den J. 1882-85 schuf er im Justizgebäude zu
Cassel vier Wandgemälde (die Kardinaltugenden allegorisch darstellend), 1889-91
im Rathaus zu
Berlin
[* 2] mehrere Wandgemälde histor. und allegorischen
Inhalts. S. ist seit 1880 königl. Professor, seit 1889 Mitglied
der
Akademie der Künste zu
Berlin.
Christoph Gottlieb
Adolf,
Freiherr von, Jurist, geb. zu
Nürnberg,
[* 3] studierte zu
Erlangen
[* 4] und
München,
[* 5] vorzugsweise unter Puchta, die
Rechte, habilitierte sich 1836 zu
Erlangen und wurde hier 1840 außerord., 1845 ord.
Professor der
Rechte. 1856 wurde er von der Erlanger theol.
Fakultät zum Doktor der
Theologie ernannt. 1881 trat er in den
Ruhestand; 1884 wurde er in den bayr. Freiherrnstand erhoben und starb in
Erlangen. Seine Hauptwerke auf dem Gebiete des röm.
Rechts sind: «Lehrbuch der Institutionen»
(Erlangen 1850; 8. Aufl. 1883),
die «Beiträge zur Bearbeitung des röm.
Rechts» (2 Bde., ebd. 1852-71) und «Weitere
Beiträge zur Bearbeitung des röm.
Rechts» (2 Hefte, ebd. 1884-86). Ferner sind zu nennen: «Zur
Lehre
[* 6] vom Kirchenregiment»
(Erlangen 1862),
(spr. sche-),Fischerdorf in der niederländ.
ProvinzSüdholland, eins der besuchtesten Seebäder der Nordsee, 2 km nordwestlich vom Haag,
[* 7] wohin eine schöne
Allee, ein
Kanal,
[* 8]
Pferde-,
Dampf- und elektrischeBahnen führen, in der ersten Reihe der Dünen gelegen, zählt 17277 E.
S. wird seines starken Wellenschlags wegen jährlich von etwa 20000 Badegästen besucht, hat viele große Gasthöfe; der
bedeutendste ist das 1886 nach einem
Brande neu aufgeführte Kurhaus.
Bei denStürmen Dez. 1894 und Jan. 1895 hat die Dünenreihe
sehr gelitten. Vor S. siegten die Engländer über die holländ.
Flotte unter
Tromp.
auch
Szewczenko geschrieben,
Taras Grigorjewitsch, kleinruss. Dichter, geb. 9. März im Dorfe
Morinzy (Gouvernement Kiew)
[* 9] als Leibeigener, kam 1832 zu einem
PetersburgerMaler in die
Lehre und besuchte dann die Kunstakademie,
wo er
Schüler Brülows war. Er ging darauf
Studien halber nach
Kleinrußland, zog sich aber durch seine polit.
Dichtungen und
seine
Teilnahme an der panslawistischen Cyrillo-Methodiusschen
Brüderschaft eine
Anklage zu, wurde unter die
Soldaten gesteckt
und nach Orenburg, dann von 1850 an nach der Festung
[* 10]
Nowo-Petrowsk geschickt.
Erst 1857 freigegeben, begab er sich nach
Petersburg.
[* 11] 1859 besuchte er
Kleinrußland zum letztenmal. Er
starb 10. März in
Petersburg. Seine
Leiche wurde nach
Kleinrußland gebracht und dort bei der Stadt Kanew (Gouvernement
Kiew), am Zusammenfluß des
Dnjepr und der Kanewka, begraben. Von seinen Werken ist das berühmteste
die erste Sammlung
seiner Gedichte, die 1840 u. d. T. «Kobzar»
(der Kobzaspieler, Volkssänger) erschien, und darunter wieder besonders «Katerina»
und «Die Magd». Ein histor. Epos «Die
Hajdamaken» fand weniger Anklang. Seine Gedichte, Novellen und
Erzählungen in
(groß-) russ.
Sprache
[* 12] wurden herausgegeben von der Redaktion des «Kiewer
Altertums» (Kiew 1888). -
(spr. ski-),GiovanniVirginio, ital. Astronom, geb. zu Savigliano
in Piemont, studierte in
Turin
[* 14] Mathematik, darauf in
Berlin unter Encke
Astronomie
[* 15] und ging dann einige
Zeit nach
Pulkowa, wo er unter W.
Struve astron.
Studien oblag. 1859 nach
Italien
[* 16] zurückgekehrt, wurde er zum zweiten Astronomen
der
Sternwarte
[* 17] in Mailand
[* 18] und 1862 zum Direktor derselben ernannt.
Als er 1866 die
Bahnen der Sternschnuppenschwärme untersuchte,
entdeckte er, daß zwischen
Kometen
[* 19] und
Sternschnuppen eineBeziehung stattfindet, indem nämlich die
Bahnen
einiger Sternschnuppenschwärme mit denen einiger
Kometen gleich sind; eine eingehendere Untersuchung dieses Gegenstandes
führte ihn zu der jetzt von den Astronomen allgemein angenommenen
Theorie, daß die
Sternschnuppen als ein Produkt der mechan.
Teilung und allmählichen Zerstreuung der
Kometen anzusehen sind. über diesen Gegenstand veröffentlichte er
außer mehrern
Abhandlungen ein größeres Werk
«Note e reflessioni sulla teoria astronomica delle stelle cadenti» (deutsch
von G. von
Boguslawski:
«Entwurf einer astron.
Theorie der
Sternschnuppen»,
Stettin
[* 20] 1871).
