mehr
und schweres Nitrobenzol, das beträchtliche Mengen Nitrotoluol enthält und in «Anilin für Rot» (zur Darstellung von Fuchsin) übergeführt wird. Das Kilogramm Nitrobenzol kostet im Großhandel (1896) 1,20-1,30 M.
und schweres Nitrobenzol, das beträchtliche Mengen Nitrotoluol enthält und in «Anilin für Rot» (zur Darstellung von Fuchsin) übergeführt wird. Das Kilogramm Nitrobenzol kostet im Großhandel (1896) 1,20-1,30 M.
Xyloidin, eine Reihe von Sprengstoffen, die durch die Einwirkung von rauchender Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure [* 2] auf Cellulose entstehen; letztere muß zu diesem Zwecke aus den betreffenden organischen Fasern (Holzfaser, Baumwolle, [* 3] Flachs, Hanf, Stroh, Holundermark, Papier u. s. w.) möglichst rein hergestellt werden. Beim Nitrieren erhält man dann je nach der Temperatur, der Konzentration der Säuren und der Zeitdauer ihrer Einwirkung verschiedene Stufen der Nitrierung mit steigender Explosionsfähigkeit, gewöhnlich als Mononitrocellulose, Bi- oder Dinitrocellulose und Trinitrocellulose bezeichnet. Die Schwefelsäure dient beim Nitrieren hauptsächlich dazu, die Salpetersäure mehr zu konzentrieren und das bei dem chem. Vorgang frei werdende Wasser zu binden. Dieser chem. Vorgang ist rein schematisch der, daß an Stelle von Wasserstoff, der in der Cellulose enthalten ist, Untersalpetersäure aus der Salpetersäure tritt:
Je nach der Herkunft der Cellulose, welche auf die Reinheit des Produkts von ebenfalls entscheidendem Einfluß ist, bezeichnet man die Nitrocellulose als Schießbaumwolle (s. d.), Kollodiumwolle (s. Kollodium), Nitrolignose (s. d.), Collodin (s. d.), Pyropapier oder Düppel-Schanzen-Papier (s. d.). Als Bestandteil findet sich Nitrocellulose in Schultzes Pulver (s. d.) und im Johnson- und Barland-Pulver (s. d.). Ein nitriertes Stärkemehl, ebenfalls Xyloidin, auch Nitrostärke genannt, bildet den wesentlichen Bestandteil des Uchatiuspulvers (s. d.). Die Nitrocellulose dient als wirksame Basis einer Reihe von Dynamiten (s. Dynamit).
s. Abelite. ^[= oder diejenigen Dynamite (s. d.), die irgend eine Nitrocellulose (s. d.) als ...]
der Stickstoff (s. d.). ^[= Stickgas oder in Frankreich Azote (chem. Zeichen N; Atomgewicht 14,0), ein farb-, ...]
Knallglycerin, auch Glonoin, Globoin, Nitroleum, Trinitrin, Glycerylnitrat, salpetersaures Glycerin, C3H5(NO3)3, eine explosive Verbindung, die 1847 von Sobrero (im Laboratorium [* 4] vom Professor Pelouze in Paris) [* 5] entdeckt, von dem schwed. Techniker Alfred Nobel 1862 fabrikmäßig dargestellt und dann unter dem Namen Nobelsches Sprengöl als Sprengmaterial in die Praxis eingeführt wurde. Durch Behandeln von 10 Teilen Glycerin mit einem Gemisch von 30 Teilen rauchender Salpetersäure und 60 Teilen konzentrierter Schwefelsäure erhält man etwa 20 Teile Nitroglycerin ist ein farbloser oder schwach gelblicher und geruchloser ölartiger Körper von 1,6 spec.
Gewicht, in Wasser ist es unlöslich, löslich dagegen in Alkohol, Äther u. s. w. Auf den tierischen Organismus wirkt das Nitroglycerin als starkes Gift. Längere Zeit bei +8° C. aufbewahrt, erstarrt es krystallinisch und ist in diesem Zustand weniger empfindlich gegen Schlag u. s. w. Im gewöhnlichen Zustand explodiert es durch Stoß oder Schlag, ebenso durch schnelles Erhitzen mit furchtbarer Heftigkeit. Wird es dagegen an einer Stelle und in freier Luft entzündet, so brennt es meist mit lebhafter Flamme [* 6] schnell, gefahrlos und ohne Verpuffung ab und zersetzt sich in Kohlensäure, Wasserdampf, Stickstoff- und Sauerstoffgas. 1 kg Nitroglycerin giebt 710 l Gas, 1 l Nitroglycerin giebt 1135 l Gas; bei gleichem Gewicht giebt somit das Nitroglycerin 3 ½ mal mehr Gas als gewöhnliches Schießpulver; [* 7] bei gleichem Volumen produziert es die sechsfache Gasmenge vom gewöhnlichen Pulver.
Die bei der Verbrennung des Nitroglycerin entwickelte Wärme [* 8] kann für 1 kg auf 1282000, für 1 l auf 2051000 Kalorien (nach Berthelot), die Wirkung des Nitroglycerin auf 628000 Kilogrammmeter geschätzt werden (Crociani). Da das Nitroglycerin zuweilen unter Umständen explodiert, die nicht vorhergesehen werden können, so hat Nobel an Stelle des reinen Nitroglycerin verschiedene Nitroglycerinpräparate (s. Dynamit) mit größtem Erfolge als Sprengmaterialien eingeführt. Das reine Nitroglycerin ist daher jetzt als Sprengmittel ganz in den Hintergrund getreten. Bei der Fabrikation wird besondere Sorgfalt auf die Erhaltung einer angemessenen Temperatur der Mischung verwendet. Diese wird unter Benutzung von Kühlvorrichtungen auf höchstens 30° erhalten. Das Nitroglycerin wird nach der Herstellung peinlichst von Säurespuren befreit, da diese selbständige Zersetzung hervorrufen.
