geome-Unter den
Krankheiten der Linear sind hervorzuheben: die meist angeborene Lippenspalte oder Hasenscharte (s. d.);
die Doppellippe,
eine chronisch-ödematöse Schwellung der Oberlippe, bei welcher hinter der Oberlippe nach der Mundseite zu ein dicker wurstartiger
Wulst gleichsam in Form einer zweiten Lippe
[* 2] erscheint;
endlich der
Lippenkrebs, welcher fast ausschließlich die Unterlippe älterer
Männer befällt, zunächst als ein
kleines höckeriges Knötchen in der
Haut
[* 3] der Lippe erscheint,sich sodann als verjauchende und zerfallende
Geschwulst ausbreitet
und nur durch eine frühzeitige
Operation geheilt werden kann.
Häufig sind die Linear auch der Sitz syphilitischer
Geschwüre.
(Corolla labiata), eine
Blüte,
[* 5] in der der Rand der verwachsen-blätterigenBlumenkrone
durch zwei tiefer als die andern verlaufende Einschnitte in zwei lippenförmige Zipfel geteilt ist;
man unterscheidet dann
nach der
Stellung eine Ober- und eine Unterlippe, die letztere stellt den vordern, die erstere den hintern Zipfel dar (s.
Textfigur 10 zu
ArtikelBlüte).
Die Lippenblume kommt in verschiedenen Familien vor, besonders bei den Labiaten
und Scrophulariaceen.
Scheiben und Klötzchen aus einer leichten Holzart, die von mehrern südamerik. Indianerstämmen,
besonders von den
Botokuden (s.
Tafel:
Amerikanische Völkertypen,
[* 1]
Fig. 18, Bd.
1, S. 526),
Abiponen,
Toba, Pavagua,
Bororo
[* 1]
(Fig. 16),
Caraja
[* 1]
(Fig. 17) u. a. in der Unterlippe getragen werden; ähnliche
Pflöcke sind oft auch im Ohrläppchen als Schmuck befestigt. Die Löcher werden in die Lippen dicht unter dem Lippenrot in früher
Jugend gebohrt und durch Einstecken immer größerer Scheiben mehr und mehr erweitert, wodurch
die untern Schneidezähne ausfallen und die
Sprache
[* 7] beeinflußt wird.
Franz Jos.,
Freiherr von, Verlagsbuchhändler, geb. in
Berleburg in Westfalen,
[* 9] errichtete in
Berlin
[* 10] unter der Firma
Franz Lipperheide eine Verlagsbuchhandlung, deren Hauptunternehmen die Zeitschrift
«Die Modenwelt» (s. d.) ist.
Lipperheide selbst gab heraus: «Lieder zu Schutz und Trutz. Gaben deutscher Dichter aus der
Zeit des
Krieges im J. 1870 und 1871» (die
Volksausgabe in 72000 Exemplaren),
«Mustersammlung von Holzschnitten aus engl., nord-amerik.,
franz. und deutschen
Blättern» (10 Lfgn., 1885‒86). Auch legte er eine große kostümwissenschaftliche
Sammlung (Werke, Handzeichnungen,
Bilder) sowie eine Sammlung antiker
Bronzen an (beschrieben von F. von Wieser, Innsbr. 1894).
Lipperheide erhielt 1892 den erblichen königlich preuß. Freiherrntitel. Zur Ausschmückung
des
Buchhändlerhauses in
Leipzig
[* 11] stiftete er zwei (1894 vollendete) Wandgemälde von Professor Woldemar
Friedrich. – Seine
Gattin, Frieda Freifrau von Lipperheide, geborene Gestefeld, geb. in
Lüchow in Hannover,
[* 12] ist Leiterin der «Modenwelt» und verwertete eine in
ihrem
Besitz befindliche Sammlung von
Spitzen,
Stickereien u.dgl. zur
Reform der weiblichen
Handarbeit in: «Musterbücher für
weibliche
Handarbeit» (6 Sammlungen und
Neue Folge, 2 Bde., 1878‒90 u. ö.),
«Die dekorative Kunststickerei» (1888 fg.),
«Häusliche Kunst» (1894) u. a.
– Im Verlag der Firma erschienen ferner noch: «Lehrbücher der Modenwelt» (3 Bde.,
1885‒92),
«Blätter für Kostümkunde» (hg. von
A. von
Heyden, 1876 fg.) u. a. Das
Geschäft hat eine Filiale in
Wien
[* 13] (seit
1881) und eine Pensions-,
Witwen- und Waisenkasse, errichtet 1890 mit 200000 M. Grundkapital. –
Vgl.
Zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen der «Modenwelt», 1865‒90 (Berl.
1890).
Julius, Kulturhistoriker, geb. zu
Braunau in
Böhmen,
[* 14] studierte in
Prag,
[* 15] wurde 1864 Professor an der
Oberrealschule in Leitmeritz, 1869 Direktor der
Volks- und höhern
Töchterschule in
Budweis, 1872 der Oberrealschule daselbst, 1874 Wanderlehrer
und 1875 Generalsekretär der Gesellschaft für
Verbreitung von Volksbildung in
Berlin. Er lebt seit 1885 als
Schriftsteller zu Leitmeritz-Kundratitz, wurde 1887 in den österr. Reichsrat und in den böhm.
Landtag gewählt und ist seit 1890
Beisitzer des Landesausschusses des Königreichs
Böhmen. Er schrieb namentlich: «Der Seelenkult
in seinen
Beziehungen zur althebr.
Religion» (Berl. 1881),
«Die
Religionen der europ. Kulturvölker, der
Litauer,
Slawen,
Germanen, Griechen und
Römer
[* 16] in ihrem geschichtlichen Ursprunge» (ebd. 1881),
«Christentum, Volksglaube und
Volksbrauch» (ebd. 1882),
«Allgemeine Geschichte des Priestertums» (2 Bde.,
ebd. 1883),
«Die Geschichte der Familie» (Stuttg. 1884),
«Kulturgeschichte der Menschheit» (2 Bde.,
ebd. 1886‒87).
Phil.
Dan., Zeichner, geb. zu Meißen,
[* 17] erlernte das Glaserhandwerk
und fand dann in der Meißener Porzellanfabrik
Arbeit. Er wurde 1738 Zeichner am Hauptzeughause in
Dresden
[* 18] und 1739 Zeichenlehrer
bei den königl.
Pagen, 1765 Aufseher der
Antiken bei der
Akademie der Künste und starb in
Dresden. Die Bekanntschaft
mit den Mischungen der Meißener Porzellanmasse veranlaßte ihn, sich im Nachahmen alter Pasten (s. d.)
zu versuchen. Er erfand eine weiße
Masse, der er neben einer fast unzerstörbaren
Dauer einen vorzüglichen
Glanz zu geben
wußte. Die
Abdrücke in dieser
Masse vereinigte er in seiner «Dactyliotheca», welche 3149
Abdrücke enthält, die in 57
Tabletten
und in drei
Bände verteilt sind (Bd. 1
u. 2, mit dem lat. Katalog von
Christ, Lpz. 1755‒56; Bd. 3,
mit
Register von Heyne, ebd. 1763,
Fol.; deutsch, Bd. 1
u. 2, von Thierbach, 1767, und das
Supplement 1776).
¶
forlaufend
204
Lippfische oder Labroiden (I^W-oiä^i), der Name einer zahlreichen (etwa 400 Arten umfassende) , Familie der Hafttiefer (s. d.),
^von gestrecktem Kör- per, mit meist ansebnlichen Scknppen, kräftigem Gebiß, brustständigen Bauchflosfen und einer zu-
sammenhängenden Rückenflosse, deren stachlichter Teil von gleicker Größe wie der weicke oder größer ist. Manche baden
wnlstig aufgeworfene Lippen. Die meisten zeichnen sich durch prächtige Färbung aus. Die Lippspringe nähren
sich hauptsächlich von Mollusken
[* 20] - und finden sich in allen tropiscken und gemäßigten z Meeren; ibr Fleisch ist wenig wert.
Hn den Lippspringe ge- l hören der Meerjunker (s. d.) und die Kerblipp-
, fifche (^renilüdin^) mit gezalmeltem Kiemendeckel, ! zu welchen die Goldmaid (s. d., CiouilÄdiug,
Naiiioni (). et I.; s. Tafel: Buntfarbige Fische,
[* 21] Fig. 1, beim Artikel Fische) und der Drosselfisch (^oss^Inis nxililn'ig F?.,
[* 19]
Fig. 8) zu rechnen sind.
