u. s. w. ankämpfen. Der erste derartige
Verein ist unter
Führung hochgestellter
Männer in
Staat,
Kirche und
Heer in
Berlin
[* 2] entstanden.
Jetzt bestehen S. in vielen größern
StädtenDeutschlands.
[* 3]
Die erste, 19. und in
Cassel veranstaltete
«Allgemeine
Konferenz der deutschen S.» (mit dem Sitz in
Berlin) beschloß eine allgemeine deutsche
Vereinigung mit
Organen in den einzelnen
Ländern und
Provinzen zu gründen. Monatsblätter der S. sind: «Korrespondenzblatt zur
Bekämpfung der öffentlichen Sittenlosigkeit» (für
Männer;
Berlin) und «Frauenblätter» (ebd.).
Anatomie diejenige verhältnismäßig seltene
Abnormität, bei der sämtliche Organe des Körpers, die normalerweise links
liegen, rechts gelagert sind und umgekehrt. (S. Dextrokardie.)
nach
Tit. 14. des
Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes die jedem Vorsitzenden zur Aufrechthaltung
der Ordnung in der Sitzung zustehenden Maßregeln und die Bestrafung der dennoch in der Sitzung begangenen Ordnungswidrigkeiten,
die indes nur durch Gerichtsbeschluß angeordnet werden kann. DenAnordnungen des Vorsitzenden sind alle
in der Sitzung anwesenden
Personen, namentlich auch die
Vertreter der
Staatsanwaltschaft unterworfen; den Strafmaßregeln des
Gerichts sind die bei der Verhandlung amtlich beteiligten
Personen nicht unterworfen.
Das Gericht kann gegen Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige und bei der Verhandlung nicht beteiligte
Personen,
wenn sie den zur Aufrechthaltung der Ordnung erlassenen
Befehlen nicht gehorchen, Entfernung aus dem Sitzungszimmer
oder Haft bis zu 24
Stunden, wenn sie sich aber einer Ungebühr schuldig machen, unbeschadet strafrichterlicher Verfolgung,
eine Ordnungsstrafe bis zu 100 M. oder 3
Tagen Haft, gegen
Anwälte und Verteidiger nur eine Ordnungsstrafe bis zu 100 M. festsetzen.
Die
Vollstreckung der Ordnungsstrafen, gegen welche binnen einer Woche
Beschwerde an das Oberlandesgericht
zusteht, hat der Vorsitzende unmittelbar zu veranlassen.
Aufschiebende Wirkung hat die
Beschwerde nur bezüglich der gegen
Anwälte und Verteidiger und der von einzelnen
Richtern bei Amtshandlungen außerhalb der Sitzung festgesetzten Ordnungsstrafen.
– Die Österr. Strafprozeßordnung legt sowohl dem Vorsitzenden als dem Gericht noch weiter gehende
Befugnisse bei;
insbesondere kann der Vorsitzende Zuhörer aus dem Sitzungssaal entfernen lassen und im Fall der
Widersetzlichkeit
zu einer Arreststrafe bis zu 8
Tagen verurteilen (§. 233);
der Gerichtshof kann den Verteidiger mit einem Verweis oder Geldstrafe
bis zu 100
Fl. belegen;
auf
Antrag des Gerichtshofs erster Instanz kann der Gerichtshof zweiter Instanz
dem Verteidiger, der nicht
Advokat ist, die Befugnis, vor Gericht zu erscheinen, bis zur
Dauer von 6
Monaten entziehen, während
gegen
Advokaten die Entziehung nur von der Disziplinarbehörde ausgesprochen werden kann (§. 236).
L.,Merk, Pflanzengattung aus der Familie der
Umbelliferen
[* 5] (s. d.) mit nur wenigen auf der nördl.
Halbkugel weit verbreiteten
Arten, krautartige Gewächse, die vorzugsweise an sumpfigen Orten wachsen. Die einzige in
Deutschland
[* 6] einheimische Art, S. latifoliumL.,Sumpfmerk oder Wasserpastinake, ein Sumpfgewächs mit röhrigem, vielkantigem,
stark verzweigtem
Stengel,
[* 7] fiederteiligen, breitzipfeligen, über den Wasserspiegel hervorragenden und in feine, haarförmige
Zipfel zerteilten, untergetauchten
Blättern, gilt für giftig. Zu dieser Gattung gehört auch die Zuckerwurzel(S. sisarumL.), eine aus Mittelasien stammende, in
Deutschland vielfach verwilderte, ihrer süß und aromatisch schmeckenden
Wurzeln halber auch angebaute
Pflanze. Ihr Wurzelstock besteht aus büschelig gruppierten
Wurzeln, ihre untern
Blätter sind
fiederschnittig mit eiförmig-länglichen, scharfgesägten
Abschnitten, die obern dreiteilig mit lanzettlichen Teilstücken,
die
Blüten wie bei S. latifolium weiß. Diese
Pflanze verlangt einen leichten, fetten, gut gearbeiteten und warm gelegenen
Boden.
Assiut, kopt. Saûd, Hauptstadt Oberägyptens und der
Provinz
(Mudirieh) S. (128700 qkm, darunter
nur 2174 qkm Kulturland, mit 562137 E.), das alte Lykopolis
(d. i. Wolfsstadt), unweit vom
Nil in fruchtbarer Gegend auf der
westl. Seite des
Thals 45 m
ü.
d. M. gelegen, Endpunkt des ägypt.
Eisenbahnnetzes und Dampferstation, zählt (1882) 31575 meist
kopt. E. Die Stadt ist Sitz eines Paschas, eines kopt.
Bischofs sowie eines deutschen
Konsularagenten, hat einen
Palast, zwei
schöne Moscheen, schönes
Bad,
[* 8] Hospital, presbyterianische Missionsanstalt, große
Baumwollspinnerei und Regierungsmagazin
für die Bodenprodukte der
Provinz.
