Bindevon 100 kg Roggen enthält 11,9 kg stickstoffhaltige
Stoffe, 2,3 kg Fette, 14,6 kg stickstofffreie
Stoffe, während die
S. von 100 kg
Mais von diesen
Stoffen 11,1; 6,6; 13,8 kg enthält. Da die S. ein sehr wasserreiches
Futtermittel ist (94-97
Proz. Wasser), so ist eine zu große Schlempegabe wegen der durch die starke
Wasserzufuhr erzeugten Verdünnung der Säfte und infolgedessen erforderlichen starken Wasserverdunstung im tierischen Organismus
nicht empfehlenswert; man kann für 1 Haupt Rindvieh 50-60
l S. als eine angezeigte Tagesration annehmen.
Die S. soll stets warm verfüttert werden, namentlich auch wegen der Gefahr des Sauerwerdens vor
Abkühlung geschützt werden.
Eine bei zu starker Schlempefütterung oft auftretende
Krankheit des Rindviehs ist die
Schlempemauke (s. d.). Die Melassenschlempe
(s. d.) wird als
Futtermittel nur in geringerm
Maße verwandt, bildet aber ein wichtiges
Düngemittel, auch wird sie eingedickt
und verkohlt, die gewonnene
Kohle
(Schlempekohle) wird als Rohstoff für die Pottaschebereitung benutzt. Neuerdings wird in
industriellen Großbrennereien, in welchen eine direkte Verfütterung der S. ausgeschlossen ist, die S., namentlich Getreideschlempe,
mit Erfolg getrocknet und als nährstoffreiches, wertvolles
Futtermittel (trockne S.) in den
Handel gebracht. -
der unverbrennliche
Rückstand der bei der Entzuckerung der Melasse oder bei deren
Verarbeitung auf
Spiritus
[* 3] restierenden Laugen (Schlempe).
Letztere werden mittels
Verdampfapparaten möglichst konzentriert
und dann die organischen
Bestandteile im Schlempeofen mittels freien
Feuers vollkommen verbrannt.
Die S. enthält 50-70 Proz.
kohlensaures Kalium, je nach der Herkunft der verarbeiteten Melasse neben andern Kalium- und Natriumverbindungen und dient
als Rohmaterial für Pottaschebereitung.
Fußmauke, Fußgrind, ein grindartiger
Ausschlag an den Füßen des Rindes, der nach Verfütterung von
Schlempe wahrscheinlich durch ein besonderes in der Kartoffelschlempe enthaltenes
Gift herbeigeführt wird.
Meist sind nur
die Hinterfüße bis zu den
Sprunggelenken von dem nässenden, mit
Borken- und Krustenbildung einhergebenden
Ausschlage ergriffen.
Daneben können Allgemeinstörungen bestehen.
Behandlung: Aussetzen oder wenigstens Herabsetzen der Schlempefütterung
von 80 l pro
Tag auf 20-40
l und entsprechende Zugabe andern Futters, ferner örtliche Behandlung des
Ausschlags.
eine vorteilhafte, besonders bei den ital. Gesteinsarbeitern beliebte
Methode des Handbohrens, wobei mit einem schweren Fäustel auf den aufwärts gerichteten
Bohrer
[* 5] geschlagen
wird.
Bahnen für nichtöffentlichen Verkehr in
Österreich-Ungarn. ^[= oder Österreichische Monarchie, nach dem Stammlande der Monarchie, dem Erzherzogtum Ö. (s. ...]
[* 6]
Schleppdampfer, Bugsierboot, Remorqueur, ein Dampfschiff
[* 7] mit besonders starker
Maschine,
[* 8] das die Bestimmung
hat, andere (besonders Segel-)Schiffe gegen den
Strom, oder bei Windstille, oder wenn sie
Haverei erlitten haben in den
Hafen
zu schleppen.
Die dabei benutztenSchlepp- oder Bugsiertaue werden zur bessern Haltbarkeit gegenwärtig
fast sämtlich aus
Eisen- oder Stahldraht gefertigt.
oder
Zugnetz, jedes
Netz, das so auf dem
Grunde des Wassers gezogen wird, daß der untere Rand seiner Öffnung
hart über dem
Boden hingeht oder, wenn dieser weich ist, in denselben eingreift. Es dient also zum Fange von unmittelbar
am
Boden lebenden
Tieren, so besonders die
Wade (s.
Netzfischerei und
Tafel:
Netzfischerei II,
[* 1]
Fig. 2). Das größte, bei der Hochseefischerei
angewendete S. ist das
Baumschleppnetz (s. d. und Taf. I,
[* 1]
Fig. 3) oder
Trawl. S. im engern
Sinne
(Dredge) heißt das bei wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen, namentlich
Tiefseeforschungen,
zum Fange der am Meeresboden lebenden
Tiere und zum Heraufholen des Tiefseeschlammes gebräuchliche
Netz (s.
Tafel:
Tiefseeforschung,
[* 1]
Fig. 5). Es besteht aus einem dreieckigen oder länglichen rechteckigen Metallrahmen, dessen lange
Seiten breite, schneidende Kanten haben, die in den Meeresgrund eingreifen.
