Niederdruckmaschine,
eine Dampfmaschine, [* 2] welche mit nicht mehr als 1 bis 1½ Atmosphären Überdruck arbeitet. Niederdruckmaschine waren alle Dampfmaschinen [* 3] vor Evans, der 1801 die erste Hochdruckmaschine baute. (S. Dampfmaschine.)
eine Dampfmaschine, [* 2] welche mit nicht mehr als 1 bis 1½ Atmosphären Überdruck arbeitet. Niederdruckmaschine waren alle Dampfmaschinen [* 3] vor Evans, der 1801 die erste Hochdruckmaschine baute. (S. Dampfmaschine.)
Bürgerschulen, s. Armenschulen. ^[= Volksschulen in Städten, die lediglich für die Kinder der ärmern Bevölkerung bestimmt sind ...]
Chirurgie, s. Kleine Chirurgie. ^[= oder niedere Chirurgie, derjenige Teil der Chirurgie, welcher sich mit den im täglichen Leben ...]
Frauen, s. Klarissinnen. ^[= (lat. Ordo sanctae Clarae), Frauenorden, der neben den Minoriten und Tertiariern als zweiter ...]
Jagd, s. Hohe ^[= (engl. High Commission), ein unter der Königin Elisabeth in England 1583 errichteter geistlicher ...] Jagd.
soviel wie Unterelsaß, s. Elsaß.
Tatra, s. Hohe Tatra. ^[= Ungarns höchster Gebirgszug. Sie erhebt sich zwischen den Flüssen Waag oder Dunajec und deren ...]
Tauern, s. Ostalpen.
s. Deutsche Mundarten. ^[= die eigenartigen, verschiedenen Sprechweisen innerhalb des deutschen Sprachgebietes. Im weitern ...] [* 4]
Dorf im Kreis [* 5] und Kanton [* 6] Molsheim des Bezirks Unterelsaß, in einem von der Hasel bewässerten Seitenthale des Breuschthals, hat (1890) 869 kath. E., Postagentur, Telegraph [* 7] und St. Florentiuskirche der ehemaligen Benediktinerabtei (7. Jahrh.), dreischiffige got. Basilika [* 8] mit viereckigem Glockenturm (13. bis 14. Jahrh.).
8 km nordwestlich Trümmer der Burg Nideck, im 13. bis 14. Jahrh. erbaut, urkundlich zuerst 1336 als bischöfl.
Straßburger Lehn erwähnt. –
Vgl. Gatrio, Das Breuschthal (Rixheim 1884).
Dorf, s. Hemer. ^[= Ober- und Nieder-, Dörfer im Kreis Iserlohn des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg, 6 km im O. von ...]
s. Hermsdorf.
nördlichste Provinz des ehemaligen Kurfürstentums Hessen-Cassel, jetzt zur preuß. Provinz Hessen-Nassau [* 9] gehörig.
s. Deutsche Mundarten. ^[= die eigenartigen, verschiedenen Sprechweisen innerhalb des deutschen Sprachgebietes. Im weitern ...]
Dorf, s. Plauenscher Grund. ^[= # Franz Fried. Alexander, Ingenieur, geb. 5. Mai 1814 in Kloster Heinrichau in Schlesien. Er erhielt ...]
s. Holen. ^[= in der Seemannssprache das Ziehen an einem Tau; ähnlich wird anholen, aufholen, ausholen, einholen ...]
Marktflecken im Kreis Bingen [* 10] der hess. Provinz Rheinhessen, am Ausgang des Selz- in das Rheinthal, an der Linie Frankfurt [* 11] a. M.-Bingerbrück der Hess. Ludwigsbahn (Station Ingelheim), hatte 1890: 2688, 1895: 3106 meist evang. E., Post, Telegraph, evang. St. Remigiuskirche, einst Palastkapelle, kath. Kirche mit dem von Kaiser Barbarossa erbauten Gemeindeturm; Fabrikation von Chemikalien, künstlichem Sandstein, Papier, Cement und künstlichem Dünger.
Bekannt ist der Rotwein von Niederingelheim – Karl d. Gr. baute hier zwischen 768 und 774 auf der Stelle einer ältern kaiserl. Villa einen Palast, der auf 100 zum Teil aus Ravenna, zum Teil vom Felsberg im Odenwald stammenden Marmor- und Granitsäulen ruhte. Kaiser Friedrich Ⅰ. ließ 1154 den Palast ausbessern und Karl Ⅳ. ihn 1354 nach einem Brande (1270) wieder aufbauen; 1356 übergab er ihn an Kurpfalz. In der sog. Bayrischen Fehde 1504, dann im Dreißigjährigen Kriege und zuletzt 1689 ist die alte Kaiserpfalz gänzlich verwüstet worden. –
Vgl. Hilß, Der Reichspalast zu Ingelheim (Oberingelh. 1868);
Loersch, Der Ingelheimer Oberhof (Bonn [* 12] 1885).
Südlich von Niederingelheim liegt Oberingelheim (s. d.).
s. Baja-California. ^[= Territorium der Republik Mexiko, umfaßt die Halbinsel und hat 143692 qkm, ...]
Partei, Partei der Anglikanischen Kirche (s. d.). ^[= die Staatskirche Großbritanniens (the Established Church, Church of England), die in der Lehre ...]
s. Bruch ^[= # nennt man in der Medizin erstens das widernatürliche Hervortreten eines Eingeweides aus irgend ...] (Kleidungsstück).
zollfreie Niederlagen im deutschen Zollwesen alle Räumlichkeiten, in denen vom Ausland eingehende zollpflichtige Waren im Interesse der Beförderung des Handelsverkehrs einstweilen unverzollt gelagert werden dürfen. Wenn die Waren dann aus den Niederlagen direkt in das Ausland geschickt werden, so haben sie auch beim Verlassen der Niederlage den Zoll nicht zu entrichten; gehen sie aus der Niederlage in den inländischen Konsum über, so wird erst in diesem Augenblick der Zoll fällig. In beiden Fällen ist daher durch die Aufnahme in die Niederlage dem Handelsstand die Verauslagung des Zollbetrags erspart.
