15) mit bedornten Warzen versehen ist; viele leben zeitlebens, andere nur in der
Jugend gesellig und werden bisweilen sehr
schädlich. Zu den S. gehört weiter die Nonne (Liparis monachaL., s.
Tafel: SchädlicheForstinsektenII,
[* 1]
Fig. 1), der Nagelfleck
(AgliaTauL.), der Seidenspinner
[* 2] (s. d.,BombyxmoriL.), das
Eichenblatt(Lasiocampa quercifoliaL.),
der Schwammspinner
[* 3] (Liparis disparL.). Eine der merkwürdigsten Formen ist die span. ActiasIsabellaeGor. (s.
Tafel:
Schmetterlinge
[* 4] II,
[* 1]
Fig. 13). Auch die Sackträger (s. d.)
gehören hierher, z. B. Echinopteryx pulla Esp.
[* 1]
(Fig. 14). Die Raupen spinnen sich vor dem Verpuppen ein und die Gespinste sind
um so dichter, je weniger haarig die Raupen sind; einige werden technisch verwendet. (S. Seidenraupe.)
die
Arbeit des
Spinnens, auch das Etablissement, in dem dieselbe vorgenommen wird, sowie das begrifflich
aufgefaßte Gesamtgebiet aller zum
Spinnen
[* 5] verwendeten Hilfsmittel und Arbeitsvorgänge. Die
Aufgabe der S. kommt darauf hinaus,
daß man die in büschelweiser oder anderer
Anordnung gegebenen Fasern eines Rohstoffs (s. Gespinstfasern)
[* 6] so umordnet, daß sie einen beliebig langen gleichmäßig dicken
Faden
[* 7] bilden, dessen Festigkeit
[* 8] schon durch das einfache
Hilfsmittel des Zusammendrehens und die hieraus sich ergebende gegenseitige
Annäherung der Fasern begründet ist.
Wenn zur S. nur einfache Hilfsmittel im
Verein mit der Thätigkeit der
Hände zur Anwendung kommen, heißt
die
ArbeitHandspinnerei, das Produkt Handgespinst; werden dagegen zur
Reinigung der Rohfasern und zur allmählichen Herstellung
von
Bändern, Vor- und Feingespinst
Maschinen benutzt, so heißt die
ArbeitmechanischeS. und das Produkt Maschinengespinst.
Die Handspinnerei wird entweder mittels der Handspindel oder mittels des
Spinnrades ausgeführt. Das Spinnmaterial
wird in gereinigtem, lockerm Zustand an einem
Stock, dem Rocken oder der Kunkel, befestigt, der entweder neben der spinnenden
Person steht, oder im Gürtel
[* 9] derselben steckt, oder am
Spinnrad angebracht ist.
BeimSpinnenmitderSpindel zieht die linke
Hand
[* 10] die Fasern aus und ordnet sie zur
Bildung eines gleichförmigen
Fadens nebeneinander, während die rechte
Hand zur
Bewegung der
Spindel gebraucht wird. Die letztere hängt an dem an ihrer
Spitze
durch eine
Schlinge befestigten
Faden frei herab, wird nahe an der
Spitze erfaßt und durch eine eigentümlich schnellende
Bewegung
rasch um ihreAchse gedreht, wobei der unten angebrachte zinnerne
Ring als Schwungmasse wirkt und die
Bewegung
andauernder macht.
Diese Spindelbewegung, durch welche die ausgezogenen Fasern
Drehung erhalten, wird so lange unterhalten, als es bei freischwebender
Spindel möglich ist. Alsdann wird die Garnschlinge von der Spindelspitze abgestreift und die
Spindel in solcher
Lage gegen
den
Faden in Umdrehung versetzt, daß der
Faden oberhalb des Schwungrings aufgewickelt wird. Sobald dies großenteils geschehen
ist, wird der
Faden von neuem zur Spindelspitze geführt, die
Schlinge gemacht und weiter gesponnen. Die
Arbeit zerfällt demnach
in zwei fortwährend abwechselnde
Operationen: die
Bildung des
Fadens und das Aufwickeln desselben. (Auf dem
gleichen Princip beruhen die Mulemaschinen und Selfactors der mechanischen
S., s. unten.)
Das
SpinnenmitdemSpinnrad unterscheidet sich
von dem
Spinnen mit der
Spindel im wesentlichen dadurch, daß die
Bildung des
Fadens und die Aufwicklung desselben gleichzeitig vor sich geht. Das gebräuchliche
Spinnrad
(Trittrad, s.
Tafel: SpinnereiI,
[* 1]
Fig. 1
u. 2) erhält seinen
Antrieb mittels einer Kurbel
[* 11] c durch Trittbewegung
a b, wobei ein großes Schnurrad d und durch
dieses zwei kleine Schnurrollen e in Thätigkeit versetzt werden, von denen die eine an der
Spindel f, die andere an der
Spule
(Bobine) g sitzt, so daß diese beiden
Teile bewegt werden.
Zum
Ausziehen der Fasern aus dem Rocken m können bei Benutzung des
Spinnrades beide
Hände verwendet werden, weshalb die
Arbeit
weit rascher als mit der
Spindel fortschreitet. Der
Faden geht durch das gebohrte
Ende l der
Spindel, legt sich um den Flügel
f und geht von diesem zur
Spule g; die
Arme des Flügels sind mit Einschnitten oder Häkchen versehen,
die man nacheinander benutzt, damit die
Spule der Zuführung entsprechend möglichst gleichmäßig bewickelt werde.
