Schachtbrunnen,
s. Wasserversorgung. ^[= der Inbegriff aller Einrichtungen zur Beschaffung von Trink- und Verbrauchwasser (Nutzwasser ...]
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s. Wasserversorgung. ^[= der Inbegriff aller Einrichtungen zur Beschaffung von Trink- und Verbrauchwasser (Nutzwasser ...]
s.Equisetaceen.
s. Bandwürmer ^[= (Cestodes), eine Ordnung von Plattwürmern (s. d.), die infolge fast vollständiger Anpassung ...] (Bd. 2, S. 364a).
(hebr. schachat), bei den Israeliten soviel wie ein Tier nach den Vorschriften des Talmud, d. h. in einer Weise schlachten, daß das Fleisch vollkommen blutleer wird (1 Mos. 9,4). Das Tier wird nicht betäubt, sondern geknebelt, ihm dann mit dem vorschriftsmäßigen Schlachtmesser zwischen dem ersten und zweiten Halswirbel ein tiefer Schnitt beigebracht und das hervorstürzende Blut in einem Gefäße aufgefangen: der Schächter (schochet) wird von den Rabbinern zum S. autorisiert.
Über die Frage, ob das S. zur Tierquälerei zu rechnen sei, ist ein einheitliches mediz. Urteil noch nicht erzielt. (S. auch Schlachten.) [* 2] In mehrern Staaten (z. B. im Königreich Sachsen, [* 3] in der Schweiz) [* 4] ist das S. verboten. –
Vgl. Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums (hg. von Z. Frankel, Bresl. 1867);
Hamburger, Realencyklopädie für Bibel [* 5] und Talmud, Abteil. 2 (Strelitz [* 6] 1883);
Simon, Die rituelle Schlachtmethode der Juden (Frankf. a. M. 1893);
Gutachten über das jüd.-rituelle Schlachtverfahren (Berl. 1894).
s. Bergbau ^[= die Aufsuchung und Gewinnung nutzbarer Mineralien. Diese kommen in besondern Lagerstätten vor, ...] [* 7] (Bd. 2, S. 760).
s. Fuß (Längenmaß).
s. Grabmal.
die vorschriftsmäßig aus starkem Filz hergestellte Kopfbedeckung der Bergleute, für Beamte von besonderer Form.
ein kubisches Maß für Sand und Steine, z. B.
Schachtrute (preuß. = 4,4519 cbm).
der Aufseher über eine Arbeiterabteilung bei Ausführung größerer Erdarbeiten, besonders beim Eisenbahn- und Kanalbau.
[* 8] ein Ofen, dessen Arbeitsraum schachtartig, d.h. oben offen und mehr hoch als weit ist. Teils zum Rösten, teils zum Schmelzen von Erzen und Hüttenprodukten verwendet, wird die für diese Hüttenprozesse erforderliche mehr oder weniger hohe Temperatur entweder dem Ofen von außen zugeführt durch außerhalb derselben angebrachte Feuerungen oder Benutzung von Gichtgasen, oder im Innern des Schachtes selbst erzeugt und zwar dadurch, daß die zu behandelnde Masse mit Brennmaterial schichtenweise von oben eingetragen und letzteres in Brand gesteckt wird. Je nachdem die Luft zur Verbrennung auf natürlichem (Zug) oder künstlichem Wege in den Ofen tritt, unterscheidet man Zugschachtofen und Gebläseschachtöfen. Erstere werden, weil in ihnen nur ein geringerer Hitzegrad hervorgebracht werden kann, fast nur zum Rösten verwendet. (Beispiele für Eisen [* 9] s. Eisenerzeugung, Bd. 5, S. 924a, und Tafel: Eisenerzeugung I, [* 1] Fig. 4 u. 5.) Die S. mit Gebläse, [* 10] wie solche als Kupolofen [* 11] (s. d.) sowie zur Zugutemachung von Eisen, Kupfer, [* 12] Blei, [* 13] Silber, Zinnerzen gebraucht werden, sind von sehr verschiedener Konstruktion, allen gemeinschaftlich aber ist die Aufgabeöffnung (Gicht) am obern Ende des Schachtes, durch die Erze und Brennmaterialien eingetragen werden, die Stichöffnung (Stich, Auge) [* 14] am untern Ende des Schachtes zum Ablassen der geschmolzenen Massen und etwas darüber die Formöffnung zur Einführung der Gebläseluft. Der Höhe nach teilt man die S. mit Gebläse ein in Hochöfen (s. Eisenerzeugung, Bd. 5, S. 924a, und Tafel: Eisenerzeugung II, [* 1] Fig. 1, 2, 5 u. 6) und Halbhochöfen oder Krummöfen. Das Gemäuer eines S. zerfällt gewöhnlich in zwei Teile; während der innere Teil, der Kernschacht, aus feuerfesten Ziegeln besteht, ist der äußere Teil, der Rauhschacht oder Mantel, von gewöhnlichem Ziegelmaterial. Zwischen beiden Teilen liegt noch eine sog. Füllung, d. h. eine Schicht aus schlecht wärmeleitendem Material (Asche, Schlacke), über die S. zur Zimmerheizung s. Öfen [* 15] (Bd. 12, S. 537a).
s. Schachtmaß.
Schachtzimmerung, s. Bergbau | (Bd. 2, S. 759a). |
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eine Art Drell (s. d.). ^[= die Aufsuchung und Gewinnung nutzbarer Mineralien. Diese kommen in besondern Lagerstätten vor, ...]
Adolf Friedr., Graf von, Dichter, Litterarhistoriker und Übersetzer, geb. zu Brüsewitz bei Schwerin, widmete sich 1834–38 zu Bonn, [* 16] Heidelberg [* 17] und Berlin [* 18] dem Studium der Jurisprudenz, zugleich aber dem der verschiedenen europ. Litteraturen und der orient. Sprachen. Nachdem er seit 1838 eine Zeit lang beim Kammergericht zu Berlin gearbeitet hatte, durchstreifte er Italien, [* 19] Sicilien, Ägypten, [* 20] Syrien und die Türkei, [* 21] hielt sich dann in Griechenland [* 22] auf und ging nach Spanien, [* 23] um die dortigen größeren Bibliotheken zu durchforschen.
