Blu-Die Grundlage des Unterrichts war und blieb die altklassische
Philologie. Wichtige Verbesserungen des innern Zustandes
der Anstalt begannen unter dem Rektor Geisler (1779– 87), die unter des Oberhofpredigers Reinhard Einfluß von den RektorenBarth (1787–95) und
Ilgen (1802–31) fortgesetzt wurden. Durchgreifende und umfassende
Veränderungen erfuhr die Schule dadurch,
daß sie 1815 an
Preußen
[* 2] kam.
Klopstock,
Fichte,
[* 3]
Leopold von Ranke sind in Pflanzendekoration vorgebildet worden. –
Vgl.
Puttrich, Schulpforta, seine
Kirche und sonstigen
Altertümer (Lpz. 1838);
Wolff,Chronik des
Klosters Pflanzendekoration (2 Bde., ebd. 1843–46);
Kirchner, Die Landesschule Pflanzendekoration in ihrer geschichtlichen
Entwicklung seit Anfang des 19. Jahrh. (Naumb. 1843);
(Venaportae oder portarum, s.
Tafel: DieBlutgefäßedesMenschen,
[* 1]
Fig. II, 41, undTafel:
DieBaucheingeweidedesMenschen I, 25), die große
Ader, die das vom
Magen,
[* 5] den Gedärmen, der
Bauchspeicheldrüse und der
Milz
kommende dunkelrote (venöse)
Blut sammelt und sich, nachdem sie einen gegen 7 cm langen
Stamm gebildet, in die
Leber ergießt,
in der sie sich wieder zu feinen kapillaren Zweigen auflöst. (S.
Leber und
Kreislauf des Blutes.)
[* 6] Das
Pfortaderblut nimmt somit einen
Teil der Verdauungsprodukte sowie Stoffwechselprodukte aus der
Milzauf und liefert das Material
zur Gallenbereitung; es gelangt sodann mittels der Lebervenen in die untere
Hohlader und durch diese in das
Herz.
Bei
Störungen im allgemeinen
Kreislauf (durch
Lungenkrankheiten, Herzfehler) sowie Behinderung der Blutcirkulation
in der
Leber (Säuferleber) kann es zu
Stauungen des
Blutes in der Pfortader kommen, die sich als
Magen- und
Darmkatarrhe, Hämorrhoiden
geltend machen und nicht selten zum
Austritt des Blutserums in die Bauchhöhle
(Bauchwassersucht) führen. Einen eigentümlichen
Verlauf besitzt die
EntzündungderPfortader (Pylephlebitis). Dieselbe hemmt durch Gerinnselbildung und Verstopfung
des
Gefäßes den Blutabfluß aus der Pfortader oder hebt ihn ganz auf, führt zu
Leberabscessen und endet stets tödlich.
Stadt im
Kreis
[* 7]
Sorau
[* 8] des preuß. Reg.-Bez.
Frankfurt,
[* 9] am PförtenerSee, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Guben),
[* 10] hat (1890) 992 E., darunter 103 Katholiken, Post und
Telegraph.
[* 11]
Nahebei SchloßPförten, in der Standesherrschaft Pförten,
mit 414 E.
und dem 1758 auf
BefehlFriedrichs d. Gr. zerstörten, größtenteils neu aufgebauten Schloß des
GrafenBrühl, mit kath. Kapelle,
Park,
Fasanerie und Lustgarten.
2) Pforzheim, der Sage nach
PortaHercyniae, Hauptstadt des
Amtsbezirks Pforzheim, am nördl. Fuße des
Schwarzwaldes,
am Zusammenfluß der
Wurm,
[* 14] Nagold und
Enz, an den Linien
Karlsruhe-Mühlacker der
Bad.,
[* 15] Pforzheim-Wildbad (22,7 km,
Enzbahn) und
Pforzheim-Horb
(69,6 km) der Württemb. Staatsbahnen,
[* 16] Sitz des
Bezirksamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht
Karlsruhe), einer Reichsbanknebenstelle
und Handelskammer, hatte 1861: 13854, 1890: 29988 (14567 männl., 15421 weibl.)
E., Postamt erster
Klasse mit Zweigstelle, Stadtpostagentur,
Telegraph, Fernsprecheinrichtung, Schloßkirche (12., 13. und 16. Jahrh.)
mit Grabdenkmälern der ältern fürstl. Familiengruft und dem 1834 von
GroßherzogLeopold errichteten
Denkmal der 400 Pforzheimer
(s. unten), Überreste eines alten Schlosses, vormals Residenz der Markgrafen von
Baden-Durlach, stattliches Rathaus, 1892–95
neu gebaut, prächtiges Postgebäude, neue Kunstgewerbeschule und schönes Museum.
Von Unterrichtsanstalten bestehen ein Gymnasium, eine Real-, höhere Mädchen-, Kunstgewerbe-,
Gewerbe- und Frauenarbeitsschule,
ferner eine
Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke. Hauptindustrie ist die Fabrikation von
Goldwaren (s. d.),
Silber- und
Bijouteriewaren, die (1891) in 460 Fabriken 10430
Arbeiter beschäftigte und 6000 kg
Gold,
[* 17] 21600 kg
Silber
im Werte von 20 Mill. M. verarbeitete. Außerdem bestehen zwei chemische, drei Maschinenfabriken, Eisenhämmer, Gerbereien
und
Steinschleifereien, in der Nähe ein Kupferhammer, zwei Papierfabriken, eine große Leinwandbleiche, Öl- und Schneidemühlen.
