^0N3trict0r68 pIikr^nFiZ,
Rachen schnür er) um- geben, durch deren Zusammenziehung die
Rachen- l)öble verengert wird. (^.
Schlingen.) Unter den Erkrankungen des Racine ist der
Ka- tarrh (kdai^nFitig) die gewöhnlichste. Bei dem akuten Rachenkatarrh,
der oft unter
Fieber verläuft, tritt eine starke Rötung und Schwellung der Schleimhaut, namentlich aber der
Mandeln und ihrer Umgebung ein, so daß der Rachcneingang mehr oder minder vollständig geschlossen ist (Ra- chenbräune,
Angina, t'uucium). Es findet dabei eine lebhafte Schleim- und Speichelabsonderung statt, welche fortwährend zum Schlucken
nötigt
(Leerschlucken), die
Sprache
[* 2] ist gestört, näselnd und undeutlich.
Der chronische R a chenkat
a r r b findet sich besonders bei solchen Leuten, die viel sprechen müssen
(daher auch Schulle h rerbräun e genannt, in England ci6i'37in(?n'8 301-6 tliroat, in
Frankreich Hii^ins clLi-icale), und
nicht selten bei solchen, die viel rauchen. Die Rachenschleimbaut ist hierbei gerötet, körnig verdickt und mit erweiterten
geschlängelten
Venen (vHi-ic68) durchsetzt; auch wird mehr Schleim abgesondert, der zu häufigem Räuspern
und .hüsteln nötigt.
Nicht selten ergreift der Katarrh auch die benachbarte Kehlkopfschleimbaut, wodurch dann die stimme belegt, heiser und klanglos
er- scheint. Der chronische Rachenkatarrh wird bäufig
Quelle
[* 3] schwerer
Hypochondrie. Man behandelt den Rachenkatarrh am besten
durch vollkommene Ruhe, Gebirgs- und Waldluft, Trinkkuren, Bepinseln und
Inhalieren adstringierender
Substanzen
(Alaun,
[* 4] schwache Höllensteinlösung u. s. w.) und sorgt für
Abhärtung des Körpers durch kalte
Bäder im Flust oder Schwimmbassin,
tägliche kalte
Abreibungen u.dgl. Verdickungen und Wucherungen der hintern Rachenwand werden am besten durch ätzende
Mittel
(Höllenstein,
Galvanokaustik) bekämpft. Die gefähr- lichsten Erkrankungen des Racine sind
Krupp (s. d.) und
Diphtheritis (s. d.). -
Vgl. Vresgen, über den chronischen Nasen- und Nachenkatarrh (2. Aufl.,
Wien
[* 5] 1883);
Schech, Die
Krankheiten
der Mund- höhle, des Racine und der Nase
[* 6] (4. Aufl., ebd. 1892).
Rachenbräune, s.
Rachen; bösartige oder epidemische N. soviel wie
Diphtheritis (s. d.). Nachenbremsen (^6pIi6N0mvm), eine
Gattung der Viesfliegen, mit in der Rachenhöhle verschiedener Hirscharten schmarotzenden Larven. (^pliLuomvia
Ltimuliitoi- (ÄaiVc schmarotzt in der des
Rehes. Rachenenge, s.
Gaumen. Rachenkatarrh, s.
Nachen. Rachenlilie, s. ^ntlioi^a.
Rachentonsille (1on3i11^ pIiarviiFea), eine An- häufung von aggregierten
Drüsen» in der Schleim- haut des obern Rachenraums,
die bei skrofulösen
Kindern nicht selten eine krankhafte Vergrößerung erfahren und dann
Anlaß zur
Bildung
größerer, oft den ganzen hinten: Nasenrachenraum verstopfen- der
Geschwülste (sog. adenoider
Vegetationen) geben.
Als Folgeerscheinungen dieses Zustandes stellen sich chronische Echleimabsonderung, näselnde
Sprache, Erschwerung der
Atmung,
mangelbaste
Ernährung und nicht selten entzündliche Affektioncn des
Gehör- organs ein. Die Behandlung besteht in der opera-
tiven Entfernung der entarteten Racine Rachettesystem, ein Hochofensystem (s.
Eisen- erzeugung, Bd. 5, S. 925 a). It.2.oliiti8 oderlUi^cnitiZ,
s.
Englische Krankheit.
[* 7] Racine (spr. -ßihn),Hauptstadt des Eounty Racine am nordamerik.
Staate Wisconsin, südlich von
Mil- waukee, am Michigansee, hat (1890) 21014 E., dar- unter viele
Teutsche und
Skandinavier,
ein College, kath.
Akademie, 24
Kirchen; schönen
Hafen, be- trächtlichen Lokalhandel und Fabriken von
Pflügen, Dreschmaschinen
[* 8] und Wagen, Leder,
Bier,
Eis- schränken und
Tauwerk sowie Strumpfwirkerei. Racine (spr. -hihn),JeanVaptiste, franz. Tra- gödiendicbter, geb. zu La
Ferte-Milon in der Ehampagne, wo fein
VaterAnwalt war.
Nach dein früben
Tode feiner Eltern sandte ihn sein Großvater auf das College zu Veauvais (1652-55);
von dort ging er auf die Schule von
Port-Noyal des Champs und wurde hier von Lancclot und Maistre unterrichtet. Seit 1658 vollendete
Racine seine
Studien auf dein (^oiie^s Harcourt. zu
Paris.
[* 9] Als
Poet machte er sich 1660 bei
Hofe durch eine Ode
auf die Vermäblung
Ludwigs XIV.: «I.H n^mpiw cl6 I3.36in6», bekannt und gewann durch eine zweite Ode: «1^3. l6nomm66 aux
Nn868» (1663),
Boileaus Freundsckaft. Seine auf Veranlassung Molares 1664 ausgeführte erste
Tragödie «1^3. ^Iiiödaiäs 011 163 fi-ei-68
6nii6mi8» errang leidlichen Erfolg, grö- ßern die folgende «^Lx^närs»
(1665),
obwohl beide R.s Eigenart und seinen Gegensatz zur heroisch-polit.
Tragödie Corneillcs deutlich
zum
Ausdruck brachten. Erst mit dem dritten ^tück «^näromaque» (1669)
führte Racine die franz. Liebestragödie und sich selbst als den
Reformator der dramat.
