Viehhof. Der Kämmerei-Haushaltplan (1896/97) schließt ab in Einnahme und
Ausgabe mit 7077400 Magdeburg.
[* 2] Die direkten
Steuern betragen
etwa 53 Proz. der Einnahmen. Es bestehen eine städtische
Sparkasse, mehrere Spar- und Vorschußvereine, 34 Orts-, 38 Betriebs-
(Fabrik-) und 3
Innungskrankenkassen. Magdeburg hat ein Hebammeninstitut, Arbeitshaus, Siechenhaus, 2 städtische Krankenanstalten,
mehrere Hospitäler u. s. w.
Behörden. Magdeburg ist Sitz des Oberpräsidiums, der Bezirksregierung, eines Polizeipräsidiums, zweier evang.
Generalsuperintendenten, einer königl. Elbstrombauverwaltung, Landgerichts (Oberlandesgericht
Naumburg
[* 3] a. S.) mit zwei Kammern für Handelssachen und 18
Amtsgerichten
(Aken,
Barby,
Burga. d.
Ihle,
Calbea. d. S.,
Erxleben, Genthin,
Gommern,
Hötensleben, Loburg, Magdeburg, Neuhaldensleben, Groß-Salze, Schönebeck, Seehausen,
Staßfurt,
[* 4] Wanzleben,
Wolmirstedt, Ziesar), einer Oberpostdirektion, einer königl. preuß.
Eisenbahndirektion, eines Hauptsteuer-,
Katasteramtes, einer Reichsbankhauptstelle, Kommandantur, der 3. Pionierinspektion,
des Generalkommandos des 4.
Armeekorps sowie der Kommandos der 7. Division, 13. und 14. Infanterie-, 7.
Kavallerie-, 4. Feldartillerie-
und 4. Gendarmeriebrigade, einer Fortifikation, eines
Artillerie- und Traindepots und
Bezirkskommandos.
Unterrichts- und Bildungswesen. Die Stadt hat ein königliches pädagog. Seminar, königl.
Domgymnasium, 1675 gegründet,
Pädagogium zum
KlosterUnser Lieben Frauen, verbunden mit einem Kandidatenkonvikt, städtisches
König-Wilhelms-Gymnasium, 1886 gegründet, Realgymnasium, 1819 gegründet, früher höhere
Gewerbe- und Handelsschule, eine
Oberrealschule mit Realgymnasium (Guericke-Schule), Realschule, ein Privat-Realprogymnasium, 3 öffentliche (Augustaschule,
Luisenschule und die in
Magdeburg-Neustadt) und 1 private höhere Mädchenschule, Lehrerinnenbildungsanstalt,
sowie Kunstgewerbe- und Handwerker-,
Baugewerk-, Maschinenbauschule für
Werkmeister und 2 gewerbliche Fortbildungsschulen.
Auch eine Wetterwarte befindet sich hier.
Außer der Stadtbibliothek (30000
Bände, 250 Handschriften, Inkunabeln, Sammlung
von
Plänen und
Ansichten von Magdeburg, Münzkabinett, und die wertvolle, namentlich an
Schriften aus der Zeit des Dreißigjährigen
Krieges sehr reiche Sammlung «Magdeburgica») bestehen
Bibliotheken der höhern Schulen, der Regierung, des Landgerichts und
mehrerer
Vereine. Das 1893 begründete städtische Museum hat eine reiche kunstgewerbliche und naturwissenschaftliche
Abteilung
sowie Gemäldegalerie (namentlich moderne
Meister) und Kupferstichkabinett.
Das Stadttheater (1216 Zuschauerplätze), von
Lucae erbaut, hat ein Solopersonal von 48
Personen; außerdem
besteht das Wilhelmtheater und das Victoriatheater (Sommertheater). – Es erscheinen 7
Zeitungen, darunter die nationalliberale
«Magdeburgische
Zeitung» (s. d.) und die socialdemokratische «Volksstimme».
Industrie.
Die Industrie erstreckt sich auf Schiffbauanstalten, Eisengießereien und Maschinenfabriken, letztere namentlich
in
Buckau (Friedr.
Krupp, Grusonwerk, s.Gruson; Lokomobilenfabriken: R.
Wolf und Garrett,
Smith &
Co.; Armaturenfabrik: Schaeffer
& Budenberg), auf die Fabrikation von Zucker,
[* 5] Schokolade,
Cichorien,
Chemikalien,
Woll- und Baumwollwaren, Handschuhen,
Band,
[* 6] Leder,
Tabak,
[* 7] Cigarren, Geldschränken,
Harmonikas,
Sprit, Seife und
Bleiweiß;
[* 8] ferner bestehen
Kunsttischlereien, Holzbildhauereien,
Zuckerraffinerien,
Brauereien.
Handel.
Der Handel erstreckt sich vornehmlich auf Zucker, für den Magdeburg einer der Hauptplätze
der Welt ist, auf Eisenartikel, Getreide,
[* 9]
Cichorien und Cichorienfabrikate,
Wein,
Stein- und
Braunkohlen,
Baumwolle,
[* 10]
Tabak, wollene,
baumwollene Garne, Leinenwaren,
Tuche,
Kolonialwaren und Holz
[* 11] (aus poln. und russ. Wäldern).
Der Handel wird gefördert durch
Jahrmärkte, Pferdemärkte und eine
Messe im September, die
Ältesten der
Kaufmannschaft (Handelskammer),
eine
Börse, zahlreiche
Banken, von denen die
Magdeburger Privatbank bis 1891 Notenbank war, und Versicherungsgesellschaften,
durch eine Filiale der deutschen Elbschiffahrtsgesellschaft
Kette in
Dresden
[* 12] (1867 wurde in Magdeburg die Kettenschleppschiffahrt,
die erste in
Deutschland,
[* 13] gegründet).