Als Hauptstation für die Karawanen aus
Nubien, den
Oasen westlich vom
Nil und dem östl.
Sudan, unterhält
S. noch immer bedeutenden
Handel. Beliebt sind die
Thonwaren
[* 9] (vorzüglich Pfeifenköpfe), die Sattlerarbeiten, die namentlich
nach Centralafrika
Absatz finden, die Fächer
[* 10] aus
Straußenfedern und die Elfenbeinschnitzereien. S. ist archäologisch nur
durch seine Nekropole und die Mumiengräber des hier verehrten
Wolfes in den Felsen der westl. libyschen Bergkette
bemerkenswert. Das unmittelbar am
Nil gelegene Dorf El-Hamra ist der
Hafen von
S. und mit der Stadt durch einen
Damm verbunden.
Zur
Provinz gehören die
OasenChargeh und
Dachel (s. d.).
(hebr.), der dritte
Monat der
Juden, hat 30
Tage und entspricht etwa der Zeit von Mitte Mai bis Mitte
Juni. Am sechsten und siebenten S. wird das Wochenfest (s. d.) begangen.
Falc.,
Schiwatier, ein urweltliches Riesentier aus den siwalischen
Bergen
[* 11] Nordindiens, von abenteuerlicher
Form, vereinigt
Merkmale der
Giraffen und Dickhäuter in sich. Der Körperbau war schwerfällig und gedrungen, der
Hals viel
kürzer als bei der
Giraffe; der
Kopf, so groß wie der Schädel lebender, erwachsener Elefanten, hatte
einen kurzen
Rüssel und zwei Hornpaare, von denen das größere vordere von der
Lage der Giraffenhörnchen, aber weit größer,
¶
mehr
ge-1007 wunden, schaufelförmig und verästelt war. Nahe verwandt waren Bramatherium, Vischnutherium und Hydaspitherium.
Oase in der Libyschen Wüste, 14 Tagereisen von Alexandria, im AltertumOase des JupiterAmmon
[* 14] oder das Ammonium (s. d.)
genannt, ist 30 km lang, bis 2 km breit, liegt 32,3 m unter dem Meeresspiegel und besteht aus einem von
Steilrändern umschlossenen Thale mit mehrern Seen, reichlicher Bewässerung, mit Wiesen, Palmwäldchen, Gärten und Saatfeldern,
reichlicher Produktion von Datteln, Melonen, Oliven, Granatäpfeln, Weintrauben, Bohnen, Gerste,
[* 15] Weizen und Reis und vorzüglich
reinem Kochsalz.
Sie wurde 1792 von Browne wieder entdeckt und ist seit 1820 Ägypten
[* 16] zinspflichtig. Die Oase hat auf ungefähr 15 qkm
kulturfähigem Boden 5600 E., die unter Scheikhs stehen, von der ägypt. Verwaltung aber unabhängig sind. Die Bewohner besitzen
über 300000 Dattelbäume, welche in guten Jahren 9600 Kamelladungen (á 3 Ctr.) Früchte liefern. Ihre Hauptnahrung sind Datteln
und ägypt. Getreide.
[* 17] Im Orte S., der nur 380 m im Umfang hat, sind die aus Muschelkalkstein aufgeführten
Häuser bis fünf Stockwerke hoch.
Auch besteht eine reichbegüterte Religionsschule (Sawije) des Senûsi-Ordens. Manche der Quellen sind artesische, deren Wasser
in Bassins von antikem Mauerwerk springt. Agermih, der andere Hauptort der Oase, liegt auf steilem Fels und
hat Reste alter Tempel
[* 18] und tiefe Brunnen;
[* 19] ein Thor in ägypt. Stil und ein mit Hieroglyphen bedeckter Saal sind wohl Reste des
Königspalastes, der an das Ammonium stieß. Etwa 4 km östlich vom Orte S. liegt die Sonnenquelle, deren widerlich salziges
Wasser eine konstante Temperatur von 29° C. zeigt. 1 km nördlicher liegt Umm el-Beïda, das zweite Ammonium,
welches aber kein Orakel hatte. –
2) Hauptstadt des Wilajets S., nahe rechts vom obern Kisil-Irmak (Halys), in gesunder und getreidereicher, 1250 m hoher Hochebene,
zählt etwa 40000 E. und hat große Bazare, zahlreiche Chane, Baumwollweberei und Färberei sowie ansehnlichen Transithandel.
(spr. ßi-) oder Faule See, russ. GniIoje
more, westl. Seitenbassin des Asowschen Meers, von diesem durch die Landzunge von Arabat (s. d.) getrennt und nur im N. mit
demselben durch die Straße von Genitschewsk (s. d.) verbunden, hat 2453,8 qkm, darunter 33,9
qkm Inseln. Der S., zum russ. Gouvernement Taurien gehörig, bildet den nordöstl. Teil der Halbinsel Krim
[* 20] und
wird im W. durch die Landenge von Perekop (s. d.) vom SchwarzenMeer getrennt. Er ist ein stehendes, von Untiefen und Sandbänken
durchschnittenes, durchaus salziges und
für die Schiffahrt unbrauchbares Wasser, das stark verdunstet und viel Salz
[* 21] absetzt.
Letzteres wird besonders längs der Eisenbahn (Losowo-Sewastopol), die den S. überschreitet, gewonnen. In den
S. mündet der Fluß S.
S. III. (432–440) soll den heil. Patrick (s. d.)
nach Irland geschickt und die Kirche Sta. Maria Maggiore gebaut haben.
