253
Stanley Pool stromaufwärts ab nach Banalja am
Aruwimi, wo Major Bartelott mit 257 Mann zurückgelassen, aber bei einem
Aufruhr seiner Leute im Juli 1888 ermordet wurde. S. marschierte von Banalja ab mit 383 Mann. Er folgte dem
Lauf des
Aruwimi direkt nach
Osten. Ein ungeheurerUrwald nahm ihn auf; nach 160
Tagen hatte er ihn 3. Dez. durchschritten,
nachdem in Ibwiri das
FortBodo angelegt und mit 173 Mann besetzt worden war. Am stand S. auf den
Höhen von Kavalli
am Ufer des Albertsees.
Da er keine Nachricht von
Emin vorfand, kehrte er vorläufig nach
FortBodo zurück, wo er bis zum blieb.
Endlich traf er mit
Emin bei Kavalli zusammen, nachdem er unzählige
Beschwerden und Kämpfe mit den Eingeborenen
bestanden. Seine
Mittel waren erschöpft. Um sie zu ergänzen und
Emin wirkliche Hilfe leisten zu können, beschloß
er, die Nachhut unter Major Bartelott aufzusuchen und heranzuholen. In 82
Tagen marschierte er von Kavalli nach Banalja, wo
er nur die elenden Reste seiner Depotmannschaften (71 Mann) vorfand.
Sofort am Ende des
Monats machte er sich wieder auf durch den schrecklichen
Urwald und traf am
Albertsee ein. (Näheres s.
Emin Pascha.) S. setzte sich mit der 1450 Mann starken Karawane in
Marsch, zuerst nach
Süden, um den
Schneeberg Runsóro, nach dem
Albert-Eduard-See, durch
Karagwe und
Unjamwesi und traf endlich von Major
Wissmann empfangen, in
Bagamojo ein. Nach einer austral.
Reise ließ er sich 1892 in England naturalisieren
und wurde 1895 ins
Unterhaus gewählt, wo er der unionistischen Partei angehört.
Die geogr. Resultate seiner
Reisen sichern S. einen Rang unter den ersten Afrikaforschern. Hauptergebnis seiner ersten Expedition
war der Nachweis, daß der
Tanganika nicht zum Quellsystem desNils gehöre. Auf der zweiten
Reise stellte
er durch Umfahrung des Ukerewesees dessen Einheitlichkeit fest, entdeckte einen neuen großen See, den
Albert-Eduard-See,
und löste sodann durch die Durchquerung des dunkeln Erdteils das Rätsel des Kongostroms, dadurch den Hauptcharakterzug
der centralafrik.
Geographie klar legend. Durch die dritte
Reise hat er den ganzen Lauf des
Aruwimi und den des von
Junker
entdeckten
Nepoko festgestellt, dann den Zusammenhang des
Albert- mit dem
Albert-Eduard-See durch den
Fluß Semliki nachgewiesen
und endlich die vollkommen unbekannten
Länder längs des
Aruwimi und westlich vom
Victoria-Njansa erforscht. Seine
Emin-Pascha-Expedition
beschrieb er in «Im dunkelsten
Afrika»
[* 2] (2 Bde., Lpz. 1890; 5. Aufl.
1891).
«S.sReise durch den dunkeln
Weltteil» von
Volz (5. Aufl., Lpz. 1890) ist eine für weitere
Kreise
[* 3] bestimmte Bearbeitung
von
S.s erster Kongofahrt. S. veröffentlichte außerdem: «My dark companionsand their strange stories» (Lond. 1893) und «Myearly travels and adventures inAmericaandAsia» (2 Bde., ebd. 1895). –
Pool (spr. stännlĕ puhl),Ausbuchtung des
Kongo unter 4° 10' südl.
Br., 280 m ü.d.M., eine Wasserfläche
von 210 qkm und 60 m
Tiefe, mit 17 dicht bewaldeten
Inseln, rings von
Bergen
[* 4] (600 m) umgeben.Stanley hatte
den Pool entdeckt. Er gründete 1882 hier am südl. Ufer die
StationLeopoldville (s. d.), welche sich allmählich
zu
einem Emporium des
Handels und geogr. Forschungsexpeditionen für das ganze Kongobecken entwickelte. Eine
Eisenbahn zwischen
Matadi und
S. P. ist im
Bau (s.
Kongobahn). Am nördl. Gestade hatte de
Brazza 1880 die
franz.
Flagge geheißt und die
StationBrazzaville (s. d.) errichtet.
Unmittelbar abwärts von
Leopoldville beginnen die
Livingstonefälle.
Die umwohnende
Bevölkerung,
[* 5]
Bateke (s.
Französisch-Kongo), ist den
Weißen freundlich gesinnt.
Gebirge in Ostsibirien, das die
Wasserscheide zwischen den
Flüssen des nördl.
Eismeers und des
Stillen Oceans, von der Südgrenze Dauriens an bis zu dem Ostkap
Asiens an der
Beringstraße bildet. Es erstreckt
sich durch die russ. Gebiete
Transbaikalien,
Amur, Jakutsk und durch das Küstengebiet auf einer
Strecke von über 4250 km.
Das S. beginnt an der Grenze der Mongolei in der Quellgegend des
Onon und der
Ingoda und zieht sich in
nordöstl.
Richtung zunächst bis zum Südwestwinkel des Ochotskischen
Meers hin; auf dieser
Strecke trägt es den
NamenJablonoigebirge
(s. d.). Hierauf verläuft es parallel mit den Ufern des Ochotskischen
Meers und zwar meist dicht an demselben, schlägt dann
eine nordnordöstliche, zuletzt östl.