Die Niederlagen sind entweder öffentliche Niederlagen oder Privatniederlagen. Die öffentlichen Niederlagen sind entweder allgemeine Niederlagen oder beschränkte Niederlagen oder freie Niederlagen (auch Freilager genannt). In den allgemeinen Niederlagen werden alle Arten Waren, soweit sie nicht besonders ausgeschlossen sind, in unbeschränkter Menge und für eine längere Dauer angenommen. Die Eigentümlichkeit beschränkter Niederlagen besteht darin, daß an solchen Orten, die keinen Anspruch auf Errichtung allgemeiner Niederlagen haben, die Zollämter zollpflichtige Waren für einen Zeitraum von regelmäßig nicht mehr als sechs Monaten unverzollt aufbewahren können. Freie Niederlagen (Freilager) endlich sind räumliche Gebiete, die mit einem Seehafen in unmittelbarer Verbindung stehen, zur Ein- und Ausladung sowie zur Aufbewahrung zollpflichtiger Waren ohne vorherige Zollzahlung dienen und vom Zollinland durch besondere Einschließungen abgetrennt sind. Zu unterscheiden von diesen Freilagern ist der Freihafen (s. d.).
Private Niederlagen, auch Privatlager genannt, sind Privaträume, in denen Waren, worauf ein Zollanspruch haftet, niedergelegt werden. Sie können unter Mitverschluß der Zollbehörde stehen oder ohne ihren Mitverschluß sein. Sie sind dreifacher Art: Transitlager, wenn die Identität der einzelnen Colli der Regel nach festgehalten wird und die Waren ausschließlich oder teilweise zum Absatz nach dem Ausland bestimmt sind;
Teilungslager, wenn die Identität der einzelnen Colli nicht festgehalten wird, mögen die Waren für das Inland oder das Ausland bestimmt sein;
Kreditlager, welche Waren enthalten, die zum Verkauf im Inland bestimmt sind, auf die der Zoll aber erst nach geschehenem Verkauf entrichtet werden soll.
Bei den Privatlagern unter amtlichem Mitverschluß muß während der jedesmaligen Öffnung des Lagers eine fortdauernde amtliche Bewachung stattfinden, für die der Staat auch eine Gebühr fordern kann. Bei dem Transitlager ohne amtlichen Mitverschluß muß der Inhaber nach Ablauf [* 13] der gesetzlichen Frist den Eingangszoll zahlen, sofern er nicht nachweist, daß er anderwärts den Zoll bezahlt oder die Ware ausgeführt hat. Ähnlich den Privattransitlagern ohne amtlichen Mitverschluß ist das Fortlaufende Conto (s. d.). Das Recht, fremde unverzollte Waren in einer Niederlage zu lagern, heißt Niederlagerecht, der Zeitraum, auf den sich die Lagerung erstreckt, Lagerfrist, die Gebühr für die Benutzung der Niederlage Lagergeld, die dem Niederleger über die Thatsache der erfolgten Niederlegung erteilte amtliche Ausfertigung Niederlageschein oder Lagerschein (s. d.). Die zollamtliche An- und Abschreibung der Niederlagegüter erfolgt in besondern Niederlageregistern. Das bei der Anmeldung der Waren zur Niederlage ermittelte Gewicht heißt Einlagerungsgewicht; das bei der Abmeldung der Waren von der Niederlage ermittelte Auslagerungsgewicht.
Die privaten Transitlager für Getreide [* 14] ohne amtlichen Mitverschluß sind doppelter Art. Reine Transitlager heißen diejenigen, aus denen das Getreide ausschließlich zum Absatz in das Zollausland bestimmt ist, gemischte Transitlager jene, aus ¶
denen neben der Wiederausfuhr in das Ausland auch der Absatz im Zollgebiet gestattet ist. In ein gemischtes Transitlager darf auch zollfreies Getreide gebracht werden, ohne daß es seine Eigenschaft als zollfreie Ware verliert, und es behält seinen Charakter auch, wenn es in dem Lager [* 16] mit dem ausländischen gemischt wird. – Über Niederlagen in Frankreich s. Entrepôt.
Stadt im Kreis St. Goarshausen des preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden, [* 17] an der Mündung der Lahn in den Rhein, gegenüber von Oberlahnstein, an den Linien Frankfurt a. M.-Köln und Koblenz-Gießen der Preuß. Staatsbahnen, [* 18] Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Wiesbaden), hatte 1890: 3114 E., darunter 362 Evangelische, 1895: 3418 E., Postamt zweiter Klasse, Telegraph, Fernsprecheinrichtung, 2 kath. Kirchen, darunter die Johanniskirche (9. Jahrh.) am Rhein, Wasserleitung, [* 19] Gasbeleuchtung, Krankenhaus; [* 20] Kornglas-, Papier-, Drahtgewebe- und Chamottefabrikation, Handelsmühle, Schiffahrt und Obsthandel. Nahebei die Wallfahrtskapelle zum Allerheiligenberg und das Eisenhüttenwerk Hohenrheiner Eisenhütte.
[* 21] Nederland, Königreich der Niederlande, liegt zwischen 50° 45’ und 53° 30’ nördl. Br. und 3° 20’ bis 7° 10’ östl. L. von Greenwich und hat ohne die Meeresteile 32538 qkm. (Hierzu eine Karte: Niederlande.)
Oberflächengestaltung. Fast das ganze Land ist Tiefland und Fortsetzung der großen deutschen Ebene. Der größte Meerbusen an der Nordsee ist der Zuidersee (s. d.), nächst diesem der Dollart (s. d.) und der Lauwerzee an der Nordküste. Die Hauptflüsse des Landes sind der Rhein, die Maas und die Schelde. Außerdem ist das Land von zahlreichen Nebenflüssen durchschnitten, in welche die anliegenden, eingedämmten, durch Entwässerung urbar gemachten Ländereien, die sog. Polder (s. d.), das zuströmende Wasser durch Abzugsgräben und Schöpfräder ableiten.
Von den Landseen war das Haarlemer Meer (s. d.) der größte, ist aber 1848‒53 trocken gelegt worden. Wegen seiner niedrigen Lage ist der größte Teil des Landes unaufhörlich der Gefahr der Überschwemmung ausgesetzt, welche durch jede gewaltige Meeresflut, am meisten aber durch Eisversperrungen in den Flüssen am Ende der Winterzeit hervorgerufen wird. Daher die zahlreichen schrecklichen Verheerungen durch das Wasser, welche in der niederländ. Geschichte verzeichnet sind.