Nach Deutschland [* 24] zurückgekehrt, trat er in die Dienste [* 25] des Großherzogs von Mecklenburg, begleitete diesen als Kammerherr und Legationsrat auf seinen Reisen nach Italien und Konstantinopel, [* 26] wurde hierauf zur Bundestagsgesandtschaft versetzt und ging 1849 erst als Bevollmächtigter bei dem Kollegium der Union, dann als Geschäftsträger nach Berlin, wo er dem Studium der orient. Sprachen, besonders dem des Sanskrit, Arabischen und Persischen, oblag. S. nahm 1852 seine Entlassung aus dem Staatsdienste und ging zunächst auf seine Güter in Mecklenburg, reiste aber dann nach Spanien, wo ihn bis 1854 vorzugsweise Forschungen über die Geschichte und Kultur der span. Araber beschäftigten. Seit 1855 lebte er in München. [* 27] 1876 erhob ihn Kaiser Wilhelm in den erblichen Grafenstand. Er starb in Rom. [* 28] Zu S.s Hauptwerken gehört die «Geschichte der dramat. Litteratur und Kunst in Spanien» (3 Bde., Berl. 1845–46; Bd. 1, «Nachträge», Frankf. 1854). An diese schlossen sich das «Span. Theater» [* 29] (2 Bde., Frankf. 1845; neue vermehrte Aufl., Stuttg. 1886) und Übersetzungen aus den dramat. Dichtern der Spanier. Ferner übersetzte S. die «Heldensagen des Firdusi» (Berl. 1851) und «Epische Dichtungen aus dem Persischen des Firdusi» (2 Bde., ebd. 1853). Diese erschienen später vereinigt (3. Aufl., Stuttg. 1876). Außerdem veröffentlichte S. «Stimmen vom Ganges» (2. Aufl., Stuttg. 1877),
eine Sammlung ind. Sagen; mit Geibel den «Romancero der Spanier und Portugiesen» (ebd. 1860),
allein «Orient und Occident» (3 Bde., ebd. 1890),
Übersetzungen epischer Gedichte von Dschami, Almeida-Garrett und Kalidasa. Ein Werk von eigentümlicher Bedeutung für die Litteratur- und Kunstgeschichte ist «Poesie und Kunst der Araber in Spanien und Sicilien» (2. Aufl., 2 Bde., Stuttg. 1877). Es folgten: die Autobiographie «Ein halbes Jahrhundert. Erinnerungen und Aufzeichnungen» (3 Bde., Stuttg. 1887; 3. Aufl. 1894),
«Geschichte der Normannen in Sicilien» (2 Bde., ebd. 1889),
«Joseph Mazzini und die ital. Einheit» (ebd. 1891),
«Mosaik. Vermischte Schriften» (ebd. 1891) und «Anthologie abendländ. und morgenländ. Dichtungen in deutschen Nachbildungen» (2 Bde., ebd. 1893). In seinen «Gedichten» (6. Aufl., ebd. 1888) bekundet sich S. als ein Lyriker von Formengewandtheit und Gedankenreichtum. Der Beifall, den diese ¶
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Gedichte fanden, veranlaßte ihn, auch andere zum Teil in frühern Jahren entstandene Dichtungen heraus- zugeben, von denen das Trauerspiel «Timandra» und das epische Gedicht «Die Plejaden» (4. Aufl., Stuttg. 1883) am meisten Aufsehen erregten. Seine ältern «Dramat. Dichtungen» erschienen in 2 Vändcben den (ebd.1882-83) und in 8 Bänden (ebd.1885-91); nach seinem Tode erschienen vermischte Schriften u. d. T. «Perspektiven» (2 Bde., edd. 1894). Die von S. gesammelte wertvolle Gemäldegalerie (Bilder von Genelli, Feuerbach, Böcklin, Schwind, Lenback u. a.),
worüber er selbst einen vorzüglichen Fübrer: «Meine Gemäldesammlung» (6. Aufl.^Sluttg. 1892), veröffentlichte, vermachte er dem Deutschen Kaiser; sie bildet eine hervorragende Eebenswürdigkeit Mün- chens;
73 Gemälde wurden in Heliogravüre mit Text von S. (Münch. 1892) herausgegeben. -
Vgl. Rogge, Adolf Friedrich Graf von S. Eine litterar. Skizze (Berl. 1882); Heinr. und Iul. Hart, Kritische Waffengänge, Heft 5: Graf S. als Ticktcr (Lpz. 1884); E. Vrenning, Graf A. F. von S. Ein litterar. Essay (Vrem. und Lpz. 1885); E. Torer, Graf Ad. Fr. von S. (1885); 3Nanssen, A. F. Graf von S. Ein Poet. Charakterbild. Aus dem Holländischen (Stuttg. 1888).
Schalkenburg, Grafschaft, s. Tondern. Schadchen oder Scbadchan (jüdisch-deutsch), Ehestifter, Heiratsvermittler. Schade, Oskar, Germanist, geb. zu Erfurt, [* 31] studierte zu Halle [* 32] und Berlin, lebte feit 1854 in Weimar, [* 33] habilitierte sich 1860 in Halle und wirkt seit 1863 als ord. Professor in Königsberg. [* 34] S.s Hauptwerk ist fein «Altdeutsches Wörterbuch» (2. Aufl., Halle 1872-82). Er gab heraus: «Cres- centia, ein Gedicht des 12. Jahrh.» (Berl. 1853),
«Die Ursulasage» (Hannov. 1854),
«Geistliche Gedichte des 14. und 15. Jahrh, vom Niederrhein» (ebd. 1854),
«Vergreihen» (Weim. 1854),
«Deutsche [* 35] Zand- werkslieder» (Lpz. 1865),
«Satiren und Pasquille aus der Rcformationszeit» (2. Ausg., 3 Bde., Hannov. 1863),
«Altdeutsches Lesebuch» (2 Tle., Halle 1862-66),
«Paradigmen zur deutschen Grammatik» (4. Aufl., ebd. 1884) u. a. Mit Hoffmann vonFallers- leben redigierte S. das wertvolle «Weimar. Jahr- buch» (Weim. 1854-57),
in dem er viele größere Abhandlungen veröffentlichte, allein die «Wissen- schaftlichen Monatsblätter» (Königsb. 1873-79). Schädel (Oaninni), im weitcrn ^inne die Gesamtheit der Kopfknochen, im engern dagegen nur derjenige Teil des knöchernen Kopfes, der die Hülle (Kapfel) für das Gehirn [* 36] bildet lHirn- fchädel). Derselbe wird von den beim Menschen hald verwachsenden Stirnbeinen (0535 li-ontis, 088H li-onwiia, s. Stirn und die Tafel: Der Schädel des Menfchen, [* 30] Fig. 1,1), den Scheitel- beinen (0881. Mlietalia, f. Scheitel und [* 30] Fig. 1, 2), den Schläfenbeinen (0333. tem^oi-uin 8. t^in^or^iin,, s. Schläfe und Fig. 1, 4, 14; [* 30] Fig. 2, 9, 10, 11 u. 13), dem Keilbein (03 Lpkknoiäeani 8. xi^Iioideuin, s. Keilbein und Fig. 1,3; [* 30] Fig. 2, 8 u. 14), dem Hin- terhauptsbein (08 occipius, s. Hinterhaupt und Fig. 2, 12, 15 u. 17), welche beide letztcrn nach voll- endeter Körperentwicklung mit dem Grundbein (08 dk8i1ai'6) verschmolzen sind, und dem Sieb- oder Riechbeine (08 etkmoiäeuin, s. Ricchbein) gebildet.