Der in dem
Rahmen befestigte Netzbeutel besteht meistens aus einem sehr engmaschigen Netzzeuge, das zum Schutze außen von
einem weitmaschigen
Netz umgeben ist. An den
Enden des
Netzes sind gewöhnlich
Troddeln aus Hanf befestigt, an die sich viele
Tiefseetiere anklammern und verwickeln. Das S. muß für größere
Tiefen stark beschwert sein; das
Auswerfen
und Einholen desselben ist sehr beschwerlich und muß stets mit Hilfe einer Dampfmaschine
[* 9] ausgeführt werden.
in
Flüssen und
Kanälen besteht jetzt fast nur
noch Kettenschleppschiffahrt (s. d.), während die S. auf See, vor Hafeneingängen
und in den Flußmündungen durch Schraubendampfer ausgeführt wird.
In den großen Seehäfen bestehen
Reedereien, die sich
lediglich mit der S. befassen.
Der
Berg, auf dessen Plateau sich das Schlernhaus
(2460 m) des Alpenvereins befindet, wird sehr häufig, am besten von
Bad
[* 13] Ratzes aus, bestiegen und bietet eine wundervolle
Aussicht. -
[* 15] ein ehemals zur
KroneBöhmen
[* 16] gehöriges Herzogtum, wird geographisch in Ober- und Niederschlesien, politisch
aber in Preußisch-Schlesien und Österreichisch-Schlesien geteilt.
I. Preußisch-Schlesien,Provinz im preuß.
Staate, umfaßt das Gebiet des preuß. Herzogtums S., mit
Ausschluß des 1815 dem
Reg.-Bez.
Frankfurt
[* 17] einverleibten Kreises Schwiebus,
[* 18] dagegen mit Einschluß der
GrafschaftGlatz,
[* 19] einiger böhm. Enklaven, des 1815 von
Sachsen
[* 20] an
Preußen
[* 21] gekommenen Anteils der Oberlausitz und eines kleinen
Teils des ehemals zum
Kreis
[* 22]
Crossen
[* 23] gehörigen Gebietes der Neumark, bestehend aus der Stadt Rothenburg
[* 24]
a. O.
¶
Oberflächengestaltung. Die Provinz besteht aus Bergland und Flachland. Das Bergland umfaßt die kleinere Hälfte und wird
durch eine flache Thalsenkung, das schles. Längenthal, welches die Provinz in der ganzen Länge von dem Ursprung
der Malapane im O. bis zum Austritt derSchwarzen Elster im W. durchzieht, in ein südwestl. und ein nordöstl. Bergsystem geschieden.
Die nördl. Grenze des südwestlichen, sog. Schlesischen Berglandes bezeichnet etwa die Linie, welche Niesky mit Hainau, Kanth,
Grottkau und der obern Malapane verbindet und in einer Höbe von 155 bis 180 m liegt.
Ein Busen des Tieflandes erstreckt sich hier zwischen der Glatzer Neisse und der Oder in das Bergland hinein, fast bis an die
österr. Grenze. Von jener Grenzlinie erhebt sich das Land allmählich südwärts, bis es etwa 315 m Höhe erreicht. Sodann
entwickelt sich nahe der Grenze das SchlesischeGebirge, das nur den mittlern, aber bedeutendsten Teil der
Sudeten (s. d.) umfaßt und die höchsten Erhebungen Norddeutschlands, teilweise mit ausgebildetem Hochgebirgscharakter und
reichen landschaftlichen Reizen, enthält, während die Provinz weder im NW. noch im SO. bis an den Gebirgszug dieses
Systems selbst heranreicht. Im NW. gehören davon der Provinz nur wenige einzelne, vom LausitzerGebirge
abgerückte Berge (Landeskrone 429 m) und Berggruppen an. Ebenso ziehen im SO. nur einzelne Ausläufer des Mährisch-Schlesischen
Gebirges, welches Mähren von Österreichisch-Schlesien scheidet, über die preuß. Grenze
herüber. Es gehören zur Provinz das Isergebirge (s. d.) mit der Tafelfichte (1123 m) und seine nördl.
Vorstufe, weiter das Riesengebirge (s. d.) mit der Schneekoppe (1605 m), das
Katzbachgebirge (s. d.) und das Waldenburger oder Niederschlesische Steinkohlengebirge mit den Porphyrmassen des Hochwaldes
(830 m) und dem zerrissenen Neuroder Gebirge; das Glatzer Gebirge (s. d.) mit dem Eulengebirge (s. d.,
Hohe Eule 1014 m) und ReichensteinerGebirge (Heidelberg
[* 42] 902 m), dem Glatzer Schneegebirge (GroßerSchneeberg 1422 m),
dem Habelschwerdter Gebirge (Hohe Mense 1085 m) und Heuscheuergebirge (920 m); die Vorstufe des Eulengebirges mit dem Zobten
(718 m) und die Vorstufe des Mährisch-Schlesischen Gebirges mit der Bischofskoppe (886 m) im NO. des Altvaters und dem Plateau
von Leobschütz.
[* 43] Im O. der Oder ist das Bergland nicht gebirgig und umfaßt nur ausgedehnte Plateaulandschaften
mit welliger oder hügeliger Oberfläche.
Hier liegt zunächst im S. der Malapane das Oberschlesische Steinkohlengebirge (s.