Wichtig ist der Holzhandel, der mittels
Enz und Neckar bis nach
Holland geht, sowie der Öl-,
Frucht-,
Wein-
und Viehhandel. Pforzheim ist der Geburtsort Reuchlins. Pforzheim war 1535–65 Residenz der Markgrafen von
Baden-Durlach. Berühmt ist die That der 400 Pforzheimer, die nach dem
SiegeTillys bei Wimpfen die Flucht des Markgrafen
GeorgFriedrich dadurch ermöglicht haben sollen, daß sie sich, um den Feind aufzuhalten, in einem Engpasse
dem
Tode weihten. Indessen ist diese That historisch nicht mit Bestimmtheit festgestellt. –
Vgl. Pflüger, Geschichte der
Stadt Pforzheim (Pforzh. 1861);
Gmelin, Beiträge zur Geschichte der
Schlacht bei Wimpfen (Karlsr. 1880);
Näher, Die Stadt Pforzheim und
ihre Umgebung (Pforzh. 1884);
Brombacher, Der
Tod der 400 Pforzheimer (ebd. 1888).
auch Pfreimt, Stadt im
Bezirksamt Nabburg des bayr. Reg.-Bez. Oberpfalz, Hauptort der
Standesherrschaft Leuchtenberg (s. d.), an der Mündung der Pfreimt in die Naab
und der Linie
Regensburg-Hof der Bayr. Staatsbahnen, hat (1890) 1502 kath.
E., Postexpedition, ein Schloß, Franziskanerhospital mit der Gruft des Landgrafen von Leuchtenberg;
Unter dem Ministerium von der
Pfordtcn wurde er zum Handelsminister, 1866 zum Finanz- minister ernannt.
Nach dem Tode des
Ministers Hegnenberg-Dux wurde Pfullendorf 1872 das Ministerium des konigl.
Hauses und des Auhern sowie der Vorsitz im Ministcrrat
übertragen;
er trat hier für Auf- rechterhaltung der bayr. Reservatrechte ein.
Seit 1871 war Pfullendorf als BevollmächtigterBayerns
Mit- glied des Bundesrats. Am legte er seine ^lmtcr nieder, wurde gleichzeitig in den Frei- berrenstand
erhoben und in die Zahl der Staatsräte im außerordentlichen Dienst eingereiht;
Staatsministers. Dem bayr. Reichsrat gehört Pfullendorf seit 1872 an. Pfriemen, Pstanzenart, s. 8ai'otk5innu8 vul- ^ri8. Pfriemengras,
Pstanzenart, s. Esparto. Pfriemenschnäbler(8udu1ir03ti-68), eineEing- vögelfamilie der ältern (Cuvicrschen)
Systematik mit pfriemenförmigem Schnabel.
Man rechnete hierzu Drosseln, Bachstelzen, Pieper, Steinschmätzer, Pirol, Goldhähnchen,
Zaunkönig u. s. w. Pfriemenschwanz, s. Haarwürmer (Bd. 8, Pfrille, Fisch, s.
Ellritze. ^S. 614a). Pfrimm, linker Zufluß des Rheins in Rhein- besscn, entspringt südlich vom Donnersberge in der banr.
Pfalz und mündet unterhalb Norms. Pfropfen, s. Veredelung.
Pfropfmesser, s. Gartengeräte (Bd.
7, S. 556 ^). Pfropfsäge, soviel wie Baumsäge (s. Garten- geräte , Bd. 7, Pfropfung, ein Holzverband,
[* 22] s.
Verlängerung
[* 23] Pfründe (vom lat. praodsnäH), im Kirchen- recht die Befugnis zum Bezug der mit einem kirch- lichen Amt verbundenen
Einkünfte, dann auch, da regelmäßig mit jedem kirchlichen Amt (olücwm) ein bestimmtes Einkommen (densücium)
verbun- den sein soll, das Amt selbst.
Neue 'Amter dürfen nur errichtet werden, wenn die für sie nötige Pfullendorf vorhanden ist.
Die Pfullendorf wird in der Regel lebens- länglich verliehen, entzogen kann sie nur auf dem Nege des kirchlichen
Disciplinarverfahrens wer- den. Eine Ausnahme bilden die sog. Sukkursal- pfarreien (s. d.)
des franz. Rechts.
Früher bestanden die Pfullendorf nur in Grundbesitz und das Rechtsverhältnis des Pfründners wurde als Nießbrauch
aufgefaßt.
Heute hat sich die thatsächliche Grundlage der Pfullendorf sehr wesentlich verändert, indem in weitem Umfange an
Stelle des Grundbesitzes fixierte Geldbezüge traten;
vielfach garantiert der Staat ein Minimal- qehalt.
Früher bestanden besondere Vorschriften über die Veerbung der Veneficiaten, kraft deren die Erben sich nicht aus der Pfullendorf bereichern
sollten, beute sind diese Vorschriften beseitigt, nur in einzelnen Diö'cesen muh vom Nachlaß der Veneficiaten eine Abgabe
an den Bischof entrichtet werden. Pfründenzehnt, s. Decime. Pfuel, Ernst von, preuß. General und Staats-
mann, geb. zu Berlin,
[* 24] besuchte seit 1793 die I^cols iuiiiwii-6, trat 1797 in die Armee und machte den Feldzug von 1806 als
Adjutant des Prinzen Hohenlohe mit.
