die Gesamtheit der
Nerven
[* 3] (s. d.), zerfällt beim
Menschen und den höhern
Tieren in
das animale Nervensystem, welches aus dem
Gehirn
[* 4] und Rückenmark und den von diesen entspringenden
Nerven besteht und die mit
Bewußtsein
verbundenen Erscheinungen der Empfindung und
Bewegung vermittelt, und in das vegetative oder sympathische Nervensystem, welches den
ohne Einfluß des
Bewußtseins vor sich gehenden Thätigkeiten der
Ernährung und
Absonderung und den damit
verbundenen unwillkürlichen
Bewegungen vorsteht (s.
Sympathicus nervus).
Beide
Systeme bestehen nicht unabhängig nebeneinander, sondern greifen vielfach ineinander über und verbinden sich häufig
durch gegenseitigen Austausch von
Nervenfasern. An beiden
Systemen unterscheidet man einen centralen und einen peripherischen
Teil. Das centrale Nervensystem besteht bei den Wirbeltieren aus dem
Gehirn (s. d.) und Rückenmark (s. d.),
das peripherische aus den vielfach verzweigten Nervenfäden, welche die verschiedenen peripherischen Organe mit dem Centrum
dieses Nervensystem verbinden.
In dem vegetativen oder sympathischen Nervensystem wird der Centralteil von den sog.
Nervenknoten oder
Ganglien (s. d.), der peripherische dagegen von den Fasern
des sympathischen
Nerven gebildet.
Bei den Wirbellosen ist die
Anordnung des centralen Nervensystem wesentlich anders, aber bei den einzelnen
Klassen sehr verschieden.
Bei den
Manteltieren findet sich nur ein einfaches rundliches
Ganglion auf der
Strecke zwischen Mund und
After.
Bei den Molluskoiden
verhält es sich in beiden
Klassen sehr verschieden.
Bei denArmfüßern findet sich um den
Schlund ein Nervenring
(Schlundring), der oberhalb schwächere, unterhalb stärkere gangliöse Anschwellungen zeigt; von den erstern gehen starke
Nerven in die
Arme, von den letztern ebenfalls zu den
Armen, in den Mantel und zu den Schließmuskeln.
Bei denMoostierchen liegt ein
Nervenknoten zwischen Mund und
After, der besonders die
Tentakel innerviert.
Bei manchen Formen ist ein Zusammenhang zwischen den Ganglienknoten der Einzeltiere, die die
Kolonie bilden, entdeckt und
als Kolonialnervensystem beschrieben worden. Von allen wirbellosen
Tieren haben die
Kopffüßer das am höchsten entwickelte
centrale Nervensystem, das in einer schädelartigen Knorpelkapsel eingebettet, einen zu einem
Wulst entwickelten
Schlundring darstellt.
Die obere
Masse desselben ist besonders stark entwickelt und entsendet die
Nerven zu den Sinnesorganen. Die
Sehnerven bilden
vor dem Eintritt in das
Auge
[* 5] eine große Anschwellung, die als
Sehganglion bezeichnet wird. Von den untern
Teilen des
Schlundrings
entspringen die
Nerven für die
Eingeweide,
[* 6] Kiemen, den
Trichter und den Mantel, in letzterm treten sie
jederseits an ein besonderes
Ganglion, dem Sternganglion. Weitere kleinere
Ganglien finden sich an den großen
Gefäßen, Kiemen
und zwischen den
Eingeweiden.
Bei den übrigen kopftragenden Mollusken
[* 7] finden sich drei Ganglienpaare, das des
Kopfes, des Fußes und der Kiemen, die durch
Nervenstränge miteinander verbunden sind. Ähnlich ist das centrale Nervensystem
bei den Muscheltieren,
nur ist der dem Kopfteil entsprechende
Abschnitt bei fehlendem
Kopf geringer entwickelt. Das centrale Nervensystem der
Gliederfüßer
leitet sich aus dem der
Würmer
[* 8] ab. Bei diesen ist im einfachsten Falle über dem
Schlund ein paariges
Ganglion vorhanden, das
bei den
Haarwürmern einen
Schlundring abgiebt.
Von dem
Ganglion entspringen verschiedene
Nerven, die die einzelnen Körperregionen versorgen; besonders zwei längere und
stärkere
Stränge, die rechts und links seitlich verlaufen.
Bei den Ringelwürmern rücken die Seitenstränge auf der Bauchseite
nahe zusammen und, entsprechend der Ringelung, tritt in jedem Segment an jedem Nervenstrang ein Ganglionknoten
auf, der sich mit seinem Gegenstück durch eine Nervenbrücke, die Querkommissur, verbindet. So kommt ein strickleiterförmiges
Bauchmark zu stande.
Nach diesem Schema ist auch das centrale Nervensystem der
Gliederfüßer gebildet: bei
Tausendfüßern und Insektenlarven (Raupen) ist
es dem der Ringelwürmer sehr ähnlich;
sobald aber die einzelnen Segmente des Körpers sich gruppenweise
durch
Arbeitsteilung zu den einzelnen Körperabschnitten (Kephalothorax,
Thorax, Abdomen) zusammenthun, erfahren die
Ganglien
des Bauchmarkes entsprechende Dislocierungen und bilden größere, scheinbar kompakte Ganglienmassen.