S. IV. (1471–1484), vorher Francesco della Rovere, ein Fischerssohn aus einem Dorfe bei Savona, später Franziskanergeneral
und Kardinal von San Pietri in Vincoli, suchte das Vordringen der Türken in Verbindung mit Venedig
[* 25] und Neapel
[* 26] durch Absendung einer Flotte zu verhindern, führte in Spanien
[* 27] die Inquisition ein und befleckte seinen Namen durch Nepotismus,
Simonie und Wucher. Dagegen erwarb er sich Verdienste um die Vatikanische Bibliothek sowie um die Ausschmückung
der Stadt Rom, erbaute die Sixtinische Kapelle, die Tiberbrücke und eine Wasserleitung.
[* 28]
S. V. (1585–90), vorher Felix Peretti, geb. zu Grottamare in der MarkAncona,
[* 29] wurde 1534 Franziskaner, lehrte seit 1544 kanonisches
Recht zu Rimini, seit 1546 zu Siena und wurde 1548 Priester und Regent der Klosterschule zu Siena. Seit 1551 in
Rom, glänzte er als Kanzelredner sowie durch fromme Werke. Er wurde 1556 Vorsteher der Franziskanerschule, 1557 Generalinquisitor
zu Venedig, 1560 in Rom Konsultor des Heiligen Offiziums (der Inquisition) und Professor an der Universität sowie Generalprokurator
seines Ordens.
Pius V. bestätigte ihn als Generalvikar des Franziskanerordens und machte ihn zum Bischof von Sta. Agata
de' Goti und zu seinem Beichtvater. In diesen Ämtern drang S. auf Abstellung der unter den Franziskanern eingerissenen Unordnungen
und suchte auch die Sitten der Geistlichen seines Sprengels zu verbessern. Schon 1570 wurde er Kardinal und nannte sich nun
Montalto. Unter Gregor XIII. sah er sich zu jahrelangem Stillleben in seiner Villa auf dem Esquilin gezwungen;
als er dann 1585 nach dem TodeGregors einstimmig zum Papst gewählt wurde, trat er mit unerwarteter Kraft
[* 30] hervor.
Energisch stellte er die Ordnung im Kirchenstaat wieder her, vernichtete die Banditen und ordnete die Finanzen. Die
nach ihm benannte Wasserleitung (Acqua Felice), der große Obelisk auf dem Platze vor der Peterskirche, die prächtige Kuppel
der Peterskirche, das Spital an dem Tiber sind unter seiner Regierung entstanden. Für die Vatikanische Bibliothek richtete
er ein prachtvolles Gebäude und eine eigene Druckerei für die Herausgabe der Kirchenschriftsteller ein,
aus der seine Ausgabe der Werke des heil. Ambrosius und die von ihm besorgte, sehr fehlerhafte Ausgabe der Vulgata (s. d.) hervorgingen.
Zu Fermo gründete er eine Universität, zu Rom das Kollegium des heil. Bonaventura für junge Franziskaner und zu Bologna das
Kollegium Montalto. Die Kosten seiner Hofhaltung schränkte er ein und
¶
forlaufend
1008
bewies große Mäßigung in der Fürsorge für seine Verwandten. Zur Verwaltung der Regierungs- und Kirchenangelegenheiten
setzte er 15 Kongregationen aus Kardinälen und andern Beamten nieder und schuf damit eine meisterhafte, noch jetzt bestehende
Organisation. Die Anzahl der Kardinäle setzte er auf 70 fest, und alle Bischöfe verpflichtete er, innerhalb
drei, fünf oder zehn Jahren einmal nach Rom zu kommen. In theol. Streitigkeiten beobachtete S. eine weise Neutralität.
Desto eifriger mischte er sich in die polit. Händel seiner Zeit. Der Plan, Deutschland in Abhängigkeit vom röm. Stuhle zurückzubringen,
schlug zwar fehl; doch wußte er den KaiserRudolf II. zur Verfolgung der Ketzer zu bewegen. Mit allen Regenten
seiner Zeit blieb er in leidlichem Vernehmen, suchte aber einen durch den andern zu schwachen und von sich abhängig zu machen.
Dabei beschäftigten ihn weit aussehende Entwürfe zur Vergrößerung feiner landesherrlichen wie kirchlichen Macht. Durch
ein ausgedehntes System der Spionage setzte er sich von allen Vorgängen in Kenntnis. Als er starb,
riß das durch Auslagen erbitterte Volk die ihm vom Senat auf dem Kapitol errichtete Bildsäule nieder. -
Vgl. Dumesnil, Histoire
de Sixte-Quint (Par. 1809);
Hübner, Sixte-Quint (3 Bde., ebd. 1870; deutsche Ausg., 2 Bde.,
Lpz. 1871; 1888 auch italienisch, Bd.
1);
über S.’ organisatorische Thätigkeit: Brosch, Geschichte des Kirchenstaates, Bd. 1 (Gotha
[* 32] 1880).
Sizilien,
[* 33] s. Sicilien. Sizingmaschine (engl., spr. ßeis-), s.
Weberei.
[* 34] S. J., Abkürzung für Societas Jesu (lat., d. h. Gesellschaft Jesu, Jesuitenorden).
Själland, der dän. Name der Insel Seeland (s. d.). Sjatz (spr. ßjaßj),Fluß in den russ. Gouvernements
Nowgorod und Petersburg,
[* 35] hat einen nordnordwestl. Lauf und mündet nach 269 km an der Südküste des Ladogasees. Von der Mündung
der Tichwinka (rechts) an ist er auf 103 km schiffbar und ist durch diese mit dem Tichwinschen Kanal
[* 36] verbunden. (S. Tichwinsches Kanalsystem.)
Sjassischer Kanal, Kanal, der Sjaß und Wolchow an der Südküste des Ladogasees (s. d.) verbindet. Sjédlez
(spr. ßje).