Oberschlesisches Steinkohlenbecken), das
im S. an die Weichsel, im O. an die Przemsza und Brinitza stößt und, nebst dem Polnischen Berglande, als Vorstufe der
nördl. Vorkarpaten (Beskiden) zu betrachten ist. Dasselbe nähert sich zweimal der Oder, bei Ratibor und im Annaberg
[* 44] (406
m) bei Krappitz. Zwischen beiden Vorsprüngen befindet sich eine von der Ruda, Birawka und Klodnitz durchflossene Thalsenkung,
die sich kreisförmig im O. bei Gleiwitz
[* 45] schließt, etwa 220 m hoch und wellig und reich an Eisenstein
ist.
Im N. dieser Einsenkung werden die Vorsprünge zum Plateau von Tarnowitz
[* 46] verbunden, welches eine mittlere Höhe von fast 315 m
erreicht und nordwärts zur Malapane abfällt. Von ähnlicher Beschaffenheit ist seine südöstl. Fortsetzung, das Plateau
von Nikolai, das sich südostwärts zur Weichsel und deren Nebenflüssen abdacht. Weiter von der Oder
abgerückt, aber ihrer Strombahn parallel zieht sich, vom Quellbezirk der Malapane an, längs der Grenze von Polen und Posen,
das Oberschlesische Juragebirge, das bis zu 350 m emporsteigt.
Kaum in Verbindung mit diesem steht der Trebnitzer Landrücken (s. Katzengebirge), der als Wasserscheide zwischen Weide
[* 47] und Bartsch
fast in gerader Linie von der Quelle
[* 48] der Weide bei Groß-Wartenberg westwärts bis Leubus zieht und bei Trebnitz im Weinberg 217 m
Höhe erreicht. Durch das Thal
[* 49] der Oder von ihm getrennt, erstrecken sich von dieser bis zum Bober, das Tiefland Niederschlesiens
durchlängend, die sog. Katzenberge, deren höchste Punkte nur noch 188-228
m erreichen und die sich in dem Märkischen Landrücken gegen NW. fortsetzen.
Gewässer, Klima.
[* 50] Der weitaus größte Teil der Provinz gehört zum Gebiet der Oder, kleinere Teile zu dem der Weichsel (im SO.)
und der Elbe (Spree, Elster).
[* 51] Die Oder, der Hauptfluß der Provinz, gehört derselben auf 507 km an, 30 km
weit als Grenzscheide gegen Österreichisch-Schlesien, dann flößbar bis Ratibor 27,4 km, von dort abwärts 450 km schiffbar.
Die Oder nimmt innerhalb der Provinz rechts die Olsa, Ruda, Birawka, Klodnitz, Malapane, Stober, Weide und Bartsch, links die
Oppa, Zinna, Stradune, Hotzenplotz, Glatzer Neisse mit der Steinau, die Ohlau, Lohe, Weistritz, Katzbach mit
der Wütenden Neisse und der Schnellen
[* 52] Deichsel sowie außerhalb der Provinz den ihr größtenteils angehörigen und hier durch
den Queiß verstärkten Bober und die LausitzerNeisse auf.
Die Weichsel, auf der Grenze fließend und auf 5 km schiffbar, empfängt links den Korzynicz und die Gostine,
sowie die Przemsza, die von der Mündung der Brinitza bei Myslowitz
[* 53] abwärts 32 km schiffbar ist. Der einzige Schiffahrtskanal
ist der Klodnitzkanal (s. d.) im oberschles.Berg- und Hüttenrevier. Von Landseen ist der bedeutendste der fischreiche Schlawersee
im Kreis Freistadt an der Grenze von Posen, der 11 km lang und 2,7 km breit ist; bemerkenswert ist ferner
die Militsch-Drachenberger Seengruppe. An Mineralquellen ist S. sehr reich: von den 16 Gesundbrunnen sind die besuchtesten
Warmbrunn und Salzbrunn, ferner Charlottenbrunn, Flinsberg, Kudowa, Landeck, Langenau, Reinerz und Königsdorff-Jastrzemb.
Das Klima ist je nach der Höhenlage verschieden, gemäßigt und ziemlich günstig in den ackerbautreibenden Thälern,
rauh auf den Höhen, namentlich in Oberschlesien und in den Gebirgslandschaften. Breslau hat ein Jahrestemperaturmittel von
nur
¶
mehr
8° C.; drei Monate im Jahre liegt die mittlere Temperatur unter Null. Die Regenverhältnisse sind in der Ebene normal, im Gebirge
wechselnd; die mittlere jährliche Niederschlagsmenge beträgt in Breslau 53, in Ratibor 59, in Grünberg
[* 55] 61 und in Beuthen
in Oberschlesien 69 cm.
Bevölkerung.
[* 56] Die Provinz hat (1890) 4224458 (1999700 männl., 2224758 weibl.) E., 450689
bewohnte, 7841 unbewohnte Wohnhäuser,
[* 57] 7221 andere bewohnte Baulichkeiten, 979998 Haushaltungen und 3385 Anstalten mit 79999 Insassen.
