Form den
Canzonen gleich waren, aber im Herrendienst verfaßt wurden und in der Regel die Interessen des Herrn wider seine
Gegner wahrnahmen, also meist Kampflieder waren. Der
Meister dieser Gattung war Bertran de
Born. Auch Trauerlieder («planh»)
und Kreuzlieder sind S. Seit dem 13. Jahrh. verallgemeinert sich vielfach derInhalt der S.; satirische
und Rügelieder, die im Dienst verletzter
Sitte und Sittlichkeit allgemeine Schäden hervorheben, heißen auch S. Der
Meister
dieser satirischen S. war Peire
Cardenal. Das franz. servantois ist dem Provençalischen nachgebildet. Das ital.
serventese von gleich mannigfaltigem
Inhalt hat die Besonderheit, daß ein die
Strophe beschließender Kurzvers immer
den Reim der nachfolgenden
Strophe einleitet. –
Vgl. Witthöft, S. joglarese.
Ein
Blick auf das altfranz. Spielmannsleben
(Marb. 1891).
Jean Charles Léonard Simonde de, Geschichtschreiber, Nationalökonom und Litterarhistoriker, geb. zu
Genf,
[* 3] bereiste England und lebte dann fünf Jahre lang in
Italien.
[* 4] 1800 nach Genf
zurückgekehrt, schrieb er seine ersten Werke, in denen
er sich besonders an
AdamSmith anlehnte. S. wurde dann Sekretär
[* 5] der Handelskammer des Kantons Leman. Er kam später nach
Paris,
[* 6] kehrte aber nach der Restauration nach Genf
zurück, wo er starb. S. schrieb: «Histoire des
républiques italiennes du
moyen âge» (Bd. 1‒4, Zür.
1807‒8; Bd. 5‒16, Par. 1809‒18;
Ausg. in 10 Bdn., ebd. 1840),
«Histoire de la renaissance de la liberté en
Italie» (2 Bde., ebd. 1832),
sein Hauptwerk, dessen vorletzten
Band
[* 7] A. Renée redigierte und aus dem S. selbst einen übersichtlichen
Auszug («Précis», Bd. 1 und
2, ebd. 1839; Bd. 3, 1844, von Robinet herausgegeben) geliefert
hat. Außerdem ist noch zu erwähnen die «Histoire de la chute de l’empire romain
et du déclin de la civilisation de 250 à 1000» (2 Bde.,
Par. 1835; deutsch von
Lindau,
[* 8] Lpz. 1836). Auch hat er einen histor.
Roman geschrieben, eine
SchilderungGalliens im 5. Jahrh.:
«Julia Sévéra, ou l’an 492» (3 Bde.,
Par. 1822; deutsch von M.
Müller, 2 Bde., Lpz. 1822). Als
Litterarhistoriker zeigte er sich in seinem viel gebrauchten Werke
«De la littérature du
Midi de l’Europe»
(4 Bde., Par. 1813‒29; deutsch von
Hain, 2 Bde., Lpz. 1816‒19). Unter
seinen nationalökonomischen
Schriften sind hervorzuheben: «Études sur les sciences sociales» (3 Bde.,
Par. 1836‒38),
«Principes d’économie politique appliqués
à la législation du commerce» (2 Bde.,
Genf
1803) und «Nouveaux principes de l’économie politique» (2 Bde.,
Par. 1819; neue Aufl. 1827). Seine «Lettres
inédites» gab
Taillandier (Par. 1863),
«Correspondance» Montgolfier (ebd. 1863) heraus; Villari und Monod veröffentlichten
«Lettres inédites» von S. (ebd. 1868).
1)
Bezirk im schweiz. Kanton
[* 9]
Basel-Land, hat 140,4 qkm und (1888) 15747 E., darunter 758 Katholiken
und 30 Israeliten, in 29 Gemeinden. – 2) Marktflecken und Hauptort des
Bezirks S., in einem weiten
Thale, in 375 m Höhe,
an der Linie
Basel-Bern der
Schweiz.
[* 10]
Centralbahn und der elektrischen Schmalspurbahn S.-Gelterkinden (4 km), hat (1888) 2237 E.,
darunter 203 Katholiken und 17 Israeliten, Post,
Telegraph,
[* 11] Fernsprecheinrichtung,
Kirche mit schöner
Orgel, einen schloßartigen Herrensitz; Seidenbandweberei, Seidenbandstuhlbauerei,
Wein- und Obstbau,
Handel mit getrocknetem
Obst,
Wein und Kirschengeist.
(Alt-Sissek) oder Sziszek, Stadt mit geordnetem Magistrat mit dem
Titel königl. Freistadt und Hauptort eines
Stuhlbezirks (25415 E.) im
KomitatAgram
[* 12] in Kroatien und
Slawonien, am Einfluß der Kulpa in die Save, durch
eine
Brücke
[* 13] mit
Neu-Sissek verbunden, an den Linien
Steinbrück-Agram-S. (126 km) der Österr.
Südbahn und
Agram-S.-Bosna-Brod
der
Ungar. Staatsbahnen,
[* 14] ist Dampferstation und hat (1890) 6129 meist kath. kroat. E., Reste
röm. Bauten und bedeutenden
Handel mit Getreide,
[* 15] Knoppern und Holz.
[* 16] – S. steht an der
Stelle der illyr.
Stadt Segesta, die von
Tiberius erbaut und später neu kolonisiert wurde (Siscia, unter Septimius Severus Colonia Septimia).