s. Guanidin.
organische Verbindungen, in denen ein oder mehrere Atome Wasserstoff durch NO2 (die Nitrogruppe) ersetzt sind.
soviel wie Nitroglycerin (s. d.). ^[= Knallglycerin, auch Glonoin, Globoin, Trinitrin, Glycerylnitrat, salpetersaures Glycerin, ...]
eine Nitrocellulose (s. d.), bei der als Cellulose fein zerteilte Holzfaser verwandt ist und der vor der Komprimierung zu Patronen noch salpetersaure Salze zugesetzt sind.
ein zu den Dynamiten, besonders zu den Abeliten (s. d.) gehöriges Sprengmittel;
es besteht aus gelatinisiertem Nitroglycerin und Nitrobenzin und Salpeter, wofür auch Ruß, Papiermasse u. s. w. verwandt werden können.
s. Knallmannit. ^[= oder auf gleiche Weise aus Mannit darzustellen wie der Knallzucker (s. d.); er ...]
s. Naphthalin.
als Düngemittel verwendete Gemische von Superphosphaten mit Chilesalpeter.
Verbindungen, die aus den Ferrocyanverbindungen durch Behandeln mit Salpetersäure hervorgehen.
Von diesen ist das wichtigste das Nitroprussidnatrium,
FeNa3(CN)5(NO)2H2o.
Man erhält dasselbe in schönen roten wasserlöslichen Krystallen, deren Lösung ein sehr charakteristisches Verhalten gegen Schwefelwasserstoff und lösliche Schwefelmetalle zeigt.
Sie giebt damit, selbst wenn nur Spuren zugegen sind, tief purpurrot gefärbte Lösungen, die bald blau und später mißfarbig werden.
auch Nitrosaccharose genannt, ein weißes Pulver, welches durch das Nitrieren von Rohrzucker entsteht. Nitrorohrzucker ist ein Sprengstoff von großer explosiver Kraft, [* 9] aber sehr gefährlich herzustellen und zu handhaben.
s. Nitrorohrzucker. ^[= auch genannt, ein weißes Pulver, welches durch das Nitrieren von Rohrzucker ...]
die Einwirkungsprodukte von salpetriger Säure auf sekundäre Amine (s. Ammoniakbasen).
Die Nitrosamine sind neutrale unzersetzt destillierende gelbliche Öle [* 10] von gewürzigem Geruch.
Durch starke Reduktionsmittel, wie Zinnchlorür, werden sie wieder in die sekundären Basen übergeführt und dienen deshalb häufig zur Reindarstellung der letztern.
Gelinde Reduktionsmittel (z. B. ¶
Zinkstaub und Essigsäure) wandeln sie in sekundäre Hydrazine (s. d.) um.
s. Gay-Lussac-Säure. ^[= Zwischenprodukt der Schwefelsäurefabrikation, eine Lösung von Nitrosylschwefelsäure ...]
eine organische Base, die vielfach als Rohstoff in der Farbentechnik benutzt wird. Nitrosodimethylanilin entsteht bei der Einwirkung von salpetriger Säure auf Dimethylanilin (s. d.), indem man eine salzsaure Lösung des letztern mit Natriumnitrit versetzt, hierbei bildet sich zunächst salzsaures Nitrosodimethylanilin, das in gelben, in kaltem Wasser schwer löslichen Nadeln [* 12] krystallisiert. Das freie Nitrosodimethylanilin wird aus dem Salz [* 13] durch Zersetzen mit Natriumcarbonat gewonnen und krystallisiert aus Äther in großen, grünen, bei 92° schmelzenden Blättern. Es hat die Formel NO.C6H4.N(CH3)2, ist sehr reaktionsfähig und wird zur Darstellung vieler Farbstoffe, wie Neutralrot und Neutralviolett, Indophenol, Gallocyanin, Naphthylenblau, Methylenblau u. s. w., benutzt.
Nitrosoverbindungen der Phenole und deren Sulfosäuren, die sich mit Eisensalzen zu intensiv gefärbten beständigen Salzen verbinden und als Farbstoffe Verwendung finden.
Hierher gehören das Dinitrosoresorcin, C6H2(OH)2(NO2), oder Solidgrün (s. d.) und die Nitroso-β-Naphtholsulfosäure, deren Eisenoxydulnatronsalz als Naphtholgrün B in den Handel kommt.
in der organischen Chemie Substanzen, welche die einwertige Nitrosogruppe (-NO) im Molekül enthalten. Man unterscheidet zwei verschiedene Klassen von Nitrosoverbindungen, die, in denen die Nitrosogruppe an den Stickstoff sekundärer aromatischer Amine gebunden ist (s. Nitrosamine), und solche, welche die Nitrosogruppe im Benzol- (oder Naphthalin- u. s. w.) Kern enthalten. Die Nitrosoverbindungen lassen sich leicht durch eine ihnen eigentümliche Farbenreaktion (Liebermannsche Reaktion) erkennen, indem sie, mit Phenol und konzentrierter Schwefelsäure erwärmt, dann mit Wasser verdünnt und mit Kalilauge übersättigt, eine intensiv blaue Färbung geben.
s. Uchatiuspulver. ^[= weißes Schießpulver oder Xyloidin, ein Surrogat des schwarzen Schießpulvers, ...]
s. Gay-Lussac-Säure. ^[= Zwischenprodukt der Schwefelsäurefabrikation, eine Lösung von Nitrosylschwefelsäure, Nitrose ...]
die Gruppe NO als Radikal der salpetrigen Säuren, NO·OH, und ihrer Salze sowie der organischen Nitrosoverbindungen.
die Salze der Untersalpetrigen Säure (s. d.). ^[= H2N2O2, nur in Gestalt ihrer Salze und in verdünnter wässeriger Lösung bekannte Säure. Die ...]
s. Gay-Lussac-Säure. ^[= Zwischenprodukt der Schwefelsäurefabrikation, eine Lösung von Nitrose ...]
s. Collodin.
alte Bezeichnung für Salpeter.
die Gruppe NO2 als Radikal der Salpetersäure, NO2.OH, und ihrer Salze, der Nitrate, sowie der Nitrokörper.
s. Spinnerei. ^[= die Arbeit des Spinnens, auch das Etablissement, in dem dieselbe vorgenommen wird, sowie das ...]