Lippi, Filippino, ital. llltaler, der natürliche Sohn des folgenden, geb.
etwa 1457, gest. 18. April ! 1504 in Florenz,
[* 22] lernte bei Bottieelli. Er vollendete > die Fresken Masaeeios
in der Kirche Sta. I^taria ^ del Carmine in Florenz (Panlus bei dem gefan- genen Petrus, Erweckung des Königssohns, Be- freiung
Petri, Petrus und Paulus vor dem Pro- konsul, Kreuzigung Petri), sckmückte 1488-93 in! Sta. Maria sopra Vtinerva zu Rom
[* 23] eine Kapelle ! mit Fresken, welche den beil.
Tbomas von Aquino ! verberrlicben, und malte ferner in Sta. 'Nlaria No- vella zu Florenz Fresken. Von seinen Tafelbildern sind
die hervorragendsten: Maria dem beil. Bern- hard erscheinend (1480; Florenz, Kircbe La Badia), Tbronende Madonna mit .heiligen
(1485; Florenz, Uffizien), Anbetung der Könige (149l; ebd.), Heiliger Franziskns in der Glorie (London,
[* 24] Nationalgalerie).
Naturtreue, dramat. Bebandlung und treffende Cha- rakteristik, zugleich aber eine Neigung zum
Bizarren, Übertriebenen kennzeicknen seine Werke; in der Füllung der Bilder mit antikisierendem Beiwert ^ huldigte er dem
Geschmack seiner Zeit. ! Lippi, Fra Filippo, ital. Maler, geb. wabrsckein- ^ lich 1402 zu Florenz, trat
in den Orden
[* 25] der Karme- ! liter ein, in deren Kirche er die vollkommensten Malereien jener Zeit, die Fresken Masaceios, ent-
stehen sah.
Aus seinem Leben wird mancber roman- hafte Zug
erzählt. Er soll Seeräubern in die Hände > gefallen sein^ die ibm aus
Acktnng vor seiner Kunst ^ Leben und ^reibeit sckenkten, gelangte dann zu geist- licben Ämtern und entführte als Kaplan
eines Nonnenklosters in Prato eine Nonne, Spinetta Buti, die er häufig als Madonna porträtierte. Ein leb- hafter Sinn für
die Wirklichkeit ließ ihn in einer für die Folgezeit bestimmenden Weise das Nein- menschliche und Naivnatürlicbe
in feinen Madonnen- darstellungen hervorbeben, wie ee äbnlick zu glcicker Zeit von Luea della Nobbia geschah.
Die Bilder aus seiner Jugend erinnern durch zarten Ausdruck und Farbenbebandlung an die Werke Fiesoles. Her- vorragende Werke
sind seine Fresken in Prato (Le- gende Johannes' des Täufers und des heil. Stepba- nus) und Epoleto (Leben
der Jungfrau Maria). Noch bevor er die letztern vollenden konnte, starb er 9. Okt. 14 und liegt im dortigen Dom begraben. Die
Stadt Spoleto weigerte sicb, den Leichnam des berübmten Malers herauszugeben, weil sie nickt wie seine HeimatFlorenz Überfluß
an Berühmtheiten habe.
Von seinen Tafelbildern sind zu
nennen: Krö- nung Maria (Florenz, Akademie), Madonna (Flo- renz, Nffizien),
Madonna mit Engeln und Heiligen ! (Paris,
[* 26] Louvre), Verkündigung Maria (München,
[* 27] Alte Pinakotbek). I.ippia. ^., artenreiche Gattnng
füdamerik. Pflanzen aus der Familie der Verbenaceen (s. d.), Halbsträucher mit rutenförmigen Zweigen, gegen- oder quirlständigen
rauben Blättern und röbren- förmiger Blumenkrone, deren schiefer, vierspaltiger Saum fast zweilippig
ist. Lippspringe (^i0)'8w) citi-ioäoi-Ä /Q/l. aus Peru
[* 28] besitzt nach Citronen duftende Blät- ter, wird als Punfchpflanze oder Citronen-
kraut oft im Kalthause kultiviert und bisweilen zum Parfümieren des Thees benutzt; in Südspanien ist sie Gartenpflanze.
