Weißstuckputz wird hergestellt durch einen mit Gips versetzten Mörtel auf trocknem
Grundputz von gewöhnlichem Kalkmörtel.
Dieser Putzmörtel wird hergestellt aus fein gesiebtem Kalk unter Zusatz von 10 Proz. feinem Sand-
oder Marmorstaub und Gipsbrei. Die Masse wird zwei- bis dreimal in einer Stärke
[* 48] von je 1 mm mittels einer Stahlplatte als Reibebrett
aufgetragen und geglättet, worauf der Putz mit der Stahlplatte unter Annässen mit Wasser abgespachtelt
wird. Nach Reinigung mittels eines Pinsels von dem anhaftenden Schlamm tritt der Glanz des Weißstuckputzes hervor. Auch er
kann nach völliger Austrocknung beliebig bemalt und mit Wachspolitur versehen werden, welche mit einem wollenen Lappen auf dem
vorher mit Leimwasser getränkten Putz verrieben (Anmerkung des Editors: Seitenwechsel ) wird.
¶
mehr
wird. -
Vgl. Hüttmann, Der Gipser als Cementierer, Tüncher und Stuccateur (Weim. 1886).
lucido (spr. lutsch-), Stucco lustro, s. Stuccaturarbeit. ^[= oder Stuck (ital. stucco), die aus Gips, Kalk und Sand hergestellte, anfangs weiche und daher ...]
Franz, Maler, geb. zu Tettenweis in Niederbayern, besuchte die Akademie zu München; zunächst führte
er Zeichnungen für illustrierte Werke (darunter für die «Fliegenden
Blätter») aus und stellte seit 1889 seine ersten Bilder in München aus: Der Wächter des Paradieses, Kämpfende Faune, Innocentia.
Sodann malte er: Lucifer, Vertreibung aus dem Paradiese, Pietà, Kreuzigung Christi, Die Sünde, Allegorie des Krieges (letztere
beide in der MünchenerPinakothek), Versuchung, Die Sphinx.
[* 50] Die Bronzestatuette Athlet befindet sich in der
Nationalgalerie zu Berlin,
[* 51] in der Kunsthalle zu Hamburg, im Nationalmuseum zu Budapest.
[* 52] S. gehört zu den Führern der sog.
secessionistischen Richtung in der Malerei; er ist königl. Professor und lebt in München. -
Ernst, Maler, geb. zu Basel,
[* 53] bildete sich erst in seiner Vaterstadt, seit 1850 in Antwerpen
[* 54] unter
Dyckmans und Wappers, dann in Paris
[* 55] und München, verweilte 1856-67 meist im Süden, zuletzt auf Capri.
[* 56] 1868 bereiste er Spanien.
[* 57] Er entnahm aus dem Sabinergebirge die Stoffe zu den Gemälden: Waldbrunn, Marientag, Pilger von Pereto, Mariuccia alla fontana,
Entsagung, Marionetten (Museum in Basel),
Kerzentragende Sabinermädchen (Museum in St. Gallen), Wallfahrer in den Abruzzen (1889),
Siesta im Sabinergebirge (1890) u. a. Sonst behandelte er auch einheimische Genrestoffe, worunter
Kindergottesdienst (1865; vom franz. Staat angekauft), Romeo und Julie auf dem Dorfe, nach der gleichnamigen
Novelle von G. Keller (1867; städtisches Museum in Köln),
[* 58] zu nennen sind. Nennenswerte Bildnisse sind: des Künstlers Kinder
mit dem Windhund (1871; Museum in Basel),
das Bildnis seiner Gattin, seiner Mutter, des Grafen Aloys von Reding. Später beschäftigte
er sich auch mit Historienbildern, wohin Der büßende Joh. Parricida, Der
letzte Hohenrhätier, Dichterkrönung Hadlaubs, Das Erdbeben
[* 59] in Basel
und die Freskomalereien in der Tellskapelle (1880-82) gehören.
