in der
Musik eine Verzierung, die aus dem
Vorschlag von zwei oder auch mehr
Noten, meist von unten nach oben,
besteht und in kleinen
Noten vorgeschrieben wird.
(für Edelsteinbearbeitung), Anstalten, die jungen Leuten in technischer und künstlerischer
Beziehung
eine vollendete Ausbildung in der
Edelsteinschleiferei gewähren sollen. Eine solche Schule besteht seit 1884 zu
Turnau
(Böhmen),
[* 6] um
die Industrie der Verarbeitung der böhm. Granaten
[* 7] zu unterstützen. Die Schule zerfällt
in zwei
Abteilungen, eine für Edelsteinschleifer und Edelsteingraveure und eine für Goldarbeiter. An der Schule, welche
jährlich von 20 bis 30 ordentlichen Tagesschülern und 10 bis 20 Hospitanten besucht wird, wirken 8 Lehrkräfte.
Schulgeld wird zumeist nicht erhoben. Die Schule wird vom
Staate unterhalten, die Unterrichtsräume beschafft die Stadtgemeinde.
Konstruktionselement der Dynamomaschine, s.
Bürste. ^[= # ein aus einer Fassung mit eingesetzten Borsten (s. d.) oder Borstensurrogaten bestehendes Werkzeug, ...]
eine Einrichtung, welche dazu dient, rotierenden
Teilen einer elektrischen
Maschine
[* 9] oder eines
ApparatsStrom zu- oder auch von ihnen abzuleiten. Sie besteht in der Regel aus zwei auf die rotierende
Welle aufgesetzten,
mit den
Enden des rotierenden Stromweges leitend verbundenen, voneinander und an der
Welle aber isolierten Metallringen, auf
denen Metallbürsten schleifen, die ihrerseits mit den
Enden des ruhenden Stromweges leitend verbunden,
voneinander und vom Gestell aber ebenfalls isoliert sind.
Der
Strom tritt von der einen
Bürste zum
Ring, auf dem sie schleift, über, durchläuft die rotierende Strombahn und geht durch
den andern
Ring und die zugehörige
Bürste wieder in den ruhenden
Teil der Leitung und zur Stromquelle
zurück. Handelt es sich statt um Stromzuführung um
Ableitung von
Strom aus der rotierenden
Bahn, so geht der
Strom von dem
einen
Ring zur
Bürste, durch den ruhenden
Teil der Strombahn zur Verbrauchsstelle und durch die andere
Bürste und den zugehörigen
Ring zurück.
Schleifscheiben, Schleifstein, s.
Schleifen^[= # demolieren, das Abtragen (Niederreißen) der Befestigungsanlagen eines Platzes, Entfestigung ...] (S.488b).
(Mucus),
eine zähe, schlüpfrige, schwach klebende Flüssigkeit, von der zwei
Arten zu unterscheiden sind,
der stickstoffhaltige tierische und der stickstofflose pflanzliche S. Der tierischeS. ist das Produkt
der Schleimhaut oder besonderer
Schleimdrüsen (s. Schleimhaut) und besteht aus einer dem
Eiweiß der Hühnereier ähnlichen
klaren, alkalisch reagierenden Flüssigkeit, in der in mehr oder minder großer Zahl kleine runde granulierte Zellen von
dem Aussehen der weißenBlutkörperchen,
[* 10] die sog. Schleimkörperchen, enthalten sind, deren Hauptbestandteil
von einem eigentümlichen stickstoffhaltigen Körper, dem Schleimstoff oder Mucin (s. d.),
gebildet wird. Der S. macht die Schleimhäute schlüpfrig, hält sie feucht und bietet gegen äußere Einwirkungen einen
gewissen Schutz. Die flüssige
Substanz des S. entsteht durch eine eigentümliche Umwandlung (Schleimmetamorphose), die die
Zellen der
Schleimdrüsen und die Epithelzellen der Schleimhäute erfahren.
(Bursaemucosae), verschieden große, vollständig geschlossene, mit einer eiweißartigen Flüssigkeit
(Synovia) angefüllte Hohlräume, die entweder zwischen einer
Sehne und einem
Knochen
[* 12] oder zwischen der äußern
Haut
[* 13] und einem
von ihr bedeckten Knochenvorsprung eingeschaltet sind, um die Reibung
[* 14] beweglicher
Teile an ihrer knöchernen
Unterlage zu verringern. Derartige S. finden sich namentlich in der Nähe des Handgelenks, des Kniegelenks und am Fuß. Bisweilen
entzünden sie sich (Schleimbeutelentzündung,Bursitis), was sich durch große Schmerzhaftigkeit, Schwellung, Rötung und
Hitze der benachbarten Weichteile zu erkennen giebt. Die Behandlung besteht teils in zweckmäßiger Lagerung
und absoluter Ruhe des erkrankten
Gliedes, teils in kalten
Umschlägen, in der Anwendung von zerteilenden Salben und Bepinseln
mit
Jodtinktur.
(Febrismucosa), früher Bezeichnung fieberhafter
Krankheiten, in denen die
Kranken viel
Schleim absonderten,
oder von denen man glaubte, daß ihnen eine sog. Verschleimung, eine Anhäufung
von
Schleim, zu
Grunde läge.
(Blenniidae), eine artenreiche (über 200
Arten), kosmopolitisch verbreitete Familie der Stachelloser;
sie sind von gestrecktem, vollrundem Leib, mit nackter oder kleinschuppiger
Haut, mit 1–3 Rückenflossen,
in denen die stachligen
Strahlen meist zahlreicher als die gegliederten sind, die letztern können sogar öfters fehlen. Die
Bauchflossen sind kehlständig mit weniger als 5
Strahlen; bisweilen sind sie völlig rudimentär. Die meisten leben im
Meere,
einzelne auch im süßen Wasser. Zu den S. gehören außer andern der Seeschmetterling, die
Aalmutter,
der
Seewolf (s. die betreffenden
Artikel). – Schleimfisch heißt auch der Inger (s. d.).