Richtung ein. Im Südwesten bildet das
Gebirge mehrere Parallelketten und zahlreiche
Ausläufer; zu den erstern müssen auch die
Baikalgebirge gerechnet werden. Das eigentliche S. stellt einen ungeheuern Gebirgswall
mit steilen Abhängen dar, auf dem sich nackte, schroffe Gipfel erheben und der nur unter großen Schwierigkeiten zu
übersteigen ist; die einigermaßen gangbaren Pässe, unter denen der an der
Quelle
[* 6] der Olekma einer der besuchtesten ist,
haben eine Höhe von 1000 bis 2000 m, während der Kamm und die Gipfel 2500 m übersteigen.
(Stanz), Flecken und Hauptort des schweiz. Kantons
Unterwalden nid dem
Wald, 12 km nordöstlich
von Sarnen, in 455 m Höhe, am Fuße des StanserHorns (1900 m), hat (1888) 2458 meist kath. E., Post,
Telegraph,
[* 7]
Pfarrkirche
im ital.
Stil (17. Jahrh.), Kapuziner- und Nonnenkloster, Brunnendenkmal
Arnolds von Winkelried, eine Marmorgruppe von Schlöth,
Rathaus mit den Bildnissen der
Landammänner seit 1521, in dem 1481 durch die Vermittelung des Einsiedlers
Nikolaus von der Flüe das StanserVerkommnis (s.
Schweiz,
[* 8] ältere Geschichte) zwischen den entzweiten Eidgenossen geschlossen
wurde, ein Gymnasium, Zeughaus,
Theater,
[* 9]
Spital und eine Steintafel auf dem Kirchhof zur
Erinnerung an den tapfern, wenngleich
erfolglosen
Widerstand der
Unterwaldener gegen die
Franzosen Haupterwerbszweige sind Alpenwirtschaft,
Acker- und Obstbau. 3,5 km nordwestlich von
S. an der Seeenge zwischen dem
Alpnacher und dem Vierwaldstätter See, in 439 m
¶
mehr
254 Höhe, das Dorf Stansstad, Hafen von S., mit S. durch elektrische Straßenbahn verbunden, mit 529 E., einem 1308 erbauten
mächtigen Wartturm und einer eisernen Seebrücke.
ein schwarzbraunes fossiles Harz aus dem Oligocän des Samlands. Es findet sich in der Blauen Erde vereinzelt
mit dem Bernstein
[* 11] zusammen und zeichnet sich durch zahlreiche Pflanzeneinschlüsse aus. Es enthält keine Bernsteinsäure,
ist nicht schmelzbar und ähnelt in mancher Beziehung dem Beckerit (s. d.).
(ital.), eigentlich der Haltepunkt oder Abschnitt, ursprünglich jede Strophenabteilung eines Gedichts, oft
auch ein ganzes lyrisches Gedicht von einer Strophe. Besonders aber bezeichnete man so die Oktave (s. Ottava rima). Die S.
wurde in Deutschland
[* 12] mit abwechselnd stumpfen und klingenden Reimen namentlich von Goethe, Heinse, Ernst
Schulze, Lingg u.a., nur mit klingenden Reimen von A. W. Schlegel, Gries, Rückert, Platen gebaut. Brockes erlaubte sich in seinen
S. große Freiheiten in Reimordnung und Reimzahl, und Wieland wagte eine S., die den achtzeiligen Bau zwar mit der italienischen
gemein hat, sich aber in Kürze und Länge der Verse sowie in dem Reime völlig frei bewegt.
Eine besondere Art der S., die sog. Spenserstanze, wurde zuerst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. von dem Engländer Edmund
Spenser in «FairyQueen», später von Byron in «ChildeHarold» gebraucht, in Deutschland aber nur von Übersetzern,
z. B. von Zedlitz, Gildemeister u.a., nachgebildet. Sie besteht aus einer verschobenen Oktave mit angehängtem Alexandriner,
von deren Reimen, nach Belieben klingend oder stumpf, die vier ersten abwechselnd, der fünfte und siebente wieder mit dem
vierten, der sechste, achte und neunte aber zusammen reimen (ababbcbcc).
Thal,
[* 18] Hochthal in der Bezirkshauptmannschaft Landeck in Tirol,
[* 19] reicht vom Fuße des Arlbergs bis Landeck (Länge
etwa 30 km), nördlich von der Parseyerkette der Lechthaler Alpen, südlich von der Fervallgruppe umschlossen.
Es ist tief eingeschnitten und wird von der Rosanna durchströmt, die, nachdem sie die Trisanna aufgenommen, als Sanna unweit
Landeck in den Inn mündet, und wird von der Arlbergbahn durchzogen.
die Vereinigung mehrerer Strähnchen, die in ihrer Gesamtheit
das Schafvließ bilden;
in der Faserstofftechnik ein von Natur mit gewisser Kraft
[* 21] zusammenhaltendes Faserbündel;
dann besonders
Gesamtbezeichnung für die Reihe von Stapelklötzen auf dem Helling (s. d.), auf die der Kiel
[* 22] eines neu zu erbauenden
Schiffs gelegt wird.
Ist der Bau fertig, so wird das Schiff
[* 23] gewöhnlich unter größern Feierlichkeiten
«vom S. gelassen», d. h. es gleitet auf einem
untergebauten Schlitten ins Wasser (Stapellauf). – Mit S. oder Stapelplatz bezeichnet man auch solche Hafenstädte, in denen
viele fremde Waren, namentlich zum Zweck der Weiterführung durch Eisenbahn oder Schifffahrt, niedergelegt werden. (S. auch
Stapelrecht.)
diejenigen Waren, welche an einem Handelsplatz den wesentlichen Gegenstand der
Umsätze ausmachen, sich daher gemeinhin in großer Menge daselbst aufhäufen.