Verkehrswesen. Magdeburg liegt an den Linien
Berlin-Magdeburg (141,9 km), Magdeburg-Hannover (147 km),
Magdeburg-Halle-Leipzig (119
km), Magdeburg-Güsten (43,6 km),
Magdeburg-Zerbst-Leipzig (127,4 km), Magdeburg-Halberstadt-Thale (86,7 km),
Magdeburg-Stendal (58,7 km), Magdeburg-Öbisfelde
(64,2 km) und der
Nebenlinie Magdeburg-Biederitz-Loburg (34,7 km) der
Preuß. Staatsbahnen
[* 14] und hat 6
Bahnhöfe
[* 15] (Hauptbahnhof, Magdeburg-Neustadt,
Magdeburg-Sudenburg,
Magdeburg-Buckau und die Güterbahnhöfe Elbbahnhof und Magdeburg-Neustadt). Der gesamte Eisenbahngüterverkehr betrug (1892/93) 2270361
t (ausschließlich des Durchgangsverkehrs), darunter abgegangen 933062 t. Mehrere Pferdebahnen durchziehen
die Stadt und verbinden die
Altstadt mit den Vorstädten; von Magdeburg-Friedrichstadt führt eine Dampftrambahn nach dem Herrenkrug.
Magdeburg hat 2 Postämter erster
Klasse, darunter eins mit Zweigstelle, ein
Telegraphenamt erster
Klasse, 1
Bahnpostamt, 3 Stadtpostanstalten, 3 Postämter
zweiter
Klasse
(Buckau, Neustadt,
[* 16] Sudenburg) und 4 Postämter dritter
Klasse, sämtlich mit Telegraphenbetrieb,
sowie ein Fernsprechamt. – Der Schiffsverkehr ist sehr bedeutend und wird durch den neuen von der Stadt für 8 Mill. Magdeburg angelegten
Handelshafen mit Anschlußgleisen sowie durch die umfangreichen Eisenbahnanlagen an den Ufern der
Elbe und den staatlichen
Winterhafen an der Zollelbe gefördert. 1895 kamen an: zu
Berg (zu
Thal)
[* 17] 3505 (1045) Segelschiffe mit 638962
(354191) t, 46 (50) Güterdampfer mit 16227 (1436) t, außerdem 0 (7703) t Floßholz;
es gingen ab zu
Berg (zu
Thal) 75 (1672)
Segelschiffe mit 20433 (452767) t und 0 (72) Güterdampfer mit 0 (20858) t. Unbeladen kamen an (gingen
ab) 237 (2247) Segelschiffe und 33 (56) Güterdampfer.
Magdeburg, schon in der Reformationszeit als Festung
[* 18] bekannt, wurde zuletzt 1866 neu ausgebaut; es erhielt eine polygonale
Umwallung mit vorspringenden
Kavalieren und Flankierung aus
Kaponnieren.
Teile der alten bastionierten Befestigung wurden in
die neue mit aufgenommen. Die innern Festungswerke sind jetzt als solche sämtlich aufgegeben, nur
¶
mehr
die Citadelle hat noch fortifikatorische Bedeutung. Vor die Umwallung sind kleinere Werke (Redouten) um mehrere 1000 m vorgeschoben,
die aber, damals mehr provisorisch aufgeführt, nicht ergänzt sind und den Charakter moderner Forts nicht besitzen. Als Sperrpunkt
mehrerer Eisenbahnübergänge über die Elbe und als großer Depotplatz ist auch heute noch bedeutend.
Geschichte der Stadt und des Erzbistums. Schon 805 wird als Handelsort genannt. Otto Ⅰ. legte hier 937 ein Benediktinerkloster
zu Ehren des heil. Mauritius an und verwandelte dasselbe 968 in ein Erzbistum, dem die Bischöfe von Meißen,
[* 20] Merseburg,
[* 21] Naumburg
(Zeitz),
[* 22] Brandenburg
[* 23] und Havelberg
[* 24] untergeordnet wurden. Die BistümerLebus und Posen
[* 25] kamen Ende des 12. Jahrh.
zum Erzstift Gnesen, wogegen Anfang des 13. Jahrh. das BistumCammin dem Erzstift Magdeburg unterstellt wurde.
Die Erzbischöfe, die sich den Titel eines Primas von Germanien
[* 26] beilegten, führten im Mittelalter wiederholte Kriege gegen
die Slawen, in deren Gebiet sie Eroberungen machten (Erzbischof Wichmann), sowie gegen KaiserHeinrich Ⅳ.,
die Markgrafen von Brandenburg und die Bürger von Magdeburg selbst. Nachdem 1325 der von der Stadt gefangen gesetzte, streitsüchtige
Erzbischof Burchard Ⅲ. erschlagen worden war, wurden die Bürger von Magdeburg, um vom Banne loszukommen, gezwungen, den Erzbischöfen
den Huldigungseid zu leisten. – Das Gebiet des Erzbistums bestand aus einem von Halberstadt,
[* 27] Braunschweig,
[* 28] der Alt- und Mittelmark, Kursachsen und Anhalt
[* 29] umgrenzten Hauptteile und dem von diesem durch das Anhaltische getrennten Saalkreise
und umfaßte etwa 5400 qkm. Seit 1513 wurden die Erzbischöfe, oder, wie sie nach dem
Erzbischof Sigismund (gest. 1566) hießen, die Administratoren aus dem brandenb. Fürstenhause gewählt,
und nur der letzte stammte aus dem Hause Kursachsen (August).