Gallertgewebe, eine eigenartige durchscheinende Form des tierischen
¶
forlaufend
Binde-490
gewebes (s. d.) von gallertartiger Beschaffenheit, die sich in großer Ausbreitung
beim Embryo als Vor- läufer für das spätere Bindegewebe vorfindet und deshalb auch geradezu als embryonales Binde- gewebe
bezeichnet wird. Mikroskopisch besteht das S. aus bald spindelförmigen, bald sternförmig ver- ästelten Zellen, die in
einer gallertartigen Grund- substanz eingebettet sind. Beim erwachsenen Orga- nismus kommt es nur im Glaskörper
des Auges vor. Bei niedern Tieren trifft es sich in großer Ver- breitung und bildet bei vielen, z. B. den Medusen, den größten
Teil des Körpers.
Krankbafterweise bilden sich manchmal am menschlichen Körper Ge- schwülste aus S., die sog. Scbleimgewebs- oder
Gallertgeschwülste. (S. Myrom.) Schleimhämorrhoiden, s. Hämorrhoidcn. Schleimharze, soviel
wie Gummiharze (s. d.). Schleimhaut (Nomw-ana. muc08H), weiche, sammetartige,
schlcimabsondcrnde Membran, die als Fortsetzung der äußern Haut die offeuen Höhlen und Kanäle des Körpers, also den ganzen
Darm- kanal mit seinen Anhängen, die Nasenhöhle, die Luftwege bis in die Lungen, die Harnwege von den Nierenbis in die Harnröhre, sowie den weiblichen Genitalapparat auskleidet. In ihrem Baustim- men die S. sehr nahe mit der äußern
Haut (s. d.) überein und bestehen, wie diese, im wesentlichen aus zwei verschiedenen
Schichten, aus der eigentlichen E., die der Lederhaut entspricht und eine Vinde- gewebsschicht von wechselnder
Dicke darstellt, und aus der obern, an der freien Schleimbautfläche ge- legenen Epithelialfchicht, die, der Oberhaut
ver- gleichbar, aus plattenförmigen oder cylindrischen, stellenweise auch mit Wimpern besetzten Zellen be- steht. In die
S. sind viele einfache oder zusammen- gesetzte Schleimdrüsen (^lalidul^e niuc08H6)nnd geschlossene Drüschen (Bälge, Follikel)
eingebettet, ihre Oberfläche wird von Zotten und Würzchen über- ragt; auch sind sie reich an Blutgefäßen
und Nerven.
[* 16]
Die S. haben eine schlüpfrige, stets feuchte und mit Schleim überzogene Oberfläche. Dieser Schleim ist das Produkt der
Schleimdrüsen, die ihren Inbalt an der Oberfläche entleeren. Wegen dieser Be- schaffenheit kann ein rauher Körper (Bissen)
leicht über dieselben hinweggleiten und die Luft ohne große Reibung über sie streichen (im Kehlkopf
[* 17] beim Sprechen und Singen). Znglcich bietet die Schleim- schicht einigermaßen Schutz gegen Verletzungen. Eine fernere wichtige
Eigenschaft der stets durch- feuchteten E. ist ihre Durchgängigkcit für Gafe und Flüssigkeiten.
Daher können die an der Nasenschleim- haut vorüberstreichenden riechenden Stoffe fo leicht durch den
Geruch wahrgeuommcn werden, und des- halb geht auch ein Austausch zwischen der Luft in der Lunge
[* 18] und den Gafen dcs Blutes fo
fchnell von statten. Manche S. sind noch mit besondern Organen für ihre Verrichtungen versehen. So enden in der Nasenschleimhaut
die Geruchsnervcn, in der S. der Zunge und des Gaumens die Geschmacksnervcn, und die Darmschleimhaut besitzt
besondere Vorrichtungen für die Aufsaugung.
Andere S. wieder liefern ein specifisches Sekret, wie die Magenschleimhaut den Magensaft u. s. w. Eine wichtige Eigcnfchaft
der S. ist endlich das Vermögen, allen Bewegungen der Or- gane, denen sie angehören (z. B. dem Darm),
[* 19] leicht und ohne Niderstand zu folgen. Die häusigste Kraukheit der S. ist der Katarrh (s. d.),
die meist gutartige Entzündung
derselben, wobei sie anschwellen, blutreich werden und vielen veränderten Schleim absondern,
auch zum Teil ihre Funktion verlieren (bei Schnupfen riecht man nicht, bei Magenkatarrh verdaut man fchwer).
Weit wich- tiger, aber auch seltener sind zwei andere Erkran- kungsformen der S., nämlich Krupp (s. d.)
und Diphtheritis (s. d.). Außerdem nehmen die S. an vielen Erkrankungen des Körpers teil. ÜberBau und Verrichtung der Schleimdrüsen
s. Drüsen. Schleimhautpolypen, s. Gebärmutterkrank- heiten (Bd. 7, S. 612 d). ^S. 902 d).
Schleimnetz, Malpighisches, s. Haut (Bd. 8, Schleimpapel, s. Feigwarzen. Schleimpilze, s. Myxomyceten.
[* 20] Schleimpolypen,
Polypöse Wucherungen der Schleimhäute, s. Polypen (Krankheit).