S. lebt in Basel.
oder Stück, Flüssigkeitsmaß im Weinhandel, besonders in Süddeutschland üblich (seit Ende 1871 ohne
gesetzliche Geltung): im
Großherzogtum Hessen
[* 61] und in Nassau 12 hl, in Frankfurt
[* 62] a. M. 11½ und in Rheinbayern 10 hl. Das
dän. Stykfad enthält 1170 Pott oder 11,3 hl.
Waren, die als besondere Frachtstücke oder Colli zur Verfrachtung aufgegeben werden, im Gegensatz zu den
Schiffs- oder Wagenladungsgütern (Befrachtung en bloc).
im See- und Binnenschifffahrtsrecht derjenige Güterbeförderungsvertrag, welcher sich nicht
auf das Schiff
[* 63] im ganzen oder einen verhältnismäßigen Teil oder einen bestimmt bezeichneten Raum des
Schiffs (Chartervertrag, s. Chartepartie), sondern auf einzelne Güter (Stückgüter) bezieht. Nur in wenigen einzelnen Punkten
gelten für den S. nach deutschem Recht andere Bestimmungen als für den Chartervertrag, z. B. hinsichtlich der Verpflichtung,
auf Aufforderung des Schiffers die Lieferung und Abnahme der Ladung ohne Verzug, mithin ohne daß eine
Ladezeit oder Löschzeit zur Anwendung kommt, zu bewirken, sowie bei der Fautfracht (s. d.).
Wenn ein Schiff auf Stückgüter angelegt und die Zeit der Abreise nicht festgesetzt ist, so hat auf Antrag des Befrachters
der Richter nach den Umständen des Falles den Zeitpunkt zu bestimmen, über welchen hinaus der Antritt
der Reise nicht verschoben werden darf.
Vgl. altes Handelsgesetzbuch Art. 557 fg., neues §§. 556 fg.; Binnenschifffahrtsgesetz
vom (mit Art. 12 und 13 des Einführungsgesetzes zum neuen Handelsgesetzbuch) §§. 38 fg. (S. Frachtvertrag.)
der nach der Arbeitsleistung bemessene Arbeitslohn (s. d.). ^[= Die Eigentümlichkeit der wirtschaftlichen Stellung der Arbeiter liegt darin, daß sie ihre ...]
beim Handel mit Wertpapieren der Teil vom Betrage des nächstfälligen Zinscoupons, welcher
auf die Zeit vom letzten Zinstermin bis zum Kauftag entfällt. Er wird dem Verkäufer gewöhnlich bar vergütet, wogegen
der Käufer den Coupon zur Erhebung des vollen Betrags beim nächsten Zinstermin erhält. Wird aber der demnächst fällige
Coupon von dem Verkäufer zurückbehalten, so zieht umgekehrt der Käufer die ihm gebührenden Zinsen vom
Kauftage bis zum nächsten Zinstermin vom Kaufpreise des betreffenden Wertpapiers ab. Bei Dividendenpapieren (Aktien) werden
die S. durch Usanz festgestellt (sog. Börsenzinsen) und betragen z. B.
in Berlin in der Regel 4 Proz. In den Notierungen der Londoner und PariserBörse sind die S. fast durchgängig in den Kursen
der Papiere mit inbegriffen. (S. Coupons.)
Teil des Feuersteinschlosses (s. Handfeuerwaffen). ^[= kleine Feuerwaffen, Kleingewehr, diejenigen Feuerwaffen, welche infolge ihres geringen Gewichts ...]
[* 65]
eine Ausgabe der Institutionen des Gajus (mit Krüger, 2. Aufl., Berl.
1884),
«Anecdota graeca, musica metrica grammatica» (ebd. 1886) und eine faksimilierte Ausgabe des Plautinischen Palimpsests
(ebd. 1890).Arbeiten seiner Schüler enthalten die «Dissertationes philologicae Argentoratenses
selectae» (10 Bde., Straßb.
1879-86),
die «Studien auf dem Gebiete des archaischen Lateins» (Berl. 1873; 2. Abteil.