[* 1]
Fig. 3
u. 4 zeigen die
Spindel und die
Spule genauer. Bei dem einfachern, aber weniger gebräuchlichen Handrad wird das
Rad d mit einer Handkurbel gedreht, was unbequemer ist. Da die Spulenbewegung durch die Fadenspannung geregelt
werden muß, wird das
Garn auf dem
Spinnrad stärker beansprucht als beim
Spinnen mit der
Spindel, weshalb sich mit letzterer
feinere sowie auch weichere und geschmeidigere Garne herstellen lassen. Die Gleichförmigkeit des Handgespinstes hängt hinsichtlich
der Fadendicke und des
Drahts (die Drehungszahl für die Längeneinheit) lediglich von der Geschicklichkeit
des
Arbeiters ab. Dieselbe kann durch
Übung derart gesteigert werden, daß sich durch
Handarbeit hochfeine Garne von großer
Gleichförmigkeit herstellen lassen; erst neuerdings ist es gelungen, die
Spinnmaschinen
[* 12] so weit zu vervollkommnen, daß auf
ihnen ebenso feine Garne wie mit
Spindel und
Spinnrad erzeugt werden können.
Die Erfindung des
Spinnens wurde von den Ägyptern der Isis,
[* 13] von den
Chinesen der Kaiserin
Yao, von den Lydiern der
Arachne,
von den Griechen der
Athene
[* 14] zugeschrieben.
Schon beim Eintritt in die geschriebene Geschichte war den genannten Kulturvölkern
der Gebrauch der Handspindel bekannt, mit welcher noch jetzt in manchen Gegenden, z.B. in
Italien,
[* 15] gesponnen
wird. Jahrtausendelang machte die Kunst der S. keine Fortschritte. Erst 1530 erfand Jürgen,
Steinmetz und Bildschnitzer in
Watenbüttel bei
Braunschweig,
[* 16] das
Spinnrad, wie es, einige geringe
Veränderungen abgerechnet, noch jetzt, besonders zum
Spinnen
des Flachses, gebräuchlich ist.
Ein gewaltiger Umschwung vollzog sich durch die Einführung der
Spinnmaschinen für Wasser- und Dampfbetrieb, deren
Entwicklung
zu Anfang des vorigen Jahrhunderts begann. Indem man auf die Verarbeitung großer Mengen eines
Faserstoffs ausging, wies man
die Vorarbeiten der mechan. und chem.
Reinigung besondern
Maschinen zu, bewirkte
die erste Umordnung der Fasern
zu einem endlosen Flor auf der Krempel und gelangte von diesem bandförmigen Fasergebilde zu der fadenförmigen Vorstufe
des Feingespinstes
(Vorgarn) durch schrittweises
Strecken (wie es in der
Baumwoll-, Kammgarn-, Chappe-,
Seiden-, Jute- und
Wergspinnerei
üblich ist) oder durch Längsteilung (wie in der Streichgarnspinnerei), worauf die auf eine Vielzahl von Fäden
berechneten Feinspinnmaschinen durch
¶
160 die Arbeitsvorgänge des Streckens und Drehens die erforderliche Feinheit und Festigkeit begründeten, unter geeigneter
Aufstapelung des fertigen Fadens auf Spindelnbez. Spulen. Die Maschinenspinnerei verfügt zur Zeit über zwei Hauptarten von
Feinspinnmaschinen, den Selfactor und die Drosselmaschine. Beim Selfactor, der aus der Cromptonschen Mulefeinspinnmaschine
hervorging, wechseln (wie bei der Handspindel) das eigentliche Spinnen (Strecken und Drehen) und das Auswinden
miteinander ab, indem die zur Aufnahme des Gespinstes bestimmten Spindeln auf einem Wagen so angeordnet sind, daß sie bei
dessen Entfernung von dem Streckwerk die Zusammendrehung (Verdichtung, Festigung) des verdünnten Vorgespinstes und bei dessen
Annäherung an das Streckwerk (Wagenfahrt) die geordnete Aufwindung des Feingespinstes bewirken.
Indem es erst nach vielfacher Bemühung gelang, alle erforderlichen Bewegungen der zusammenwirkenden Organe automatisch von
der Maschine
[* 20] selbst bewirken zu lassen, rechtfertigt sich die üblich gewordene Bezeichnung «Selfactor»,
die aus dem englischen selfacting-mule entstand. Den Abschluß des hier angedeuteten Gedankens bewirkte 1872 O. Wolf in Vöslau
durch Gestaltung einer Vorrichtung, die den Stillstand der Maschine bewirkt, sobald die Spindeln eine vorgeschriebene Fadenlänge
aufgenommen haben (Nummer-Kontrollapparat genannt, weil danach mittels Wägung eines Kötzers oder Cops oder einer kleinen
Anzahl derselben die sichere Feststellung der Feinheitsnummer erfolgen kann).
Bei der Drosselmaschine (Drosselstuhl), deren erste Gestaltung R. Arkwright 1775 zuzuschreiben ist, erfolgt
wie bei dem Handspinnrad das Spinnen und Aufwinden gleichzeitig, womit neben Raumersparnis und größerer Liefermenge sogleich
die Möglichkeit des vollständig automatischen Betriebes mittels elementarer Betriebskraft (z.B. Wasser, daher auch Watermaschine)
gegeben ist; die Aufwindung der fertigen Fäden erfolgt hier nicht unmittelbar auf Spindeln, sondern mittels rotierender
Flügel auf Spulen, die durch die auflaufenden Fäden nachgezogen, durch Reibung
[* 21] auf ihren Stützflächen in gewissem Maße
zurückgehalten werden, also unter Beanspruchung der Festigkeit des Fadengebildes; deshalb ist die Herstellung der feinsten
und schwächsten Garne auf dieser Maschine ausgeschlossen, die vielmehr dem Selfactor verblieben ist. Am meisten ist in dieser
Beziehung eine als Ringmaschine bekannte Umgestaltung der Drosselmaschine dem Selfactor nahe gerückt worden, bei welcher nicht
die Spule, sondern ein beliebig leicht zu machender Fadenleiter (Läufer) auf einer ringförmigen Bahn durch den auflaufenden
Faden nachzuziehen ist (s. unten).