Marktflecken im Bezirksamt Roding des bayr. Reg.-Bez. Oberpfalz, am Regen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Regensburg), [* 14] hatte 1890: 1349, 1895: 1326 kath. E., Postexpedition, Telegraph. [* 15]
In der Umgebung die Ruinen der Burgen [* 16] Hof, [* 17] Stockenfelds, Stöfling und des Klosters Reichenbach. [* 18]
hinter lat. Tiernamen Abkürzung für Christ. Ludw. Nitzsch, Entomologen und Ornithologen, geb. 1782 zu Beucha bei Grimma, [* 19] gest. 1837 zu Halle [* 20] als Professor der Naturgeschichte. Er schrieb unter anderm «System der Pterylographie» (hg. von Burmeister, Halle 1840).
Friedr. Aug. Berthold, Sohn von Karl Immanuel Nitzsch, prot. Theolog, geb. zu Bonn, [* 21] wurde 1857 Kollaborator am Grauen Kloster in Berlin, [* 22] habilitierte sich 1859 daselbst, wurde 1868 ord. Professor in Gießen [* 23] und 1872 in Kiel. [* 24] Er schrieb: «Das System des Boethius» (Berl. 1860),
«Augustins Lehre [* 25] vom Wunder» (ebd. 1865),
«Grundriß der christl. Dogmengeschichte» (ebd. 1870),
«Luther und Aristoteles» (Kiel 1883),
«Die Idee und die Stufen des Opferkultus» (ebd. 1889),
«Lehrbuch der evang. Dogmatik» (2. Aufl., Freib. i. Br. 1896).
Gregor Wilh., Philolog, Bruder des folgenden, geb. zu Wittenberg, [* 26] studierte hier Philologie, wurde Konrektor am Lyceum daselbst, 1815 Subrektor zu Zerbst, [* 27] kehrte aber 1820 nach Wittenberg zurück. 1827 wurde er zum Professor der alten Litteratur an der Universität zu Kiel ernannt, Juni 1852 jedoch mit sieben andern Professoren seines Amtes entsetzt, worauf er im August desselben Jahres einem Rufe als Professor der Altertumswissenschaft nach Leipzig [* 28] folgte.
Hier starb er Von seinen besonders auf Homer bezüglichen Arbeiten sind zu nennen: «Erklärende Anmerkungen zu Homers Odyssee» (3 Bde., Hannov. 1826-40),
die 12 ersten Bücher umfassend;
die «De historia Homeri maximeque de scriptorum carminum aetate meletemata» (2 Tle., ebd. 1830-37) und die Gelegenheitsschrift «Indagandae per Homeri Odysseam interpolationis praeparatio» (ebd. 1828).
F. A. Wolf und Lachmann gegenüber vertrat Nitzsch die Ansicht, daß Homer die Abfassung der Ilias und Odyssee zuzuschreiben sei, eine Ansicht, die er namentlich in dem Werke «Die Sagenpoesie der Griechen» (2 Tle., Braunschw. 1852-53) begründete. Aus seinem Nachlaß erschienen die «Beiträge zur Geschichte der epischen Poesie der Griechen» (Lpz. 1862). -
Vgl. Lübker, G. W. Nitzsch in seinem Leben und Wirken (Jena [* 29] 1864).
Karl Immanuel, prot. Theolog, geb. zu Borna, studierte zu Wittenberg, wo er sich 1810 habilitierte und 1811 Diakonus an der Schloßkirche, 1813 zugleich an der Stadtkirche, 1817 Professor am Predigerseminar wurde. Er ging 1820 als Propst und Superintendent nach Kemberg, 1822 als ord. Professor und Universitätsprediger nach Bonn. Sein Auftreten auf der Generalsynode von 1846, für die er das Ordinationsformular entwarf, war die Veranlassung zu seiner 1847 erfolgten Berufung als Professor und Universitätsprediger nach Berlin, wo er 1852 Mitglied des Oberkirchenrats, 1855 Propst an der Nikolaikirche wurde und starb. Nitzsch war einer der bedeutendsten deutschen Vermittelungstheologen, ein entschlossener und besonnener Vertreter der Presbyterial- und Synodalverfassung der westl. Provinzen Preußens [* 30] und entschiedener Vorkämpfer der Union in der preuß. Landeskirche. Seine Hauptwerke sind das die Glaubens- und Sittenlehre zusammenfassende «System der christl. Lehre» (Bonn 1829: 6. Aufl. 1851) und die «Praktische Theologie» (3 Bde., ebd. 1847-67; 2. Aufl. 1859-68; Register 1872); außerdem sind zu nennen: «Urkundenbuch der evang. Union» (Bonn 1853),
«Akademische Vorträge über die christl. Glaubenslehre» (Berl. 1858),
sechs Sammlungen von «Predigten» (neue Ausg., Bonn 1867),
die u. d. T. «Gesammelte Abhandlungen» (2 Bde., Gotha [* 31] 1870) erschienene Zusammenstellung seiner Beiträge zu den «Theol. Studien und Kritiken» sowie «Neue Predigten» (ebd. 1887, hg. von Coel. Nitzsch). Eine Sammlung von Kerngedanken aus Nitzsch' Schriften stellte Rudorff u. d. T. «Stunden der Erhebung» (Berl. 1877) zusammen. - Vgl. ¶
Bey-388