Daher aber auch die zahlreichen trefflichen Deiche und Wasserbauwerke, durch welche die niederländ. Ingenieure weltberühmt sind und zufolge deren bedeutende Überschwemmungen denn auch selten geworden sind. (S. die Deichkarte, Bd. 4, S. 881.) Gegen das Meer ist das Land durch die Dünen, eine Reihe natürlicher Sandhügel (welche von Nordfrankreich bis Kap Skagen in Dänemark [* 22] sich erstreckt), und, wo diese unterbrochen ist, durch kostspielige Deiche geschützt.
Das südl. Niederland ist eine Fortsetzung der großen sandigen Heide, die sich von der Ostsee durch Brandenburg, [* 23] Lüneburg [* 24] und Westfalen [* 25] bis an die Schelde erstreckt, nur durch die fruchtbare Betuwe, das zwischen der Waal und dem eigentlichen Rhein gelegene Land der alten Bataver, unterbrochen wird und sich dann über Nordbrabant ausdehnt. Südwärts erstreckt sich das aus Heide, Sand und Morast bestehende Peel- oder Kempenland bis tief in das ehemalige Bistum Lüttich. [* 26]
Das Klima ist in den höher liegenden südöstl. Gegenden sowie auch in Geldern, Utrecht, [* 27] Oberyssel und Drenthe gesund, während in Seeland, Holland und Friesland die Unbeständigkeit der Witterung und die stehenden Gewässer Fieberkrankheiten verursachen. Den meisten Landbau haben Seeland und Groningen; schöne Wiesen und Viehweiden giebt es besonders in Holland und Friesland. Die wilde Flora ist fast ganz die des nordwestl. Deutschlands, [* 28] aber durch intensive Kultur sehr zurückgedrängt.
Bevölkerung. [* 29] Die Niederlande haben (1892) 4609576 (2309547 männl., 2360029 weibl.) E., d. i. 141 E. auf 1 qkm, darunter 2728125 Protestanten, 1596482 Katholiken und 97324 Israeliten. Die ländliche Bevölkerung beträgt 32,2, die städtische (in den 21 Orten mit mehr als 20000 E., namentlich in Holland) 67,8 Proz. Am dichtesten besiedelt sind die beiden Holland, dann Utrecht, Groningen, Limburg; [* 30] am schwächsten Drenthe. Die Bewohner sind german. Stammes: Franken, Sachsen [* 31] und Friesen.
Eine Berufszählung fehlt. Im Ausland geboren waren (1890) 47888 Personen, darunter 28767 in Deutschland [* 32] und 13697 in Belgien. [* 33] Der Überschuß der Geburten betrug (1894) 66752; Inländer wanderten aus 1146 (nur nach Nordamerika), [* 34] im ganzen aber aus holländ. Häfen 15138. Die prot. Bevölkerung gehört zum allergrößten Teile der reform. Kirche an; Lutheraner, Arminianer, Mennoniten, Herrnhuter und andere kleine Religionsparteien zählen zusammen an 533000 Seelen.
Die Angelegenheiten der Reformierten erhalten durch die Allgemeine Synode, unter welcher 10 Provinzial-Kirchenregierungen und 1347 Kirchspiele stehen, ihre oberste Leitung. Die Katholiken, die in Brabant und Limburg vorwiegen und selbst noch in Nordholland, Geldern, Südholland und Oberyssel ansehnliche Teile der Bevölkerung bilden, machen eine einzige «kirchliche Provinz» aus, die seit 1853 in fünf Diöcesen zerfällt: das Erzbistum Utrecht und die Bistümer Haarlem, [* 35] Herzogenbusch, Breda und Roermond. Außerdem haben noch die Altkatholiken (Jansenisten, s. d.) ein eigenes Kirchenwesen, dem ein Erzbischof zu Utrecht und zwei Bischöfe zu Haarlem und Deventer vorstehen, obgleich die Zahl derselben in 26 Gemeinden nur 7687 beträgt. Die Israeliten haben im ganzen 178 Gotteshäuser.
Kolonien. Die Niederlande sind als Besitzerin der ostind. Inselwelt eine der wichtigsten Kolonialmächte der Erde, doch ist das Mutterland nicht im stande, seinen Besitz auch wirtschaftlich zu beherrschen. Die ostind. Besitzungen (Näheres s. Niederländisch-Ostindien) bedecken 1,873 Mill. qkm mit rund 36 Mill. E. Westindien [* 36] besteht aus dem Gouvernement Curaçao mit Aruba, Bonaire, St. Martin, Saba und St. Eustatius und aus Niederländisch-Guayana (s. Guayana), d. i. das Gouvernement Surinam mit insgesamt 130230 qkm und 120000 E.
Landwirtschaft und Fischerei. [* 37] In einem nach Flächeninhalt so beschränkten und doch stark bevölkerten Küstenlande, das seine Hauptrichtung auf den Seehandel genommen hat, kann die Landeskultur nicht bedeutend sein, dennoch hat sie große Anerkennung erworben. Die Landschaft von Haarlem nach Amsterdam [* 38] und von Amsterdam nach Utrecht gleicht einem unermeßlichen Garten. [* 39] Die schönsten Teile von Nordholland waren bis zum Anfang des 17. Jahrh. Seen, sind aber in fruchtbares Land verwandelt worden. Noch sind weite Flächen, die als Ried, Moor u. s. w. daliegen (etwa 21 Proz. der Bodenoberfläche), der Landwirtschaft ¶
bisher nicht nutzbar geworden, namentlich in Drenthe und der Veluwe. Es giebt 582485 Grundbesitzer mit einem Gesamtbesitz von 3299992 ha, darunter aber 412267 mit Grundstücken, wofür die Grundsteuer weniger als 25 Fl. beträgt. Von den übrigen bezahlen 6882: 1000‒5000 Fl., nur 407 über 5000 Fl. 1891 hatten 96288 Besitzer ihren Boden in eigenem Betrieb, darunter 83405 mit Grundstücken kleiner, 12883 mit Grundstücken größer als 20 ha, dagegen gab es 70145 Pächter, 57594 mit Grundstücken kleiner, 12551 mit Grundstücken größer als 25 ha. Besitzer, welche über 100 ha in Betrieb hatten, gab es 126, Pächter 80. Es werden zwar alle Getreidearten, doch nicht in hinreichender Menge gewonnen.