Außer verschiedenen
Arbeiten auf dem
Gebiete der
Meteorologie, über Geschichte der
Astronomie und über
Doppelsterne erschienen von ihm «I precursori di Copernico
nell'antichità» (Mail. 1876; deutsch von Curtze: «Die
Vorläufer des
Kopernikus im
Altertum», Lpz. 1876). Die Oberfläche des
Mars,
[* 21] besonders die rätselhaften Linien
(Kanäle) auf
diesem
Planeten
[* 22] sind von ihm auf
Grund eigener
Beobachtungen in mehrern für die
Topographie des
Mars äußerst wertvollen
Abhandlungen
beschrieben worden (in den «Atti dell' Accademia dei Lincei»,
1878, 1881 und 1886). In der letzten Zeit hat S. durch mehrjährige
Beobachtungen bewiesen, daß für
Merkur
[* 23] und sehr wahrscheinlich
auch für
Venus die Umlaufszeit gleich der
Periode der Achsendrehung ist, woraus folgt, daß diese
Planeten beständig eine
und dieselbe Seite der
Sonne
[* 24] zukehren müssen, ähnlich wie der Mond
[* 25] immer der Erde dieselbe Seite zukehrt.
(spr. skiaw-),Andrea, eigentlich
Medola oder Meldolla, ital.
Maler und Kupferstecher, geb. angeblich 1522 zu
Sebenico in
Dalmatien, gest. 1582 zu
Venedig,
[* 26] entlehnte von seiner slaw. Abkunft seinen
Beinamen. Seine ersten
Studien machte
er nach den Kupferstichen des Parmeggianino, studierte hierauf die Werke
Giorgiones und
Tizians und suchte
die
Anmut des erstern und die Farbengebung des letztern zu vereinigen. Eigentümlich sind ihm die großen
Massen von Helldunkel
und ein weicher, saftiger Pinsel. Die meisten seiner Werke finden sich in
Venedig, dann im übrigen
Italien und in
Frankreich;
einige auch in deutschenGalerien, z. B. zu
Dresden
[* 27]
(Heilige Familie,
Leichnam Christi). Die kaiserl.
Galerie
zu
Wien
[* 28] besitzt sein Selbstporträt und 12 andere Werke; die
Eremitage zu
Petersburg:
Jupiter und
Io, in herrlicher Landschaft.
(hebr.), ein Wort oder eine Ausdrucksweise, woran man die Zugehörigkeit
zu einer Partei erkennt, oder wobei sich verrät, daß jemand
¶
forlaufend
421
nicht der Partei angehört, welcker er sich zuzählt. Der Ausdruck schreibt sich aus der Erzählung des Richterbuchs (Kap.
12) von der Vesiegung der Ephraimiten durch die von Iephta geführten Gilea- diter her;
die Gileaditer besetzten die Iordanfurten,
um den flüchtigen Ephraimiten den Weg zu verlegen. Sie ließen jeden, der die Furt passieren wollte,
das Wort S. aussprechen und erkannten die Epbraimi- ten daran, daß diese nach einer Eigentümlichkeit ibres Dialekts dafür
Sibboleth sagten.
Tas Wort bedeutet wahrscheinlich Strömung, Flut. Schibkapaß, s. Schipkapaß.
Schichau, Ferdinand, Begründer
der Maschinen- fabrik und Schiffswerst in Elbing,
[* 30] geb. in Elbing, studierte auf der Gewerbeakademie
in Berlin und begründete 1837 das Schichauwerk.
Aus bescheidenen Anfängen entwickelte sich die Maschinenfabrik und Schiffswerft,
dann die Loko- motivfabrik und Kesselschmiede in Elbing, wozu später noch eine Schiffswerft für größere Schiffe
[* 31] in Danzig
[* 32] und ein Dock
[* 33] nebst Reparaturwerkstätte in Pillau hinzukamen. 1811 baute E. den ersten deut- schen Dampfbagger, 1855 den
ersten preuß. Sckrau- ben-Seedampfer Borussia.
Die erste auf dem europ. Kontinent gebaute Dreifach-Expansionsmaschine wurde 1882 von
S. fertig gestellt.
Tas bis jetzt schnellste Schiff
[* 34] der Welt, das russ. Hockseetorpedo- boot Adler
[* 35] von 27,4 Seemeilen Geschwindigkeit,
ist auf der Sckichauschen Werft gebaut.
Schiffe Miramar und Pelikan sowie zwei große Seedampfer des Norddeutschen Llond sind ebenfalls
bei S. gebaut. Im ganzen wurden bis- her 590 See- und Flußdampfer und 1580 Dampf- maschinen von 950000 indizierten Pferdestärken
Leistung auf dem Echickauwerke gebaut. Schicht, in der Geologie,
[* 40] s. Schichtung.
Schicht, ursprünglich der vierte Teil des
Gruben- eigentums, d. h. 32 Kuxe von 128. Jetzt bedeutet S. die Arbeitszeit,
z.V. sechs-, acht-, zehn- oder zwölfstündige S.;
Tagschicht, Nachtschicht.
Schicht, neutrale,s.
Festigkeit
[* 41] lBd. 6, S. 701a).
Schicht, Joh. Gottfr., Kirchenkomponist, geb. zu
Reichenau beiZittau, studierte seit 1776 zu Leipzig
[* 42] die Rechte, ging aber auf Kil- lers Anraten zur Musik über.
Er besaß viel Fertig- keit und großen Umfang der Stimme und bildete sich nach und nach znm vorzüglichen Gesanglehrer aus. 1785 zum
Musikdirektor bei dem GroßenKon- zert in Leipzig erwählt, vermählte er sich mit der Konzertsängerin Valdesturla und wurde 1810 Kan-
tor an der Thomasschule und Musikdirektor an den beiden Hauptkirchcn zu Leipzig, wo er starb.
Von S.sKompositionen wurden früber besonders geschützt sein «16 Denin» nach
Klopstocks Worten, sowie das von Nochlitz gedicktcte Orato- rium «Das Ende
des Gerechten».
Von seinen mehr als 40 Motetten sind besonders «Nach einer Prü- fung kurzer Tage», «Jesus meine
Zuversicht» und «Meine Lebenszeit verstreicht» weit verbreitet.
Nicht minder bekannt ist sein «Allgemeines Choralbuch» (3 Bde.,
Lpz. 1820). Schichtenköpfe, im Bergwesen, s. Ausgehendes.