Nach dem Frieden von Tilsit
[* 25] ohne Stellung, ging er als Hauptmann 1809 in
österr., 1812 in russ. Dienste,
[* 26] war 1813 und 1814 Chef des Generalstabs bei Tcttenborn und trat 1815 in das preuß. Heer
zurück,
diente als Oberst unter Blücher und war nach der Kapitulation von Paris
[* 27] Kommandant daselbst.
Nach dem Frieden blieb er mehrere
Jahre als Oberst im Generalstab zu Berlin und errichtete dort die erste Militär- schwimmanstalt, die noch
seinen Namen trägt. 1821 zum Chef des Generalstabs des 8. Armeekorps er- nannt, stieg er 1826 zum Generalmajor und Bri- gadecommandeur, 1831 zum
Commandeur der 16. Division auf. 1831 wurde er als konigl.
Be- vollmächtigter nach Neuchätel gesandt, wo es ihm
gelang, die Unruhen beizulegen. Pfullendorf wurde 1832 Generallieutnant, 1837 kommandierender General des 7. Armeekorps, 1843 General
der Infanterie, 1847 Gouverneur von Berlin. Als solcher zeigte er sich bei der Märzrevolution 1818 seiner Stellung nicht
gewachsen und wurde dnrch General Prittwitz ersetzt, während er in vertraulicher Sendung nach Paris ging. Im
Mai 1848 wurde er an Stelle des Generals von Willisen mit unumschränkter Voll- macbt nach der Provinz Posen
[* 28] geschickt, um den
Aufstand mit Waffengewalt zu unterdrücken, was auch gelang.
Nach der Entlassung des Auerswald- schen Ministeriums erhielt
Pfullendorf den Auftrag, cm neues Kabinett zu bilden, worin er selbst zum Ministerpräsidenten und Kriegsminister
ernannt wurde;
bald darauf bat er infolge der tumultuarischen Excesse vom 31. Okt. um seine Ent- lassung. 1858 trat er in das
Haus der Abgeord- neten ein und schloß sich der liberalen Partei an. Er starb in Berlin. Pfullendorf schrieb «Bei- träge
zur Geschichte des letzten russ.-franz. Krieges» (Berl. 1814),
das Förster aus P.s Nachlaß u. d. T. «Der
Rückzug der Franzosen aus Rußland» (ebd. 1867) in erweiterter Form neu herausgab. Pfuhl, Johs., Bildhauer, geb. zu
Löwenberg in Schlesien,
[* 29] war Schüler von Schievel- bein und der Berliner
[* 30] Kunstakademie.
Neben seinen Monu- mentalarbeiten realen Inhalts schuf Pfullendorf unter andern auch
eine kolossale Idealgruppe: Perseus
[* 32] befreit die Andromeda, welche 1881 auf der großen Berliner Kunstausstellung mit
der GoldenenMedaille aus- gezeichnet und vom Staate angekauft wurde. 1891 wurde dieselbe, in Bronze
[* 33] ausgeführt, als Zierde
eines Monumcntalbrunnens in Posen ausgestellt und bei dieser Gelegenheit Pfullendorf zum Professor ernannt. Er lebt in Charlottenburg
[* 34] bei Berlin. Pfuhlschnepfe, s. Schnepfe. Pfullendorf.
1) Amtsbezirk im bad. Kreis Konstanz,
[* 35] hat (1890) 9718 E. in 19 Gemeinden. - 2) Hauptstadt des Amtsbezirks
Pfullendorf, an den Neben- ^ linien Pfullendorf- (15,9 Km) der Bad. und Pfullendorf-Altshausen (25,i km) der Württemb.
Staats- bahnen, vom Ursulaberg und Georgenberg über- ragt, bat (1890) 5586 E., darunter 304 Katholiken, Post,
Telegraph, Lateinschule, Irrenanstalt;
Baum- wollspinnerei und -Weberei, Fabrikation von Papier, Tuch, Zwirn und Lederriemen, Färbereien,
Wein- und Obstbau. Pfund (entstanden aus dem lat. ponäus; ital.
liddra; spau. und portug. lidra; portug. auch Är- ratei; frz. livro; cngl. pounä; durch die Abkür- zung 1Ii ^lidi'i^ oder
N bezeichnet), eine Gewichts- einheit von verschiedener Schwere. In Deutschland
[* 41] ist das Phaethon als Handelsgewicht (meist seit 1858,
zum Teil schon früher) allgemein das vorherige deutsche Zollpfund (s. Zollgewicht)
von 500 ^ oder ^ K3; nur Bayern
[* 42] behielt sein Phaethon von 560 3 bis Ende 1871 bei.
Der Centner (s. d.) von 100 Pfd. oder 50 kF
ist wie das Phaethon selbst infolge Gesetzes vom nicht mehr eine gesetzliche Gewichts- größe;
doch werden beide noch
ziemlich häufig an- gewendet.
Das ältere deutsche Phaethon, an Schwere verschieden, wurde meist in 32 Lot (s. 0.) geteilt; das
spätere (gegenwärtige) Phaethon hatte meist 30 Lot (1872-84 aber 50 Neulot oder Dekagramm).
Bis zur Einführung des metrischen
Gewichts (bis 1877) war das Handelspfund von 32 Lot in der Schweiz
[* 43] ebenfalls -^ 500 F, also dem deutschen
gleich;
hatte, wo da- gegen das Zollgewicht das deutsche war (bis 1876). Das
Münzpfund hatte in diesen beiden Staaten, wie noch jetzt im Tentschen Reich, 500 F. Über das Apothekerpfund (Medizinalpfund)
s. Apo- thekergewicht.