L., Aasblume, Aaspflanze, Pflanzengattung aus der Familie der Asklepiadeen (s. d.) mit gegen 60 sämtlich
südafrik. Arten, blattlose oder nur mit schuppenartigen Blättchen versehene Gewächse mit dicken, oft vierkantigen, fleischigen
Stengeln, an Kakteen
[* 25] oder afrik. Wolfsmilcharten erinnernd. Die Blumen sind meist sitzend, ansehnlich, markig-lederartig, schmutzig-fleischrot
bis violett und schwarzviolett, bisweilen gelb, verschieden gefleckt und gestreift. Der den Blumen entströmende Aasgeruch
verleitet die Schmeißfliegen, auf ihnen ihre Eier
[* 26] abzusetzen, die indes zu Grunde gehen. Mehrere Arten,
besonders S. variegataL., werden als Zierpflanzen und wegen ihres merkwürdigen Habitus in Gewächshäusern gezogen.
(frz. droit d'étape), seit dem Mittelalter das Recht einer Stadt, zu beanspruchen, daß Kaufmannswaren,
deren Transport die Stadt oder ihren Umkreis, bisweilen auf mehrere Meilen Entfernung, berührt, zunächst
nach der Stadt gebracht und dort feilgehalten werden; oder, daß sie in der Stadt umgeladen und auf städtischem Geschirr
weiter geführt werden (Umschlagsrecht, droit de relâche forcée). Das S. wurde im Interesse des städtischen Verkehrs verliehen;
unter anderm wird das Emporkommen von Leipzig
[* 27] wesentlich auf das vom Kaiser verliehene S. zurückgeführt.
Mit Beseitigung der Binnen- und Wasserzölle ist auch das S. im 19. Jahrh. gefallen. (S. auch
Jus emporii.)
L., Pflanzengattung aus der Familie der Sapindaceen (s. d.)
mit 4 Arten in der nördlichen gemäßigten und subtropischen Zone, strauchartige Gewächse mit drei-
bis fünfzähligen Blättern und weißen zu Trauben vereinigten regelmäßigen Blüten, die aus fünf Kelchblättern, ebenso
viel Blumenblättern und Staubgefäßen sowie einem dreiteiligen Fruchtknoten mit drei Griffeln bestehen. Die Frucht ist eine
blasig erweiterte Kapsel. Am bekanntesten ist die in Südeuropa einheimische, in Deutschland vielfach
in Anlagen als Zierstrauch kultivierte Pimpernuß, Klappernuß oder Blasennuß, S. pinnataL., deren Holz
[* 28] sehr fest ist und
¶
mehr
zu Drechslerarbeiten dient; die ölhaltigen Samen
[* 30] (wilde Pistazien) von süßlichem Geschmack können gegessen werden, wirken
aber leicht abführend.
(grch.), Blutgeschwulst am Zäpfchen, entsteht durch kleine Verletzungen beim Essen,
[* 31] Räuspern u. dgl.
und verschwindet gewöhnlich nach einiger Zeit durch Resorption des ergossenen Blutes wieder von selbst.
(grch.), Traubengeschwulst, eine buckelförmige Prominenz am Augapfel, die entweder auf einer umschriebenen
Ausbuchtung der verdünnten Augenhäute oder auf Vorbauchung einer Hornhautnarbe beruht, über S. bei
Tieren s. Augenkrankheiten
[* 34] (der Tiere).
der als Sohn des Dionysos
[* 35] und der Ariadne personifizierte Weinstock. Seine Gattin war Chrysothemis, seine
TöchterMolpadia, Rhoio und Parthenos, von denen Rhoio, d. h. die Granate, in denselben Kreis
[* 36] von Personifikationen
gehört. Ihre Enkelinnen, die Töchter desAnios, Oino, die Weinspenderin, Spermo, die Körnergebende, und Elaïs, die Ölgewährende,
hatten die Fähigkeit, alles in Wein, Korn und Öl zu verwandeln. Molpadia und Parthenos schliefen, während sie ihres VatersWein bewachen sollten, ein, so daß Schweine
[* 37] ihn verschütteten. Aus Furcht vor Strafe stürzten sie sich
von einem Felsen, wurden aber von Apollon
[* 38] gerettet.
Friedrich, bekannt durch sein Attentat auf Napoleon I., geb. als Sohn eines Pfarrers
in Naumburg,
[* 39] wurde Kaufmann in Erfurt.
[* 40] Die wachsende Not des Vaterlandes entflammte in dem streng religiös erzogenen Jüngling
einen unbegrenzten Haß gegen Napoleon, den er für den alleinigen Urheber alles Elends ansah. Nach der NiederlageÖsterreichs 1809 reiste
er nach Wien
[* 41] und versuchte sich auf einer Revue zu Schönbrunn 12. Okt. zu dem Kaiser durchzudrängen. Sein
Benehmen fiel dem General Rapp auf, S. wurde verhaftet; er gestand ohne Zaudern sein Vorhaben und erklärte vor dem Kaiser,
daß, wenn er begnadigt werde, er dann ein zweites Mal versuchen werde, ihn zu töten. S. wurde in
Wien erschossen. Auf Napoleon machte der Vorgang einen tiefen Eindruck und hatte die Beschleunigung der Friedensunterhandlungen
mit Österreich
[* 42] zur Folge.