Diese nahmen 1893 eine Fläche von 441051 ha ein, während für die Kultur von Kartoffeln 151970, von Buchweizen 38099, Bohnen 38914, Erbsen 24161, Ölfrüchten 7354, Flachs 13529, Runkelrüben 28379, Tabak [* 41] 617 und Krapp 792 ha in Anspruch genommen wurden. Auch die sehr wichtige Blumenzwiebelkultur erstreckt sich besonders südlich von Haarlem über eine bedeutende Fläche. Die fruchtbarsten Gegenden des Landes aber, die Marschen, eignen sich mehr zur Viehzucht [* 42] als zum Feldbau; 34,5 Proz. des Landes werden durch Wiesen eingenommen, 26,2 Proz. sind Ackerland.
Die Viehzucht und vorzugsweise die Rindviehzucht (1½ Mill. Rinder) [* 43] befriedigt nicht nur sehr reichlich den Bedarf des Landes, sondern gestattet auch eine sehr bedeutende Ausfuhr an Schlachtvieh (jährlich über 200000 Stück) und besonders an Butter (jährlich etwa 10 Mill. kg) und Käse (jährlich 29 Mill. kg). Pferde [* 44] gab es (1891) 271900; besonders die in Friesland zeichnen sich durch Größe, Stärke [* 45] und Ausdauer aus. Die Schafzucht (810600 Stück) ist nur in den sandigen Gegenden von Gelderland und Drenthe, vorzüglich auf der Insel Texel, beträchtlich.
Schweinezucht wird stark betrieben (987900 Stück). In den Seedünen halten sich zahllose verwilderte Kaninchen [* 46] auf. Hasen, wildes und zahmes Geflügel sind im Überfluß vorhanden, besonders verschiedene Wad- und Schwimmvögel. [* 47] An der Mündung der Maas brütet der Löffelreiher, die in Deutschland fast ausgerottete Bartmeise ist nicht selten. Die Bienenzucht [* 48] ist auf den Heiden in Geldern und besonders Drenthe nicht unbeträchtlich. Austern, Muscheln, [* 49] Garneelen, alle Sorten See- und Flußfische, namentlich Kabeljau, Schellfisch, Stint, Butten, Schollen, Lachs, Aal, Anchovis und Heringe, sind in Menge an den Küsten, in den Flüssen und Binnengewässern vorhanden.
Sehr wichtig ist daher die Fischerei, in der im J. 1894: 5151 Boote mit 17286 Mann beschäftigt waren. Allein der Heringsfang hatte 5,6 Mill. Fl. Wert. Austern wurden 18,6 Mill. Stück gewonnen. Auf Flüssen ist besonders bedeutend der Lachsfang; auf dem Markt zu Kralingen bei Rotterdam [* 50] wurden (1892) 65481 Lachse verkauft. Ausgeführt wurden 1892 an frischem Fisch 3571000 kg (2410000 nach Belgien, 540000 kg nach Deutschland), 333107 Tonnen gesalzene Heringe (276353 nach Deutschland), gesalzene Kabeljaus 83000, gedörrte Stockfische 18 Mill., Garneelen 2,3 Mill. (nach England 2,1 Mill.), Austern 1 Mill. (1890 sogar 4,2 Mill.), Anchovis etwa 70 Mill. Stück. – Den Mangel an Holz [* 51] ersetzt der Torf, welcher namentlich in Holland, Friesland und Drenthe in Menge gegraben wird. Die wichtigsten Mineralien [* 52] sind Seesalz, Thon und Pfeifenerde. Der Pietersberg bei Maastricht [* 53] versorgt das Land mit Bausteinen. ^[]
Industrie. Außer in einigen Gruben zu Limburg finden sich keine Steinkohlen. Besonders wegen dieses Mangels ist die Industrie nicht sehr bedeutend und sogar nicht im stande, die eigenen Kolonien zu versorgen. Berühmt sind die Segeltuchfabriken und die Werkstätten für Tauwerk in Rotterdam, Amsterdam, Gouda. Vorzügliche Leinenwaren werden in Leiden [* 54] und Brabant fabriziert. In der Tuchfabrikation, mit deren Erzeugnissen die Niederlande einst das stärkste Geschäft in Europa [* 55] machten, sind dieselben von Belgien längst überflügelt; doch liefern Leiden, Delft, Utrecht, Tilburg, Maastricht und Roermond immer noch ausgezeichnete Waren.
Auch die Baumwollmanufaktur hat sich seit 1830 mehr entwickelt, namentlich in Nord- und Südholland, Brabant und besonders in Oberyssel. Altberühmt ist die Lederfabrikation, und vorzüglich liefern Amsterdam und Maastricht das beste Sohlenleder. Ansehnlich ist die Seifenfabrikation (91 Betriebe). Porzellan liefert nur Amsterdam, Delft dagegen hat gute Fayencefabriken, und Gouda ist noch immer bekannt durch seine, freilich in der jüngern Zeit von der Cigarre stark aus dem Gebrauche zurückgedrängten holländ. Thonpfeifen.
Papiermühlen bestehen besonders bei Zaandam und in der Veluwe. Auf dem Betriebe des Seehandels beruht hauptsächlich der starke Absatz der 514 Branntwein-, namentlich der Wacholder- oder Geneverbrennereien; Schiedam allein hat deren über 300, doch ist hier diese Industrie in der letzten Zeit stark zurückgegangen. Außerdem sind mit dem Seehandel verknüpft die großen Tabakfabriken, besonders zu Amsterdam und Rotterdam, die Stearinkerzenfabriken zu Gouda, Amsterdam und Schiedam und die 30 Zuckerfabriken. Großen Aufschwung nimmt die Kakaofabrikation. Brauereien bestehen 514.
Handel. Seit fünf Jahrhunderten findet die Industrie der Niederlande ihren Mittelpunkt im Seehandel. Zur Beförderung dieses Zwecks wurde für den ind. Handel 1824 die königl. Niederländische [* 56] Handelsgesellschaft (Matschappij) gestiftet, welche als ausschließlicher Agent der Regierung alle Produkte der Regierungskulturen (s. Java) in Indien auf den europ. Märkten zu verkaufen hat. Andere große Aktiengesellschaften sind die Deli-Gesellschaft, welche in Deli (Ostsumatra) höchst bedeutende Tabakpflanzungen hat, die Billiton-Gesellschaft, welche die Zinnbergwerke Billitons in Betrieb hat, die Afrikanische Gesellschaft u. s. w. Außer zahlreichen Versicherungsgesellschaften befördert die Niederländische Bank (s. d.), eine der wichtigsten Kreditanstalten Europas, den Verkehr.