Die Verhältnisse,
in denen diese
Ganglien sich vereinigen, sind außerordentlich mannigfach; jedes Bauchmark kann 12 Ganglienpaare enthalten,
aber auch blos einen einzigen Nervenbrustknoten darstellen. Am höchsten entwickelt erscheint die im
Kopf gelegene Ganglienmasse oberhalb des
Schlundes bei gesellschaftlich lebenden
Hautflüglern,
Bienen und
Ameisen, die ja auch
von allen
Gliederfüßern in geistiger
Beziehung den höchsten Rang einnehmen.
Stadt in der ital.
Provinz und dem
Kreis
[* 9] Genua,
[* 10] an der Linie Genua-Spezia, östlich von Genua,
am
Meer und in äußerst fruchtbarer Umgebung gelegen, hat (1881) 3745, als Gemeinde 5486 E.
und ist der besuchteste Winterkurort der östl. Riviera.
Die Januartemperatur beträgt 7,8 °C. -
Vgl. Schetelig, Nervi und
seine Umgebungen (Frankf. a. M. 1890).
Symptome, auffallende
Störungen der Nerventhätigkeit, welche für sich allein oder im Verlaufe anderer
Krankheiten
auftreten.
Diese Begleiterscheinungen meist schwerer
Krankheiten sind mannigfachster Art, von leichten Delirien bis zur
Tobsucht,
von leichter
Schlafsucht bis zur tiefsten
Bewußtlosigkeit, von leichten Zuckungen einzelner
Muskeln
[* 12] bis zu den heftigsten
Krämpfen.
Man sagte dann früher meistens, die
Krankheit sei nervös geworden, und bezeichnete sie auch als
Nervenfieber. -
Der
AusdruckNervenfieber wird oft gleichbedeutend mit
Typhus (s. d.) gebraucht.
1) Kreis im westl. Teil des russ.-poln. Gouvernements Warschau,
[* 15] an der preuß.
Grenze, hat 1296,1 qkm, 81 348 E., Ackerbau und Schafzucht. - 2) Kreisstadt im Kreis Neschawa, links an der Weichsel
und an der Linie Skiernewice-Alexandrowo der Warschau-Wiener Eisenbahn, hat (1894) 3290 E., Post, Telegraph,
[* 16] zwei kath., eine
evang. Kirche, Synagoge;
die wie Flachs zubereitete Bastfaser der größeren Brennesselarten, welche vor der Einführung der Baumwolle
[* 32] zur Erzeugung von Garnen (Nesselgarn) und Geweben (Nesseltuch) diente;
die Nesseltuche sind meist ungebleichte
leinwandbindige Gewebe.
[* 33]
Häufig versteht man jedoch jetzt unter Nesseltuch mittelfeine und gröbere ungebleichte Baumwollzeuge,
welche meist zu Leibwäsche und zu Unterfutter in Kleidern benutzt und sonst als Shirting, Futter- oder Hemdenkattun bezeichnet
werden.
eigentümlich umgebildete Zellen der Oberhaut wirbelloser Tiere, die sich selten bei Schnecken
[* 34] und Würmern,
sehr häufig aber bei Cölenteraten finden.
Diese Zellen, Nesselzellen oder Knidoblasten genannt, enthalten eine Kapsel mit
feinem, nach außen vorspringendem Fortsatze des Protoplasmas, dem Knidocil. Im Innern der Kapsel ist eine halbe Blase mit
einem spiralig oder unregelmäßig aufgerollten hohlen Faden,
[* 35] dem Nesselfaden, der ein mit dem Kapselboden verbundenes und
ein freies Ende hat, an dem sich eine oder zwei spiralig angeordnete Reihen von Widerhäkchen befinden.
Dieser Hohlfaden kann mit großer Kraft aus der Kapsel willkürlich von dem Tiere hervorgeschleudert werden. Der Inhalt der
Blase und des hohlen Fadens ist ein sehr heftig wirkendes Gift, das das bekannte brennende oder nesselnde Gefühl erzeugt, das
man nach Berührung einer Qualle empfindet. Meist stehen die Nesselzellen an bestimmten Körperteilen in größerer Menge
zusammen und bilden sog. Nesselbatterien. Die Nesselorgane sind Waffen
[* 36] zur Verteidigung und zur Lähmung lebender
Beutetiere.
Von ihm wurden alle damals von den verbündeten Mächten erlassenen Noten und Erklärungen, an denen er bedeutenden Anteil
hatte, unterzeichnet, sowie auch der Pariser Friede vom Auf dem Kongreß zu Wien war er einer der einflußreichsten
Bevollmächtigten. 1816 zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten ernannt, begleitete er Alexander
I. auf die Kongresse zu Aachen, Troppau,
[* 47] Laibach
[* 48] und Verona.
[* 49] Der KaiserNikolaus erhob ihn 1829 zum Vicekanzler, 1844 zum Kanzler
des Reichs.