Die Feinheit der Gespinste wird allgemein durch eine Vergleichung zwischen Länge und Gewicht eines gewissen
Fadenstücks festgestellt, indem man z. B. (bei der «internationalen
Numerierung») angiebt, wie viel Meter des Fadens auf 1 g gehen; hat also ein gewisses Fadenstück L Meter Länge und G Gramm
Gewicht, so ist die «metrische» Feinheitsnummer N = L/G. – Auf die Prüfung
der Feinheit folgt in allen Fällen, wo die Verwendung der Garne anderwärts geschieht, noch die geeignete
Verpackung derselben, sei es in Form der Cops, wie sie der Selfactor liefert,
oder in Form geweifter Strähne, die zu Docken
und Paketen von abgerundetem Gewicht zusammengelegt und durch scharfes Pressen auf den kleinstmöglichen Raum gebracht werden.
Je nach dem Spinnmaterial unterscheidet man als wichtigste Arten der S. die Flachs-, Hanf-, Jute-, Seiden-,
Baumwoll- und Wollspinnerei. Über dasSpinnen des Flachses s. Flachsspinnerei. Die Hanfspinnerei stimmt im wesentlichen mit
der Flachsspinnerei überein, nur daß die Maschinen, der stärkern Hanffaser entsprechend, kräftiger gebaut sind. Über die
Jutespinnerei s. Jute.
[* 22] Über die Seidenspinnerei s. Seide.
[* 23] Betreffs der Baumwoll- und Wollspinnerei sind
die vorbereitenden Operationen (bis zur Bandbildung) in den ArtikelnBaumwollspinnerei und Wollspinnerei behandelt, während
die weitern eigentlichen Spinnprozesse dieser beiden Arten der S. nachfolgend beschrieben sind.
Baumwollspinnerei. Der durch vorbereitende Arbeiten (über diese s. Baumwollspinnerei) hergestellte Wickel gelangt zu
den Kratzen (Kratzmaschinen), auch Karden oder Krempeln genannt, welche die Aufgabe haben, denselben in ein zusammenhängendes
Band
[* 24] von möglichster Gleichförmigkeit und Reinheit zu verwandeln (das Krempeln). Die arbeitenden Teile der Kratzmaschinen
sind die Kratzbelege oder Kardengarnituren, Leder- oder Tuchstreifen, die mit winklig gebogenen Drahthäkchen dicht besetzt
sind.
Stehen zwei derartige mit sog. Kratzen beschlagene Flächen einander gegenüber und zwar in so geringer
Entfernung, daß ein sehr enger Zwischenraum (z.B. gleich der Dicke eines Papierblattes) bleibt, so hängt deren Wirkung auf
die zwischen sie hineingebrachte Baumwolle
[* 25] einesteils von der gegenseitigen Stellung der Häkchen, andernteils von der Richtung
und Geschwindigkeit der den Kratzen erteilten Bewegung ab. Es sind nun folgende praktisch wichtige Fälle
zu unterscheiden:
a. Entgegengesetzt stehende Kratzen; die eine vorgehend, die andere still liegend oder ebenfalls vorgehend (wobei die Bewegungsrichtungen
einander entgegengesetzt sind, nachstehende
[* 19]
Fig. 1); unter diesen Umständen wird von der in die
Zähne
[* 26] der einen Kratze eingeschlagenen, büschelweise angeordneten Baumwollmasse an allen Stellen, wo starke Anhäufung der
Fasern vorliegt, ein Teil durch die Zähne der andern Kratze abgenommen und an solche Stellen, welche noch leer sind oder nur
wenig Faserstoff enthalten, abgesetzt, wodurch eine gleichförmigere räumliche Anordnung der Fasern erzielt wird. b.
Stellung der Kratzen wie unter a, jedoch Bewegung derselben in übereinstimmender Richtung
[* 19]
(Fig. 2), und zwar so, daß die vorgehende
schnell, die rückgehende langsam fortschreitet; hängt an den Zähnen der vorgehenden KratzeBaumwolle, so wird diese mehr
oder weniger an die leere rückgehende Kratze abgesetzt. c. Gleichstehende Kratzen
[* 19]
(Fig. 3); die eine leer
und dabei schnell vorgehend, die andere mit Baumwolle versehen und entweder langsam vorgehend, oder still liegend, oder rückgehend:
die leere Kratze kämmt die Baumwolle vollständig aus der gefüllten heraus. Auf solche Weise sind die Mittel gegeben, um die
Baumwolle aufzulockern
¶
mehr
und aus der ursprünglichen büschelförmigen Anordnung in eine gleichförmige räumliche Anordnung überzuführen (a), oder
in eine leere Kratze einzuschlagen (b), oder endlich aus einer gefüllten Kratze abzunehmen (c); der Fall a stellt den Vorgang
bei der Arbeitswirkung der Kratzmaschine oder Krempel dar; b und c bieten die Mittel, den Faserstoff von
einem Bestandteile der Maschine auf einen andern zu übertragen und schließlich wieder aus der Maschine zu entfernen.
Die Hauptbestandteile der Krempel sind die Speisevorrichtung zur gleichmäßigen Zuführung der zu krempelnden Baumwolle, die
Haupttrommel, welche die Baumwolle in ihren Kratzenbeschlag aufnimmt und auf welcher der Faserstoff möglichst gleichmäßig
verteilt wird, eine Abnehmwalze mit Beschlag, auf welchen von der Haupttrommel die gleichmäßig verteilte
Baumwolle wieder verdichtet abgesetzt wird, und die Abzugsvorrichtung zur Abführung des auf dieser letzten Trommel gebildeten
Flors oder Bandes.