(kommt von althochdeutsch stâren, d. h. auf etwas starren) ist die übliche Benennung
für die Trübung der Krystalllinse (s. Auge),
[* 43] die, da sie sich durch eine graue oder weiße Färbung der
Pupille kenntlich macht, genauer als grauer S. (cataracta) bezeichnet wird. Das Sehvermögen ist hierbei je nach der
Ausdehnung
[* 44] und Dichtigkeit des S. mehr oder weniger beeinträchtigt, bei totaler Trübung der Linse
[* 45] bis auf einen geringen Rest
von Lichtempfindung völlig aufgehoben und kann nur dadurch wiederhergestellt
werden, daß die trübe
Linse durch eine Operation (Staroperation) aus dem Pupillargebiet entfernt wird.
Die Operationsmethoden richten sich teils nach dem Alter des Patienten, teils nach der Form des S., hauptsächlich aber nach
seiner harten oder weichen Konsistenz. Beim weichen S. ist der Linsenkörper in einen grauweißen, kleisterartigen
Brei umgewandelt, der sich in Kammerwasser vollständig auslöst und daher zu seiner Beseitigung nur das Einschneiden (Discisiv)
der Linsenkapsel erfordert. Der weiche S. ist in vielen Fällen angeboren oder in den ersten Lebensjahren erworben.
Mitunter ist nur der mittlere Teil der Linse in Form einer grauen Scheibe getrübt, die Randteile der
Linse aber durchsichtig (Schichtstar). Wird die Kapsel einer gesunden Linse an irgend einer Stelle verletzt, so daß Flüssigkeit
aus der Vorderkammer oder dem Glaskörper in die Linsenmasse gelangen kann, so bildet sich gleichfalls ein weicher S. (Wundstar),
der aber nur bei Menschen unter dem 30. bis 35. Lebensjahre die ganze Linse betreffen kann. Da nämlich
mit fortschreitenden Lebensjahren die innersten Schichten der Linse sich immer mehr verdichten und fester werden (verhornen),
so ist ungefähr vom 30. bis 35. Lebensjahre an die Linsensubstanz nicht mehr gleichartig, sondern besteht aus einem harten
Kern und einer weich gebliebenen Rinde.
Nur die letztere kann in einen grauweißen Brei zerfallen, während der harte Kern diesem Zerfall widersteht.
Dasselbe gilt auch für diejenige Form des grauen S., die infolge ungenügender oder falscher Ernährung der Linse eintritt,
teils bei innern Augenkrankheiten (Netzhautablösung, Regenbogenhautentzündung), teils bei gewissen Allgemeinerkrankungen,
hauptsächlich der Zuckerkrankheit. Nach dem Gesagten besteht der Altersstar, der sich meistens bei Leuten
jenseits des 50. Lebensjahres und zwar mit zunehmendem Alter in wachsender Häufigkeit, scheinbar spontan, bildet, aus einem
harten Kern und einer weichen Rinde und wird als harter S. bezeichnet.
Hier erfolgt die Abnahme des Sehvermögens durch eine gleichmäßige Trübung des harten, braungelb gefärbten Kerns und
eine zunächst nur partielle, auf eine größere oder kleinere Anzahl von grauen Streifen und Zacken beschränkte Trübung der
Rinde. In diesem Zustande nennt man den S. unreif; reif dagegen, wenn die gesamte Rinde in einen grauweißen Brei umgewandelt
ist. Tritt später durch Flüssigkeitsabgabe eine Linsenschrumpfung ein, gewöhnlich mit gleichzeitiger Trübung
der Vorderkapsel, so nennt man den S. überreif.
Der günstigste Zeitpunkt für die Operation ist der der Starreife, der sich dem Befallenen dadurch anzeigt, daß das Auge die
Anzahl der dicht vorgehaltenen Finger nicht erkennt, während eine kleine Lichtflamme auf Zimmerlänge noch als helle Stelle
wahrgenommen wird. Für den harten S. war die älteste, bis zum Ende des 18. Jahrh.
hauptsächlich geübte, jetzt ganz verlassene Operationsmethode die Dislokation (Reklination, Depression),
[* 46] d. h.
die Versenkung des aus der Pupille geschobenen S. in den Glaskörperraum. Seitdem Daviel 1745 den S. durch eine in der Vorderkammer
angelegte Wunde aus dem Auge entfernte, hat sich seine Methode, die Extraktion, allmählich eingebürgert
und ist jetzt die ausschließlich herrschende geworden, allerdings mit vielfachen Modifikationen, von denen die von Graefes
die am meisten reformierende ist. Nach der Operation ist die
¶
mehr
dioptrische Wirkung der Krystalllinse durch eine vor dem Auge zu tragende starke Konvexlinse (Starbrille) zu ersetzen, die,
weil gleichzeitig mit der Krystalllinse das Accommodationsvermögen (s. d.) verloren geht, für den verschiedenen Abstand
der Objekte verschieden stark sein muß. Die Nachbehandlung der Operation nimmt ungefähr 4 Wochen in Anspruch. Der Gebrauch
der Starbrillen ist in der Regel erst 6-8 Wochen nach der Operation zu gestatten. Häufig tritt nach Jahren
wieder eine Abnahme des Sehvermögens ein, wenn sich die im Auge gebliebene Linsenkapsel trübt (Nachstar, Kapselstar).