1)
Arrondissement im franz. Depart. Niederalpen in der Provence,
hat auf 1044,71 qkm (1871) 19421 E., 5 Kantone und 49 Gemeinden. – 2)
S., lat. Segustero, Segesterica, Hauptstadt des
ArrondissementsS. und Festung
[* 17] dritten Ranges, liegt malerisch rechts an der
Durance, wo der Buech mündet, und an der Linie
Grenoble-Marseille der Mittelmeerbahn, ist von getürmten Stadtmauern umgeben
und von einer alten Citadelle auf senkrechtem Felsen überragt, die hier den Zugang zur Provence beherrscht,
Sitz eines Gerichtshofs erster Instanz, einer Ackerbaukammer und Forstinspektion und hat (1891) 3120, als Gemeinde 3996 E.,
Ruinen eines Schlosses der
Grafen von Provence, eine ehemalige
KathedraleNotre-Dame (S. war bis 1790 Bischofssitz) aus dem 11. und 12. Jahrh.,
ein Collège,
Spital, Gefängnis;
Baumwoll-, Seidenspinnerei, Papierfabrikation,
[* 18]
Handel mit Getreide und
Kurzwaren.
Sischtov,Schistow, bulgar.
Svištov, Hauptort eines Kreises im Fürstentum
Bulgarien,
[* 19] am rechten Ufer der Donau
und im Scheitel der südlichsten Ausbiegung dieses
Stroms, gewann erst nach dem
Verfall von Nicopoli Bedeutung,
zählt (1888) 12482 E. und hat sehr lebhaften
Handel. S. ist der Haupteinfuhrplatz für das mittlere
Bulgarien und vermittelt
eine bedeutende Ausfuhr von Getreide. Außerdem hat es Wichtigkeit als natürlicher Übergangspunkt, da das linke
Ufer hier frei von
Sümpfen ist. – S. liegt an der
Stelle der röm. LegionsstadtNovae. Am wurde
zu S. ein
Kongreß eröffnet und ein Friede zwischen der
Türkei
[* 20] und
Österreich
[* 21] abgeschlossen, der die Herstellung
des Zustandes vor dem
Kriege festsetzte. S. wurde besonders durch den Donauübergang der
Russen
(Vorhut27. Juni, Hauptarmee
bekannt.
[* 22] (grch. seistron), ein Rasselinstrument der alten Ägypter
zum Gebrauch bei den religiösen Tänzen der Isis,
[* 23] die als Erfinderin des S. gilt.
der Sohn des
Aiolos und der Enarete, Gemahl der
Merope, Erbauer und König von
Ephyra, dem nachmaligen
Korinth,
[* 24] wird als der verschlagenste unter allen
Menschen geschildert und war deswegen wie sein ganzes Haus verrufen.
Namentlich aber ist er wegen der
Strafe, die er in der
Unterwelt für seine Ungerechtigkeiten zu leiden
¶
mehr
hatte, bekannt. Diese bestand darin, daß er ein ungeheures Felsenstück auf den Gipfel eines steilen Berges wälzen mußte,
von dem es aber immer wieder hinabrollte. Daher der Ausdruck Sisyphosarbeit von vergeblichen Mühen.
Hffg., Grasäugelchen,Pflanzengattung aus der Familie der Iridaceen, (s. d.) mit etwa 50 Arten, sämtlich
im tropischen und subtropischen Amerika,
[* 26] kleine Zwiebelgewächse mit schwertförmigen schmalen Blättern
und kleinen, aber lebhaft gefärbten Blüten. Der deutsche Name bezieht sich vorzugsweise auf die gemeine Art, S. ancepsL.,
mit linien-schwertförmigen, fast grasartigen Blättern und zwei bis vier schön blauen Blumen auf dem zweischneidigen, fast
blattlosen Schaft. S. BermudianaL. ist in allen Teilen etwas größer und der zweischneidige, ästige,
beblätterte Stengel
[* 27] oft vierblumig; Blumen violettblau, im Grunde gelb.
Außerdem kultiviert man noch S. grandiflorum Dougl.
aus Mexiko,
[* 28] eine zierliche Pflanze von dem Ansehen einer IrisXiphiumL., mit violettblauen Blumen, S. striatum Smth. aus Chile,
[* 29] der vorigen Art ähnlich, aber mit etwas unregelmäßigen Blumen von schönstem Gelb, und einige andere.
Die Mehrzahl dieser lieblichen Blumen ist in Deutschland
[* 30] fast hart, muß aber im Winter sorgfältig gegen starke Kälte und
Nässe geschützt, besser aber bei +1 bis 7° C. im Glashause überwintert werden. Nur S. anceps erweist sich unter einer
leichten Laubdecke gegen die Kälte jeden Grades unempfindlich.
tacuisses,philosŏphusmansisses (lat.), «wenn
du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben», d. h. wäre deine Thorheit nicht an den Tag gekommen, sprichwörtliche
Redensart, welche aus einer Erzählung in Boethius’ «Tröstung der Philosophie» (2, 17) sich erklärt;
Hafenstadt im Bezirk Villanueva y Geltru der span. ProvinzBarcelona
[* 33] in Catalonien, am Südwestfuß der Morella
(595 m) und am Mittelmeer sowie an der Eisenbahn Barcelona-Roda (-Tarragona), hat (1887) 3270 E. und baut
den Malvasier von S., einen würzigen, süßen Weißwein.
TerritoriumsAlaska (s. d.), liegt an der Westküste der zum Alexander-Archipel
gehörigen InselBaranow, am Sitka- oder Norfolksund, und hat gegen 300 E., die sich zur Zeit des Fischfangs
bis zu 3000 vermehren, ein Zollamt und Missionsanstalt.
(grch.), Nahrungsverweigerung, kommt bei Geisteskranken häufig vor und
erfordert oft die künstliche Ernährung vermittelst der Schlundsonde. (S. Ernährung, Bd. 6, S. 297 a.)