schlag, K.I. Nivellieren. Eine Lichtgestalt der neuern deutsch- cvang. Kirchengeschichte (Berl. 1872). Nttzsch, Karl Wilhelm, Historiker, Sohn von Gregor Will). Nivellieren, geb. zu Zerbst, stu- dierte zu Kiel und Berlin, habilitierte sich 1844 in Kiel und erhielt 1848 eine außerord., 1858 eine ord. Pro- fessur. 1862 wurde er Professor der Geschichte in Königsberg, [* 33] 1872 in Berlin, wo er, 1879 zum Mitglied der Akademie ernannt, starb. Er schrieb: «PolybiuZ. Zur Geschichte antiker Politik und Historiographie» (Kiel 1842),
«Die Gracchen und ihre nächsten Vorgänger» (Berl. 1846), «Vorarbeiten zur Geschichte der Stausischen Periode» (Bd. 1, Lpz. 1859),
«Die röm. Annalistik von ihren ersten Anfängen bis auf Valerius Antias» (Berl. 1873),
«Deutsche [* 34] Studien» (ebd. 1879). Nach Nivellieren' hinterlassenen Papieren und Vorlesungen gab Mat- thäi «Die Geschichte des deutschen Volks bis zum Augsburger Neligionsfrieden» (3 Bde., Lpz. 1883 - 85; 2. Aufl. 1893) und Thouret «Die Geschichte der röm. Republik» (2 Bde., ebd. 1884-85) heraus. Nivellieren folgte in seinen röm. Arbeiten den Wegen Nie- buhrs. Noch bedeutender wirkte er für die Auf- fassung der mittelalterlichen deutschen Geschichte. Die neuere wirtschaftsgeschichtliche Richtung knüpft namentlich an ihn an. Niua, Inselgruppe im Stillen Ocean, zwischen den Tonga- und Samoa-Inseln, meist zu erstern ge- rechnet, unter 16° südl. Br. und etwa 174° westl. L. von Greenwich, besteht aus den Eilanden Bos- cawen (Tafahi, 17tikin) und Keppel oder Niuatabu- tabu (14 ykm), mit etwa 1000 christl. E. NiuL, auch Savage-Island, neutrale Ko- ralleninsel im Stillen Ocean, östlich von den Tonga-, südlich von den Samoa-Inseln, unter 19° südl. Br. und 170° westl. L. von Greenwich, fast 100 m hoch, mit gegen 5000 prot. E. Niu-tfchwang, Handelsplatz in der chines. Pro- vinz Sching-king, am Liau-Ho, 21 km oberhalb der Mündung in den Golf von Liau-tung, mit 60000 E., ist Sitz eines deutschen Vicekonsuls und seit 1860 dem Handel geöffnet.
Der Ort heißt eigentlich Iing - tze, und das wirkliche Nivellieren liegt weit oberhalb an einem linken Nebenflusse. Die Ausfuhr (1892: 9,0" Mill. Tael) besteht vornehmlich in Bohnen und Vohnen- kuchen (67 Proz.), Seide, [* 35] Hirschhörnern, Vohnen- und Kastoröl, Fellen und Pelzen. Eingeführt werden Baumwollwaren, Nadeln (1892: 161500 Mill. Stück), Petroleum. Sehr lebhaft ist der Verkehr mit Japan [* 36] und mit Wladiwostok. Im Chinesisch-Japa- nischen Kriege wurde Nivellieren nach erbitter- tem Kampf von den Japanern erobert.
Niveau (frz., spr. -woh), horizontale Ebene, wie die Oberfläche einer ruhenden Flüssigkeit, auch so- viel wie Wasserwage, Libelle (s. d.); auf dem Nivellieren von etwas stehen, in gleicher Höhe damit sein, auf gleicher Linie damit stehen. Niveauübergänge, s. Eisenbahnban (Bd. 5, S. 838d). ^Senkungen. Niveauverschiebungen, s. Hebungen und Nivellement(frz.,spr.-well'mäng), s.Nivellieren. Nivelles (spr. -well, vläm. Nyve'l), Stadt in der belg. Provinz Vrabant, an der Thines und an den Linien Manage-Wavern, Brüssel-Luttre und Nivellieren-Fleurus (22 1 cm) der Staatsbahnen, [* 37] hat (1890) 10642 E., Wollspinnereien, Woll- und Baumwoll- weberei, Maschinen- und Wagenfabrik, Papier- und Leinwandindustrie. Die Gertrudenkirche, eins der ältesten Baudenkmäler roman. Stils, besitzt wert- volle Kunstwerke.
Berühmt war im Mittelalter das von Ita, der Gemahlin Pippins von Landen, 645 gegründete Nonnenkloster. Nivellieren (frz.), in der Vermessungskunst das Bestimmen der Höhenlage verschiedener Punkte nnd zwar entweder auf trigonometr. oder geometr. Wege. Das trigonometrische Nivellement (s. Höhenmessung) [* 38] bei größern Entfernungen unter Berücksichtigung der Einflüsse der Strahlenbrechung [* 39] und der Erdkrümmung kann aber infolge der nie ganz scharfen Längen- und Winkelmessungen den Anforderungen wissenschaftlicher Genauigkeit nicht genügen; daher bedient man sich für solche Zwecke ausschließlich des geometrischen Nivelle- ments, das dann als Präcisionsnivelle- ment ausgeführt wird, unter Anwendung der besten und feinsten Nivellierinstrumente (s. d.). Die Aufgabe des geometrischen Nivellieren besteht darin, eine horizontale Visierlinie herzustellen und den vertikalen Abstand zweier Punkte von dieser Linie durch unmittelbares Messen zu bestimmen.
