öffentliche theol. Disputationen zur Ausgleichung streitiger Lehrpunkte.
Sie waren namentlich vom 16. Jahrh. an ein oft, aber selten mit Erfolg versuchtes
Mittel. Unter die wichtigsten Religionsgespräche gehört
das 1.-3. Okt. 1529 auf Veranstaltung des Landgrafen Philipp von Hessen zu
Marburg
[* 8] gehaltene, wo die Wittenberger und
Schweizer
Theologen über die meisten
Lehren,
[* 9] nur nicht über das
Abendmahl einig wurden; sodann das auf Veranlassung
König Ferdinands I. 1541 zu
Regensburg
[* 10] zwischen evang. und kath. Theologen, aber ebenfalls
vergeblich, veranstaltete Gespräch.
Über die in der
Schweiz
[* 11] veranstalteten Religionsgespräche s.
Reformierte Kirche. Im 17. Jahrh. ist besonders das von den
Reformierten angeregte
LeipzigerReligionsgespräch von 1631 zu erwähnen, das jedoch, wie das
Casseler von 1631, an der Engherzigkeit
der Theologen scheiterte. Zu langen Zwistigkeiten gab auch das Gespräch zu
Thorn
[* 12] 1645
Anlaß, das König Wladislaw IV. von
Polen veranstaltete, um Katholiken,
Lutheraner und
Reformierte in seinem
Reiche zu friedlichem Nebeneinanderleben zu bringen.
die wissenschaftliche Erkenntnis des allgemeinen Wesens der
Religion, ihrer
psychol. Gesetze und ihrer geschichtlichen Erscheinungsformen. Eine Religionsphilosophie giebt es strenggenommen erst
dann, wenn die Erkenntnis gereift ist, daß die
Religion mehr sei als ein
System von übernatürlich mitgeteilten und mit äußerm
Autoritätsglauben aufzunehmenden Glaubenssätzen; daß das Auftreten solcher Glaubenssätze nur eine von den Erscheinungsformen
des religiösen Lebens sei, die im engsten Zusammenhang mit allen übrigen aus dem Wesen der
Religion und ihrer geschichtlichen
Entwicklung verstanden werden müsse.
Hiermit ist die
Anerkennung eines
Ewigen,
Allgemeinen und Göttlichen, das sich in dem Wechsel religiöser
Anschauungen und Kultusformen
geltend macht, so wenig ausgeschlossen, daß man vielmehr die geschichtlichen Gestalten des religiösen
Lebens nur durch Zurückgehen auf die in der Geschichte waltenden und in ihr sich offenbarenden göttlichen Ordnungen richtig
zu würdigen vermag. Wie das religiöse Leben selbst ein wesentliches
Moment im geistigen Leben der Menschheit überhaupt,
so bildet die Religionsphilosophie einen wesentlichen
Bestandteil der Geistesphilosophie.
Von der dogmatischen
Theologie unterscheidet sie sich nicht sowohl durch ihren Gegenstand als durch ihr
rein philos. Interesse, sofern in ihr nicht sowohl, wie in jener, das christl.-religiöse
Bewußtsein über sich selbst, als
vielmehr der wissenschaftliche
Geist über die Eigentümlichkeit des religiösen
Bewußtseins klar zu werden sucht; dabei wird
freilich religiöse Selbsterfahrung unentbehrlich sein, wie auch die theol.
Arbeit ohne philos.
Bildung
nicht zu vollziehen ist. Zur allgemeinen Religionsgeschichte endlich verhält sich die Religionsphilosophie wie deren
principieller
Teil zur empirischen Ausführung.
Im Unterschied von der Religionsphilosophie als einer
Frucht erst der neuern
Philosophie hat man die frühere Art, ihre Gegenstände zu behandeln,
nur als «religiöses Philosophieren» zu bezeichnen; so die philosophisch
angeregten
Spekulationen der Gnostiker und der jüd. und christl.
Alexandriner, trotz der Abhängigkeit derselben von Platonischer
Philosophie. Ebenso waren die mittelalterliche Scholastik, die nur die objektive Wahrheit des kirchlichen Dogmas durch
scharfsinnige
Reflexionen erweisen wollte, und die der Scholastik sehr verwandte altprot.
Dogmatik noch nicht im stande, sich auf den religionsphilos. Standpunkt zu erheben. Der erste wirkliche Versuch einer Religionsphilosophie ist
die Kantsche
«Religion innerhalb der Grenzen
[* 13] der bloßen
Vernunft» (Königsb. 1793). Dieselbe hat es freilich mehr mit einer
Zurückführung der christl.
Glaubenslehre auf die Grundideen eines religiösen Moralismus als mit einer
wirklichen Erörterung des Wesens der
Religion und ihrer geschichtlichen Erscheinungen zu thun. Eine spekulative
Entwicklung
der religiösen Idee hat in großartiger
WeiseHegel in seinen «Vorlesungen über die
Philosophie der
Religion» (2. Aufl., 2 Bde.;
Bd. 11
u. 12 der «Werke», Berl. 1840) gegeben, doch
behandelte er dieReligion zu einseitig als eine unvollkommene Form metaphysischen Erkennens, um dem wirklichen
Gesamtumfange ihres Wesens wie ihrer Erscheinungsformen gerecht werden zu können, was besonders in der Umdeutung des
Christentums
in seiner, der Hegelschen,
Philosophie hervortrat. Den
Grund zu einer echt psychol. und histor. Behandlung der Religionsphilosophie hat Schleiermacher
(s. d.) gelegt, der namentlich den Unterschied des religiösen
Denkens vom philos. Erkennen zuerst festgestellt hat. (S.