Sitang oder Sitaung, Fluß in der Division Tenasserim in Birma, entspringt in Oberbirma, 209 km oberhalb der
Stadt Tungu, fließt südwärts durch die Distrikte Tungu und Schwe-gjin und mündet oberhalb des Golfs von Martaban. Bemerkenswert
ist die ungeheure Menge Grand, welche er dem Meere zuführt, und die reißende Flutwoge, die vom Meere her
in ihm herauf steigt; Schiffahrt ist daher kaum möglich. Der Abstand von Quelle und Mündung beträgt 580 km. Von den Anwohnern
wird er zuweilen Palaun,Paung-laung oder Tungufluß genannt.
Stadt in der niederländ. Provinz Limburg,
[* 36] an der Bahnlinie Mastricht-Venlo, am Geleenbache,
mit 5678 E., hat eine schöne St. Peterskirche (13. Jahrh.);
Joseph, Musikschriftsteller, geb. in Aachen,
[* 37] war 1868‒72 Schüler des Konservatoriums in Stuttgart,
[* 38] wurde 1873 Lehrer an dieser Anstalt und ist seit 1885 Musikreferent und Redacteur des litterar. Teils am
«Hamburgischen Correspondenten». Von S.sSchriften seien genannt: «Kompendium der Geschichte der Kirchenmusik» (1. Bd.,
Stuttg. 1881),
«Zur Einführung in die Ästhetik und Geschichte der Musik» (ebd. 1885),
im weitesten Sinne eine jede Art und Weise des Thuns und Lassens, die innerhalb einer menschlichen Gemeinschaft
(besonders eines Volks oder Volksstammes) so zur festen Gewohnheit geworden ist, daß jede Abweichung davon
allgemeiner Mißbilligung ausgesetzt ist. In verengter und vertiefter Bedeutung heißt S. die Regelung des ganzen menschlichen
Verhaltens nach den eigenen innern Gesetzen des Handelns, gemäß welchen sie als gut oder böse, seinsollend oder nichtseinsollend
beurteilt werden. Gewöhnlich gebraucht man für diese engere Bedeutung den Ausdruck Sittlichkeit. Das Gesetz des
Handelns selbst heißt Sittengesetz;
die dem Sittengesetz gemäße Handlungsweise sittlich oder sittlich gut;
die gedachte
rein geistige Gemeinschaft Aller, die dem Sittengesetz unterworfen sind, das Sittenreich oder die Sittenwelt;
die Lehre
[* 41] von
den Gesetzen des Sittlichguten Sittenlehre oder Ethik (s. d.).
1) Bezirk im schweiz. Kanton Wallis,
hat 128,3 qkm und (1888) 9995 E.,
darunter 327 Evangelische, in 7 Gemeinden. – 2) S., das Sedunum der Römer,
[* 42] Hauptstadt des Kantons Wallis
und des BezirksS., an der Sionne,
die in einem gemauerten Bett
[* 43] durch die Stadt fließt und unweit in die Rhône mündet, in 521 m Höhe, an der
Linie Lausanne-Brig der Jura-Simplonbahn, hat (1888) 5513 E., darunter 321 Evangelische, Post und Telegraph. In der eigentlichen
Stadt, welche mit ihren engen Straßen und massigen Patricierhäusern einen romantisch-mittelalterlichen Charakter bewahrt
hat, liegen die got. Kathedrale (15. Jahrh.) mit roman. Turme (9. Jahrh.), sowie die zierliche St. Theodulkirche und das
altertümliche Rathaus,
¶
mehr
beide im got. Stil, in dem neuern Stadtteil nach dem Bahnhof hin das Regierungsgebäude, bischöfl. Palast an der Place d’Armes
und das neue Gymnasium mit Naturalien- und Münzkabinett. Außerdem besitzt S. ein Kapuzinerkloster und eine evang.
Kapelle. Haupterwerbsquellen sind die Ausbeutung von Gips- und Anthracitgruben, Marmor- und Bausteinbrüchen,Strohflechterei,
Tabaksfabrikation, Obst-, Weinbau (mit Traubenkur) und Handel mit Wein. Nördlich von S. die Trümmer der
frühern bischöfl.
BurgTourbillon (1294 erbaut, 1788 durch Feuer zerstört); südlich das Schloß Valeria, einst ein röm. Kastell, jetzt Priesterseminar,
mit der roman. KircheNotre-Dame de Valère (9. bis 13. Jahrh.) mit merkwürdigen Säulenkapitälen, Bildern und geschnitzten
Chorstühlen. In dem frühern Kalendsale das neu gegründete Altertumsmuseum. Unterhalb Valeria liegt das Schloß Majoria,
bis 1788 Residenz der Bischöfe, jetzt zum TeilKaserne. Das Klima der Umgebung ist so mild (Jahrestemperatur 10° C.), daß
außer vorzüglichem Wein und Obst Feigen, Mandeln, Maulbeeren und an den Felsen von Tourbillon sogar die
amerik. Feigendistel (Opuntiavulgaris Tournef.)
gedeihen.