Der schon frühzeitig errichtete Schöffenstuhl stand im Mittelalter in großem Ansehen, und das MagdeburgerRecht, eine Mischung
von altsächs. Gewohnheits- und magdeburgischem Lokalrecht, fand weite Verbreitung. 1524 fiel die Stadt der Reformation zu,
wurde aber, als sie die Annahme des Interims verweigerte, in die Acht erklärt und infolgedessen vom bis vom
Kurfürsten Moritz von Sachsen
[* 30] belagert, nach der Übergabe jedoch schonend behandelt.
Im Dreißigjährigen Kriege schlossen die Kaiserlichen unter Wallenstein 1629 Magdeburg 28 Wochen lang vergeblich ein, und 1631 belagerte
es Tilly aufs neue. Die Bürger leisteten mit Hilfe einer schwachen schwed. Besatzung unter Falkenberg eine
Zeit lang Widerstand, knüpften aber endlich Unterhandlungen an. Im Vertrauen auf den bevorstehenden Vertrag verließen sie
zum Teil ihre Posten, und die Stadt wurde 10. Mai(20. Mai neuen Stils) 1631 erstürmt, geplündert und verbrannt, wobei
nur der Dom, das KlosterUnser Lieben Frauen mit Kirche und etwa 130 meistens kleine Häuser verschont blieben und etwa 30000 E.
umkamen.
Otto von Guericke (s. d.), der Erfinder der Luftpumpe,
[* 31] war damals Ratmann und Ratsbauherr. Über den Urheber der Zerstörung von
Magdeburg sind verschiedene Ansichten geltend gemacht worden (vgl. namentlich O. Klopp, Tilly im Dreißigjährigen
Kriege, neue Aufl., 2 Bde., Paderb.
1894‒95; G. Droysen, Studien über die Belagerung und Eroberung M.s in den «Forschungen zur deutschen Geschichte», Bd.
3, Gött. 1863;
Wittich, Magdeburg, Gustav Adolf und Tilly, Bd. 1, Berl. 1874; Volkholz,
Die Zerstörung M.s im Lichte der neuesten Forschung, Magdeb. 1892, und Magdeburg Dittmar,
Die Zerstörung M.s im J. 1631, in den «Magdeburgischen Geschichtsblättern», 29. Jahrg.,
ebd. 1894). Von den Kaiserlichen 1632 wieder verlassen, wurde Magdeburg von den Schweden
[* 32] besetzt, 1636 den Kaiserlichen und Sachsen
übergeben, worauf 1638 der durch den Prager Frieden bestimmte neue Administrator, HerzogAugust von Sachsen,
das Erzstift in Besitz nahm.
Gegen den Schluß des Krieges hatte die Stadt noch eine fünfte Belagerung zu bestehen. Nach der Bestimmung des Westfälischen
Friedens (1648) kam das Erzstift als weltliches Herzogtum an Brandenburg. Die Stadt suchte für sich mit Hilfe der Schweden
die Reichsfreiheit zu gewinnen, wurde aber vom Großen Kurfürsten 1666 im sog. KlosterBergischenVertrage
gezwungen, sich zu unterwerfen. Nach dem Tode des letzten Administrators, August (1680), ging das Erzstift erst wirklich in
brandenb. Besitz über. 1806 gehörte Magdeburg unter die Zahl der preuß. Festungen, die
dem Feind ohne Widerstand übergeben wurden. Mit einer starken Besatzung versehen, hielt sich Magdeburg 1813 und 1814 gegen
das Tauenziensche Korps, bis sie infolge des ersten Pariser Friedens an Preußen
[* 33] zurückgegeben wurde. Die früher
selbständigen Städte Sudenburg (1867), Neustadt (1886) und Buckau (1887) sind mit Magdeburg vereinigt. ^[]
Vgl. F. W. Hoffmann, Chronik der Stadt Magdeburg (3 Bde.,
Magdeb. 1843‒50; neu bearbeitet von Hertel und Hülße, 2 Bde.,
ebd. 1885‒86);
Chroniken von Magdeburg (Bd. 1, hg. von Janicke, Bd. 7 der
«Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrh.», Lpz. 1869);
Dittmar, Beiträge zur Geschichte der
Stadt in den ersten Jahren nach ihrer Zerstörung, 1. Tl. (Halle
[* 34] 1885);
Uhlirz, Geschichte des Erzbistums Magdeburg unter den Kaisern
aus sächs. Hause (Magdeb. 1887);
Wolter, Geschichte der Stadt Magdeburg (2. Aufl., ebd. 1890);
Kawerau, Magdeburg. Ein deutsches Städtebild
(3. Aufl., ebd. 1891);
Sitzepfandt, Magdeburg (Zür. 1891);
Tollin, Geschichte der franz. Kolonie von
Magdeburg (Bd. 1‒3, Halle; dann Magdeb. 1892);
Wittich, Dietrich von Falkenberg, Oberst und Hofmarschall Gustav Adolfs.
Ein Beitrag
zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges (ebd. 1892); Hertel, Urkundenbuch der Stadt Magdeburg (Bd. 1. u. 2, Halle 1892‒94);
Geschichtsblätter für Magdeburg (erscheinen seit 1866).
Feuerversicherung, s. Feuerversicherung^[= # Feuerassekuranz oder Brandassekuranz, der mittels eines besondern Vertrags in der hierfür gesetzlic ...] (Bd. 6, S. 752).
Halbkugeln, zwei hohle Halbkugeln, welche, luftleer gepumpt, durch den äußern
Luftdruck aneinanderhaften. An ihnen zeigte Otto von Guericke (s. d.) die Wirkung seiner Luftpumpe.