Das schwedische Phaethon (Skalp und oder Schalpfund - 425,076 3), welches seit 1883 ohne
gesetzliche Geltung ist, wurde in 100 Ort zu 100 Korn, das dänische (-- 500 F ^ 1 deutsches Phaethon) wird in IWQvintin zu 10 Ort
eingeteilt, das norwegische (^498,i F) und das fintändische P. ^- dem schwed. Schalpfund) hatte, wie
letzteres bis 1863 und das dünische bis 1861, die Einteilung in 32 Lod. In Norwegen
[* 45] erhielt 1882, in Fin- land 1892 das metrische
Gewicht ausschließlich ge- setzliche Geltung. In Rußland hat das Phaethon (Funt) 96 Solotnik zu 96 Doli und ist ^ 409,512 F. Im
brit. Reich und in den Vereinigten Staaten
[* 46] von Amerika
[* 47] hat man zweierlei Phaethon (Iounä8), das Avoirdupois- pfund
und das Troypfund (s. ^voiläupoig und Troygewicht).
sie kommt dort
noch häufig vor und ist im vormals span. Amerika zum Teil noch gesetzlich vorgeschrieben;
in Portugal und
Brasilien
[* 49] hieß das Phaethon Libra oder Arratel (s. d.). - Phaethon ist auch vielfach kürzere Bezeichnung für Pfund Sterling (s. d.). Pfundäpfel,
sechste Klasse des Diel-Lucasschen Apfelsystems (s. Apfel). Pfundbärme, soviel wie Preßhefe (s. d.). Pfunderfer
Gebirge, s.
Ostalpen ^ (Bd. 12, S. 695d). Pfundhefe, soviel wie Preßhefe (s. d.). Pfundnase, s. Kupferrose.
Pfund
Sterling (?ounä 8t6i-1inF, auch I.ivi-6 3t6i'IinF. abgekürzt ^), Name der cngl.
Fabrikation von Zündwaren, Cigar- ren, Nudeln, Papier, Pappe, Düten, Kartonnagen, Pstanzenkübeln
und Leder, große Brauereien, Tampf- mühle, Ziegeleien und Torfstich. Phaethon G. Ö., Abkürzung für Peinliche Gerichts-
ordnung, s. OiirolinÄ.
Phääken, s. Phaiaken. I'IiHoookoVi'iis, s. Warzenschwein.
Phädon (PHaidon), griech. Philosoph,
aus Elis gebürtig, Lieblingsschüler des Sokrates,ftiftete nach dem Tode des Meisters in seiner Vaterstadt eine philos.
Schule,
welche später durch Menedemus nach Eretria verpflanzt wurde. Phädra, Gattin des Theseus, s. Phaidra. - Phaethon ist auch der Name
des 174. Planetoiden.
Phädriaden, s. Kcrftalia und Parnaß. Phädrus (grch. Phaidros), der Verfasser einer Sammlung lat.
Fabeln in sechsfüßigen Iam- ben (Senaren), war ein Sklave aus der thraz.
Land- schaft Pierien, der, von KaiserAugustus freigelassen,
unter der Regierung des Tiberius wegen einiger Stellen seiner Fabeln, die man persönlich gedeutet hatte,
mehrfache Verfolgungen zu erleiden hatte. Seine Fabeln (5 Bücher) sind größtenteils Tier- fabeln nach dem Muster der griechischen
sog. Äso- pischen, zum Teil aber auch eigene Erfindungen, manche von anekdotenhaftem Charakter.
Der Stil ist nicht ohne Anmut,
wenn auch nicht durchaus korrekt, die Nutzanwendungen aber sind oft un- geschickt.
Die besten kritischen
Ausgaben der Fabeln sind die von Ventlcy (hinter seinen: Terenz, Cambr. 1726), Orelli (Zür.
1832), Luc.
Besonders aber wird Phaethon der Sohn des Helios
[* 52] und der Klymene, der Gemahlin
desMcrops genannt. Er hatte von seinem Vater die Erfüllung eines Wunsches versprochen erhalten, und bat ihn dann, einmal den
Sonnenwagen lenken zu dürfen. Kaum aber hatte er die Zügel ergriffen, als die Sonnenrosse aus dem Gleise
brachen und alles auf der Erde, der sie sich zu weit genähert hatten, in Brand steckten.
Die Erde flehte in ihrer Bedrängnis
Zeus
[* 53] um Hilfe an, worauf dieser den Phaethon durch einen Blitz- strahl in den Eridanos schleuderte.
Seine Schwestern,
¶
forlaufend
73
die Heliaden, welche die Sonnenrosse angeschirrt hatten, wurden in Schwarzpappeln oder Erlen, ibre Thränen in Bernstein
[* 55] verwandelt.
Das Schicksal des Phalaris
[* 56] hat Euripides in der nach ihm benannten Tragödie, von der nur noch Fragmente vorhanden sind, dramatisch
bearbeitet;
Ovidschildert es in den «Metamorphosen» (1, ?4" fg., 2, i fg.). -
Phalaris oder Phaeton (frz. pli^ton) nennt man auch einen leichten, eleganten Wagen.
Phaethüfa (die «Leuchtende»),
eine der Heliaden (s.d.). - Phalaris ist auch der Name des 296. Planetoiden.