Konrad, Schriftsteller unter dem Pseudonym Konrad Alberti, geb. in Breslau,
[* 45] studierte in Breslau
und Berlin
[* 46] Geschichte und Litteratur, war längere Zeit Schauspieler, studierte wieder in Berlin und widmete sich dann ausschließlich
schriftstellerischer Thätigkeit. S.s sociale Romane und Novellen, die auf dem Boden des modernen Naturalismus
stehen, stoßen zwar häufig ab durch Cynismen, sind aber glatt und knapp geschrieben und gehören zu den bessern Erzeugnissen
der modernen realistischen Erzählungskunst, z. B. die Novellen «Riesen und Zwerge» (2. Aufl., Lpz. 1889),
Gesamtheit der polizeilichen Maßregeln, die gegen öffentliche Unsitte und Anreizung zur Unsittlichkeit
gerichtet sind, und die zur Ausführung dieser Maßregeln bestellten amtlichen Organe. Die S. beschränkt sich gegenwärtig
in den deutschen Staaten auf Maßregeln gegen die Trunksucht, geschlechtliche Ausschweifungen, Glücksspiele,
Tierquälerei, und solche zum Schutze der Sonn- und Festtagsfeier. Die Bekämpfung der Trunksucht geschieht durch Beschränkung
der Gastwirtschaften, Einrichtung sog. Polizeistunden (s. d.),
Strafandrohungen gegen Wirte in betreff der Aufnahme schulpflichtiger Kinder in ihren Lokalen und Bestrafung solcher Personen,
welche sich durch den Trunk unfähig machen, diejenigen zu unterhalten, zu deren Unterhalt sie verpflichtet
sind (Reichsstrafgesetzbuch §. 361⁵, sowie zahlreiche Polizeivorschriften in den Einzelstaaten).
Gegen geschlechtliche Ausschweifungen richten sich mehrfache Vorschriften des Reichsstrafgesetzbuchs, nämlich §§. 183,
184, 174, 179, 182, 160, 361⁶. Außerdem ist in einzelnen Staaten
der Konkubinat (s. d.), sofern dadurch öffentliches Ärgernis
erregt wird, verboten; ferner gehören hierher auch die Vorschriften gegen öffentliche Tanzbelustigungen. Gegen das Glücksspiel
richtet sich das reichsgesetzliche Verbot der Duldung von öffentlichen Spielbanken, sowie verschiedene strafrechtliche Vorschriften
(Reichsstrafgesetzbuch §§. 284‒286, 361⁵); gegen Tierquälerei die Vorschrift im Reichsstrafgesetzbuch §. 360¹³ sowie
polizeiliche Strafbestimmungen in Württemberg,
[* 48] Baden,
[* 49] Hessen,
[* 50] Sachsen;
[* 51] zum Schutz der Sonntagsfeier bestehen
ebenfalls Polizeivorschriften in den Einzelstaaten mit der Strafdrohung des §. 366¹ des Reichsstrafgesetzbuchs. Gegen «groben
Unfug» hat, ohne nähere Bestimmung, das Reichsstrafgesetzbuch (§. 360, Nr. 11) Maßregeln getroffen. –
Vgl. R. von Mohl,
Die Polizeiwissenschaft, Bd. 2 (3. Aufl.,
Tüb. 1866).
rechter Zufluß der Thur in der Schweiz, entsteht aus zwei Bächen am Nordostabfall der Sentisgruppe
beim Weißbad, 3 km südöstlich von Appenzell,
[* 52] und mündet, nachdem sie links den Urnäschbach aufgenommen, 42,5 km lang, bei Bischofszell.
Die S. ist ein wildes Bergwasser, weder schiffbar noch flößbar.
(Sittacinae), die langschwänzigen Papageien, im Gegensatz zu den kurzschwänzigen (Psittacinae).
Sie wechseln
von etwa Sperlings- bis Haushahngröße.
Die Hauptunterscheidungsmerkmale sind: ein schlanker langgestreckter Körper mit
mehr oder minder langem, stufigem Schwanz und langen spitzen Flügeln. Im übrigen sind sie untereinander
sehr verschieden.
Wissenschaftlichen Wert hat die Unterscheidung der S. und kurzschwänzigen Papageien nicht, doch kommt die
erstere Bezeichnung im Handel viel vor und beide können als die bedeutsamste Kennzeichnung zweier großen Papageiengruppen
gelten. (S. auch Papageien.)
und Sittlichkeitsvergehen, strafbare Handlungen, welche durch unerlaubte Befriedigung des
Geschlechtstriebes, Anreizung der Sinnlichkeit, Vermittelung unerlaubten Geschlechtsverkehrs, Verletzung der Schamhaftigkeit
begangen werden. Onanie, auch gemeinschaftlich begangen, wird nicht bestraft. Im übrigen wird das Sittlichkeitsverbrechen
teils von einer Person, an einer andern oder an einem Tier begangen, wie die Notzucht, die Sodomie, teils von zwei Personen gemeinschaftlich,
wie der Ehebruch, die Päderastie, die Blutschande.
Doch sind auch in diesem Falle nicht immer beide Personen, wennschon bei einer gemeinschaftlichen unsittlichen Handlung beteiligt,
strafbar, z. B. wenn der eine Teil noch nicht strafmündig ist. Aus naheliegenden Gründen bleiben Verwandte
und Verschwägerte absteigender Linie wegen Blutschande straflos, wenn sie noch nicht das 18. Lebensjahr erreicht haben,
ebenso das noch nicht 16 J. alte Mädchen, welches zum Beischlaf verführt ist. (S. auch Unzucht.)
u. s. w. ankämpfen. Der erste derartige Verein ist unter Führung hochgestellter Männer in Staat, Kirche und Heer in Berlin entstanden.
Jetzt bestehen S. in vielen größern StädtenDeutschlands.
[* 55] Die erste, 19. und in Cassel veranstaltete «Allgemeine
Konferenz der deutschen S.» (mit dem Sitz in Berlin) beschloß eine allgemeine deutsche Vereinigung mit
Organen in den einzelnen Ländern und Provinzen zu gründen. Monatsblätter der S. sind: «Korrespondenzblatt zur
Bekämpfung der öffentlichen Sittenlosigkeit» (für Männer; Berlin) und «Frauenblätter» (ebd.).
inversus, Situs transversus (lat.), in der pathol.
