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Zur Ritterschaft gehören auch sechs Bauernschaften, welche in Besitz ehemaliger Rittergüter gelangt sind. Alle übrigen Bauern stehen nur in einem Erbpachtverhältnis, einige wenige auch noch in dem ältern bäuerlichen Zeitpachtverhältnis. Die größten Städte sind Rostock [* 2] (49689 E.), Schwerin [* 3] (36312 E.), Wismar [* 4] (18167 E.) und Güstrow [* 5] (17505 E.). Dem Beruf nach waren mit Einschluß der Angehörigen (1895) 48,7 Proz. der Bevölkerung [* 6] in der Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei, [* 7] 25,7 Proz. in der Industrie, 9,7 Proz. im Handel und Verkehr beschäftigt. Die Zahl der Geborenen betrug (1894) 17512, darunter 78 Uneheliche, der Eheschließungen 4634, der Gestorbenen (einschließlich 610 Totgeborenen) 11556.
Landwirtschaft, Industrie, Handel. Ackerbau und besonders Viehzucht [* 8] sind bedeutend. Im J. 1893 kamen auf Acker- und Gartenland 759451, Wiesen 114675, Weiden und Hutungen 66313, Forsten und Holzungen 233681 ha. Die Erntefläche betrug (1894) von Roggen 170102, Weizen 42412, Gerste [* 9] 18532, Kartoffeln 47120, Hafer [* 10] 113622 und Wiesenheu 107454 ha, der Ernteertrag 195403 t Roggen, 86436 Weizen, 35119 Gerste, 448021 Kartoffeln, 178613 Hafer und 343323 t Wiesenheu. 1892 wurden gezählt 96046 Pferde [* 11] (Wert 52,840 Mill. Mecklenburg), 301751 Stück Rindvieh (57,167), 732177 Schafe [* 12] (12,651), 318659 Schweine [* 13] (19,776 Mill. Mecklenburg), 26645 Ziegen (444000 Mecklenburg) und 46705 Bienenstöcke. Zur Ausfuhr gelangt besonders Weizen, Roggen, Rapssaat, Butter, Schafwolle und Vieh. Bei der Einfuhr stehen Kolonialwaren, Manufakturen, Eisen, [* 14] Holz [* 15] und Steinkohlen obenan. An Seeschiffen zählte Mecklenburg 116 Segelschiffe mit 52874 und 31 Dampfschiffe mit 14526 Registertonnen und 1315 (400) Mann Besatzung, an Binnenschiffen (Frühjahr 1896) 98 mit 7943 t. Die bedeutendern Bankinstitute sind die Rostocker Bank (gegründet 1850) zu Rostock, die 1889 aus der 1853 gegründeten Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Sparbank ausgeschiedene Mecklenburgische Sparbank, die Mecklenburgische Hypotheken- und Wechselbank (1871) und die Mecklenburgische Bank (1880), sämtlich zu Schwerin, und die Vereinsbank in Wismar. Daneben besteht ein Ritterschaftlicher Kreditverein (1818), 38 Sparkassen, 39 Vorschußvereine u. s. w.
Kirchen- und Unterrichtswesen. In kirchlicher Hinsicht ist das Land eingeteilt in 7 Superintendenturen und 35 Präposituren (Synoden). Die oberbischöfl. Rechte und Pflichten werden durch den Oberkirchenrat zu Schwerin wahrgenommen. Die Verwaltung der vormals von den Bischöfen des Landes ausgeübten Jurisdiktion führt das Konsistorium zu Rostock und als Berufungsbehörde das beiden Großherzogtümern gemeinsame Obere Kirchengericht zu Rostock.
An der Spitze der Unterrichtsanstalten steht die Landesuniversität zu Rostock (s. d.). Ferner bestehen 16 höhere Schulen (7 Gymnasien, von denen eins mit einem Realprogymnasium und eins mit einer Realschule verbunden ist, 6 Realgymnasien, 2 Realprogymnasien und 1 höhere Bürgerschule), ein Landschullehrerseminarium für die großherzogl. Domänen nebst Vorbereitungsanstalt zu Neukloster und eine Anstalt zur Ausbildung ritter- und landschaftlicher Landschullehrer, Küster und Organisten zu Lübtheen, endlich 58 Bürgerschulen mit 658 Lehrern und 1222 Landschulen, davon 561 im Domanium, 527 im ritterschaftlichen und Klostergebiet, 34 in den städtischen Landgütern. Außerdem giebt es Armen- und Waisen-Elementarschulen mit im ganzen 176 Lehrern und Lehrerinnen, 1 Blindeninstitut, 1 Taubstummenschule, 2 Navigations-, 1 Ackerbauschule, 1 Technikum (Baugewerk-, Tischler-, Maschinen- und Mühlenbauschule), sowie in jeder Stadt und in jedem Flecken eine gewerbliche Fortbildungsschule.
Die Rechtspflege üben 43 Amtsgerichte, 3 Landgerichte (Schwerin, Güstrow, Rostock) und ein mit Mecklenburg-Strelitz gemeinsames Oberlandesgericht (Rostock). In Güstrow werden die Sitzungen des gemeinsamen Schwurgerichts abgehalten.