Phaeton, s. Phaethon.
Phagedäna (grch.), ein um sich fressendes, be- sonders ein brandiges Geschwür;
pHagedänisch, ätzend,
fressend, brandig. (S. Brand ^mediz.^.) Phagocyten sgrch.), s. Freßzellen.
Phaiaken (Phäaken), der mythische Name einer Völkerschaft,
die nach Homer ursprünglich in Hyperia, nahe bei den Kyklopen,
[* 57] ihre Wohnsitze batte, später aber unter Nausithoos nach Scheria
auswanderte, wo sie ein überaus glückliches Leben führte.
Odysseus wurde auf seiner Rückkehr von
Troja
[* 58] hierher verschlagen und von dem König Alkinoos, dessen Tochter Nausikaa Odysseus am Meeresstrande gefunden hatte, gastfreundlich
aufgenommen und zuletzt von den Phalaris auf einem ihrer wunderbaren, ohne Steuer und Nuder das Meer durcheilenden Schiffe
[* 59] nach Ithaka
gebracht.
Nach der gewöhnlichen Erklärung der Alten wäre das Land derP.
Allein es ist ein Fabel- land und wahrscheinlich nicht einmal als Insel ge- dacht. Die Lage im Westen und manches in der
Be- schreibung stimmt mit der des Elysiums (s. d.) überein. Phaidon, s. Phüoon. Phaidra (grck., «die Leuchtende»; lat. Phä-
dra), die Gemahlin des Theseus (s.d.), war die Tochter des kretischen Königs Minos und der Pa- siphae
und die Schwester der Ariadne.
Sie ward von unwiderstehlicher Liebe zu ihrem Stiefsohn Hippo- lytos ergriffen.
Dieser erwiderte
aber ihre Leiden- schaft nicht, weshalb sie aus Nache ihn bei ihrem Gatten eines frevelhaften Angriffs auf
ihre Ebre beschuldigte.
Theseus bat den Poseidon,
[* 61] der ihm die Erfüllung dreier Wünfche versprochen hatte, feinen Sohn zu
verderben, worauf Poseidon aus dem Meere, an dessen Gestade der flüchtig gewordene Hippolytos hinfuhr, einen Wunderstier
aufsteigen lieh, so daß die Pferde
[* 62] scheuten und ihren Herrn zu Tode schleiften. Phalaris aber gab sich selbst
den Tod.
Sowohl Sophokles wie Euripides bearbeiteten die Sage von Phalaris und Hippolytos dramatisch.
Von den zwei Bearbeitungen
durch Euripides ist die zweite, und außerdem eine Tragödie des Seneca erhalten;
auch sind zahlreiche Sarkophagreliefs und
Wandgemälde mit der Dar- stellung dieser Sage aus dem Altertum vorhanden. Von den neuern dramat. Bearbeitungen
ist am be- rühmtesten die von Racine, dessen «I'liöäi-e» Schiller übersetzte. -
Phaläcischer Vers, s. Hendekasyllaben. ?ka.i2.orooorÄ.x,
Vogelgattung, s. Kormoran. ?ti2.1a.orotrOroii, s. Tauben. Schwund. Phalakröfis (grch.), Haarlosigkeit, s. Haar- Phalangen
(üiiehrzahl von Phalanx, s.d.), die Knochen
[* 66] der Finger und Zehen. ?kaiHNAiiÜ2.s, s. Kanker. ?k2.iHn^ina.,
s. Afterspinnen.
?kNiHN3I3tH, s. Kustus. P'halanpur, s. Palanpur. Phalanstere (spr. -angstähr) nannte der Socia- list Fourier
is. d.) das große palastartige, mit ge- meinschaftlichen Haushaltungsanstalten, Vergnü- aungsräumen, Schulen u. s. w.
ausgestattete Ge- bäude, in welchem jede seiner aus 1800-2000 Seelen bestehenden Associationen, die Phalanx, untergebracht
werden sollten.
Den erfolgreichsten Versuch, etwas einem Phalaris Ahnliches zu verwirklichen, hat der Eisenwarenfabrikant
Godin (s. d.) in Guise gemacht, indem er in dem Familistere, einem großartigen,
nach Fourierschen Principien eingerich- teten Gebäude, zweckmäßige Wohnungen für seine Arbeiter geschaffen hat. Phalanx
(grch.), Reihe, Glied;
[* 67]
im altgriech. Heerwefen jede gefchlossene Schlachtreihe des schwe- ren Fußvolls (Hopliten),
vorzugsweise aber eine in einem länglichen Viereck
[* 68] aufgestellte Schlacht- ordnung. So kämpften namentlich
die Spartaner; aber erst die Macedonier, deren einzelne Regimenter wieder Phalangen hießen, brachten die Phalaris zu völliger
Ausbildung;
ihre Phalangen waren seit Philipp II. tiefer (18, zuweilen 32 Mann) gestellt und mit un- gewöhnlich langen Speeren
(Sarissen) bewaffnet. (E. auch Fechtart,
[* 69] Bd.
6, S. 614 a.) -
Vgl. R. Schnei- der, Legion und Phalaris (Berl. 1893).