1) Gouvernement im östl. Teil von Russisch-Polen zwischen dem Bug, Wieprz und der Weichsel, grenzt im N. an das Gouvernement
Lomsha, im NO. und O. an Grodno, im SO. an Volhynien, im Süden an Lublin, im SW. an Radom und im W. an Warschau
[* 37] und hat 14334,6 qkm mit 720626 E., d. i. 50,3 auf 1 qkm. Die Bevölkerung besteht aus Polen (60 Proz.), Russen (20), Juden, Deutschen
u. s. w. Hauptbeschäftigung ist Ackerbau. 1889-93 wurden durchschnittlich jährlich geerntet an Roggen 835320, an Weizen
177900, an Hafer
[* 38] 549365, an Gerste 130630 Tschetwert. Stellenweise werden auch Zuckerrüben gebaut. Es
giebt 328 Fabriken mit 4,2 Mill. Rubel Produktion, darunter 59 Branntweinbrennereien, 1 Zuckerfabrik, 8 Glashütten, Gerbereien; 394 km
Eisenbahnen; 3 Mittel-, 1 Special-, 246 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement zerfällt in 9 Kreise:
[* 39] Bjela, Garwolin,
Konstantinow, Lukow, Radin, S., Sokolow, Wengrow und Wlodawa. - 2) Kreis
[* 40] im mittlern Teil des Gouvernements
S., im Gebiet des Liwez (zum Bug), hat 1287 ^m, 57198 E., Wie- senbau, einige Fabriken. - 3) S., poln. Siedlce, Hauptstadt
des Gouvernements und des Kreises O., am Liwcz und an den Eisenbahnen Warschau-Terespol und
S.-Malkin, hat (1893) 16759 E.,
großes Schloß, schönes Rathaus, 1 kath., 1 russ.
Kirche, Synagoge, 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, russ. Zeitung, 5 Buchhandlungen, 1 Buchdruckerei, 2 Brauereien und Kleinhandel.
Sjenków (Zěńkov).
1) Kreis im nordöstl. Teil des russ. Gouvernements Poltawa, auf der Wasserscheide zwischen Psjol und Worskla, hat 2250,4 qkm, 137129
E.; Ackerbau, Hausindustrie, besonders Töpferei, Wagenbau und Schuhmacherei. - 2) S., richtiger Sjenjkow,
auch Senkow, kleinruss. Sinkiw, Kreisstadt im KreisS., an der zu Psjol gehenden Taschanskaja Grunj, hat (1893) 15250 E., 5 Kirchen,
Synagoge, Mädchenprogymnasium; Buchhandlung, Buchdruckerei und etwas Handel. Sjérads (spr. ßje-).
1) Kreis im südöstl. Teil des russ.-poln. Gouvernements Kalisch,
[* 41] im Gebiet der Warthe, des
Ner und der Prosna, hat 1539,6 qkm, 121946 E.; Ackerbau, Vieh-, besonders Schafzucht, 1 Glashütte, 1 Wollfabrik, 2 Fabriken
landwirtschaftlicher Maschinen. - 2) S., poln. TTTTT, Kreisstadt im Kreis S., links an der Sieradz, hat (1894) 7106 E., Post,
Telegraph,
[* 42] kath. Kirche; Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen, Nadelfabrik und Gerbereien. Sjetsch (russ.),
s. Sitsch. Sjewast, Wilajet und Stadt im nordöstl.
Kleinasien, s. Siwas. Sjewer (sĕver, russ.), der Norden.
[* 43] Sjewerzow (spr. ßjé-),
auch Sewerzow, Nikolaj Alexejewitsch, russ. Zoolog und Reisender, geb. im Gouvernement Woronesch, studierte in Moskau
[* 44] Naturwissenschaften,
bereiste 1857-58 die aralo-kaspische Niederung und Turkestan, 1864-65 das Thian-schan-Gebirge und drang 1867 zu den
Quellen des Syr-darja vor. 1874 nahm er auch an der Syr-darja-Expedition teil und 1877 an einer Expedition auf das Pamirplateau.
Er starb Ende Febr. 1885 infolge eines Unfalls bei einer Überfahrt über den gefrorenenDon. S. veröffentlichte: «Periodische
Erscheinungen im Leben der Säugetiere, Vögel
[* 45] und Reptilien im Gouvernement Woronesch» (Petersb.
1855; von der Akademie der Wissenschaften prämiiert),
«Reisen in Turkestan und am obern Thian-schan» (2 Bde., ebd. 1873; zum
Teil übersetzt in Petermanns «Mitteilungen», Ergänzungshefte 42 u.
43, Gotha 1875) und Berichte in den Schriften der Russischen Geographischen Gesellschaft. Sjewsk (spr. ßje-).
1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Orel, im Gebiet von Zuflüssen der Desna
(Nawlja, Nerussa, Iwot), hat 3986,5 qkm, 139545 E.; Getreide- und Hanfbau. - 2) Kreisstadt im Kreis S. am Sjew (zur Nerussa),
hat (1893) 8625 E., Post, Telegraph, 12 Kirchen, Nonnenkloster, Stadtbank; Hanfspinnerei und -Weberei, Handel mit Getreide, Hanf
und Hanföl. Sjögren (spr. schö-),Andr. Joh., finn. Geschichts- und Sprachforscher, geb. im
Kirchspiel Ithis in Finland, studierte 1813-19 zu Åbo, kam 1819 nach Petersburg, war 1823-35 Bibliothekar des Grafen Numjanzew,
wurde 1832 zugleich Adjunkt, 1844Mitglied derAkademie der Wissenschaften und seit 1845 auch Direktor des ethnogr. Museums.