Durch eine einfache Spaltung dieser trüben Kapsel kann das frühere Sehvermögen wiederhergestellt werden. Außer dem grauen
S. kennt der Volksmund noch den grünen S. (s. Glaukom), so genannt wegen des bei dieser Krankheit häufig
bemerkten grünlichen Reflexes aus der Tiefe der Pupille, und den schwarzen S. (Amaurosis), bei der der völligen Erblindung
eine Degeneration des innern Auges oder des nervösen Teils des Sehapparats zu Grunde liegt und die Pupille
keinerlei Farbenveränderung zeigt, sondern rein schwarz erscheint.
S. kommt auch bei Haustieren vor. Die Operation des grauen S. ist bei Tieren zwar ebenso ausführbar wie beim Menschen, indessen
nicht von demselben Erfolge begleitet, weil man den Tieren keine Starbrillen auflegen kann. Die Erkennung von Starpunkten,
die im Laufe der Zeit zu vollständiger Erblindung führen können, ist oft schwer. Sie werden am besten
durch Anwendung des Augenspiegels oder durch Besichtigung des Auges unter einer Stallthür (den Kopf des Tieres nach außen gekehrt)
festgestellt.
Bei totalem S. gehen die Pferde
[* 48] sehr vorsichtig (mit erhobenen Beinen), stoßen häufig an Hindernisse an
und zeigen ein äußerst lebhaftes Ohrenspiel. Da beim schwarzen S. die Pupille ihre Weite nicht mehr verändert, sondern
starr und weit geöffnet ist, so scheinen die Pferde große schöne Augen zu besitzen (Schönblindheit). Erkannt wird diese
Krankheit dadurch, daß die Pupille sich nicht zusammenzieht, selbst wenn man grelles Tageslicht oder Lampenlicht
auf das Auge direkt einwirken läßt. (S. auch Gewährsfristen.) -
Vgl. Peters, Der schwarze S. der Pferde (Berl. 1886).
1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Nowgorod, südlich am Ilmensee, hat 9910,9 qkm, darunter 375 qkm
Seen, 178 615 E., Roggen-, Hafer- und Flachsbau, Fischerei
[* 50] und Schiffbau. - 2) Kreisstadt im KreisS. R.
und Badeort am Polist und an der Nowgoroder Eisenbahn (Tschudowo-Nowgorod-S. R.), hat (1893) 15 589 E., 19 russ., 1 evang.
Kirche, 1 Nonnenkloster, israel. Betschule, Mädchengymnasium, Theater, 2 Buchhandlungen, 2 Buchdruckereien, Wasserleitung,
[* 51] 2 Banken,
Flußhafen mit Dampfschiffahrt, Handel mit Getreide,
[* 52] Flachs, Holz. An der Stadt finden sich Salzquellen,
die bis 1865 zur Salzgewinnung
[* 53] benutzt wurden, seitdem aber nur als Heilmittel (zum Trinken und Baden)
[* 54] gegen Skrofeln, veralteten
Rheumatismus, Hautkrankheiten
[* 55] dienen. Jährlich 1000 Kurgäste.
die von Proctor eingeführte engl. Bezeichnung für eine gemeinschaftliche
Eigenbewegung einer Anzahl nahe bei einander liegender Fixsterne,
[* 57] wie sie z. B. fünf von den sieben Hauptsternen
des GroßenBären zeigen.
(Sturnidae), Name einer aus gegen 30 Gattungen und 130 Arten bestehenden, über die ganze Alte Welt und den größten
Teil der austral. Region verbreiteten Familie der Singvögel, bei welcher der Schnabel verlängert-kegelförmig, gerade,
an der Spitze scharf, die Mittelzehe so lang als der Lauf ist, die Nasenlöcher an der Schnabelwurzel seitlich, halb geschlossen
und die Flügel mittellang sind. Die S. sind Gesellschaftsvögel, die sich besonders nach der Brutzeit zu großen Scharen
vereinigen.
Als starke Insektenvertilger von großem Nutzen, können sie aber auch den reifenden Früchten, insbesondere
den Weintrauben, Schaden thun. Die Stimme ist meist kreischend, selten angenehm. Da die S. aber muntere, meist auch sprachbegabte Vögel
sind, so werden sie gern als Sturmvögel oder in Volieren gehalten, wo sie mit Drosselfutter genährt, lange ausdauern und
unter günstigen Verhältnissen zur Zucht schreiten. Für die Liebhaber kommen von nachstehender Unterfamilie
in Betracht:
1) Atzeln (Eulabes), kräftige Vögel
[* 58] mit nackten Kopfstellen und warzigen oder lappigen Auswüchsen derselben. Am gemeinsten
der Hügelatzel (Eulabes religiosusL.) aus Vorderindien, Preis 15 M. Wegen seiner Nachahmungskunst und Sprachbegabung besonders
gesucht der Malaienatzel oder große Beo (Eulabes javanensis Osbeck) von den Sunda-Inseln, Preis 25 M.
2) Echte S. (Sturnus), zu denen der gemeine S. oder Sprehe (SturnusvulgarisL., s. Tafel: Mitteleuropäische Singvögel IV,
[* 47]
Fig.
6, Bd. 14, S. 996) gehört, ein in der That gemeiner Vogel, denn er ist in ganz Europa,
[* 59] in Sibirien, Mittelasien, China,
[* 60] im Himalaja,
in der Berberei und im südl. Afrika zu Hause, erscheint aber in den kältern Gegenden nur als Zugvogel.
Im nördl. Deutschland kommt er im Anfang des März an und zieht im Oktober nach Süden. Er ist gesellig und hält sich außer
der Paarungszeit in Schwärmen zusammen, die ihre Nachtruhe gern in dem Schilf der Teiche halten.