Letztere Vorrichtung besteht in der Regel aus einer feinzahnigen, in schneller Schwingung
[* 28] begriffenen Stahlblechschiene (Hacker),
welche den Flor von der Abnehmwalze loskämmt, einem Trichter, welcher den Flor zu einem Bande zusammendrängt,
und Abzugswalzen, welche das Band einem Sammelbehälter (Drehtopf) zuführen. Die verschiedenen Krempelgattungen unterscheiden
sich besonders durch die Art und Weise, wie die gleichmäßige Verteilung auf der Haupttrommel bewirkt wird; immer dienen
dazu, wie bereits oben unter Fall a angegeben ist, Kratzenzähne, welche denen der Haupttrommel (Tambour)
T (s. Tafel: Spinnerei I,
[* 27]
Fig. 8 u. 9) entgegengesetzt gerichtet sind. Dieser Beschlag kann entweder auf sog. Decken oder Deckeln
(D,
[* 27]
Fig. 9), oder auf Walzen (sog. Arbeits- und Wenderwalzen, A und W,
[* 27]
Fig. 8) angebracht sein.
Man unterscheidet deshalb zwei Hauptgattungen von Krempeln, die Deckel - oder Deckenkrempeln und die Walzenkrempeln;
doch kommen beide Verteilungsverfahren auch an einer und derselben Krempel vor, sog. gemischte
Krempeln, Halbwalzenkrempeln. Vielfach reicht einmaliges Kratzen nicht hin, der Baumwolle Lockerheit und Reinheit sowie den
Fasern die gleichförmige Anordnung in jenem Grade zu erteilen, welcher für die weitere Bearbeitung erfordert
wird; man verrichtet daher gewöhnlich das Kratzen zweimal und bedient sich hierzu zweier, etwas voneinander verschiedener
Maschinen, nämlich der Vorkratze und der Feinkratze. In neuerer Zeit wird die zu Garnen besserer Sorte zu verarbeitende Baumwolle
auch gekämmt, anstatt in einer Feinkrempel gekratzt, wobei das Verfahren und die maschinellen Hilfsmittel
mit jenen der Wollspinnerei (s. unten) nahe verwandt sind.
Nachdem durch die Krempeln die spinnbaren Fasern der Baumwolle gereinigt und zu einem Bande von einiger Konsistenz vereinigt
sind, handelt es sich zur Umwandlung desselben in Garn weiterhin darum, durch Zusammenlegen (Doppeln, Doublieren, Duplieren)
mehrerer Bänder ein in der Stärke
[* 29] vollkommen gleichmäßiges Band zu bilden, bei welchem durch fortschreitende
Dehnung (Strecken, Laminieren) eine parallele Lage der Fasern und die erforderliche Feinheit erreicht wird.
Taf. I,
[* 27]
Fig. 6 zeigt eine Streckmaschine (Laminierstuhl), die beide Operationen vollzieht. Die wirksamen Teile derselben sind
paarweise mit entsprechendem Abstand voneinander angeordnete Walzen, von denen jedes Paar eine größere
Umfangsgeschwindigkeit
als das vorhergehende besitzt. Die in vier- bis achtfacher Anzahl zusammengelegten Bänder werden auf
die vier- bis sechs- bis achtfache Länge ausgezogen, und das so erhaltene Band hat dann eine weit größere Gleichmäßigkeit
als die ursprünglichen erlangt.
Das Zusammenlegen der Bänder erfolgt einfach dadurch, daß man dieselben in der bestimmten Anzahl gleichzeitig
zwischen das erste Paar der Streckwalzen treten läßt. Da nun aber bei der geringen Konsistenz der von den Kratzen gelieferten
Bänder sehr leicht eins derselben abreißen kann und dadurch die Gleichmäßigkeit des Fabrikats, auf welche es vor
allem ankommt, wesentlich beeinträchtigt werden würde, so hat man, um die Maschine von der Aufmerksamkeit
der Arbeiter möglichst unabhängig zu machen, Vorrichtungen ersonnen, welche selbstthätig den ganzen Mechanismus zum Stillstand
bringen, sobald eins der zugeführten Bänder reißt, zu Ende geht, oder zu leicht ist, oder sobald ein Wickeln in der Strecke
eintritt, oder sobald der vorgesetzte Drehtopf übermäßig gefüllt wird.
Die Firma Howard & Bullough in Accrington benutzt bei der Mehrzahl ihrer diesen Zwecken dienenden Apparate die Wirkung
der Elektricität, indem die nichtleitenden Baumwollbänder bei richtigem Gange der Maschine einen elektrischen Stromkreis
unterbrochen halten, welcher, sobald ein Band an irgend einer Stelle fehlt, sofort geschlossen wird, wodurch
ein Elektromagnet seinen Anker
[* 30] anzieht und so die Auslösungsvorrichtung in Thätigkeit setzt. Durch wiederholtes Doppeln und
Strecken wird die vollständige Gleichmäßigkeit des Bandes erreicht, womit die Vorarbeiten der S. beendigt sind.
Die Spinnmaschinen zerfallen in Vorspinn- und Feinspinnmaschinen. Die von den Strecken gelieferten Bänder bedürfen, um in
Garn verwandelt zu werden, noch einer bedeutenden Verfeinerung, die zwar auch durch fortgesetztes Strecken
erreicht werden könnte, durch welche aber auf diesem Wege das Band eine solche Zartheit erlangen würde, daß ein häufiges
Zerreißen unausbleiblich wäre; es muß also auf geeignete Weise dem Bande eine größere Festigkeit gegeben werden. Das einfachste
Mittel hierzu ist ein mäßiges Zusammendrehen desselben, wodurch die Fasern einander genähert und zusammengehalten
werden. Die fortschreitende Dehnung bei gleichzeitiger Drehung bildet daher die Operation des Vorspinnens. Man unterscheidet
im allgemeinen zwei Arten von Vorspinnmaschinen: solche, die dem Bande eine bleibende, und solche, die ihm nur eine vorübergehende
Drehung (sog. falschen Draht)
[* 31] erteilen.