Anatomie diejenige verhältnismäßig seltene Abnormität, bei der sämtliche Organe des Körpers, die normalerweise links
liegen, rechts gelagert sind und umgekehrt. (S. Dextrokardie.)
nach
Tit. 14. des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes die jedem Vorsitzenden zur Aufrechthaltung
der Ordnung in der Sitzung zustehenden Maßregeln und die Bestrafung der dennoch in der Sitzung begangenen Ordnungswidrigkeiten,
die indes nur durch Gerichtsbeschluß angeordnet werden kann. Den Anordnungen des Vorsitzenden sind alle
in der Sitzung anwesenden Personen, namentlich auch die Vertreter der Staatsanwaltschaft unterworfen; den Strafmaßregeln des
Gerichts sind die bei der Verhandlung amtlich beteiligten Personen nicht unterworfen.
Das Gericht kann gegen Parteien, Beschuldigte, Zeugen, Sachverständige und bei der Verhandlung nicht beteiligte Personen,
wenn sie den zur Aufrechthaltung der Ordnung erlassenen Befehlen nicht gehorchen, Entfernung aus dem Sitzungszimmer
oder Haft bis zu 24 Stunden, wenn sie sich aber einer Ungebühr schuldig machen, unbeschadet strafrichterlicher Verfolgung,
eine Ordnungsstrafe bis zu 100 M. oder 3 Tagen Haft, gegen Anwälte und Verteidiger nur eine Ordnungsstrafe bis zu 100 M. festsetzen.
Die Vollstreckung der Ordnungsstrafen, gegen welche binnen einer Woche Beschwerde an das Oberlandesgericht
zusteht, hat der Vorsitzende unmittelbar zu veranlassen. Aufschiebende Wirkung hat die Beschwerde nur bezüglich der gegen
Anwälte und Verteidiger und der von einzelnen Richtern bei Amtshandlungen außerhalb der Sitzung festgesetzten Ordnungsstrafen.
– Die Österr. Strafprozeßordnung legt sowohl dem Vorsitzenden als dem Gericht noch weiter gehende
Befugnisse bei;
insbesondere kann der Vorsitzende Zuhörer aus dem Sitzungssaal entfernen lassen und im Fall der Widersetzlichkeit
zu einer Arreststrafe bis zu 8 Tagen verurteilen (§. 233);
der Gerichtshof kann den Verteidiger mit einem Verweis oder Geldstrafe
bis zu 100 Fl. belegen;
auf Antrag des Gerichtshofs erster Instanz kann der Gerichtshof zweiter Instanz
dem Verteidiger, der nicht Advokat ist, die Befugnis, vor Gericht zu erscheinen, bis zur Dauer von 6 Monaten entziehen, während
gegen Advokaten die Entziehung nur von der Disziplinarbehörde ausgesprochen werden kann (§. 236).
L., Merk, Pflanzengattung aus der Familie der Umbelliferen
[* 57] (s. d.) mit nur wenigen auf der nördl.
Halbkugel weit verbreiteten Arten, krautartige Gewächse, die vorzugsweise an sumpfigen Orten wachsen. Die einzige in Deutschland
einheimische Art, S. latifoliumL.,Sumpfmerk oder Wasserpastinake, ein Sumpfgewächs mit röhrigem, vielkantigem,
stark verzweigtem Stengel, fiederteiligen, breitzipfeligen, über den Wasserspiegel hervorragenden und in feine, haarförmige
Zipfel zerteilten, untergetauchten Blättern, gilt für giftig. Zu dieser Gattung gehört auch die Zuckerwurzel (S. sisarumL.), eine aus Mittelasien stammende, in Deutschland vielfach verwilderte, ihrer süß und aromatisch schmeckenden
Wurzeln halber auch angebaute Pflanze. Ihr Wurzelstock besteht aus büschelig gruppierten Wurzeln, ihre untern Blätter sind
fiederschnittig mit eiförmig-länglichen, scharfgesägten Abschnitten, die obern dreiteilig mit lanzettlichen Teilstücken,
die Blüten wie bei S. latifolium weiß. Diese Pflanze verlangt einen leichten, fetten, gut gearbeiteten und warm gelegenen
Boden.
Assiut, kopt. Saûd, Hauptstadt Oberägyptens und der Provinz (Mudirieh) S. (128700 qkm, darunter
nur 2174 qkm Kulturland, mit 562137 E.), das alte Lykopolis (d. i. Wolfsstadt), unweit vom Nil in fruchtbarer Gegend auf der
westl. Seite des Thals 45 m ü. d. M. gelegen, Endpunkt des ägypt. Eisenbahnnetzes und Dampferstation, zählt (1882) 31575 meist
kopt. E. Die Stadt ist Sitz eines Paschas, eines kopt. Bischofs sowie eines deutschen Konsularagenten, hat einen Palast, zwei
schöne Moscheen, schönes Bad,
[* 58] Hospital, presbyterianische Missionsanstalt, große Baumwollspinnerei und Regierungsmagazin
für die Bodenprodukte der Provinz.
Als Hauptstation für die Karawanen aus Nubien, den Oasen westlich vom Nil und dem östl. Sudan, unterhält
S. noch immer bedeutenden Handel. Beliebt sind die Thonwaren
[* 59] (vorzüglich Pfeifenköpfe), die Sattlerarbeiten, die namentlich
nach Centralafrika Absatz finden, die Fächer
[* 60] aus Straußenfedern und die Elfenbeinschnitzereien. S. ist archäologisch nur
durch seine Nekropole und die Mumiengräber des hier verehrten Wolfes in den Felsen der westl. libyschen Bergkette
bemerkenswert. Das unmittelbar am Nil gelegene Dorf El-Hamra ist der Hafen von S. und mit der Stadt durch einen Damm verbunden.