Er starb S. bereiste 1824-29 Finland und das nördl. Rußland bis zum Ural, die finn. Völkerschaften
und ihre Sprachen studierend, und 1835-37 den Kaukasus größtenteils zu Fuß in schlichter Tracht unter Gefahren und Entbehrungen.
Er veröffentlichte: «Über die sinn. Sprache
[* 46] und ihre Litteratur» (Petersb. 1821),
Abhandlungen (historische und
sprachliche) in den «Mémoires» der PetersburgerAkademie. Seine «Gesammelten Schriften» (2 Bde., Petersb.
1801–62) enthalten: «Histor.-ethnogr. Abhandlungen über den finn.-russ. Norden» und (Bd.
2) «Livische Grammatik und Wörterbuch» (hg. von Wiedemann, 2 Tle.).
von den engl. Seefahrern Sleeve (d. i. Ärmel) genannt, ein Arm der Nordsee, welcher zwischen der flachen
nordwestl. Küste Jütlands und dem steilen eingeschnittenen Gestade des südöstl. Norwegens in das Festland
Europas eindringt, ist 200–250 km lang, 110–150 km breit und hat in der Mitte 100–200 m, an der norweg. Küste, von deren
zahlreichen Buchten oder Fjorden der Kristianiafjord der bedeutendste ist, über 500 m Tiefe. Die Beschiffung desselben ist
wegen der häufigen Stürme nicht ungefährlich. Der Name stammt von einer Sandbank, welche, auch als Skagensriff
bezeichnet, die Fortsetzung der wie ein Horn gekrümmten Nordspitze Jütlands bildet. Die Stadt Skagen, zum Amt Hjörring gehörig,
Endpunkt der Jütländ. Eisenbahnen, hat (1890) 2323 E., meist Fischer und Lotsen, Leuchtturm (1858) und zwei Rettungsstationen.
oder Horungerne, Horungtinderne, eine dichtstehende Gruppe von Berggipfeln
in den Jötunfjeldene (s. d.) in Norwegen,
[* 48] im Amte Nordre-Bergenhus, deren höchster Punkt 2394 m erreicht.
1) Bezirkshauptmannschaft in Galizien, hat 883,58 qkm und (1890) 84047 (41240 männl., 42807 weibl.)
meist poln. E. in 62 Gemeinden mit 135 Ortschaften und 58 Gutsgebieten und umfaßt die Gerichtsbezirke
Grzymalów und S. –
2) Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft sowie eines Bezirksgerichts (471,87 qkm, 49657 E.), an einem Zufluß
des Zbrucz, hat (1890) 5889 meist poln. E., ein altes Schloß, Land- und Forstwirtschaft.
das altnord. Wort für «Dichter» und in diesem Sinne durch Gerstenberg,
Klopstock u. a. auch ins Deutsche
[* 49] aufgenommen. Das, was die Kunst des nordischen S. charakterisiert,
ist namentlich die künstliche Form des Versmaßes und des sprachlichen Ausdrucks; eine Reihe von Nominalbegriffen (z.B. Mann,
Schwert, Kampf u. s. w.) drückt er teils durch Worte aus, die der Prosa fremd und nur der
poet. Sprache eigen sind, teils und zwar vorzugsweise durch bildliche Umschreibungen (Kenningar), die
aus zwei, drei und mehr Worten zusammengesetzt und der Mythologie, der Heldensage, der Natur entlehnt sind.
Dazu kommt noch, daß die Verszeile eine bestimmte Anzahl Silben hat (meist sechs), die nicht überschritten werden darf.
Ein Lehrbuch dieser skaldischen Kunst bildet die von Snorre Sturluson (s. d.) entworfene Edda. Die S.
bilden keinen besondern Stand, sondern jeder, der sich skaldische Kunst aneignet, ist und heißt Skald.Isländer gründeten
darauf einen Lebensberuf, indem sie seit Beginn des 10. Jahrh. die nordischen, engl.
und brit. Fürstenhöfe bereisten, um sich durch Vortrag ihrer Lobgedichte auf
den Fürsten, der sog. Drapas, Besitz und Stellung zu erwerben.
Von
namhaften S. gehören die ältesten Norwegen an (Brage, Thjodolf von Hvin, Eyvind), die weit überwiegende Mehrzahl sind
Isländer, vor allem: Egil, Hallfred, Sighvat, Snorre Sturlusonu. v. a. (S. Isländische Sprache und Litteratur, Bd. 9, S. 718.)
Ein altes Verzeichnis von S., die nordische Fürsten durch Drapas gefeiert haben, das sog.
Skaldatal, findet sich in dem dritten Band
[* 50] der Arna-Magnäanischen Ausgabe der Snorra-Edda (Kopenh. 1880–87), mit Lebensabriß
fast aller bedeutendern S. –
Vgl. Thorláksson, Udsigt over de norskislandske Skjalde (Kopenh. 1882);
Finn Jónsson, Den
oldnorske og oldislandske Litteraturs Historie (ebd. 1893–94).
ungar. Skakolcza, Stadt mit geordnetem Magistrat mit dem Titel königl. Freistadt im ungar. Komitat
Neutra, bis 1876 königl. Freistadt mit Municipium an der Grenze von Mähren,
[* 52] nahe der March, an den Linien Wessely-S. (18 km) der Österr.-Ungar. Staatsbahn und Preßburg-S. (90 km) der Ungar. Staatsbahnen,
[* 53] Sitz eines Bezirksgerichts und Steueramtes, hat (1890) 4926 meist kath. slowak.
und magyar. E., ein königlich kath. Untergymnasium, Franziskanerkloster,
Kloster der Barmherzigen Brüder mit Spital; Landwirtschaft, Anbau von Wein, Handelsgewächsen und Medizinalpflanzen,
Hanfbau. –
das Abziehen der Kopfhaut, das die Wilden in Nordamerika
[* 55] mit verwundeten oder toten Feinden vorzunehmen
pflegen, um die Haut
[* 56] (den Skalp) als Siegeszeichen zu bewahren.