Dem Religionsbekenntnis nach waren 2247890 Katholiken, 1921216 Evangelische, 5886 andere Christen, 1256 Dissidenten und 48003 Israeliten,
der Staatsangehörigkeit nach 4199431 Reichsangehörige, 23207 Reichsausländer (Österreicher, Ungarn,
[* 58] Holländer, Dänen, Russen)
und 1817 andere und ohne Angabe; der Muttersprache nach sind die meisten Bewohner Deutsche,
[* 59] mit Ausnahme
von 973586 Polen, Masuren und Kassuben, ferner 68797 Czechen und 26299 Wenden.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche kamen (1893) aus Acker- und Gartenland 2246626 ha, Wiesen 347529, Weiden und
Hutungen 61671, Öd- und Unland 24813, Holzungen 1161366, Haus- und Hofräume 50709, Wegeland, Gewässer
u. s. w. 137108 ha. Die Landwirtschaft beruht zum größten Teil auf dem mittlern und bäuerlichen Betriebe; doch ist auch
der Großgrundbesitz in einzelnen Gegenden sehr ausgedehnt (keine preuß. Provinz zählt so viel mittelbare Fürstentümer,
Standesherrschaften u.s. w. wie S.), und im ganzen entfällt ungefähr ein Drittel der Gesamtfläche auf
den landwirtschaftlichen Großbetrieb. S. hat etwa zur Hälfte trefflichen Boden und ist fast durchweg gut angebaut.
Besonders fruchtbar sind das Oderthal und die Vorstufen des Gebirges von Liegnitz bis Ratibor, ebenso die Thäler von Hirschberg
[* 60] und Landeshut, sowie die GrafschaftGlatz. Hier liegen die Hauptsitze des Ackerbaues und der Viehzucht.
[* 61] Unfruchtbar ist dagegen fast das ganze Gebiet auf der rechten Oderseite und der westl. Teil des schles. Längenthals. S. liefert
nächst Sachsen den größten Ertrag von Weizen und Gerste
[* 62] im Staat, überragt im Haferertrag alle übrigen Provinzen und gewinnt
auch reichlich Roggen sowie Buchweizen, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Rüben, Ölfrüchte, Flachs, Tabak
[* 63] und andere Handelsgewächse.
Der Obst- und Weinbau blüht bei Grünberg, Beuthena. O. und Muskau, ferner bei Liegnitz, Öls u. s. w. Der größte Teil der landwirtschaftlich
benutzten Fläche ist mit Roggen bebaut (1893: 604216 ha), dann folgen Hafer
[* 64] (355352), Kartoffeln (327371), Weizen (215498)
und Gerste (157655 ha). Der Ernteertrag belief sich (1894) auf 693198 t Roggen, 296563 Weizen, 206178
Gerste, 3089117 Kartoffeln, 270834 Hafer und 596406 t Wiesenheu. Die Viehzucht ist außerordentlich entwickelt. Der Viehbestand
betrug 296725 Pferde,
[* 65] 1457576 (1893: 1425398) Stück Rindvieh, 657271 Schafe,
[* 66] 658702 (1893: 701123) Schweine,
[* 67] 206268
Ziegen und 126674 Bienenstöcke. Die Provinz hat (1893) 1161366 ha Forsten, darunter 888239 Privat-, 152892
Staats- und 93292 Gemeindeforsten. Der Wald besteht zu 87,2 Proz. aus Nadelholz, doch finden sich ausgedehnte Laubwaldungen
namentlich im Oderthal, besonders im Reg.-Bez. Breslau.
Bergbau und Hüttenwesen. Der Kohlen- und Erzbergbau und im Zusammenhang damit das Hüttenwesen sind
außerordentlich
entwickelt. Das Oberschlesische Steinkohlenbecken (s. d.) ist das reichste Deutschlands,
[* 68] und die oberschles. Steinkohle wetteifert
mit der besten englischen. Der Reg.-Bez. Oppeln hat die meisten Eisenwerke unter allen Bezirken des Staates. Eisenerz wird
in großen Mengen in den KreisenTarnowitz und Beuthen gewonnen und ebenda, sowie in den Kreisen Zabrze,
Kattowitz
[* 69] und Gleiwitz verhüttet.
Das Tarnowitzer Plateau hat ferner das reichste bekannte Zinklager, dessen Galmei auch das seltene Metall Kadmium einschließt;
ebenso liefert es Bleierze mit Silber in bedeutenden Mengen. Zahlreiche Erz- und Kohlenbergwerke sowie Hütten- und Hochofenwerke
finden sich auf dem verhältnismäßig engen Plateau zusammengedrängt. Auch die Vorstufen des Riesengebirges,
namentlich die Gegend um Waldenburg,
[* 70] haben einen bedeutenden Kohlen- und Erzbergbau; hier werden namentlich Kupfererze und
Kupferkies, Schwefelkies und Vitriolerze gewonnen.