Den Glanzpunkt seiner Thätigkeit bildete die glückliche Leitung der auswärtigen Politik in den Angelegenheiten Griechenlands
und des OsmanischenReichs. Während der J. 1848 und 1849 führte Nesselrode die auswärtige Politik Rußlands in
zurückhaltender Weise, bis er den Augenblick gekommen glaubte, durch die Intervention in Ungarn
[* 50] Österreich an das russ. Interesse
zu knüpfen und der Revolution einen tödlichen Schlag zu versetzen. In der orient. Verwicklung von 1853 galt Nesselrode für
den Vertreter einer friedlichen Politik; doch gelang es ihm nicht, den Krieg abzuwenden. Nach Beendigung desselben zog er sich
im April 1856 von den Geschäften zurück und starb zu Petersburg.
[* 51] Eine Selbstbiographie N.s in franz. Sprache
[* 52] (deutsch,
Berl. 1866) wurde nach seinem Tode veröffentlicht. Die «Correspondance diplomatique
du comte Pozzo di Borgo, ambassadeur de Russie en France, et du comte de Nesselrode 1814-18» (Par. 1890) gab Graf Charles Pozzo di Borgo
heraus.
(Quaddeln, pomphi) sind nicht wassergefüllte Blasen, sondern bloß eine Erhebung des durch Ausschwitzungen (Ödem) geschwellten
Maschengewebes der Lederhaut, daher sie auch ohne alle Spuren wieder verschwinden. Bisweilen sind sie mit roten Knötchen
(den geschwollenen Hautbälgen) besetzt (Nesselfriesel). Die Nesselsucht bricht unter heftigem Jucken und Brennen aus, bleibt längere
oder kürzere Zeit stehen und ist entweder von Fieberbewegungen, dem Nesselfieber (Febris urticata), begleitet
oder verläuft fieberlos. In ersterm Falle ist meist der Ausschlag von größerer Ausbreitung, wobei sich zuweilen etwas Abschilferung
zeigt, in letzterm ist er weniger ausgebreitet, verschwindet manchmal ganz und kehrt nach kurzer Zeit zurück, oder wandert
von einer Stelle zur andern.
Die Krankheit ist nicht ansteckend, steht oft mit leichten Verdauungsstörungen in Verbindung und erscheint nicht selten bei
manchen Personen nach dem Genuß von Muscheln,
[* 55] Krebsen, Schnecken, manchen Fischen, Pilzen, Erdbeeren, Käse u. s. w. infolge
einer Idiosynkrasie (s. d.), nach äußern Reizen (Berührung der Haut mit Brennesseln, den Haaren mancher
Raupen u. s. w.) und überhaupt bei Personen, deren Haut sehr reizbar ist. Die Krankheit ist ungefährlich, wird aber manchmal
durch häufige Rückfälle lästig. Gegen das Hautjucken werden kalte Douchen und Umschläge, sowie Waschungen mit sehr verdünnten
Säuren und verdünntem Citronensaft empfohlen; vorhandene Verdauungsstörungen müssen angemessen behandelt werden.
(Cnidaria), die umfangreichste Ordnung der Cölenteraten (s. d.),
ausgezeichnet durch Giftdrüsen, die mit einem vorschleuderbaren Faden (s. Nesselorgane) in Verbindung stehen und den beiden
andern Ordnungen der Cölenteraten, den Schwämmen (s. d.) und Rippenquallen
(s. d.), fehlen.
Julius, Agrikulturchemiker, geb. in Kehl, errichtete 1859 mit Staatsunterstützung
die agrikulturchem.
Versuchsstation Karlsruhe,
[* 56] die später zu einer Staatsanstalt wurde. Er schrieb: «Der Tabak,
[* 57] seine Bestandteile
und seine Behandlung» (Mannh. 1867),
Victor, Komponist, geb. zu Baldenheim bei Schlettstadt,
[* 58] studierte in Straßburg
[* 59] Theologie, wandte
sich aber dann in Leipzig der Musik zu. Er wurde 1871 Musikdirektor am dortigen Stadttheater, 1880 Direktor
des Leipziger Sängerbundes; 1884 siedelte er nach Straßburg über, wo er starb. Neßler hat eine große Anzahl von
Opern und Operetten geschrieben; 1864 wurde die erste, «Fleurette», in Straßburg aufgeführt, 1890 die letzte, «Die Rose vonStraßburg», in München.
[* 60] Weit bekannt und beliebt wurde er durch den «Rattenfänger
von Hameln»
[* 61] (1879) und den «Trompeter von Säkkingen»
(1884). Sehr beliebt sind auch mehrere von N.s Männerchören und Liedern. 1895 wurde ihm in Straßburg ein Denkmal (von Marzolff)
errichtet.
künstliche Wohnstätten, welche Tiere zum Unterbringen und zur Aufzucht ihrer Nachkommenschaft herrichten und
welche bei gesellschaftlich lebenden (Bienen, Wespen, Ameisen) zugleich dem ganzen Volke als Aufenthaltsort dienen. Auch einsam
lebende Wespen bauen Nest mit oft großer Kunstfertigkeit; desgleichen verfertigen viele Spinnen
[* 64] für ihre
Eier
[* 65] Nest, und diese leiten, da sie aus von der Mutter produzierten Substanzen bestehen, zu den Eiercocons (s. Cocon) hinüber.
Eine Anzahl Mistkäfer
[* 66] machen aus DungKugeln, welche sie mit ihren Eiern besetzen (Skarabäen).