Verwaltung. Das Staatsministerium zu Schwerin wird durch die Vorstände der vier einzelnen Ministerien gebildet, von denen zwei (das Ministerium des Auswärtigen und des Innern) seit 1886 in einer Hand [* 16] vereinigt sind. Mit dem Justizministerium sind in besondern Abteilungen die geistlichen, die Unterrichts- und die Medizinalangelegenheiten verbunden. Bei dem Finanzministerium besteht, nachdem 1893 das unter der obern Leitung desselben stehende Kammer- und Forstkollegium aufgelöst worden ist, eine besondere Abteilung für die Verwaltung der Domänen und Forsten.
Ein allgemeines Staatsbudget besteht nicht. Entsprechend der patrimonialständischen Landesverfassung ist die Finanzverwaltung geteilt in eine landesherrliche, landesherrlichständische und eine ständische mit drei verschiedenen Kassen: der großherzogl. Rentereikasse, der allgemeinen Landesrezepturkasse und dem Landkasten. Die Kosten der Verwaltung hat in erster Linie der Landesherr aus den Einkünften seines Domaniums zu tragen; die mit den Ständen vertragsmäßig festgestellten, doch jährlicher Bewilligung unterliegenden Landessteuern werden als Beihilfe gezahlt.
Eine Kontrolle über diesen Teil der Einnahmen und Ausgaben wird von den Ständen nicht geübt. Die Beträge aus den Verkäufen domanialer Grundstücke und namentlich aus Vererbpachtungen fließen nicht in die großherzogl. Rentereikasse, sondern werden als sog. Domanialkapitalfonds getrennt berechnet und verwaltet und die Ergebnisse hiervon alljährlich den Ständen zur Kenntnis gebracht. (Statut vom und Der Grundstock des Domanialbestandes ist somit gesichert.
Für 1892/93 betrug das Gesamtvermögen des Domanialkapitalfonds 73550163 Mecklenburg. Eine gemeinsame Landeskasse trat erst 1809 ins Leben, für gewisse außerordentliche Bedürfnisse und anfangs nur für einen bestimmten Zeitraum. Dieselbe zieht ihre Zuflüsse aus besondern Steuern, und für sie wird alljährlich ein Etat der ständischen Zustimmung vorgelegt. Mehrmalige Änderungen des Steuer- und Zollwesens bewirkten, daß ein wesentlicher Teil der vom Lande aufzubringenden Beihilfe zu den landesherrlichen Ausgaben auf diese gemeinsame Kasse gelegt wurde.
Der Landkasten dient zur Deckung der ständischen Bedürfnisse und steht unter ausschließlicher ständischer Verwaltung. Er erhebt die auf dem Landtage bewilligten Anlagen und ist zugleich Sammelkasse für die alte ritterschaftliche Hufensteuer, welche als Ganzes an die Renterei abgeliefert wird. Ein specifizierter Etat der Rentereikasse wurde 1873, aus Anlaß der damaligen Verhandlungen über eine Reform der Landesverfassung, zur Kenntnis der Stände gebracht. Er betrug in Einnahme 14 Mill. in Ausgabe 13720000 Mecklenburg. ¶
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Der Etat derselben Kasse für das vom bis laufende Geschäftsjahr bewegte sich um 17400000 Mecklenburg. Hierin ist die Einnahme aus den sog. Haushaltsgütern und die Ausgabe für den landesherrlichen Haus- und Hofhalt nicht mitbegriffen. Diese Abzweigung gewisser Haushaltsgüter von dem Domanium beruhte auf dem vereinbarten Staatsgrundgesetz von 1849, ist aber auch nach dessen Beseitigung und der damit herbeigeführten Entfernung ihrer staatsrechtlichen Grundlage als Verwaltungseinrichtung beibehalten worden.
Die Matrikularbeiträge (s. Matrikel) an das Reich werden aus der Rentereikasse entrichtet. Der Etat der Landesrezepturkasse für 1894/95 schloß in Einnahme und Ausgabe mit 4,15 Mill. Mecklenburg. Die Haupteinnahme fließt aus den Landessteuern mit 1700000 Mecklenburg und bisher auch aus dem Überschuß der Überweisungen aus der Reichskasse über die Matrikularbeiträge. Die Wechselwirkung zwischen den Überweisungen und den Matrikularbeiträgen wurde durch eine Vereinbarung zwischen Landesherrn und Ständen 1887 eingeführt.
Von den landesherrlichen Schulden im Gesamtbetrage von rund 32½ Mill. Mecklenburg wurden (1886) 12 Mill. und (1894) 10657800 in eine 3½ prozentige konsolidierte Anleihe verwandelt. Die Schulden der Landesrezepturkasse beliefen sich 1894 auf rund 71,4 Mill. Mecklenburg, zum größten Teil aus der Verstaatlichung fast sämtlicher Privateisenbahnen entstanden; 1889 betrugen die Schulden nur 11 Mill. Mecklenburg, hauptsächlich durch Eisenbahn-, Chaussee- und Wasserbauten hervorgerufen.