SpracheFrankreichs ein. Tasselbe Motiv
ist in den folgenden
Tragödien «LlitllnuicuL» und «Iplii^niL
6n ^uliäo» (1669), «L^i'0iiic6» (1670),
«LaM^et» (1672),
«Nitdriäatk» (1673),
«?Ii6är0)) (1677), mit
sich steigernder Ver- tiefung, Feinheit und wachsendem
Poet. und ver- edeltem
Ausdruck, am erschütterndsten wohl im letzt-
genannten
Stück behandelt. 1673 wurde N. Mit- glied der
Französischen Akademie. Vielfache An- feindungen, denen er ausgesetzt
gewesen war, be- sonders bei Ausfübrung seiner I1i6äi-6, wo die Herzogin von
Bouillon ein förmliches
Komplott gegen ihn schmiedete und ihn durch
Begünstigung von
Pradon und dessen »?1i0äi'6» zu vernichten trach- tete, verleideten
Racine die
Bühne;
auch hatte die Schau- spielerin Cbampmesle, die ihn lange Jahre fesselte, mit ihm gebrochen;
endlich führte
das Wicder- erwachen religiöser Regungen ihn zu seinen Freunden von
Port-Royal zurück;
auf ihren
Rat
heiratete er 1677 ein Fräulein dc Romanet und führte nun ein frommes Familienleben, dessen Zurückgezogenheit nur durch
sein österes Erscheinen bei
Hofe Unter- brechungen erlitt.
Erst 1689 schrieb er, auf Bitten der Frau von Maintenon, «1 und 1691 »^tlilUio»,
zwei biblische
Tragödien, die für das Mädchenpensionat St. Cyr bestimmt waren. Von diesen gilt besonders
«^tiialio» wegen der
Einfach- heit der Handlung, der Mannigfaltigkeit und Hoheit der
Personen, der religiösen
Begeisterung
und wegen der ergreisenden
Lyrik der
Chöre als R.s
Meister- werk. R.s
Tragödien sind der
Ausdruck einer edeln barmonischen Persönlichkeit,
die auch den bösen Charakteren eine gewisse Vornehmheit verleiht, das Krasse,
Niedrige und
Triviale überall
vermeidet, meist auch Werke voll dramat. Lebens bei aller Rcgelstrcnge, reich an
Gedanken und wohllautend in der
Sprache, und
in allen diesen
Beziehungen den franz.
Tragödien des 17. und 18. Jahrh, über- legen. Im AristophanischenStil
geschrieben und des
Aristophanes«Wespen» nachgebildet ist sein
Lustspiel «1^63 i)wi(1sui'8» (1668),
eine Verspottung des
Ge-
richtswesens. Außerdem schrieb Racine
Epigramme, 37"
¶
mehr
Oden und religiöse Lieder, den Abriß einer Geschichte von Port-Royal und eine Geschichte Frankreichs unter Ludwig XIV., wozu
er, seit 1677 königl. Historiograph, mehr die Verpflichtung als den Beruf hatte. Nur geringe Bruchstücke sind von diesem
Werke erhalten. In seinen letzten Lebensjahren raubte ihm seine Anhänglichkeit an Port-Royal die Neigung
des Königs, was Rachen um so tiefer empfand, als Ludwig XIV. in frühern Jahren ihn vielfach ausgezeichnet und sich gern von
ihm hatte vorlesen lassen. Rachen starb zu Paris. Von den zahlreichen Ausgaben seiner sämtlichen Werke, deren erste 1697 erschien,
ist die beste die von Mesnard (8 Bde., Par.
1865-73) mit Einleitungen, Varianten und Wörterbuch. Eine vollständige deutsche Übersetzung der Dramen lieferte H. Bichoff
(4 Bde., Berl. 1870), eine Auswahl
Laun (Hildburgh. 1869). -
Vgl. Roy, Rachen, sa vie intime et sa correspondance avec son fils (Par. 1874);
Sein Sohn Louis Rachen, Dichter und Schriftsteller, geb. zu Paris, gest. ebendaselbst machte sich durch
religiöse Dichtungen: «La grâce» (Par. 1720 u. ö.)
und «La religion» (ebd. 1742 u. ö.) bekannt;
wertvoller sind seine «Mémoires sur la vie de Jean Rachen» (2 Bde., Lausanne
[* 11] 1747).
Seine gesamten Schriften
sind öfters gedruckt (am vollständigsten 6 Bde., Par.
1808). De la Roque veröffentlichte «Lettres inédites de Jean et Louis Rachen» (Par. 1862).
er besteht aus chlorsaurem Kalium und Nitrobenzol, welche beide Bestandteile erst unmittelbar
vor dem Gebrauche gemischt werden, hierdurch wird der Rackarock völlig ungefährlich, weshalb er in den Vereinigten Staaten
[* 13] dem
Dynamit häufig vorgezogen wird.
Dorf südlich von Dresden
[* 15] (s. die Karte: Dresden und weitere Umgegend, Bd. 5, S. 518),
mit 381 E. und einem Denkmal an der Stelle, wo Moreau durch eine Kanonenkugel tödlich verwundet wurde.
(spr. ratsch-), eigentlich Rakecz Raczynski, großpoln. Familie aus dem
alten Adelsstamme Rakecz, die sich nach dem im WielunerBezirke gelegenen Gute Raczyn nannte, zuerst 966 urkundlich vorkommt
und gegenwärtig in einer kurländ. und einer im Posenschen ansässigen Linie blüht. Als Gründer des Hauses gilt der «Comes
Raczon» (um 1252); als Stammvater der Raczynski ist Boguslaus Rakecz de Raczeno (um 1350)
anzusehen. Von seinen Nachkommen sind hervorzuheben:
Ignaz Rakecz Raczynski, der um 1741 Fürsterzbischof-Primas
von Gnesen-Posen war, Kasimir Rakecz Raczynski, Kronmarschall von Großpolen
und siebenfacher Starost, und der Malteserkomtur Vincenz Rakecz Raczynski, der letzte Gesandte in Malta, der die ältere kurländ.
Linie der Raczynski gründete.