Religion.) Nach ihm und neben ihm hat auch die Herbartsche und Friessche
Schule sich um die Religionsphilosophie verdient gemacht. -
Vgl. Pfleiderer, Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage (Berl. 1878; 3. Aufl.
u. d. T.: Geschichte der Religionsphilosophie von
Spinoza bis auf die Gegenwart, ebd. 1893);
strafbare Handlungen, die sich auf die
Religion beziehen. Da, wo eine bestimmte
Konfession zur Staatsreligion erklärt, jede andere
Religion nur geduldet ist, soweit es die Staatszwecke gestatten, gestaltet
sich jede Überschreitung der der fremden
Religion gezogenen Grenzen zu einem Religionsdelikte, und das Religionsdelikt wird
ein vollständig politisches. Das geltende Deutsche
[* 14]
Strafrecht hat diesen Standpunkt nicht. Es rechnet
die
Religion als solche überhaupt nicht zu den vom
Strafgesetz zu schützenden
Gütern, sondern straft nur gewisse Handlungen,
durch welche die religiösen Gefühle verletzt und der Friede der
Religionsgesellschaften gestört wird (§§. 166-168). Diese
Handlungen sind, abgesehen von der eigentlichen Gotteslästerung (s.
Blasphemie):
4) vorsätzliche Verhinderung oder Störung des Gottesdienstes oder einzelner gottesdienstlicher Verrichtungen
einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft durch Erregung von Lärm oder Unordnung in einer Kirche oder in einem andern
zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte (Strafe überall Gefängnis bis zu drei Jahren). Hierzu ist zu bemerken:
1) Beschimpfung ist mehr als Beleidigung, eine grobe, durch Roheit gekennzeichnete Kundgebung der Verachtung;
3) zu den zu religiösen Versammlungen bestimmten Orten kann auch ein Kirchhof gehören, auf welchem herkömmlich
bei Beerdigungen religiöse Handlungen vorgenommen werden. Im weitern Sinne wird zu den auch der Fall gerechnet, wenn jemand
unbefugt eine Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten Personen wegnimmt, ingleichen wenn jemand
ein Grab zerstört oder beschädigt oder wenn an einem Grabe beschimpfender Unfug verübt wird (Strafe: Gefängnis bis zu zwei
Jahren und fakultativ Ehrverlust). Die Grabmälerzerstörung oder Beschädigung wird als Sachbeschädigung, die unbefugte
Wegnahme von Leichenteilen als Übertretung bestraft und das Abpflücken von Blumen, die auf ein Grab gepflanzt
sind, kann als Felddiebstahl bestraft werden, wenn der Kirchhof gartenähnlich angelegt ist.
Das geltende Österr. Strafgesetz von 1852 verpönt in §. 122 b die Störung einer im Staate bestehenden Religionsübung und
straft denjenigen, welcher durch entehrende Mißhandlung an den zum Gottesdienst gewidmeten Gerätschaften oder sonst öffentlich
der Religion Verachtung bezeigt (Strafe: Kerker von sechs Monaten bis schweren Kerker von zehn Jahren).
Außerdem sind ähnliche Bestimmungen über Verspottung religiöser Gebräuche und Einrichtungen (aber auch Lehren) in §. 303 gegeben
wie in §. 166 des Deutschen Strafgesetzbuches.
Bei denBeratungen des dem österr. Abgeordnetenhause 1889 vorgelegten Strafgesetzentwurfs haben sich bezüglich der
Bestimmungen über Religionsdelikte Meinungsverschiedenheiten ergeben; insbesondere hat die Bestimmung, daß auch der, welcher
den Glauben an Gott zu zerstören sucht, mit Zuchthaus bestraft werden solle, zu Bedenken Veranlassung gegeben. Die übrigen
Bestimmungen des Entwurfs lehnen sich an das geltende Gesetz von 1852 an.
(lat. religiosi), in der Rechtssprache die Ordensgeistlichen
oder die Mitglieder solcher Orden,
[* 16] welche lebenslängliche Gelübde abgelegt haben (Regulierte). Sie können nach Gemeinem
Recht von Ablegung des Klostergelübdes an nur noch dem Kloster
erwerben und dürfen weder unter Lebenden noch von Todes wegen
verfügen. Nach neuern Landesgesetzen dürfen sie dem Kloster nicht mehr als höchstens eine bestimmte
Summe zuwenden (summa pragmatica); in Ansehung des übrigen Vermögens waren sie als bürgerlich tot anzusehen, vgl.
z. B. Bayr. Amortisationsgesetz vom Preuß.
Allg. Landr. II, 11, §. 1199 fg.; Mainzer Verordnung von 1737 u. a. Bestritten ist, ob der Religiose durch Austritt aus dem
Kloster die volle Rechtsfähigkeit wiedererlange. Allgemein angenommen wird dies von den Ordenspersonen,
die infolge der Säkularisationen im Anfange des 19. Jahrh. aus den Klöstern ausschieden. Eine gleiche Wirkung haben das preuß.
Gesetz vom und das hess. Gesetz vom über Aufhebung der geistlichen Orden mindestens nicht ausgesprochen.