Die meisten dieser Knochen [* 37] geboren zu den breiten, und alle nehmen teil an der Bildung der das Gehirn (s. d.) aufnebmcuden Schädelhöhle (ckvita3 cr".- nii). Sowohl untereinander als mit denen des Ge- sickts (s. d.), ausgenommen den Untertieferknochen, find sie durch unbewegliches Gelenk, vorzüglich durch die sog. Näbte verbunden, die jedoch erst gegen das Ende der Kindheit zur Vollkommenheit gelangen, indem bei jüngern Kindern weiche, knorplige Zwi- schensubstanzen, die sich später auf die fog.
Fonta- nellen (s. d.) beschränken, vorhanden sind. Die Naht zwischen dem Stirnbein und den Scheitelbeinen ist die Krauznaht isutur^ coi-0n^i8, s. Fig. 1, 15), zwi- ^ schen Schuppe des Hinterhauptbeins und den Keil- ^ beinen die Lambdanaht (8utui-a lamdäoiäLa), zwi- ^ schen Sckläsenbeinschuppe, großem Keilbeinflügel, Scheitelbein und Hinterhauptsbein die Schuppen- naht (8utui'3. t6mi)oi'llli8, s. Fig. 1, 16) und zwischen den beiden Scheitelbeinen die Pfeilnaht (8uwi-3, intei-Mi-ietai^).
Gelegentlich tretm in den Näbten namentlich an der Spitze der Lambdanaht felbstän- dig verknöcherte Knockenstückchen auf, die Schalt- knochcn oder Zwickclbcine (0333. ^oimiana). Ver- ! schiedene Öffnungen der Schädclhöhle dienen zum Eintritt und Austritt von Gefäßen und Nerven; [* 38] die größte von allen, das sog. Hinterbai.ptsloch (kora- inen mg^nnm, [* 30] Fig. 2,17), mündet in den Kanal [* 39] der Wirbelsäule und wird durch das verlängerte Mark zum größten Teil ausgefüllt.
Das Gewicht des lufttrocknen S. beträgt beim erwachfenen Mann im Mittel 730^, bei der Frau 550 F, der Kubik- inhalt ldie Kapacität) der Scbädelhöble beim Mann durchschnittlich 1450, bei der Frau 1300 ccm. Die Entwicklung des S. steht mit der des Gehirns in innigster Wechselbeziehung; während auf der einen Seite vorzeitige Verknöcherung der zwischen dem Schädelgrundbein befindlichen Knorpel- massen fast immer zu einer beträchtlichen Verkümme- rung des Gehirns, zu Blödsinn und Kretinismus führt, bewirken auf der andern Seite Anhäufungen von Wasser oder Geschwülsten in den Hirnhöhlen oft eine enorme Vergrößerung des S., dessen ein- zelne Knochen dann dünn, weich und vorgewölbt sind und offene, große Fontanellen zeigen. (S. Ge- birnwassersucht.) Die S. der Menschen sind unter- einander sehr verschieden, sowohl bei den einzelnen Menschenrassen [* 40] als bei verschiedenen Personen eines und desselben Stammes.
Hierauf hat jedenfalls die Form und Entwicklung des Gehirns großen Ein- fluß; diese Annabme bildet die Grundlage der von Gall begründeten Schüdellchre. (S.Phrenologie.) Nur die Wirbeltiere besitzen, bis auf den Lanzett- fisch (s. d.), einen S., der sich aus zwei Teilen, dem eigentlichen S. und dem Gesichtssckädel (Visceral- slelett), zusammensetzt. Seine Gestalt und sein ana- tom. Aufbau find in der ganzen Reihe sebr mannig- faltig, obne daß man aber sagen könnte, daß sie, aufsteigend, komplizierter würden.
Bei den Rund- mäulern ls. d.) ist der S. eine aus häutigem Knorpel [* 41] gebildete Blase mit knöchernem Grundteil und stärker verknorpelten seitlichen Blasen zur Aufnahme der Gehörorgane. Das Visceralskelett ist nur schwach cutwickelt in Gestalt von den Gaumen und Schlund umgebenden Kuorpelspangen und einigen Knorpel- stücten in den Lippen, hingegen ist ein verwickelt ge- bautes Kuorpelgerüft der Kiemen vorhanden. Bei Rocken und Haifischen (s. die betreffenden Artikel) stallt der S. gleichfalls eine gleichmäßige Kapfcl dar, die bci den Rocken und der Seekatze (s. d.) gelenkig mit der Wirbelsäule verbunden ist. Der hier knorplige Unter- kiefer verbindet fich mit den Seiten des S. durch be- sondere Kuorpelstücke (k^oinNnäidnicTi-ia). Der ¶
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märe Oberkiefer (pHlgto^naäi-atuni) ist gleichfalls knorplig und beweglich mit der Schädelkapsel ver- einigt, nur bei der Seekatze nicht. In den Lippen finden sich noch besondere Knorpelstücke. Bei den Stören (s. d.) wird die Sache komplizierter, indem der ursprünglich knorplige S. (das Primordial- kranium) eine ans Hautverknöcherungen hervor- qegangene Decke [* 43] erhält. Auch Ii^omÄnäiduwt-iN, Kiefer und Kiemendeckel verknöchern. Bei den andern Schmelzschnppern wird das Primordialkranium durch die sekundären Hautverknöckerungen noch mehr verdrängt.
Bei den Knochensischen (s. d.) er- scheint der S. komplizierter als bei andern Wirbel- tieren, indem zunächst die Il^oinanäidulai-ig. und lHlatoHu^ärkta nicht einfach bleiben, sondern statt ihrer verschiedene Knochen auftreten, die sich teils als ^mpiecticuin und ^mMnicum mit dem Ober-, teils als Huaäl'lUnm (Quadratbein) und (Hugxii-Hto ^uFals mit dem Unterkiefer verbinden. Auch die Knochen des eigentlichen S. sind zahlreich und gehen teils aus Verknöcherungen der Knorpel des Pri- mordialkraniums, teils aus Hautverknöcherungen (sog. Belegknochen) hervor.