Schichtenpfeiler, Art der Brückenpfeiler (s. d.). Schichtenstörungen
oder Dislokationen, alle Lageveränderungen der
sedimentären Gesteine,
[* 43] die sich ursprünglich in mehr oder minder horizon-
talen Sckichten abgelagert hatten.
Die Störung kann ein Schichtensystem betreffen durch einseitige Aufrichtung
(s. d.), durch seitliche Zusammenschiebung is.
Falten) oder durch Verwerfungen und seitliche Verschiebungen einzelner Teile
einer ursprünglich einheitlichen Masse (s. Verwerfung), oder durch Kom- bination zweier oder mehrerer dieser Bewegungen.
Auck
Eruptivgesteine können nach ibrer Ablagerung von den gleicken Bewegungen betroffen worden sein, sie sind
in ihnen aber meist schwerer nachzuweisen.
Schichtlinien, Niveaulinien, Niveau- kurven, .horizontalen, Isohypsen, in einer
Terrainzeichnung
[* 44] (s. d.) die Verbindungslinien der Punkte von gleicher Höhe
über dem Meeresspiegel.
Sie werden stets in bestimmten, gleichmüßigen .yöbenabstanden (Aquidistanz) dargestellt. ^ Ihre
Entstehung beruht darauf, daß man sich die lln- ebenbeiten der Erdoberflüche von dem Spiegel
[* 45] des Meers
oder von einem andern Nullpunkt ausge- bend in Schichten von gleicher Höhe zerlegt denkt. Da, wo die einzelnen Schnittflüchen
dieser Schich- ten die Abdünge der Berge u. s. w. durchschneiden, entstehen die S., deren Projektion
[* 46] auf die Zeichen- fläcke
die Terrainzeicknung bildet.
Den senkrechten Abstand der einzelnen Schnittflächen voneinander, d. b.
also die Stärke
[* 47] oder Dicke der Schichten, nennt man die Schichthöhe;
dieselbe ist für die Aufnahmen in Preußen
[* 48] auf 20, 10,
5, 2,5 und 1,^5 in festgesetzt.
Die einzelnen ^. bilden vielfach gewundene und bei genügender Verlängerung
[* 49] in sich selbst
zurücklau- fende Linien.
Die böher gelegenen werden immer von den tiefern umschlossen, mit alleiniger
Aus- nabme der sog. Kesselbildungen, bei denen dieses Verhältnis umgekehrt ist.
Zur Bezeichnung solcher Stellen werden dieselben
in der Zeichnung stets mit einem Pfeilstrich in der Richtung des Abfalls versehen.
Die S. treten um so weiter auseinander,
je flacker die Böschung des von ihnen eingeschlosse- nen Bodenstücks ist.
Eine in S. ausgeführte Ter-
rainzeicknung veranschaulicht also möglichst genau nicht nur die Höhenverbältnisse selbst, sondern auch die Vodengestaltung.
Der innere Zusammenhang der verschiedenen Bodenformen wird durch die zuerst zu zeichnenden Geripplinien (s. d.)
und Abfallslinien (s. d.) festgelegt.
Auf den Geripplinien liegen dann stets die Wendepunkte im Verlaufe
der S. und diese stehen senkrecht auf den Abfallslinien.
Die Terrain- darstellung durch S. wurde zuerst 1771 von dem Genfer Ingenieur
Ducarla angegeben. In Preußen ! wurden S. zuerst 1840 bei Aufnahme der Rhein- ! Provinz angewendet;
gegenwärtig sind dieselben
bei ! den topogr.
Arbeiten ausschließlich in Gebrauch. Juden oceanographischen Karten werden die Punkte
gleicher Meerestiefe ebenfalls durch S. ! (Tiefcnlinien oder Iso bathen) verbunden, i Wichtige S. in den Seekarten sind die
Linien, bis zu denen das Festland, Inseln, Bänke und Riffe bei Niedrigwafser trocken fallen und die S., die den Wasserstand
bei höchster Flut anzeigen.
Alle S. der deutschen und engl. Seekarten beziehen sich auf die Wassertiefen
bei mittlerm Niedrigwasser, während die S. der franz. Seekarten den niedrigsten Niedrig- wasserstand zur Zeit der Äquinoktialspringfluten
zu Grunde legen.
Zur Bezeichnung des Fahrwassers werden gewöhnlich auf deutschen Seekarten die S. gezogen, die 0, 5, 10,
20, 30, 40, 50,100 in u. s. w.
¶
mehr
Wassertiefen begrenzen, auf einzelnen Plänen großen Maßstabes auch noch Zwischenlinien.
Die 10 m-Tiefenlinie, die sog. 10 m-Grenze,
bezeichnet die Grenzlinie, bis zu der große Schiffe ein Fahrwasser bei jedem Wasserstande der Gezeiten benutzen können.
An den Flußmündungen und im Wattenmeer sind die S. durch Ablagerungen, durch Verschiebungen (von der Kraft
[* 51] der Strömungen oder heftiger Stürme) häufigen, zuweilen sogar plötzlichen Änderungen ausgesetzt.
Diese Umstände bedingen
fortwährende Überwachung und Neuvermessung der Küstenfahrwasser solcher Gegenden und Korrektur der S. auf den Seekarten.
(Cataracta zonularis), eine angeborene oder in den ersten Lebensjahren erworbene Form des GrauenStars (s.
Star), bei welcher der durchsichtige Linsenkern von einer mehr oder weniger dicken Schicht trüber
Linsensubstanz umgeben ist, auf die nach außen hin wieder durchsichtige Schichten folgen.
Die durch den S. bedingte Sehstörung
erfordert eine operative Behandlung und zwar bei kleinem Durchmesser der trüben Schicht eine Iridektomie (s. d.), bei größerm
Durchmesser die Beseitigung der ganzen Linse.