Schleimsiinre, eine mit der Zuckcrsäure (s. d.) isomere organische Säure von
der Zusammensetzung (^IIi"^, ^ bei der Oxydation von Galattose, Milchzucker und fast aller Gummiarten entsteht. Sie bildet
ein in Wasser fast unlösliches weißes krystallinisches Pulver, welches bei 210° unter Zer- setzung
schmilzt. Ihre chem. Konstitution wird durch die Formel (^0041 - (OllOII^ -00011 ausgedrückt. Schleimfchicht
der Oberhaut, s. Haut (Bd. 8, Schleimstoff, s. Mucin.
' ^S. 902 d). Schleimsucht, s. Verschleimung.
Schleimzucter, soviel wie Fruchtzucker (s. d.). Schleinitz, Alex. Gust. Adolf, Graf von, preuß. Minister,
geb. zu Blankenburg am Harz, studierte in Göttingen
[* 21] und Berlin
[* 22] die Rechte, wurde 1835 als Attache» und 1836 als Sekretär
[* 23] der preuß. Gesandtschaft in Kopenhagen
[* 24] zugeteilt. In gleicher Eigenschaft 1838 nach Petersburg,
[* 25] 1840 uach London
[* 26] verfetzt,
wurde er 1841 vortragender Rat in der polit. Abteilung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten.
Am übernahm er an Heinrich von ArnimsStelle das Ministerium des Auswärtigen, legte jedoch schon nach einer Woche
das Portefeuille nieder und wurde VertreterPreußens
[* 27] in Hannover.
[* 28] Im Mai 1849 führte S. die Friedensverhandlungen mit Däne-
mark, die zu dem Berliner
[* 29] Waffenstillstände vom 10. Inli führten. Er trat sodann als Minister des Auswärtigen
in das Ministerium Brandenburg
[* 30] ein, gab aber im Sept. 1850 wegen polit.
Differenzen fein Ministerium an Nadowitz ab. Erst in dem libe- ralen Ministerium Hohenzollern-Auerswald vom übernahm
er wieder das Portefeuille des Auswärtigen; es gelang ihm nicht, in der seit 1859 wieder auftauchenden
Frage der Vundesreform ein klares und festes Programm für Preußens Poli- tik aufzustellen, und vor einem Bruche mit Österreich
scheute er zurück; so legte er bereits im Okt. 1861 sein Amt nieder und erhielt dafür das Ministerium des königl. Hauses,
das er bis zu seinem Tode verwaltete. 1879 war er in den per- sönlichen Grafenstand erhoben
worden.
Schleinitz, Georg Emil Gustav, Freiherr von, deutscher Viceadmiral, geb. zu Brom- berg, trat Ende 1849 in die preuft.
Marine und wurde 1858 Lieutenant zur See. Als Flagglieutenant (Ad- jutant) des Geschwaderchefs Sundewall
macbte er die preuft. Expedition nach China,
[* 31] Japan und Siam 1859-62 mit und wurde fodann als Adjutant in das Marineministerium
berufen. Im März 1864 wurde er als Kapitänlieutenant auf die gedeckte Kor- vette Arkona kommandiert an die Stelle des bei
dem Gefecht gegen die dän. Flotte bei Iasmund 17. März schwer verwundeten
ersten Offiziers,
¶
forlaufend
Kapitänlieute-491
nants Vergcr, trat dann in die Admiralität als De- cernent zurück, welche Stellung er bis 1869 beklei- dete, nachdem er 1868 zum
Korvettenkapitän ernannt war. Als Kommandant der Arkona unternabm er dann eine Reise in das Mittelmeer zur Begleitung des Kronprinzen
von Preußen
[* 33] bei Eröffnung des Eueskanals und fodann nach Westindien,
[* 34] Süd- und Nordamerika
[* 35] und nach den
Azoren. Von 1871 bis 1874 trat er wieder als Decernent in die Admira- lität zurück, erhielt alsdann als Kapitän zur See
den Befthl über die gedeckte Korvette Gazelle (s. d.) und unternahm mit ihr
1874-76 eine zweijäbrige wissenschaftliche Expedition um die Erde.
Nach seiner Rückkehr wurde S. Vorstand des Hydrogra- phischen Amtes der Admiralität, 1876 Mitglied des
Centraldirektoriums der Vermessungen im preuß. Staat, 1881 ständiger Beisitzer des kaiserl. Obcr- seeamtes, 1883 Konteradmiral
und nahn: 1886 sei- nen Abschied aus der Marine und erhielt den Cba- raktcr als Viceadmiral. S. war längere Jahre hin-
durch Vorsitzender der Gesellschaft für Erdkunde
[* 36] in Berlin und der Afrikanischen Gesellschaft in Deutsch- land.
Vom Frühjahr 1886 bis Mai 1883 war er im Dienste
[* 37] der Deutschen Neuguinea-Compagnie, die ihn zu ihrem obersten Vertreter in
den: unter Verwaltung der Compagnie stehenden Schutzgebiet mit dem Titel Landeshauptmann ernannte. Zwci Jahre hindurch
war er unter schwierigen Verhält- nissen für die Entwicklung des Schutzgebietes thätig. Schleißheim,ein königlich bayr. Lustschloft,14^m
nordwestlich von München,
[* 38] an der Linie München- Landshut-Regensburg derBayr.
Staatsbahnen,
[* 39] be- steht aus einer ältern und einer neuern Anlage. Im ältern Schlosse, von Herzog Nilhelm V. herrührend,
befindet sich ^etzt die Verwaltung des Staatsgutes S. mit Remontedepot, bedeutendem Torfstich und großer
Landwirtschaft. Die höhere landwirtschaft- liche Lehranstalt ist 1850 nach Landsbcrg verlegt. Hinter dem ältern Schlosse
der Prachtbau des neuen Schlosses, von Kurfürst Max Emanuel 1634-1700 nach Plänen ital. Baumeister aufgeführt und 1726 vollendet.