1890) und die «Breslauer philol. Abhandlungen» (1886 fg.).
Bernh., Physiker und Geolog, geb. zu Büren im Kanton Bern,
[* 72] studierte in Bern
[* 73] und wurde 1815 Lehrer
am Gymnasium daselbst. 1816-18 studierte er in Göttingen
[* 74] Astronomie
[* 75] und Geologie,
[* 76] besuchte 1820 Paris, wo er seine mineralog.
Kenntnisse erweiterte, und begleitete später Leopold von Buch auf mehrern Alpenreisen. 1825 berief ihn die Regierung in Bern
auf
den neu errichteten Lehrstuhl der Geologie, den er bis 1873 inne hatte. Er starb in Bern.
Von seinen
Arbeiten sind hervorzuheben: «Beiträge zu einer Monographie der Molasse» (Bern
1834),
«Anfangsgründe der mathem. Geographie» (Bern
1836; 2. Aufl.
1842),
«Lehrbuch der physik. Geographie» (2 Bde.,
ebd. 1844-47),
«Geologie der Schweiz»
[* 77] (2 Bde., ebd. 1851-53),
«Einleitung in das Studium der Physik und Elemente der Mechanik» (ebd. 1859),
«Geschichte der physischen Geographie der Schweiz»
(ebd. 1863),
«Index der Petrographie und Stratigraphie der Schweiz» (ebd. 1872). Gemeinschaftlich mit ArnoldEscher von der Linth
gab S. die «Carte géologique de la Suisse» (4 Blatt,
[* 78] Winterth. 1853) heraus.
Sein Vetter Gottlieb S., geb. 1804 in Bern,
einer der besten Bergsteiger, Bergkenner und Panoramazeichner
der Schweiz, gehörte zu den Gründern des SchweizerAlpenklubs und starb in Wien. Mit Ulrich und Weilenmann gab erheraus:«Berg- und Gletscherfahrten in den Hochalpen der Schweiz» (2 Bde., Zür.
1859-63),
«ÜberEis
[* 79] und Schnee»
[* 80] (3 Bde., Bern
1869-71; Supplementband 1883; 2. Aufl.,
bearb. von Wäber und Dübi, Tl. 1, 1896).
in der Porträtmalerei (s. d.) das meist skizzenhaft ausgeführte
Bildnis, das als Grundlage eines sorgfältiger auszuführenden Porträts oder für eine sonstige malerische Komposition dienen
soll. S. besitzen oft wegen der Unmittelbarkeit der Auffassung großen künstlerischen Wert.
Dorf nördlich von der Stadt Borissow im russ. Gouvernement Minsk, bekannt durch den Übergang der Franzosen
über die Beresina (s. d.), der hier im Nov. 1812 stattfand.
[* 64] auch Gehbahn, so genannt, weil die Fahrgäste während des Gehens auf stufenweise übereinander angeordneten
Plattformen (s. nachstehende Abbildung) den mit voller Geschwindigkeit fahrenden Zug
besteigen und verlassen
können, ist eine Art Stadtbahn, die neuerdings zur Bewältigung des Personenverkehrs in Großstädten erdacht worden ist.
Die S. besteht aus drei oder mehr Fahrbahnen, die in Höhenabständen von je 10 cm mit verschiedener Geschwindigkeit in derselben
Richtung neben dem Bahnsteig herlaufen; jede von ihnen bildet einen geschlossenen Ring und wird durch stehende
Maschinen mit Kabeln bewegt.
Die eigentliche Personenbeförderung findet auf der obersten, höchstbelegenen Fahrbahn statt, die zu diesem Zweck mit einer
langen Reihe von Sitzbänken versehen ist und die größte Fahrgeschwindigkeit besitzt. Die neben ihr in Höhenabständen
von je 10 cm herlaufenden untern Fahrbahnen sind Plattformen ohne Sitzbänke, gewissermaßen bewegliche
Bahnsteige. Die unterste (erste) Fahrbahn bewegt sich mit der Geschwindigkeit eines Fußgängers (4-5 km in der Stunde), kann
also während der Bewegung von dem festen Bahnsteig aus leicht erstiegen werden.