Durch den Ankauf des größten Teils der Privateisenbahnen seitens des Staates kam zu Anfang 1890 eine 3½prozentige konsolidierte mecklenb. Landesanleihe im Betrage von 38,5 Mill. Mecklenburg und 1894 infolge des Ankaufs auch der übrigen bisher noch nicht verstaatlichten Privateisenbahnen unter denselben Verhältnissen eine nochmalige Anleihe von 21,5 Mill. Mecklenburg hinzu. Die Sicherheit dieser Anleihen bilden außer den Betriebseinnahmen die Einnahmen der Landesrezepturkasse. Eine Kündigung darf bei diesen Anleihen vor 1900 nicht erfolgen. Die sechs Reichstagswahlkreise sind: Hagenow-Grevesmühlen (Abgeordneter 1893 Rettich, deutschkonservativ), Schwerin-Wismar (von Viereck, [* 18] deutschkonservativ), Parchim-Ludwigslust (Dr. Pachnicke, freisinnig), Malchim-Waren (Freiherr von Maltzan), Rostock (Dr. von Buchka), Güstrow-Ribnitz (Graf von Schlieffen, sämtlich deutschkonservativ).
Heerwesen. Nach der Militärkonvention mit Preußen [* 19] vom stellt Mecklenburg-Schwerin vom Grenadierregiment das 1., 3. und 4. Bataillon, das Füsilierregiment Nr. 90, das Jägerbataillon Nr. 14, die Dragonerregimenter Nr. 17 und 18 und die 1. Abteilung des Feldartillerieregiments Nr. 24. Die beiden Infanterie- und die beiden Kavallerieregimenter gehören als 34. Infanterie- und 17. Kavalleriebrigade zur 17. Division und mit der Artillerie zum 9., das 1890 aus Schwerin nach Colmar [* 20] im Elsaß verlegte Jägerbataillon zum 14. Armeekorps. Die Großherzöge haben sich gewisse Hoheitszeichen und Ehrenrechte gesichert.
Ⅱ. Herzogtum Mecklenburg-Strelitz, dem Flächenraum nach der 12., der Bevölkerungszahl nach der 20. Bundesstaat des Deutschen Reichs, zerfällt in zwei durch das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin vollständig voneinander getrennte Landesteile, die Herrschaft Stargard [* 21] und das Fürstentum Ratzeburg mit zusammen 2929,50 qkm. Die Herrschaft Stargard (in neuerer Zeit, ohne geschichtlichen Grund, auch Herzogtum Strelitz oder Herzogtum Mecklenburg-Strelitz genannt) grenzt im W. an Mecklenburg-Schwerin, im N. an die preuß. Provinz Pommern, [* 22] im O. und S. an Brandenburg. [* 23]
Dies Gebiet fällt ganz in den Bereich der Mecklenburgischen Seenplatte, deren höchster Punkt, der Helpter Berg (179 m), bei Woldegk liegt. Durch den westl. Teil der Herrschaft Stargard fließt die Havel, die aus einigen kleinen, in dem benachbarten Mecklenburg-Schwerin nahe der Grenze belegenen Seen entspringt. Unter den Landseen ist besonders der Tollensesee bei Neubrandenburg [* 24] zu bemerken. Von dem Gesamtflächenraum (2547,56 qkm) entfallen auf das Domanium (mit Einschluß von 22 inkamerierten Gütern) ungefähr 1430 qkm. Das Fürstentum Ratzeburg, ein säkularisiertes Bischofsland, grenzt im NO. und O. an Mecklenburg-Schwerin, im S. und SW. an das Herzogtum Lauenburg, [* 25] im W. und N. an das Gebiet der Freien und Hansestadt Lübeck; [* 26] daselbst bildet die Trave die Grenze. Zu Ratzeburg gehören 3 Exklaven im Herzogtum Lauenburg (Mannhagen, Horst und Walksfelde), zur Herrschaft Stargard 3 Exklaven in Mecklenburg-Schwerin (Dodow, Vietzen-Gaarz und Gevezin) und eine zwischen Mecklenburg-Schwerin und der Mark Brandenburg (Buschhof).
Das zusammenhängende Gebiet des Fürstentums Ratzeburg ist fast ganz flach (höchster Punkt 82 m) und hat mit der Ostsee Verbindung durch die untere Trave, die sich hier zum Pötenitzer Wiek und Dassower See erweitert. Der größte Fluß ist die Stepenitz, die die Nordostgrenze bildet und die fast ganz ratzeburgische Maurine empfängt. Die im Fürstentum gelegenen Seen sind unbedeutend, der ziemlich umfangreiche Ratzeburger See unmittelbar an der Südwestgrenze gehört zu Lauenburg. Von dem Gesamtflächenraum (381,94 qkm) ist der größte Teil (etwa 330 qkm) Domanium.
Bevölkerung. Das Großherzogtum hatte 1885: 98371,1890: 97978,1895:101513(50203 männl., 51310 weibl.) E.;
1890 waren 96773 lutherisch, 654 katholisch, 489 Israeliten und 62 Bekenner anderer Religionen.
Dem Beruf nach waren mit Einschluß der Angehörigen (1882) 49,5 Proz. in der Land- und Forstwirtschaft, Tierzucht und Fischerei, 24,6 Proz. in der Industrie, 7,9 Proz. im Handel und Verkehr beschäftigt. Die Zahl der Geborenen betrug (1894) 2996, darunter 411 Uneheliche, der Eheschließungen 760, der Gestorbenen (einschließlich 111 Totgeborenen) 2081.