Eine Vorspinnmaschine der letztern Art ist der sog. Rotafrotteur, Frottierapparat, auch Würgel- oder Ritschelwerk genannt,
bei welcher außer einem gewöhnlichen Streckwerk ein sog. Würgelapparat vorhanden ist, der
die hindurchgehenden Bänder nach erfolgter Streckung abwechselnd nach rechts und links zusammendreht; derselbe ahmt die Wirkung
nach, welche man mit den flachen Seiten der zusammengelegten Hände ausübt, indem man ein dazwischengelegtes
Band zusammenwürgelt. Diese Art Vorspinnens ist in der Baumwollspinnerei nur bei der sog. Abfallspinnerei noch üblich, welche
die geringwertigere Baumwolle nach Art der Streichgarnspinnerei verarbeitet. Die jetzt fast ausnahmslos in der Baumwollspinnerei
angewendete Vorspinnmaschine ist die gleichfalls mit Streckwerk
¶
mehr
versehene Spindelbank oder Flyer, die im Gegensatz zu der Würgelstrecke (wie sie namentlich in der Kammgarnspinnerei ausgedehnte
Anwendung findet) ein Vorgespinst mit bleibender schwacher Drehung liefert. Taf. I,
[* 32]
Fig. 7 giebt die äußere Ansicht dieser
außerordentlich sinnreich konstruierten Maschine, während
[* 32]
Fig. 5 einen schematischen Querschnitt zeigt. Das durch das Streckwerk
a gestreckte Band wird nach der centralen Öffnung eines durch die hyperbolischen Räder e, f in schnelle Rotation versetzten
gabelförmigen Flügels b geführt und läuft durch den einen hohlen Arm desselben nach einer innerhalb des Flügels befindlichen,
auf dessen Achse oder Spindel aufgesteckten Spule c, deren selbständige Drehung durch hyperbolische Räder
h, g erfolgt und so bemessen ist, daß gerade die vom Streckwerk a gelieferte Fadenlänge in regelmäßig übereinander gelegte
Windungen auf die Spule aufgewickelt wird.
Die Spule befindet sich zu diesem Behufe auf einer Bank oder einem Wagen i, der mittels Zahnstange k undRadm eineAuf- und Niederbewegung
erhält. Der Faden selbst erfährt zwischen Streckwerk a und Flügel b eine bleibende Drehung und damit die nötige Festigkeit,
während gleichzeitig die zu möglichster Schonung des Vorgespinstes dienende regelrechte Aufwicklung auf der Spule c zu stände
kommt. Jeder Flyer enthält eine größere Anzahl (30-240) in zwei Reihen angeordneter Spindeln und kann
daher die gleiche Anzahl Bänder gleichzeitig bearbeiten.
Die stufenweise Verfeinerung des Vorgespinstes wird dadurch erreicht, daß man mehrere (3-6) Flyer von zunehmender Feinheit
hintereinander anwendet. Diese Flyer werden der Reihe nach bezeichnet als Grob-, Mittel-, Fein-, Doppelfein-, Extradoppelfein-,
Expreßfein-Flyer. Das auf diese Weise erzeugte Vorgarn gelangt zuletzt auf die Feinspinnmaschine, durch
welche dasselbe bis zu dem gewünschten Feinheitsgrad ausgezogen und sodann dem Faden eine bleibende, hinreichend starke Zusammendrehung
erteilt, zugleich auch die Überführung der Fasern in die für den Spinnprozeß charakteristische schraubenförmige Lage
erreicht wird.
Man unterscheidet, wie oben auseinandergesetzt, zwei Arten Feinspinnmaschinen: die Watermaschine und die Mulemaschine
(beide mit Streckwerk ausgestattet), von welchen die letztere um deshalb häufiger als die erstere angetroffen wird, weil
sie eine allgemeinere Verwendung zuläßt und für grobe wie für feine Sorten zu gebrauchen ist, wogegen die Watermaschine,
die sich nur für gröbere Garnsorten eignet, den Vorzug einfachern Baues und größerer Leistungsfähigkeit hat.
Die Watermaschine, auch Drosselmaschine genannt, ist auf Taf. II,
[* 32]
Fig. 1 schematisch dargestellt.
Die Spulena, a enthalten das Vorgespinst und sind reihenweise auf dem Aufsteckrahmen d angeordnet. Durch das Streckwerk c werden
die Fäden gestreckt und durch den Drahtring d den Flügeln i der Spindeln e zugeführt, welche das ununterbrochene
Zusammendrehen und Aufwickeln der ihnen zugeführten Fäden besorgen. Damit sich die Fadenwindungen gleichmäßig auf die
Spule verteilen, wird der Spulenwagen h auf und nieder bewegt; dies geschieht dadurch, daß derselbe mittels der Stangek und
der Kettel an den Winkelhebel m angeschlossen
ist, dessen aufrechter Schenkel sich mit einer Rolle an den
Umfang einer gleichförmig rotierenden Kurvenscheibe n stützt, die ihre Bewegung durch die Schneckengetriebe o1 und o2 erhält.
Der gesamte Antrieb der Maschine geschieht von den durch Treibschnüre verbundenen Trommeln p aus. Diese treiben mittels Schnüren
die Wirtel f der Spindeln; ferner werden von hier aus durch Räderübersetzungen q1, q2, q3, q4 und q5
sowohl die Streckwerke c als auch die schräge Achse in Thätigkeit gesetzt, welche durch o1 und o2 die Umdrehung von n und
somit das Auf- und Niedergehen des Spindelwagens bewirken. Die Maschine hat in ihrer Konstruktion große Ähnlichkeit
[* 33] mit dem
erwähnten Flyer.
Wie dieser enthält sie ein Streckwerk c, für jeden Faden einen die Drehung erteilenden Flügel i und
eine zur Aufnahme des Gespinstes dienende Spule g; aber während die letztere beim Flyer, der zarten Beschaffenheit des Vorgarns
wegen, eine selbständige Drehbewegung von der Antriebwelle her empfängt, wird sie hier nur durch den
in der Aufwicklung begriffenen Faden nachgezogen, wobei die aus ihrem Gewicht entspringende Reibung auf ihrer Unterstützungsfläche
die angemessene Spannung des auflaufenden Fadens hervorbringt.