[* 52]
Stratifikation, in der Geologie die Erscheinung, daß die Sedimente (s. d.)
in Form von mehr oder minder mächtigen, d. h. dicken, von parallelen ebenen Flächen begrenzten und ursprünglich horizontal
gelagerten Platten (Schichten) auftreten. Bei der Ablagerung der Sedimente erhält eine Schicht ihren Abschluß nach oben entweder
durch eine Änderung des Materials oder durch eine Pause in der Zufuhr des Materials. Wo Schichten ungestört
übereinander liegen, da ist notwendig jede obere Schicht jünger als irgend eine untere; man kann deshalb aus ihrer gegenseitigen
Lage ihr relatives Alter bestimmen, worauf auch ursprünglich und zum Teil noch jetzt die Feststellung des relativen Alters aller
sedimentären Formationen beruht. Hat eine Aufrichtung (s. d.) der Schichten stattgefunden, dann bestimmt
man ihre Stellung durch Angabe von Streichen und Fallen
[* 53] (s. d.).
Das Bild brachte ihm Anerkennung und eine Reihe von Aufträgen für Bildnisse, von welchen einige aus der Familie W. von Humboldts,
in dessen Hause zu Rom er heimisch geworden war, hervorragen. Sein Hauptwerk
wurde jedoch Apollon
[* 59] unter
den Hirten (1807; Galerie zu Stuttgart). Nach der Gemäldeausstellung von 1809 auf dem Kapitol überreichten ihm ital. und franz.
Künstlerdeputationen den Preis und die Ehrenkrone. Im Herbst 1811 in die Heimat zurückgekehrt, starb er schon in
seiner Vaterstadt. –
Vgl. Haakh, Beiträge aus Württemberg
[* 60] zur neuern deutschen Kunstgeschichte (Stuttg.
1863).
Margarete Luise, Sängerin, geborene Hamel, geb. zu Mainz,
[* 61] gest. in
Berlin, ist neben der Mara eine der ersten Frauen, welche in der Zeit der ital. Musikherrschaft deutsche Gesangskunst
zu Ehren brachten. In Berlin wirkte sie seit 1794, besonders in Gluckschen Rollen
[* 62] bewundert.
alles, was dem Menschen ohne sein Zuthun begegnet, namentlich wofern es in sein Leben tief und erschütternd
eingreift. Leicht verbindet sich mit dem Worte die Vorstellung einer unentfliehbaren, blinden, gegen unser Wohl und Wehe gleichgültigen
Macht, der wir willenlos unterworfen wären. In dieser Bedeutung ist der Begriff des S. (lat. fatum, griech.
heimarménē) namentlich den Alten geläufig, bei denen es sich vielfach steigert bis zu dem Glauben an eine Vorherbestimmung
einzelner Begebenheiten, denen man nicht entrinnen könne, selbst wenn man sie voraussehe und alles thue, sie zu vermeiden.
(S. Fatum.)
eine Tragödie, die das tragische Leid des Helden auf die Einwirkung einer höhern
göttlichen Macht baut. In diesem Sinne ist die gesamte Tragik der Alten S., und die berühmteste S. ist Sophokles’ «König
Ödipus». Bei den Alten war die S. vollkommen berechtigt, da sie mit dem Schicksalsglauben der griech.
Religion zusammenhing. Eine Verirrung dagegen ist es, wenn einzelne neuere Dichter versuchen, die
tragischen Motive von einer unentrinnbaren äußern geheimnisvollen Macht abzuleiten; denn unserm Denken fehlt für Motive
dieser Art aller Anhalt.
[* 63]
Schiller hat in der «Braut von Messina»
[* 64] zu dieser mißverstandenen Nachahmung der Antike den Anstoß gegeben; Müllner, Zach.
Werner, Houwald haben die Schicksalsidee zur Karikatur verzerrt. Platen zog in der «Verhängnisvollen
Gabel» glänzend dagegen zu Felde. Die bekannteste deutsche S. ist Grillparzers «Ahnfrau». O. Ludwigs «Erbförster» nähert
sich derartigen Schicksalsmotiven nur scheinbar. –
Vgl. Minor, Die S. in ihren Hauptvertretern (Frankf. 1883);
Rosikat,
Über das Wesen der S. Ⅰ. (Königsb. 1891).
Aug., Pädagog und Schriftsteller im Handelsfach, geb. zu Straßburg
[* 65] i. Els., studierte anfangs Medizin
und wurde dann Kaufmann. 1817‒19 leitete er ein von ihm gegründetes Handelslehrinstitut in Frankfurt
[* 66] a. M. Seit 1831 war
er Direktor der neu gegründeten Öffentlichen Handelslehranstalt in Leipzig, die er bis 1850 leitete
und zu einer Musteranstalt machte. Er starb S. darf mit Büsch (s. d.) als Schöpfer der Handelswissenschaften
bezeichnet werden und bildete namentlich die technische Seite derselben aus in zahlreichen Lehrbüchern, die später meist
von Odermann (s. d.) bearbeitet wurden: «Die Lehre von den Wechselbriefen» (Lpz. 1818; 4. Aufl.
von H. Brentano, 1877),
«Die Lehre von der Buchhal- tung» (Lpz. 1836; 13. Aufl. 1891),
«Auswahl deut- scher Zandelsbriefe» (ebd. 1837; 10. Aufl.
1894). Schiebebrücken, soviel wie Rollbrücken (s. d.).
Schiebebühnen, s. Eisenbahnbau(Vd.5,S.841^). Schiebeleitern, s. Feuerleitern. Schieber, eine Absperrvorrichtung
für Flüssig- keilen, Gase,
[* 69] Dämpfe, körnige oder pulverförmige Materialien, bei welcher der Abschluß durch eine verschiebbare
Ebene bedeckt wird. Der^. findet unter anderm Verwendung als Regnlierorgan bei Epeise- vorrichtungen (z. B.
vieler Zerkleinerungsmaschi- nen), als Rauchschieber zur Regulierung des Zuges im Schornstein einer Feucrungsanlage,
bei Mo- toren, besonders der Dampfmaschine,
[* 70] als Steue- rungsteil u. s. w. Vollkommener als
der S. ar- beitet in vielen Fällen das Ventil
[* 71] (s. d.). Schiebezüge, anch Wechsclzüge
oder Dop- pelzüge, eine der größten Vervollkommnungen, die die gezogenen Vordcrladerkanonen erfuhren, bevor zur Hintcrladung
und damit zur Pres- sionsführung übergegangen wurde.