Jedenfalls hat der Austritt aus dem Kloster mit Bewilligung des Landesherrn (Preuß. Allg. Landr. II, 11, §. 1175) oder Genehmigung
der Kirchenbehörden eine solche Wirkung. Ob der Übertritt zu einer andern Konfession dieselbe Wirkung hat, ist ebenfalls
nicht unzweifelhaft. Das Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §. 30 und der Code civil kennen solche Beschränkungen
nicht. Der Deutsche Entwurf hat zwar im allgemeinen die Rechtsfähigkeit der Religiosen anerkannt, aber die landesgesetzlichen Erwerbbeschränkungen
aufrecht erhalten (Motive I, 25; Motive zum Einführungsgesetz, S. 168-170; an letzterm Orte ist eine eingehendere Darstellung
des geltenden Rechts beigefügt).
Das Österr. Bürgerl. Gesetzbuch bestimmt im §. 573, wann Klostergeistliche befugt sind, letztwillig
zu verfügen, und in den §§. 591 fg., daß sie in der Regel nicht Zeugen bei der Errichtung von Testamenten sein dürfen.
Das Kunstgewerbe schuf in dieser Hinsicht, häufig in Form
einer Kirche, wertvolle Stücke;
so befindet sich ein berühmtes Reliquiarium des heil. Servatius aus dem 12. Jahrh.
im Schatze der Servatiuskirche zu Maastricht,
[* 17] wertvolle silberne Reliquienschreine im Domschatz zu Aachen.
[* 18]
(lat., d. h. Überbleibsel), in der Kirchensprache
die Überreste von den Leibern der Heiligen oder von Sachen, die mit diesen in unmittelbarer Berührung
waren. Schon seit Gregor d. Gr. schrieb man den Reliquien heilsame Wirkungen zu, und die gottesdienstlichen
Versammlungen an den Gräbern der Märtyrer und Heiligen arteten immer mehr in Verehrung ihrer Gebeine aus. AlleKirchen und
Klöster wurden mit zahlreichen Reliquien ausgestattet, und noch gegenwärtig muß in der kath.
Kirche jeder Altar
[* 19] eine Reliquie in sich schließen. Der Protestantismus hat den Reliquiendienst verworfen, in der röm.- und
griech.-kath. Kirche steht er aber noch heute in Blüte.
[* 20] Die gottesdienstliche Verehrung der Reliquien ist bedingt durch deren kirchliche
Anerkennung (Approbation); diese und die dazu erforderliche Prüfung, wofür ausführliche Vorschriften bestehen, ist
in der röm.-kath. Kirche Sache einer besondern, 1699 eingesetzten Kongregation (s. d.) von Kardinälen in Rom.
[* 21]
Ludwig, Journalist, Romanschriftsteller und Operndichter, geb. zu Berlin,
[* 22]
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forlaufend
763
ward vom Vater, wider seine Neigung, zum Musiker erzogen, trat nach dessen Tode 1810 als Artillerist in den preuß. Militärdienst,
wurde Offizier, nahm jedoch 1821 den Abschied, um sich ausschließlich der Litteratur und den schönen Künsten zu widmen.
Nachdem er in Frankfurt
[* 25] a. O., Dresden,
[* 26] Heidelberg
[* 27] und Bonn
[* 28] litterar. und philol. Studien obgelegen, sich
auch dichterisch mit Glück versucht und 1824 und 1825 noch mehrfache Reisen unternommen hatte, ward er 1826 Redacteur und
Musikreferent bei der «Vossischen Zeitung» in Berlin. Rembrandt starb in der Nacht zum Nicht wenig zum Bekanntwerden seines
Namens trug seine unter dem Namen Freimund Zuschauer veröffentlichte Schrift «HenrietteSontag oder die
schöne Sängerin» (Lpz. 1827) bei, eine satir. Tagesgeschichte, die ihm eine mehrmonatige
Gefängnisstrafe zuzog. Daneben zeichnete er sich auch als Romanschriftsteller aus: seine Hauptwerke sind «1812»
(4 Bde., Lpz. 1834; 6. Aufl.
1892) und «Drei Jahre von Dreißigen» (5 Bde., ebd. 1858).
Weniger glücklich war Rembrandt in seinen dramat. Versuchen, obschon sein Schauspiel
«Eugen Aram» (nach dem RomanBulwers) sich längere Zeit auf dem Repertoire erhielt.
Auch verfaßte Rembrandt zahlreiche Operntexte, wie z. B. zu Meyerbeers «Feldlager in Schlesien».
[* 29] Seine «Gesammelten Schriften» (Lpz.
1860-61) umfassen 24 Bande. Noch kurz vor seinem Tode begann Rembrandt die Veröffentlichung feiner Selbstbiographie
«Aus meinem Leben» (2 Bde.,
Berl. 1860). Remagen, Stadt im Kreis
[* 30] Ahrweiler des preuß. Reg.-Bez. Koblenz,
[* 31] am linken Rheinufer,
an den Linien Köln-Bingerbrück und Rembrandt-Adenau (41,6 km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 32] ist Dampferstation und hat (1890) 3218 (5.,
darunter 222 Evangelische und 50 Israeliten, Post zweiter Klasse, Telegraph,
[* 33] drei kath., eine evang. Kirche,
Synagoge, Kloster St. Anna mit Pensionat, höhere Knabenschule, evang. Mädchenpensionat, Wasserleitung,
[* 34] Kanalisation, elektrische
Straßenbeleuchtung; Wachspapier- und Dachpappenfabrik, Steinbrüche und Quarzitgruben. Auf dem Apollinarisberge, einem Thonschieferfelsen
unterhalb der Stadt, stand früher eine dem heil. Martinus geweihte Kapelle, die, 1117 vom Erzbischof
von Köln
[* 35] in eine Propstei verwandelt und seit 1164 Apollinariskirche genannt, ein besuchter Wallfahrtsort
wurde. Sie ging 1807 in den Besitz der Gebrüder Boisserée in Köln und 1836 an den GrafenFranzEgon von Fürstenberg-Stammheim
über, der 1839-53 die neue Apollinariskirche, eine vielbesuchte Wallfahrtsstätte, erbauen ließ. - Rembrandt, das Rigomagus der
Römer,
[* 36] gehörte früher zum Herzogtum Jülich. Bei dem 1768 begonnenen Straßenbau wurden in und bei der
Stadt viele röm. Altertümer aufgefunden; 1857 fand man einen dem Jupiter, Mars
[* 37] und Merkur
[* 38] geweihten Votivaltar (jetzt im Provinzialmuseum
zu Bonn), der am Aufgang zum Apollinarisberg eingemauert worden ist, 1874 und 1885 außerhalb der Stadt
zwei röm. Wasserleitungen. -
Vgl. Kinkel, Der Führer durch das Ahrthal nebst Beschreibung der Stadt Rembrandt (Bonn 1842; 2. Aufl.