Landwirtschaft, Handel. Wie in Mecklenburg-Schwerin, so bildet auch hier die Landwirtschaft die Haupterwerbsquelle der Bevölkerung. Im J. 1893 kamen auf Acker- und Gartenland 141005, Wiesen 21043, Weiden und Hutungen 9109, Forsten und Holzungen 61010 ha. Die Erntefläche betrug (1894) von Roggen 27565, Weizen 11413, Gerste 4083, Kartoffeln 7936, Hafer 20388 und Wiesenheu 19888 ha, der Ernteertrag 26218 t Roggen, 20371 Weizen, 6440 Gerste, 80583 Kartoffeln, 26740 Hafer und 58908 t Wiesenheu. 1892 wurden gezählt 18768 Pferde (Wert 9,669 Mill. Mecklenburg), 46630 Stück Rindvieh (8,984), 161957 Schafe (2,941), 53694 Schweine (3,734 Mill. Mecklenburg), 8707 Ziegen (131000 Mecklenburg) und 9388 Bienenstöcke. Die Seeschiffahrt fehlt, dagegen giebt es (1896) 13 Binnenschiffe mit 1073 t und zahlreiche Eisenbahnen (s. Mecklenburgische Eisenbahnen).
Kirchen- und Unterrichtswesen. Das Fürstentum Ratzeburg bildet in kirchlicher Beziehung ¶
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eine Präpositur (Propstei) mit 9 Pfarren und 8 Kirchen. Die Herrschaft Stargard ist in 6 Präposituren (Synoden) mit 61 Pfarren und 145 Kirchen eingeteilt. Die Oberaufsicht führt das landesherrliche Konsistorium zu Neustrelitz. [* 28] Ein landesherrliches Schullehrerseminarium besteht zu Mirow, ein landesherrliches Gymnasium und eine landesherrliche Realschule zu Neustrelitz, zwei städtische Gymnasien zu Neubrandenburg und Friedland, eine landesherrliche, als Realprogymnasium anerkannte Realschule zu Schönberg (in Ratzeburg) und eine Baugewerkschule zu Strelitz. Außerdem sind an 250 Stadt- und Landschulen vorhanden.
Rechtspflege und Verwaltung. Die Rechtspflege wird durch 10 Amtsgerichte, 1 Landgericht (Neustrelitz) und ein mit Mecklenburg-Schwerin gemeinsames Oberlandesgericht (Rostock) geübt. Die höchste Verwaltungsbehörde ist das Staatsministerium, repräsentiert durch einen Staatsminister, und für die innern Angelegenheiten die aus dem Staatsminister und zwei Räten bestehende Landesregierung zu Neustrelitz. Das Finanzwesen ist, wie in Mecklenburg-Schwerin, dreiteilig.
Ein Etat wird nur für die landesherrlich-ständische Kasse (Centralsteuerkasse) in Neubrandenburg vorgelegt. Die Matrikularbeiträge (s. Matrikel) bilden, soweit sie nach Verhältnis der Kopfzahl auf das Fürstentum Ratzeburg fallen, eine ausschließliche Last der landesherrlichen Kasse. Rücksichtlich der Herrschaft Stargard wurde in der Steuervereinbarung vom über die Deckung nachstehendes bestimmt: bis 150000 Mecklenburg zahlt der Landesherr, von da an bis zur Höhe von 195000 Mecklenburg die Centralsteuerkasse, die folgenden 39000 Mecklenburg wieder der Landesherr, den darüber hinausgehenden Betrag zu einem Viertel der Landesherr, zu drei Vierteln die Centralsteuerkasse.
Durch eine Vereinbarung auf dem Landtage von 1889 wurde, nachdem schon 1886 eine Änderung erfolgt und inzwischen das Reichsgesetz vom betreffend die Besteuerung des Branntweins, ergangen war und der Großherzog erklärt hatte, die Last aus seinen Einkünften nicht länger tragen zu können, auch in Mecklenburg-Strelitz eine Wechselwirkung zwischen den Überweisungen des Reichs und den Matrikularbeiträgen eingeführt. Vertreter des einzigen Reichstagswahlkreises ist (1893) der Abgeordnete Nauck (deutschkonservativ).
Verfassung der beiden Großherzogtümer. Die auf der Union der Prälaten, Mannen und Städte der mecklenb. Lande vom und dem landesgrundgesetzlichen Erbvergleiche vom beruhende landständische Verfassung gilt für beide Großherzogtümer ausschließlich des Domaniums, der Stadt und Herrschaft Wismar und des Fürstentums Ratzeburg. Die Landesvertretung, das «Korps der Ritter- und Landschaft», zerfällt in das Korps der Ritterschaft, zu welchem sämtliche mit einem Rittergut (Hauptgut) Angesessenen, etwa 700 an der Zahl, ohne Unterschied des adligen und bürgerlichen Standes, gehören, und das Korps der Landschaft, worin die 47 Landstädte (die Residenzstadt Neustrelitz gehört zu diesen nicht) und die Seestadt Rostock vertreten sind.
Rostock und Wismar haben ausgedehnte Selbstverwaltung, eigenes Gesetzgebungsrecht sowie verschiedene Hoheitsrechte. Beide Stände, Ritterschaft und Landschaft, gliedern sich nach den beiden vormaligen Herzogtümern Schwerin und Güstrow, oder nach drei Kreisen, indem das Herzogtum Schwerin den Mecklenburgischen Kreis [* 29] bildet, während das Herzogtum Güstrow in die Kreise [* 30] Wenden und Stargard zerfällt. Jeder Kreis hat einen Erblandmarschall, und jedes Herzogtum vier Landräte, die auf Vorschlag der Stände von den Großherzögen (sieben von Schwerin, einer von Strelitz) auf Lebenszeit ernannt werden.