[* 67] Unter den Wirbeltieren bauen
eine Anzahl Fische
[* 68] (z. B. der Stichling), einige tropische Laubfrösche, eine Anzahl Nagetiere
[* 69] (Zwergmaus,
Eichhörnchen u. a. m.), besonders aber die Vögel
[* 70] Nest. Manche Vögel legen ihre Eier einfach auf den Boden (Seevögel), scharren
höchstens eine Vertiefung aus, in welche sie einige spärliche Hälmchen zusammentragen. Manche bauen aber auf dem Boden
wirkliche Nest, welche sie bisweilen mit einem Teile des eigenen Gefieders auspolstern (Eiderenten).
Andere benutzen vorhandene Erdlöcher (Prairiekäuze u. a.) oder graben selbst (Eisvögel, Bienenfresser, Uferschwalben u. s. w.)
enge, am Ende sich erweiternde Gänge zum Unterbringen ihrer Brut. Nicht wenige suchen sich zu diesem Behufe Baumlöcher aus
(Wendehals, manche Meisen), deren Zugänge sie unter Umständen mit Lehm künstlich verengen (Spechtmeise)
oder, wenn das Weibchen brütet, bis auf eine enge Futteröffnung gänzlich vermauern (Nashornvögel).
Die meisten Spechtarten verfertigen sich solche Baumlöcher selbst, während in Indien einige Arten derselben Familie ihre
Nest in den hängenden Bauten gewisser Baumameisen anlegen. Die meisten Vögel indessen schleppen allerlei Material zusammen,
aus welchem sie in sehr verschiedener Weise und in mannigfacher Abstufung der Kunstfertigkeit ihre Nest bauen.
Die Talegallahühner scharren große Haufen verwesenden Laubes zusammen, in welche eine Anzahl Weibchen ihre Eier gemeinsam
ablegen, und wo dieselben durch die sich entwickelnde Hitze der feuchten, modernden Pflanzenstoffe ausgebrütet werden (s.
Brüten).
Andere, wie die meisten Raubvögel,
[* 71] Tauben,
[* 72] einige Sumpfvögel (Reiher, Störche u. a. m.), fügen auf wenig
kunstvolle WeiseReisig zusammen zu fast flachen Nest ohne Rand, aber mit um so größerm Durchmesser. Die meisten Angehörigen
des Rabengeschlechts und viele Singvögel machen ihre Bauten aus locker geflochtenem, ziemlich grobem Material (Binsen, Reisig,
trockne Pflanzenstengel allerlei Art) korbähnlich mit einer centralen Vertiefung. Die meisten Singvögel
verwenden hierzu feineres Material, füttern das Bauwerk mit Federn und andern weichen Dingen aus und überkleiden es äußerlich
oft auf das zierlichste mit Flechten
[* 73] und Moos. Manche Formen (Pirol, Beutelmeise, Beutelstaar, Webervögel) flechten höchst
kunstreiche, meist nicht aufliegende, sondern an die Spitzen von Zweigen gehängte Nest. Gewisse Arten sind
sehr kapriziös in der Wahl der Substanzen, welche sie zum Bauen verwenden; so benutzen manche Kolibris
[* 74] bloß die Samenwolle
ganz bestimmter Pflanzen, welche sie auf das
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mehr
geschickteste zu verfilzen verstehen, und einige ostind. Segler bedienen sich des vom Meere ausgeworfenen Tanges dazu. Bei
diesen letztern aber tritt noch ein anderes Moment mit in Thätigkeit, indem sie, wie es auch ihre Verwandte, unsere Turmschwalbe
thut, das zusammengetragene Nistmaterial mit ihrem Speichel zusammenleimen, ein Vorgang, der zu dem Nestbau
der zu derselben Sippe gehörigen Salangane (s. d.) hinüberleitet. Auch die echten Schwalben benutzen zum
Teil ihren Speichel, um Erdkrümelchen aneinander zu kitten.
Eine ganze Reihe Vögel verwenden überhaupt Erde zu ihren Bauten, sei es, daß sie dieselbe (wie die Singdrossel) als Unterlage
eines innen und außen aus vegetabilischen Substanzen konstruierten Nest verwerten oder dieses, wie der
südamerik. Töpfervogel, ganz aus derselben verfertigen. Großen Ruhm haben sich mit Recht in neuester Zeit die Bauten der
Laubenvögel (s. d.) erworben, welche indessen zum Teil keine eigentlichen Nest sind, sondern zur geschlechtlichen Zuchtwahl,
gewissermaßen als Tanzhäuser, in Beziehung stehen.
Auch bei uns verfertigen die Männchen mancher Vogelarten (z. B. des
Zaunkönigs) Nest, welche nicht zum Brüten oder zur Aufzucht der Nachkommenschaft dienen, teilweise auch anders beschaffen
sind als die hierzu bestimmten. Die Bedeutung dieser Spielnester ist noch nicht völlig aufgeklärt; wenn sie auch manchmal
als Nachtquartier benutzt werden mögen, so ist doch nicht einzusehen, weshalb sie derVogel dann nur zur
Brütezeit errichtet. Möglich ist, daß sie zur Ablenkung von Nachstellungen dienen. - Über die eßbaren Nest s. Indische Vogelnester.
ein Band,
[* 76] Riemen oder eine Schnur, gewöhnlich an dem einen Ende mit einem Stift oder einer blechernen Einfassung
versehen, um das Durchziehen zu erleichtern, in welchem Falle es dann auch Senkel genannt wird. Es giebt
Breisnestel, Busennestel, Hosennestel, Hutnestel, Schuhnestel. Daran knüpfte sich früher der Aberglaube vom Nestel- oder
Senkelknüpfen (frz. nouer l'aiguillette). Durch die Schürzung eines Knotens in vorgeschriebener
Weise, verbunden mit Hersprechung eines Knüpfspruchs, glaubte man nämlich auf Ehegatten einen Zauber
ausüben zu können, der den Mann zum Zeugen, die Frau zum Empfangen untüchtig mache.