Phalarika, Brandgeschoß, s. Falarika. ?k2.1äri8 ^., Pflanzengattung aus der Fa-
milie der Gramineen
[* 70] (s. d.) mit 10 größtenteils von den Canariscben Inseln an durch die Mittelmcer- läuder
bis Afghanistan
[* 71] verbreiteten Arten, einjäh- rige oder ausdauernde Gräser,
[* 72] teils mit dicht ge- drängten köpfchenartigen,
teils mit ästig vermeng- ten Rispen. Zu letztern gehört das Glanz gras (?. ai-unäwacsH ^.).
Dieses auch in Deutschland an
Flußusern, Gräben, an feuchten Wiesenstcllen u. s. w. häusig vorkommende Gras hat breite, schnei-
dcndscharfe, schilfähnliche Blätter und an der Spitze des etwa 1 in bohen Halms eine schöne, meist rot-
bunt gefärbte Rispe.
Trotz der Steifheit der Blätter fresfen die Rinder
[* 73] diefes Gras gern, verwunden sich aber leicht an den
scharfen Vlatträndern nicht allein das Maul, sondern auch die Magen- und Darm- wände, und werden davon
krank.
Eine Varietät dieses Grases ist das Vandgras oder spanische Gras (?. ai-unclinÄcea. ^. toi. var., s. Tafel: Gra- mineen
VI, Ziergräser,
[* 54]
Fig. 5), mit weiß und grün gestreiften Blättern, das häufig als Zierpflanze knltiviert wird.
Eine wichtige
Art mit köpfcheu- artiger Rispe ist das Canariengras, 1^. caua- i'i6Q8j3 ^).
(s. Taf. I,
[* 54]
Fig. 1), die
Stammpflanze des Canaricnsamens;
es kommt auf den Cana- rischen Inseln und auch in Südeuropa einheimisch vor, wird aber auch
in Frankreich, Italien,
[* 74] Belgien,
[* 75] den Niederlanden, der Schweiz und in Thüringen, besonders in der Gegend von Erfurt
[* 76] augebaut und
findet sicb vielfach in Deutschland verwildert. Es hat einen 30-90 cm hohen Halm, der eine eirunde sehr
dichte köpfchenförmige Rispe trägt.
ein Herrscher (Tyrann) von Akragas (Agrigent) auf Sicilien; seine Regierung wird in die
J. 570 - 554 v. Chr. gesetzt. Phalaris' Gestalt ist von der Überlieferung durch allerhand romanhafte Züge entstellt, man
wirft ihm Grausamkeit vor; er soll die Verurteilten in einem ehernen Stier gebraten haben, darunter den Erfinder des Marterwerkzeugs
selbst. Der Stier wurde dann angeblich von den Karthagern bei der Eroberung von Akragas geraubt und von
Scipio bei der Zerstörung Karthagos (146 v. Chr.) dort wieder aufgefunden. Unter Phalaris' Namen sind 148 Briefe erhalten (hg. von
Hercher in den «Epistolographi graeci», Par. 1873),
deren Unechtheit von Bentley in seinen «Abhandlungen über die Briefe des Phalaris, Themistokles u. s. w.» (deutsch von Ribbeck, Lpz.
1857) nachgewiesen worden ist.
(grch. Phallos), bei den alten Griechen das männliche Glied, das, als Sinnbild der Zeugungskraft in der Natur,
in den Religionen des Orients mit Ausnahme des Parsismus und in der altägypt. Religion eine große Rolle spielte und als Gegenstand
des Kultus bei öffentlichen Festen und Prozessionen umhergetragen wurde. Am dauerndsten hat sich der Phallus als
Symbol im Kultus des attischen Dionysos
[* 80] erhalten, an dessen Festen ein großer hölzerner Phallus in
Prozession vorgetragen wurde. Zugleich diente Römern wie Griechen bis in die spätesten Zeiten der Phallus als Schutz gegen den
bösen Blick. Von diesem Aberglauben rühren die noch zahlreich vorhandenen, als Amulette oder Talismane getragenen Phallen her.
Über den ind. Phallusdienst s. Lingam.
L., eine zu den Gasteromyceten (s. d.) gehörende
Gattung ansehnlicher Fleischpilze, deren hutförmiger Sporenträger anfangs von zwei durch Gallertmasse getrennten Häuten
(der äußern und innern Peridie) umhüllt ist. Hierher gehört der seit dem Altertum seiner Gestalt und seiner angeblichen
Kräfte halber berühmte Eichelpilz, Gichtmorgel oder Stinkmorchel (Phallus impudicusL., s. Tafel: Pilze
[* 81] II, Giftige Pilze,
[* 77]
Fig. 9), der in Wäldern und Gärten unter Hecken wächst.
Anfangs, solange der Sporenträger in das weißgefärbte Peridium eingeschlossen ist, gleicht der Pilz
[* 82] einem Ei.
[* 83] Später zerreißt
die Hülle an der Spitze, und es tritt ein dicker, hohler, weißlicher Stiel hervor, der an der Spitze den glockigen Hut
[* 84] trägt,
dessen mit grünlichem Schleim bedeckte Außenfläche netzartige Vertiefungen zeigt. Hierauf fließt der
zähe Schleim, in dem die Sporen eingebettet liegen, tropfenförmig ab, wobei der Pilz Leichengeruch verbreitet. Er wird für
giftig gehalten und galt früher als ein Mittel gegen die Gicht und als Aphrodisiacum. Eine zweite, seltenere Art, Phallus caninus
Huds., die sich an faulen
Stämmen, besonders unter Haselgesträuch findet, hat einen mit dem Stiel fest verwachsenen, oberseits platten Hut und ist
geruchlos.
eine von kleinasiat. Teiern gegründete griech.