Eisenbahn, 1880 verstaatlichtes Privatunternehmen, dessen 1842 genehmigte Stammbahn
von Magdeburg über Oschersleben nach Halberstadt (58,52 km) eröffnet und später bis Thale fortgesetzt wurde. 1863 wurde
von der
¶
Zur
Zeit der Verstaatlichung umfasite das Unternehmen 1010,?3 km. Dazu gehörten noch als Pachtstrecken
seit 1874 die 1868 und 1870 genehmigten Linien der Hannover
[* 39] - Altenbckener Eisenbahngcsellschaft (Hannover-Altenbeken, Weetzen-Haste,
Löhne - Ha- meln-Graubof, 270,4i km) und seit 1873 die von Bremen
[* 40] erbaute Bahnstrecke ülzcn-Langwedel
(97,38 km).
Die Hannover-Altenbekener Eisenbahn wurde zugleich mit der Magelone E. verstaatlicht, die Strecke Ülzen-Langwedel erwarb
Prenßeir 1884. Fast das ganze Unternehmen untersteht der Eisenbahndiret- tion zu Magdeburg, die Hannover-Altenbekener Eisenbahn
mit den Strecken ülzen-Langwedel und Lehrte-Obisfelde der Direktion zu Hannover, Halle- Leipzig
[* 41] der Direktion zu Halle, Berlin
[* 42] (LehrtcrBahn- hof)-Spandau der Direktion zu Berlin. (S. auch Preußische Eisenbahnen.) Magdeburgifche Baugelverks - Berufs genossenschaft,
s. Vaugewcrks-Berufsgenossen- schaften. Magdeburgische Zeitung, täglich zweimal in Magdeburg erscheinende polit.
Verlag: Fabersche
Vuchdruckerei A. & N. Faber' Redacteur: Wilhelm Splittgcrber.
Die Magelone Z., die zunächst den Namen «Wöchentliche
Zei- tungen» führte, ist sehr alt, doch ist das Jahr ihrer Gründung nicht festzustellen;
die älteste vorhandene Nummer
stammt aus dem I. 1626. Der Titel Magelone Z. erscheint in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. Das Blatt,
[* 43] das sich
fortgesetzt im Besitz einer Fa- milie befand, ist in der Provinz Sachsen und darüber hinaus besonders in Anhalt, Vraunschweig,
Thürin- gen und Brandenburg weit verbreitet.
Teil genehmigt, 1839 und 1840 eröffnet, und zwar Magdeburg-^chönebeck29. Juni, von Schönebeck bis zur Saale bis Cöthen19. Juni,Cöthen-Halle23. Juli und
Halle-Leipzig (S. Leipzig-Dresdener Eisenbahn.) Nachdem die Magelone E. durch den Bau weiterer Strecken, so der Halle-Casseler
Eisenbahn (s. d.), auf eine Gesamt- länge von 369,4 km angcwacbsen
war, wurde die Hauptbahn 1876 mit den Zweigbahnen Schönebeck- Stasisurt und Staßfnrt-Löderburg durch dieMagdc- burg-Halbcrstädter
Eisenbabn, der Rest vom preuß. Staate angekauft. Mägdeherbergen,
ein Seitenstück zu den Her- bergen zur Heimat (s. o.), gewäbren
stellenlosen Dienstmädchen und schutzlosen Arbeiterinnen in größern Städten Unterkommen und sichere
Zuflucht. Stellenvermittelung ist mit sämtlicben Magelone verbun- den;
die Dauer des Aufenthalts ist unbeschränkt.
Eine Reihe
von Magelone find mit Mägdebildungsanstal- ten verbünden. Es bestehen in Deutschland gegen 50 Magelone. - Unterschieden von diesen Hänsern,
in denen nur ebrbarc Mädchen aufgenommen werden, sind die zur Rettung gefallener Mädchen bestimmten
Magdalenenstifte, deren es etwa 20 in Dcutfch- land giebt.
Hier finden dein Laster verfallene Mäd- chen eine Freistätte,
in der sie jahrelang verbleiben können.
Mägdesprung,
schroffe Felsenspitze im anhält. Kreise
[* 44] Ballcnstcdt, im Selkethal im Harze, unweit Alerisbad (s. d.), mit 3 m
hohem Eiscntreuz. An ihrem Fuße liegt das Hüttenwerk und der Ort Magelone mit (1890) 278 E. und einem zu Ehren des Fürsten FriedrichAlbrecht von Anhalt-Bernburg (gest. 1796) errichteten 19 m hohen gußeisernen Obelisk.
Mage, altdeutsches'Wort, das Verwandter be- deutet. In der Rechtssprache bezeichnete man alle Verwandten ausier der engsten
Familie und Haus- genossenschaft als Magen.
[* 45]
Nach dem Sachsen- spiegel I, 3, §. 3, sind die Gesckwisterkinder die erste Sippzahl,
welche man zu den Magelone rechnet;
im Schwa- benspiegel werden bereits die Geschwister als Magelone angesehen, an
andern Orten werden alle Blutsver- wandten als Magelone bezeichnet.
Echwertmage u sind die männlichen Verwandten, welche zugleich
durck Männer verwandt sind, Spillm agcn (Spindel - magen, Kunkelmagen) sind die weiblichen Ver- wandten, und auch die männlichen,
falls sie durch Frauen verwandt sind. In Süddeutschland und in der Schweiz
[* 46] unterscheidet man Vatermagen
und Muttermagen, nämlich Verwandte von väter- licher oder mütterlicher Seite.
Die Verwandtschaft beißt zusammeu M a g c
ns ch af t. Auch kommt das Wort M agen s ch c id für Erbvergleich vor. -
Vgl. Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts,
Bd. 5 (Berl. 1885),
§. 286,1; Deecke, Die deutschen Ver- wandtschaftsnamen (Weim. 1870).
Magelang, Hauptort der Residentschaft Kedu (s. d.) auf Java. Magelhaugans, s. Gans. lFernäo de. Magellan (spr. machclljahn),
s. Magalhäes, NIa.Fe11a.nioa., s. Eüdpolarländer.