Auf dem Katzbachplateau und im ReichensteinerGebirge sind die einzigen ergiebigern Fundgruben im Staat für Arsenikerze. Auch
Braunkohlen finden sich in den Vorbergen des Berglandes. Dagegen ist die Torfgewinnung
[* 71] nicht wesentlich,
wenngleich sich in den Flußthälern und in den Moorfeldern des GlatzerGebirges mächtige Torfvorräte finden. Die Berg- und
Hüttenindustrie beschäftigte (1882) 70900 Personen. Die Industrie der Steine und Erden, welche (1882) 3425 Betriebe mit 41395 Gewerbthätigen
zählte, stützt sich auf reiche Lager
[* 72] von nutzbaren Steinen und Erden: die Gips- und Kalksteinbrüche
Oberschlesiens, die Marmor- und Steinbrüche in den KreisenStrehlen,
[* 73] Neisse, Striegau
[* 74] und Schweidnitz, die Cementfabrikation
Oberschlesiens, die Töpferei von Bunzlau,
[* 75] Sagan und Rothenburg, die Porzellanfabrikation von Waldenburg und Schweidnitz, die
Glasmacherei in den KreisenWaldenburg, Glatz, Habelschwerdt, Sagan, Bunzlau, Hirschberg (Josephinenhütte), Görlitz
[* 76] u. s. w.,
ferner die Gewinnung von Bergkrystall, Serpentin (am Zobten), Chrysopras (Kosemitz bei Nimptsch und Tarnau
bei Frankenstein, beinahe die einzigen Fundorte), Amethyst, Topas
[* 77] und andern Halbedelsteinen und deren Verarbeitung liefern
große Mengen von Produkten, deren Ruf weit verbreitet ist.
Die Industrie der Holz- und Schnitzstoffe hat ihre Hauptsitze in den Gegenden längs der Gebirge, ferner in Breslau, Liegnitz,
Görlitz u. a. größern Plätzen; in den 20335 Betrieben dieser Gruppe
fanden sich (1882) 35774 Gewerbthätige. In der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel, welche durchschnittlich gegen 68000 Personen
beschäftigt, zeichnet sich die Getreidemüllerei aus, ferner die Rübenzuckerfabrikation (1893-94 gewannen 57 Fabriken aus 1191140
t Zuckerrüben 157920 t Rohzucker und 32222 t Melasse) in den KreisenBreslau, Brieg, Strehlen, Schweidnitz,
Striegau, Kosel
[* 86] und Ratibor, die Stärke- und Stärkesirupfabrikation vornehmlich im Reg.-Bez. Liegnitz, die Cichorienindustrie
in und bei Breslau, die Brennerei (1892-93 erzeugten 871 Brennereien 430000 hl reinen Alkohol) und Brauerei (1893-94: 776 Brauereien
mit 2845361 hl Produktion) an zahlreichen Orten, die Liqueur-, Schaum- und Obstweinbereitung in Grünberg und Hirschberg,
die Tabakfabrikation in Breslau, Ohlau, Oppeln und Ratibor.
Aus der großen Gruppe der Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe, die (1882) 83601 Betriebe mit 108580 Gewerbthätigen beschäftigte,
tritt Breslau besonders hervor, in der Hutmacherei auch Liegnitz, in der Schuhmacherei der Kreis Neustadt in Oberschlesien,
in der Handschuhmacherei die Kreise Schweidnitz, Habelschwerdt, Goldberg-Hainau, Liegnitz und Neisse. Den
vielseitigsten Gewerbebetrieb hat Breslau (s. d.). Aber selbst auf dem platten Lande ist der Handwerksbetrieb vielfach noch
sehr bedeutend, und namentlich in den Thälern und an den Vorbergen der Gebirge reiht sich oft Dorf an Torf.
Begünstigt wird der Handel durch die natürlichen Wasserstraßen, namentlich die Oder, auf deren Regulierung große Summen
verwendet werden, sowie durch den Oder-Spree-Kanal (s. d.), ferner durch ein vielverzweigtes Kunststraßennetz
(1891: 15700 km Chausseen, darunter 11713 Kreis- sowie 2181 km Provinz- und Bezirkschausseen) und zahlreiche
Eisenbahnlinien. Die Provinz hatte (1892-93) ein Eisenbahnnetz von 3389,7 km (d. i. 84 km auf 1000 qkm
Grundfläche und 79 km
auf 100000 E.), darunter 761 staatliche und 49 private Nebenbahnen. Oberpostdirektionen bestehen in Breslau, Liegnitz und Oppeln.
Unterrichtswesen. An Bildungsanstalten bestehen die UniversitätBreslau (s. d.), 37 Gymnasien, 9 Realgymnasien, 2 Oberrealschulen, 2 Progymnasien, 3 Realprogymnasien, 5 höhere
Bürgerschulen, 1 Pädagogium, 31 öffentliche Mittel- und höhere Mädchenschulen, 19 Schullehrerseminare, 7 königl., 2 Privat-Präparandenanstalten, 4310 öffentliche
Volksschulen mit 702243 Schulkindern, ferner 2 Landwirtschaftsschulen, 4 Ackerbauschulen, das PomologischeInstitut zu Proskau, 5 Garten-
und Obstbauschulen, 1 Hufbeschlag-Lehrschmiede, 1 Kunstschule, 1 Baugewerksschule, 4 Handelsschulen, 2 Bergschulen, 1 Kadettenhaus, 2 Kriegsschulen, 2 Hebammenlehranstalten, 1 Blindenanstalt, 3 Taubstummeninstitute, 3 Spitzennähschulen
und 5 Arbeitsschulen, außerdem eine Reihe von gewerblichen und ländlichen Fortbildungsschulen. Zu Breslau befindet sich ein
Museum der bildenden Künste und das reiche schles. Provinzialmuseum. Außerdem bestehen zahlreiche
Gesellschaften und Vereine für Wissenschaft und Landeskunde, Kunst, Acker- und Gartenbau, Gewerbe.