Das Stiegenbaus, eins der prächtigsten in Europa,
[* 40] wurde von König Ludwig I. ergänzt. Die Gemäldegalerie
zählt 1600 Gemälde, darunter sehr viele kostbare aus den altdeutschen und spätern Schulen; ferner die Originalmodelle
vieler in Mün- chen stehender Monumente bayr. Fürsten. -
Vgl. Mayerhofer, S., eine geschichtliche Federzeichnung (Vamb.
1890).
Schleitheim.
1) Bezirk im schweiz. Kanton
[* 41] Schaffhansen, hat 43,6 hkm und (1888) 40417 E.,
darunter 129 Katholiken, in 3 Gemeinden. - 2) Marktstecken und Kauptort des BezirksS., an der Straße vonSchaffhausen
[* 42] nach Freiburg
[* 43] i. Br., bat
(1888) 2268 E., darunter 66 Katholiken, Post, Telegraph,
[* 44] Realschule; Lcinenspinnerei und -Weberei, Gipsfabrikation und -Handel,
Holzindustrie, Sand- steinbrüche, Gips- und Schneidemühlen, Holzhandel. Schleiz.
[* 45]
1) Landratsamtsbezirk im Fürstentum Reuß
[* 46] jüngerer Linie, hat 541,4 ^km, 85 Gemeinden und (1890) 38 612 (18 557 männl., 20 055 weibl.)
E., darunter 181 Katholiken, 5968 bewobnte Wohn- häuser, 8166 Haushaltungen und Anstalten und umfaßt die Amtsgcrichtsbezirke
S., Lobenstein und Hirschberg.
[* 47] - 2) Kreisstadt im Landratsamtsbezirk S., zweite Residenzstadt des Fürstentums, am
Flüh- chen Wiesenthal, in
fruchtbarer Umgebung, an der Nebenlinie Schönberg-S. (14,9 km) der Eächs.
Staatsbahnen, Sitz des Landratsamtes und eines Amtsgerichts (Landgericht Gcra) und der fürstl. Kammer, zerfällt in Alt-,
Neu- und Heinrichsstadt und hat (1890) 4928 E., darunter 26 Katholiken, Postamt erster Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrich-
tung, Pfarrkirche zu St. Georg, spätgot. Vergkirche, fürstl. Residcnzschloß mit Kirche und Bibliothek,
Gymnasium, Landeslehrer- scminar, Landestaubstummen- anstalt, Holzschnitzschule, Be- zirksarmen- und -Arbeitshaus, Waisen-
und Krankenhaus;
[* 48] Woll- und Baumwollweberci, l^trumpfwirkerei, Gerberei, Brauerei, Fabrikation vonMe- tallwarcn (Lampen),
[* 49] Spiel-
waren und Lebkuchen. - S., ursprünglich ein slaw. Ort und vom 13. bis 16. Jahrh.
Sitz einer Niederlassung des Deutschen Ritterordens, hatte bereits im 13. Jahrh, städtische Verfassung
und erhielt 1492 die ersten umfassenden Statuten. 1837 und 1856 litt es durch Feuer. 2 kin süd- lich Lustschloß Heinrichsruhe
und der Lustort Ere- mitage, 7 km westlich das alte Schloß Burgk an der Saale, mit Amtsgericht und einer
großen Schneidemühle. Bei S. faud e'in Ge- fecht zwischen Franzosen und Preußen unter Tauen- zien statt. -
Vgl.
Alberti, Geschichte des deutschen Hauses zu S. (Schleiz 1877).
Schlema.
1) Ob erschl cm a, Dorf in der Amts- hauptmannschaft Schwarzcnberg der sächs. Kreis- bauptmannschaft Zwickail, an der NebenlinieNieder- schlema-Schnecbcrg (5,2 km) der Sächs. Staatsbah- nen, hat (1890) 1908 E., darunter 58 Katholiken, Post, Telegraph',
ein königl. Vlanfarbenwerk, das im Verband
[* 50] mit dem Vlaufarbenwerk Pfannenstiel Vlausarbenprodukte,
Kobalt, Nickelpräparate und Wismutmetall herstellt, Maschinenstickerei, 2 Vunt- papicrfabriken, Papier- und Pappenfabrik
und Gra- nitstcinbrüche. - 2) Niederschlema, Dorf eben- daselbst, mit Obcrschlema zusammenhängend,
an der ZwickauerMulde, an der Linie Werdau-Schwarzen- berg und der NebenlinieNicderschlcma-Schneeberg darunter 43 Katholiken,
Post, Telegraph, Fern- sprecheinrichtung, Rittergut; 2 Maschinenfabriken, Eisengießerei,
[* 51] 2 Holzstoff- und Papierfabriken
und 4 Holzschleifereien.
Schlemihl oder Schlemiel ljüd.-deutsch, ver- kürzt aus dem hebr. 8c1i6wmi^I, «Gottesfreund»),
im Rotwelsch (s. d.) gebräuchliche Bezeichnung für Pech- vogel, Unstern. Allgemein bekannt wurde der
Name durch A. von Chamissos Werk «Peter Schlemihl». Schlemmscher Kanal
[* 52] ((^n^i3 sctiiemmü), ein nach dem Anatomen Friedrich Schlemm
(gest. zu Berlin) benanntes, feines venöses Blutgefäß, das ringförmig die harte Augcnhaut (Zclei'otic^) nahe
am Hornhautfalze durchzieht. Schlempe, dcr nach dem Abdestillieren des Al- kohols aus der vergorenen Flüssigkeit
verbleibende Rückstand. (S. Spiritusfabrikation.)