Die zweite Fahrbahn hat eine doppelt so große Geschwindigkeit, also für eine auf der ersten Fahrbahn
stehende Person wiederum die Geschwindigkeit eines gewöhnlichen Fußgängers und kann daher von ihr ebenso leicht erstiegen
werden. Ebenso ist der Geschwindigkeitsunterschied der dritten oder jeder folgenden Fahrbahn. Bei drei Fahrbahnen würde
sich die höchste mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 15 km, bei vier von 16 bis 20 km in der Stunde bewegen.
Die S., die nur Hoch- oder Tiefbahn sein kann, vermeidet das zeitraubende Anhalten der Züge und läßt Fahrgäste an jeder
beliebigen Stelle der Bahn einsteigen. Die Fahrbahnen selbst bestehen aus ununterbrochen zusammenhängenden Reihen von über 2 m
langen Wagen mit Spurweiten von 60 bis 70 cm. Auf der Weltausstellung in Chicago ist mit dem neuen System
ein praktischer Versuch gemacht worden, nachdem die im Jacksonpark errichtete Probebahn von 270 m Länge günstige Ergebnisse
geliefert hatte. Der Zug
der Probebahn bestand aus 75 Wagen von 3,6 m Länge und 1,725 m Spurweite. Die Bahn
hatte nur zwei Fahrbahnen. Die obere oder schnellfahrende Bahn besaß dreisitzige Bänke in Abständen von 0,9 m. Legt jede
Bank in der Stunde nur 10 km zurück, so können vom Ausgangspunkte 3·10000/0,9 = rund 33000 Personen in der Stunde befördert
werden, wozu bei einer gewöhnlichen Eisenbahn das Ablassen von 66 Zügen zu 10 Wagen mit je 50 Plätzen
nötig wäre. Auf der Berliner
[* 83] Gewerbeausstellung 1896 befand sich ebenfalls eine S. im Betriebe.
Stufferze, Erze, die so reich sind, daß sie in den abgesprengten Stücken ohne weitere Reinigung in den Hütten
[* 84] verschmolzen werden können. (S. auch Erz.)
Staffelgebet, in der kath. Kirche die Gesamtheit der Gebete, die beim Anfang der Messe (s. d.) der celebrierende
Priester und die Altardiener (Ministranten) vor der untersten Stufe des Altars beten;
[* 82] eine treppenförmig abgestufte breite Riemenscheibe (s. beistehende
[* 82]
Figur), welche mit einer andern,
nach der umgekehrten Richtung abgestuften durch einen Riemen verbunden, zusammen arbeitet.
Die S. ermöglichen
es, die Umdrehungszahl der angetriebenen Welle in verschiedenen den Stufen entsprechenden Graden zu ändern, wenn die treibende
Welle mit konstanter Tourenzahl läuft.
Etagenventil, ein Ventil,
[* 85] dessen Durchgangsfläche in einzelne ringförmige Teile geteilt ist, die kegelförmig
übereinander angeordnet sind. (S. Ventil.)
ein durch vier Beine gestützter Einzelsitz mit Rückenlehne oder auch mit Seitenlehnen, aus Holz,
[* 86] Rohr oder
Eisen gefertigt. Die alten Ägypter brauchten ihn als Sessel ohne Lehne und mit Lehne und gestalteten ihn in eigentümlicher
Weise, der Bequemlichkeit Rechnung tragend, indem sie nicht die Stützen selbst rückwärts bogen, sondern
eine zweite, schräg gestellte Lehne an die gerade anlegten. Die Männer zogen bei den Griechen und Römern das Liegen dem Sitzen
vor, sowohl bei der Arbeit wie bei dem Essen;
[* 87] der S. war einmal ein Ehrensitz oder ein obrigkeitlicher Sitz, so der Kurulische
Sessel bei den Römern, und dann hatte er seine Stelle in den Gemächern der Frauen.