(Skamandros), der Hauptfluß der Ebene von Troja,
[* 57] jetzt Menderes genannt, spielt in der Homerischen Ilias
eine Rolle und wird wegen seiner gelblichen Farbe mit dem BeinamenXanthos (der «gelbe») bezeichnet. Der
S. entspringt auf dem Ida, tritt in der Nähe des Dorfes Bunarbaschi aus einer Bergenge in die troische Ebene ein, die er in
ihrer ganzen Länge in nordwestl. Richtung durchfließt, und ergießt sich unweit des Vorgebirges Sigeion in den Hellespont.
Im frühern Altertum zog sich der Fluß östlicher, unter dem begrenzenden Hügelrande der Ebene hin, und
empfing aus zwei östl. Seitenthälern den Thymbrios und nahe der Mündung den Simoeis. (S. Troja.)
mit christl. NamenGeorg Kastriota, einer der letzten Verteidiger christl. und nationaler Interessen auf
der Balkanhalbinsel
[* 58] gegen das vordringende Osmanentum, stammte aus einer vielleicht serb. Dynastenfamilie
Albaniens und war der jüngste Sohn des Iwan (Johann) Kastriota, des Herrn der GrafschaftMat,
[* 59] nahm als Geisel bei den
¶
mehr
Türken den Islam an unter dem Namen Iskender (Alexander), entfloh aber nach dem siegreichen Feldzuge des Hunyadi 1443 in sein
Vaterland, bemächtigte sich der Bergfestung Kroja und wurde von SultanMurad II. als tributärer Fürst belassen. Die Venetianer,
die er in ihren Besitzungen bei Durazzo und Scutari beunruhigte, setzten 1448 einen Preis auf seinen Kopf,
zahlten ihm aber später Subsidien. Die vergebliche BelagerungKrojas durch Murad II. (1450) begründete den Ruhm des albanes.
Fürsten, der vom Papst und dem König von Neapel Alfons I. unterstützt wurde, aber 1455 bei Berat eine schwere Niederlage
erlitt. 1461-62 diente er in Neapel als Söldnerführer der aragonesischen Partei gegen die Anjous. Im
venet.-türk. Kriege 1463-79 wurde Kroja 1466-67 gegen Mohammed II. zwar behauptet, S. starb aber schon im venet.
Alessio. Sein Sohn Johannes begab sich mit vielen albanes. Edelleuten nach Neapel und erhielt dort Titel und Güter; der letzte
der Kastriota-Skanderbeg starb 1873 in Neapel. -
Stadt im dän. AmtAarhus
[* 62] in Jütland, am Skanderborgsee, an den Linien Vamdrup-Frederikshavn und S.-Skjern,
hat (1890) 2353 E. und eine Kirche des berühmten Schlosses.
Halbinsel im N. Europas, welche, im NO. auf eine Strecke von 520 km an Rußland grenzend, sich von 4°
bis 31° 5' östl. L. und von 55° 20' bis 71° 10' nördl. Br. zwischen dem Nördlichen Eismeere, Atlantischen
Ocean, der Nordsee, dem Skagerrak, Kattegat und Sund im N. und W. einerseits und dem Bottnischen Meerbusen und der Ostsee im
O. und S. andererseits in einer Länge von 1870 und in einer Breite
[* 63] von 370 bis 750 km hin erstreckt.
Die Halbinsel bedeckt etwa 800000 qkm und begreift die beiden Königreiche Norwegen (s. d.) und Schweden (s. d.). (S. die Karte:
Schweden und Norwegen, beim ArtikelSchweden.)
Die Bodengestaltung ist bedingt durch das Gebirge, welches die westl. Hälfte, also vorzugsweise Norwegen, durchaus zum Gebirgslande
macht, während die Osthälfte oder Schweden großenteils der Form der niedrigern Terrassenlandschaft
angehört. Das skandinav. Gebirge erstreckt sich, ohne allen Zusammenhang mit einem andern Gebirgssystem Europas, vom Varangerfjord
im NO. bis zum VorgebirgeLindesnäs im SW., oder von 71 bis 58° nördl. Br., in einer Länge von ungefähr 1800 und einer durchschnittlichen
Breite von W. nach O. von 300 km, einen Flächenraum von 500000 qkm einnehmend. Es ist viel einförmiger
und weniger gliederreich als die mitteleurop.
Gebirge, indem es kein Ketten-, sondern ein Massengebirge bildet, das nirgends einen scharf abgeschnittenen Kamm hat, sondern
dessen Scheitel zum größten Teile aus wellenförmigen Bergebenen (Fjelden) besteht, welche in den nördlichern
Teilen des Gebirges schmäler sind, in den südlichern aber eine Breite von 75 bis 90 km erlangen, und über welchen die einzelnen
Berggipfel, unregelmäßig zerstreut, nadel- oder zahnförmig emporragen. Man kann im skandinav.
Gebirge vier Hauptteile unterscheiden:
das Lappländische Gebirge im N., vom Varangerfjord bis zu 67° nördl.
Br., mit einer mittlern Höhe von 300 bis 650 m;
die Kölen oder Kjölen bis 67° nördl. Br., in einer mittlern Höhe von 500 bis 800 m;
das Dovrefjeld bis zum Kap Statnäs und zur Quelle
[* 64] des Lågen, die sich in dem tiefsten Einschnitte der den Gebirgskamm bildenden
Scheitelfläche befindet, mit einer mittlern Höhe von 800 bis 1100 m;
endlich die südlichen Fjelde,
welche die Südwestspitze der Halbinsel zwischen dem Sognefjord und dem Skagerrak einnehmen und im Hardangerfjeld bis zu 1200-1600
m mittlerer Höhe aufsteigen, südlich aber wieder zu 1000 und 500 m Höhe herabsinken.