[* 53] Da die S. außer der durch die Gärung zerstörten und in Al- kohol übergeführten
Stärke
[* 54] alle in den Rohstoffen der Spiritusfabrikation enthaltenen Nährstoffe (Ei- weiß und fonslige stickstoffhaltige Bestandteile,
Fette, Aschcnbestandtcile) enthält, ist sie ein sehr geschätztes Futtermittel, namentlich für Mastvieh
und Milchkübc. Die S. von 100 1 verarbeiteten Kartoffeln enthält 2,5 kz stickstoffhaltige Stoffe, 0,3 KZ Fette, 4 153 stickstofffreie
Extraktstoffe; die S.
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0493a
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mehr
Bindevon 100 kg Roggen enthält 11,9 kg stickstoffhaltige Stoffe, 2,3 kg Fette, 14,6 kg stickstofffreie Stoffe, während die
S. von 100 kg Mais von diesen Stoffen 11,1; 6,6; 13,8 kg enthält. Da die S. ein sehr wasserreiches Futtermittel ist (94-97
Proz. Wasser), so ist eine zu große Schlempegabe wegen der durch die starke
Wasserzufuhr erzeugten Verdünnung der Säfte und infolgedessen erforderlichen starken Wasserverdunstung im tierischen Organismus
nicht empfehlenswert; man kann für 1 Haupt Rindvieh 50-60 l S. als eine angezeigte Tagesration annehmen.
Die S. soll stets warm verfüttert werden, namentlich auch wegen der Gefahr des Sauerwerdens vor Abkühlung geschützt werden.
Eine bei zu starker Schlempefütterung oft auftretende Krankheit des Rindviehs ist die Schlempemauke (s. d.). Die Melassenschlempe
(s. d.) wird als Futtermittel nur in geringerm Maße verwandt, bildet aber ein wichtiges Düngemittel, auch wird sie eingedickt
und verkohlt, die gewonnene Kohle (Schlempekohle) wird als Rohstoff für die Pottaschebereitung benutzt. Neuerdings wird in
industriellen Großbrennereien, in welchen eine direkte Verfütterung der S. ausgeschlossen ist, die S., namentlich Getreideschlempe,
mit Erfolg getrocknet und als nährstoffreiches, wertvolles Futtermittel (trockne S.) in den Handel gebracht. -
der unverbrennliche Rückstand der bei der Entzuckerung der Melasse oder bei deren
Verarbeitung auf Spiritus
[* 57] restierenden Laugen (Schlempe).
Letztere werden mittels Verdampfapparaten möglichst konzentriert
und dann die organischen Bestandteile im Schlempeofen mittels freien Feuers vollkommen verbrannt.
Die S. enthält 50-70 Proz.
kohlensaures Kalium, je nach der Herkunft der verarbeiteten Melasse neben andern Kalium- und Natriumverbindungen und dient
als Rohmaterial für Pottaschebereitung.
Fußmauke, Fußgrind, ein grindartiger Ausschlag an den Füßen des Rindes, der nach Verfütterung von
Schlempe wahrscheinlich durch ein besonderes in der Kartoffelschlempe enthaltenes Gift herbeigeführt wird.
Meist sind nur
die Hinterfüße bis zu den Sprunggelenken von dem nässenden, mit Borken- und Krustenbildung einhergebenden Ausschlage ergriffen.
Daneben können Allgemeinstörungen bestehen.
Behandlung: Aussetzen oder wenigstens Herabsetzen der Schlempefütterung
von 80 l pro Tag auf 20-40 l und entsprechende Zugabe andern Futters, ferner örtliche Behandlung des Ausschlags.
eine vorteilhafte, besonders bei den ital. Gesteinsarbeitern beliebte
Methode des Handbohrens, wobei mit einem schweren Fäustel auf den aufwärts gerichteten Bohrer
[* 59] geschlagen
wird.
Bahnen für nichtöffentlichen Verkehr in Österreich-Ungarn. ^[= oder Österreichische Monarchie, nach dem Stammlande der Monarchie, dem Erzherzogtum Ö. (s. ...]
[* 60]
Schleppdampfer, Bugsierboot, Remorqueur, ein Dampfschiff
[* 61] mit besonders starker Maschine, das die Bestimmung
hat, andere (besonders Segel-)Schiffe gegen den Strom, oder bei Windstille, oder wenn sie Haverei erlitten haben in den Hafen
zu schleppen.
Die dabei benutzten Schlepp- oder Bugsiertaue werden zur bessern Haltbarkeit gegenwärtig
fast sämtlich aus Eisen- oder Stahldraht gefertigt.
oder Zugnetz, jedes Netz, das so auf dem Grunde des Wassers gezogen wird, daß der untere Rand seiner Öffnung
hart über dem Boden hingeht oder, wenn dieser weich ist, in denselben eingreift. Es dient also zum Fange von unmittelbar
am Boden lebenden Tieren, so besonders die Wade (s. Netzfischerei und Tafel: Netzfischerei II,
[* 56]
Fig. 2). Das größte, bei der Hochseefischerei
angewendete S. ist das Baumschleppnetz (s. d. und Taf. I,
[* 56]
Fig. 3) oder Trawl. S. im engern Sinne (Dredge) heißt das bei wissenschaftlichen Meeresuntersuchungen, namentlich Tiefseeforschungen,
zum Fange der am Meeresboden lebenden Tiere und zum Heraufholen des Tiefseeschlammes gebräuchliche Netz (s. Tafel: Tiefseeforschung,
[* 56]
Fig. 5). Es besteht aus einem dreieckigen oder länglichen rechteckigen Metallrahmen, dessen lange
Seiten breite, schneidende Kanten haben, die in den Meeresgrund eingreifen.