Auck der Kiemendeckcl- apparat, den man mit zu dem S. zu rechnen pflegt, zerfüllt in eine Anzabl von Stücken. Vereinfacht erscheint der S. bei den Amphibien (s. d.), bei dem das Primordialkranium als solches teils durch eigene Verknöcherungen, teils durch Velegknochen fast völlig verdrängt wird. Der S. artikuliert bei ihnen mit der Wirbelsäule durch zwei Gelenkhöcker. Sehr ver- schiedenartig ist der S. in den einzelnen Ordnungen der Reptilien (s. d.), bei denen er sich stets mit nur einem Hinterhauptshöcker mit der Wirbelsäule ge- lenkig verbindet.
Das Quadratbein ist bei Kroko- dilen (s. d.), Schildkröten [* 44] (s. d.) und Vrückcnechsen (s. d.) fest, bei den Eidechsen [* 45] (s. d.) und Scklangen (s. d.) beweglich mit den Schädelknochen verbunden und bildet eine Art Angel zwiscken Ober- und Unter- kiefer. Bei den Schlangen [* 46] vereinigen sich die Knochen des eigentlichen S. so innig miteinander, daß keine Nähte zwischen ihnen sichtbar bleiben, während die Knochen des Gesichtsschädels nicht bloß mit dem eigentlichen S., sondern auch untereinander sehr locker und beweglich verbunden sind und eine be- trächtliche Erweiterung des Maules gestatten.
Hier sind auch die beiden Hälften des Unterkiefers bloß durch dehnbare Bandmaße vereinigt, so daß sie sich weit voneinander entfernen können. Der S. der Vögel [* 47] (s. d.) ist als ein vereinfachter Reptilienschädcl aufzufassen und artikuliert auch mit nur einem Höcker mit der Wirbelsäule. Die Knochen des eigentlichen S. einer- und des Gesichtsschädels andererseits ver- schmelzen zeitig und nahtlos, aber beide Abschnitte sind nur schwach verbunden. Bei den Säugetieren (s. d.) ist das Quadratbein in die Gehörkapsel auf- genommen und ist zum Amboß (s. Gehör, [* 48] Bd. 7, S. 689a), ein Teil des embryonalen Unterkiefers (der Meckelsche Knorpel) aber zum Hammer [* 49] gewor- den, daher artikuliert der Unterkiefer unmittelbar mit dem S. selbst. Es sind zwei Gelenkhöcker zur Ver- bindung mit der Wirbelsäule vorhanden. Im Gegen- satz zu den bei Vögeln auftretenden Verhältnissen sind eigentlicher S.und Gesichtsschädel sehr innig mit- einander vereinigt.
Bei Wiederkäuern, bei denen die Scheitelbeine verschmelzen, zeigen die getrennt blei- benden Stirnbeine in der Regel mindestens im männ- lichen (Hirsche), [* 50] meist auch im weiblichen (die meisten Hohlhörner) Geschlecht eigenartige Wucherungen, die zu Trägern der Geweihes, d.) oder Hörner werden. Von der zuerst von I. P. Frank (1792), später von Goethe und Oken zugleich, aber unabhängig voneinander, entwickelten sog. Wirbeltheorie des E. ist man, besonders nach Gegenbaurs und Hup leys Vorgang, ziemlich allgemein abgekommen.
Frank (und 181)8 Dumeril) homologisierte den gan- zen S. mit einem einzigen Wirbel, Oken und Goetbe sahen in ihm eine aus der Verschmelzung von drei oder vier Wirbeln hervorgegangene Einheit. Gegen- baur führt aus entwicklungsgeschichtlichen und ver- gleichend anatom. Gründen aus, daß, wenn man überhaupt den S. auf Wirbel zurückführen wolle, er sich aus mindestens neun derselben zusammen- setze. Aus der Entwicklungsgeschichte geht aber weiter hervor, daß eigentliche Wirbel an der Bil- dung des S. gar nicht beteiligt sind.
Gesichtsschädel und Unterkiefer gingen wie das Zungenbein aus Vis- ceralbogen hervor, die wie der vorderste Abschnitt eine Reihe darstellen, zu denen nach hinten die Kie- menbogen und wohl auch die Rippen gehören.
Vgl. Köhlin, Der Bau des knöchernen Kopfes der Wirbeltiere (Stuttg. 1844);
Virchow, Menschen- und Affenschädel (Berl. 1868);
Welcker, Unter- fuchungen über Wachstum und Bau des menfchlichen S., Ts 1 (Lpz. 1862);
My, Die Schüdelformen der Menfchen und Affen [* 51] (ebd. 1367);
Veneditt, Kranio- mctrie und Kepbalometrie (Wien [* 52] 1888).
Schädelbruch, der Bruch der Echädelknocken infolge von äußern Gewalteinwirkungen (Schlag, Fall, Sturz auf den Kopf) betrifft entweder das Schädeldach oder die Schädelbasis oder auch beide zugleich und ist meist mit entzündlicher Reizung des Gehirns und der Gehirnhäute sowie mit den aus- gesprochenen Symptomen von Gehirndruck (s. d.), vor allem infolge Verletzung größerer Blutgefäße, verbunden. Die Größe der Gefahr eines S. hängt von der Größe des Blutergusses innerhalb der Eckä- delhdhle sowie von der Ausdebnung und Intensität der vorhandenen Gehirnverletzung ab. Die Be- handlung erfordert absolute Ruhe und die Anwen- dung von Eisbeuteln auf den Kopf, unter Umständen auck operative Eingriffe, besonders bei komplizierten Schädelfifsur, s. Fissur. Drücken.