Sohn des Neleus (s. d.) und der Chloris, aus dem messenischen Pylos, nach Homer der Gemahl
der Eurydike, der Tochter des Klymenos, nach andern der Anaxibia, der Tochter des Kratieus, wurde in Gerena erzogen und blieb
deshalb am Leben, als Herakles seine Brüder tötete. So nahm er teil am Kampfe der Lapithen gegen die Kentauren (s. d.). Er
wird unter den kalydonischen Jägern und unter den Argonauten aufgezählt. Obgleich er schon zwei Menschenalter
durchlebt hatte, als der Zug
gegen Troja
[* 78] unternommen wurde, führte er dennoch in 90 Schiffen seine Pylier und andere Stämme dorthin
und war tapfer und kühn im Streit.
Besonders aber glänzte er als erfahrener Ratgeber und durch Beredsamkeit. Bei wichtigen Beratungen gab
er durch sein Ansehen den Ausschlag; auch veranlaßte er Agamemnon, die Versöhnung mit Achilleus zu suchen. Nach Trojas Fall
kehrte Nestor in seine Heimat zurück, wo ihn nach der Odyssee Telemachos aufsuchte. Nestor ist, wie neuere Homerkritiker bemerken,
eine von den Personen, die in den ältern Bestandteilen des Epos nicht vorkamen und erst durch ion. Dichter
hineingezogen wurden.
russ. Mönch des Höhlenklosters zu Kiew,
[* 79] kam 17 J. alt (kurz vor 1074) in dieses
und starb um 1114. Er schrieb eine «Erzählung von den heil.
Boris und Gljeb» und ein «Leben des heil. Theodosius», Gründers der russ. Mönchsgemeinschaften und Abts
des Höhlenklosters. Ihm wurde lange die sog. «Nestorsche
Chronik» zugeschrieben, auch «Grundchronik», «Urchronik»
(Letopis pervonacalnaja") genannt, das älteste russ. annalistische Werk. Neuere Forschungen
haben bewiesen, daß Nestor nicht der Verfasser ist.
Die ältesten Abschriften der später weiter geführten «Urchronik» sind: die sog. «Laurentiushandschrift» («Lavrentijevskij
spisok»),
von einem Mönch Laurentius 1377 geschrieben, 1872 von der Archäographischen Kommission veröffentlicht, und die
sog. «Hypatiushandschrift» («Ipatskij
spisok»),
früher im Hypatiuskloster in Kostroma aufbewahrt, herausgegeben 1871. Die erste kritische Ausgabe der Annalen ist
versucht in der «Vollständigen Sammlung russ. Annalen», Bd. 1 (1848),
von der Archäographischen Kommission. Die beste
bisherige Ausgabe ist die von Miklosich («Chronica Nestoris», Wien 1860, auf dem Laurentianus beruhend). Eine vollständige
deutsche Übersetzung fehlt; die Schlözersche in seiner Ausgabe («Nestors Russische
[* 80] Annalen», 5 Bde., Gött. 1802 -
9) mit vorzüglichem histor. Kommentar reicht nur bis 980. Eine vollständige dän.
Übersetzung mit Anmerkung gab C. W. Smith («N.s russiske Kronike», Kopenh.
1869), eine böhmische Erben, eine französische Louis Léger.
die Anhänger des Nestorius (s. d.). In Syrien von Staats wegen unterdrückt, breiteten sie ihren Glauben
unter Barsumas von Nisibis in Persien
[* 81] aus und gründeten seit 498 die Separatkirche der chaldäischen Christen, wie sie sich
selbst nennen, während man diesen Namen in neuerer Zeit für die unierten Nestorianer gebraucht (s. unten). Ihr
Oberhaupt (zuerst der Bischof von Seleucia) erhielt den TitelKatholikos; die Feststellung des Dogmas im Sinne der Trennung der
beiden Naturen in Christus erfolgte auf dem Konzil zu Seleucia (499). Von Persien breiteten sich die Nestorianer nach
Arabien aus, dann nach Indien (wo sie Thomaschristen heißen) und im 7. Jahrh. sogar nach China.
[* 82]
Sie bewahrten zugleich die Gelehrsamkeit der syr. Kirche (ihre wichtigste Schule war zu Nisibis), vermittelten die Kenntnis
der griech. Wissenschaft für Asien
[* 83] und genossen unter mohammed. Herrschaft volle Freiheit, wurden oft auch
zu Staatsämtern berufen. Erst unter Timur erlitten sie mancherlei Verfolgungen und zogen sich in die kurdischen Gebirge zurück.