Der in dem Rahmen befestigte Netzbeutel besteht meistens aus einem sehr engmaschigen Netzzeuge, das zum Schutze außen von
einem weitmaschigen Netz umgeben ist. An den Enden des Netzes sind gewöhnlich Troddeln aus Hanf befestigt, an die sich viele
Tiefseetiere anklammern und verwickeln. Das S. muß für größere Tiefen stark beschwert sein; das Auswerfen
und Einholen desselben ist sehr beschwerlich und muß stets mit Hilfe einer Dampfmaschine
[* 62] ausgeführt werden.
in Flüssen und Kanälen besteht jetzt fast nur
noch Kettenschleppschiffahrt (s. d.), während die S. auf See, vor Hafeneingängen
und in den Flußmündungen durch Schraubendampfer ausgeführt wird.
In den großen Seehäfen bestehen Reedereien, die sich
lediglich mit der S. befassen.
Der Berg, auf dessen Plateau sich das Schlernhaus
(2460 m) des Alpenvereins befindet, wird sehr häufig, am besten von Bad
[* 65] Ratzes aus, bestiegen und bietet eine wundervolle
Aussicht. -
[* 67] ein ehemals zur KroneBöhmen gehöriges Herzogtum, wird geographisch in Ober- und Niederschlesien, politisch
aber in Preußisch-Schlesien und Österreichisch-Schlesien geteilt.
I. Preußisch-Schlesien, Provinz im preuß. Staate, umfaßt das Gebiet des preuß. Herzogtums S., mit Ausschluß des 1815 dem
Reg.-Bez. Frankfurt
[* 68] einverleibten Kreises Schwiebus,
[* 69] dagegen mit Einschluß der GrafschaftGlatz,
[* 70] einiger böhm. Enklaven, des 1815 von
Sachsen
[* 71] an Preußen gekommenen Anteils der Oberlausitz und eines kleinen Teils des ehemals zum Kreis
[* 72] Crossen
[* 73] gehörigen Gebietes der Neumark, bestehend aus der Stadt Rothenburg
[* 74] a. O.
¶
Oberflächengestaltung. Die Provinz besteht aus Bergland und Flachland. Das Bergland umfaßt die kleinere Hälfte und wird
durch eine flache Thalsenkung, das schles. Längenthal, welches die Provinz in der ganzen Länge von dem Ursprung
der Malapane im O. bis zum Austritt derSchwarzen Elster im W. durchzieht, in ein südwestl. und ein nordöstl. Bergsystem geschieden.
Die nördl. Grenze des südwestlichen, sog. Schlesischen Berglandes bezeichnet etwa die Linie, welche Niesky mit Hainau, Kanth,
Grottkau und der obern Malapane verbindet und in einer Höbe von 155 bis 180 m liegt.
Ein Busen des Tieflandes erstreckt sich hier zwischen der Glatzer Neisse und der Oder in das Bergland hinein, fast bis an die
österr. Grenze. Von jener Grenzlinie erhebt sich das Land allmählich südwärts, bis es etwa 315 m Höhe erreicht. Sodann
entwickelt sich nahe der Grenze das SchlesischeGebirge, das nur den mittlern, aber bedeutendsten Teil der
Sudeten (s. d.) umfaßt und die höchsten Erhebungen Norddeutschlands, teilweise mit ausgebildetem Hochgebirgscharakter und
reichen landschaftlichen Reizen, enthält, während die Provinz weder im NW. noch im SO. bis an den Gebirgszug dieses
Systems selbst heranreicht. Im NW. gehören davon der Provinz nur wenige einzelne, vom LausitzerGebirge
abgerückte Berge (Landeskrone 429 m) und Berggruppen an. Ebenso ziehen im SO. nur einzelne Ausläufer des Mährisch-Schlesischen
Gebirges, welches Mähren von Österreichisch-Schlesien scheidet, über die preuß. Grenze
herüber. Es gehören zur Provinz das Isergebirge (s. d.) mit der Tafelfichte (1123 m) und seine nördl.
Vorstufe, weiter das Riesengebirge (s. d.) mit der Schneekoppe (1605 m), das
Katzbachgebirge (s. d.) und das Waldenburger oder Niederschlesische Steinkohlengebirge mit den Porphyrmassen des Hochwaldes
(830 m) und dem zerrissenen Neuroder Gebirge; das Glatzer Gebirge (s. d.) mit dem Eulengebirge (s. d.,
Hohe Eule 1014 m) und ReichensteinerGebirge (Heidelberg
[* 91] 902 m), dem Glatzer Schneegebirge (GroßerSchneeberg 1422 m),
dem Habelschwerdter Gebirge (Hohe Mense 1085 m) und Heuscheuergebirge (920 m); die Vorstufe des Eulengebirges mit dem Zobten
(718 m) und die Vorstufe des Mährisch-Schlesischen Gebirges mit der Bischofskoppe (886 m) im NO. des Altvaters und dem Plateau
von Leobschütz.
[* 92] Im O. der Oder ist das Bergland nicht gebirgig und umfaßt nur ausgedehnte Plateaulandschaften
mit welliger oder hügeliger Oberfläche.
Hier liegt zunächst im S. der Malapane das Oberschlesische Steinkohlengebirge (s.
Oberschlesisches Steinkohlenbecken), das
im S. an die Weichsel, im O. an die Przemsza und Brinitza stößt und, nebst dem Polnischen Berglande, als Vorstufe der
nördl. Vorkarpaten (Beskiden) zu betrachten ist. Dasselbe nähert sich zweimal der Oder, bei Ratibor und im Annaberg
[* 93] (406
m) bei Krappitz. Zwischen beiden Vorsprüngen befindet sich eine von der Ruda, Birawka und Klodnitz durchflossene Thalsenkung,
die sich kreisförmig im O. bei Gleiwitz
[* 94] schließt, etwa 220 m hoch und wellig und reich an Eisenstein
ist.