Schädelhöhle, s. Schädel. Schädelindex, s. Menschenrassen (Bd. 11, Schädellage, s. Kopflage. ^S. 775 a). Schädellehre, [* 53] s. Phrenologie. Schädelschwuttd, s. Englische Krankheit. [* 54] Schädelstätte, s. Golgatha und Kalvarienberg. Schädeltheorien, soviel wie Wirbeltheorien des Sckädels, s. Schädel. Schaden, im bürgerlichen Recht Vermögens- minderung im weitesten Sinn. Danach umfaßt der S. auch einerseits die geminderte persönliche Er- werbsfähigkeit, andererseits den Gewinn, welchen jemand gemacht haben würde, wenn das beschädi- gende Ereignis nicht eingetreten wäre. Im engern Sinne wird dann der positive S. (äHinnum 6m6t- S6N8) unterschieden von dem entgangenen Gewinn (wcrnin 0638KN3). Um den S., welchen jemand erleidet, von einem Dritten ersetzt verlangen zu können, muß ein besonderer Rechtsgrund vorliegen, welcher den Dritten dazu verpflichtet. (S. Schaden- ersatz.) Wo ein solcher besonderer Rechtsgnmd nicht vorliegt, trägt jeder den S., welchen er durch einen unglücklichen Zufall erleidet, selbst. Man hat dies so ausgedrückt! c^sum Lsntit äc)iniiiu8 (s. Gefahr, Bd. 7, S. 641H). Ein geeignetes Mittel, um die Gefabr eines möglicken S. auf einen größern Kreis [* 55] ¶
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abzuwälzen, ist die Versicherung (s. d.). Hier leistet aber der Versicherte die Prämie, und die Ver- sicherungsgesellschaft macht sich aus der Summe der gezahlten Prämien für die Entschädigungen bezahlt, welche sie denjenigen Versicherten zu zahlen hat, bei denen ein S. eintritt. Schadenersatz. Die Gründe, welche einen Dritten verpflichten, den einem andern entstan- denen Schaden (s. d.) zu erstatten, sind sehr ver- schiedener Art. Wenn der Staat im allgemeinen Interesse einem Privaten ein Grundstück entzieht oder dasselbe zum allgemeinen Vesten mit einer Dienstbarkeit belastet, oder einem Unternehmer das Erpropriationsrecht verleiht, so ist der Enteignete von der Allgemeinheit oder von dem Unternehmer zu entschädigen. (S. Enteignung.) Der Bergwerks- besitzer, welcher den unterirdischen Bergban nicht betreiben kann, ohne das Grundeigentum zu ge- fäbrden, ist ohne Rücksicht auf sein Verschulden kraft des Gesetzes für alle Schäden haftbar, welche infolge des Bergbaues dem Grundeigentum zugefügt wer- den, es sei denn, daß der Grundeigentümer im Ver- schuldenwar. (S.Vergwerkseigentum, Bd. 2, S.78"i.) Über die Haftung der Eisenbabnbetriebsunterneb- mer im Fall der Tötung oder Verletzung eines Menschen s. Haftpflicklgesetze.
Sonst gilt der Grund- satz, daß für Beschädigungen außerhalb eines Ver- tiagsverhältnisses auf ^. dann nicht gehaftet wird, wenn denjenigen, von welchem Ersatz gefordert wird, nicht selbst ein Verschulden trifft oder wenn er nicht traft Gesetz für das Verschulden des Veschädigers baftet. (S. Delikt und Quasidelikte; vgl. auch Ge- fäbrliche Tiere und ?ÄUMi-iL8.) Als Verschulden gilt nicht bloß vorsätzliche, sondern auch fahr- lässige Verletzung. Nach dem Deutschen Entwurf ^§. 752) soll bei objektiv rechtswidrigen Handlungen der Thäter, welchem Vorsatz oder Fahrlässigkeit nicht ur Last fällt, so weit den Schaden ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen des Falls, ins- besondere nach den Verbältnissen der Beteiligten, eine Schadloshaltung erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standes- gemäßen Unterhalt sowie zur Erfüllung feiner ge- setzlichen Unterhaltungspflicht bedarf.
Dasselbe soll geiten, wenn jemand im Zustande der Bewußt- losigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Znstande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit, oder wenn ein Kind unter 7 Jahren oder ein Mensch unter 18 Jahren oder ein Taub- stummer ohne die zur Erkenntnis der Verantwort- lichkeit erforderliche Einsicht eine objektiv unerlaubte Handlung begangen und dadurch einem andern Schaden gestiftet hat, sofern der Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigcn Dritten zu er- legen ist.
Hat sich jemand durch geistige Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zu- stand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt, so soll er für den in diesem Znstande verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich sein, wie wenn ibm T^vlMgkeit zur Last siele, es sei denn, daß er obne Verschulden in diesen Zustand geraten wäre (8.750). D^ch giebt es Fälle, in denen nur wegen vorsätz- licher, andere, in denen nur wegen grobfahrlässiger Verletzung gehaftet wird.
Während ferner nach Gemeunm Recht da, wo aus einer Verschuldung überdaupt gehaftet wird, der volle Schaden oder das gesamte Intere^e schlechthin zu gewähren ist, also auch der entgangene Gewinn, wird nach Preuh. Allg. Landrecht der Umsang der Ersatz- pflicht regelmäßig nach dem Maße und der Art der Verschuldung abgestuft. Bei minderer Ver- schuldung pflegt sich der Erfatz auf das gemeine In- teresse zu beschränken, d. h. auf denjenigen Verlust, welchen jedermann berechnen könnte, so namentlich auf den Wert, welchen eine beschädigte Sache ge- wöhnlich gehabt hat scin^nti 62. i'63 68t).
Bei Arglist und grober Fahrlässigkeit dagegen darf auch das besondere Interesse liä hnoä iiit6i'68t) zum Ansatz gebracht werden; und dieses kann sich je nach den Umständen auf den entgangenen sichern Gewinn, auf den Wert der besondern Vorliebe (i)l6tiuin al- t'6ctioui3, s. Asfektionsinteresse) oder auf eine Ent- wertung, welche die Beschädigung einer Sache für andere mit derselben zusammenhängende Sachen im Gefolge hat, richten. Nach dem Deutschen Ent- wurf auch deu entgangenen Gewinn umfassen; als ent- gangen gilt aber nur der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den be- sondern Umständen, insbesondere nach den ge- troffenen Anstalten und Vorkehrungen mit Wahr- scheinlichkeit erwartet werden konnte.
Die Ersatz- pflicht wegen Nichterfüllung einer Verbindlichkeit erstreckt sich nicht auf den Schaden, dessen Ent- stehung nach den Umständen, welche der Schuldner kaunte oder kennen mußte, außerhalb des Bereichs der Wahrscheinlichkeit lag (ß. 215). Auch darüber besteht eine Verschiedenheit der Gesetzgebungen, ob ein eingetretener Schaden schlechthin in Geld zu er- setzen ist, oder ob zuuächst Wiederherstellung des frübern Zustandes zu fordern ist. Der Deutsche Entwurf hat darüber Bestimmungen in ߧ. 213,21(1 getroffen. Danach soll zunächst der Zustand wieder- hergestellt werden, welcher bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht ein- ! getreten wäre. Im heutigen Verkehrsleben ist die ! Frage zur besondern Bedeutung gelangt, ob öffent- liche Korporationen, namentlich Staat und Kom- munen, sowie Gesellschaften und Genossenschaften für Verseben ihrer Organe (Beamten, Angestellten) nach oder neben diesen Ersatz zu leisten haben.