Man führt dies aus, indem man das Instrument auf oder über dein einen Punkt felbst aufstellt und die Visierlinie nach dem andern richtet (Nivellement aus dem Endpunkte), oder indem man sich zwi- schen beiden Punkten aufstellt und die horizontale Visierlinie erst auf den einen und dann auf den andern Punkt richtet. Ist die Entfernung oder der Höhenunterschied zwischen den beiden Punkten zu groß, so müssen die erforderlichenZwischenstellungcn genommen werden. Das praktische Verfahren beim Nivellieren ist in Kürze folgendes: Anfstellen des Instru- ments auf dem Ausgangspunkt und der Latte auf dein Objektspnnkt;
Horizontalstellen des auf die Latte eingerichteten Fernrohrs;
Anvisieren der Latte und Einrichten der Zielscheibe;
Ablesen der Meß- ziffer an der Latte und Aufschreiben derselben und der Zahl, welche der Gehilfe abgelesen und zu- gerufen hat.
Beim Nivellieren aus dem Endpunkt ist end- lich auch noch die Höhe der Fernrohrachse über dem Erdboden der Station zu messen. Den Höhenunter- schied zwischen der Vodenhöhe der Station und dem Aufstellungspunkt der Latte findet man sodann nach der Formel: lii-1i-i-1-x, wo ^ die Höhe des Lattenpunktes, 1i die Höhe des Stationspunt- tes, i die Höhe der Fernrohrachse über 1i, 1 die Ab- lesung an der Latte und x die durch die Erdkrüm- mung und Strahlenbrechung bedingten, unvermeid- lichen Fehler bedeutet.
Beim Nivellieren aus der Mitte ver- einfacht sich die Rechnung sehr wesentlich dadurch, daß sowohl die Instrumentenhöhe i, wie auch die Fehler x gänzlich fortfallen, da letztere sich hierbei, sobald wirklich genau aus der Mitte zwischen den beiden Punkten nivelliert wird, vollkommen auf- heben. Nennt man hierbei die Ablesung an der ersten Latte, den Rückblick, i-, die Ablesung an der zweiten Latte, den Vorblick, v, so vereinfacht sich die vorstehende Formel in lii-1i^-i-v. Durch wieder- holte Ausführung der einzelnen Messungen und durch das Arbeiten in sog. Schleifen, bei denen das Ende des Nivellements an den Ausgangs- punkt wieder anschließt, läßt sich in Verbindung mit einer zweckmäßigen Ausgleichung ein sehr hoher Grad der Genauigkeit erreichen. Zur Aus- führung roher Höhenmessnngen kann auch das Barometer [* 40] benutzt werden (s. Barometrische Höhen- messung). -
Vgl. Vauernfeind, Das bayr. Prä- cisionsnivellement (Heft 1-8, Münch. 1870-90); ¶
Bey-Wolter, Führer in die Feldmeß- und Nivellierkunst (2. Aufl., Oranienb. 1889); Pietsch, Katechismus der Nivellierkunst (4. Aufl., Lpz. 1895); Nivellements der trigonometr. Abteilung der Landesaufnahme (8 Bde., Berl. 1873–94); Wüst, Leichtfaßliche Anleitung zum Feldmessen und Nitzsch (4. Aufl., ebd. 1896); Lorber, Das Nitzsch (Wien [* 42] 1894).
Instrumente, welche die Herstellung einer horizontalen Visierlinie und hiermit die Ermittelung des Höhenunterschiedes zwischen zwei Punkten durch geometr. Nivellement (s. Nivellieren) ermöglichen. Allen Nivellierinstrumente gemeinsam ist die Benutzung der Schwerkraft zur Herstellung der wagerechten Abseh- oder Visierlinie. Man kann dieselben nach der Benutzung fester oder flüssiger Körper einteilen in Pendelinstrumente und Wasserwagen. Die Pendelinstrumente beruhen darauf, daß ein schwerer, fester Körper leicht beweglich aufgehängt und mit einer Visiervorrichtung versehen ist, die senkrecht zu der durch den Schwerpunkt [* 43] und die Bewegungsachse des schwebenden Körpers (Pendels) gehenden Linie steht.
Alle diese Instrumente geben besonders infolge der unvermeidlichen Reibung [* 44] stets nur ungenaue Resultate; es gehören dahin der Quadrant, der Rheinische Höhenmesser, Franks Neigungsmesser, Bohnes Taschenniveau, Couturiers Reflexions-Nivellierinstrument u. a. Die Wasserwagen zerfallen wiederum in zwei Arten, je nachdem bei ihnen die Stellung einer Flüssigkeit in zwei kommunizierenden Röhren [* 45] oder diejenige einer Luftblase im Innern eines rund ausgeschliffenen Gefäßes benutzt wird. Zur erstern Art gehört die veraltete Kanalwage (s. d.). Zur zweiten Art, die man auch als Libelleninstrumente (s. Libelle) bezeichnen kann, gehören die feinsten und vollkommensten Instrumente, deren wichtigste Teile stets von einem Fernrohr [* 46] und einer damit verbundenen Röhrenlibelle gebildet werden. Dahin gehören die Nivellierinstrumente von Stampfer, Breithaupt, Sickler, Sprenger, Bamberg [* 47] und viele andere.
Bei dem vorstehend abgebildeten Nivellierinstrument ist F das Fernrohr, R die Röhrenlibelle, SSS die zur Horizontalstellung dienenden Schrauben. [* 48] Auch sind die meisten Theodoliten (s. d.), Tachymeter (s. d.) und Kippregeln (s. d.) hierher zu rechnen. –
Vgl. Doll, Die Nivellierinstrumente und deren Anwendung (Stuttg. 1870);
(spr. -wärnäh), ehemalige franz. Provinz, bildet jetzt das Depart. Nièvre und kleine Teile der Depart. Loiret und Cher.