Im N. dieser Einsenkung werden die Vorsprünge zum Plateau von Tarnowitz
[* 95] verbunden, welches eine mittlere Höhe von fast 315 m
erreicht und nordwärts zur Malapane abfällt. Von ähnlicher Beschaffenheit ist seine südöstl. Fortsetzung, das Plateau
von Nikolai, das sich südostwärts zur Weichsel und deren Nebenflüssen abdacht. Weiter von der Oder
abgerückt, aber ihrer Strombahn parallel zieht sich, vom Quellbezirk der Malapane an, längs der Grenze von Polen und Posen,
das Oberschlesische Juragebirge, das bis zu 350 m emporsteigt.
Kaum in Verbindung mit diesem steht der Trebnitzer Landrücken (s. Katzengebirge), der als Wasserscheide zwischen Weide
[* 96] und Bartsch
fast in gerader Linie von der Quelle
[* 97] der Weide bei Groß-Wartenberg westwärts bis Leubus zieht und bei Trebnitz im Weinberg 217 m
Höhe erreicht. Durch das Thal
[* 98] der Oder von ihm getrennt, erstrecken sich von dieser bis zum Bober, das Tiefland Niederschlesiens
durchlängend, die sog. Katzenberge, deren höchste Punkte nur noch 188-228
m erreichen und die sich in dem Märkischen Landrücken gegen NW. fortsetzen.
Gewässer, Klima.
[* 99] Der weitaus größte Teil der Provinz gehört zum Gebiet der Oder, kleinere Teile zu dem der Weichsel (im SO.)
und der Elbe (Spree, Elster).
[* 100] Die Oder, der Hauptfluß der Provinz, gehört derselben auf 507 km an, 30 km
weit als Grenzscheide gegen Österreichisch-Schlesien, dann flößbar bis Ratibor 27,4 km, von dort abwärts 450 km schiffbar.
Die Oder nimmt innerhalb der Provinz rechts die Olsa, Ruda, Birawka, Klodnitz, Malapane, Stober, Weide und Bartsch, links die
Oppa, Zinna, Stradune, Hotzenplotz, Glatzer Neisse mit der Steinau, die Ohlau, Lohe, Weistritz, Katzbach mit
der Wütenden Neisse und der Schnellen
[* 101] Deichsel sowie außerhalb der Provinz den ihr größtenteils angehörigen und hier durch
den Queiß verstärkten Bober und die LausitzerNeisse auf.
Die Weichsel, auf der Grenze fließend und auf 5 km schiffbar, empfängt links den Korzynicz und die Gostine,
sowie die Przemsza, die von der Mündung der Brinitza bei Myslowitz
[* 102] abwärts 32 km schiffbar ist. Der einzige Schiffahrtskanal
ist der Klodnitzkanal (s. d.) im oberschles.Berg- und Hüttenrevier. Von Landseen ist der bedeutendste der fischreiche Schlawersee
im Kreis Freistadt an der Grenze von Posen, der 11 km lang und 2,7 km breit ist; bemerkenswert ist ferner
die Militsch-Drachenberger Seengruppe. An Mineralquellen ist S. sehr reich: von den 16 Gesundbrunnen sind die besuchtesten
Warmbrunn und Salzbrunn, ferner Charlottenbrunn, Flinsberg, Kudowa, Landeck, Langenau, Reinerz und Königsdorff-Jastrzemb.
Das Klima ist je nach der Höhenlage verschieden, gemäßigt und ziemlich günstig in den ackerbautreibenden Thälern,
rauh auf den Höhen, namentlich in Oberschlesien und in den Gebirgslandschaften. Breslau hat ein Jahrestemperaturmittel von
nur
¶
mehr
8° C.; drei Monate im Jahre liegt die mittlere Temperatur unter Null. Die Regenverhältnisse sind in der Ebene normal, im Gebirge
wechselnd; die mittlere jährliche Niederschlagsmenge beträgt in Breslau 53, in Ratibor 59, in Grünberg
[* 104] 61 und in Beuthen
in Oberschlesien 69 cm.
Bevölkerung.
[* 105] Die Provinz hat (1890) 4224458 (1999700 männl., 2224758 weibl.) E., 450689
bewohnte, 7841 unbewohnte Wohnhäuser,
[* 106] 7221 andere bewohnte Baulichkeiten, 979998 Haushaltungen und 3385 Anstalten mit 79999 Insassen.
Dem Religionsbekenntnis nach waren 2247890 Katholiken, 1921216 Evangelische, 5886 andere Christen, 1256 Dissidenten und 48003 Israeliten,
der Staatsangehörigkeit nach 4199431 Reichsangehörige, 23207 Reichsausländer (Österreicher, Ungarn,
[* 107] Holländer, Dänen, Russen)
und 1817 andere und ohne Angabe; der Muttersprache nach sind die meisten Bewohner Deutsche,
[* 108] mit Ausnahme
von 973586 Polen, Masuren und Kassuben, ferner 68797 Czechen und 26299 Wenden.