Zur Provinz gehören die OasenChargeh und Dachel (s. d.).
(hebr.), der dritte Monat der Juden, hat 30 Tage und entspricht etwa der Zeit von Mitte Mai bis Mitte
Juni. Am sechsten und siebenten S. wird das Wochenfest (s. d.) begangen.
Falc., Schiwatier, ein urweltliches Riesentier aus den siwalischen Bergen
[* 61] Nordindiens, von abenteuerlicher
Form, vereinigt Merkmale der Giraffen und Dickhäuter in sich. Der Körperbau war schwerfällig und gedrungen, der Hals viel
kürzer als bei der Giraffe; der Kopf, so groß wie der Schädel lebender, erwachsener Elefanten, hatte
einen kurzen Rüssel und zwei Hornpaare, von denen das größere vordere von der Lage der Giraffenhörnchen, aber weit größer,
¶
mehr
ge-1007 wunden, schaufelförmig und verästelt war. Nahe verwandt waren Bramatherium, Vischnutherium und Hydaspitherium.
Oase in der Libyschen Wüste, 14 Tagereisen von Alexandria, im AltertumOase des JupiterAmmon
[* 64] oder das Ammonium (s. d.)
genannt, ist 30 km lang, bis 2 km breit, liegt 32,3 m unter dem Meeresspiegel und besteht aus einem von
Steilrändern umschlossenen Thale mit mehrern Seen, reichlicher Bewässerung, mit Wiesen, Palmwäldchen, Gärten und Saatfeldern,
reichlicher Produktion von Datteln, Melonen, Oliven, Granatäpfeln, Weintrauben, Bohnen, Gerste,
[* 65] Weizen und Reis und vorzüglich
reinem Kochsalz.
Sie wurde 1792 von Browne wieder entdeckt und ist seit 1820 Ägypten zinspflichtig. Die Oase hat auf ungefähr 15 qkm
kulturfähigem Boden 5600 E., die unter Scheikhs stehen, von der ägypt. Verwaltung aber unabhängig sind. Die Bewohner besitzen
über 300000 Dattelbäume, welche in guten Jahren 9600 Kamelladungen (á 3 Ctr.) Früchte liefern. Ihre Hauptnahrung sind Datteln
und ägypt. Getreide. Im Orte S., der nur 380 m im Umfang hat, sind die aus Muschelkalkstein aufgeführten
Häuser bis fünf Stockwerke hoch.
Auch besteht eine reichbegüterte Religionsschule (Sawije) des Senûsi-Ordens. Manche der Quellen sind artesische, deren Wasser
in Bassins von antikem Mauerwerk springt. Agermih, der andere Hauptort der Oase, liegt auf steilem Fels und
hat Reste alter Tempel
[* 66] und tiefe Brunnen;
[* 67] ein Thor in ägypt. Stil und ein mit Hieroglyphen bedeckter Saal sind wohl Reste des
Königspalastes, der an das Ammonium stieß. Etwa 4 km östlich vom Orte S. liegt die Sonnenquelle, deren widerlich salziges
Wasser eine konstante Temperatur von 29° C. zeigt. 1 km nördlicher liegt Umm el-Beïda, das zweite Ammonium,
welches aber kein Orakel hatte. –
2) Hauptstadt des Wilajets S., nahe rechts vom obern Kisil-Irmak (Halys), in gesunder und getreidereicher, 1250 m hoher Hochebene,
zählt etwa 40000 E. und hat große Bazare, zahlreiche Chane, Baumwollweberei und Färberei sowie ansehnlichen Transithandel.
(spr. ßi-) oder Faule See, russ. GniIoje
more, westl. Seitenbassin des Asowschen Meers, von diesem durch die Landzunge von Arabat (s. d.) getrennt und nur im N. mit
demselben durch die Straße von Genitschewsk (s. d.) verbunden, hat 2453,8 qkm, darunter 33,9
qkm Inseln. Der S., zum russ. Gouvernement Taurien gehörig, bildet den nordöstl. Teil der Halbinsel Krim
[* 68] und
wird im W. durch die Landenge von Perekop (s. d.) vom SchwarzenMeer getrennt. Er ist ein stehendes, von Untiefen und Sandbänken
durchschnittenes, durchaus salziges und
für die Schiffahrt unbrauchbares Wasser, das stark verdunstet und viel Salz
[* 69] absetzt.
Letzteres wird besonders längs der Eisenbahn (Losowo-Sewastopol), die den S. überschreitet, gewonnen. In den
S. mündet der Fluß S.
S. III. (432–440) soll den heil. Patrick (s. d.)
nach Irland geschickt und die Kirche Sta. Maria Maggiore gebaut haben.
S. IV. (1471–1484), vorher Francesco della Rovere, ein Fischerssohn aus einem Dorfe bei Savona, später Franziskanergeneral
und Kardinal von San Pietri in Vincoli, suchte das Vordringen der Türken in Verbindung mit Venedig
[* 73] und Neapel
[* 74] durch Absendung einer Flotte zu verhindern, führte in Spanien
[* 75] die Inquisition ein und befleckte seinen Namen durch Nepotismus,
Simonie und Wucher. Dagegen erwarb er sich Verdienste um die Vatikanische Bibliothek sowie um die Ausschmückung
der Stadt Rom, erbaute die Sixtinische Kapelle, die Tiberbrücke und eine Wasserleitung.