Lippischer Wald, im Mittelalter Osneggi uud O s n ing, ein Teil des TeutoburgerWaldes; er erstreckt sich 30 km
weit durch das Fürstentum Lippe vom Velmerstot oder Völmerstod (s. Egge)
[* 29] bis zu der Schlucht von Örlinghausen und wird
fast in der Mitte von der Dörenfchlncht qner durchfetzt. Er besteht aus zwei durch tiefen Thalgrund getrennten, beinahe
parallelen Ketten. Zu der westlichen gehören die KleineEgge (333 m), über welche die Kunststraße von Horn nach Kohlstädt
und Paderborn
[* 30] führt, der Barnacken (454 m), die GroßeEgge (352 m), mit der ältern Kunststraße von Horn nach Paderborn, da5
Winfeld (421 m). Zur östl. Kette gehören der 318 in hohe Bergrücken, an welchem die Externsteine (s. d.)
liegen, der Stemberg (415 m) bei Holzhausen und die Grotcnburg (s. d.) mit dem
Hermanns- denkmal (s. d.). Jenseit der Törenschlucht sind be- merkenswert
der Große Hermannsberg (369 m), die Stapelager Berge und endlich der Tönsberg (341 m), ein etwa 3,7 kni langer, schmaler Nucken,
dessen südl. Teil die angeblich zum Andenken an Karls d. Gr. Sieg bei Detmold
[* 31] erbaute Hünen- kirche oder Tönskapelle trägt.
IippitüÄo (lat.), s. Triefaugen. Lippowaner, der Teil der russ. Sekte der Philipponen (s. d.),
welcher sich während der Re- gicrnng Josepbs II. unter den Numänen und Klein- russen in der Bukowina ansiedelte
und noch gegen- wärtig gegen 2800 Köpfe zählt. Ihr Hauptsitz ist die Gemeinde Fontina alba oder Kiernica Viala (russ. Vjelaja
Kriniza) in der Vezirkshauptmann- schajt Sereth. -
Lippspringe, Marktflecken und Kurort im Kreis
[* 33] Paderborn des preuß. Neg.-Bez. Atinden, am
Ursprünge der Lippe, am Nande der Senner Heide nnd am südwestl. AbHange des TeutoburgerWaldes, hat (1895) 2457 (1890: 2430)
meist kat'h. E., Post und mehrere stickstöffreiHe Duellen, von denen beson- ders die Arminiusquelle (21" 0., 1832 entdeckt)
zum Baden,
[* 34] Trinken und Inhalieren gegen Lungen- leiden benutzt wird. Die Hauptbestandteile des Wassers sind
außer dem StickstoffGips,
[* 35] Glauber- salz, Kalk- und Eisenearbonat. Das Kurhaus ent- hält außer Bädern eine Trinkhalle und
einen In- halationssaal (1895: 3250 Kurgäste). Im Frühjabr 1894 wurde Lippspringe durch eine Feuersbrunst schwer
heim- gesucht. Die alte Burg, deren Trümmer mitten im Orte liegen, war einst im Besitz der Tempelherren,
später des Tomkapitels von Paderborn und verfiel nach dem Dreißigjährigen Kriege. -
Vgl. Brunn, Kurmittel und Indikationen
von Bad
[* 36] Lippspringe (5. ver- mehrte Aufl., Cöthcn 1890);
Dammann, Der Kur- ort Lippspringe, seine Heilmittel und Heilwirkungen (5. Aufl., Paderb. 1891);
1) Kreis im preuß. Neg.-Bez. Arns- bcrg, bat 500,33 (i1 und (1890) 37 990, 1805: 39 071 (19 813 mäunl., 19 258 weibl.)
E., 3 Städte, 55 Landgemeinden. - 2) Kreisstadt im Kreis Lipsius, an der Lippe, der Linie Soest-Holz- ' ^^^^ /^ minden, der Nebenlinie
Mün- N4^s!^ ster - Rbcda - Lipsius (73 kin) der Preuß. Staatsbabnen und an der Lipsius-Warsteiner Eisenbabn 130,7
kni, Nebenbahn), Sitz dc5 Landratsamte^, eines Amtsge- ! richte (Landgericht Paderborn» und einer Reich^banknebenstelle, hat
(1895) 11118 (1890:10400) E., darunter 3149 Evangelische und 250 Israeliten, Vostamt erster Klasse, Realgymnasium, freiwelt-
liche^ Damenftift mit scböner .Uirckenruine;
großes Eisenwert mit Drahtzieberei, Fabrikation von Bindfaden,
Cigarren und Bürsten, Kunstdrnckereien und bedeutenden Handel. - Die Stadt wurde um 1150 vom GrafenBernhard 11. von Lippe gegründet,
erbielt 119 Stadtrechte, war seit 1415 gemeinsamer Besitz der Herzöge von Cleve-Mark und des Hauses Lippe, ward Hansestadt und
Festung.
[* 39]
Vgl. Chalybäus, Lipsius. Ein Veitrag zur deutschen Städtegeschichte
(Lippstadt 1870).