(spr.-wärnäh) oder Nivernois (spr. -nŏá), Herzöge von, s. Nevers.
(spr.-woleh), Dent du, Aussichtspunkt (1558 m) in der Beaugesgruppe der Jura-Alpen (s. Westalpen), im ON. von Chambéry.
Über den Col du Nivolet oder Colle del Nivolet in den Grajischen Alpen s. Mont-Iseran.
(frz., spr. -wohs’; «Schneemonat»),
der vierte Monat des franz. republikanischen Kalenders (s. d.), dauerte in den J. I, II, III, V, VI, VII vom 21. Dez. bis 19. Jan., in den J. IV und VIII, IX, X, XI und XIII vom 22. Dez. bis 20. Jan., im J. XII vom 23. Dez. bis 21. Jan. des Gregorianischen Kalenders.
Pflanzenart, s. Nuphar. ^[= Sm., Pflanzengattung aus der Familie der Nymphäaceen (s. d.) mit nur wenigen Arten in der nördl. ...]
Dorf im Gerichtsbezirk Hainspach der österr.
Bezirkshauptmannschaft Schluckenau in Böhmen, [* 49] an der Linie Rumburg-Nixdorf (21 km) der Böhm.
Nordbahn, hat (1890) 6201, als Gemeinde 6704 deutsche E., Fachschule für Metallindustrie mit gewerblicher Fortbildungsschule sowie Fabrikation von Stahl- und Galanteriewaren, Messern, Scheren, [* 50] Stahlwerkzeugen, Metall- und Steinnußknöpfen, künstlichen Blumen, Posamentier- und Gürtlerwaren und Seidenbändern.
der alte allgemein german. Name der Wassergeister (althochdeutsch nichus, angelsächs. nicor, altnord. nykr, niedersächs. nicker, dän. nök, schwed. neck). Der männliche Nicker, Nickel- oder Wassermann zeigt sich gewöhnlich nur einzeln. Er gleicht einem kleinen, ältlichen, bärtigen Manne und ist nach der Sage an den Fischzähnen, auch an entstellten Ohren und Füßen kenntlich. Zuweilen verwandelt er sich in ein Roß, einen Stier oder einen Fisch. Er ist meist grausam und rachsüchtig.
Gern raubt er Menschenmädchen und lebt mit ihnen in seinem Wasserhause. Freundlicher schildert die Sage die weiblichen Nixe; sie sind schöne Jungfrauen und nur an dem nassen Saume des Gewandes zu erkennen. Doch wird auch von schilfgegürteten, nackten Wasserfrauen und selbst von fischschwänzigen berichtet. Gleich den männlichen lieben die weiblichen Nixe Musik und Tanz, mischen sich gern unter tanzende Menschen und knüpfen mit Jünglingen Liebschaften an. Weissagung, Reichtum und Bedürftigkeit menschlicher Hilfe teilen die Nixe mit den übrigen Elementargeistern.
rechter Nebenfluß der Tura (System Tobol), entsteht aus der Vereinigung der Nejwa und des Rjesch im russ. Gouvernement Perm und mündet nach 200, mit der Nejwa 450 km im Gouvernement Tobolsk. Er ist schiffbar bis zur Stadt Irbit (s. d.) auf 140 km.
(Nisam), eigentlich Ordnung, ein arab. in alle islamit. Sprachen übergegangenes Wort, bedeutet mit dem Zusatze dschedid (neu) im Türkischen speciell die von Sultan Selim III. (1789–1807) gestiftete und dann von Mahmud II. (1808–39) erneuerte reguläre Armee, der der Soldat nach dem Wehrgesetz vom Mai 1880 sechs Jahre anzugehören hat, von denen er bei der Infanterie und den Schützen drei, bei den übrigen Waffen [* 51] vier Jahre präsent bleiben soll. Dann gehört der Mann acht Jahre der Reserve- (Redif-) Armee an und tritt nachher für sechs Jahre noch zum Landsturm (Mustahfiz) über. – Nizâm el-Aalem und Nizâm el-Mulk, Welten- und Reichsordner, im orient. Kanzleistil ein Nebentitel des Großwesirs; auch der Haupttitel des Beherrschers von Haidarabad (s. Nisam) in Ostindien. [* 52] ¶
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Nizäm al-mulk (Nisäm al-mulk), Zassan ibn Ali, Wesir der beiden Seldschukensultane Alp Ars- lan (1063-72) und Melikschäh (1072-92), Sohn eines pers. Landmanns, wurde in Tus (Chorassan) 1018 geboren. Während seiner dreißigjährigen Ver- waltung gelang es ihm, im Seldschukenreich geord- nete Verhältnisse zu begründen; seiner besondern Fürsorge erfreuten sich die gemeinnützigen, wissen- schaftlichen und litterar. Interessen, ßr gründete mehrere wissenschaftliche Anstalten, unter welchen die 1067 eröffnete Hochschule in Bagdad seinen Namen (Nizamijja) trug und zum Mittelpunkt des wissen- schaftlichen Lebens im Islam wurde.
Durch die Ränke der Sultanin Turkan Chätun fiel der greise Wesir in Ungnade bei Melikschäh, und 1092 wurde er im Feld- lager von Nehawand durch einen Assassinen erdolcht. Nizantt, pers. Dichter, s. Nisämi. Nizza, franz. Nice, Grafschaft am Mittelmcer, an der Grenze zwischen Frankreich und Italien, [* 54] qc' sem Lande einverleibte Gebiet wurde mit dem vom Depart. Var abgetrennten Arrondissement Grasse zu dem neu gebildeten Depart. Seealpen geschlagen, während aus dem bei Italien gebliebenen Teil die Provinz Porto-Maurizio gebildet wurde. Nizza.