Die Niederlande haben Freihandel; es bestehen nur einige niedrige Zölle fiskalischen Charakters. Man berechnet den Wert der Einfuhr zum Verbrauch auf (1894) 1461, den der Ausfuhr eigener Erzeugnisse auf 1115 Mill. Fl.; sehr bedeutend ist auch die Durchfuhr von und nach Belgien und Westdeutschland. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind Getreide und Mehl [* 57] (für 260 Mill. Fl.), Spezereien (203), Eisen [* 58] und Stahl (135), Textilwaren (85), Kupfer [* 59] (48), Kohlen (44), Zucker [* 60] (41), Reis (36), Kaffee (34), Holz (33), Sämereien (27) und Margarine (für 21 Mill. Fl.). In der Ausfuhr stehen obenan Spezereien (für 133 Mill. Fl.), Getreide u. s. w. (133), Eisen und Stahl (92), Textilwaren (86), Margarine (50), Kupfer (46), Zucker (44), Gemüse (22), Papier (21) und Felle (für 18 Mill. Fl.). Die wichtigsten Verkehrsländer (Werte in Millionen Gulden) zeigt folgende Tabelle (1894): ¶
Verkehrsländer | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
Deutschland | 287 | 557 |
Großbritannien | 246 | 260 |
Belgien | 161 | 155 |
Niederländisch-Ostindien | 225 | 54 |
Verein. Staaten | 132 | 22 |
Brit.-Ostindien | 44 | 1 |
Rußland | 175 | 5 |
Rumänien | 34 | – |
Spanien | 29 | 1 |
Frankreich | 22 | 12 |
Andere Länder | 91 | 48 |
Auf Genuß- und Nahrungsmittel [* 62] entfallen 440 Mill. Fl. in der Einfuhr, 384 in der Ausfuhr, auf Rohstoffe 526 und 366, auf Fabrikate 239 und 237, auf Edelmetalle 14 und 3, auf verschiedene Waren 241 und 125 Mill. Fl. Die bedeutendsten Handelsplätze sind Amsterdam und Rotterdam, dann folgen Vlissingen, Terneuzen, Harlingen, Dordrecht, [* 63] Schiedam, Delfzijl. Im ganzen liefen (1894) 9048 Schiffe [* 64] mit Ladung, 705 mit Ballast ein mit zusammen 19,56 Mill. cbm Tonnengehalt. Holländ. Flagge führten 2817 Schiffe. Die Handelsflotte zählte Ende 1894: 424 Segler und 157 Dampfer. Der Küstenverkehr ist unbedeutend. Für den innern Verkehr sind neben den Landstraßen (12024 km) und den Eisenbahnen (s. Niederländische Eisenbahnen) die schiffbaren Flüsse [* 65] (etwa 4800 km) und das dichte Kanalnetz von 3067 km. Postbureaus bestehen 1277, die Telegraphen [* 66] sind nur zum Teil staatlich (Drahtlänge 19467 km).
Verfassung und Verwaltung. Das Königreich ist nach dem 1840, 1848, 1887 und zuletzt 1896 revidierten Grundgesetz vom eine eingeschränkte konstitutionelle Monarchie. Die Krone ist erblich in dem Hause des ersten Königs Wilhelm Ⅰ. dergestalt, daß immer die ältere Linie vor der jüngern, die männliche vor der weiblichen geht. Beim Erlöschen des Mannsstammes folgen zuerst die Töchter des zuletzt gestorbenen Königs; darauf nach dem Verwandtschaftsgrade seine übrigen weiblichen Verwandten oder ihre Nachkommen, die männlichen vor den weiblichen.
Die Zahl der Mitglieder der Zweiten Kammer ist nach dem Grundgesetz auf 100, die der Ersten auf 50 fixiert. Erstere werden direkt durch die Wähler, letztere aus den Höchstbesteuerten und den durch amtliche Stellung Ausgezeichneten gewählt durch die Provinzialstaaten. Das Grundgesetz macht das Wahlrecht von gewissen, durch das neue Wahlgesetz, das von der Zweiten Kammer angenommen wurde, näher bestimmten Bedingungen, die Fähigkeit und den Wohlstand der Wähler betreffend, abhängig (s. unten, Geschichte). Dem König steht ein verantwortliches Ministerium zur Seite. Außerdem giebt es einen Staatsrat, eine Allgemeine Rechnungskammer, einen Obersten Gerichtshof (Hooge Raad) und einen Obermilitärgerichtshof zu Utrecht.
Die 11 Provinzen sind folgende:
Provinzen | qkm | Einw. 1894 |
---|---|---|
Nordbrabant | 5128 | 528718 |
Drenthe | 2663 | 139148 |
Friesland | 3320 | 337765 |
Geldern | 5081 | 534737 |
Groningen | 2298 | 285780 |
Nordholland | 2770 | 906136 |
Südholland | 3022 | 1041865 |
Limburg | 2204 | 268592 |
Oberyssel | 3345 | 310299 |
Seeland | 1785 | 207228 |
Utrecht | 1384 | 235378 |
An der Spitze der Provinzialverwaltung steht der von der Staatsregierung ernannte königl. Kommissar, der neben sich die Provinzialstaaten und einen ständigen Ausschuß aus denselben hat. Auch in den Gemeinden wird der Bürgermeister von der Staatsregierung ernannt, der mit dem Gemeinderat die Verwaltung leitet. Die Wahlberechtigung für die Gemeinderäte und Provinzialstaaten ist von denselben Bedingungen abhängig als die für die Zweite Kammer der Generalstaaten. ^[]
Die Gerichtspflege wird ausgeübt von 106 Kantonalgerichten, 23 Distriktstribunalen, 5 Obergerichten und dem Kassationshof (Hooge Raad) im Haag. [* 67] Die 31 Gefängnisse beherbergten (1892) 2209, die Detentionshäuser 716 Personen. Die Polizei zerfällt in die staatliche Gendarmerie, die Reichs- und die Gemeindepolizei. Das Wappen zeigt den gekrönten goldenen Löwen [* 68] der Dynastie Nassau im blauen, mit goldenen Schindeln bestreuten Felde; in den Branken hält der Löwe ein Schwert und ein Pfeilbündel. Schildhalter sind zwei gekrönte Löwen,stehend auf einem blauen Bande mit der Devise «Je maintiendrai». Das Ganze deckt die Königskrone. Die Landesfarben sind Rot, Weiß, Blau. (S. Tafel: Flaggen [* 69] der Seestaaten, Bd. 6, S. 862.) Niederländ. Ritterorden sind der Militär-Wilhelmsorden (s. Wilhelmsorden), der Orden [* 70] vom Niederländischen Löwen (s. Löwenorden) und der Orden von Oranien-Nassau (s. d.).