Theorie und Praxis neigen der Bejahung dieser Frage zn; die Gesetzgebungen sind bisher nur in einzelnen Beziehungen gefolgt. In Vertragsver- hältnisscn haftet der Schuldner einfach auf Erfüllung, d. b. auf Gewährung desjenigen, was er zu leisten versprochen hat, und er kann sich der Verurteilung nur entzieben, wenn er beweist, daß die Erfüllung ohne sein Verschulden, also durch einen von ihm nicht zu vertretenden Zufall schlechthin und allgemein unmöglich geworden ist.
Doch wird in einigen Fällen darüber hinaus gehaftet. So wird der Frachtführer nach Handelsgesetzbuch Art. 395 nicht damit gehört, ! daß das Frachtgut ohne sein Verschulden verloren ! oder beschädigt sei. Er kann sich nur durch den Nachweis Höherer Gewalt (s. d.) befreien. Gewährt ein Schuldner, welcher auf Erfüllung haftet, diese ! nicht und ist sie nicht zu erzwingen, so haftet er auf das Geldinteresse, das ist eben der S. statt der Er- füllung. Ein ^. neben der Erfüllung ist zu leisten, wenn der Schuldner im Verzüge (s. d.) ist, also zu spät erfüllt. Zu unterfcheiden von der Haftung aus S. ist die Haftung auf Herausgabe der Bereiche- rung (s. d.). Die Durchführung eines Schaden- prozesses war nach den frühern deutschen Civil- prozeßgesetzen häusig eine mißliche Sache, weil dem Beschädigten die Erbringung eines schwierigen Be- weises zugemutet wurde. In dieser Richtung hal ¶
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die Deutsche Civilprozeßordnung Abhilfe geschaffen. Nicht nur, daß sie nach §. 259 im allgemeinen den Grundsatz der freien Veweiswürdigung aufgestellt hat, sie bat in §. 260 für Sckadenansprüche ins- besondere bestimmt, daß der Richter über die Fragen, ob ein Schaden entstanden sei und wie boch der Schaden sich belaufe, unter Würdigung aller Um- stände nach freier Überzeugung zu entscheiden habe, daß es in seinem Ermessen stehe, ob und wieweit eine von den Parteien beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen eine Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, und daß er den Beweisführer zur eidlichen Schätzung des Schadens anhalten könne, unter Bestimmung des zulässigen Höchstbetrages der Schätzung, während die Vor- schriften über den partikularrechtlichen Schätzungs- oder Würderungseid aufgehoben sind. übrigens ist ein Beschädigter in gewissen vom Deutschen Straf- gesetzbuch (§§. 181, 231,340) und den Reichsgesetzen über das Urheberrecht und den Markenschutz vor- gesehenen Fällen berechtigt, auch im Strafprozesse die Zuerkennung einer bestimmten Buhe (s. d.) zu verlangen, zu diesem Zwecke der erhobenen öffent- lichen Klage sich als Nebenkläger anzuschließen oder eine Privatklage zu erheben und die zugesprochene Buße im Wege derZwangsvollstreckung beizutreiben (Strafprozeßordn. §§. 443-446, 495). Schädliche Insekten, [* 60] s. Forstinsekten und In- sekten (Bd. 9, S. 626 fg.). Schädlicher Raum, bei Dampfmaschinen [* 61] der Raum, der zwischen dem Kolben und den Dampf- abschlußorganen (Schiebern und Ventilen) bleibt, wenn der Kolben im toten Punkt steht. Je kleiner der S. R. durch zweckmäßige Gestaltung der Steue- rungsteile und Dampfkanäle gemacht wird, desto geringer ist der durch ihn bedingte Arbeitsverlust. - üder S.R. bei der Luftpumpe [* 62] s. d. Schadlosbürge, s. ^iä^usFor.
Schadow, Joh. Gottfr., Bildhauer, geb. zu Berlin, lernte als Lehrling und Gehilfe des im Geiste Houdons arbeitenden Tassaert sich in sein Fach ein, verließ jedoch plötzlich Berlin mit seiner Geliebten und verheiratete sich in seinem 21. Jahre mit derselben in Trieft. Von dort wandte sich S. nach Italien. Unermüdet fleißig, arbeitete er 1785 -87 anfangs in der Werkstatt Trippels, dann in den Museen des Vatikans und Kapitols, gewann in Rom den Preis im ^oncorLo äi Laleätra durch eine Befreiung der Andromeda (1786) und erhielt 1788 auf Grund seines Entwurfs zu einem Denkmal Fried- richs d. Gr. die durch den Tod Tassaerts erledigte Stelle in Berlin.
Sein erstes großes Werk in Deutsch- land war das dem Grafen von der Mark, einem natürlichen Sohne Friedrich Wilhelms II., 1790 er- richtete Grabdenkmal in der Dorotheenkirche zn Berlin. In dcr Zeit von 1791 bis 1792 war er nach Kopenhagen, [* 63] Stockholm [* 64] und Petersburg [* 65] geschickt worden, um Studien über die Technik des Vronze- gusses zumachen; jedoch wurde die 1789-94entstan- dene, für den Erzguß bestimmte Quadriga [* 66] auf dem Brandenburger Thor zu Berlin durch den Kupfer- schmied Iurv in Kupfer getrieben.
Das geplante Denkmal Friedrichs d. Gr. in Berlin unterblieb, das 1794 in Stettin [* 67] aufgestellte Marmorstandbild des- selben gehört zu S.s geringern Arbeiten. Seine besten Leistungen aber wurden die Marmorstand- bilder des Generals von Zieten (1794) und des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau (1800) für den Wilhelmsplatz in Berlin, jetzt in die Kadettenanstalt von Lichterfelde übergeführt und am Wilhelmsplatz durch Bronzekopien ersetzt. Sie stellen zum erstenmal die Gestalten im Zeitkostüm dar und zwar in einer Wahrheit und Lebendigkeit, daß sie zu den besten Arbeiten der neuern Kunst gezählt werden müssen.