Auch im Mittelalter galt der S. als Ehrensitz. Als solcher hatte er entweder die Form des Faltstuhls (s. d.)
oder eines hohen S. mit Seitenlehnen und Rücklehne. In der karoling. und roman. Epoche wurde
das Gestühl farbig bemalt; in der gotischen war er meist geschnitzt, dabei wurde die Rücklehne des
Ehrenstuhls hoch hinauf geführt und oben selbst mit einem Baldachin versehen. Der S. als Ehrensitz in der ritterlichen oder
fürstl. Halle pflegte seinen ständigen Platz am Ende in der Mitte
einer der Schmalseiten zu haben. Im Frauengemach hatte
der S. einen regelmäßigen Platz neben dem Kopfende des Bettes. Am Ausgange des Mittelalters gab es neben dem S. als Ehrensitz,
obwohl die Bank die bevorzugte Rolle im Wohn- und Speisegemach hatte, noch mannigfache S. von einfacher Bauart zu gewöhnlichem
Gebrauche; darunter findet sich der Sessel mit strohgeflochtenem Sitz und der heutige sog.
Bauernsessel mit und ohne Lehne, dessen reichere, künstlerische Gestaltung freilich erst dem 16. Jahrh. angehört.
Gegen Ende des 16. Jahrh. wurde der bisher nur mit einem losen Kissen belegte Sitz fest gepolstert. Diese Polsterung ging
auch auf die Rücklehne über, wo sie nicht etwa durch angebundenen Stoff ersetzt war. Auch Leder, geschnitten,
leicht mit Relief versehen und vergoldet, das aus Spanien kam, bildete am Ende des 16. und im Anfang des 17. Jahrh. einen
viel gebrauchten Ersatz der Kissen und der Polsterung. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrh. wuchs die Rückenlehne
hoch, oft bis über die Kopfhöhe empor, und zwischen den Beinen stellte sich zu ihrer Verbindung und Verstärkung
[* 88] (aus den Kreuzhölzern) ein reicher geschnitzter Zierat ein.
Die geschweifte Form des S. war eine Erfindung des 18. Jahrh.; sie war einerseits eine Folge
des alle Linien schweifenden Rokoko, andererseits sollte sie der Bequemlichkeit des Sitzenden dienen.
Die Empireepoche hat versucht, den S. der Griechen wieder einzuführen, romantische Liebhaberei hat mittelalterliche Formen
nachgeahmt, die moderne Reform des Geschmacks hat die Renaissance begünstigt und geradlehnige S., Bauernsessel, Lederstühle
mit ihrem Beschlag blanker Knöpfe wiedergebracht; sie alle aber haben den Rokokostuhl nicht wieder verdrängen können. (S.
Möbel sowie Möbelfabrikation.)
in älterer Zeit derjenige, welcher das Gericht durch Belehnung erhalten hatte, der Eigentümer eines Gerichtsstuhles,
besonders der Inhaber einer Freigrafschaft (s. d. und Femgerichte), der Gerichtsherr.
Stadt im AmtsbezirkBonndorf des bad. Kreises Waldshut, rechts über der Wutach, an der Linie Waldshut-Immendingen
der Bad.
[* 89]
Staatsbahnen,
[* 90] Sitz eines Hauptsteueramtes, hat (1895) 1213 E., darunter 163 Altkatholiken und 91 Evangelische,
Post, Telegraph,
[* 91] ein Schloß Hohenlupfen;
Baumwollweberei, Gerberei, Kunstmühle und Gipsbruch.
Franz, Naturforscher und Afrikareisender, geb. in Hamburg, studierte Zoologie in Freiburg
[* 92] i. Br., begab
sich 1888 mit Unterstützung der Akademie der Wissenschaften in Berlin nach Deutsch-Ostafrika, bereiste
zwei Monate vor Beginn des Araberaufstandes die Landschaften Usegua, Nguru und Südusambara, trat als
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