Sitz des Oberpräsidenten und der durch die Provinzialordnung (s. d.) geregelten
Provinzialverwaltung ist Breslau, Sitz der Kommunalständischen Verwaltung der Oberlausitz, soweit dieselbe nicht unter die
Provinzialordnung fällt, ist Görlitz. Die Auseinandersetzungs- und Gemeinheitsteilungssachen werden von der Generalkommission
zu Breslau bearbeitet, woselbst sich auch die Rentenbank befindet. Für die Reichstagswahlen bestehen 35 Wahlkreise
(s. die ArtikelBreslau, Liegnitz, Oppeln).
In das Abgeordnetenhaus sendet die Provinz 65 Abgeordnete; im Herrenhaus ist sie durch 55 Mitglieder vertreten, darunter 28 mit
erblicher Berechtigung, 3 auf Lebenszeit und 24 auf Präsentation berufene; 14 Stimmen von den 55 ruhen (1895). Die kirchlichen
Angelegenheiten der evang. Landeskirche verwaltet das Konsistorium in Breslau. Die kath. Kirche steht unter dem exemten Fürstbischof
von Breslau (s. d., Bd.
3, S. 514 b). Die Bergwerksangelegenheiten ressortieren vom Oberbergamt zu Breslau; für die fiskalischen Bergwerke und Hütten
[* 91] bestehen drei Berginspektionen und drei Hüttenämter. Die Provinz bildet den Oberlandesgerichtsbezirk Breslau
(s. d.). Militärisch bilden die Reg.-Bez. Breslau und Oppeln den Garnison- und Ersatzbezirk des 6. Armeekorps (Generalkommando
und Kommando der 11. Division zu Breslau, Kommando der 12. Division zu Neisse), während der Reg.-Bez. Liegnitz dem 5. Armeekorps
(Kommando der
[* 82]
^[Abb ohne Titel: Wappen
[* 92] von Preußisch-Schlesien]
¶
mehr
9. Division zu Glogau) zugeteilt ist. Das Wappen der Provinz zeigt in goldenem Felde einen schwarzen, goldbewehrten, rotgezüngten,
mit einer Herzogskrone bedeckten Adler;
[* 94] ans seiner Brust liegt ein silberner Halbmond, zwischen dessen aufwärts gehenden Spitzen
ein silbernes Kreuz
[* 95] hervorwächst. Die Farben der Provinz sind Weiß-Gelb.
II. Österreichisch-Schlesien, Herzogtum und Kronland der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, zu deren cisleithanischem
Teil gehörig, derjenige TeilS.s, welcher im Hubertusburger Frieden von 1763 bei Österreich
[* 96] verblieb, umfaßt
die Gebiete des alten Oberschlesien: Herzogtümer Troppau, Jägerndorf, Teschen und Bielitz, die Minderherrschaften Freudenthal,
Olbersdorf, Freistadt, Friedek, Oderberg, Deutsch-Leuthen, Reichenwaldau (Dombrau) und Roj. Das Land, durch den schmalen Zipfel
Nordmährens (Bezirkshauptmannschaft Mistek) in einen östl. (den ehemaligen TeschenerKreis) und einen
westl. Teil (den ehemaligen TroppauerKreis) geschieden, grenzt im N. und W. an Preußisch-Schlesien, im S. an Mähren und Ungarn,
im O. an Galizien und hat 5146,88 qkm, d. i. 1,72 Proz. der Fläche der österr. Reichshälfte. (S. die Kartei Böhmen, Mähren
und Österreichisch-Schlesien, Bd. 3, S. 218.)
Oberflächengestaltung. Der westl. Teil des Landes wird durch das zu den Sudeten gehörige Mährische Gesenke und das Altvatergebirge
(Altvater 1490 m) von Mähren, der östl. Teil durch die dem Karpatenzuge angehörenden Beskiden, insbesondere das Jablunkagebirge
(Lissa
[* 97] Hora 1325 m) von dem nordwestl. Ungarn geschieden. Beide Gebirge senden ihre Zweige ziemlich weit
in das Land hinein, so daß sich Ebenen nur an der Oder und ihren Zuflüssen Oppa und Olsa sowie an der Weichsel, welche
in S. entspringt, und ihrem Nebenflüsse Biala vorfinden.
Das Klima ist rauh und kalt; die mittlere Jahrestemperatur beträgt in Troppau 8,8, Teschen 8° C., die jährliche
Regenmenge 52 und 73 cm. Unter den Mineralquellen sind die von Karlsbrunn hervorragend.
Bevölkerung. Die Einwohnerzahl betrug 1827: 396925, 1851: 438586, 1857: 443912, 1869: 511581, 1880: 565475, 1890: 605649
(288908 männl., 316741 weibl.) E., d. i. 118 E. auf 1 qkm und eine Zunahme 1880-90 von 40174 Personen oder 7,1
Proz. S. ist nächst Niederösterreich das dichtbevölkertste Kronland der Monarchie. 1890 kamen 1096 Frauen
auf 1000 Männer. Dem Religionsbekenntnis nach waren 510765 Katholiken (84,4 Proz.), 84359 EvangelischeAugsburger Konfession
(13,92) und 10042 Israeliten (1,65 Proz.); der Nationalität nach
281555 (47,8 Proz.)