Die Höhe des Gebirges
erhebt sich also von N. nach Süden zu, bis es dann schnell wieder in der Südspitze herabsinkt; dasselbe Verhältnis findet
auch mit den Gipfelhöhen statt, die sich im Lappländischen Gebirge bis zu 1000 m, in den Kölen im Kebnekaiße (67° 53' nördl.
Br.) bis zu 2136 m, im Dovrefjeld im Snehätten (62° 20' nördl. Br.) bis zu 2306 m, im Jötunfjeldene,
östlich von der mächtigen Jostedalsbræ (unter 61° 38' nördl. Br.), im Galdhöpiggen bis zu 2560 m erheben. In demselben
Verhältnis nimmt die Breite zu, so daß es gerade da seine bedeutendste Breite hat, wo es am höchsten ist.
Obschon das skandinav. Gebirge nicht einmal die Höhe der Karpaten erreicht, hat es doch infolge der hohen
Breitenlage ganz den Charakter eines Hochgebirges, mit zahlreichen Gletschern und Schneefeldern, und übertrifft die Alpen
[* 65] an Rauheit und Wildheit. Während man von der Ostseite in sanfter Erhebung zur Scheitelfläche emporsteigt, fällt der westl.
Abhang schroff und jäh ins Meer hinab, oft in senkrechten Felswänden von 600 m Höhe und darüber, und
setzt sich noch im Meere durch eine Menge die Küste umsäumender Felseninseln fort.
Während Ost- und Südabhang in zahlreiche prallele, in der Richtung zwischen SO. und O. laufende Flußthäler sich spalten,
findet man auf der Westseite zahlreiche Fjorde, schmale, von steilen Felswänden umgebene Meerbusen, welche
ungemein tief, zuweilen 130-140 km weit in die Masse des Gebirges einschneiden und auf diese Weise den Verkehr mit Gegenden
vermitteln, die sonst ganz unzugänglich sein würden. Diesen Fjorden entsprechen die Landseen, welche den Fuß des Gebirges
auf seiner Ostseite wie in einer Zone umgeben.
Sie bilden fast alle schmale, langgestreckte Becken, zu denen sich die aus dem Gebirge herabströmenden Flüsse
[* 66] erweitern, und
liegen sämtlich in einer Höhe von 200 bis 360 m in der Zone der Vorberge, welche sich im O. des skandinav. Hochlandes in
einer Breite von 75 bis 150 km und einer Höhe von 250 bis 330 m erstrecken und den Übergang zum eigentlichen
Tieflande bilden. Dieses, welches die Ostseite der Halbinsel ausmacht und im entgegengesetzten Verhältnis zu dem Hochlande
von Süden nach N. in dem Maße an Breite zunimmt, als das letztere in dieser Richtung allmählich schmäler
wird, nimmt ein Areal von 360000 qkm ein. Die Kammhöhe des Gebirges im N., also im Lappländischen Gebirge und den Kölen, bildet
auch die Scheide zwischen Schweden und Norwegen; im Süden dagegen liegt die Kammhöhe auf norweg. Seite, und die Grenze nach
Schweden geht quer über die östl. Ausläufer des Gebirges.
fehlen und abgesetzte, Versteinerungen führende Schichten sind selbst im Tieflande selten. Daher auch der unfruchtbare, meist
nur aus verwittertem Urgestein bestehende Boden sowie der Umstand, daß Salz ganz fehlt und Steinkohlen nur an der Südspitze
vorkommen, während das Land sonst einen Reichtum an Silber, Kupfer
[* 69] und vorzüglich an Eisen
[* 70] besitzt.
Wenige Länder sind so gut bewässert wie S.; die Gebirge, der reichliche Wasserniederschlag, die nördl. Lage und der umfangreiche
Waldgrund sind die Ursachen dieses Wasserreichtums. Dennoch sind die Flüsse wenig zur Schiffahrt geeignet, zunächst weil
sie sich nur selten zu großen Strömen einigen, und wegen ihrer felsigen Flußbetten, ein Umstand, der
dem Lande einen Reichtum an malerischen Wasserfällen verleiht. Die ganze Ostseite der Halbinsel wird von zahlreichen Flüssen
und Flüßchen, die fast alle den Namen Elf führen, durchfurcht.
Sie entspringen größtenteils auf dem Gebirge, von dem sie dem Bottnischen Meerbusen, der Ostsee, dem Kattegat oder dem Skagerrak
zuströmen in einer Richtung, die bei den nördl. Flüssen von NW. nach SO. geht, dann aber südwärts
bei den einzelnen Flüssen sich immer mehr nach Süden wendet, bis sie bei den südlichsten völlig von N. nach Süden geht.
Die bedeutendsten davon sind von N. her die Torneå-, Luleå-, Piteå-, Umeå-, Ångerman-, Indals-, Ljusne-,
Dal- und Motalaelf, die in den Bottnischen Meerbusen und in die Ostsee, die Götaelf und der Glommen mit dem Nebenflusse Lågen,
welche in das Skagerrak münden.
Weniger und nur geringere Flüsse strömen dagegen auf dem steilen Westabhange des Gebirges dem Meere zu. Außerdem bestehen
zahlreiche Flußseen, teils auf dem Gebirge selbst, teils und hauptsächlich am östl. Fuße desselben,
teils im Tieflande. Hier liegen unter andern Wener-, Wetter-, Hjelmar- und Mälarsee. Dieselben bilden eine Einsenkung in den
BodenSchwedens, die, Götaland von Svealand trennend, von Meer zu Meer reicht und jetzt durch Kanäle eine Wasserverbindung zwischen
der Nord- und Ostsee herstellt.