Das Princip der S. war, daß beim Laden die Fübrungsteile des Geschosses eine Zahl von weitern Zügen
bequem passierten, während sie beim Schuß eine andere Reihe von engen und genau passenden Zügen, die immer abwechselnd
zwiscken crstern Zü- gen lagen, passieren muhten; um von den einen Zügen in die andern zu gelangen,
muhte das Ge- schoß im Ladungsraum gedreht werden. Durch die S. wurde eine genanere Centrierung des Geschosses und daher größere
Trefffähigkeit erreicht.
Schiebkarren, s. Karren.
[* 72] Schiedam (spr. schihd-),Hafen und Fabrikstadt in der niederländ. Provinz Südbolland, 6 km west-
lich von Rotterdam
[* 73] (Dampftrambahn), an der Mün- dung der Schie in die Maas, zählt (1893) 25280 E., welche
hauptsächlich von der (neuerdings zurück- gehenden) Industrie der Gencverbereitung leben. Die Brennereien bereiten nur Malzwein
(Korn- branntwein, s. d.), der durch Destillation
[* 74] zu Genever (Wacholderbranntwein) verarbeitet wird.
Durch den Brennungsprozeß wird zugleich Gä'scht produziert. Diese Produkte bilden Ausfuhrartikel. Ein Abfall- produkt ist
die sog. Spülung (8p06linF), womit in der Umgegend das Vieh gefuttert wird.
Wicktig ist auch Stcarinekcrzenfabrikation und Getreidchandel. ^. ist Sitz eines deutschen Konsularagenten. Schiedsämter,
soviel wie Einigungsämter (s.d. und Gcwcrbegerichte, Bd. 7,
S. 978). Schiedseid, zugeschobener Eid, s. Eid (Bd. 5, S. 770a). Schiedsgericht, s.
Schiedsrichter.
Schiedsmann. Das Institut der S., zuerst 1827 in die Provinz Preußen, demnächst auch in andere ältere
Provinzen Preußens
[* 75] eingeführt, im Anschluß an die Reichsjustizgesetze durch das preuß. Gesetz
vom für den ganzen Umfang des Staates neu geordnet, ist in letzterm Gesetz als ein öffentliches Amt behufs der
i^ühneverwaltung über streitige Rechtsangelegcnheiten bezeichnet. In jeder Gemeinde oder in jedem Gutsbezirk
sind ein oder mehrere S. durch die Gemeindevertretung oder Gemeindeversammlung oder durch den Gutsvorstcher zu wählen. Das
Amt ist ein Ehrenamt und erfor- dert Vollendung des 30. Lebensjahres, Wohnsitz in dem Schiedsmannsbezirk und Unbescholtenheit.
- In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten findet
eine Sühneverhandlung nur über vermögcnsrecht- liche
Ansprüche auf Antrag einer oder beider Par- teien statt. Aus schiedsmännischcn Vergleichen findet die gerichtliche Zwangsvollstreckung
nach Maßgabe der Deutschen Civilprozeßordnung statt. - Bei den nur auf Antrag zu verfolgenden Beleidigungen und Körperverletzungen
ist der S. für die Sühneverhandlung, welche nach ß. 420 der Deutfchen Strafprozeßordnung der Privatklage
voraufgehen muh, die zustehende Vergleichsbehörde.
Auch in einigen andern deutschen Staaten findet sich nach preuß. Vorbild die Einrichtung der S. (S. Friedens- gerichte
und Sühne.) Schiedsrichter und Schiedsgericht. Im Privatrecht ist Schiedsrichter eine Perfon, welche dnrch Privatwillen
dazu bestellt ist, durch ihr Ur- teil, ibren Schiedsspruch, einen Rechtsstreit zu entscheiden. Die Vereinbarung,
daß ein Rechts- streit durch Schiedsspruch erledigt werden solle, heißt Schieds vertrag. Das schiedsrichterliche Verfahren
normiert die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich
[* 76] in ihrem letzten (zehnten) Buche.
Danach ist ein schiedsvertrag insoweit zulässig, als über den Streitgegenstand die Parteien einen Vergleich abzuschließen
befugt sind;
über künftige Rechtsstreitigkeiten ist ein Schiedsvertrag nur rechts- wirksam, wenn er
auf ein bestimmtes Rechtsver- bältnis und die daraus entfpringenden Rechts- streitigkeiten sich bezieht;
seine Form bestimmt
sich nach Civilrecht;
ist danach ein mündlich abge- schlossener Schiedsvertrag gültig, so kann doch jede Partei Errichtung
einer schriftlichen Urkunde über den Vertrag verlangen.
Wenn der Schiedsvertrag üdcr die Ernennung der
Schiedsrichter keine be- sondere Bestimmung enthält, so ernennt jede Par- tei einen. Steht beiden Parteien die Ernennung
von Schiedsrichtern zu, so hat die betreibende Partei dem Gegner den Schiedsrichter schriftlich mit der Aufforderung zu bezeichnen,
binnen einer einwöchigen Frist seinerseits ein Gleiches zu thun; nach fruchtlosem Ablauf
[* 77] der Frist ernennt
auf ihre Klage den Schiedsrichter das zuständige Gericht.