[* 61] ^[Abb. Wappen [* 71] der Niederlande]
Finanzen. Die jetzige Staatsschuld der Niederlande stammt erst aus der Zeit der Batavischen Republik, indem infolge der Bestimmungen des Grundgesetzes von 1798 alle Schulden sowohl der Generalstaaten als der unterschiedenen Provinzen der ehemaligen Republik der Vereinigten [* 72] Niederlande zu einer einzigen nationalen Staatsschuld vereinigt wurden. Zur Zeit der franz. Nebenherrschaft wurde 1810 die Rente auf ein Drittel herabgesetzt. Bei der Wiederherstellung des niederländ. Staates ward nun, wie bis jetzt nur ein Drittel der Rente gezahlt war, so fürs erste nur ein Drittel der Schuld als wirkliche zinstragende, die übrigen zwei Drittel als aufgeschobene (uitgestelde) Schuld anerkannt; jährlich sollten nun 2 Millionen der wirklichen Schuld abgetragen und ebenso viele von der aufgeschobenen an ihre Stelle treten. Höchst bedenklich ward die Finanzlage um 1840 infolge schlechter Verwaltung, insbesondere aber des langjährigen Kriegszustandes gegenüber Belgien. Die energische Maßregel van Halls (1843) und die darauf folgende treffliche Verwaltung brachten durchgreifende Besserung. Von 1850 bis 1889 minderte sich die Schuld um 155,8 Mill. Fl. Das Budget für 1896 zeigt folgende Zahlen (in Millionen Gulden):
Einnahmen
Grundsteuer | 11,91 |
---|---|
Personalsteuer | 11,71 |
Kapitalsteuer | 6,87 |
Einkommensteuer | 4,52 |
Accise auf Spirituosen und anderes | 42,40 |
Stempel, Erbsteuer u. s. w. | 19,82 |
Zölle | 5,81 |
Domänen | 2,36 |
Post und Telegraph | 9,23 |
Lotsengelder | 1,40 |
Eisenbahnen | 3,95 |
Verschiedenes | 8,39 |
Königl. Haus | 0,80 |
---|---|
Kabinett | 0,67 |
Ministerium des Auswärtigen | 0,83 |
Justiz | 5,35 |
Inneres | 13,87 |
Marine | 15,76 |
Krieg | 23,79 |
Staatsschuld | 35,02 |
Finanzen | 19,41 |
Kolonien | 1,40 |
Öffentliche Arbeiten | 21,40 |
Unvorhergesehenes | 0,05 |
¶
Für die ostind. Kolonien besteht ein besonderes Budget. Im ganzen stehen nach dem Voranschlag für 1896 den Einnahmen von 132 Mill. die Ausgaben mit 140 Mill. Fl. gegenüber. Die Staatsschuld von 1110,7 Mill. erfordert jährlich 35 Mill. Zinsen und Amortisation. Die wichtigsten Anleihen sind die 2½prozentige von 629 Mill., die 3prozentige von 93 und die 1891 konvertierte 3½prozentige von 378 Mill. Fl. Papiergeld kursiert im Werte von 15 Mill. Fl.
In betreff des Armenwesens hat der Staat, d. i. hier hauptsächlich die Gemeinde, unmittelbar nur dann einzugreifen, wenn die Wohlthätigkeitsinstitute versagen; besonders, wenn auch nicht ausschließlich, kommen ärztliche Hilfe, Kranken- und Irrenpflege hier in Betracht. Für die regelmäßige Armenpflege kennt das Gesetz die bürgerlichen Wohlthätigkeitsinstitute, welche die Gemeinde unter ihrer Obhut hat und wofür sie beisteuert, die der Kirchengemeinden, die privaten und die gemischten. 1890 wurden unmittelbar von den Gemeinden 12304, von den bürgerlichen und gemischten Instituten 76200, von den kirchlichen 115378, von den privaten 9558, weiter von Instituten für verschämte Arme 30303, zusammen 243743 Personen, d. i. nicht weniger als 5,34 Proz. (1894: 4,38 Proz.) der Gesamtbevölkerung, zeitweise oder dauernd unterstützt. Bettler und Vagabunden können Reichsarbeitsanstalten überwiesen werden.
Unterrichtswesen. Das Volksschulgesetz von 1857 weist nach seiner letzten Abänderung vom Dez. 1889 dem Privatunterricht einen bedeutenden Spielraum an. Für den öffentlichen konfessionslosen Unterricht tragen Staat und Gemeinde gemeinschaftlich, jeder zur Hälfte, die Kosten. Private Elementarschulen jeder Konfession bekommen Zuschüsse aus der Staatskasse. Es bestehen (1893/94) 3022 öffentliche, 1351 private Elementarschulen mit 13833 und 5927 Lehrern, 473951 und 209578 Kindern; dazu kommen 135 öffentliche, 870 private Kindergärten mit 800 und 2550 Lehrkräften und 24273 und 82516 Kindern. Es giebt 6 staatliche Lehrerseminare, 3 von Gemeinden errichtet, 3 private Lehrerinnenseminare, weiter 97 kleinere staatliche und 4 private Normalschulen.
Der Mittelunterricht umfaßt 38 sekundäre Tages- und Abendschulen für den Handwerkerstand, 42 professionelle Zeichen- und Industrieschulen, 14 Handwerksschulen, 4 weibliche Industrieschulen mit zusammen 10779 Schülern und 787 Lehrern; der Mittelunterricht zur Vorbereitung für höhere Berufsarten umfaßt 73 sog. höhere Bürgerschulen mit 8199 Schülern und 940 Lehrern; die meisten derselben werden von den Gemeinden mit Subsidien aus der Staatskasse unterhalten, doch giebt es einige staatliche (Reichs-) höhere Bürgerschulen.