1) Arrondissement im franz. Depart. der Seealpen, hat auf 1065 hkm 148 628(5., iiKan- tone und 45Gcmeinden. ^ 2)N., franz. Nice, aus Nicäa, die Siegesstadt, Hauptstadt des Depart. Seealpen, am Mittel- meer und der Mündung des Paillon, 7 1 cm nordöstlich von der des Var, an den Linien Marseille-Menton und Nizza-Dra- guignan-Meyrargues sowie der Tramway nach Puget TtMiers (59 Kni), unter 43° 42' nördl.Br. und 7° 17' östl.L. von Greenwich, am Ende der über den 1873 in ( ?" 5" kl i il" ci ^ ! 4?l ^l/ 2 «z'.t^clNfa^ ck ^ 9 ^la/» Hä"5e'n^ 22 .^.itti^/^Hla^eUe 13 Nizza (Situationsplan). hörte früher zur Provence, wurde 1388 durch Ama- deus VII. von Savoyen erworben, 1576 von Ema- nuel Philibert durch das dem Zause Doria ab- gekaufte Fürstentum Oneglia sowie durch die Graf- schaft Tenda und später durch die innerhalb des ge- nuesischen Gebietes gelegene Landschaft San Remo erweitert. 1792 wurde Nizza von den Franzofen erobert und als Departement der Seealpen mit Frankreich vereinigt, 1814 aber an Sardinien [* 55] zurückgegeben.
Durch den Turiner Vertrag vom wurde der westl. Teil dieser Provinz (2763,6 hkm) an Frankreich abgetreten. Auch über- nahm Frankreich, an Stelle Sardiniens, den Schutz über den Fürsten von Monaco, [* 56] der seinerseits die Gemeinden Mcntone (s. d.) und Roccabruna (zusammen 8,3 für 4 MM. Frs. an Frankreich verkaufte. Das die- hohen Paß [* 57] des Col oi Tenda aus Piemont führen- den Gebirgsstraße, hat (1891) 67 967, als Gemeinde 88273 E., wozu im Winter noch 10-15000 Kur- gäste kommen, in Garnison einen Teil des 55. In- fanterieregiments, das 6. und 7. Iägerbataillon zu Fuß, das 13. Fuhartillcriebataillon und die Gen- darmerielegion 15 a und ist Sitz der 29. Infanterie- division und der 57. Infanteriebrigade, des Prüfek- tcn, eines Bifchofs, eines Gerichtshofs erster In- stanz, Assisenhofs, Handelsgerichts, einer Nebenstelle der Bank von Frankreich und zahlreicher Konsulate (eines deutschen). (S. vorstehenden Situationsplan.) Nizza und seine Umgegend, durch Gebirge vor den Nordwinden geschützt, sind berühmt durch die reine und gesunde Luft sowie die Milde des Klimas. Das Temperaturmittel des Jahres beträgt 15,9° 0., das des Winters 9,5°, das des Januars 8,4", des Julis ¶
391 23,9°, das Jahresmaximum 31°, das Jahresminimum 0,9° C. Die mittlere Feuchtigkeit der Luft beträgt im Jahre 61,4 Proz.; nur der besonders im März und April wehende Mistral trocknet die Luft aus. Nizâm hat 838 mm Regenmenge; der fünfte Teil der Wintersaison (November bis April) sind Regentage. Das Jahresmittel des Luftdruckes ist 761 mm, das Maximum 779, das Minimum 735 mm. Nizâm liegt überaus lieblich an einer Reihe amphitheatralisch sich erhebender Hügel, umgeben von Öl- und Weinbergen, Citronen- und Orangengärten und vielen Villen.
Der kleinere ältere Teil mit der großen Kathedrale St. Réparate hat winklige Gassen und finstere Häuser, liegt auf der östl. Seite des Paillon und erhebt sich in Form eines Dreiecks zu dem ausgedehnten, 97 m hohen Schloßberge mit Trümmern eines alten Schlosses, reizenden Parkanlagen und einer Plattform, die eine entzückende Aussicht bietet. An der Ostseite des Berges ist der 1751 angelegte kleine, aber sichere Hafen Port de Limpia, der im Osten durch den steilen Vorsprung des Mont-Boron von der Reede von Villefranche (Villafranca) getrennt wird.
Die am Hafenbassin entstandenen Stadtteile sind durch zwei von dem am Südende liegenden Platz Bellevue beginnende Straßen mit der Altstadt verbunden, die Rue Ségurane, die nach Nordnordwesten zum schönen Garibaldi-, früher Napoléon-, noch früher Victorplatz, mit (seit 1891) einer Statue Garibaldis, führt, und den in den Felsen gehauenen Chemin des Ponchettes, der um das steile Vorgebirge Rauba Capeu herum zur Promenade du Cours, einer Ulmenallee mit aussichtreichen Terrassen, und weiter in die Straße St. François de Paule mit dem Theater, [* 59] der Bibliothek, dem Stadthause u.a. übergeht.
Parallel [* 60] mit den beiden Straßen geht am Strande der Boulevard du Midi bis zur Mündung des Paillon, an dessen linkem Ufer hinauf die Boulevards Pont Neuf, Pont Vieux (bis zum Garibaldiplatz) und Risso führen. Die sehr freundliche Neustadt [* 61] mit Gärten an den Straßen liegt westlich vom Paillon, an dessen rechtem Ufer die Quais St. Jean Baptiste (bis zur Garibaldibrücke) und Quai Place d'Armes hinaufführen. Der Fluß ist jetzt völlig überbaut, die Avenue Masséna ist verbreitert, mit Palmen [* 62] besetzt und mit einer Bronzestatue des in Nizâm geborenen Marschalls Masséna geschmückt.