Magelöue, die Heldin eines verbreiteten deut- schen Volksbuches, ist
die Tochter eines Königs von Neapel.
[* 47] Von dem Rufe ihrer Schönheit angelockt, bcgiebt sich Peter, der
Sohn des Grafen von Pro- vence, an den Hof
[* 48] ihres Vaters und gewinnt als der unbekannte Ritter mit dem silbernen Schlüssel alle
Preise im Turnier und ihr Herz. Da sie einen andern heiraten soll, eutslchrt er sie.
Unterwegs raubt ibr während des Schlafs
ein Raubvogel den roten Zindel, worin sie drei ihr von Peter geschenkte Ringe verborgen, hatte.
Als Magelone beim Erwackcn ihren Ge- liebten uicht findet, geht sie nach der Provence, wo sie auf einer kleinen
Insel von ibren Schätzen eine
¶
mehr
Magdeburg-Wittenberge-Kirche und ein Spital baut und Kranke pflegt. In eben dieses Spital gelangt Peter, nachdem er wieder frei
geworden, und nun erst werden die Liebenden vermählt.
Aus der Magdeburg-Halberstädter genannten Insel wurden beide begraben.
Diese Sage soll ein Stiftsherr dieser Kirche, Bernard de Trivies, im 12. Jahrh. in provencal.
Versen behandelt
haben;
doch ist diese Angabe wahrscheinlich nur eine Erfindung, durch die sich der Verfasser des franz.
Prosaromans von 1457 (gedruckt 1480) den Glauben sichern wollte.
Dieser Roman wurde in fast alle europ. Sprachen übersetzt.
[* 45] (Ventriculus, Stomachus), die sackartige Erweiterung des Verdauungskanals zwischen der Speiseröhre
und dem Dünndarm, in der die Nahrungsmittel
[* 51] längere Zeit zurückgehalten, mit dem Magensaft innig gemischt und dadurch zum
großen Teil gelöst und resorbiert werden. Der Magen liegt quer im obern Teile der Bauchhöhle unmittelbar unter dem Zwerchfell
hinter der sog. Magengrube und wird auf der rechten Seite zum Teil vom linken Leberlappen bedeckt. Unter
ihm liegt das mittlere Stück des Quergrimmdarms, hinter ihm die Bauchspeicheldrüse, links die Milz.
Die in der Mittelebene des Körpers gelegene Speiseröhre mündet nicht in das äußere linke Ende des Magen, sondern mehr rechts,
so daß links von der Eingangsöffnung des Magen, dem sog. Magenmunde (cardia), noch ein blindsackförmiges
Stück des Magen, der Magengrund (fundus ventriculi), gelegen ist. (S. die Tafel: Die Baucheingeweide des Menschen I, 1-4.) An der
in den obern Teil des Dünndarms (Zwölffingerdarm) führenden Öffnung des Magen befindet sich ein starker, ringförmiger Muskel,
welcher die Öffnung zu verschließen im stande ist; er bildet den sog.
Pförtner (pylorus). In natürlicher Lage hat der Magen des Menschen annähernd eine halbmondförmige Gestalt, mit nach unten gerichteter
Krümmung.
Der untere Magenrand ist länger als der obere und wird die größere Krümmung (curvatura major) genannt, der obere Rand
heißt die kleinere Krümmung (curvatura minor). Die mittlere Länge des Magen beträgt beim Erwachsenen
25-30 cm, seine Breite
[* 52] 9-12 cm, so daß er 3-5 l Flüssigkeit zu fassen vermag. Die Häute des Magen bestehen wie die des ganzen
übrigen Darms (s. d.) aus einem äußern zarten serösen Überzug, welcher einen Teil des Bauchfells bildet, einer mittlern,
aus längs und aus quer verlaufenden Fasern bestehenden Muskelschicht und einer innern, sammetartig weichen blutgefäßreichen
Schleimhaut, der sog. Magenschleimhaut, als deren wichtigster Bestandteil die zahllosen Lab- oder Pepsindrüsen (glandulae
digestivae), kleinste einfache cylindrische Schläuche, hervorzuheben sind, von welchen das wirksame Sekret des Magen, der
Magensaft (succus gastricus), abgesondert wird.
Die verschluckten Speisen verweilen im M. längere Zeit (nach einer vollen Mahlzeit mehrere Stunden) und
erleiden hier diejenige wichtige Veränderung, welche man als Magenverdauung bezeichnet. Bei derselben werden die Eiweißkörper
und das leimgebende Gewebe
[* 55] aufgelöst und so zur Aufsaugung vorbereitet, die selbst mittels der Lymphgefäße des Magen erfolgt.
Seine eigentümliche Wirkung verdankt der Magensaft einem sog. Ferment, dem Pepsin, welches seine Thätigkeit
jedoch nur unter Mitwirkung der im Magensaft zugleich vorhandenen freien Säure (Milchsäure, Salzsäure) entfaltet.
Die Verdauungsprodukte der Eiweißkörper heißen Peptone. BeimAustritt aus dem Magen bildet die unveränderte Speisemasse einen
dünnen, sauren Brei, den Speisebrei oder Chymus (s. d.), welcher im Dünndarm weitern chem. Umwandlungen anheimfällt. Die Einwirkung
des Magensaftes auf alle tierischen Substanzen ist so stark, daß durch ihn der Magen des lebenden Tieres selbst verdaut werden
würde, wenn er nicht beständig durch das in den Haargefäßen der Magenschleimhaut cirkulierende alkalische Blut neutralisiert
würde; in den Leichen dagegen, in welchen diese Neutralisation fehlt, findet sich der Magen mitunter durch
seine eigene Thätigkeit zerstört (s. Magenerweichung).