[* 76]
S. V. (1585–90), vorher Felix Peretti, geb. zu Grottamare in der MarkAncona,
[* 77] wurde 1534 Franziskaner, lehrte seit 1544 kanonisches
Recht zu Rimini, seit 1546 zu Siena und wurde 1548 Priester und Regent der Klosterschule zu Siena. Seit 1551 in
Rom, glänzte er als Kanzelredner sowie durch fromme Werke. Er wurde 1556 Vorsteher der Franziskanerschule, 1557 Generalinquisitor
zu Venedig, 1560 in Rom Konsultor des Heiligen Offiziums (der Inquisition) und Professor an der Universität sowie Generalprokurator
seines Ordens.
Pius V. bestätigte ihn als Generalvikar des Franziskanerordens und machte ihn zum Bischof von Sta. Agata
de' Goti und zu seinem Beichtvater. In diesen Ämtern drang S. auf Abstellung der unter den Franziskanern eingerissenen Unordnungen
und suchte auch die Sitten der Geistlichen seines Sprengels zu verbessern. Schon 1570 wurde er Kardinal und nannte sich nun
Montalto. Unter Gregor XIII. sah er sich zu jahrelangem Stillleben in seiner Villa auf dem Esquilin gezwungen;
als er dann 1585 nach dem TodeGregors einstimmig zum Papst gewählt wurde, trat er mit unerwarteter Kraft
[* 78] hervor.
Energisch stellte er die Ordnung im Kirchenstaat wieder her, vernichtete die Banditen und ordnete die Finanzen. Die
nach ihm benannte Wasserleitung (Acqua Felice), der große Obelisk auf dem Platze vor der Peterskirche, die prächtige Kuppel
der Peterskirche, das Spital an dem Tiber sind unter seiner Regierung entstanden. Für die Vatikanische Bibliothek richtete
er ein prachtvolles Gebäude und eine eigene Druckerei für die Herausgabe der Kirchenschriftsteller ein,
aus der seine Ausgabe der Werke des heil. Ambrosius und die von ihm besorgte, sehr fehlerhafte Ausgabe der Vulgata (s. d.) hervorgingen.
Zu Fermo gründete er eine Universität, zu Rom das Kollegium des heil. Bonaventura für junge Franziskaner und zu Bologna das
Kollegium Montalto. Die Kosten seiner Hofhaltung schränkte er ein und
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forlaufend
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bewies große Mäßigung in der Fürsorge für seine Verwandten. Zur Verwaltung der Regierungs- und Kirchenangelegenheiten
setzte er 15 Kongregationen aus Kardinälen und andern Beamten nieder und schuf damit eine meisterhafte, noch jetzt bestehende
Organisation. Die Anzahl der Kardinäle setzte er auf 70 fest, und alle Bischöfe verpflichtete er, innerhalb
drei, fünf oder zehn Jahren einmal nach Rom zu kommen. In theol. Streitigkeiten beobachtete S. eine weise Neutralität.
Desto eifriger mischte er sich in die polit. Händel seiner Zeit. Der Plan, Deutschland in Abhängigkeit vom röm. Stuhle zurückzubringen,
schlug zwar fehl; doch wußte er den KaiserRudolf II. zur Verfolgung der Ketzer zu bewegen. Mit allen Regenten
seiner Zeit blieb er in leidlichem Vernehmen, suchte aber einen durch den andern zu schwachen und von sich abhängig zu machen.
Dabei beschäftigten ihn weit aussehende Entwürfe zur Vergrößerung feiner landesherrlichen wie kirchlichen Macht. Durch
ein ausgedehntes System der Spionage setzte er sich von allen Vorgängen in Kenntnis. Als er starb,
riß das durch Auslagen erbitterte Volk die ihm vom Senat auf dem Kapitol errichtete Bildsäule nieder. -
Vgl. Dumesnil, Histoire
de Sixte-Quint (Par. 1809);
Hübner, Sixte-Quint (3 Bde., ebd. 1870; deutsche Ausg., 2 Bde.,
Lpz. 1871; 1888 auch italienisch, Bd.
1);
über S.’ organisatorische Thätigkeit: Brosch, Geschichte des Kirchenstaates, Bd. 1 (Gotha
[* 80] 1880).
Sizilien,
[* 81] s. Sicilien. Sizingmaschine (engl., spr. ßeis-), s.
Weberei.
[* 82] S. J., Abkürzung für Societas Jesu (lat., d. h. Gesellschaft Jesu, Jesuitenorden).
Själland, der dän. Name der Insel Seeland (s. d.). Sjatz (spr. ßjaßj),Fluß in den russ. Gouvernements
Nowgorod und Petersburg,
[* 83] hat einen nordnordwestl. Lauf und mündet nach 269 km an der Südküste des Ladogasees. Von der Mündung
der Tichwinka (rechts) an ist er auf 103 km schiffbar und ist durch diese mit dem Tichwinschen Kanal
[* 84] verbunden. (S. Tichwinsches Kanalsystem.)
Sjassischer Kanal, Kanal, der Sjaß und Wolchow an der Südküste des Ladogasees (s. d.) verbindet. Sjédlez
(spr. ßje).