Lips, Joch, Philolog, s. Lipsius, Justus. Lips, Joh. Heinr.,
Maler, Zcickncr und Kupfer- stecher, geb. zu Kloten bei ^ürick,
wnrde dnrch Schellenberg inWintertbur ini Radieren und Ätzen unterricbtet und begann 1780 in Mann- heim an der Akademie ein
eifriges Studium nach der Antike. Im folgenden Jahre siedelte er nack Düsseldorf
[* 42] über, wo er einen vortrefflichen Stich des
heil. Sebastian nach van Dyck anfertigte. 1783 reiste er uach Rom, wo er nun zumeist lebte. 1789 wurde
er auf Goethes Vcranlassuug als Prosessor an der ^eichenakadcmie in Weimar
[* 43] angestellt.
Bi5 1794 blieb er dort, um sich dann dauernd in Zürich
[* 44] niederzulassen, wo er starb. Nabezu 1450 Kupferstiche gehen
auf ihn zurück. JohannJakob Lipsius, Sohn des vorigen, geb. um 1790 in Zürich,
ebenfalls Kupferstecher, war inMünchen
gebildet und stack nach G. Romano und eigenen Entwürfen. Aus Verdruß über eine miß- lungene Arbeit gab er sich 3. Mai 1.^33
den Tod. Lipschitz, Rudolf, Mathematiker, geb. zuKönigsberg i.Pr., wurde 1857 Privatvocent
in Bonn,
[* 45] 1802 Professor in Bre^lau, 181 iu Bonn. Lipsius hat sich durch zablreicke, in verschiedenen Aka- demieschriften und Fackjournalen
entbaltene Ab- bandlungen an fast allen Gebieten der reinen uud angewandten Mathematik beteiligt; hervorzuheben ist sein
«Lehrbuch der AnalvM» (2 Bde.,
Bonn 1877 u. 1880); von Interesse für weitere Kreise:
[* 46] «Wissenschaft und Staat» (ebd. 1874),
«Bedeutung
der tbeorctischen Mechanik» (Berl. 1870). I"ip3ia, neulat.
Name für Leipzig. Lipsiäner, s. Lipsius, Justus. Lipsius, Ida Maria, Schwester von Justus Her- mann Lipsius, geb. zu
Leipzig, ist als musi- kalische Echriststcllerin unter dem NamenL aM ara aufgetreten. Aus ihrer Feder sind
namentlich die «Musikalischen Studienköpfe» (5 Bde., Lpz. 180.^ fg.; zum Teil in 7. Aufl.) bekannt geworden. Außerdem verdeutlichte
sie «Musikalische Gedanken-Polypbo- nie, Aussprüche bcrühmterTonsetzer über
ihre Kunst» (Lpz. 1873),
eine Übersetzung von F.Liszts «F. Cho- pin»
Jabrbundertcn" (2 Bde., ebd. 1886),
«Klassisches und
'Romantisches aus der Tonwelt» (ebd. 1892) und «FranzLisztsBriefe» (3 Bde., ebd. 1893-94; Bd. 1 u. 2 in 2. Aufl.,
1894). Ferner erschienen von ihr mebrere Natur- und Landschastsskizzen: «Im Hoch-
gebirge» (Lpz. 1870 und «Sommcrglück»
(ebd. 1881). Lipsius, Justus, eigentlich Io'est Lips, Philo- log, geb. zu Overissche bei Brüssel,
[* 47] wurde von den Jesuiten in Köln
[* 48] unterrichtet, stu- dierte zu Löwen
[* 49] die Reckte und Altertumskunde und begab sich 1507 nach
Rom, wo er l.at. Sekretär
[* 50] de^ Kardinals Granvella wurde. 1509 kehrte er nack Löwen zurück, wandte sich nach Wien und wurde 1572 Prosessor
der Beredsamkeit und der Geschichte zu Jena,
[* 51] 1574 ging er nach Köln, von da nach Löwen zurück und erbielt 1579 den
Lehrstuhl der Gesckickte in Leiden.
[* 52] Hier wirkte er 12 Jahre lang, mußte aber wegen Intoleranz in polit. und religiö- sen
Grundsätzen, die auch in den Schriften «?0- liticoruin lidii VI» (Antw.
1589) und «De una. 1-6^10116» (Leid. 1590) hervortrat, sein Amt nieder- legen, worauf er 2 Iabre iu Lüttich
[* 53] und Spaa lebte.