Von der beschriebenen Form ist der Magen bei allen Säugetieren, mit Ausnahme der Zweihufer (Wiederkäuer),
[* 56] die vier
hintereinander gelegene Magen haben (s. Wiederkäuer), der Schlankaffen und Kängurus. Bei den körnerfressenden Vögeln hat der
Magen kräftige Muskelwandungen und ist mit zwei festen hornigen Reibplatten versehen, die der
mechan. Bearbeitung der vorher erweichten Nahrungsmittel dienen.
Magenbiesfliegen (Gastrophilus), Gattung der Biesfliegen. Die Weibchen legen ihre Eier
[* 57] an die Haare
[* 58] der Pferde
[* 59] ab. Die auskriechenden Larven kitzeln durch ihre Bewegungen das Pferd,
[* 60] veranlassen es zum Lecken, hängen
sich an die Zunge und gelangen so in das Maul und in den Magen, wo sie sich festhaken und etwa zehn Monate verbleiben,
bis sie erwachsen sind und mit dem Kote abgehen, um sich in der Erde zu verpuppen. Wenn die Larven in Menge auftreten, können
sie bei dem Pferde schwere Erkrankungen, selbst den Tod veranlassen. Fast über die ganze Erde verbreitet ist die große Magenbremse
(Gastrophilus equi F., s. Tafel: Insekten
[* 61] III,
[* 49]
Fig. 5, a Ei,
[* 62] b, c Larven in verschiedenen Entwicklungsstadien,
d Puppe, e Fliege).
(spr. maschängdih), François, franz. Physiolog,
geb. zu Bordeaux,
[* 63] studierte
¶
mehr
in Paris,
[* 65] wurde Arzt am Hôtel-Dieu und 1831 Professor am Collège de France. Er starb zu Sannois bei Paris. Magendie erwarb
sich besonders Verdienste um die Experimentalphysiologie und förderte die Physiologie sowie die Pathologie durch zahlreiche
wichtige Entdeckungen. Er schrieb: «Précis elémentaire du physiologie» (2 Bde.,
Par. 1816; 4. Aufl. 1836; deutsch von Heusinger, 2 Bde.,
Eisenach
[* 66] 1834-36, und von Elsässer, 3. Aufl., 2 Bde.,
Tüb. 1834-36),
«Formulaire pour la préparation et l'emploi de plusieurs nouveaux médicaments»
(Par. 1821; 9. Aufl. 1836; deutsch von Kunze, 6. Aufl.,
Lpz. 1831),
«Leçons sur les phénomènes physiques de la vie»
(4 Bde., Par. 1836-42; deutsch von Baswitz, 2 Bde.,
Köln
[* 67] 1837),
«Leçons sur les fonctions et les maladies du système nerveaux» (2 Bde.,
Par. 1839; deutsch von Krupp, Lpz. 1841),
«Recherches physiologiques et cliniques sur le liquide céphalorachidien ou cérébro-spinal»
(Par. 1842). -
ein Apparat, bestehend aus einer Magensonde (s. d.) und einem mit dieser durch einen Kautschukschlauch
in Verbindung stehenden Glastrichter oder Irrigator (s. d.), wird zum Ausspülen des Magens benutzt.
(Gastritis), die Entzündung der Magenschleimhaut. Die geringern Grade der Magenentzündung pflegt man als Magenkatarrh
(s. d.) zu bezeichnen; schwerere Grade, bei denen ein eiteriges oder kruppöses oder diphtheritisches
Exsudat abgesetzt wird oder eine ausgedehnte Zerstörung der Magenwände erfolgt, sind verhältnismäßig selten und meist
die Folge von Vergiftung mit ätzenden Alkalien, Mineralsäuren oder Metallsalzen (Gastritis toxica). Die schwerste Form der
Magenentzündung, die sog. Magenphlegmone oder phlegmonöse Gastritis, bei welcher das Unterschleimhautgewebe des Magens
der Sitz einer ausgedehnten Eiterung ist, kommt besonders als Teilerscheinung schwerer pyämischer und puerperaler Affektionen
vor.
Derartige Fälle geben sich durch ungemein heftige Schmerzen in der Magengegend und dem Unterleibe, durch Erbrechen schleimiger
und blutigschleimiger Massen, blutige Stuhlentleerungen, kleinen Puls, eisig kalte Hände und Füße und
klebrigen kalten Schweiß zu erkennen und führen oft schon nach wenigen Stunden zum Tode. Die Behandlung erheischt die schleunigste
Entfernung des betreffenden Giftes durch ein Brechmittel oder die Magenpumpe, Darreichen des entsprechenden Gegengiftes, die
äußere und innere Anwendung der Kälte in Form von Eisbeuteln, Eispillen und Eiswasser und die Hebung
der gesunkenen Herzthätigkeit durch belebende und erregende Mittel.
(Gastromalacia), eine nur an Leichen vorkommende, durch Selbstverdauung hervorgerufene Veränderung
des Magens, bei welcher dessen Wände gallertartig erweicht oder in eine dunkelbraune bis schwärzliche, leicht zerreißliche
Masse verwandelt sind.
(Gastrectasis, Dilatatio ventriculi), eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende
Ausdehnung des Magens, durch welche der letztere derart an Kontraktionskraft einbüßt, daß er seinen Inhalt nur träge und
unvollständig in den Dünndarm überführt. Geringere Grade der Magenerweiterung werden wohl auch als Mageninsufficienz oder Atonie des Magens
bezeichnet; in hochgradigen Fällen kann die Ausdehnung
des Magens so beträchtlich sein, daß der letztere
den größten Teil der Bauchhöhle erfüllt und alle übrigen Organe mehr oder minder verdrängt.