Dieselbe Realität findet sich auch m der vorzüglichen Gruppe der beiden mecklenburgischen Prinzessinnen Luise und Friederike, den nachmaligen Königinnen von Preußen [* 68] und Hannover, [* 69] erst für Porzellan modelliert, dann lebensgroß in Marmor ausgeführt (Schloß zu Berlin), und in dem liegenden nackten Akt Nymphe Salmakis (Nationalgalerie in Ber- lin). Dagegen mußte S. auf Wunsch Goethes sich fügen, die Blücherstatue in Rostock [* 70] in antikem Ge- wände herzustellen (1819), während er in der in halber Lebensgroße modellierten Vronzestatue Fried- richs d. Gr. mit den zwei Windspielen in Sanssouci wie in dem Standbild Luthers zu Wittenberg [* 71] (1821) zum Zeitkostüm zurückkehren konnte.
Außerdem mo- dellierte er noch viele vortreffliche Büsten berühmter Männer, darunter die Goethes (1816; National- galerie in Berlin) und die für das königl. Schauspiel- haus verwendeten Büsten von Lessing, Händel und Bach, Reliefs um das Münzgebäude und in den Sälen des Schlosses zu Berlin, sowie verschiedene originelle Statuetten. Seit 1805 war er Rektor, seit 1816 Direktor der Akademie der Künste zu Ber- lin, der er bis an seinen Tod, vor- stand. Er wurde der Begründer der modernen Bild- hauerschule Berlins.
Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: «Wittenbergs Denkmäler der Bild- nerei, Baukunst [* 72] und Malerei» (Wittenb. 1825),
«Po- lyklet, oder von den Maßen des Menschen nach dem Geschlecht und Alter» (Berl. 1834; 5. Aufl. 1886), «Nationalphysiognomien, oder Beobachtungen über den Unterschied der Gesichtszüge und die äußere Gestaltung des menschlichen Kopfes» (ebd. 1835; 2. Aufl. 1867),
«Kunstwerke und Kunstansichten» (ebd. 1849). Aus seinem Nachlasse veröffentlichte Friedländer: «Gottfried S.s Aufsätze und Briefe» (Düsseld. 1864; 2. Aufl., Stuttg. 1890). Sein ältester Sohn, Rudolf S., geb. in Rom, bildete sich unter der Leitung des Vaters, dann seit 1810 unter Thorwalosen und Canova aus. Nächst mehrern Basreliefs, Büsten u.s. w. fanden besonders seine Marmorstatuen einer Sandalenbinderin (1817; Glyptothek in München) und einer Spinnerin [* 73] großen Beifall.
Außerdem modellierte er ein Mädchen mit einer Taube, eine Tänzerin, einen Diskuswerfer und einen kolossalen Achilleus mit der Penthesilea (von Emil Wolff voll- endet). Seine Werke sind zum größten Teil nach England gelangt. Er starb in Rom. Schadow, Wilhelm von, Historien- und Por- trätmaler, geb. zu Berlin, der zweite Sohn des vorigen, wurde zunächst durch seinen Vater und Fr. G. Weitsch gebildet und ging 1810 mit seinem Bruder Rudolf nach Rom, wo er sich den sog. «Nazarcncrn» anschloß und 1814 zum Katholi- cismus übertrat.
Bei seiner Rückkunft nach Berlin (1819) wurde er zum Professor der Akademie er- nannt. Von seinen Gemälden jener Zeit ist eine Anbetung der Könige für die Garnisonkirche zu Potsdam [* 74] (1824) hervorzuheben. 1826 wurde er Direktor der Kunstakademie zu Düsseldorf; [* 75] es folg- ten ihm dorthin alle seine Berliner [* 76] Schüler, darunter I. Hübner, Th. Hildebrandt, C. Sohn und Lessing. Zu S.s Leistungen in Düsseldorf gehören Christus unter den Pharisäern (1327; Dom zu Naumburg), [* 77] ¶
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Madonna als Himmelskönigin (1833; Kirche der > Barmherzigen Schwestern in Koblenz), [* 81] die vier! Evangelisten (1828; Werdersche Kirche in Berlin), ^ Christus auf dem Wege nach Emmaus (1835; Ber- liner Nationalgalerie), Materdolorosa (1836; Pfarr- kircbe zu Dülmen; gestochen von Hoffmann), Die j klugen und thörichtenIungfrauen(1843; Etädelfches Institut zu Frankfurt [* 82] a. M.), Himmelfahrt Maria (1843; Paulskirche zu Aachen), [* 83] Der Brunnen [* 84] des Lebens (1848; im Besitz des Deutfchen Kaifers) und eine allegorische Tarstellung von Himmel, [* 85] Fegfeucr und Hölle (Galerie in Düsseldorf).
Durch ein Augen- leiden an der weitern Ausübung seiner Kunst ge- bindert, verlor er, der Begründer der romantischen Malerschule Düsseldorfs, auch als Leiter der An- stalt seinen Einfluß durch das Wachsen der kolo- ristischen und realistischen Elemente, welche die na- zarenisch-romantische Richtung zu Grabe trugen. Während seiner Krankheit diktierte er ein Buch: «Der moderne Vasari» (Berl. 1854), das biogr. Skizzen aus der neuern Kunstgeschichte entbält. S. starb zu Düsseldorf, wo ihm ein Denkmal (Vronzebüste, von Wittig) errichtet ist. -
Vgl. Hübner, S. und seine Scbule Oonn 1869).
Schadrinsk.
1) Kreis im südöstl. Teil des russ. Gouvernements Perm, östlich vom Ural, im Gebiet des Isset, hat 18 034,7 ykm, darunter 735,? hkm Seen, 317 452 E., Ackerbau, Vicbzucht, Töpferei, Metallarbeit, Gerbereien; den Krestowsko-Iwanow- schen Jahrmarkt (s. d.). - 2) Kreisstadt im Kreis S., links am Isset, hat (1894) 17 214 E., 5 Kircben, Etadtbank; Kürschnerei, Gerberei, Branntwein- brennerei, Handel mit Getreide, [* 86] Vieh, Talg, Bor- sten u. a. fton Brüssel, [* 87] mit 51000 E. Schaerbeek (spr. schahrbebk), nordöstl.