Höhere Töchterschulen, von Gemeinden errichtet, giebt es 12 mit 1404 Schülerinnen. Höhere Fachschulen, vom Staate unterhalten, sind das Polytechnikum zu Delft mit 325 Studenten und die landwirtschaftliche Akademie in Wageningen mit 52 Schülern. Weiter giebt es 11 Schiffahrtsschulen mit 453, 3 für Taubstumme mit 462 und eine für Blinde mit 60 Schülern, eine für Civildienst in Ostindien [* 74] zu Delft, zwei Normalschulen für Zeichenlehrer in Amsterdam (Staatsinstitut) und im Haag, und eine königl. Musikakademie im Haag.
Zum höhern Unterricht werden gerechnet die 29 Gymnasien mit 2499 Schülern und 431 Lehrern, die drei Reichsuniversitäten zu Leiden, Utrecht, Groningen, die Universität der Gemeinde Amsterdam, die sog. Freie (Calvinistische) Universität zu Amsterdam. Weiter giebt es Seminare für die Kirchenlehrer der kleinern religiösen Gemeinden. In Amsterdam ist die Reichskunstakademie. Für den Militärunterricht sind besonders von Bedeutung die Kadettenschule in Alkmaar und die Militärakademie in Breda. – Die Volksbildung steht auf keiner hohen Stufe; 1894 konnten 5 Proz. der Rekruten nicht schreiben und lesen (in der Provinz Nordbrabant sogar 9,7 Proz.). Von den Kindern zwischen 6 und 12 Jahren blieben 10 Proz. (gegen 12,7 Proz. im J. 1884) ohne Elementarunterricht.
Das Zeitungswesen ist sehr entwickelt; manchmal haben sogar Dörfer ihre Zeitung mit polit. Nachrichten. Die Zahl im ganzen Lande beträgt etwa 368, darunter 55 täglich, 132 mehrmals wöchentlich, 181 einmal wöchentlich erscheinende. Das meist verbreitete Tageblatt ist «Nieuws van den Dag» (seit 1870) mit etwa 37000 Abonnenten; es ist gemäßigt liberal und hat, wie früher die «Oprechte Haarlemmer», die meisten Familienannoncen. Das einflußreichste Organ ist die «Nieuwe Rotterdamsche Courant» (gegründet 1843),
darauf folgen «Algemeen Handelsblad» (s. d.),
«Telegraaf» (1893),
beide in Amsterdam, und das «Utrechtsche Dagblad» (1797),
welche zweimal täglich erscheinen, das im Haag erscheinende «Vaderland» und die («Arnhemsche Courant»; diese alle sind liberaler Richtung. Die «Arnhemsche Courant» (errichtet 1814) war vor 1848 das liberale Hauptorgan. Das «Vaderland» wurde 1869 gegen das altkonservative «Dagblad» (1708) gegründet. Erwähnung verdienen noch als liberale Organe die «Provinciale Groninger Courant» und «Middelburger Courant». Das Hauptorgan der antirevolutionären Partei ist der «Standaard» (1872),
redigiert von dem Führer der Partei, Dr. A. Kuyper. Nachdem aber infolge der Wahlvorlage die liberale und besonders die antirevolutionäre Partei sich entzweit hat, ist 1894 die zu Rotterdam erscheinende «Nederlander» unter Redaktion Favornin Lohmans gestellt und dadurch in die Reihe der bedeutendsten polit. Zeitungen getreten. Die trefflichst redigierte kath. Zeitung ist die in Amsterdam erscheinende «Tijd» (1846); weiter giebt es «Het Centrum», welche als das Organ Schaepmanns betrachtet wird, «De Maasbode» u. a. Unter den radikalen Blättern steht in erster Reihe «De Amsterdammer» (1879),
unter den socialdemokratischen, deren es 11 giebt, das von Domela Nieuwenhuis redigierte «Recht voor allen». Frauenzeitungen giebt es etwa 6, illustrierte Blätter etwa 12, humoristische 4. Mit polit. Fragen beschäftigen sich auch die monatlichen Revuen «De Gids», die bedeutendste, und «De Tijdspiegel». Die «Vragen des tijds» behandeln fast ausschließlich polit. und volkswirtschaftliche Fragen; letztere auch «De Economist» und das «Sociaal Weekblaad». Mehr litterarisch ist das Wochenblatt «De Amsterdammer», mit trefflichen Zeichnungen und Karikaturen.
Fast ausschließlich litterarisch ist «De Spectator» im Haag, lange Zeit das erste, wenn nicht das einzige derartige Organ; ferner «De Kunstwereld» für schöne Künste, «Caecilia» für Musik, «Het Museum» in Groningen für histor. und litterar. Arbeiten. Außer den strengen Fachzeitschriften sind wissenschaftlichen Inhalts: «De Natuur», «Het Album der Natuur», «Maandblad voor Natuurwetenschappen», «Tijdschrift voor Geneeskunde», «Rechtsgeleerd Magazijn» u. a. ¶
Das Zeitungswesen ist mit der Unabhängigkeit des Landes aufgekommen. Die ersten Blätter, welche polit. Nachrichten brachten, erschienen in Amsterdam und Leiden im Anfang des 17. Jahrh. Die ersten derartigen Blätter aber, welche periodisch erschienen, wurden in Amsterdam seit von Broer Jansz herausgegeben. Am wurde die «Oprechte Haarlemsche Courant» errichtet, welche bis jetzt noch besteht und sich sogar nach starkem Zurückgang wieder erholt hat; sie nimmt den Tagesfragen gegenüber eine neutrale Stellung ein.
Des größten Ansehens erfreute sich im vorigen Jahrhundert die französisch geschriebene, 1677 errichtete sog. «Gazette de Leide», welche seit 1723 von der eingewanderten franz. Hugenottenfamilie Lusac redigiert wurde; 1809 ist sie eingegangen. Den größten Aufschwung verdankt das Zeitungswesen der Aufhebung des Zeitungsstempels (1869). – In Niederländisch-Ostindien giebt es etwa 20 Zeitungen. Die bedeutendsten sind «Het Bataviasche Nieuwsblad», «Het Bataviasche Handelsblad», welche in Batavia, [* 76] und «De Javabode», welche in Samarang erscheint.