Sein Charakter ist lebhaft, er zeigt List und Klugheit, oft auch Mutwillen, lernt leicht fremde Melodien nachahmen und sogar
Worte nachsprechen, weshalb man ihn gern als Stubenvogel hält. Als Hausgenosse und nützlicher Insektenvertilger wird er
überhaupt von den Menschen gern gesehen, die für ihn in mehrern Gegenden hölzerne Häuschen (Starkästen)
zum Brüten an die Obstbäume der Gärten befestigen. Seine Nahrung besteht aus Insekten
[* 61] und deren Larven, die er sogar auch
vom Rücken der Schafe
[* 62] absucht, ganz besonders aber aus Nacktschnecken und im Spätjahre aus mancherlei Beeren. Das erwachsene
Männchen ist stahlgrün und purpurschillernd, mit weißlichen Flecken gezeichnet, und der Schnabel im
Sommer gelb. Das Weibchen legt 4-6 blaßgrünliche Eier in hohle Bäume (s. Tafel: Eier mitteleuropäischer Singvögel,
[* 47]
Fig. 10,
Bd. 17). In Südeuropa, Nordwestafrika und Palästina
[* 63] wird er durch den Einfarbstar (Sturnus¶
mehr
unicolor Tcm.) vertreten. Weiter gehört hierher der Rosenstar (s. Hirtenvogel), der bunte Elsterstar
(Sturnuscontra.L.), schwarz mit weißer Zeichnung, Schnabel gelb, am Grunde rot, aus Indien, Preis 20 M., die verschiedenen
Meinas, von denen der ind. Braunmeina (Sturnusfuscus Wagl.) der bekannteste ist, und der durch
die schönen Flötentöne ausgezeichnete Schwarzhalsstar (Sturnusnigricollis Paykull) aus China, Preis 40 M.
3) Madenhacker (Buphaga), afrik. Vögel, die dem Vieh gern das Ungeziefer, auch unter der Haut
[* 65] befindliche Flegenlarven ablesen.
4) Glanzstare (Lamprotornis), etwa 40 Arten in Afrika, die sich durch prächtig metallisch glänzendes Gefieder auszeichnen.
Am häufigsten in der Gefangenschaft der westafrik. Erzglanzstar, wegen des langen stufigen Schwanzes
auch Glanzelster (Lamprotornis aeneusGm.) genannt, Preis 40 M., und der etwas billigere Stahlglanzstar (Lamprotornis chalybeus
Ehrenb.) aus Nordostafrika.
1) S. in Pommern,
[* 67] slaw. Starograd oder Starigord (d. h. Altstadt), Kreisstadt im Kreis Saatzig des preuß. Reg.-Bez. Stettin,
[* 68] an der schiffbaren Ihna, an den Linien Stettin-S.-Danzig (368,3 km) und S.-Posen (172,3 km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 69] der S.-Cüstriner
Eisenbahn (98,3 km, Nebenbahn) und an der Kleinbahn S.-Grassee (53,8 km), ist Sitz des Landratsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Stettin) mit 14 Amtsgerichten (Dramburg, Falkenburg, Gollnow, Greifenberg i. Pomm., Jakobshagen, Kallies, Labes,
Massow, Naugard, Nörenberg, Pyritz,
[* 70] Regenwalde, S., Treptowa. d. Rega), eines Amtsgerichts, Hauptsteueramtes, Bezirkskommandos
und einer Reichsbanknebenstelle und hat (1895) 26 114 E., darunter 1242 Katholiken und 546 Israeliten, in Garnison das Kolbergsche
Grenadierregiment Graf Gneisenau (2. pommersches) Nr. 9, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, drei luth.
Kirchen, die Marienkirche (14. Jahrh.) mit 32 m hohem Gewölbe
[* 71] und sehr hohem Dach,
[* 72] die Johannis- und die
Heilige Geistkirche, je eine reform. und kath. Kirche, Synagoge, königl. Gymnasium, Realprogymnasium, städtische und private
höhere Mädchenschule, Waisenhaus; eine Eisenbahn-Hauptwerkstatt, mehrere Eisengießereien und Maschinenbauanstalten, Woll-,
Vieh- und Leinwandmärkte. Der Verein der Kaufmannschaft vertritt die Stelle einer Handelskammer. - S. wurde 1120 von
den Polen zerstört, 1229 zur Stadt erhoben; es gehörte einst zur Hansa, war stark befestigt und wurde im Mittelalter und
im Dreißigjährigen Kriege mehrfach belagert und erobert. Am griff Schill den Ort mit Verlust an. - 2) S. an der
Linde, Stadt im Großherzogtum Mecklenburg
[* 73] - Strelitz, an der Linie Berlin-Stralsund der Preuß.
Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Neustrelitz),
[* 74] hat (1895) 2381 meist evang.
E., Postamt zweiter Klasse, Telegraph, neue Kirche, schönes Rathaus, Hospital, Armenhaus; Wollspinnereien, Fournierschneideanstalt,
Lohmühle, Dampfsägewerke, Brauerei, Branntweinbrennerei und Preßhefefabrik. Die Stadt, welche seit 1259 Stadtrecht besitzt,
hat der Herrschaft S. (s. Mecklenburg) und dem Kreis S. den Namen gegeben, welcher den südöstlichen und größten Teil des Großherzogtums
bildet. Westlich von S. eine Burg aus der Wendenzeit, vielleicht das älteste Bauwerk
des Landes, früher Sitz einer fürstl.
Nebenlinie, jetzt Sitz eines Domanialamtes. - 3) Landesteil von Mecklenburg-Strelitz (s. Mecklenburg). -
4) Kreisstadt im preuß. Reg.-Bez. Danzig,
[* 75] s. Preußisch-Stargard.