1854);
Remanént (lat.), zurückbleibend. Remanenter Magnetismus,
[* 39] s. Elektromagnetismus
[* 40] (Bd.
6, S. 7 a). Remarkieren (frz. remarquer), bemerken, anmerken; remarkābel, bemerkenswert.
Remarquedruck, s. Kupferstechkunst (Bd.
10, S. 820 a). Rembang, Residentschaft aus der
Nordküste der niederländ. Insel Java in Hinterindien,
[* 41] an der Javasee, ist 7511 qkm
groß und hat meist fruchtbaren Boden in bestem Kulturzustande. Die Bevölkerung beträgt (1892) 1273732 E., darunter 650 Europäer
und 17089 Chinesen.
Die Hauptstadt Rembrandt, ein wichtiger Handelsort, liegt unweit der See und hat 14263 E. Rembertus
Dodonäus, Botaniker, s. Dodoens. Remboursieren (frz., spr.
rangbur-), wieder erstatten, vergüten, decken, für eine Forderung trassieren (s. Trassieren); Rembours oder Remboursement
(spr. rangburßmáng), Einziehung einer Geldauslage durch Nachnahme (s. d.),
Deckung einer Waren- oder Wechselschuld durch Tratte des Gläubigers u. s. w. Rembrandt, Harmensz van Rijn
oder Ryn, der bedeutendste Holland.
Maler und Radierer, geb. zu Leiden,
[* 42] war der Sohn eines Müllers und trat zuerst um 1621 bei dem Leidener
[* 43] Maler I. van
Swanenburgh als Lehrling ein. Nach drei Jahren kam er nach Amsterdam
[* 44] zu P. Lastman; aber nur ein halbes Jahr
blieb er bei diesem Meister, dann kehrte er nach Leiden zurück, machte sich dort selbständig und zog gegen Ende des J. 1631 wiederum
nach Amsterdam. Seine ersten datierten Bilder stammen aus dem J. 1627; anfangs der dreißiger Jahre war er schon ein anerkannter
Meister. 1634 verheiratete er sich in Amsterdam mit Saskia van Hylenburgh, einer Ratsherrntochter aus Leeuwarden.
Nach ihrem Tode (1642) trat namentlich infolge seiner Sammlerleidenschaft in seinen ökonomischen Verhältnissen bald eine
solche Zerrüttung ein, daß er Hypothekenschulden machen mußte. 1656 wurde er für zahlungsunfähig erklärt, 1657 und 1658 sein
Haus, sein kostbares Kunstkabinett, sein Ateliervorrat zu öffentlicher Versteigerung gebracht. Dank
dem thatkräftigen Eingreifen seiner Magd Hendrikje Iaghers, mit der er in freier Ehe lebte, überwand er diese Katastrophe;
er starb als ein armer Mann zu Amsterdam, wo man ihm 1852 ein Bronzestandbild errichtete. Rembrandt ist unstreitig der
größte und originellste Maler der Holländischen Schule.
Königin
von England, Herzog von Westminster, Lady Wallace, Lord Ellesmere, sämtlich in London, Havemeyer in Neuyork.
[* 52]
Der Realismus
bildet die Grundlage seiner Kunst; doch ist er Idealist so gut wie irgend ein großer Künstler. Mit
einem Sonnenstrahl läßt er Seele und Gefühl aus äußerst grotesker Häßlichkeit, aus dem verkrüppeltsten Elend hervorblitzen
und bringt Wärme
[* 53] und Leben in die ärmste, jämmerlichste Wohnung hinein. Durch tiefsten, erschütternden Ausdruck der Seele,
unvergleichliche dramat. Gewalt, durch den Zauber der Farbe und des Lichts (s. Helldunkel) ersetzt er
den Mangel an Schönheit der Form im einzelnen und schafft einen Stil, der als höchster und vollendetster Ausdruck des german.
bildnerischen Vermögens dem romanischen ebenbürtig gegenübersteht. Zugleich ist er wie Dürer der
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Vertreter des prot. Christentums in der Kunst. Er übersetzte die Bibel
[* 55] nach seiner Art für schlichte, einfache Leute und nahm
bei seinen biblischen
[* 54]
Figuren die Tracht der holländ. Juden seiner Zeit und seines Wohnortes zum Vorbild, weil er so der histor.
Wahrheit näher zu kommen glaubte. Das unter dem Namen der «Anatomie» berühmte Gruppenbild stellt den
Professor Nik. Tulp vor einem Leichnam docierend dar nebst 7 Vorstehern der Amsterdamer Chirurgengilde. Das von Rembrandt 1632 vollendete
Gemälde schmückte nebst einem jetzt halb verbrannten Bilde R.s von 1656 (Amsterdam, Reichsmuseum) und ähnlichen Darstellungen
anderer Künstler den Anatomiesaal der genannten Körperschaft: 1828 kaufte es König Wilhelm I. für 32000 Fl.
und jetzt bewahrt es die königl. Galerie im Haag (Photogravüre bei Hanfstängl, München).