Litteratur zur Geographie und Statistik. D’Amicis, Nederland en zijne bewoners (2. Aufl., Leid. 1877);
J. Heemskerk, De Praktijk onzer Grondwet (2 Tle., Utrecht 1881);
Rijkens, Aardrijkskunde van Nederland (8. Aufl., Groning. 1888);
Penck, Die Niederlande, Belgien und Luxemburg (in Kirchhoffs «Länderkunde von Europa», Bd. 2, Wien [* 77] 1889);
Blink, Nederland en zijne bewoners (Amsterd. 1889 fg.);
J. Oppenheim, Handboek voor de beoefening van het nederl.
Gemeenterecht (5. Aufl., Groning. 1890);
Niederlande G. Pierson, Leerboek der Staathuishoudkunde (Haarl. 1890);
J. P. Sprenger van Eyk, De Rijks- en gemeentebelastingen in Nederland (Haag 1891);
Schuiling, Aardrijkskunde van Nederland (3. Aufl., Zwolle 1891);
Jaarcijfers over 1892 en vorige jaarn (Amsterdam);
Baedeker, Belgien und Holland (20. Aufl., Lpz. 1894).
Geschichte. Die Niederlande waren zu Cäsars Zeiten größtenteils von german. Völkerschaften bewohnt. So hatten die Bataver (s. d.) und Caninefaten das Land zwischen dem Rhein, der Waal und der Maas inne, während die ebenfalls german. Friesen mehr nördlich an der Seeküste wohnten. Im 5. Jahrh. geschieht nur noch dreier Nationen Erwähnung, der Franken im Süden, der Friesen im Norden, [* 78] der Sachsen im Osten. Die beiden letztern wurden von den erstern unterjocht, und alle drei gehörten zum Reiche Karls d. Gr. Nach mehrern Teilungen dieses Reichs kam zuletzt im Vertrag zu Mersen 870 das Reich Lothars Ⅱ. (Lothringen und Friesland), das auch alle niederländ. Gebiete außer dem spätern Westflandern und Artois umfaßte, großenteils an das östl. Reich (Deutschland).
Nur auf kurze Zeit 911‒924 hielt Lothringen zu Frankreich. Unter Einfluß des Lehnswesens bildeten sich hier wie überall viele fast unabhängige Fürstentümer, so in Südniederland das Herzogtum Brabant und die Grafschaft Flandern; in Nordniederland die Grafschaft Geldern (später Herzogtum), die Grafschaft Holland und Seeland und das Stift Utrecht. Die Vereinigung aller dieser Länder gelang im 14. und 15. Jahrh. den burgund. Herzögen aus dem Hause Valois und deren Erben aus dem Hause Habsburg, in dessen Besitz sie durch die Vermählung der burgund. Prinzessin Maria (s. d.) mit dem spätern Kaiser Maximilian Ⅰ. 1477 kamen. (S. Burgund, Geschichte.)
Unter der Verwaltung der Habsburger nahmen die Niederlande einen mächtigen Aufschwung. Insbesondere wirkte Kaiser Karl V. im Interesse des Landes. Nachdem er 1543 Geldern und Zütphen erobert und Frankreich gezwungen hatte, auf das Lehnsrecht über Westflandern und Artois zu verzichten, vereinigte er alle 17 Provinzen, die größtenteils bereits 1512 von Maximilian zu dem Burgundischen Kreis (s. d.) zusammengefaßt waren, 1548 noch enger miteinander, eximierte sie von den Reichsgerichten und regelte im Verein mit den Ständen des Landes 1549 das Erbrecht in allen Provinzen auf gleicher Grundlage.
Das Bestreben des Kaisers, die einzelnen Provinzen der Niederlande zu einem mächtigen Staate zu verschmelzen, wurde durch den aus der Reformation hervorgegangenen Zwiespalt vereitelt. Ein ansehnlicher Teil des niederländ. Volks hatte die neue Lehre [* 79] angenommen, die Karl Ⅴ. und besonders dessen Sohn, Philipp Ⅱ. von Spanien, [* 80] schonungslos wieder auszurotten suchten. Aber die Großen des Landes, besonders Oranien, Egmond und Hoorn, zwangen 1564 den König, seinen verhaßten Günstling, den Kardinal Granvella, aus den Niederlande zu entfernen.
Später verband sich auch der niedere Adel in dem sog. Kompromiß von Breda und überreichte der Oberstatthalterin Margareta von Parma [* 81] eine Bittschrift um Abstellung der Edikte gegen die Ketzer (1566). Endlich im Aug. 1566 begann das Volk den Angriff gegen die kath. Kirchen und die Vernichtung der Bilder. 1567 schickte König Philipp den Herzog Alba [* 82] (s. d.) ab, um die kirchliche Bewegung zu dämpfen. Die Hinrichtung vieler Tausende, darunter die Angesehensten des Landes, Egmond und Hoorn, schüchterte zwar das Volk ein; aber um den geflüchteten Prinzen Wilhelm Ⅰ. von Oranien sammelten sich eine große Anzahl von Verbannten, die sich seit dem Herbste 1567 vornehmlich zur See als sog. Geusen (s. d.) gefürchtet machten.
Nach vergeblichen Versuchen von seiten Oraniens und seines Bruders Ludwig von Nassau, mit einem Landheere im Mai und Juni sowie im Okt. 1568 die Spanier aus den Niederlande zu vertreiben, gelang es 1572 den Geusen unter dem Grafen von der Mark, sich des Hafens Briel und darauf der meisten Städte Hollands und Seelands zu bemächtigen. Die Aufständischen erkannten Oranien, den frühern königl. Statthalter dieser Provinzen, als ihr gesetzmäßiges Oberhaupt an; im Süden wurde von Frankreich aus die starke Festung [* 83] Mons [* 84] von Ludwig von Nassau überrumpelt, doch unterwarf Alba die meisten dieser Plätze bis zum Frühjahr 1573 wieder; Haarlem mußte nach siebenmonatiger tapferer Verteidigung kapitulieren. Alkmaar aber leistete erfolgreichen Widerstand, und Leiden überstand heldenmütig eine zweimalige vielmonatige Belagerung.
Obgleich inzwischen Ludwig von Nassau mit fast seiner ganzen (deutschen) Armee in der Schlacht auf der Mooker-Heide umgekommen war, dauerte doch nach dem Entsatz von Leiden der Aufstand in Holland und Seeland weiter auch gegen Albas Nachfolger, Ludwig de Requesens y Zuniga, der eine mildere Politik beobachtete. Als nach dem plötzlichen Tode des letztern 1576 die Meuterei der span. Soldaten auch die südl. Provinzen zur Verzweiflung trieb, wußte Oranien durch den Vertrag von Gent [* 85] (s. Genter Pacifikation) die übrigen Provinzen mit Holland und Seeland zu verbinden und dem neuen Statthalter Johann von Österreich [* 86] die ¶