Die Ursachen der Magenerweiterung sind mannigfach. Häufig findet sie sich im Verlauf des chronischen Magenkatarrhs, bei dem es leicht zu
Stauungen, Zersetzungen und Gärungen des Mageninhalts kommt, wodurch derselbe stets übermäßig ausgedehnt wird; ebenso kann
auch die gewohnheitsmäßige Überfüllung des Magens mit schwerverdaulichen vegetabilischen Nahrungsstoffen wirken; ferner
tritt sie leicht ein, wenn bei. der Heilung eines Magengeschwürs, das in der Pförtnergegend gelegen ist, eine narbige Verengerung
des Pförtners (s. Magen) erfolgt oder Geschwülste denselben verlegen und so der Austritt des Speisebreies aus dem Magen mechanisch
erschwert wird. Auch bei Hysterie, Nervenschwäche und andern Nervenkrankheiten ist Magenerweiterung nicht selten.
Die wichtigsten Symptome der Krankheit sind Appetitlosigkeit und Übelkeit, abwechselnd auch Heißhunger und Durst, Sodbrennen,
Druck und Völle in der Magengegend, häufiges Ausstoßen und Erbrechen von übelriechenden und mißfarbigen Massen, auch magern
die Kranken meist beträchtlich ab. Beim Beklopfen findet man über dem erweiterten und gashaltigen Magen
tympanitischen Perkussionsschall, beim Befühlen hört und fühlt man oft deutlich das Hin- und Herschwappen des flüssigen
Mageninhalts; mit Sicherheit läßt sich die Krankheit aber nur durch die Untersuchung mittels der Magensonde und Magenpumpe
erkennen.
Die Behandlung muß sich vor allem gegen die vorliegende Grundursache richten; von großem Nutzen sind
regelmäßige Ausspülungen des Magens vermittelst der Magendouche oder Magenpumpe, durch welche die angehäufte und zersetzte
Speisemasse aus dem erweiterten Magen entfernt und dieser entlastet und dadurch befähigt wird, sich allmählich wieder auf
seinen normalen Umfang zusammenzuziehen, sofern nicht mechan. Hindernisse am Pförtner, die höchstens
durch operative Eingriffe entfernt werden können, die Ursache sind. Bei unheilbarer Verengung des Magenpförtners, z. B. bei
krebsiger Entartung, ist eine operative Behandlung vorzunehmen (s. Magenresektion, Gastroenterostomie). -
Vgl. Kußmaul, über
die Behandlung der Magenerweiterung durch eine neue Methode (Freib. i. Br.
1869);
Penzoldt, Die Magenerweiterung (Erlangen
[* 68] 1875).
ein Fistelgang, der von der Magenhöhle nach der äußern Bauchwand führt und auf
dieser ausmündet, entsteht entweder durch Aufbruch eines Magengeschwürs oder eines Abscesses oder infolge einer Schuß- oder
Stichverletzung des Magens, und verursacht je nach der Lage und Größe der vorhandenen Fistelöffnung verschiedene Beschwerden.
Wenn der größte Teil der genossenen Nahrung aus der Fistelöffnung ausfließt, leidet natürlich die
Ernährung des Kranken beträchtlich, während in andern Fällen der Säfteverlust nur gering ist. Künstliche Magenfistel werden
bei Verengungen der Speiseröhre angelegt (s. Gastrostomie).
auch rundes, chronisches oder perforierendes Magengeschwür genannt (Ulcus ventriculi rotundum
s. chronicum s. perforans), ein häufiges und nicht ungefährliches Magenleiden,
bei welchem sich ein erbsen- bis thalergroßes rundes
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mehr oder weniger tiefes Geschwür in der Magenwandung vorfindet. Über dieUrsachen dieser Geschwürbildung ist noch nichts
Sicheres ermittelt; nur so viel scheint gewiß, daß das Magengeschwür durch eine Art von Selbstverdauung des Magens, d. h. durch die
Einwirkung des sauren Magensaftes auf solche Stellen der Magenschleimhaut entsteht, in denen die Cirkulation
des Blutes aus irgend welcher Ursache (durch Verstopfung, Krampf der kleinen arteriellen Gefäße u. s. w.) verlangsamt oder
aufgehoben ist. Man pflegt deshalb neuerdings das Magengeschwür geradezu als peptisches Magengeschwür zu
bezeichnen. Das Magengeschwür kommt hauptsächlich im mittlern Lebensalter, doch auch im höhern Alter vor, häufiger beim weiblichen
als beim männlichen Geschlecht und befällt besonders bleichsüchtige, blutarme und schwächliche Individuen.
Die Disposition für das runde Magengeschwür ist eine sehr verbreitete; von je 20 Leichen findet man sicher eine mit einem frischen oder
vernarbten Magengeschwür.
Bisweilen verlaufen selbst größere Magengeschwür ohne jedwede Krankheitserscheinungen; Thatsache ist wenigstens, daß bei Sektionen
mitunter im Magen ausgedehntere, von Magengeschwür herrührende Narben vorgefunden werden, ohne daß während des
Lebens irgend welche Symptome vorhanden waren. In der Regel freilich giebt sich das Vorhandensein eines Magengeschwür durch einen
eigentümlichen dumpfen Wundschmerz in der Magengegend zu erkennen, der durch Druck von außen, durch enganliegende Kleider
und durch die Nahrungszufuhr, insbesondere durch schwer verdauliche und scharfe Speisen und Getränke
gesteigert wird und zeitweilig in heftige, kaum erträgliche Anfälle von Magenkrampf (s. d.) übergeht; daneben besteht gewöhnlich
lästiges Sodbrennen, öfters nach dem Essen
[* 71] erfolgendes Erbrechen, hartnäckige Stuhlverstopfung und Abmagerung.