N.s größtes und berühmtestes Werk (3,6 : 4,4 m) ist die 1642 entstandene sog. Nachtwache, darstellend den Auszug einer Amsterdamer
Schützencompagnie aus ihrem Gildehaus. Volles Sonnenlicht dringt in fast übernatürlicher Weise zwischen
Bäumen oder hohen Häusern her auf den Vorplatz des Gebäudes, durch dessen hochgewölbtes Thor die Truppe auszuziehen im Begriff
ist; aber das wunderbare Helldunkel, welches das ganze Bild einhüllt, hat zu der Meinung geführt, daß eine nächtliche
Scene geschildert habe. (Vgl. Dyserinck, De Nachtwacht van Rembrandt, in «De Gids», 1891, S. 235 fg.) Das Gemälde,
erst im Rathaus, ist seit 1808 eine Hauptzierde des Reichsmuseums in Amsterdam.
Ebenda befindet sich auch das nicht minder berühmte, durch Lebenswahrheit ausgezeichnete Gruppenbild von 1662: De Staalmeesters,
d. h. die Stempelmeister (5 Vorsteher der Tuchmacherzunft). Hier anzureihen sind: Der Geldwechsler
(frühestes bekanntes Bild, 1627; Berlin, Museum), der mit naivem Humor geschilderte Raub des Ganymed (1635;
DresdenerGalerie). Das nächst der «Nachtwache» umfangreichste Bild R.s ist der früher sog. Schwur JohannZiskas, vielmehr die
Verschwörung der Bataver unter Claudius Civilis gegen die Römer (1662; Nationalmuseum in Stockholm).
[* 56] Es wurde im Auftrag der
Stadt Amsterdam für das neue Rathaus gemalt, nie oder nur ganz vorübergehend aufgestellt, jetzt ist nur der mittlere Teil
mit der Hauptgruppe erhalten; vier Skizzen im Kupferstichkabinett zu München weisen aus, wie das Ganze ausgesehen hat.
Von dem Dutzend Landschaften R.s ist als Hauptbild: Die Mühle (im Besitz des Lord Lansdowne), ferner eine Gewitterlandschaft
(Museum in Braunschweig),
[* 60] eine Berglandschaft mit Ruine (um 1650; Galerie zu Cassel) zu nennen. Hervorragendes
leistete auch als Porträtmaler. Von seinen etwa 40 Selbstbildnissen befinden sich die vorzüglichsten in Berlin (1634), im
Haag (um 1634, der sog. Offizier), im Louvre (1637), in der Nationalgalerie zu London (1640. Hierzu die Chromotafel: Rembrandt
van Rijn. Selbstbildnis), im Buckingham-Palast ebendort (um 1642); von Selbstbildnissen aus höherm Alter
wären hinzuzufügen das im Louvre (1660), in der Nationalgalerie zu London (1664). Sodann das volle Lebensfreude atmende
Selbstbildnis mit seiner ersten Frau Saskia van Uylenburgh befindet sich in der DresdenerGalerie (Heliogravüre bei Hanfstängl,
München).
Seine erste Frau hat er im Einzelbild ebenfalls wiederholt verewigt: Stockholm (1632), Petersburg (1634),
Herzog von Buccleuch in London (1634), Cassel (um 1634). Ein durch Farbenpracht ausgezeichnetes Bild seiner zweiten Frau Hendrikje
Iaghers besitzt das Berliner
[* 61] Museum; Bildnisse seiner Mutter u. a. das Augusteum zu Oldenburg
[* 62] (1632) und die Königin von England
in Windsor-Castle. Auch Bildnisse des Vaters, der Schwester Lysbeth, des BrudersAdriaen und des SohnesTitus
sind von der neuern Kritik erkannt worden.
Außerdem giebt es noch eine Reihe anderer trefflicher Bildnisse von R.s Hand;
[* 63] bekannt sind der sog. Kalligraph Coppenol (1631;
Petersburg; um 1632 zu Cassel), Elisabeth Bas, Witwe des Admirals Swartenhont (Amsterdam, Reichsmuseum), die
sog. Köchin R.s (1651; Nationalmuseum in Stockholm), sein Gönner Jan Six (1654; in der Sixschen Galerie zu Amsterdam), Cornelis
Claesz Ansloo eine Witwe tröstend (1894 für das Berliner Museum erworben). Ferner sind von den unter bestimmten Titeln berühmten
Bildnissen zu nennen: die sog. Danae, d. i. eine lebensgroße nackte Frauengestalt (1636; Petersburg, Eremitage),
der sog. Sobieski, d. i. Bildnis eines walachischen Bojaren (1637; ebd.), eine badende Frau (1654; London, Nationalgalerie), die
sog. JüdischeBraut (um 1665; Amsterdam, Gemäldegalerie), sowie das Braunschweiger Familienbild (etwa 1667-69). Mit sein Bestes
hat Rembrandt in seiner Spätzeit in einigen Studienbildern hochbetagter Personen geleistet, von
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denen Die alte Frau in Petersburg und Der bär- tige Alte in Dresden (beide 1654) zu erwähnen sind. Remiremont hat auch eine Menge
Zeichnungen hinter- lassen, die höchst charakteristisch für die Richtung des Meisters und treffende Belege sür seine reiche
Er- findungsgabe sind. Sammlungen seiner Handzeich- nungen bewahren das Louvre in Paris, die Alber- tina
in Wien, die Kupferstichkabinette in München, Berlin, Dresden, das Britische Museum, das Teyler- Museum in Haarlem,
[* 65] das Museum
Fodor in Amster- dam, ferner die Privatsammlungen der Herren von Beckerath in Berlin, Bonnat in Paris, Zeseltine in London.