Land- und Forstwirtschaft. Von der Gesamtfläche kamen (1893) aus Acker- und Gartenland 2246626 ha, Wiesen 347529, Weiden und
Hutungen 61671, Öd- und Unland 24813, Holzungen 1161366, Haus- und Hofräume 50709, Wegeland, Gewässer
u. s. w. 137108 ha. Die Landwirtschaft beruht zum größten Teil auf dem mittlern und bäuerlichen Betriebe; doch ist auch
der Großgrundbesitz in einzelnen Gegenden sehr ausgedehnt (keine preuß. Provinz zählt so viel mittelbare Fürstentümer,
Standesherrschaften u.s. w. wie S.), und im ganzen entfällt ungefähr ein Drittel der Gesamtfläche auf
den landwirtschaftlichen Großbetrieb. S. hat etwa zur Hälfte trefflichen Boden und ist fast durchweg gut angebaut.
Besonders fruchtbar sind das Oderthal und die Vorstufen des Gebirges von Liegnitz bis Ratibor, ebenso die Thäler von Hirschberg
und Landeshut, sowie die GrafschaftGlatz. Hier liegen die Hauptsitze des Ackerbaues und der Viehzucht.
[* 109] Unfruchtbar ist dagegen fast das ganze Gebiet auf der rechten Oderseite und der westl. Teil des schles. Längenthals. S. liefert
nächst Sachsen den größten Ertrag von Weizen und Gerste
[* 110] im Staat, überragt im Haferertrag alle übrigen Provinzen und gewinnt
auch reichlich Roggen sowie Buchweizen, Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Rüben, Ölfrüchte, Flachs, Tabak
[* 111] und andere Handelsgewächse.
Der Obst- und Weinbau blüht bei Grünberg, Beuthena. O. und Muskau, ferner bei Liegnitz, Öls u. s. w. Der größte Teil der landwirtschaftlich
benutzten Fläche ist mit Roggen bebaut (1893: 604216 ha), dann folgen Hafer
[* 112] (355352), Kartoffeln (327371), Weizen (215498)
und Gerste (157655 ha). Der Ernteertrag belief sich (1894) auf 693198 t Roggen, 296563 Weizen, 206178
Gerste, 3089117 Kartoffeln, 270834 Hafer und 596406 t Wiesenheu. Die Viehzucht ist außerordentlich entwickelt. Der Viehbestand
betrug 296725 Pferde,
[* 113] 1457576 (1893: 1425398) Stück Rindvieh, 657271 Schafe,
[* 114] 658702 (1893: 701123) Schweine,
[* 115] 206268
Ziegen und 126674 Bienenstöcke. Die Provinz hat (1893) 1161366 ha Forsten, darunter 888239 Privat-, 152892
Staats- und 93292 Gemeindeforsten. Der Wald besteht zu 87,2 Proz. aus Nadelholz, doch finden sich ausgedehnte Laubwaldungen
namentlich im Oderthal, besonders im Reg.-Bez. Breslau.
Bergbau und Hüttenwesen. Der Kohlen- und Erzbergbau und im Zusammenhang damit das Hüttenwesen sind
außerordentlich
entwickelt. Das Oberschlesische Steinkohlenbecken (s. d.) ist das reichste Deutschlands,
[* 116] und die oberschles. Steinkohle wetteifert
mit der besten englischen. Der Reg.-Bez. Oppeln hat die meisten Eisenwerke unter allen Bezirken des Staates. Eisenerz wird
in großen Mengen in den KreisenTarnowitz und Beuthen gewonnen und ebenda, sowie in den Kreisen Zabrze,
Kattowitz
[* 117] und Gleiwitz verhüttet.
Das Tarnowitzer Plateau hat ferner das reichste bekannte Zinklager, dessen Galmei auch das seltene Metall Kadmium einschließt;
ebenso liefert es Bleierze mit Silber in bedeutenden Mengen. Zahlreiche Erz- und Kohlenbergwerke sowie Hütten- und Hochofenwerke
finden sich auf dem verhältnismäßig engen Plateau zusammengedrängt. Auch die Vorstufen des Riesengebirges,
namentlich die Gegend um Waldenburg,
[* 118] haben einen bedeutenden Kohlen- und Erzbergbau; hier werden namentlich Kupfererze und
Kupferkies, Schwefelkies und Vitriolerze gewonnen.
Auf dem Katzbachplateau und im ReichensteinerGebirge sind die einzigen ergiebigern Fundgruben im Staat für Arsenikerze. Auch
Braunkohlen finden sich in den Vorbergen des Berglandes. Dagegen ist die Torfgewinnung
[* 119] nicht wesentlich,
wenngleich sich in den Flußthälern und in den Moorfeldern des GlatzerGebirges mächtige Torfvorräte finden. Die Berg- und
Hüttenindustrie beschäftigte (1882) 70900 Personen. Die Industrie der Steine und Erden, welche (1882) 3425 Betriebe mit 41395 Gewerbthätigen
zählte, stützt sich auf reiche Lager
[* 120] von nutzbaren Steinen und Erden: die Gips- und Kalksteinbrüche
Oberschlesiens, die Marmor- und Steinbrüche in den KreisenStrehlen,
[* 121] Neisse, Striegau
[* 122] und Schweidnitz, die Cementfabrikation
Oberschlesiens, die Töpferei von Bunzlau,
[* 123] Sagan und Rothenburg, die Porzellanfabrikation von Waldenburg und Schweidnitz, die
Glasmacherei in den KreisenWaldenburg, Glatz, Habelschwerdt, Sagan, Bunzlau, Hirschberg (Josephinenhütte), Görlitz
[* 124] u. s. w.,
ferner die Gewinnung von Bergkrystall, Serpentin (am Zobten), Chrysopras (Kosemitz bei Nimptsch und Tarnau
bei Frankenstein, beinahe die einzigen Fundorte), Amethyst, Topas
[* 125] und andern Halbedelsteinen und deren Verarbeitung liefern
große Mengen von Produkten, deren Ruf weit verbreitet ist.