1) Gouvernement im östl. Teil von Russisch-Polen zwischen dem Bug, Wieprz und der Weichsel, grenzt im N. an das Gouvernement
Lomsha, im NO. und O. an Grodno, im SO. an Volhynien, im Süden an Lublin, im SW. an Radom und im W. an Warschau
[* 85] und hat 14334,6 qkm mit 720626 E., d. i. 50,3 auf 1 qkm. Die Bevölkerung besteht aus Polen (60 Proz.), Russen (20), Juden, Deutschen
u. s. w. Hauptbeschäftigung ist Ackerbau. 1889-93 wurden durchschnittlich jährlich geerntet an Roggen 835320, an Weizen
177900, an Hafer
[* 86] 549365, an Gerste 130630 Tschetwert. Stellenweise werden auch Zuckerrüben gebaut. Es
giebt 328 Fabriken mit 4,2 Mill. Rubel Produktion, darunter 59 Branntweinbrennereien, 1 Zuckerfabrik, 8 Glashütten, Gerbereien; 394 km
Eisenbahnen; 3 Mittel-, 1 Special-, 246 niedere und Elementarschulen. Das Gouvernement zerfällt in 9 Kreise:
[* 87] Bjela, Garwolin,
Konstantinow, Lukow, Radin, S., Sokolow, Wengrow und Wlodawa. - 2) Kreis
[* 88] im mittlern Teil des Gouvernements
S., im Gebiet des Liwez (zum Bug), hat 1287 ^m, 57198 E., Wie- senbau, einige Fabriken. - 3) S., poln. Siedlce, Hauptstadt
des Gouvernements und des Kreises O., am Liwcz und an den Eisenbahnen Warschau-Terespol und
S.-Malkin, hat (1893) 16759 E.,
großes Schloß, schönes Rathaus, 1 kath., 1 russ.
Kirche, Synagoge, 1 Knaben-, 1 Mädchengymnasium, russ. Zeitung, 5 Buchhandlungen, 1 Buchdruckerei, 2 Brauereien und Kleinhandel.
Sjenków (Zěńkov).
1) Kreis im nordöstl. Teil des russ. Gouvernements Poltawa, auf der Wasserscheide zwischen Psjol und Worskla, hat 2250,4 qkm, 137129
E.; Ackerbau, Hausindustrie, besonders Töpferei, Wagenbau und Schuhmacherei. - 2) S., richtiger Sjenjkow,
auch Senkow, kleinruss. Sinkiw, Kreisstadt im KreisS., an der zu Psjol gehenden Taschanskaja Grunj, hat (1893) 15250 E., 5 Kirchen,
Synagoge, Mädchenprogymnasium; Buchhandlung, Buchdruckerei und etwas Handel. Sjérads (spr. ßje-).
1) Kreis im südöstl. Teil des russ.-poln. Gouvernements Kalisch,
[* 89] im Gebiet der Warthe, des
Ner und der Prosna, hat 1539,6 qkm, 121946 E.; Ackerbau, Vieh-, besonders Schafzucht, 1 Glashütte, 1 Wollfabrik, 2 Fabriken
landwirtschaftlicher Maschinen. - 2) S., poln. TTTTT, Kreisstadt im Kreis S., links an der Sieradz, hat (1894) 7106 E., Post,
Telegraph, kath. Kirche; Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen, Nadelfabrik und Gerbereien. Sjetsch (russ.),
s. Sitsch. Sjewast, Wilajet und Stadt im nordöstl.
Kleinasien, s. Siwas. Sjewer (sĕver, russ.), der Norden.
[* 90] Sjewerzow (spr. ßjé-),
auch Sewerzow, Nikolaj Alexejewitsch, russ. Zoolog und Reisender, geb. im Gouvernement Woronesch, studierte in Moskau
[* 91] Naturwissenschaften,
bereiste 1857-58 die aralo-kaspische Niederung und Turkestan, 1864-65 das Thian-schan-Gebirge und drang 1867 zu den
Quellen des Syr-darja vor. 1874 nahm er auch an der Syr-darja-Expedition teil und 1877 an einer Expedition auf das Pamirplateau.
Er starb Ende Febr. 1885 infolge eines Unfalls bei einer Überfahrt über den gefrorenenDon. S. veröffentlichte: «Periodische
Erscheinungen im Leben der Säugetiere, Vögel
[* 92] und Reptilien im Gouvernement Woronesch» (Petersb.
1855; von der Akademie der Wissenschaften prämiiert),
«Reisen in Turkestan und am obern Thian-schan» (2 Bde., ebd. 1873; zum
Teil übersetzt in Petermanns «Mitteilungen», Ergänzungshefte 42 u.
43, Gotha 1875) und Berichte in den Schriften der Russischen Geographischen Gesellschaft. Sjewsk (spr. ßje-).
1) Kreis im südwestl. Teil des russ. Gouvernements Orel, im Gebiet von Zuflüssen der Desna
(Nawlja, Nerussa, Iwot), hat 3986,5 qkm, 139545 E.; Getreide- und Hanfbau. - 2) Kreisstadt im Kreis S. am Sjew (zur Nerussa),
hat (1893) 8625 E., Post, Telegraph, 12 Kirchen, Nonnenkloster, Stadtbank; Hanfspinnerei und -Weberei, Handel mit Getreide, Hanf
und Hanföl. Sjögren (spr. schö-),Andr. Joh., finn. Geschichts- und Sprachforscher, geb. im
Kirchspiel Ithis in Finland, studierte 1813-19 zu Åbo, kam 1819 nach Petersburg, war 1823-35 Bibliothekar des Grafen Numjanzew,
wurde 1832 zugleich Adjunkt, 1844Mitglied derAkademie der Wissenschaften und seit 1845 auch Direktor des ethnogr. Museums.
Er starb S. bereiste 1824-29 Finland und das nördl. Rußland bis zum Ural, die finn. Völkerschaften
und ihre Sprachen studierend, und 1835-37 den Kaukasus größtenteils zu Fuß in schlichter Tracht unter Gefahren und Entbehrungen.
Er veröffentlichte: «Über die sinn. Sprache
[* 93] und ihre Litteratur» (Petersb. 1821),