(spr. gehdschĕs), engl. Ausdruck für Stern-Aichungen (s. d.). ^[= Schätzungen der Sternfülle an verschiedenen Stellen des Himmels. Die S. sind zuerst von W. ...]
österr., in einem Zweige fürstl. Geschlecht, das sich von den alten Grafen von Steiermark
[* 76] ableitet, deren
Schild
[* 77] und Helm es führt. Gundaccar erbaute um 1176 im Landeob der Enns das Schloß S. (ursprünglich
Storchenberg), nach welchem sich seine Söhne benannten. Gemeinsamer Ahnherr ist Erasmus von S. (geb. 1493, gest. 1560), der
sich bei der Belagerung von Wien 1529 als Führer eines von ihm errichteten Freikorps auszeichnete. Seine drei Söhne stifteten
drei nach ihnen benannte Linien: die Rüdigersche, die Gundaccarsche (1643 erloschen) und die Heinrichsche,
die 1643 den Reichsgrafenstand erlangte und mit dem Tode des GrafenHeinrich erlosch. Rüdigers (geb. 1534, gest.
1582) Enkel Konrad Balthasar von S. erhielt 1643 den Reichsgrafenstand.
Sein Sohn Ernst Rüdiger, Graf von Starhemberg (s. d.), dessen Ast 1701 erlosch, ist der berühmte Feldmarschall;
ein Enkel von dessen Bruder, GeorgAdam, Graf von S. (geb. 1724, gest. 1807), Geheimrat, Staats- und Konferenzminister, erhielt 1765 die
reichsfürstl. Würde nach dem Rechte der Erstgeburt für den jedesmaligen Besitzer des größern Starhembergschen Majorats.
Mit dem Tode des Fürsten GeorgAdam von S. (geb. gest. erlosch dieser
Ast, woraus das Majorat nebst der Fürstenwürde auf den dritten Ast überging. - Dessen Stifter, Graf Gundaccar Thomas von S.
(geb. 1663, gest. 1745), war Wirkl. Geheimrat, Konferenz- und oberster
Finanzminister, der 1717 das Erb-Landmarschallamt von Österreich erlangt hatte. Durch seine beiden SöhneOtto Gundaccar und Joseph teilte sich dieser Ast wieder in zwei Zweige. Haupt des ältern, seit 1860 fürstl. Zweiges ist Fürst
Camillo von S. (geb. Mitglied des Herrenhauses des österr. Reichsrats. An der Spitze des zweiten (grast.) Zweiges
steht GrafStephan von S. (geb. -
Vgl. Schwerdling, Geschichte des uralten teils fürstl.,
teils gräfl.
Ernst Rüdiger, Graf, österr. Generalfeldmarschall, geb. 1638 zu Graz,
[* 79] bildete sich als Krieger in Montecuccolis
Schule, zeichnete sich gegen die Türken bei St. Gotthard aus, kämpfte dann gegen die Franzosen und war
bis 1681 zum Feldzeugmeister aufgestiegen. Besonders that er sich hervor als Kommandant von Wien durch die Verteidigung der
Stadt gegen die Türken unter dem Großwesir Kara Mustapha, vom 9. Juli bis Er stellte angesichts des Feindes die
vernachlässigten Werke der Stadt binnen fünf Tagen wieder her, bewaffnete die Bürger und feuerte den
Mut der schwachen Besatzung und der Einwohner zum entschlossensten Widerstände an, schlug mehrere Stürme zurück, zerstörte
die feindlichen Werke durch häufige Ausfälle und verteidigte Wien bis zu dessen Entsatz durch Karl von Lothringen und JohannSobieski von Polen(12. Sept.). Vom KaiserLeopold erhielt
¶
mehr
S. den Feldmarschallsstab, die Würde eines Staatsministers und in sein Wappen
[* 81] den Stephansturm. Später befehligte S. in
Ungarn
[* 82] die Infanterie unter dem König von Polen. Nachdem er, vor Ofen verwundet, den Heerbefehl aufgegeben hatte, kehrte er
nach Wien zurück, wo er zum Hofkriegsrats-Präsidenten ernannt wurde. Er starb zu Bösendorf.
Seinen Namen erhielt 1888 das österr. Infanterieregiment Nr. 54. -
Guido, Graf, österr. Feldmarschall, Vetter des vorigen, geb. zu Graz, nahm als Hauptmann
und Adjutant seines Vetters 1683 an der Verteidigung Wiens teil und zeichnete sich auch weiter im Türkenkriege
aus, besonders 1686 beim Sturm auf Ofen, bei Mohacs, vor Belgrad
[* 83] und Vidin. Er verteidigte Essegg, befehligte den rechten Flügel
in der Schlacht bei Slankamen 1691 und that sich bei Großwardein
[* 84] und bei Zentha 1697 hervor. 1692 wurde S.
Feldmarschalllieutenant, 1696 Feldzeugmeister.