Graf Eduard Raczynski, Sohn des poln. Generals Philipp Raczynski (gest. 1804), geb. 1786 in
Posen;
[* 16] er unternahm 1814 eine Reise nach Konstantinopel
[* 17] und der kleinasiat. Küste, die er in einem mit prächtigen Kupfern ausgestatteten
Werke (deutsch von F. W. von der Hagen,
[* 18] Bresl. 1824) beschrieb. Er erhielt gemeinsam mit seinem BruderAthanasius (nach Erlöschen
einer 1798 in den Grafenstand erhobenen Linie) 1824 den preuß. Grafenstand.
Mißmut über Kränkungen seitens der poln. Parteien scheint ihn veranlaßt zu haben, sich das
Leben zu nehmen. Von seinen weitern Veröffentlichungen sind hervorzuheben: «Gabinet
medalów polskich» (Bd. 1 u. 2, Berl. 1845; Bd. 3 u. 4, Pos. 1841-48) und die durch einen Atlas
[* 19] erläuterten
«Wspomnienia Wielkopolski» (2 Bde.,
Pos. 1842-43). Seine besonders für die poln. Litteratur wichtige Bibliothek von etwa 21000 Bänden schenkte er mit einem großen
Gebäude der Stadt Posen. -
Sein einziger Sohn, Graf Roger Raczynski (geb. gest. in
Paris), veröffentlichte mehrere franz. und deutsche Schriften. Dessen Sohn Eduard (geb. ist
der jetzige Vertreter der Linie.
Des erstgenannten Grafen Eduard Bruder, GrafAthanasius Raczynski, geb. wurde preuß. Gesandter
in Kopenhagen,
[* 20] dann in Lissabon
[* 21] und bis 1863 in Madrid,
[* 22] 1854 zum erblichen Mitgliede des preuß.
Herrenhauses ernannt. Er sammelte eine kostbare Gemäldegalerie, die jetzt der Berliner
[* 23] Nationalgalerie einverleibt ist. Raczynski starb in
Berlin.
[* 24] Er veröffentlichte: «Histoire de l`rt moderne en Allemagne» (3 Bde.,
Par. 1836-42; deutsch von F. H. von der Hagen, Berl. 1836-42),
«Les arts en Portugal»
[* 25] (Par. 1846) und u. d. T.
«Geschichtliche Forschungen von Athanasius Raczynski» (2 Bde., Berl.
1860-63) die Geschichte seiner Familie. - Sein einziger Sohn, GrafKarl Raczynski, geb. vermählte sich 1854 mit der Prinzessin
Karoline von Öttingen-Wallerstein und lebt in Bregenz.
[* 26]
Das Haupt des ältern kurländ. Hauses, dessen Zugehörigkeit zum Grafenstande nicht erwiesen ist, ist
Sigismund Raczynski, geb.
im allgemeinen eine kreisförmige, massive oder durchbrochene Scheibe aus Holz
[* 27] oder Metall, welche den Zweck
hat, drehende Bewegungen zu vermitteln, und daher entweder zur Übertragung von Kräften oder zur Unterstützung von Fuhrwerken
dient. Die Rad der erstern Art übertragen die Bewegung entweder direkt, wie die Zahnräder (s. d.) und
die Friktionsräder
[* 28] (s. d.), oder indirekt, wie die Riemen-, Seil-, Schnur- und Kettenscheiben (s. Transmission).
[* 29] Das Rad sitzt
entweder fest, wie alle kraftübertragenden und wie die Eisenbahnwagenräder, oder drehbar, wie die gewöhnlichen Wagenräder,
auf der in der Mitte durchgehenden Achse.
Das Speichenrad, im Gegensatz zu dem massiven Rad oder Scheibenrad, besteht als Wagenrad aus der
Nabe, den in dieselbe eingefügten Speichen (10-16 an der Zahl) und 6-8 Felgen, welch letztere vereinigt den Kranz bilden,
wozu noch die verschiedenen Beschläge kommen. Um die paarweise je in einem Kranzteil angeordneten
¶
forlaufend
581
Speichen in der Nabe dauerhaft zu befestigen, um- giebt man die letztere mit eisernen Ringen, die heiß aufgezogen werden.
Die Gestalt des Radkranzes ist entweder die eines cylindrischen oder (für ge- wölbte Straßen) die eines konischen Ringes.
Damit das hölzerne Radde genügende Haltbarkeit erlangt, um- giebt man es mit einem eisernen
Reifen, welcher meist glühend aufgezogen und mittels Nägel
[* 31] oder Echraubenbolzen mit versenkten Köpfen befestigt wird. Die
Radde für Luxuswagen umgiebt man noch mit Kautschnkstreifen (Gummiräder), um das Geräusch beim Fahren auf gepflasterten Straßen
zu vermeiden.
Die Naben versieht man mit Büchsen (Achsbüchsen), die am besten vorn verschlossen sind und in ihrem Hohlraum
ein Quantum Echmiermaterial enthalten, um dieses allmählich der Achse zuzuführen. Zur Herstellung der Radde kommen häufig für
alle Radteile Epecialmaschinen zur Anwendung. So bedient man sich znr Anfertigung der Naben, da die Bohrung derselben vollkommen
central und rein sein muß, besonderer Nüderbohrmaschinen. Eine Ma- schine zum Zerschneiden hölzerner
Speichen besteht aus mcbrern nacheinander angewendeten Kreis- sägen.
Die hölzernen Felgen werden oft durch Holzbiegmaschinen (s. d.) hergestellt.
Bei den als Speichenräder ausgeführten Eisenbahnwagenrüdern (s. Betriebsmittel, Bd. 2, S. 903 d) werden die Na- ben und
Speichen aus weißglühendem Sckmiede- eiscn unter hydraulischen Pressen in gußeisernen Formen gebildet. Die
stählernen Radreifen werden auf besonders konstruierten Walzwerken gewalzt, genau nach Maß abgedreht und heiß auf die Spei-
chenräder aufgezogen.