Fr. Lippmann giebt seit 1889 die vor- züglichsten Blätter in Faksimile-Reproduktionen heraus. Endlich
ist Remiremont noch berühmt als Radierer. Mit allen Mitteln der Technik meisterhaft aus- geführt, haben seine Radierungen ganz die
Har- monie, Wärme und Poesie seiner Bilder. Das sog. Hundertguldenblatt (Christus heilt Kranke, wahr- scheinlich komponiert nach
Matth. 9,13-15), Kreuz- abnahme, Bürgermeister Six, Arzt Tholinx (1883: 37 750 Frs. gezahlt), Schreibmeister
Coppenol, Land- schaft mit drei Bäumen sind Hauptstücke seiner ra- dierten Blätter, die zum Teil außerordentlich hoch bezahlt
werden und deren Zahl Vartsch auf 375 angab, während die neuere Kritik eine weit ge- ringere Anzahl Radierungen von R.s
eigener Hand gelten läßt (W. von Seidlitz zäblt etwa 260 echte Radierungen R.s).
Ein vorzügliches Mittel zum Studium der Radierungen N.s bietet D. Rovinskis «I/wuvi-6 3I-HV6 äe Remiremont», mit
Lichtdruckreproduktionen sämtlicher dem Künstler zugeschriebenen Blätter in allen bekannten Plattenzustünden (3 Bde. Tafeln
und 1 Bd. Text, Petersb. 1890). Altere Zusammenstellun- gen des Radierwerkes lieferten: Gersaint (Par.
1751), Daulby (Liverp. 1796), Bartsch (2 Bde., Wien 1797; neuer Abdruck, Lpz. 1880), De Claussin (Par. 1824 u. 1828), Wilson
(Lond. 1836), Ch. Vlanc (Par. 1859 u.
1880), Dutuit (mit Heliographien sämtlicher Radierungen; ebd. 1881-85), S. Remiremont Köhler (1887). Chronol.
Anordnungen lieferten Vosmaer (1868) und Middleton (Lond. 1879), dessen Gruppierung fast durchgängig Geltung
gewonnen hat. Photo- graphien nach R.s Radierungen (165 Blatt)
[* 66] ver- öffentlichte die Photographische Gesellschaft in Berlin.
Remiremont hatte zahlreiche Schüler und Nachfolger, von denen sich GerardDou, JakobBacker, Govaert Flinck, Ferd. Bol, Phil. Koninck, Jan
Victors, Karel Fabritius, G. van den Eeckhout, Sam. van Hoog- straeten, Nik. Maes und Acrt de Gelder einen
Na- men in der Kunstgeschichte gemacht haben.
Litteratur. Die Resultate der Urkundenfor- schung sind in der Zeitschrist «Ouä
lloiianä» (Am- sterd. seit 1883) niedergelegt.
Vgl. ferner Scheltema, li.eäkvoklinF over liet levsn van N. (Amsterd. 1853;
französisch, Par. 1866);
Vosmaer, N., 83. vis et 868 wuvr63 (2. Aufl., Par.
1877);
Lemcke, Remiremont van Rijn (in Dohmes «Kunst und Künstler», Heft 35, Lpz.
1877);
M.Schmid,
Rembrandt (im «Kunst-Salon», Verl. 1894);
Kolloff, R.s Leben und Werke (im «Histor. Taschenbuch», 3. Folge, 5. Jahrg., Lpz.
1854).
Ein Prachtwerk (8 Bde., Paris bei Ch. Sedelmeyer),
enthaltend 500
Heliogravüren von Ge- mälden, Phototypien von Handzeichnungen
und Ra- dierungen, sowie eine Biographie R.s, bereitet Wilh. Bode vor. Lautners Schrift «Wer ist R.?» (Vresl.
1891), die vorübergehend Aufsehen erregte, ist ohne wissenschaftlichen Wert. Das vielbesprochene Buch (von Langbehn): Remiremont als
Erzieher (Lpz. 1889; 43. Aufl. 1893) handelt eigentlich nicht von Remiremont, sondern
nimmt ihn nur zum Ausgangspunkt all- gemeiner Betrachtungen. bezirk Weimar
[* 67] des Großherzogtums Sachsen-Wei- mar, hat
(1890) 1206 evang. E., Post, Telegraph, ein der UniversitätJena
[* 68] gehöriges Rittergut; Gewin- nung von Kalktuff, Sandsteinbrüche,
Pappenfabrik, zwei Fabriken für Waldwollpräparate, Mahl- und Schneidemühlen, Brauerei. Remiremont wird als Sommer- frische besucht.
^nando-Noronha. Remedios,
brasil. Sträflingskolonie, s. Fer- Remedium (lat.),
Heilmittel.
In der Münz- prägung ist Remiremont oder Toleranz die gesetzlich gestattete Abweichung nach oben und unten von
dem vorge- schriebenen Gewicht und Feingehalt der Münzen
[* 69] (s. Fehlergrenze). Sie wird gewährt, weil eine abso- lute Genauigkeit
der Prägung nicht immer zu erzie- len ist. Infolge der technischen Fortschritte ist man im stände, das Remiremont immer
kleiner zu bestimmen. Früher wurde das im fiskalischen Interesse aus genutzt, indem man immer soweit
wie möglich die untere Grenze desselben zu erreichen suchte.