Trotzdem waren die Versuche der Päpste Alexander III., Innocenz IV. und Nikolaus IV., sich die Nestorianer zu unterwerfen, ohne Erfolg.
Als aber 1551 über die Wahl eines Bischofs eine Spaltung entstand, trat ein Teil der Nestorianer zur röm. Kirche
über, die sog. unierten Nestorianer, unter einem Patriarchen, der immer den NamenMar-Joseph führt und seinen Sitz in Diarbekr (Amid)
hatte (jetzt in Mosul). Sie zählen etwa 50000 Seelen, erkennen den päpstl. Primat und die sieben Sakramente an, haben aber
ihr Hauptdogma beibehalten und beobachten den Ritus der griech. Kirche. Die
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forlaufend
nicht-254
nni orten Netscher haben nur drei Sakramente: Taufe, Abendmahl und Priesterweihe; ihre Zahl beträgt in Persien, Syrien und Indien zusammen
etwa 150000. An der Spitze ihrer Geistlichen, die sich verheiraten dürfen, steht ein Patriarch, der unter dem Namen Mar-Simeon
in Kotschannes bei Dschu- lamerg im Gebiete des Kurdenstammes Haktiari re- sidiert. Die Nestorianischen
M ö n ch e und Non- nen sind Religiösen von der Regel des heil. Anto- nius. Sie haben viele, aber gering besetzte Klöster.
Ihr Hauptkloster heißt Hormoz. -
Besonders auf Betrieb des Cyrillus (s. d.) von Alexandria wurde er auf der Kirchenversamm- lung zu Ephesus 431 als
Häretiker seines Amtes entsetzt und starb nach 440 in der Verbannung. (S. Nestorianer.) Nestorpapageien (^eätoi-iäas), Nestorkaka-
dus, K aka, Familie der Papageien (s. d.), bestehend aus 2 Gattungen und 6 Arten, mit langer, nach unten
gekrümmter Schnabelspitze, Wachshaut mit einigen Borstenfedern, Flügel reichen bis zur Mitte des Schwanzes, dieser hat Steuerfedern
mit nackten Schaftenden. Die Zunge ist ohne Bürsten, aber an der Unterseite der Spitze mit einer nagelartigen Bildung. Die Färbung
ist durchgehends trüb, schwärzlichgrau, bräunlich oder grünlich. Die Gat- tung ^68t0r ist auf Neuseeland
und die Norfolk- inseln beschränkt und besteht aus 5 Arten, von denen der Kea (^68wi- nowdiliZ Aon^, s. Tafel: Pa- pageien II,
[* 84]
Fig. 2) die bekannteste ist. In neuerer Zeit hat er, der vorher ein Pflanzenfresser war und von
Früchten und Baumsäften lebte, Raubvogelge- wohnheiten angenommen und hackt Lämmer wund, um deren
Blut zu saugen. Da die jungen Tiere da- durch zahlreich eingehen, ist der Nestorpapagei der für Neuseeland so wichtigen Schafzucht
sehr nach- teilig geworden, und es wird ihm deshalb so stark nachgestellt, daß zu vermuten steht, daß er bald aus- sterben
wird.
Über die zweite, der Gattung Xsswi- sehr nahe stehende Gattung, den Borstenkopf- oder Adlerpapagei,
s. Daä^MluL. Neftos, Fluß in Macedonien, s. Mesta. Nestroy, Joh. Nepomuk, Komiker und Lust- spieldichter, geb. zu
Wien, widmete sich zuerst dem Studium der Rechte, erhielt 1822 ein Engagement am Hofoperntheater in Wien, ging 1823 als erster
Bassist nach Amsterdam,
[* 86] 1824 nach Brunn und 1826 nach Graz.
[* 87] Schon in Brunn spielte Netscher auch komische Rollen,
[* 88] und in Graz wid- mete er sich fast ausschließlich diesem Fach unter steigendem Beifall, der namentlich seiner pikanten Eigentümlichkeit,
dein unerreicht drastischen Lieder- vortrage galt.
Seit 1831 war
er Mitglied, mehrere Jahre auch Direktor des Carl-Theaters in Wien. Netscher starb zu
Graz. Große Erfolge er- rang sich Netscher auch als Bühnendichter. Seine rea- listisch-kaustischen Volksstücke mit
ihrem nüchterneu Humor, ihren parodistischen Späßen verdrängten die poetisch ungleich wertvollern, phantastischen Dich-
tungen Ferd. Raimunds aus der Gunst des Wiener Publikums. Sein glänzendstes Stück war der noch heute
nicht von den Bühnen verschwundene «BöseGeist Lumpaci-Vagabundus» (1833). Von seineu übrigen Stücken, deren Zahl über 60 beträgt,
sind «Eulenspiegel», «Einen
Jux will er sich machen» u. a. gleichfalls noch lebendig. I. N.s «Gesammelte
Werke» gaben Chiavacci und Ganghofer (12 Bde., Stuttg. 1890 -
9)) heraus, eine Biographie Necker (ebd. 1891). Nestved, Stadt auf Seeland, s. Nästved. Xs sntor snpra.