Kolonie auf der gleichnamigen Insel (jetzt Taman) im kimmerischen Bosporus
[* 85] (jetzt Straße vonKertsch), ein bedeutender
Handelsplatz
und Hauptstadt des Bosporanischen Reichs.
Die Umgegend ist bekannt durch wertvolle Grabfunde.
(grch.), eine der beiden großen Abteilungen des Pflanzenreichs. Der Name rührt von Linné, der so alle
Gewächse der 1. bis 23. Klasse seines Systems nannte, weil sie deutliche Staubgefäße
[* 87] und Stengel
[* 88] besitzen,
die mit mehr oder weniger ansehnlichen Kelch- und Blumenblättern in jenen Gebilden vereinigt sind, die man allgemein als
Blüte
[* 89] bezeichnet. Das eigentlich Charakteristische der Phanerogamen beruht jedoch darin, daß aus den im Fruchtknoten vorhandenen Samenknospen
sich wirkliche Samen
[* 90] entwickeln, in denen der durch die Befruchtung
[* 91] gebildete Embryo oder Keim längere
oder kürzere Zeit eingeschlossen bleibt und dann bei der Auskeimung zu einer neuen Pflanze heranwächst. Man hat deshalb
vorgeschlagen, die Phanerogamen lieber als Samenpflanzen oder Spermaphyten zu bezeichnen; doch ist der alte Name so eingebürgert, daß
die ebenerwähnten wie auch einige andere neuerdings vorgeschlagenen Benennungen kaum in Gebrauch kommen werden. Die Phanerogamen zerfallen
in die Angiospermen (s. d.) und Gymnospermen (s. d.).
(grch.), der Zweig der Botanik, der sich mit der Beobachtung des Eintretens einzelner Entwicklungsphasen
in der Pflanze beschäftigt. Im besondern sind es die Dauer der Vegetationsperiode, die Zeit der Blattentfaltung,
des Aufblühens, der Fruchtreife u. s. w., die Anhaltspunkte für phänologische Beobachtungen geben. Es ist selbstverständlich,
daß bei denselben Pflanzenspecies unter verschiedenen Bedingungen des Standortes, Klimas u. s. w. sich jene Entwicklungsphasen
zeitlich sehr verschieden gestalten werden. Man hat neuerdings vielfach versucht, Untersuchungen über
die sich hieraus ergebenden Fragen in ausgedehntern Bezirken anzustellen und die in phänologischer Hinsicht bemerkenswerten
Zonen graphisch zu veranschaulichen. Die Phänologie bildet einen Teil der Pflanzengeographie.
oder Phänomĕnon (grch., «das
Erscheinende» oder «die Erscheinung»),
die gegebene Thatsache, die erklärt, d. h. auf ihr Gesetz zurückgeführt werden soll,
zugleich aber die Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnis bildet. Sofern nun im Gesetz erst die Wahrheit dessen, was
erscheint, erkannt wird, unterliegt das Phänomen vor der Erkenntnis des Gesetzes der theoretischen Untersuchung. So ist die tägliche
Bewegung der Sonne
[* 93] um die Erde als Phänomen unzweifelhaft; aber die Erklärung dieser Erscheinung (durch
die Theorie des Kopernikus und deren Begründung in den Gesetzen Newtons)
[* 94] ergiebt, daß der scheinbaren Bewegung als wirkliche
Thatsache die Bewegung der Erde um ihre eigene Achse zu Grunde liegt. So erhält die Erscheinung oder das Phänomen in der Erkenntnistheorie
die neue Bedeutung des nicht an sich oder absolut Wahren oder Realen, das aber stets auf ein an sich Reales
(das «Ding an sich», s. Ding) zurückweise. Sofern
das Ding an sich der Erscheinung im Denken entgegengestellt wird, heißt es Noumenon (s. d.) und bildet die intelligible Welt;
wogegen das Phänomen auf dem
¶
mehr
Anteil der Sinnlichkeit an der Erkenntnis beruht und darum im Gegensatz zum Noumenon die sensible Welt darstellt.
(grch.), die Lehre
[* 96] von den Erscheinungen. In einem engern Sinne bezeichnete Hegel damit die Darstellung
der verschiedenen Erscheinungsformen und Entwicklungsstufen des Bewußtseins.
(grch.) oder Einbildungskraft, Name für eine große Anzahl von psychischen Vorgängen,
in denen die Erzeugung sinnlicher Bilder das Gemeinsame bildet. Faßt man das Wort in allgemeinster Bedeutung, so gehört
darunter schon die ursprüngliche Bildung aller unserer Wahrnehmungen, insofern dabei aus den Elementen der Empfindung zusammenhängende
Anschauungen gebildet werden. Diese Art der Phantasie ist, da sie zu bewußten Objektvorstellungen führt,
als appercipierende Phantasie zu bezeichnen.
Eine zweite Thätigkeit der Phantasie ist die Wiedererzeugung der Bilder vergangener Wahrnehmungen. Dies ist die sog. reproduktive
Phantasie. Sie fällt zusammen mit der Erinnerungsthätigkeit, insofern darunter ein neues Bewußtwerden der in der
Seele auf unbewußte Art aufbewahrten Gedächtnisspuren verstanden wird. Erzeugen sich hingegen aus den
durch das Gedächtnis aufbewahrten Spuren neue Bilder und Bildergruppen, so heißt diese Thätigkeit schöpferische oder produktive
Phantasie. Man unterscheidet außerdem die anschauliche und die kombinierende Phantasie, je nachdem die Fähigkeit
überwiegt, Vorstellungen von sinnlicher Lebhaftigkeit zu bilden, oder die andere, sie mannigfaltig zu verknüpfen.