Vorstadt Schaf [* 88] und Schafzucht. Das Schaf gehört, wie das Rind, [* 89] zu den hohlhörnigen Wiederkäuern (I^uwi- UÄntig. cHvicornill.), in der es eine eigene Gattung, 0vi8, bildet. Zu derfelben zählen: der südeurop. Mouflon (Ovig mu8iiii0ii ^c/^ebeT-, s. Tafel: Schafe [* 90] II, [* 80] Fig. 2); das nordafrik. Mähnenschaf (Ovi8 traF6iHpku8 ^)eF?ntt,-e6t, [* 80] Fig. 1); der mittel- asiat. Argali (0vi8 ^mmoii ^. oder Xr^ii ^oci- ckaese^); der tibetan.Kaschgar(Katfchgarfchaf, Ovi8 ?0li ^^t/t, s. Taf. I, [* 80] Fig. 1); das nordamerik.
Bergfchaf (0vi8 illontang. (7eoF0^, s. Taf. II, [* 80] Fig. 3). Auch der Bisamochse (s. d., 0vibo8 uw8c1iH- w8 zu den Schafen gerechnet. Gezähmt und Gegenstand der landwirtschaftlichen Tierzucht ist dasHausschaf (Ovi8 ai-168 ^.), dessen bisher unbekannter Stamm- vater nach den im Haustiergarten des landwirt- schaftlichen Instituts in Halle ausgeführten Züch- tungsversuchen der auf Corsica [* 91] wild lebende Mouflon ist. Es besitzt zahlreiche, hinsichtlich der Körperform und Haartracht verschiedene Unterarten und Ras- sen, deren Klassifizierung eine sehr verschiedenartige ist.
Nach derZahl derScbwanzwirbel kann man zwei Haupt gruppen unterscheiden; kurzschwänzige Schafe mit 13 oder weniger Schwanzwirbeln und einem nur mit straffen Haaren besetzten Schwänze, und langschwänz ige Schafe mit 14-22 Schwanzwirbeln und (mit wenigen Ausnabmen, s. unten) alle wolletragend. Zu dengehörnten kurz- schwänzigen Schafen gehören: das skandinavische, isländische, Färöer-, Shetland- oder 5knen- und Hebridenschaf, die Heidfchnucke (s. Tafel: Sckaf- rassen I, [* 80] Fig. 2), das Geestschaf;
ferner in Süd- osteuropa und Mittelasien: das tatar., kalmück., Brockhaus' KonversationZ-Lexikon. 14. Aufl. XIV. burjat.
Fettsteißschaf und das kirgis. Glockenschaf. Un gehörnte kurzschwänzige Rassen sind: die frief., eiderstedtischen, dithmarschen und Butjadinger MarschschlügeNorddeutschlands,dieholländ.Marsch- schlägc, wie von Texel, das ftandr. oder vläm. und das Fagas-(Vagas-)Echaf, ferner im füdl. Asien [* 92] und nördl. Afrika: [* 93] das chinef. Schaf, das Stummel- schwanzschaf [* 80] (Fig. 5), das fettstcißige oder Mekka- schaf, das pers. Schaf. Die langschwünzigen Schaf- rassen zerfallen in die Hauptgruppen der breit- schwänzigen oder Fettschwanzschafe und die schmalschwänzigen Schafe.
Ein Fettschwanz- schaf mit sehr langem Schwanz ist das syr. Schaf; mittellangen Schwanz haben das anatolifche, kara- maniscke oder Levanteschaf, ägypt., tunes., berber. oder algier., sranz., macedon. oder Clementiner, neapolit., buchar. und pers. Fettschwanzschaf. Bei den zahlreichen fchmalschwänzigen Schafrassen er- giebt die Bekleidung das Merkmal für weitere Unter- gruppen. Haarige Bekleidung zeigen das Etbaischas l Schaf der Bisch arm), das Dinka- oder Mähnen- schaf, das hochbeinige oder Guinea-(Kongo-)Schaf, das libysche oder Fessanschaf und das Iunu oder angolesische Kropffchaf.
Mifchwolle tragen das kre- tische, macedon., walach., moldauische oder ungar. [* 80] (Fig. 4a) und das ungehörnte Zackelschaf, das Ver- gamasker [* 80] (Fig. 6), Paduaner, steir. oder Kärntner, Seeländer und wallische Hängeohrschaf, das Mün- sterschaf, die Vergschafe, wie das Siebenbürger Zackel- oder Tzurkanschaf [* 80] (Fig. 4d), das Tzigagaschaf schweiz. (Wallis-, Frutigen-, schwarzes Schweizer- schaf), das franz. (Pyrenäen-, Ve^arner, Gascogner, Cevennen-, Larzac-, Causse-Schlag), das engl. oder Bergschaf von Wales (sanftwolliges Schaf von Wales, Cornwallfchaf, schwarzköpsiges Bergschaf, Herwick- oder Cumberlandschaf), das irische oder Wicklow- und das Kerryschaf, die Landfchafe, so das bayr. oder Zaupel-, das pommersche oder poln., das haunov.
Schaf, die franz. Berry-, So- logne-, Poitou-, Marche- und Limousinschläge und das span. mischwollige Landschaf. Lange Misch- wolle tragende Rassen sind: das Romney-, Marsch- oder Kentschaf, das Teeswaterschaf, das Devon- shire-, das ungehörnte Southdown-, das Bampton- und das Lincolnschaf. Kurze Mischwolle tragende Rassen sind: das Schaf von Cornwall, die Wald- rassen (Dartmoor- und Ermoorschaf), das Shrop- shireschaf und das alte Schaf von Norfolk (Pem- stoneschaf).
Reines Grannenhaar tragen: das arab. oder Beduinenschaf, das kabardische oder Tscherkessenschaf, das Dishley- oder New-Leicester- fchaf (f. Taf. I, [* 80] Fig. 3). Nur reine Wollhaare tragen und zwar schlichte oder nur gewellte: in Deutschland das Rhönschaf (s. Taf. II, [* 80] Fig. 2), das rhein. Schaf, das Hess. oder lippische Schaf, das mccklenb. Spiegelschaf, das Frankenfchaf [* 80] (Fig. 1), in England die ungehörnten Southdown- oder Sussex-, Ryeland- oder Hereford- und Cheviotschafe sowie die gehörnten Dorset- und Wiltshireschafe. Gekräuselte Wollhaare tragen das kolchische, ital., span. Vurdos- oder Churraschaf und die Merinos (s. d. und Taf. II, [* 80] Fig. 3, 5 u. 6). Bezüglich derZuchtrichtung macht man gewöhn- lick folgende Einteilung: ^..Wollschafe.
1) Tuch- wolle liefernde Schläge zeigen mehr Elektoralcharak- ter mit häufig unbewollten Gesichtern und Beinen, sie sind klein und äußerst genügsam und liefern 1-1'/2 b3 gewaschene Wolle, die boch (bis 300 M. 24 ¶