Daneben ist das Casino Municipale, ein prächtiger neuer Bau mit Wintergarten, Theater, Cercle international, dem schönsten Café in Nizâm; der Platz Masséna daneben zwischen Häusern mit Laubengängen ist der Mittelpunkt des Fremdenverkehrs. Von hier aus durchschneidet die breite Avenue de la Gare die Neustadt nach Nordnordwesten, während südwestlich der Quai Masséna zum bedeckten Jardin Public mit herrlichen Gewächsen führt. Von hier geht am Strande nach Westen hin die lange, herrliche Promenade des Anglais und hier befindet sich auch die auf Pfähle ins Meer hinausgebaute Jetéepromenade, eine Art Kasino.
Von der Mitte der Promenade des Anglais geht nach Norden [* 63] der lange Boulevard Gambetta ab und von diesem wieder nach Ostnordosten die Boulevards Victor Hugo und Dubouchage, die ganze Neustadt durchschneidend. Hier sind zwei engl., eine schott., eine amerik., eine deutschreform., eine Waldenser- und eine russ. Kapelle und viele Hotels u.s.w. Elektrische [* 64] Beleuchtung [* 65] ist eingeführt. Nizâm besitzt ein Lyceum, ein Priester- und ein Lehrerseminar, eine Stadtbibliothek mit 90000 Bänden, eine Kunstausstellung, ein Naturalienkabinett, eine Sternwarte [* 66] (Montgros), ein ital. Opern- und ein franz. Schauspielhaus, Hospitäler, Krankenhaus, [* 67] wissenschaftliche und gemeinnützige Gesellschaften u.a., Denkmal (Büste) des Präsidenten Carnot (1895) und ein Denkmal zur Erinnerung an die Vereinigung N.s mit Frankreich.
Die Bevölkerung treibt Weinbau, Südfrucht- und bedeutende Blumenkultur, ferner Kunstdrechslerei und Kunsttischlerei, Seidenspinnerei, Gerberei, Färberei, bereitet Olivenöl, Kräuteressenzen, Maccaroni, Strohhüte, künstliche Blumen und treibt lebhaften Handel mit Oliven, Olivenöl, Südfrüchten, gesalzenen Fischen, Hanf, Seide, Liqueur, Parfümerien u.a. Der Hafen ist seicht und der Versandung ausgesetzt; regelmäßige Dampferverbindung mit Marseille, [* 68] Ajaccio, Bastia und Genua. [* 69]
Nizâm ist das alte Nicäa in Ligurien und wurde 300 v.Chr. zu Ehren eines Sieges über die Ligurer von den Massiliern als befestigte Kolonie angelegt. Im Mittelalter, wo die Stadt die Schicksale der Provence, insbesondere jene der Grafschaft Nizâm teilte, sowie bis zum Anfang des 18. Jahrh., galt sie als eine wichtige Festung. [* 70] 1543 von Franz I. von Frankreich zu Lande und von den Türken unter Cheir eddin Barbarossa zu Wasser belagert, wurde die Stadt, mit Ausnahme der Citadelle, 20. Aug. erobert und geplündert. Drei Belagerungen, 1691 unter Catinat, 1706 unter Berwick, 1792 unter Anselme, brachten sie jedesmal in franz. Hände. Die Festungswerke wurden 1708 gänzlich geschleift. 1793–1814 gehörte Nizâm zu Frankreich, dann zu Sardinien, von dem es 1860 wieder an Frankreich abgetreten wurde. (S. Nizza, Grafschaft.) Bei dem Erdbeben [* 71] litt die Stadt bedeutend.
Vgl. Toselli, Précis historique de Nice (4 Bde., Nizza 1867–70);
Lippert, Das Klima von Nizâm, seine hygieinische Wirkung und therapeutische Verwertung (2. Aufl., Berl. 1877);
Brünecke, Der klimatische Winterkurort Nizâm (Wiesb. 1880);
Buréty, Nice and its climate (Lond. 1882);
Nash, Guide to Nice (ebd. 1884);
A. Lacoste und G. Pietri, Guide bleu.
Nice pratique et pittoresque (2. Aufl., Nizza 1888); Gius. André, Nizza 1792–1814 (ebd. 1895); Logau, Führer durch Nizâm und Monte-Carlo (ebd. 1896).
J., offizielle Abkürzung des nordamerik.
Staates Neujersey (s. d.).
Negervolk, s. Niam-Niam. ^[= oder A-Sandeh, afrik. Volksstamm, nimmt mit den ihm verwandten Nfakkara, Bandjia und Iddio ...]
(Nyangwe), eine der bedeutendsten arab. Handelsniederlassungen im Kongostaat [* 72] (s. d.), liegt unter 4° 15' nördl. Br. und 26° 20' östl. L. von Greenwich am obern Kongo.
Von Njangwe führt eine Karawanenstraße nach W. über Gongo Lutete am Lomami nach der Station Lusambo am Sankurru, die durch Dampfer mit Leopoldville am Stanley Pool verbunden ist, und eine zweite nach Osten durch Manjema nach der Station Albertville (Lutuka) am Tanganikasee. Livingstone erreichte als erster Europäer den Kongo an dieser Stelle; Stanley unternahm von Njangwe die berühmte Erforschung des Kongo bis zu dessen Mündung. Kapitän Dhanis eroberte im Kampfe mit dem Araberhäuptling Rumaliza Njangwe mit den Truppen des Kongostaates.
(Nyanza, Niandscha), in der Sprache [* 73] der östl. Bantuneger jedes große Gewässer; die Afrikareisenden benannten danach unter Vorsetzung von Eigennamen die drei großen Seen: Victoria-, Albert- und Albert-Eduard-Njansa. (S. die Karten: Deutsch-Ostafrika und Äquatorial-Afrika, [* 74] beim Artikel Afrika.) [* 75] (Anmerkung des Editors: Beginn der Aufzählung auf die nächste Seite genommen ) ¶