Deutsche, 129814 (22,0) Czechen und 178114 (30,2) Polen. 1890 gab es 3 Städte mit eigenem Statut, 7 politische
und 24 Gerichtsbezirke, 496 Ortsgemeinden mit 716 Ortschaften, 72101 Häuser und 135023 Wohnparteien. Dem Beruf nach gehörten
an der Land- und Forstwirtschaft 249788, der Industrie 255114, dem Handel und Verkehr 40341, dem öffentlichen Dienst und freien
Berufen 60406. Von je 1000 über 6 Jahre alten Personen konnten 82 Männer und 92 Frauen weder lesen noch
schreiben. 1892 betrug die Zahl der Eheschließungen 4690, der Geburten 22762 (darunter 2427 uneheliche), der Todesfälle 17142.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche entfallen 49,61 Proz. auf das Ackerland,
5,85 auf Wiesen, 1,30 auf Gärten, 6,47 auf Hutweiden, 33,83 auf Waldungen, 0,02 auf Seen, Sümpfe und
Teiche und 0,71 auf Gebäude und Hofräume. Der Ackerbau ist im gebirgigen Teil des Landes wenig ergiebig, hingegen sind die tiefern
und ebenen Gegenden fruchtbar und liefern Getreide, Runkelrüben, Gemüse und Obst. Im Gebirge wird viel Flachs gewonnen.
Im zehnjährigen Durchschnitt (1882-91) wurden geerntet: 190798 hl Weizen, 598306 Roggen und Spelz, 433412
Gerste, 1139981 Hafer, 49289 Hülsenfrüchte, 3139495 hl Kartoffeln, 82198 t Zuckerrüben und 185611 t Gras- und Kleeheu.
Auf dem Gebirge findet eine Art Alpenwirtschaft statt. Die Käsebereitung, die Gänse- und Taubenzucht sowie Jagd und Fischerei
[* 98] sind von Bedeutung. Am wurden gezählt 27453 Pferde, 184287 Rinder,
[* 99] 21447 Ziegen, 17450 Schafe, 78333 Schweine
und 17749 Bienenstöcke. Von den Waldungen (174110 ha) waren 140714 ha Nadelwald, 26202 ha Laubwald, der Rest Mittel- und Niederwald.
Bergbau. Der Bergbau erstreckt sich hauptsächlich im Ostrauer Revier auf Steinkohlen, die eine Ausbeute (1892)
von 3693541 t im Wert von 13,86 Mill. Fl. gaben; ferner wurden gewonnen 548 t Braunkohlen, 4518 t Eisen- und 320 t Schwefelerze.
Bedeutender als der Bergbau auf Eisen ist der Hüttenbetrieb, der zumeist aus eingeführten ungar. und steir.
Erzen 44207 t Frisch- und 5054 t Gußroheisen im Werte von 2 Mill. Fl. lieferte.
Nächstdem sind zu nennen die Damast-, Leinen- und Zwillichwaren von Freiwaldau, Zuckmantel, Würbenthal, Engelsberg, Freudenthal,
Wigstadl u. s. w., Baumwollwaren besonders in Friedek und Umgebung; Leder, Wagen in Troppau und Bielitz,
Rübenzucker (10 Fabriken, welche 1892: 1,8 Mill. t Rüben zu 21160 t Zucker
[* 100] verarbeiteten), Spiritus (87 Brennereien mit einer
Produktion von 7,25 Mill. Hektolitergraden Alkoholerzeugung), Bier (42 Brauereien mit 346254 hl), Chemikalien, Steinzeug (gefärbtes
Porzellan), sowie Matratzen aus Waldwolle. Der lebhafte Handel mit den
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Das Land besitzt 3679,5 km Straßen, darunter 375,1 km Staats-, 1263,7 km Bezirks- und 2040,5 km Gemeindestraßen.
Schiffbare Wasserstraßen sind 27 km vorhanden, Eisenbahnen 456,9 km, Telegraphenlinien 750,8 km mit 2155,3 km Leitungen;
die Zahl der Postanstalten ist 145.
Verfassung und Verwaltung. S. war 1783-1849 mit Mähren in administrativer Hinsicht vereinigt und wurde nach der Reichsverfassung
vom zu einem eigenen Kronlande mit selbständiger Verwaltung erhoben. Die Verfassung des Landes beruht auf der Landesordnung
vom Danach besteht der Landtag, mit dem der Kaiser in Landessachen die gesetzgebende Gewalt ausübt, aus 31 Mitgliedern:
dem Fürstbischof von Breslau, 9 aus den Großgrundbesitzern, 10 aus den Städten, Märkten und Industrieorten, 2 aus
der Handels- und Gewerbekammer in Troppau und 9 aus den Landgemeinden Gewählten. In das Haus der Abgeordneten in Wien entsendet