Nach dem deutschen Ge- setz vom betrügt das Remiremont sür Reichsgold- münzen 2^/2 Tausendstel im Gewicht und 2 Tausend-
stel im Feingehalt. Die lat. Münzkonvention setzte die Toleranz nach oben und unten im Gewicht der 100-,
50- und 40-Frankenstücke auf 1 Tausendstel, der 20- und 10-Frankenstücke auf 2 Tausendstel und der 5-Frankenstücke in
Gold
[* 70] auf 3 Tausendstel, und im Feingehalt aller Goldmünzen auf 1 Tausendstel (vor 2 Tausendstel) fest. Beim engl.
Sovereign beträgt die erlaubte Abweichung im Ge- wicht 0,01296 Z, beim halben 0,00972 F, im Feingehalt 2 Tausendstel.
- über Remiremont oder Toleranzbei ge- aichtm Maßen und Gewichten s. Aichen.
Remedur (vom lat. l6M6äiuiu), Heilung, Ver- besserung, Abstellung eines Mißbrauchs. Remefse, s. Rimesse. Remich, Hauptstadt
des Kantons Remiremont im Distrikt Grevenmachcr des Großherzogtums Luxemburg,
[* 71] links an der Mosel,
an den Linien Koblenz-Trier- Diedenhosen (Station Nennig-Remiremont) der Preuß. Staats- bahnen und Luxemburg-Remiremont (27,2 km) der Luxembur-
ger Nebenbahn, hat (1890) 2200 E., Post, Telegraph; Gerbereien, Weberei,
[* 72] Kalkstein- und Gipsbrüche, Ziegelei, Obst- und Weinbau.
Aemingtongelvehr, ein in der Gewehrfabrik von C. E. Remington and Sons in Ilion im Staate Neuyork konstruierter
Hinterlader mit Blockver- schluß. Die besondere Eigentümlichkeit desselben bil- den die beiden um starke Wellen
[* 73] drehbaren
Hähne, deren einer den Verschlußkopf, der andere den Schlaghahn bildet, der gegen einen Schlagstift schlägt. Das Remiremont war inSchweden,
[* 74] Norwegen, Dänemark,
[* 75] Spanien,
[* 76] Ägypten,
[* 77] Griechenland
[* 78] und Amerika
[* 79] eingeführt. Reminiscenz (lat.),
Erinnerung, Anklang,Stelle in einem Schriftsteller oder in einer Musik, der man schon anderswo begegnet ist. Itsniinisoers
(lat., «Gedenke»),
der zweite Fastensonntag (fünfte Sonntag vor Ostern), nach seinem mit
Psalm 25, 6. beginnenden Introiws
(s. d.). Remiremont (spr.-mirmöng).
1) Arrondissement im franz. Depart. Vosgcs, hat auf 875,5i
hkiu
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forlaufend
766
(1891) 79 737 E. und 40 Gemeinden in 4 Kantonen. - 2) Hauptstadt des Arrondissements Remonten, links an der Mosel, 408 m ü. d. M.,
am Ost- und Nord fuß des befestigten Parmont (613 m), an den Neben- linien Epinal-N. (28 ^ni), N.-Vussang-sur-Moselle (32 km)
und Remonten-Cornimont-sur-Ätoselotte (24 km) der Ostbahn, ist Sitz des Kommandos einer In- fanteriedivision
und der ersten Infanteriebrigade, eines Gerichtshofs erster Instanz, einer Ackerbau- kammcr und einer Forstinspektion, hat
(1891) 7750, als Gemeinde 9374 E., in Garnison Teile des 5., 19. und 15. Iägerbataillons zu Fuß und eines Regionalregiments:
ein College, ein Waisenhaus, Zellengefängnis, Theater,
[* 81] Bibliothek und Spar- kasse.
Die Pfarrkirche (13. Jahrb.) hat eine Krypta aus dem 11. Jahrh., die alte Abtei ist nach dem Brande von 1871 im Stil des 18. Jahrh,
wieder- hergestellt. N. hat Messer-, Kessel- und Zeugschmie- den, Brauerei, Strumpfwirkerei und Lohgerberei und Handel mit Holz,
[* 82] Kohlen, Getreide,
[* 83] Eisenwaren, Mehl,
[* 84] Wein, Forellenpasteten und Käse (von Girard- mer und Vachelin). Nemis
(frz., spr. -mih, «zurückgestellt»),
unent- schieden (im Schachspiel). schuppen. Rennsen (frz.), Schuppen, namentlich Wagen- Remisier (frz., spr. -sich), ein
Vermittler zwischen den Maklern und dem Publikum an den Effekten- börsen, namentlich in Paris (s. Börse, Bd. 3, S. 326 a).
An inländischen Börsen ist der N., auch Winkel- makler genannt, Vertreter ausländischer Makler und Banksirmen,
um das anlagesuchende Kapital in das Ausland zu ziehen. Seine Provisionsbeteiligung (frz. reinige) schwankt zwischen 25 und 50 Proz.
Nemission (lat.), Zurücksendung: Nachlassung einer Strafe: die vorübergehende Verminderung der Krankheitsfymptome, besonders
im Fieber.