Diese nebst einem Bürgermeister von Rostock, also im ganzen 12 Mitglieder, bilden das Landtagsdirektorium. In dem Engern Ausschuß, der als ständiges Kollegium die Landstände vertritt, ist jedes Herzogtum durch einen Landrat, jeder Kreis durch je einen ritterschaftlichen Abgeordneten und je einen Abgeordneten der Vorderstädte Parchim, Güstrow und Neubrandenburg und endlich die Seestadt Rostock gleichfalls durch einen Abgeordneten vertreten. Landtage werden in jedem Spätherbst, abwechselnd in Sternberg und Malchin, gehalten; außerdem können jederzeit außerordentliche Landtage berufen werden.
Ritter und Landschaft tagen in einer Versammlung, und es entscheidet absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden. Doch steht jedem Stande die abgesonderte Beschlußfassung frei, und wenn die Beschlüsse beider Stände auseinander gehen, kommt ein Landtagsbeschluß nicht zu stande. Die landesherrlichen Kommissarien verhandeln mit den Ständen schriftlich und durch Vermittelung der Landmarschälle. Ohne Zustimmung der Stände darf keine ihre Privilegien berührende neue Verordnung ergehen und keine neue Steuer aufgelegt werden.
Auch muß bei den allgemeinen Landesgesetzen zuvor das «ratsame Erachten» der Stände eingeholt werden. Dagegen sind die Großherzöge, soweit es nur ihr Domanium angeht, in der Gesetzgebung und Besteuerung unbeschränkt. Doch haben sie in der Vereinbarung vom erklärt, abgesehen von der ordentlichen Hufensteuer in bisheriger Höhe, von dem ihnen zustehenden Recht der Besteuerung des Domaniums für die Dauer der Vereinbarung zu der Aufbringung der Kosten des Landesregiments oder zu allgemeinen Landeszwecken keinen Gebrauch machen zu wollen, ohne im übrigen auf das ihnen zustehende Recht selbst zu verzichten.
Neben den Landtagen kommen «Konvokationslandtage» vor, zu welchen nur die Stände eines Landesteils von dem betreffenden Landesherrn berufen werden; ferner «kommissarisch-deputatische» Verhandlungen zwischen landesherrlichen Kommissarien und ständischen Deputierten; außerdem halten die Stände unter sich «Konvente», teils allgemeine, teils besondere. Innerhalb der Ritterschaft werden drei Abteilungen unterschieden:
1) der eingeborene und recipierte Adel, 2) die nicht rezipierten, aber receptionsfähigen adligen und 3) die nicht receptionsfähigen bürgerlichen Gutsbesitzer. Der eingeborene und recipierte Adel behauptet thatsächlich ein ausschließliches Recht auf die Verwaltung und Pfründenbesetzung der drei 1572 der Ritter- und Landschaft zur christl. Auferziehung der inländischen Jungfrauen überwiesenen Jungfrauenklöster zu Dobbertin, Malchow und Ribnitz, soweit nicht vertragsmäßig der Landschaft ein beschränkter Anteil an jenem Recht zugestanden war. Mecklenburg-Schwerin hat zwei, Mecklenburg-Strelitz eine Stimme im Bundesrate. Die Titel beider Großherzöge sind ganz gleichlautend, ebenso die Wappen. [* 31] Das Wappen, in einfacher Gestalt ein Büffelkopf, in vollständiger seit 1657 eingeführter Zusammenstellung, hat sechs Felder und ein Mittelschild; letzteres ist quer geteilt, die obere ¶
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Hälfte rot, die untere golden (Grafschaft Schwerin). Die Felder zeigen:
1) in Gold [* 33] einen gekrönten schwarzen Büffelkopf mit silbernen Hörnern (Mecklenburg);
2) in Blau einen schreitenden goldenen Greif [* 34] (Rostock);
3) quergeteilt, oben wie 2, unten ein grünes, silberbordiertes Feld (Fürstentum Schwerin);
4) in Rot ein schwebendes silbernes Kreuz, [* 35] darüber eine Krone (Ratzeburg);
5) in Rot einen weiblichen Arm mit goldenem Ring (Stargard);
6) in Gold einen schrägliegenden Büffelkopf (Wenden). Das Wappen ist von einem Stier und einem Greif gehalten und von der Königskrone bedeckt. Die Landesfarben sind für Schwerin Blau, Gelb, Rot; für Strelitz Rot, Gelb, Blau. 1804 ward ein gemeinsamer Hausorden der Wendischen Krone gestiftet, dessen Verleihung beiden Großherzögen zusteht; 1884 stiftete der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin noch einen Greifenorden (s. d.). ^[Abb.: Wappen von Mecklenburg]
Geschichte. Im frühen Altertum wohnten hier verschiedene deutsche Völkerschaften; im 6. Jahrh. wird der slaw. Stamm der Wenden Herr im ganzen Lande. Um 780 war der Westen von Mecklenburg im Besitz der Obotriten, der Osten im Besitz der Wilzen. Erst durch den Sachsenherzog Heinrich den Löwen [* 36] wurden die Wenden in Mecklenburg dauernd unterjocht und zum Christentum bekehrt. Der Obotritenfürst Niklot, von dessen Stammsitz Mikilinborg (d. h. große Burg, jetzt ein Dorf zwischen Wismar und dem Schweriner See) das Land den Namen erhielt, fiel 1160 im Kampfe.