Die Radde werden dann meist in kaltem Zustande mit hydraulischen Pressen (Rä- derpressen) auf die Achsköpfe aufgezogen. Zum
Abdrehen der bereits auf der Achse filzenden Eisen- bahnwagenrädcr sind besonders konstruierte Dreh- bänke
(Rüderdrehbänkc) in Gebrauch. Rad, Strafe des Radde oder Rädern, eine Todesstrafe, deren Wesen darin bestand, daß dem Verbrecher
die Glieder
[* 32] durch ein Radde, mit einer Keule oder in anderer Weise zerschlagen wurden. Die Strafe war bei den Römern und früh
auch in Deutschland
[* 33] gebräuchlich.
Das N. wurde hauptsächlich gegen Staatsverbrecher und Räuber angewendet, in eini- gen Ländern nur gegen
Männer. Die mildere Form war die von oben nach uuten, wobei der Verdrecker den Gnadenstoß, der Genick und Herz zerstieß,
im Anfang erhielt; die schwerere von unten nach oben. Der Verbrecher wurde hierbei auf der Erde oder einem hölzernen Kreuz
[* 34] ausgestreckt, dann wurden ihm seine Arme, seine Beine und sein Rücken zer- stoßen und hiernach der noch lebende Verbrecher
mit den gebrochenen Gliedern in die Speichen eines Radde geflochten und mit feinen Qualen, bisweilen noch bis zum andern Tage
lebend, zur Schau gestellt. Das Radstechten des Leichnams und die Schau- stellung kam auch manchmal als
der Todesstrafe nachfolgende Schärfung vor, wenn der Verbrecher in anderer Weise, z. V. durch Enthauptung getötet war. In
Preußen
[* 35] wurde die Aufflechtunq des Kör- pers anf das Radde durch Kabinettsordcr vom abgeschafft. -
Radabweifer, s. Abweiser. Radagaisus, Ratiger, german. Heerführer von ungewisser Herkunft, der 404 n. Cbr. mit einem aus angeblich
über 200000 Mann bestehenden Heere von Goten, Sueven und Vandalen in Oberitalien
[* 37] einbrach und Florenz
[* 38] belagerte, aber durch
Stilicho 405 bei Fäsulä geschlagen und getötet wurde. s. Marshallinseln. Nad an der Welle, s. Wellrad.
Nadaune, Fluh in Westpreußen,
[* 39] entstießt dem 15 Km langen Nadaunesee, durchströmt den Klodno-, Vrodno- und Ostritzsee, teilt
sich unterhalb Praust in die Alte und Neue Radde, von denen jene bei Nonnenhof, diese unterhalb Danzigs in
die Mottlau mündet. Radautz.
1) Bezirkshauptmannschaft in der Bukowina, hat 2140,66 hkm und (1890) 70643 (35 766 männl., 34 877 weibl.) E., 28 Gemeinden
mit 33 Ortschaften und 5 Gutsgebiete und umfaßt die Gerichtsbezirke Radde und Seletyn. - 2) Stadt und Sitz
der Vezirkshauptmannschaft Radde sowie eines Bezirksgerichts (1842,82 ykm, 60986 meist rumän.
E.), an der Linie Hadikfalva-Radde (9 Km) der Vuko- winaer Lokalbahnen, hat (1890) 12895 meist deutsche E., eine röm.-katb.,
eine griech.-orient. Kirche (1402) mit Gräbern moldauischer Fürsten, evang. Kirche, schöne Synagoge, ein deutsches Staatsobergymna-
sium und ein großes Staatsgestüt (1450 Pferde).
[* 40] -
Vgl. Wickenhausen, Geschichte des Bistums Radde (Bd. 4 der
«Molda», Czernowitz
[* 41] 1890).
Nadbarometer, s. Mikrobarometer.
[* 42] Radbertus Paschasius, s. Paschasius Rad' bertus. Radbufa, Nebenfluß der Beraun (s. d.). Radcliffe
(spr. räddklisf), Stadt in der engl. GrafschaftLancashire, 6 km südöstlich von Bolton- le-Moors, Station der Westlinie der
Lancashire- und Jorkshirebahn, hat (1891) 20020 E. (gegen 15 856 im I. 1881); Kohlengruben, Baumwoll- weberei
und Kattundruckerei. MOa). Radcliffofen, s. Eisenerzeugung (Bd.
5, S. I?ac?^., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für Giuseppe Raddi, einen ital. Botaniker und Forschungsreisenden, geb. zu
Florenz, gest. auf Rhodus; er bereiste Brasilien.
[* 43] Raddampfer, s. Dampfschiff
[* 44] (Bd.
4, S. 745 d) und Schaufelräder.
Nadde, Gust. Ferd. Richard, Reisender und Naturforscher, geb. zu Danzig,
[* 45] be- reiste 1855 - 60 im Auftrag der Russischen
Geo- graphischen Gesellschaft zu Petersburg
[* 46] den Süden von Ostsibirien und legte die zoolog. Ergebnisse seiner Forschungen
in seinen «Reisen im Süden von Ost- sidirien» (Bd. 1: «Die
Säugetier-Fauna», Petersb. 1862; Bd.
2: «Die Festlands-Ornis des südöstl. Sibirien», 1864) nieder. Ein Band
[* 47] in den von der kaiserl. Akademie der Wissenschaften
veröffentlichten «Beiträgen zur Kenntnis des RussischenReichs» enthält den Bericht über diese Reise. Seit 1863 lebt Radde in
Tiflis, wo er Vorstand des durch ihn begründeten naturhistor.-ethnogr. und Altertums- museums ist. Über
seine Reisen und Forschungen in den kaukas. Gebieten und Hocharmenien stehen Berickte in Petermanns «Mitteilungen»
(Jahrg. ^ 1865 fg.). Seine Reisen in Mingrelien sind in den geogr. Untersuchungen in den Kaukasusländern" lJahrg.
pers.-russ. Grenze. Talysch und seine Bewohner" und «Die Fauna und Flora des südwestl. Kaspi- gebietes» (Lpz. 1886). 1885 wurde
N. zum Chef einer Erpedition in die neuen Grenzländer von Chorassan und Afghanistan
[* 49] ernannt, die indessen aus polit. Gründen
aufgeschoben werden muhte, wofür er eine Neise in das kaukas. Hochgebirge von Daghestan machte (Bericht
in Petermanns «Mitteilungen», Ergänzuugsheft 85,1887). 1886 bereiste er
Trans- kaspicn und das pers. Grenzgebirge, besuchte Merw, ging entlang der neuen russ.-afghan.