Ferner redet man von einer analytischen und synthetischen Phantasie bei der künstlerischen Thätigkeit
und beim Genießen und Würdigen eines Kunstwerkes. Herrscht dort die Richtung vom Ganzen zu den Teilen vor, so entsteht auf
synthetischem Wege erst das Ganze durch die successive Aneinanderreihung der Einzelheiten. Das Höchste, was die Phantasie hervorbringen
kann, leistet sie in der Kunst. In den bildenden Künsten schließt sie sich am engsten an die sinnliche
Anschauung an, aus der sie ihre Stoffe entlehnt.
In der Musik tritt das die bildnerische Phantasie in Thätigkeit versetzende Gefühl vorherrschend hervor. In der Dichtkunst halten
beide Elemente einander das Gleichgewicht,
[* 97] wobei der Gedanke als Herrscher und Ordner über beiden seine
Gewalt aufs höchste steigert. Die fortwährende Verschmelzung der Bilder und Gefühle in der Poesie kündigt sich durch die
sinnliche Anschaulichkeit der bilderreichen, d. h. in Gleichnissen sich bewegenden Sprache
[* 98] an. Wenn die Erzeugnisse der produktiven
Phantasie den Boden der Wirklichkeit so weit verlassen haben, daß sie darauf gar nicht mehr denkbar erscheinen,
so nennt man sie phantastisch. Der Wert der Phantasie für die ästhetischen Untersuchungen ist namentlich von den
deutschen Romantikern, wie Schelling, Solger u. a., betont worden-. J. G. Fichte betrachtete die Phantasie als das schöpferische
Grundprincip des gesamten geistigen Lebens, und in neuerer Zeit hat Frohschammer («Die
Phantasie als Grundprincip des Weltprozesses», Münch. 1877) den Versuch gemacht, die Phantasie zum metaphysischen Kardinalbegriff zu erheben.
-
Vgl. Ölzelt-Newin, über Phantasievorstellungen (Graz1889);
Schmidkunz, Analytische und synthetische Phantasie (Halle 1889).
In der Musik heißt Phantasie eine Komposition, in welcher der Tonsetzer weder auf eine bestimmte Form noch auf eine ganz
genau zusammenhängende Ordnung der musikalischen Gedanken Rücksicht nimmt. Bindet er sich weder an ein
gewisses Thema noch
an Takt und Rhythmus, so nennt man die Phantasie frei; gebunden hingegen, wenn eine bestimmte Taktart zu Grunde liegt und in allen
Teilen eine gewisse Einheit beobachtet wird, wie in Mozarts C-moll-Fantasia.
Phantasieren heißt auch, über ein beliebiges Thema seine Empfindungen, wie die Einbildungskraft sie augenblicklich eingiebt, auf einem
Instrument (namentlich auf der Orgel und dem Pianoforte) vortragen.
im Edelsteinhandel geschliffene, lebhaft gefärbte Steine, wie sie in neuester
Zeit wieder in ausgedehnterm Maße zur Verzierung feinerer Schmuckwaren verwendet und besonders in Paris gehandelt werden.
Der Diamant
[* 99] wird zu den Phantasiesteine gerechnet, wenn er eine sehr ausgesprochene, schöne (am häufigsten weingelbe)
Farbe besitzt. Als Phantasiesteine im weitern Sinne sind außerdem folgende zu betrachten, die aber meist unter ihrem
eigenen Namen einzeln gehandelt werden: Rubin, blauer Saphir, gelber Saphir, Smaragd,
[* 100] Alexandrit,
[* 101] Euklas, echter Topas
[* 102] (der Topas
des Handels ist fast ausnahmslos Citrin oder geglühter Amethyst), Hiddenit, Aquamarin, Chrysolith und Demantoid.
Namentlich gilt dies von den im Handel häufigsten SteinenRubin, Saphir, Smaragd. Im engern Sinne heißen
Phantasiesteine farbige Steine, die in Partien, ohne Angabe der mineralog. Natur der einzelnen Exemplare, im Großhandel verkauft werden
und meist aus sehr verschiedenen Mineralien bestehen, wie sie sich zufällig zusammen in den edelsteinführenden Sanden, namentlich
auf Ceylon,
[* 103] finden. Am häufigsten befinden sich darunter folgende Mineralien: Spinell
[* 104] in allen Farben, besonders
rot, violett, auch blau und grün;
Zirkon,
[* 105] besonders braun und rot (der tief rot gefärbte Hyacinth wird besonders verkauft
zu 60-80 M. das Karat; doch ist echter Hyacinth sehr selten, die meisten so bezeichneten Steine des Handels sind Granat);
[* 106]
(grch.), Phantasiebild, Scheinbild, Trugbild. (S. Sinnestäuschungen.) ^[= Sinnesdelirien, Phantasmen, Sinneswahrnehmungen ohne entsprechende äußere Objekte (s. Sinn ...]
(grch.), Scheinbild, in der Medizin zu Lehrzwecken künstlich nachgebildete Körperteile, an denen Operationen
eingeübt werden, zu deren Einübung nicht Leichname benutzt werden können.