Sein Sohn Pribislaw, der Stammvater des noch regierenden Fürstenhauses, ließ sich 1164 taufen und ward 1167 als deutscher Vasall wieder in die Herrschaft eingesetzt. Doch trennte Heinrich der Löwe die Grafschaft Schwerin von dem Lande ab und verlieh sie um 1167 dem Ritter Gunzel von Hagen. [* 37] Heinrich der Löwe stiftete die Bistümer Schwerin und Ratzeburg. Nach dem Sturze Heinrichs des Löwen wurde Mecklenburg von König Waldemar Ⅱ. von Dänemark [* 38] unterworfen. Aber 1223 nahm Graf Heinrich von Schwerin, der Sohn Gunzels, den dän. König gefangen, und Waldemar mußte nach längerer Haft in Mecklenburg seine Freiheit durch vollständigen Verzicht und hohes Lösegeld erkaufen.
Die Schlacht bei Bornhöved machte der dän. Herrschaft in Norddeutschland für immer ein Ende. 1229 teilten die Enkel des Heinrich Burwy, des Sohnes Pribislaws, das Land in vier Linien. Von diesen blüht die älteste, welche den Nordwesten des Landes mit dem Stammsitz der obotritischen Fürsten in Besitz nahm, bis jetzt fort und beerbte 1261 die Linie zu Richenberg (Parchim), 1314 die zu Rostock und 1436 die zu Werle (Fürstentum Wenden); außerdem erwarb sie 1358, nach dem Aussterben der dortigen Dynastie, auch die Grafschaft Schwerin.
Ferner kam durch Heirat 1301 die Herrschaft Stargard, die ursprünglich zu Brandenburg gehörte, als Mitgift an Mecklenburg. Es ward zwar mit dieser Herrschaft 1352 eine jüngere Nebenlinie ausgestattet; diese erlosch aber 1471 wieder, so daß nun ganz Mecklenburg unter einen Fürsten gelangte (wenn mehrere Brüder vorhanden waren, pflegten diese fortan gemeinschaftlich zu regieren; mehrfach kamen aber auch neue Landesteilungen vor). Die Ständeversammlungen waren bis Anfang des 16. Jahrh. weder regelmäßig, noch umfaßten sie das ganze Land. 1523 schlossen die Stände zum Teil gerade wegen der Landesteilungen eine Union, die die Grundlage für die weitere Entwicklung der ständischen Verfassung in Mecklenburg bildete.
Während des Mittelalters beanspruchten die Herzöge von Sachsen [* 39] und die Markgrafen von Brandenburg eine Lehnsoberherrlichkeit über Mecklenburg, und erst wurden die mecklenb. Fürsten von Kaiser Karl Ⅳ. zu Herzögen ernannt und damit später als vollberechtigte Reichsfürsten anerkannt. Spätere Streitigkeiten mit Brandenburg fanden ihre Beilegung durch den Vertrag von Wittstock in welchem das brandenb. Kurhaus verschiedene Ansprüche aufgab, dafür aber die Eventualsuccession in ganz Mecklenburg, sobald der Mannsstamm der dortigen Dynastie ausgestorben, zugesichert erhielt.
Die Reformation hatte im zweiten Viertel des 16. Jahrh. die Einführung des luth. Glaubensbekenntnisses zur Folge, und auch das Bistum Schwerin kam seitdem unter die Verwaltung des mecklenb. Fürstenhauses. 1555, 1611 und 1621 fand eine neue förmliche Landesteilung statt, wobei aber die Stadt und Universität Rostock, das Hofgericht, das Konsistorium, die Landstände u. s. w. ungeteilt blieben. So entstanden die Linien Güstrow und Schwerin. Während des Dreißigjährigen Krieges wurden beide Herzöge, Johann Albrecht Ⅱ. von Mecklenburg-Güstrow und Adolf Friedrich Ⅰ. von Mecklenburg-Schwerin, wegen ihres Bündnisses mit König Christian Ⅳ. von Dänemark in die Reichsacht erklärt und vertrieben.
Darauf belehnte Kaiser Ferdinand Ⅱ. Wallenstein mit Mecklenburg. Mit Hilfe Gustav Adolfs von Schweden [* 40] kehrten die vertriebenen Herzöge 1631 wieder zurück, und der Prager Friede bestätigte sie 1635 im Besitz ihrer Erblande. Im Westfälischen Frieden 1648 mußten die Herzöge die Stadt Wismar nebst den Ämtern Poel und Neukloster an Schweden abtreten, erhielten aber zur Entschädigung die säkularisierten Bistümer (Fürstentümer) Schwerin und Ratzeburg sowie die Johanniterkomtureien Mirow und Nemerow.
Die Linie Güstrow starb schon 1695 mit Johann Albrechts Ⅱ. Sohn Gustav Adolf wieder aus. Der Herzog Friedrich Wilhelm von Schwerin wollte nun das ganze Land an sich nehmen, aber sein Oheim Adolf Friedrich Ⅱ. von Strelitz erhob dagegen Protest. Nach längern Streitigkeiten und Fehden vermittelte Kaiser Leopold Ⅰ. den Hamburger Teilungsvergleich vom Adolf Friedrich erhielt die Herrschaft Stargard nebst Mirow und Nemerow und das Fürstentum Ratzeburg und wurde somit der Stifter der Linie Strelitz.