Aus dieser Anordnung folgt schon, daß das Gespinst eine gewisse, durch stärkeres Zusammendrehen erzeugte Festigkeit besitzen
muß, wenn nicht ein häufiges Abreißen des Fadens eintreten soll. Will man daher eine weiche Beschaffenheit
des Feingespinstes, wie sie für manche Zwecke, z. B. zur Erzeugung gewirkter Waren, erforderlich
ist, erreichen und darf daher nur eine schwächere Drehung erteilt werden, so ist die Watermaschine ebenso wie für die feinsten
Garnnummern nicht mehr verwendbar, doch ist man in neuerer Zeit bemüht gewesen, die Waterspinnmaschine
zu verbessern und namentlich durch andere Konstruktion der Drehungs- und Aufwicklungsorgane teils erhöhte Produktionsfähigkeit
infolge vergrößerter Geschwindigkeit, teils vermehrte Anwendungsfähigkeit infolge geringerer Inanspruchnahme des Garns beim
Aufwickeln, teils bequemere Bedienung (schnelles Auswechseln der gefüllten Spulen und leichtes Einziehen abgerissener Fäden)
zu erzielen.
Die weitgehendste Durchbildung in dieser Hinsicht und die allgemeinste Verbreitung hat in den letzten
Jahren die Ringspinnmaschine (s. Taf. II,
[* 32]
Fig. 2) erfahren, bei welcher
der Flügel der Flügelspinnmaschine durch ein leichtes, metallenes Öhr b (Läufer, Reiter, Fliege, Traveller) ersetzt ist,
welches auf dem die Spule c umschließenden Ringe d im Kreise
[* 34] geführt wird. Durch das Streckwerk a wird
der Faden vorher gestreckt. Der Hauptvorzug dieser Maschine besteht indes in der Verbesserung der Spindeln (Rabbeth-, Booth-Sawyer-,
Ferguslie-Spindeln u. s. w.), deren adjustierbare Hals- und Fußlager vermöge der dadurch erzielten konzentrischen Stellung
der Spindeln im RingGeschwindigkeiten bis zu 14000 Touren in der Minute erreichen lassen (doch geht man
zur Herstellung eines gleichmäßigen Gespinstes nicht wohl über 7-8000 Touren hinaus). Bei der in den vorstehenden
[* 32]
Fig.
4, 5 und 6 dargestellten Rabbeth-Spindel sind Hals- und Fuß-
lager derart verbunden, daß die Spindel sich darin wie in einer einzigen Hülse
[* 36] hält; auch ist nur eine Spindelbank (statt
der sonst üblichen zwei) zur Unterstützung derselben erforderlich. A ist die aus Stahl hergestellte Spindel, B eine fest
auf diese getriebene gußeiserne Hülse, an deren unterm Ende der Wirtel C angegossen ist, D das bei
E mit einer Büchse versehene gußeiserne, Pfanne und Halslager in sich vereinigende Spindellager; die Höhlung H dient als
Ölkammer; der Haken J hindert das Herausziehen der Spindeln beim Abnehmen der Spulen.
Der auf der Glocke festsitzende Becher
[* 37] F hat einerseits die Aufgabe, die SpuleG in der richtigen Lage zu erhalten,
ein Schlagen und Unrundlaufen derselben zu verhindern und für ihre Mitnahme durch die Spindel mehr Sicherheit zu gewähren;
andererseits hat F den Zweck, beim Auswechseln das Abnehmen der leeren bez. das Ansetzen der gefüllten Spulen zu erleichtern,
indem die Umwicklung des Fadens um die leere Spule, welche früher, wie bei den Flyers, von der Hand geschehen
mußte, durch dasselbe entbehrlich gemacht wird.
Die Vorteile der Ringspindel gegenüber der Flügelspindel bestehen darin, daß sie schneller laufen kann (sie kann ebenso
rasch laufen wie die Mulespindel), und darin, daß sie den Faden weniger beansprucht; man kann also auf
ihr weicheres Garn erzielen, aber nicht so glatt; auch der Kraftbedarf ist, da der Flügelwiderstand wegfällt, etwas geringer.
Die Vorteile der Ringspinnmaschine gegenüber der Mulespinnmaschine sind die, daß sie außerordentlich einfacher in ihren
Bewegungsmechanismen ist und weniger geschickte Arbeiter verlangt, daß sie einen geringern Raumbedarf hat, und daß
sie leistungsfähiger ist, da sie unausgesetzt, nicht absetzend wie die Mule, spinnt; zudem sind die neuern Ringspindeln
in ihrer Bauart so verändert, daß sie leichter in Öl zu halten sind.
Der Mulespinnmaschine gegenüber hat die Ringspinnmaschine aber auch die Nachteile, daß auf ihr so weiche und feine Garne
wie auf ersterer nicht hergestellt werden können, da der Faden die Fliege nachschleppen muß und man
mithin immer mindestens einen bessern Spinnrohstoff verwenden muß. Die Holz- oder dickern Papierspulen verteuern die Unterhaltung
der Maschine und erhöhen das Gewicht eines Abzuges bedeutend; ein Dämpfen der Garne ist wegen der Holzspulen oder Papierhülsen
ebenfalls kostspielig. Die Fadenspannung läßt sich bei der Ringspindel leicht durch Anwendung verschieden
schwerer Fliegen
[* 38] regeln; bei groben Garnnummern nimmt man schwerere, bei feinern Garnnummern leichtere.
Die Taf. II,
[* 35]
Fig. 9 zeigt den auf dem Princip der Mulemaschine beruhenden Selfactor, die
vollkommenste aller Spinnmaschinen. So mannigfache Verschiedenheiten die als Selfactor zu bezeichnenden
Konstruktionen aufweisen, so ist doch der Grundgedanke bei allen der oben auseinander gesetzte. Es wird zuerst ein Fadenstück
von bestimmter Länge (etwa 1,5 m) gebildet, worauf die Fadenbildung aufhört und die Aufwicklung erfolgt, und zwar nicht
auf Spulen, sondern auf stählerne Spindeln von der aus beistehender
[* 35]
Fig.