Aus den Gründen, welche zur Ablehnung eines Richters befugen, kann auch ein Schiedsrichter ab- gelehnt werden, außerdem auch,
wenn er ungebühr- lich die Erfüllung feiner Pflichten verzögert; ab- gelehnt können ferner werden Frauen, Minder- jährige,
Taube, Stumme und Personen, welchen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind. Ein Schiedsrichteramt
zu übernehmen ist niemand ver- pflichtet. Das Verfahren, sofern es nicht etwa im Schiedsvertrag geregelt ist, bestimmt das
freie Er- messen des Schiedsrichters; an die Regeln des Prozeßrechts ist er nicht gebunden, wie er auch bei der Beurteilung
der Sache selbst die Billigkeit walten lassen kann.
Nur hat er die Parteien zu hören, wenn nicht etwa der Schiedsvertrag auch davon entbindet. Er kann Zeugen und Sachver- ständige,
die freiwillig vor ihm aussagen, abhören, ^ aber keinen Eid abnehmen. Eine vom Schiedsrich- ter sür nötig erachtete und
zulässige Handlung, zu der nicht die Schiedsrichter, sondern nur die Ge- richte des Staates befugt sind,
ist auf Parteiantrag vom zuständigen Gericht vorzunehmen. Sind meh- rere Schiedsrichter bestellt, so entscheidet die abso-
lute Majorität, wenn nicht der Schiedsvertrag etwas anderes bestimmt; wird solche nicht erzielt,
¶
forlaufend
424
so ist der Schiedsvertrag hinfällig. Der Schieds- spruch ist schriftlich abzufassen, von dem Schieds- richter zu unterschreiben,
in Ausfertigung den Par- teien zuzustellen, das Original unter Beifügung der Beurkundung der Zustellung auf der Gerichtsschrei-
berei des zuständigen Gerichts niederzulegen; er ist mit Gründen zu versehen, wenn nicht der Schieds-
vertrag etwas anderes statuiert. Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkung eines rechts- kräftigen gerichtlichen
Urteils; aus gesetzlich (Civil- prozeßordn. §. 867) bestimmten Gründen nur kann seine Aufhebung beim zuständigen Gericht
be- antragt werden; eine Zwangsvollstreckung indessen kann aus ihm erst stattfinden, nachdem durch staats- gerichtliches
Urteil ihre Zulässigkeit ausgesprochen ist. Wie durch Vertrag, so kann auch durch letzt- willige Verfügung,
Vercinsstatut u. s. w. ein Schieds- gericht augeordnet werden. - Eine besondere Art der
Schiedsgerichte sind die im Gewerbeverkehr vor- kommenden Einigungsämter und Gewerbe- gerichte (s. d.); bezüglich der letztern
enthält §. 108 der Deutschen Gewerbeordnung vom die nähern Bestimmungen. - Schiedsrichter,
die sich haben bestechen lassen, oder die sich einer Beugung des
[* 79] Rechts schuldig machen, werden nach ßß. 334 und 336 des
Reichsstrafgesetzbuches mit Zuchthaus bestraft. Im Staats recht ist in allen Streitfällen, in denen es an einer richterlichen
Gewalt fehlt, die Un- terwerfung unter einen schiedsrichterlichen Spruch das natürlichste und einfachste
und in vielen Fällen einzige Mittel der Veileguug, wenn es nicht zum Kriege kommen soll; daher hat das Schiedsgericht in völkerrechtlichen
und staatsrechtlichen Verhält- nissen ein besonders wichtiges Anwendungsgebiet. Im Mittelalter diente dasselbe bei dem Verfall
der Gerichtsgewalt des Kaisers zur Abwendung der Fehde; die Landfriedensgefetze machten es den Für- sten,
Herren und Korporationen zur Pflicht, für eine bestimmte Zeit und innerhalb eines gewissen Ge- bietes auf alle Selbsthilfe
zu verzichten und ihre Streitigkeiten vor Korrichtern oder Schiedsrichtern auszutragen.
Die Zusammensetzung des Schieds- gerichts war öfters im Landfrieden bestimmt, und man pflegte dann das Schiedsgericht
selbst als den Landfrieden zu bezeichnen. Der Ewige Landfriede von 1495 machte die schiedsrichterliche Austragung den Reichsunmittelbaren
zur verfassungsmäßigen Pflicht und schuf dadurch eine wirkliche Austrägal- instanz (s. Austrägalgericht) an Stelle von
ordent- lichen Reichsgerichten. Auch die Deutsche Vundes- akte, welche jede gewaltthätige Selbsthilfe unter den deutschen
Vundcsstaaten verbot, verpflichtete die- selben, ihre staatsrechtlichen Streitigkeiten vor der sog. Bundesausträ'galinstanz
zu erledigen, und ebenso sind im jetzigen DeutschenReiche die Einzel- staaten verfassungsmäßig verpflichtet, ihre Streitig-
keiten gütlich auszugleichen und sich nötigenfalls zu diesem Zweck an den Bundesrat zu wenden (Reichs- verfassung Art. 76,
Abs. 1). Auch für Verfassungs- streitigkeiten zwischen der Regierung und den Land- ständen eines deutschen
Staates wurde durch einen Bundesbeschluß von 1834 ein Bundesschiedsgericht eingeführt, von dieser Einrichtung aber niemals
cin praktischer Gebrauch gemacht.
Gegenwärtig ist zur Ausgleichung solcher Streitigkeiten nach Reichs- versassung Art. 76, Abs. 2 das Reich zuständig. Der Austrag
völkerrechtlicher Streitigkeiten durch Schiedsgerichte war schon dem Altertum ge- läufig. Bei den Griechen
übertrug
man die Ent- scheidung einem dritten Staate, wie die Athener und Megarer in ihrem Streit über Salamis an Sparta, welches
dann eine Kommission von fünf Spartiaten damit beauftragte, oder einem ange- sehenen Bürger eines dritten Staates, wie Perian-
der einen Streit zwischen Athen
[* 80] und Mytilene über das Sigeische Vorgebirge, und Themistokles einen Streit
zwischen Korinth
[* 81] und Kerkyra über das Vor- gebirge Leukas entschied.