Grenze über Akrobat nach Sulfagar bis Serachs. 1890 unter- nahm er eine Reise nach Karabagh (Bericht in Petermanns «Mitteilungen»,
Ergänzungsheft 100, 1890). Auch begleitete er die GroßfürstenAlexan- der und Sergci-Michailowitsch
auf ihrer Reise in das tropische Asien.
[* 50]
Die kaukas. Expedition wurde 1893 fortgesetzt. 1894 hat Raeder abermals das Daghe- stan untersucht. Rade, Pflanzenart, s. ^Fi-08t6mniH.
Radeberg, Stadt in der AmtshauptmannschaftDresden-Neustadt der sächs. Kreishauptmannschaft Dresden, an der Großen Ro'der und
der Linie Dres- den-Görlitz der Sächs. Staatsbahncn, mit Vorort- verkehr nach Dresden (Schles. Bahnhof),
Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Dresden), hat (1890) 8740 E., darunter 1290 Katholiken, Postamt erster Klasse, Telegraph,
[* 51] evang. und kath. Kirche, königl. Schloß, Landeskorrektionsanstalt; bedeutende Preß-, Hohl- und Tafelglasfabriken, Glasformenfabriken
mit Metallgießereien, Drahtnägel-, Teigwarcn-, Papier-, Eisschrank-, Küchenmöbelfabriken, Guß- und Emaillierwerk, Brauereien,
Glasrafsincrien und bedeutende Viehmärkte.
In der Nähe die Lehr- meierei Heinrichsthal mit Molkcreiwirtschaft und Käserei, das Augustusbad (s. d.), Dorf Liegau (463
E.) mit dem Hermannsbad, Dorf Lange- brück (1521 E.), ein vielbesuchter Luftkurort und Sommerfrische, das parkähnliche ^eifersdorferThal
und der Fclixturm, ein besuchter Aussichtspunkt. Radeberge, ein Karren
[* 52] (s. d.).
Radeburg, Stadt in der AmtshauptmannschaftGroßenhain
[* 53] der sächs. Kreishauptmannschaft Dres- den, an der
Nöder und der Nebenlinie Radebeul-N. (16,6 km) der Sächs.
Staatsbahnen,
[* 54] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Dresden), hat (1890) 2924 E., darunter 80 Katholiken, Post, Telegraph, Rittergut
des Fürsten Heinrich XXII. von Reuß;
[* 55] 2 Fabriken für landwirtschaftliche Maschinen, Glas- fabrik, 3 Backofenplatten-
und Chamottesteinfabrikcn, Lederzurichterei, Ziegelei, Schuhmacherei, Tischlerei, Seilerei, Gerberei, Färberei und Gärtnereien.
In der Nähe große fischreiche Teiche. Radecke, Rob., Musiker, geb. zu Dittmannsdorf (Schlesien),
[* 56] bildete sich 1848 -50
auf dem Konservatorium zu Leipzig,
[* 57] wurde 1852 zweiter Direktor der Leipziger Singakademie und 1853 Chor- und Musikdirektor am
Leipziger Stadt- theater.
Hierauf ging Raeder nach Berlin, veranstaltete Soireen für Kammermusik und Abonnemcntkon- zerte für Vokal- und Instrumentalmusik. 1863 wurde
er Musikdirektor der königl. Oper, 1871 königl. Kapellmeister, 1880 erster Kapellmeister der Hofopcr. 1883 übernahm
N. die Direktion des Stern- schen Konservatoriums. 1887 wurde er als Kapell- meister zur Disposition gestellt;
er leitet seit 1892 das königl. Institut für Kirchenmusik. Raeder kompo- nierte Ouvertüren, eine Sinfonie, die Oper «Die Mönkguter»
(1874),Trios für Klavier,
Violine und Cello, Gcsangswerke für Frauenchor und viele Lie- der. - Sein BruderRudolf Raeder, geb.
Begründer des nach ihm benannten Gesang- vereins in Berlin, gest. daselbst war gleichfalls
Komponist (Lieder und Chorwerke).
Radegast, Stadt im Kreis
[* 58] Cöthcn des Herzog- tums Anhalt,
[* 59] hat (1890) 940 E., darunter 34 Ka- tholiken, Post, Telegraph, cvang.
Kirche, Domäne, Vorschußkasse; Fabrikation von Zucker
[* 60] und Wind- mühlenflügeln. Radegast, in anderer Überlieferung auch
Rede- gast, Nedigast, der Name eines von den Elb- slawen (Polaben) verehrten Gottes, dessen Tempel
[* 61] (beschrieben
in Thietmars von Merseburg
[* 62] Chronik) sich in der Stadt Rethra (auch Riedegost genannt) im Gebiete des Stammes der Redarier (dem
südöstl. Teil von Mecklenburg-Strelitz) befand. Es war ein Holzgebäude, das Dach
[* 63] auf Tierhörnern ruhend, die Außenseiten
mit Schnitzbildern von Göttern versehen, im Innern befanden sich Götterstatuen.
Radegund, auch Sankt
[* 64] Raeder, Dorf in der österr. Vczirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Weiz in Steiermark,
[* 65] am Abhang des
Schöckel (1446 m), hat (1890) 361, als Gemeinde 1681 E. und eine der ältesten Kaltwasserheilanstalten (1841) mit jährlich
etwa 800 Kurgästen. Radegund, die Heilige, geb. um 510 als Tochter des Thüringer Königs Berthar, wurde
Christin und nach der Vcsicgung der Thüringer durch den Fran- kenkönig Chlotar I. gefangen fortgeführt. Dieser vermählte
sich 538 mit ihr; doch wurde Raeder 553 Nonne und gründete 567 das Kloster St. Croir in Tours,
[* 66] wo sie mit
Venantius Fortunatus in regen Verkehr trat. Sie starb 13. Aug. 587. Radehacke, s. Gartengeräte (Bd.