Remittönden (lat.), im Buchhandel der Teil des Konditionsgutes (s. d.), der als nicht verkauft von dem
Eortimentsbuchhändler zur Buchbändlermesse (s. d.) wieder an den Verleger zurückgesandt wurde oder werden soll; überhaupt
unverkaufte, dem Ver- leger zurückgesandte Bücher u. s. w., scherzweise Krebse genannt. Die Remissionsberechtigung ist an
gewisse Fristen gebunden. Meber. Nsniittsns (lat., t6di-i8 i-6initt6n8), s.
Wechsel- Nemittönt (lat.), im Wechselrecdt derjenige, an welchen oder
an dessen Order der Wechsel nach der Angabe des Ausstellers gezahlt werden soll («Zahlen S ie gegen diesen Wechsel an ^l.^.
oder dessen Order»; «ich zahle gegen diesen Wechsel an ...»). Im gezoge-
nen und trassiert-eigenen Wechsel darf der Aussteller sich selbst als Remonten bezeichnen («Zahlen Sie an mich
selbst», «an meine Order», «an Order eigene», «an Order meines Giro», nicht aber bloß: «an Order» oder «an Order von selbst»),
nicht aber im eigenen Wechsel. Der 3t. ist der erste Wechselnehmer, als solcher befugt, die Zahlung vom Bezogenen, oder vom
Aussteller des eigenen Wechsels selbst zu fordern oder den Wechsel weiter zu begeben, wenn der Wechsel
nicht die Rektaklausel (s. Rektawechsel) enthält. Wird der Wechsel vom Bezogenen nicht bezahlt,
so hat der Remonten, wenn er den Wechsel behalten hat oder ihn von seinem Nachmanne hat einlösen müssen, den Regreh
gegen den Aussteller, vorausgesetzt, daß der Wechsel rechtzeitig protestiert oder der Protest vom Aus-
steller erlassen ist. (S. Wechselprotest und Rimesse.) Remittieren (lat.),
zurücksenden (s.
Remitten- den); Geld oder Wechsel übermachen (s. Nemittent und Rimesse).
Remo, San, ital. Stadt, s. San Remo. Remonstranten (lat.), soviel wie Arnünianer (s. d.).
Remonstrieren (lat.), Gegenvorstellungen er- heben ; N emonstranz, R emonstration,
Gegen- vorstellung, Einwendung. Remontantnelken, s. Nelke und Remontieren. Remontäntrosen, die
größte Klasse der Edel- rosen (s. Rose und Remontieren). Remontedepots, staatliche Anstalten zur Ein- stellung von Remonten
(s. d.). Preußen hat 15 Remonten mit etwa 8900 Pferden, und zwar in der Provinz Ostpreußen:
[* 85] Iurgaitschen (seit 1822),
Neuhof-Nagnit (1823), Kattenau (1826), Brakupöncn (1836), Pr. Mark (1869), Sperling (1822), Liesken (1876), Weeskenhof (1891);
Die einzelnen Remonten sind
königl. Domänen. An der Spitze eines N. steht als Administrator ein Oberamtmann oder ein Oberinspektor, dem ein oder zwei
Obcrroßärzte beigegeben sind. In Sachsen be- steht ein Remontedepot auf dem Kammergut Kalk- reuth; ein zweites soll errichtet
werden. Württem- berg erhält seine Remonten aus den preuß. Depots, Bayern hat 5, Österreich-Ungarn
[* 90] 2 Remonten Nemonten
(frz.), regelmäßiger Ersatz an jungen Pferden, den derDienstbctricb der berittencnTruppen erfordert.
Jährlich werden am Schluß des Übungs- jahres so viele Remonten eingestellt, als alte unbrauchbar gewordene Pferde
[* 91] ausrangiert
werden; letzteres sindet durchschnittlich bei der Kavallerie nach zehn, bei der Artillerie nach neun Gebrauchsjahren statt.
Der Ankauf der Remonten geschieht in der Regel durch besondere Kommissionen, seltener durch die Truppen- teile
selber. Die angekauften Remonten werden entweder unmittelbar den Truppenteilen überwiesen, oder erst in sog. Remontedepots (s. d.)
untergebracht. Da die Einstellung der Pferde in den Dienst im allgemeinen nicht vor einem Alter von 4^ bis 5 I.
stattfinden kann, Pferde dieses Alters aber oft schon im Ge- brauch gewesen, andernfalls sehr teuer sind, so ist es zweckmäßig,
die Pferde schon im frühern Alter anzukaufen und bis zur Zuteilung an die Truppen den Remontedepots zu überweisen, wo sie
zweck- mäßig verpflegt werden. In Preußen werden durch fünf Remonteankaufskommissionen (1 - 3 Ofsiziere
und ein Roßarzt) die Pferde im Älter von 3^/2 I. (selten älter) auf öffentlich be- kannt gegebenen Remontemürtten angekauft,
und zwar in den Provinzen Ostpreußen (etwa 5000 von Schleswig-Holstein,
[* 92] Hannover, Brandenburg, Schle- sien rechts der Oder
und in ^üddeutsckland. Der Durchschnittspreis eines Pferdes beträgt (1894) ctwa 700 M., die Kosten der
Rcmonticrung jährlich 7 Mill. M. Nach einjährigem Aufenthalt in den Remontedepots werden die nun vierjährigen Remonten an
die Truppen verteilt, die sie durch Remonte- tommandos abholen lassen. Bei der Truppe wer- den die jungen Pferde in schonender
Weise angerit- ten und kommen erst nach 1^ Jahren zur Einstel- lung in Reih und Glied;
[* 93] während dieser Zeit
wer- den sie noch Remonten genannt (jüngste, vorletzte). In Preußen steht das gesamte Remontewesen unter dem Remonteinspecteur,
der dem Kriegsmini- sterium unterstellt ist.
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