In dem Streit derselben Städte über die Pflanzstadt Epidamnos, der den Peleponnesischen Krieg herbeiführte, erboten sich
die Kerkyräer vergeblich, die Entscheidung dem Delphi- schen Orakel zu überlassen. (Vgl. Schömann, Griech.
Altertümer, II, 3. Aufl., Bert. 1873, S. 5 fg.) Bei den Römern entschieden die gemischten Gerichte der N6cup6i'iU0i-68 ebensowohl
über Ansprüche von Staat gegen Staat, wie von Angehörigen verschie- dener Staaten gegeneinander.
In der Zerklüftung des mittelalterlichen Lehnstaates liefen Völker- und staatsrechtliche Schiedsgerichte ohne scharfe Schei-
dung ineinander. Nur in den ruhelosen Macht- kämpfen des 16. bis 18. Jahrh, waren die völker- rechtlichen
Schiedsgerichte nahezu verschollen, und so erklärt es sich, daß sie mehr wohlmeinend als ein- sichtig seit der Mitte dieses
Jahrhunderts als ein ganz neues Universalheilmittel gegen den Krieg empfohlen wurden. (S. Friedensfreunde.) Daß die Schiedsgerichte
diese Wirkung nicht haben kön- nen, ist ohne weiteres klar, wenn man davon aus- geht, daß sie nach Nechtssätzen entscheiden
sollten.
Denn zu solcher Entscheidung ist nur eine der drei Arten völkerrechtlicher Ansprüche geeignet, die einen zulässigen Kriegsgrund
(s. d.) abgeben, und in die- sem Kreise
[* 82] bewegen sich ausnahmslos alle aus dem Altertum angeführten Fälle
eines Schiedsgerichts und alle Beispiele desselben aus neuester Zeit. Von allen großen Kriegen der zweiten Hälfte dieses
Jahrhunderts ist aber keiner über solche Ansprüche entstanden. Nach welchen Rechtssätzen hätte z. B. 1853 und 1877 entschieden
werden sollen, ob die Forderung begründet sei, daß die Pforte sich einer oder allen Großmächten gegenüber
bezüglich der Be- handlung ihrer christl. Unterthanen vertragsmäßig binde? In vielen Fällen können
dritte Mächte durch Intervention (s. d.) eingreifen, aber auch dieses Mittel versagt, wenn es sich um tiefgreifende geschichtliche
Gegensätze handelt.
Auch der völkerrechtliche Schieds- spruch setzt einen Vertrag der streitenden Teile über den Gegenstand
der Entscheidung und die Stellung des oder der Schiedsgerichte voraus, mit etwa über Ort und Zeit getroffenen Nebenbestimmungen.
Es kann auch, wie im Vertrage von Washington
[* 83] zwischen England und den Vereinigten
[* 84] Staa- ten über den sog. Alabamastreit
(s. Alabamafrage), eine bestimmte Fassung der einschlagenden Rechts- sätze vereinbart werden, wie sie
von den Beteiligten als gültig anerkannt werden und das Schiedsgericht binden sollen.
In der Besetzung des Schiedsgerichts wiederholen sich noch immer die schon im Altertum üblich gewesenen Gestaltungen. Am häufigsten
ist die Übertragung des Schiedsspruchs an das Ober- haupt eines monarchischen oder den höchsten Beam- ten eines
republikanischen Staates und zwar so, daß diese in eigenem Namen, wenn auch mit dem erforderlichen Beirat, entscheiden. So
wurden Schiedssprüche zwischen England und Portugal
[* 85] über ihre afrik. Gebietsgrenzen und über die Dela- goabai von den Präsidenten
der franz. Republik i Thiers und Mac-Mahon gefällt. In demSan¶
forlaufend
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Juan-Streite zwischen England und den Vereinig- I ten Staaten erließ der Deutsche Kaiser den Schiedsspruch. Auch
Angebörige eines dritten Staates, Gesandte, Rechtsgelehrte, Richter sind wiederholt zu Schiedsrichtern bestellt worden. Die
im Mittelalter oft angerufene religiöse Autori- tät des Papstes ist auch neuerdings um den Sckieds- spruch
zwischen Deutschland und Spanien üder die Karolinen 1885 angegangen worden. Den ro'm. 156cup6i-atm-68 entsprechen die manchmal,
besonders von England und den Vereinigten Staaten, bestellten schiedsrichterlichen Kommissionen aus Angebörigen beider Staaten,
jedoch mit einem Obmann aus einem dritten Staate. (Vgl. Holtzendorff, Handbuch des Völkerrechts, IV, Verl. 1888, S. 30 fg.)
Ganz eigen- tümlich war das durch den Vertrag von Wasbington von Italien, Brasilien
[* 87] und der Schweiz
[* 88] hatten
je einen Schiedsrichter zu ernennen, welche mit je einem von beiden Streitteilen Bestellten vereinigt das Schiedsgericht
bilden sollten; und zwar batte dies auf Grund einer durch Denkschriften vorberei- teten mündlich kontradiktorischen Verbandlung
zu erkennen, als deren Ort Genf
[* 89] bestimmt war. -
Vgl. Lindheimer, Das Schiedsgericht im modernen Civil- prozeß
(2. Aufl., Wien 1894). -
Über Schiedsrichter bei Truppenübungen s. Manöver. Schiedsspruch, s. Schiedsrichter. Schiedsvertrag.