Gleichzeitig ward das Recht der Erstgeburt und das Linealsystem eingeführt. Die Union der Landstände blieb unverändert bestehen. Zwei apanagierte Nebenlinien, die zu Grabow, abgezweigt von Schwerin, und die zu Mirow, abgezweigt von Strelitz, gingen 1746 und 1752 wieder in den Hauptlinien auf. In Mecklenburg-Schwerin folgten auf Friedrich Wilhelm (1692‒1713) Karl Leopold (1713‒28, wegen seiner steten Streitigkeiten mit den Ständen vom Reichshofrat abgesetzt), dessen Bruder Christian Ludwig (seit 1728 Administrator, seit 1733 kaiserl. Kommissarius, 1747‒56 Herzog), Friedrich (1756‒85), sein Neffe Friedrich Franz Ⅰ. (1785‒1837), ¶
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dessen Enkel Paul Friedrich (1837‒42), Friedrich Franz Ⅱ. (s. d., 1842‒83), Friedrich Franz Ⅲ. (s. d.). Schwerin erwarb durch Vertrag mit Schweden den Pfandbesitz von Wismar (s. d.), Poel und Neukloster. In Mecklenburg-Strelitz folgten auf Adolf Friedrich Ⅱ. (1701‒8) Adolf Friedrich Ⅲ. (1708‒52), sein Neffe Adolf Friedrich Ⅳ. (1752‒94), dessen Bruder Karl (1794‒1816), Georg (s. d., 1816‒60) und Friedrich Wilhelm (s. d.). Friedrich Franz Ⅰ. trat 22. März, Karl dem Rheinbunde bei, doch sagten sich beide im März 1813 wieder los und schlossen sich der Allianz gegen Napoleon an. Auf dem Wiener Kongreß wurde den beiden herzogl. Häusern M.s die großherzogl. Würde zugestanden
In dem sich durch Jahrhunderte hinziehenden Kampfe der fürstl. Gewalt mit den ständischen Rechten siegten in Mecklenburg die Stände. Nach langen Streitigkeiten schloß Christian Ludwig von Schwerin mit den Ständen zu Rostock den Erbvergleich von 1755 ab, in welchem diese ihre Ansprüche zum größten Teil durchsetzten und ihre Rechte feststellten. Noch im gleichen Jahre trat Adolf Friedrich Ⅳ. von Strelitz demselben bei. Die noch jetzt bestehende altständische Verfassung war ein unüberwindliches Hemmnis jeder innern staatlichen Fortbildung. 1820 erfolgte die Aufhebung der Leibeigenschaft.
Gegen den deutschen Zollverein schloß sich Mecklenburg beharrlich ab. Der Bewegung von 1848 sich anschließend, beriefen die beiden Großherzöge im Einverständnis mit einem außerordentlichen Landtage eine konstituierende Versammlung nach Schwerin, die eröffnet wurde. Nachdem der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz unter Abberufung der strelitzischen Abgeordneten den Verkehr mit der Versammlung abgebrochen hatte, löste der Großherzog von Mecklenburg-Schwerin dieselbe 22. Aug. mit der Erklärung auf, daß die von ihm verheißene Verfassung im Wege der Vereinbarung mit der Abgeordnetenversammlung zum Abschluß gebracht und er bereit sei, dem vereinbarten Staatsgrundgesetz seine landesherrliche Sanktion zu erteilen, was 24. Aug. geschah. Am wurde das Gesetz, betreffend die Aufhebung der landständischen Verfassung und das Staatsgrundgesetz, die Vereinbarung über die Abtretung der großherzogl. Domänen an den Staat u.s.w. veröffentlicht, und trat der erste ordentliche Landtag nach dem neuen Staatsgrundgesetz zusammen.
Die strelitzische Regierung, welche die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der landständischen Verfassung bestritt, erhob Klage bei dem provisorischen Bundesschiedsgericht des Dreikönigsbündnisses zu Erfurt, [* 42] während eine Anzahl Mitglieder der durch das schwerin. Gesetz aufgehobenen Ritterschaft bei der Bundes-Centralkommission zu Frankfurt [* 43] a. M. die Anordnung eines schiedsrichterlichen Verfahrens zur Entscheidung des Streites der Stände mit der Regierung beantragte.
Die Bundes-Centralkommission gab diesem Verlangen nach, und erklärte das zu Freienwalde zusammengetretene Schiedsgericht, bestehend aus zwei von den Königen von Preußen und Hannover [* 44] ernannten Mitgliedern und einem von diesen gewählten Obmann, das Staatsgrundgesetz vom sowie die Aufhebung der landständischen Verfassung für nicht zu Recht bestehend, worauf der Großherzog zu Schwerin 14. Sept. die Verfassung von 1849 außer Wirksamkeit setzte.