Verhältnismäßig häufig kommt es im Verlauf des chronischen Magengeschwür durch Anfressung größerer Blutgefäße zu
mehr oder minder erheblichen, bisweilen selbst lebenbedrohenden Magenblutungen, bei welchen das ergossene Blut entweder durch
Erbrechen (s. Blutbrechen) oder durch die Stuhlentleerungen oder auf beiden Wegen zugleich entleert wird. Die Prognose beim
chronischen Magengeschwür, dessen Dauer sich meist über Monate, selbst Jahre erstreckt, ist im allgemeinen günstig, insofern bei sorgsamer
Beachtung und zweckmäßigem diätetischen Verhalten gewöhnlich Heilung erfolgt; gefährlich wird das Magengeschwür, wenn infolge von
Durchbohrung der Magenwände der Mageninhalt in die Bauchhöhle austritt und eine allgemeine meist tödliche Bauchfellentzündung
erzeugt, oder wenn Blutungen eine lebenbedrohende Höhe erreichen.
Hinsichtlich der Behandlung ist als oberster Grundsatz zu betonen, dem Magen möglichste Ruhe zu verschaffen.
Der Kranke darf wochenlang hindurch nur eine flüssige, vollkommen reizlose Kost, und auch diese jedesmal nur in kleinen
Mengen genießen und nur ganz allmählich und vorsichtig mit eintretender Besserung zu einer konsistentern Nahrung übergehen.
Ganz besonders empfiehlt sich eine längere ausschließliche Milch- oder Buttermilchkur; im Anfang genieße
der Kranke die süße, frisch gemolkene oder abgekochte Milch nur eßlöffelweise oder, wenn sie nicht vertragen wird, mit
Zusatz von Kalkwasser oder doppeltkohlensaurem Natrium oder kleinen Mengen Weizenmehl (Milchsuppen).
Auch Leubes Fleischsolution (s. d.) eignet sich vortrefflich für diesen Zweck. Bei sehr
heftigen Schmerzen empfehlen sich längeres Bettliegen, warme Breiumschläge
oder Prießnitzsche Umschläge
auf die Magengegend und im Notfall die narkotischen Mittel. Sehr günstig pflegt auch der kurgemäße Gebrauch der kohlensauren
Alkalien, insbesondere der Mineralwässer von Karlsbad und Marienbad, auf die Vernarbung der Magengeschwür einzuwirken.
Von den Medikamenten werden namentlich der Höllenstein und das basisch salpetersaure Wismutoxyd empfohlen. Gegen eintretende
Magenblutungen ist so zu verfahren, wie unter Blutbrechen (s. d.) ausführlich angegeben. -
Vgl. von Ziemssen,
über die Behandlung des einfachen Magengeschwür (Lpz. 1871);
Herzgrube (Scrobiculus cordis), breite flache Grube in der Mitte der Oberbauchgegend, hinter der nicht,
wie viele Laien meinen, das Herz, sondern der Magen liegt. (S. Magen.)
ein mit Erbrechen verbundener Husten, welcher dadurch zu stande kommt, daß eine Reizung der in der Magenschleimhaut
sich verzweigenden Äste des Nervus vagus reflektorisch auf die Lungenäste überstrahlt und so Hustenanfälle erzeugt.
Reiner
Magenhusten ist sehr selten;
der Husten, welchen die Laien unter Magenhusten verstehen, beruht entweder auf chronischem
Rachenkatarrh (s. Rachen) oder auf Lungenemphysem (s. Emphysem).
(Catharrhus ventriculi, Gastritis, Status gastricus, Gastricismus, verdorbener Magen), die katarrhalische
Entzündung der Magenschleimhaut, gehört zu den häufigsten akuten Krankheiten des Kulturmenschen, tritt in verschiedenartigen
Formen und Graden, unter den mannigfaltigsten Symptomenauf und besitzt eine große Neigung, bei Nichtbeachtung
und Vernachlässigung in einen chronischen Zustand überzugehen. Kinder und Greise sowie blutarme, schwächliche und herabgekommene
Personen werden besonders leicht vom Magenkatarrh ergriffen.
Unter den Ursachen der Krankheit stehen die Überfüllung des Magens sowie der Genuß schwer verdaulicher,
namentlich fetter und leicht gärender oder in Zersetzung übergegangener Speisen und Getränke obenan; auch der Genuß übermäßig
heißer oder sehr kalter Nahrungsmittel (Eis,
[* 72] Eiswasser), scharfer Gewürze, insbesondere Senf und Pfeffer, sowie starker alkoholischer
Getränke, ferner unnötiges Medizinieren ruft häufig Magenkatarrh hervor. Ebenso haben Erkältungen, insbesondere
Durchnässungen des erhitzten Körpers sowie Erkältungen der Oberbauchgegend oder der Füße öfters
Magenkatarrh zur Folge; auch kann heftiger Ärger (durch reichlichen Gallenerguß in den Magen) sowie langes Hungern Magenkatarrh verursachen.
Die Veränderungen, welche die Magenschleimhaut beim akuten Magenkatarrh darbietet, bestehen in einer beträchtlichen Rötung, Schwellung
und Auflockerung der Schleimhaut, welche mit einem zähen, glasigen, bisweilen auch blutig gefärbten
Schleim bedeckt ist; dabei ist die Muskelhaut gewöhnlich erschlafft und der Magen durch Gasentwicklung ausgedehnt. Beim chronischen
Magenkatarrh findet sich die Schleimhaut entweder verdünnt, die Magenwand glatt, blutleer, von grauen Pigmentflecken
durchsetzt, oder die Magenschleimhaut ist verdickt, wulstig, uneben, warzig erhaben und auch die Muskelschicht deutlich
hypertrophisch (s. Magenverhärtung).
Die Symptome des Magenkatarrh bieten eine große Mannigfaltigkeit und Abwechselung dar. Der akute
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