BeimAusbruch des Spanischen Erbfolgekrieges kämpfte er in Italien
[* 85] unter Eugen, der ihm 1703, als er nach Wien ging, den Oberbefehl
übertrug. Er hinderte den franz. Feldherrn Vendôme, in Tirol einzudringen, schlug ihn am Bormio und bewirkte 1704 die Vereinigung
des österr. Heers mit dem des Herzogs von Savoyen. 1706-7 unterdrückte er den Aufstand in Ungarn. Zum Feldmarschall
ernannt, übernahm er 1708 den Oberbefehl des in Spanien
[* 86] kämpfenden Heers und führte einen lebhaften Kleinkrieg mit überraschenden
Märschen und schlauen Überfällen, wie z. B. dem von Tortosa (1709). Nach den Siegen,
[* 87] die er über Philipps von AnjouHeer
bei Almenara und bei Saragossa
[* 88] 20. Aug. erfochten hatte, eroberte er Madrid
[* 89] und ließ daselbst den Erzherzog Karl
zum König ausrufen. Allein Mangel und Verrat nötigten ihn, sich zurückzuziehen. Bei Villa Viciosa überrascht, wurde er von
Vendôme besiegt. Als Karl 1711 nach Deutschland zurückkehrte, blieb S. als Vicekönig in Barcelona
[* 90] zurück,
das er infolge des Neutralitätsvertrags vom räumen mußte. Seitdem lebte er als Hofkriegsrats-Vicepräsident
in Wien, wo er starb. Seinen Namen erhielt 1888 das österr. Infanterieregiment Nr. 13. -
auch Stärke,Kraftmehl, Amylum, Amylon, C6H10O5, eins der ersten Assimilationsprodukte in der
lebenden Pflanze; es findet sich in den verschiedensten Geweben und Organen der Pflanze als Reservestoff aufgespeichert und
zwar in mikroskopischen Körnchen in Pflanzenzellen eingelagert. Es tritt in den Samen der Cerealien (Weizen, Roggen, Gerste,
[* 94] Hafer,
[* 95] Mais), in den Kastanien, in den Kartoffeln, in den
Stämmen mancher Palmenarten, in Wurzeln u. s. w.
auf.
Die Stärkemehlkörner haben teils schwach elliptische, teils unregelmäßig rundlich gestreckte, teils eckige Form und lassen
unter dem Mikroskop
[* 96] schalig aneinander gelagerte Schichten erkennen, von welchen der innerste Kern seitlich zu liegen pflegt.
Das S. löst sich in langsam wirkenden Agentien wie in kalten verdünnten Säuren nur teilweise; man
nennt den sich lösenden StoffGranulose, den zurückbleibenden Stärkecellulose oder Farinose. Erstere macht etwa 95 Proz.
des Gewichts des S. aus. In kaltem Wasser ist die Stärke unlöslich; mit heißem (55-70°) bildet sie durchscheinende Gallerte,
die man Kleister nennt.
Die Kleisterbildung ist eine Aufquellung; sie kommt bei der Bereitung von Mehlspeisen und beim Kochen von Kartoffeln deshalb
nicht zu stande, weil das gerinnende Eiweiß die Stärkekörnchen einhüllt und sie am Aufquellen hindert. Mit Jod nimmt die
Stärke eine tiefblaue Färbung an. Das S. ist im allerhöchsten Grade hygroskopisch und hält aufgenommenes
Wasser hartnäckig gebunden. Zu seiner völligen Entwässerung ist eine Temperatur von 130° C. erforderlich.
Erhitzt man das S. bis zur braungelben Farbe, so verändert es sich, indem es sich in das wasserlösliche Dextrin (s. d.)
oder Röstgummi umwandelt. Durch Behandeln von S. mit Salpetersäure bildet sich eine explosive Verbindung,
das Xyloidin (s. d.). Durch die Einwirkung verdünnter siedender Schwefelsäure
[* 97] auf S. bildet sich Dextrin und Stärkezucker (s. Traubenzucker). Mit Malzauszug zusammengebracht, geht das S. bei 60-75°
in Dextrin und Maltose (s. d.) über. Außer dem gewöhnlichen S. finden sich in einigen Pflanzen zwei besondere Stärkemehlarten:
das Inulin (s. d.) und das Lichenin oder die Flechtenstärke
(s. d.).
Die Stärkefabrikation gebraucht als Rohmaterialien besonders Kartoffeln, Weizen (auch als Mehl),
[* 98] Reis und Mais. Die aus Roßkastanien
gewonnene Stärke ist nur für technische Zwecke verwendbar, da ihr ein Bitterstoff anhaftet, der durch Behandlung mit kohlensaurem
Natrium nur unvollkommen beseitigt wird. Außerhalb Europas wird auch aus exotischen Gewächsen Stärke
gewonnen. (S. Arrow-Root.) Das Weizenmehl enthält 56-67 Proz., Reis 85-86, Kartoffeln nur 10-23 Proz. S. Bei der Gewinnung
des S. aus den Rohmaterialien kommt es darauf an, dieses in Wasser so gut wie unlösliche Kohlenhydrat von den dasselbe in der
Knolle oder dem Samen umhüllenden organischen Stoffen, wie Cellulose, Proteïnstoffe, Fette, zu befreien
und in handelsübliche Form zu bringen.
Die Stärkekörnchen sind in den verschiedenen Rohstoffen mehr oder weniger fest von den genannten Körpern umschlossen,
so daß bei einigen, wie bei der Kartoffel und (nach neuerm Verfahren) beim Weizen, eine vorzugsweise mechan. Trennung genügt,
während bei Mais und Reis zum Aufschließen des Getreidekorns chem. Mittel zur Anwendung kommen. Die verhältnismäßig
einfachsten Hilfsmittel und Arbeitsweisen erfordert die Fabrikation der Kartoffelstärke (Kartoffelmehl). Das Rohprodukt
wird gewaschen und dann der Zerkleinerung unterworfen. Man bedient sich hierzu der Kartoffelreibe, in welcher durch eine
rotierende, mit Sägeblättern armierte Trommel ein feiner Brei hergestellt wird. Durch diesen Prozeß
werden die Zellenwandungen der Kartoffeln so weit zerrissen, daß das S. leicht mit Hilfe einer entsprechenden
¶