7 ersichtlichen Form.
Dieselben (oft bis 1200) sind mit ihrem Bewegungsmechanismus auf einem Wagen angebracht, und in demselben Verhältnis, in
welchem das Streckwerk den Faden liefert, wird dieser durch den Umlauf der Spindeln gedreht und durch das Ausfahren des Wagens
in gespanntem Zustande erhalten. Sobald der Wagen am Ende seiner Bahn angelangt ist, bleibt das Streckwerk
stehen und die Fadenlieferung hört auf; alsdann muß der von der eigentlichen Aufwicklungsstelle bis zur Spitze derSpindel
gelangte Faden wie bei der Handspindel abgeschlagen werden, zu welchem Zwecke die Spindeln einige Drehungen in entgegengesetzter
Richtung machen.
Hierauf erfolgt die Aufwicklung auf die Spindeln, wobei der Wagen sich wieder nach dem Streckwerk hin
bewegt. In vorstehender
[* 35]
Fig. 8, welche den Wagen des Selfactors darstellt, sind diese Vorgänge
schematisch veranschaulicht. Die drei Paar Streckwalzen W ziehen das von den Spulen der Vorspinnmaschine kommende Band bis
zur erforderlichen Feinheit aus. C ist der die Spindeln S tragende Wagen, b und a sind der Auf- und Gegenwinder,
von denen der Gegenwinder a die Fäden immer in der nötigen Spannung hält, während der Aufwinder b den Faden derartig führt,
daß sich derselbe in Form des sog. Kötzers oder der Bobine S (in
[* 35]
Fig. 7 vergrößert) aufwindet. Die
[* 35]
Fig. 8 zeigt die
Lage der einzelnen Teile in dem Moment, wo die Aufwicklungsperiode beginnt. Da beim Selfactor der Faden keine erhebliche Beanspruchung
erleidet, so können mittels desselben die feinsten Garnnummern gesponnen werden.
In dem gleichen Grade, in welchem alle hier beschriebenen Maschinen im Laufe der Jahre vervollkommnet worden
sind, ist naturgemäß das Handspinnen und damit das Spinnrad verdrängt worden, so daß heute wohl kaum noch ein nennenswertes
Quantum Baumwollgarn durch Handarbeit hergestellt wird. Zur Bestimmung der Feinheitsnummern ist noch jetzt für Baumwollgarne
am meisten das engl. System in Gebrauch, nach welchem die Nummer irgend einer Sorte die Anzahl von Schnellern
oder Strähnen (840 Yards Fadenlänge) bezeichnet, die in einem engl. Pfund enthalten ist. Außerdem bedient
man sich des franz. Systems mit den Einheiten 500 m und 500 g, sowie des sog. internationalen mit den Einheiten 1000 m
und 1000 g.
Als ein besonderer Zweig der Baumwollspinnerei hat sich die Barchent- oder Zweicylinder- oder Abfall-Spinnerei
ausgebildet. Sie ist bestimmt, starke Garne (von Nr. 1 bis 8 englisch) herzustellen, und
es wird je nach den an die Gespinste gestellten Anforderungen entweder reine Bengal-Baumwolle hierzu verwendet oder auch verschiedene
bessere und geringere Baumwollabfälle zusammengemischt. Bei dieser Art der S. kommen die Arbeiten des
Streckens und Flyerns ganz in Wegfall. Das Fertigspinnen kann auf zweierlei Weise vor sich gehen, entweder nach Art der weiter
unten erläuterten Streichgarnspinnerei (sog. Zweicylindersystem) oder durch Selfactors mit
drei Streckwalzenpaaren mit besonders schwachen Streckwalzen.
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Wollspinnerei. Die ersten vorbereitenden Operationen dieser Art der S. sind im ArtikelWollspinnerei beschrieben. Die durch den
Ölwolf behandelte Wolle ist locker und schlüpfrig; die Haare
[* 40] liegen mehr oder weniger flockig durcheinander und müssen neu
angeordnet werden, um einen Gespinstfaden zu liefern. Dieses Ordnen der Fasern geschieht durch das Krempeln
(Allgemeines darüber s. oben), wobei gleichzeitig etwa noch vorhandene Unreinigkeiten sowie
zu kurze Härchen entfernt werden.
Die betreffende Manipulation erfolgt nach und nach auf zwei oder drei Krempeln, von denen jede in der Konstruktion um einiges
von der andern abweicht.
[* 39]
Fig. 5 der Taf. II giebt eine schematische Darstellung eines derartigen Krempelsatzes
von der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz.
[* 41] Die Wolle wird dem Selbstaufleger A, einem großen fahrbaren Trichter, aufgegeben,
aus welchem sie mittels eines Elevators in mechanisch abgewogenen Portionen auf die Fläche des Zuführungstisches a der Reißkrempel
B ausgebreitet wird.
Von hier passiert die Wolle die Einführwalzen b, die sie dem mit Kratzenbeschlag versehenen Vorreißer
c übergeben. Derselbe berührt den schnell rotierenden Krempeltambour d, der, wie alle folgenden Walzen, gleichfalls Kratzenbeschlag
trägt, und giebt an ihn die Wolle ab. Bei seiner Umdrehung wird die Wolle abwechselnd von den Kratzenwalzen e, den sog. Arbeitern,
welche langsamer, aber in entgegengesetzter Richtung wie der Tambour laufen und deren Drahthäkchen denen
des Tambours entgegengesetzt gekrümmt sind, festgehalten und mitgenommen und dann den unter ihnen befindlichen, schnell
rotierenden kleinen Walzen f, den Wendern oder Schnellwalzen, übergeben, die sie dem Tambour wieder zuführen.