oropiäain (lar.),
«Schuster, (gehe) nicht über die Sandale hinaus!», unser «Schuster
bleib bei deinem Leisten!», d.h. urteile nicht über Dinge, die du uicht verstehst; Citat aus des ältern Plinius «^llturalig
liiLtoriw) (35,36), wo er- zählt wird, daß der griech. MalerApelles mit obigen Worten die Kritik eines
Schuhmachers über ein Ge- mälde des Apelles in ihre Schranken gewiesen habe. Neswifh, poln. Me^vißö, Stadt im KreisSluzk
des russ. Gouvernements Minsk, an der zum Nie- men gehenden Lipa, Sitz des Kommandos der 2. Ka- valleriebrigade der 4. Division,
hat (1893) 9230 E., in Garnison das 12. Dragonerregiment Mariupol, Post, Telegraph, ein altertümliches
Schloß, 1 kath. Kirche, 1 Synagoge, 6 israel. Vetschulen, 1 Lehrer- seminar; Tabakfabrik, Brauerei. Netscher war die Resi- denz der
Fürsten von Radziwill und als solche die erste Stadt Litauens. Nefzmöly (spr. nchmehlj), deutsch Neßmühl, Groß-Gemeinde
im Stuhlbezirk Tata des ungar. Ko- mitats Komorn, rechts von der Donau, an der Li- nie Almas-Füzitö-Esztergom der Nngai.
Staats- bahnen, hat (1890) 1321 E. Netscher ist rings von Wein- bergen umgeben, auf deren vulkanischem Boden der Weinstock trefflich
gedeiht und feurige weiße Tafel- weine liefert. Die besten Lagen von Netscher sind im Be- sitze des Benediktinerstifts
zu den Schotten in Wien. Auf 5634 1i3. Weinland werden etwa 63000 Iii Weiß- und Rotwein gewonnen. In N. starb 1439 KaiserAlbrecht
II. Net, ägypt. Name von Theben (s. d.). Nethe, Fluß in der belg. Provinz Antwerpen,
[* 89] entsteht aus der Kleinen Netscher und
der in der Cam- pine von Limburg
[* 90] entspringenden Großen Netscher und vereinigt sich mit der Dyle zur Rüpel.
Netyer-Hoyland, Stadtin England,s.Hoyland. Nethou (spr. -Wh), Pico de, s.
Maladetta. Netolitz, Stadt in der österr. Vezirkshauptmann- schaft Prachatitz in Böhmen,
[* 91] an der Lmve N^n- Eger
[* 92] der Österr.
Staatsbahnen
[* 93] (Station Nakri-Netscher), durch Lokalbahn mit der Station verbunden, Sitz eines Bezirksgerichts (224,53
^m, 15079 E.), hat (1890) 2805 czech. E.; Brauereien, bedeutende Pferde- zucht, Pferde- und Hornviehmärkte. Netscher, Kaspar,
Holland. Maler, geb. 1639 zu Heidelberg,
[* 94] erlernte die Malerei bei de Coster, dann bei Terburg, außerdem nach Dou und Mieris
und ließ sich im Haag nieder, wo er starb. In der treuen Nachahmung der Natur wett- eiferte
er mit den berühmtesten seiner Zeitgenossen; er wird Terburg und Don gleichgestellt, welchen er auch in feiner humoristischer
Auffassung des Lebens
¶
linker Nebenfluß des Rheins im preuß. Reg.-Bez. Koblenz,
[* 99] entspringt in der Eifel, im ONO. von Adenau, und mündet nach einem Lauf von 45 km Neuwied gegenüber.
Joachim, preuß. Patriot, geb. zu
Kolberg,
[* 100] wo sein VaterBrauer war, unternahm von 1753 an als Seemann weite Reisen und ließ sich 1782 als Branntweinbrenner
und Brauer in Kolberg nieder, um das er sich bereits bei der Belagerung im Siebenjährigen Kriege verdient
gemacht hatte. Nettelbeck wurde Mitglied der Stadtvertretung. Rühmlichst bekannt machte er sich 1807 während der
Belagerung durch die Franzosen. Zusammen mit Schill drängte er den schwachen Kommandanten, Obersten von Loucadou, zur Verteidigung
der Festung.
[* 101]
Seinem Antrage beim König verdankte die Stadt die Sendung eines neuen Befehlshabers, des Obersten Gneisenau,
dem Nettelbeck sofort als Bürgeradjutant zur Seite trat. In dieser Stellung entfaltete er eine erfolgreiche Thätigkeit, besonders
für die Errichtung des Lotsen- und des Feuerlöschwesens sowie für die Überschwemmungen, die den Feind von den Festungswerken
fern halten sollten. Seinem Einfluß gelang es, jede Mißhelligkeit zwischen Bürgerschaft und Besatzung
sofort zu unterdrücken. Der König verlieh ihm eine goldene Denkmünze, erteilte ihm die Erlaubnis, die preuß. Admiralitätsuniform
zu tragen und bewilligte ihm 1817 eine lebenslängliche Pension von 200 Thlrn. Nettelbeck starb zu Kolberg.
–
Vgl. seine von Haken herausgegebene Lebensbeschreibung, von ihm selbst aufgezeichnet (3 Bde.,
Lpz. 1821–23; 4. Aufl., 2 Tle., 1878).