7, S. 555a). Radein, Bad
[* 67] Radeln, Badeort irn Gerichts- bezirk Oberradkcrsburg der österr. Vezirkshaupt- mannschaft Luttenberg
in Steiermark, nahe an der ungar. Grenze, an der Mur und der Linie Spiel- feld-Luttenberg der Österr. Eüdbahn, hat
(1890) 230, als Gemeinde 552 slowen. E., einen alkalisch- muriatischen Sauerbrunnen, reich an kohlensaurem Natron und Lithion,
dessen Wasser versandt sowie zum Baden
[* 68] und Trinken verwendet wird, und eine Badeanstalt.
[* 69] -
Vgl. Mitteregger, Der Radeiner
Sauerbrunnen und der Kurort"R. (Radein 1889); Höhn und Reibenschuh, Der Kurort Raeder (Wien 1890).
Rädelsführer, Führer eines Rädchens, d. i. eines Kreises Zusammenstehender, im engern Sinne der Anführer
bei einer strafbaren Zusammenrottung. Der N. wird nach geltendem deutschem Strafrecht härter als der einfache Teilnehmer
bestraft im Falle des Aufruhrs (s. d.), des Landfriedensbruchs (s. d.),
der Meuterei (s. d.) der Schiffsmannschaft. Ahnlich das Österr. Strafgesetzbuch, welches außerdem den
Raeder beim Hochverrat härter, nämlich mit dem Tode, als die sonst Beteiligten bestraft.
Radenkörner des Weizens, s. Gallen. Raeder, Gust., Komiker und Possendichter, geb. zu Vreslau, begann seine eigent-
liche schauspielerische Laufbahn am Hoftheater in Altenburg,
[* 70] spielte in der Folge meist an kleinen Bübnen, kam dann an
das Königstädtische Theater
[* 71] in Berlin, von da 1833 nach Hamburg
[* 72] und 1838 an das Hoftheater in Dresden, dem er bis zu seinem in
Teplitz erfolgten Tode anaebörte. Von N.s Possen sind die populärsten «Robert und Bertram», «Der Weltumsegler wider Willen»,
«Der ArtesischeBrunnen»,
[* 73] «Flick und Flock». Seine
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forlaufend
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beitcn sind gesammelt als «Gesammelte komische Theaterstücke» (4 Bde.,
Dresd. 1859-67),
«Sing- spiele für kleine Bühnen» (3 Hefte, ebd. 1868),
«Ko- mische Conplets» (5 Hefte, ebd. 1862-70). Räderalbus,
Beiname einer kleinen Silber- münze, seit 1409 von den Kurfürsten von Main;, Trier
[* 75] und Köln,
[* 76] später anch von Pfalz und Hessen
[* 77] geprägt und nach ihrem Gepräge, einem grosicn von einem Kreise
[* 78] umgebenen Kreuz, das dadurch einem Nade ähnlich sah, benannt.
(S. Albus.) Räderbohrer, s. Bohrer
[* 79] (Bd. 8, S. 239k). Räderdrehbank, s.
Rad (technisch). Rädern, s. Rad (Strafwerkzeug). Rädersteinchen, s. Vonifaciuspfennige.
Rädertiere (I^t^toria 8. I^otit'^'i), kleine Tiere, die, obgleich ihr Körper einer innern Gliederung
entbehrt, der ganzen Organisation nach zu den Würmern (s. d.) gehören. Es sind teils frei- schwimmende und mit einem
gezabnten Sckwanz^ anhange ausgerüstete, teils mit .Hilfe des Sckwanz- anhangs festsitzende und meist von einer Gallert-
Hülfe geschützte (z. B. ^topIiHnocoi-oz I^icillwi-nii ^/i?'b., das K r o n enrädchen,
s. Tafel: W ürmer,
[* 74]
Fig. 27), in der Mehrzahl Bewohner des süßen, nur in einigen Arten des salzigen Wassers,
die einen ein- ziehbaren «Rä'derapparat» am Kopfe besitzen.
Tiefer dient teils zur Bewegung, teils zurHerbcistrudelung der Nahrung', er umgiebt die Mundösfnung, die ihrerseits in den
mit einem beständig klappenden Kiefcrpaare ausgestatteten Schlundkopf führt; der mehrfach mit Drüsen
ausgestattete Darm
[* 80] mündet rückenwa'rts nach außen. Atmungs- und Kreio- laufsorgane fehlen, hingegen ist ein flimmerndes
Erkrctionsgefä'ßsystem, wie bei den Plattwürmern, sowie ein über dem Schlunde gelegenes Nerven- system vorhanden.
Bemerkenswert sind die Radetzky durch die auffällige Verschiedenheit der Geschleckter, indem die viel kleinern Männchen
Schlund uno Tarmkanal entbehren (so H^itiu". 86uta ^/ii/?., das Kry- stallfischchen, s. Fig. 35 Vtännchen
und
[* 74]
Fig. 32 Weibchen), sowie durch die Fähigkeit, einer nicht allzu intensiven Austrocknung widerstehen
zu können. Sie legen dünnschalige ^wahrscheinlich partbeno- gcnetisch sich entwickelnde) Sommer- und hartschalige, befruchtete
Wintercicr ab; die Entwicklung erfolgt obne Verwandlung. -
Vgl. Ehrcnberg, Die In- fusionstierchen u. s. w.
(Lpz. 1838);
Cohn, Über Radetzky (in der «Zeitschrift für wissenschaftliche Zoologie»,
1856);
ferner die Arbeiten von Plate, Eckstein u. a. Räderwerk, eine Vereinigung von Zahn- oder Friktionsrädcrn zur libcrtragung
einer drehenden Bewegung von einer Welle auf eine andere. Radesyge (norweg., «langwierige Krankheit») oder^naeria (Vöck) nennt
man in Skandinavien eine auf tertiärer Syphilis (s. d.) beruhende Krankbeit, ausgezeichnet durch ausgebreitete
Hautgeschwüre, die mit Hinterlassung weißer netzförmiger Narben beilen, oder immer weiter um sich arcifen und soqar tiefer
liegende Teile, z. V. die Nase, zerstören ton- nen. DerN. verwandt sind: die sog. Dithmarsche Krankheit in Holstein, der Skcrljevo
im illyr. Küstcnlande, die Sibbcns Schottlands. Nicht zu verwechseln mit der N. sind die sog. norwegische
oder Borken kratze (8cal)i63 ci-u8to?3.), d. h. jener höchste Grad der gemeinen Krätze, bei dem die Haut
[* 81] dick mit Grinden bedeckt
ist, und der nordische Aus- satz (s. d.).