Die Arbeiter entnehmen die Wolle von denjenigen Stellen des Tambours, wo sie im Überschuß vorliegt, und
die Wender liefern sie an die Stellen ab, wo Mangel herrscht, woraus die vergleichmäßigende Wirkung der Maschine sich erklärt.
Auf der der Zuführungsstelle gegenüber liegenden Seite ist eine sich außerordentlich schnell drehende Walze g mit ganz
schwach gekrümmten Kratzenhäkchen, der sog. Volant, angeordnet, welcher, da er schneller als der Tambour
läuft, die Wolle an dem Umfang desselben lockert und auf die Spitzen derKratzen schiebt, so daß sie leicht durch die folgende
Trommel h, den Abnehmer oder Peigneur, vom Tambour abgehoben werden kann.
Vom Abnehmer wird der erhaltene, lose zusammenhängende Flor entweder durch einen rasch oscillierenden Stahlkamm,
den Hacker, abgehoben, oder, wie in der genannten
[* 39]
Figur, durch einen Bandabzug i abgenommen, welcher
den Flor zu einem runden Bande zusammenlegt, das auf der hinter der Reißkrempel stehenden automatischen Wickelmaschine C
aufgewickelt wird. Diese Maschine stellt selbstthätig Wickel von gleicher Größe her, wirft die vollen Wickel in den Kasten
und legt die leere Spule für den neuen Wickel selbstthätig auf.
Wird der Flor nicht zu Bändern zusammengelegt, so wird er in seiner ganzen Breite
[* 42] auf die Pelztrommel aufgewickelt, um dann
der Breite derselben entsprechend in mehrere Teile durchgerissen, quer auf den Zuführungstisch einer Pelzkrempel ausgebreitet
zu werden. Letztere ist ganz ähnlich den Reißkrempeln gebaut. Der durch einen Hacker abgelöste Wollflor
wird in den Pelzapparat übergeführt, wo er mehrfach übereinander gelegt wird,
bis er die erforderliche Dicke erhalten hat,
worauf es an einer Stelle aufgerissen und auf eine Wickelwalze gebracht wird.
[* 39]
Fig. 10 der Taf.
II veranschaulicht eine Pelzkrempel aus der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz.
Nach dem Schema
[* 39]
Fig. 5 werden die auf der Reißkrempel erhaltenen Wickel auf einen Aufsteckrahmen D gebracht, von dem die
abrollenden Bänder nach der Feinkrempel E geführt werden, welche die nämliche Konstruktion wie die Krempel B zeigt, aber
des hier überflüssigen Zuführungstisches entbehrt. Das auf dem Bandabzug erzeugte flache Florband
wird nicht erst aufgewickelt, sondern gelangt, durch Rollen
[* 43] geführt, nach der Vorspinnkrempel G, wo es durch den mit den
entsprechenden Mechanismen versehenen Bandlegetisch F in diagonaler Richtung vorgelegt wird (Kreuzen des Vließes).
Auf diese Weise werden ungleiche Stellen im Vließ ausgeglichen, und beim Melieren verschiedener Wollsorten
erzielt man eine sehr innige Mischung. Hinter dem Zuführtisch ist zunächst eine kleine Vorkrempel k angeordnet, so daß
dem Tambour l der Vorspinnkrempel G das Material vließartig und ganz gleichmäßig dargeboten wird. Der mittels eines Hackers
vom Peigneur der Vorspinnkrempel abgenommene Flor wird durch zwei kammartig ineinander greifende Walzenm in einzelne Bänder zerteilt und durch Würgelapparate, die sog. Ritschelzeugen, zu Wülsten (mit falschem
Draht) zusammengerollt, welche auf Wickel o gesammelt werden.
Die ganze Vorrichtung, in der
[* 39]
Figur mit H bezeichnet, wird in verschiedenen Abänderungen ausgeführt
und zwar spricht man, je nachdem der vom Peigneur abgenommene Flor mittels Systemen von sich kreuzenden
Stahlbändern oder Riemchenzügen geteilt wird, von Stahlband- oder Riemchenflorteilern.
[* 39]
Fig. 8 zeigt
die äußere Ansicht einer derartigen Vorspinnkrempel von Oskar Schimmel
[* 44] & Co. in Chemnitz, bei der sich der Florteiler und
das Ritschelzeug an der rechten Bildseite befinden.
Das Produkt der Vorspinnkrempeln wird direkt auf der Feinspinnmaschine verarbeitet, auf welcher das eigentliche
Spinnen vorgenommen wird; dieselbe bildet den Faden durch Ausziehen des zusammengerollten Florbandes und gleichzeitiger und
nachfolgender Drehung. Als Feinspinnmaschinen finden Verwendung die Watermaschine, die Ringspinnmaschine und der Selfactor.
Die Watermaschine für Streichgarn, welche nur für die scharf gedrehten Sorten gebraucht werden kann, ist von derjenigen
für Baumwolle dadurch wesentlich verschieden, daß das Vorgespinst im Streckwerk auf dem Wege von einem Walzenpaar nach dem
andern, der Faden durch einen schnell rotierenden Flügel gestrichen wird, wodurch die Wollfasern verschoben und gelockert
werden, was für das nachherige Verfilzen von Vorteil ist.
Vielfach wird in neuerer Zeit die Ringspinnmaschine der Watermaschine vorgezogen, weil sie mehr Garn liefert.
Auch die Ringspinnmaschine enthält ein Streckwerk, d. h. das Vorgespinst wird durch zwei Einziehwalzen
geführt, welche mit zwei Streckwalzenpaaren korrespondieren, die schneller als die erstern laufen und infolgedessen den
Faden strecken. Zwischen den Einzieh- und den Streckwalzen passiert jeder Faden ein Röhrchen, welches
denselben um weniges dreht und dadurch den Auszug erleichtert; die Spannung und der Auszug werden durch einen einfachen Mechanismus
geregelt.
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