Das Klima ist vermöge der maritimen Lage auf der Westseite eines Kontinents bei weitem milder als in den östlichern Gegenden
unter derselben Breite. Ein ebenso großer Unterschied stellt sich aber in den einzelnen Teilen der Halbinsel heraus, je nachdem
sie mehr nach N. oder Süden oder auf der Ost- oder Westseite des Gebirges gelegen sind. Während die Westseite
vermöge der vorherrschenden feuchten und warmen Westwinde und der Meereswinde und der Meeresströmungen
[* 71] in jeder Beziehung
ein Küsten-, d. h. ein sehr feuchtes Klima
[* 72] besitzt mit verhältnismäßig mildenWintern und kühlen Sommern, nähert sich das Klima
der Ostseite schon mehr dem Kontinentalklima Rußlands und hat bei größerer Trockenheit im allgemeinen
wärmere Sommer und kältere Winter.
Nach N. zu nimmt der Sommer verhältnismäßig an Länge ab, bis er sich jenseit des Polarkreises, Frühling und Herbst eingerechnet,
auf 56 Tage beschränkt. Ein ähnlicher Unterschied findet auch hinsichtlich des Niederschlags statt. Während die Westküste
der Halbinsel die regenreichste Gegend (2000 mm oder mehr jährlich) Europas ist, fällt auf der Ostseite
nur ein Viertel derselben Regenmenge, und zwar vorherrschend im Sommer, dagegen auf der Westseite fast in allen Jahreszeiten
[* 73] gleichmäßig. Die Grenze des ewigen Schnees im Gebirge hat, je nach seiner südlichern oder nördlichern Lage, eine verschiedene
Höhe. Auf der Ostseite steigt die Schneegrenze wegen der größern Sommerwärme im ganzen etwas höher
hinan als auf der Westseite des Gebirges, wo die kühlern Sommer das Schmelzen des Schnees nicht so befördern. Am Galdhöpiggen
liegt sie im O. 1446, im W. 1255 m hoch.
[* 75] Kunst, gemeinsame Bezeichnung für die norweg. und schwed.
Kunst. (Hierzu die Tafeln: Skandinavische Kunst I-III, auf denen auch Abbildungen zur Dänischen Kunst (s. d.) Platz gefunden
haben.)
1) Baukunst.
[* 76] Die ersten Kirchen wurden um das J. 1000 in einfach anglosächs. und später in anglo-normann.
Stil errichtet. Die bedeutendsten Reste der roman. Kirchenbaukunst in Norwegen sind: die Basiliken zu Oker bei Kristiania
[* 77] und
zu Ringsaker, die Domkirche zu Stavanger
[* 78] (etwa 1111-30), deren Chorbau jedoch got. Ursprungs ist, die Domkirche zu Hamar
(1152-1309; seit 1567 Ruine), die Marienkirche zu Bergen (vor 1183) mit einem got. Chorbau, der Querbau
der Domkirche in Throndhjem
[* 79] (1161-78). Verschwunden sind: die Christkirche in Bergen (1075-1164), die Marienkirche in Throndhjem
(um 1050) und die St. Halvardskirche in Oslo (etwa 1111-30). Sodann haben sich interessante Reste von Klosterkirchen und
Klostergebäuden aus jener Zeit erhalten.
Ebenso wie der roman. Stil kam auch der got. Stil über England nach Norwegen. Das bedeutendste Denkmal der
kirchlichen Gotik ist der Dom zu Throndhjem (s. Taf. I,
[* 68]
Fig. 2), dessen Langhaus 1248 gleichzeitig mit
dem Kölner
[* 80] Dom gegründet wurde; um 1299 ist die Kirche jedenfalls vollendet worden. Mehrmals (1328, 1432,
1531) wurde das in reichstem engl.-got. Stil aufgeführte Gebäude durch Feuer beschädigt, so daß es in ruinenhaftem Zustande
sich befand, bis man 1869 die Restauration begann.
Unter den weltlichen Bauten der Gotik ist die um 1248-60 erbaute, jetzt restaurierte Königshalle in Bergen zu nennen. Während
die Steinbauten sich der engl. Bauweise anschließen, scheinen die Holzkirchen
(Stavkirker, Stabkirchen) innerhalb des Landes ihre Konstruktion entwickelt zu haben; die zahlreichen Dächer, Giebel und Türme
der basilikenartigen Anlage mit Apsis und umschließendem Laufgang verleihen diesen Gebäuden ein eigentümliches Aussehen.
Mit der Reformation hört diese charakteristische Bauart auf. Die meisten Stabkirchen, von denen etwa 30 mehr
oder weniger wohl erhalten bestehen, gehören dem 12. und 13. Jahrh. an; so die zu Urnes,
Borgund (s. umstehende Abbildung), Hitterdal, Hopperstad, Fortun, Gol und die 1844 nach dem Riesengebirge
versetzte KircheWang (s. Brückenberg).
Die Zeit der Reformation, für das übrige Europa
[* 81] eine Zeit der Wiedergeburt der Kunst, wurde für Norwegen,
das 1537 in ein provinzielles Verhältnis zu Dänemark trat, die Zeit des tiefsten Verfalls politisch wie künstlerisch. Die
mittelalterlichen Bauten wurden zerstört, die beweglichen Kunstwerke aus dem Lande entführt. Die BaukunstNorwegens im 19. Jahrh.
ist nicht allzu glänzend in die Erscheinung getreten; von besonderer Bedeutung sind höchstens in Kristiania das königl.
Schloß von Linstow (1825-48), das Universitätsgebäude von C. Grosch (1841-53),
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