Die zum 24. Sept. vom Präsidenten der für aufgelöst erklärten Kammer nach Schwerin berufenen Abgeordneten wurden durch polizeiliche Maßregeln am Zusammentreten gehindert und mußten sich mit einer Rechtsverwahrung begnügen. Am traten die alten Stände wieder zusammen. Von den bis 1866 getroffenen Maßregeln erregten besonders die Wiedereinführung der Strafe der körperlichen Züchtigung, das Verbot des Nationalvereins 1858, die Entlassung des Professors Baumgarten zu Rostock, das Preßgesetz von 1856 und andere reaktionäre Verordnungen Aufsehen. Bei der im Juni 1866 beginnenden Auflösung des Deutschen Bundes und im daraus folgenden Kriege stellten sich beide Mecklenburg auf Seite Preußens. [* 45]
Beide Großherzogtümer sind seit 1867 Bestandteile des Norddeutschen Bundes und seit 1871 des Deutschen Reichs. Die mecklenb. Vorbehalte wegen des Zollvereins und des Elbzolls wurden erledigt; nach einer zwischen Preußen und Frankreich abgeschlossenen Übereinkunft ward Mecklenburg gegen Herabsetzung des Zolls auf franz. Weine aus dem Handelsvertrag mit Frankreich von 1865 entlassen und dadurch dessen vollzogener Eintritt in den Zollverein ermöglicht.
Ein Bundesgesetz vom hob unter Festsetzung einer Entschädigung von 1 Mill. Thlr. für Mecklenburg-Schwerin die Elbzölle auf. Durch die mecklenb.-schwerin. Verordnung vom wurde das Recht der Zeitpachtbauern des Domaniums an ihren Hufen in Erbpacht verwandelt, wodurch die Schaffung eines unabhängigen Bauernstandes angebahnt werden sollte. Auf Beschwerden der Bevölkerung, Beschlüsse des Reichstags und des Bundesrats verlieh der Großherzog von Mecklenburg-Strelitz dem Fürstentum Ratzeburg eine eigene Verfassung, die aber bisher nicht ins Leben trat, da die Bevölkerung mit deren Oktroyierung und Inhalt nicht einverstanden war und nur solche Vertreter wählte, welche willens waren, sich von der Versammlung zurückzuhalten und dadurch deren Beschlußfähigkeit zu hindern.
Eine Reihe von Gesetzen des Norddeutschen Bundes und Deutschen Reichs hat in Mecklenburg wichtige Reformen bewirkt. Die von den liberalen Kreisen wiederholt geforderte, auch mehrmals vom Reichstage und selbst vom Bundesrate befürwortete Abänderung der Landesverfassung, die seit 1872 von der Regierung mehrmals (besonders 1875), aber ohne Nachdruck durchzuführen versucht ward, scheiderte ^[richtig: scheiterte?] immer wieder an dem Widerstand der Stände und bot überdies in dem Inhalt der Vorlage kein erstrebenswertes Ziel dar. Am starb der Großherzog Friedrich Franz Ⅱ. von Mecklenburg-Schwerin, ihm folgte sein Sohn Friedrich Franz Ⅲ. Unter ihm hat sich die mecklenb.
Regierung wiederholt bemüht, neben dem Landtag für wichtige Zweige der Landesverwaltung Berufsvertretungen (Eisenbahnrat und Landwirtschaftsrat) einzurichten, um auch solchen Kreisen einen gewissen Einfluß auf die Gesetzgebung einzuräumen, die außerhalb der verfassungsmäßigen Landesverwaltung stehen. Ein Gesetz über den Wildschaden (1893) und Vorlagen zwecks Vermehrung des mittlern und kleinern Grundbesitzes auf dem platten Lande (1895) sollen gewisse Mißstände beseitigen, für welche hauptsächlich die bestehende Verfassung verantwortlich gemacht wird. 1893 genehmigte der Landtag die Verstaatlichung der Südbahn, lehnte aber eine Gehaltsaufbesserung der Volksschullehrer durch Landesmittel principiell ¶
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ab. – Bei den Reichstagswahlen 1890 wurden 4 Konservative, 1 Nationalliberaler und 2 Deutschfreisinnige gewählt, bei den Wahlen vom 6 Konservative und 1 Freisinniger. Die Socialdemokraten erhielten 32230 Stimmen.
Litteratur. Jahrbücher des Vereins für mecklenb.
Geschichte und Altertumskunde, begründet von Lisch, jetzt hg. von Grotefend (seit 1836); Boll, Geschichte M.s (2 Tle., Neubrandenb. 1855‒56); ders., Abriß der mecklenb. Landeskunde (Wism. 1861); Mecklenb. Urkundenbuch (Bd. 1‒16, Schwer. 1863‒94);
Balck, Finanzverhältnisse in Mecklenburg-Schwerin (2 Bde., Wismar, dann Schwer. 1877‒78);
ders., Verwaltungsnormen in Mecklenburg-Schwerin (Teil 1 u. 2, Schwer. 1883‒91);
ders., Die Vererbpachtung der Domanial-Bauern in Mecklenburg-Schwerin (ebd. 1894);
Büsing, Staatsrecht der Großherzogtümer Mecklenburg (im «Handbuch des öffentlichen Rechts», Bd. 3, 2, Freib. i. Br. 1884);
Bachmann, Die landeskundliche Litteratur über die Großherzogtümer Mecklenburg (Güstrow 1890);
Raabe, Mecklenb. Vaterlandskunde (Bd. 1, 2. Aufl., Wism. 1893);
Beiträge zur Statistik M.s, hg. vom großherzogl. Statistischen Bureau in Mecklenburg-Schwerin (Bd. 1‒12, Schwer. 1858‒94);
von Bomsdorff, Topogr.
Specialkarte der Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, 4 Bl., 1:200000 (Rost. 1894).