Radetzky, Joseph Wenzel, Graf Radetzky de Nadetz, östcrr. Fcldmarschall, geb. zu
Trzeb- nitz bei Klattau in Böhmen,
[* 82] trat
1784 als Kadett in ein Kürassierregiment und wohnte 1788-89 dem Kriege gegen die Türken,
1792-95 den Feldzügen in den Niederlanden und am Rhein bei. 1796 Ritt- meister und Adjutant Veaulicus, zeichnete er sich bei
Voltri aus, ward zum Major im Pionierkorps befördert und stieg 1799 zum Oberst auf. 1800 focht er rühmlich
in der Schlacht von Hohcnlinden.
Bei Beginn des Fcldzugs von 1805 ward er als General- major nach Italien
[* 83] versetzt. Im Kriege von 1809 dem 5. Armeekorps zugeteilt,
focht er als Befehls- haber der Vorhut mit Auszeichnung bei Vraunau, Wels und Gunzendorf, stieg nach der
Schlacht bei Aspern
[* 84] zum Feldmarschalllieutenant auf und wohnte auch der Schlacht bei Wagram
[* 85] bei. Nach dem Frie- den wurde Radetzky zum
Chef des Generalquartiermeister- stabes ernannt, in welcher Stellung er für die Re- organisation des österr.
Heers und in den Feldzügen von 1813 bis 1815 im Stäbe des Fürsten Schwarzen- berg Hervorragendes leistete.
Nach dem Frieden von 1815 kam Radetzky als Divisionär nach Odenburg, später nach Ofen, 1821, nachdem er kurz zuvor
zum General der Kavallerie ernannt worden war, als Festungskommandant nach Olmütz
[* 86] und 1831 nach Italien, wo er den Befehl
über die dortigen österr. Truppen übernahm. Als der Aufstand in Mailand
[* 87] losbrack, fübrte Radetzky (feit 1836 Fcldmarschall)
einen mehrtägigen Straßenkampf, zog sich indessen in der Nacht vom 23. März nach Verona
[* 88] zurück. (S. Ita- lien, Bd. 9, S. 766 a.)
Wäbrend König KarlAl- bert mit den ital. Strcitkräften über den Mincio vordrang, zog
Radetzky das aus dem Norden
[* 89] herankom- mende Korps Nugentsan sich, rückte nach Mantua
[* 90] ab und sah sich endlich im stände, einen
Hauptschlag zu fübren, der 25. Juli in der siegreichen Schlacht bei Custozza
[* 91] ss. d.) erfolgte. N. bewilligte dem Kö- nige einen
Waffenstillstand, den dieser aber schon kündigte. Radetzky zog rasch seine Haupt- macht bei Pavia zusammen,
überschritt 20. März den Tieino, scblug 21. März den Feind bei Vige- vano, 22. bei Mortara und siegte 23. März in der Schlacht bei
Novara so entscheidend, daß Aarl Al- bert die Krone niederlegte. Am 26. März schloß Radetzky mit dem neuen Könige
Victor Emanuel Wasfenstill^ stand, dem der Friede folgte.
Venedig
[* 92] fiel jedoch erst nach harter Belagerung in seine Hände. Radetzky hielt seitdem als Generalgouverncur und Ätilitärkom- mandant
die Rub ein Öberitalien mit großer Strenge aufrecht, bis ibn auf sein Ansuchen der Kaiser seiner
Stelle enthob. Er starb an den Folgen eines unglücklichen Falles zu Mai- land. 1858 erschienen zu Stuttgart
[* 93] «R.s
Denk- schriften militär.-polit. Inhalts aus dem hand- schriftlichen Nacblaß desselben»; die «Briefe des Feldmarschalls Radetzky an
seine Tochter Friederike 1847 -57» (Wien 1892) gab Duhr heraus. 1858 wurde ibm auf dem Ktcinseitcner Ring
zu Prag
[* 94] ein Denk- mal (von Burgschmict), 1892 in Wien vor dem Kriegsministerium ein Reiterstandbild (von Zum- busck) errichtet.
R.s Husarenregiment (das 5. un- garische) fübrt auf alle Zeiten seinen Namen. -
Radialsystem in Oberitalien 1848 und 1849 (Berl. 1890); Krones, Feldmarschall Radialsystem. Ein Lebensbild (Wien 1891)-, Smolle, Feldmarschall N.
Sein Leben und seine Thaten (ebd. 1891). Radevormwald, Stadt im Kreis Lennep
[* 96] des preuß.Neg.-Bez. Düsseldorf,
[* 97] an der Nebenlinie
Krcb- söge-N. (8,4 wn) der Preuß. Staatsbahncn, hat (1890) 10237 (5232 männl., 5)005 wcibl.) E., dar-
unter 1652 Katholiken, Post, Telegraph, 6 evang., 2 kath. Kirchen, Krankenbaus; 5 Woll- und Vaum- wollspinnereien und Tuchfabriken, 3 Schloß-, 2 Feilen-
fabriken, je 3 Brauereien und Branntweinbrennereien. -
Vgl. Kind, Geschichte der evang.-reform. Ge- meinde N. (Nadevormwald 1891).
Radewins, Florentius, Stifter der Brüder des gemeinsamen Lebens (s. d.). Radfahrsport.
Die systematische Ausbildung des Fahrens mit Zwei-, Dreirädern u. s. w. (s.
Velo- ciped) hat, von England kommend, seit etwa 1880 auch in Deutschland eine weite Verbreitung gesun- den. Es wird unterschieden
zwischen Amateuren oder Herren fabrcrn, die den N. nur aus Lieb- haberei betreiben, und Berufsfahrern, die sich durch
den N. ihren Lebensunterhalt oder wenigstens Geld verdienen.
Die wichtigste Art des Radialsystem ist das Tourenfabren, das zum Distanzfahren wird, wenn es fich um schnellste Erreichung
eines be- stimmten entfernten Ziels handelt; bei einer solchen Distanzfahrt wurde 1893 die StreckeWien-Berlin (582,5 kin)
in 31 Stunden 22^ Sekunden zurück- gelegt und 1894 die StreckeMailand-München über den Vrennerpah (590,4
kni) in 29 Stunden 32 Minuten 30 Sekunden. Wettfahrcn finden auf eigens dazu eingerichteten Fahrbahnen statt (s.