S. 10 Vertreter.
Die Verwaltung des Landes besorgt die k. k. Landesregierung mit einem Landespräsidenten an der Spitze; ihm unterstehen drei
Städte mit eigenem Statut und sieben Bezirkshauptmannschaften:
Städte mit eigenem Statut und Bezirkshauptmannschaften
Die Finanzverwaltung wird von der Finanzdirektion in Troppau, 2 Hauptsteuerämtern und 21 Steuerämtern
besorgt. Die Rechtspflege wird in erster Instanz von dem Landesgericht in Troppau, dem Kreisgericht in Teschen als Kollegialgerichten
und 24 Bezirksgerichten als Einzelngerichten, in zweiter Instanz von dem Oberlandesgericht in Brünn,
[* 103] in dritter Instanz von
dem Obersten Gerichts- und Kassationshof in Wien ausgeübt. In militär. Beziehung untersteht S.
dem Korpskommando
in Krakau.
[* 104]
Das Wappen des Herzogtums zeigt im goldenen Schild
[* 105] einen gekrönten schwarzen Adler, auf der Brust ein silbernes Kreuz tragend,
welches auf einem silbernen, mit kleeblattförmigen Enden versehenen Halbmonde ruht. Auf dem Schilde ein Fürstenhut.
[* 106] (S.
Tafel: Wappen der Österreichisch-Ungarischen Kronländer,
[* 101]
Fig. 10, Bd.
12, S. 726.) Die Landesfarben sind Gold-Schwarz.
Litteratur. Schirmer, Heimatskunde des Herzogtums S. (Bielitz 1880);
Peter, Heimatskunde des Herzogtums S. (Teschen 1880);
Sláma,
Österreichisch-Schlesien, Landschafts-, Geschichts- und Kulturbilder (Prag
[* 107] 1887);
Geschichte. Im Altertum wurde S. von den Lugiern und Quaden bewohnt; als diese weiter gegen Westen zogen,
nahmen nachdrängende Slawen ihre Wohnsitze ein, und nur in den Gebirgen blieben Deutsche zurück. Den Namen, der zuerst in der
Bezeichnung des Gaues Silensi im 11. Jahrh. vorkommt, erhielt das Land nach dem Berge Zlenz, dem jetzigen Zobtenberge, und
von dem an ihm vorbeifließenden Flüßchen Zlenza (heute Lohe). Vor der Zeit der slaw.-deutschen Kriege
scheint S. erst zum Großmährischen Reiche, nach dessen Zerstörung aber zu Böhmen gehört zu haben. Im Verlauf des 10. Jahrh.
kam es unter poln. Herrschaft und wurde von dieser christianisiert.
Das BistumBreslau wurde gegen Ende des 10. Jahrh. begründet und im J. 1000 unter
das Erzbistum Gnesen gestellt; im 11. Jahrh. wird S. noch einmal auf kurze Zeit von dem Böhmenherzoge
Bretislaw zurückerobert. Es wurde erst selbständig, jedoch zunächst noch unter poln. Oberhoheit,
durch den Vertrag von 1163, in dem der poln. HerzogBoleslawIV. den drei Söhnen des in der Verbannung gestorbenen
Herzogs Wladislaw II., Boleslaw, Mesko und Konrad, das Land zurückgab.
Die drei Brüder teilten sich in das Land und wurden die Stammväter der schles. Herzöge aus dem Geschlecht der Piasten (s.
Piast). Um das verheerte Land wieder zu bevölkern, zogen diese Herzöge deutsche Ansiedler nach S., besonders
nach Niederschlesien, und ihre Nachfolger, gewöhnlich mit deutschen Fürstentöchtern verheiratet, führten allmählich
deutsches Recht und deutsche Sitte ein. Besonders gefördert wurde die Germanisation auch durch die vielen neu gegründeten
Prämonstratenser- und Cistercienserklöster.
Unter letztern wurde Leubus vor allen wichtig. Die zahlreichen Nachkommen jener drei Herzöge teilten
sich wieder in ihre väterlichen Landesteile, so daß eine ganze Reihe von Fürstentümern entstanden. Doch gab es, besonders
in Oberschlesien, auch noch Fürsten böhm. Stammes, von einem natürlichen Sohne des Königs Ottokar II. (gest. 1278), namentlich
die Herzöge zu Troppau, Jägerndorf und Ratibor. Unter den Fürsten aus der niederschlesischen Linie zeichnen
sich aus Heinrich I. der Bärtige (gest. 1238), der Gemahl der heil. Hedwig,
der mehrere blutige Kriege mit Polen führte und zuletzt einen bedeutenden Teil von Großpolen besaß, sowie sein Sohn Heinrich II.
(s. d.), der Fromme, der 1241 in der Schlacht bei Wahlstatt gegen die Mongolen fiel. Unter seinen Nachfolgern
fielen bald die poln. Landschaften wieder ab. Ans der niederschles. Linie entstanden wieder drei Herzogtümer: Breslau, Liegnitz
und Glogau, aus denen später die Linien Brieg, Schweidnitz, Jauer und Münsterberg, ferner Sagan und Öls sich ausschieden.
Auch Oberschlesien zerfiel durch wiederholte Teilungen in mehrere Herzogtümer, von denen Teschen, Oppeln, Ratibor,
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