(ital., d. i. rein) heißt zunächst das Gewicht (Nettogewicht), welches eine Ware nach Abzug des Gewichts der
äußern Umhüllung (Tara, s. d.) hat, im Gegensatz zu Brutto (s. d.). In der Regel hat der Käufer nur das
Nettogewicht der Ware zu bezahlen und gegebenen Falls zu verzollen. Nettobudget nennt man ein Budget (s. d.), welches die
Einnahmen unter Kürzung der Ausgaben, also nur die Überschüsse, die Ausgaben unter Kürzung der Einnahmen, also nur die
Zuschüsse nachweist, im Gegensatz zu Bruttobudget, welches auch die Roheinnahmen und die Rohausgaben mit
zur Erscheinung bringt.
Nettoraumgehalt (franz. tonnage net; engl. register tonnage)
ist der Bruttoraumgehalt eines Schiffs abzüglich der Logisräume der Schiffsmannschaft sowie auch der etwa vorhandenen Maschinen-,
Dampfkessel- und Kohlenräume. (S. Schiffsvermessung.) Nettoprodukt, Nettoertrag (frz. produitnet; engl. net proceeds), soviel wie Reinertrag (s. Ertrag), insbesondere auch der sich bei einer Verkaufsrechnung
(Ware oder Wechsel) nach Abzug aller Unkosten ergebende Ertrag.
Stadt in der ital. Provinz und dem KreisRom,
[* 102] auf einer Anhöhe am Meere, 3 km östlich von Anzio (s. d.) und
der Linie Rom-Cecchina-Nettuno (61 km) gelegen, ist durch die malerische Tracht seiner Frauen berühmt und hat
(1881) 2764 E.
ein aus gezwirnten Fäden bestehendes weitmaschiges Geknüpf, meist um Fische (s. Netzfischerei) und Wild zu
fangen, oder auch um Vögel oder Insekten
[* 103] abzuhalten; seine Herstellung erfolgt entweder durch Handarbeit (s. Filet) oder mittels
Maschinen. Schon 1867 stellte Jouannin in Paris eine derartige Maschine
[* 104] aus. Die neuesten im DeutschenReich
patentierten Maschinen von Chaunier in Paris und von Galland+Chaunier liefern bei 500 Maschen Netzbreite in 10 Stunden 2–2,4
Mill. Maschen, was einer Tagesarbeit von 300 Netzstrickern entspricht.
Erwähnung verdienen auch die teils aus rohem, teils aus verzinktem Eisendraht geflochtenen Netz, die zur
Herstellung von Zäunen, Vogelkäfigen u. dgl. vielfach Verwendung finden. Außer durch Handflechterei werden dieselben seit
etwa 1875 in größern Betrieben auch mittels sinnreich konstruierter Maschinen fabrikmäßig hergestellt. – Über das Netz eines
Luftballons s. d. In der Anatomie heißen Netz (Omentum,Epiploon) die eigentümlichen Verlängerungen des die Unterleibseingeweide
überziehenden Bauchfells (s. d.). Das große Netz, eine Fortsetzung
des Überzugs des Magens, der Milz und des Grimmdarms, besteht aus zwei Platten des Bauchfells, welche dicht aneinander gelegt
und von Gefäßen und Fett netzförmig durchzogen sind, und hängt vom großen Bogen
[* 105] des Magens wie eine Schürze zwischen den
Bauchwänden und den dünnen Gedärmen bis zum Becken herab.
Das kleine Netz, eine Verlängerung
[* 106] des äußern Überzugs des Magens und der Leber, schlägt sich vom kleinen Bogen des Magens
nach hinten und oben, so daß es den Magen
[* 107] mit der untern Fläche der Leber verbindet. Die Höhlung des kleinen Netz (Netzsack)
steht durch eine enge Öffnung, das sog. Winslowsche Loch, mit der Bauchhöhle
in Verbindung. Die Glätte und der Fettreichtum des Netz bewirken, daß sich die Gedärme an ihm mit sehr geringer Reibung
[* 108] bewegen;
seine Lage schützt das Bauchfell vor Berührung mit dem übrigen Inhalt desBauchs. Netzbrüche (Herniae omentales) sind Eingeweidebrüche
(Hernien), deren Inhalt aus Netz besteht. (S. Bruch.)
In der Zeichen- und Vermessungskunst nennt man Netz ein zu verschiedenen Zwecken und unter verschiedenen Gesichtspunkten angeordnetes
System von sich schneidenden Linien. Das Quadratnetz (quadriertes Papier) wird vielfach benutzt zum Abzeichnen von Karten
und Plänen in gleichem oder verändertem Maßstab,
[* 109] zur Konstruktion von Kurven u. a., sowie zur Erleichterung
des Lesens von topogr. Karten in Bezug auf die aus solchen zu entnehmenden Entfernungen. – Unter Gradnetz versteht man die
auf der Erdoberfläche angenommene, durch die Längen- und Breitengrade dargestellte Gradeinteilung. Über die Konstruktion
des Gradnetzes s. Kartenprojektion. – TrigonometrischesNetz ist die Gesamtheit der durch die Triangulation
[* 110] eines Teiles der Erdoberfläche nach geogr. Länge und Breite
[* 111] bestimmten Punkte, sowie insbesondere deren auf dem Zeichenpapier
des Meßtisches nebst den zugehörigen
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