Nennbahn), und es wurden dabei als höchste Leistungen erzielt: 100 km in 2 Stunden 20 Mi- nuten 352/5 Sekunden (Paris), in 24 Stunden
741,4?";
(Zur Vcrgleichung s. Ge- schwindigkeit ^Tabellc^ und Dauerritte.) Eine weni- ger
verbreitete Specialität bildet das Kunstfah- ren, bestehend in den schwierigsten Evolutionen auf dem Nade in eng begrenztem
Raum (Podium, Saal). Zur Forderung des N. haben fich Vereinigungen gebildet: in Deutschland der Deutsche
[* 99] Nadfahrer- bund (1884
in Leipzig gegründet, aus 40 Gauen in Deutfchland und Deutsch-Österreich bestehend mit 814 Vereinen und
^1. Dez. 1894^ 22 283 Mitglie- dern, darunter 6010 Einzelfahrer), die Allgemeine Nadfahrer-Union (1886 in Nürnberg
[* 100] gegründet
mit sIan. 1895^ 7929 Mitgliedern); in Österreich
[* 101] der Bund deutscher Nadfabrer Österreichs; in Eng- land ^1i6 XlUioi^i Ovcliätg'
Union (für Wett- fahren), ^1i6 Ovcliätä' «loui-wx Owd (für
Touren- fahren); in Frankreich Union vLioci^llihus äe ?i-a,ncO; in Amcrita 11^ I^e^Fiit; 0t' ^Vinoi-iolin V1i66liuLii u. a.;
ausierdem als Weltbund »N10 Iiitoi'NlrtioiiHi 0)'c1i3t3' ^880ci^tinn, dein 11 Lan- desvereinigungcn, darunter Deutschland,
angehören. Es giebt auch Damcn-Vicycleklubs, z. V. in Berlin, Wien u. s. w. Meisterschaftsfahren werden veranstaltet,
um den besten Fahrer inner- halb eines Landes, eines Bezirks oder einer Ver- einigung festzustellen.
Weltmeisterschafts - fahren kommen alljährlich einmal zum Austrag. Um mit Erfolg an den Wettfahrten teilnehmen zu können,
ist
eine Trainicrung (f. Trainieren) des Körpers erforderlich. Das Nadfabrcn ist im all- gemeinen eine heilsame und nützliche
Leibesübung, vorausgesetzt, daß der Nadfahrer gefunde Brust- organe besitzt, während des Fahrens eine mög- lichst gerade,
uicht vornüber gebeugte Haltung ein- nimmt und sich hinsichtlich der Geschwindigkeit und der Dauer des Fahrcns keine übermäßigen
An- strengungen zumutet.
Überanstrengung beim Nad- fahrcn kann Hypertrophie und andere fchwere Er- krankungen des Herzens zur Folge
baben. In recht- licher Beziehung giebt es über das Nadfahren bisher nur ortspolizeiliche Verordnungen, die keine Ein- heitlichkeit
haben. Zu militärischen Zwecken (be- sonders Ordonnanz- und Meldedienst) wurde das Fahrrad schon 1870 von der franz.
Armee bei der Verteidigung Belforts angewendet. In England gab es schon 1889 bei 30 Freiwilligenbataillonen
Nadfahrabteilungen von je 1 Offizier, 2 Unteroffi- zieren, 20 Mann und 1 Hornist. In Italien machte man die ersten Versuche 1878. In
Österreich-Ungarn
[* 102] wurde das Fahrrad 1884 im Heer eingeführt, in Belgien
[* 103] 1888. In Deutschland begannen die Ver- suche 1886;
durch kriegsministerielle Verordnung vom ist Offizieren und Mannschaften das Nadfahren in
und außer Dienst gestattet. Im Militär- etat von 1894 bis 1895 findet sich zum erstenmal ein Posten zur Anschaffung und
Instandhaltung von Fahrrädern ausgeworfen. Bei denAushebungen und beim Einziehen von Beurlaubten werden im Nad- fahren geübte
Leute besonders berücksichtigt. Auch in den andern Staaten Europas und Amerikas giebt es Militärradfahrer.
- Aus der zahlreichen Litteratur seien nur erwähnt: Höfer, Leitfaden für das Kunstfahren beim N. (Lpz. 1891);
derf., Illustrierter
Leitfaden für das Neigenfahren beim N. (4. Aufl., ebd. 1893);
Hindcnburg, Festalbum für Nadfahrer (4. Aufl., Magdeb. 1892);
Stadelmann, Das Zwcirad bei den verschiedenen Militärstaatcn Europas und seine Verwendung im Kriegsfall
(Berl. 1891);
von Puttkammer, Das Nadfahren. Die militär. Brauchbarkeit des Nadcs u. s. w. (ebd. 1894);
Hillier und Walker,
[* 104] Die Kunst des Trainie- rens für Nadwettfahrer (in drei Sprachen, Lpz. 1888); Siegfried, Wie ist Nadfahren
gesund? (Wiesb. 1894);
Mahner, Tourenbuch des deut- schen Radfahrcrbundes (Scharley 1894);
Deutsche Straßenprosilkarte
für Nadfahrer (Lpz. 1890 fg.). Zeitungen: «Der deutfche Nadfahrer» (1885 fg.), «Das Stahlrad» (Lpz. 1886 fg.),
«11i6 ^V^L0i» (Neuyork)
[* 106] u. a.
Radfenster,
[* 107] Katharinenrad, im Gegensatz zur Fensterrose
[* 108] (s. d.) ein mit speichenförmig gestaltetem Maß- werk versehenes
rundes Fenster, häusig im roman. und frübgot. Stil; so z. B. an den Domen zu Mo- dena und Ve- rona. (S. bei- stchende
[* 95]
Figur.)
Radial (lat.), in der Gestalt von Nadien, strablig; in der Anato- mie: auf den Nadius oder die Speiche
bezüglich. Radiälsystem, s. Kanalisation (Bd. 10, S. 84d).
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