Alle Differenzen, welcke zwi- scben den Streitenden durch einen Vertrag ausge- glichen werden können (auch Ehrenbändel; Streit,
wer Sieger im Wettkampf sei; vermögensrccktlicke und völkerrechtliche Differenzen), können so ausge-
tragen werden, daß sich Parteien von vornberein oder nach Ausbruch der Differenz der Entscheidung eines oder mehrerer Schiedsrichter,
event, eines von diesen zu wählenden Obmanns durch einen S. unterwerfen. (S. Schiedsrichter.) Über den Unter- schied des
S. vom Vertrag auf den Ausspruch von Arbitratoren s. Arbitrium.
Schiefblatt, Pflanze, s. L^onia. Schiefe
[* 90] Ebene, eine zur Horizontalebene ge- neigte Ebene. Liegt ein schwerer Körper auf einer
solchen geneigten Ebene, so kann man sich dessen Gewicht in zwei Komponenten zerlegt denken, wovon die eine als Druck senkrecht
gegen die Fläcke wirksam bleibt, die andere aber ein Hinabgleiten des Kör- pers längs der Fläche zu
erzeugen strebt, dem sich nur die Reibung
[* 91] entgegensetzt. Von der Größe des Winkels, den die S. E. mit der horizontalen einschließt,
hängt die verhältnismäßige Größe der beiden erwähnten Kräfte ab. Es genügt, die längs der Ebene wirksame Kraft,
die kleiner ist als das Gewicht, durch eine Gegenkraft aufzuheben, um den schweren Körper im Gleichgewicht
[* 92] zu balten; eine etwas größere Gegenkraft führt den Körper sogar aufwärts.
Hieraus ergiebt sich der praktische Vor- teil der S. E. Man nennt in der Mechanik jede all- gemeine Vorrichtung, an der ein
oder mehrere Kräfte schief gegen eine glatte Ebene wirken, eine S. E. und zählt dieselbe zu den sog.
einfachen Ma- schinen. (S. Maschine.)
[* 93] In der praktischen Me- chanik wird die S. E. vielfach zur Hcrvorbringuug von Bewegungen
sowie zur Ausübung von Druck augewendet; dies geschieht meist in der Weise, daß man sie als Keil (s. d.)
oder als Sckraube (s. d.) ausführt. Da bei einem auf einer S. E. herab- rolleuden Körper in jedem Augenblick derselbe Bruchteil
der Schwerkraft in der Bewegungsrich- tung
wirkt, so ist die Bewegung als ein verzögerter Fall zu betrachten.
Bei Kanälen sind die S. E. oder geneigten Ebenen Vorrichtungen, durch welche Schiffe zwischen zwei Kanalbaltungen
mittels Vabnen befördert wl'l- den. Nuben sie dabei, wie bei den Schiffseisenbahnen, unmittelbar auf Wagen, auf die das fchwimmende
Schiff fäbrt und die dann in die untere Kanal- baltung binuutcrrollen oder in die obere hinaufge- zogen werden, dann muß
in dieser das Schiff dadurch zum Schwimmen gebracht werden, daß die S. E. böher als die obere Kanalhaltung
geführt wird und dann von dem so gebildeten Eckeitel in sie hinab- reicht, oder dadurch, daß die S. E. in eine leere Schleusenkammer
vor der obern Haltung mündet, die aus dieser nach Schluß des Unterthores gefüllt wird, so 1788 bei
Ketley sowie Coalsport in Eng- land, 1825 beim Moriskanal und seit 1844 beim Elbing-OberländischenKanal (s. d.), der seit
den neuesten Umbauten 99,4? m Höhe durch 5 S. E. überwindet.
Gelangt das Schiff in einen wasser- gefüllten Kasten (cNi38on) mit beiderseitigen Ab- schlußtboren, so wird dieser auf
Rollen binunter und hinauf bewegt, und es ist nur die Öffnung eines seiner Tbore und des anstoßenden
der betreffen- den Kanalhaltung nötig, um das Schiff in dieser schwimmen zu lassen (Monklandkanal in der Nähe von Glasgow
[* 94] und Dodge- oder Georgetown-Schleuse des Cbesapeake-Ohio-Kanals bei Washington). Eine von der franz. Gefellfchaft A. Hallier
und I. Dietz- Mounin für den geplanten Donau-Oder-Kanal projektierte S. E. soll mit 1100 in Länge 43,5 m Höbe überwinden
und zwei Schienenstränge tragen, auf deren einem sich auf 168 Nädern ein wasserge- fülltcr Kasten von 65,5 in Länge und
8,0 m abwärts und auf deren anderm sich ein ebensolcher, von jenem gezogen, aufwärts bewegt. Die Hinaufbe-
förderung des einen und event, gleichzeitig die Hinab- beförderung eines andern soll dabei nur 30 Minuten erfordern. -
über die S. E. im Eifenbahnwesen s. Seilebcnen.
Schiefelbein, Stadt, s. Schivelbein. Schiefendfläche, s. Pinakoid. Schiefer, Bezeichnung eines in dünnen, ebenen Platten brechenden
Gesteins, das diese Eigenschaft wesentlich dem Umstände verdankt, daß darin blätt- chenförmige oder
lamellare Mineralpartikel (ins- besondere glimmerigcr Natur) parallel gelagert sind. Man unterscheidet Glimmerschiefer, Quarzschiefer,
Thonfchiefer, Mcrgelschiefer, Kalkfchiefer, Horn- blendefchiefer u. s. w., die sich zum Teil zum Dach- decken (s. Tackschiefer),
zu Plattformen, Fußböden, Altanen u. s. w. sowie zu Schrcibtafeln eignen.
Dacksckiefer sind vorzüglich gewisse dunkle, eben- sckieferige, leicht spaltbare, im ThüringerWalde,
im Erzgebirge bei Lößnitz, am Harz, in den westfäl. Nheingegendcn, in den Ardennen, Wales u. s. w. vorkommende Varietäten
des Thonschiefers (s. d.). Kalksckiefer wird namentlich in der GrafschaftPap- penheim und im franz. Tepart. Aveyron bei Con-
flans, sckieferiger Zechstein im Mansfeldifchen, Sandsteinschiefer am ^olling bei Holzminden, schie-
fcrigplattiger Phonolith im Velay und in der Auvergne, Glimmer- und Quarzschicfer in den Alpen,
[* 95] in Norwegen
[* 96] und Schweden zum Dachdecken
angewendet. Ein guter Dachschiefer muß sich leicht ! in dünne große Platten spalten lassen, darf das i Wasser nicht zu
stark einsaugen, muß frei von ! fremdartigen Einmengungen, die seine
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