Tann erhielt er wieder eine Anstellung in Löwen, und knrz vor seinem Tode ward er Historiograpb des Königs von
Spanien.
[* 54] In Jena batte er sich zur luth., in Leiden zur reform. ^ircke betannt, später war er zum Katholicismus
zurückgetreten. Ein wesentliches Verdienst erwarb sich Lipsius um Krint und sachliche Erklärung der lat.
Klassiker, insbesondere des Tacitus (Autw. 1574 u. ö.). Seine geschraubte Schreibweise (der «tilus
I^i^ianus, eiue Verschmelzung des archaischen Lateins mit dem des Lipsius Apulcjus, Tertullian u. s. w. als Gegensatz zum
ital. Eieeroniani^milc-') wurde von seinen Nach- ahmern, die man Lipsianer nannte, noch über-
boteu. Von seinen vielen andern Schriften sind bervorzubebeu: »Vaii^iuin lectionum Udii 111" (Antw. 1509),
ferner «^nti^uai'uni
iLctionnM Udri V» (ebd. 1575; 2. Aufl., Leid. 1590) und «Npi- 8t0Ucai'nm (inll65ti0num lidri V» (Antw.
1577), sodann das gedankenreiche Werk «1)6 conztlniti^ in 1,aI'Ii(^
inlü'is» (ebd. 1584; deutsch Lpz. 1802). Zahl- reick siud seine Briefe, teils durch ihn felbft als «I^pistol^ 86l6cta6» (2
Bde., Leid. 1580 -90), teilv von Bnrmann gesammelt (5 Bde., Amsterd.
1727). Seine «Oi^i^omni^» erschienen Antwerpen
[* 55] 1585 (8 Bde.; 2. Aufl., 4 Bde.,
1037) und Wesel
[* 56] 1075 (4 Bde.). -
Vgl. Naeß, Die Konvertiten seit der Reformation, Bd. 3 (Freib. i. Br.
1807);
Amiel, Hn pudliciLw än 10^ si^ciL: «Inste Lipsius lPar.
1884»; van der Haeghen, LidlioFra^ins I.ii)8i^nn6 Lipsius, Justus Hermann, Philolog, Vrnder deö folgenden, geb. zu
Leipzig, stu- dierte dafelbft und wirkte dann in verschiedenen Lehr- ämtern an der Nikolai- und Tbomasfchule zuLeipzig und
den ^ürstensckulen zu Meißen und Grinnna. Al5 .Nonrettor an die Nikolaischule nach Leipzig zurückgetebrt (1803) und 1800 zum
Rektor ernannt, lebne er scn 1809 zugleich als aufterord. Prosessor der tlassiscken Pbilologie an der
Universität. Ostern 1877 zum ord. Professor und Direktor des bis 1890 mit der Universität verbuudcncn russischen philol. Seminare
ernannt, legte er bald sein Rektorat nieder, um sich ausschließlich der akademischen
¶
forlaufend
Tbä-206
tigkeit zu widmen. Litterarisch ist er, abgesehen von Programmen und Abhandlungen in den «Berichten der k'önigl. Gesellschaft
der Wissenschaften» zuLeipzig und in den seit 1878 von ihm mit herausgegebenen «LeipzigerStudien zur klassischen Philologie»,
be- kannt durch seine Ausgaben der Reden des De- mosthenes vom Kranze^(Lpz. 1876; 2. Aufl. 1887) und der
Reden des Andokides (ebd. 1888) sowie durch die Neubearbeitung des «Attischen Prozesses» von Meier und Schumann (2 Bde., Berl.
1883-87) und die Schrift «Von der Bedeutung des griech.
Rechts» (Lpz. 1893). Lipsws, Konstantin, Architekt, Bruder des folgenden, geb. zu Leipzig, be- suchte die Kunstakademie
und die Baugewerkfcbule seiner Vaterstadt, dann 1851-54 unter Nicolais Leitung die Akademie zu Dresden.
Nach einem Studienaufenthalt in Berlin, Venedig
[* 58] und Paris ließ er sich als Architekt in Leipzig nieder. Nach Vollendung des dortigen
Johannisbofpitals (1872) wurde er zum königlichen sächs. Baurat und 1876 zum Direktor der Leipziger Vaugewerkschule ernannt. 1881 folgte
er nach NicolaisTode dem Rufe als Professor der Baukunst
[* 59] an der Kunstakademie zu Dresden, wo er starb. Er hat ferner
erbaut: die Peterskirche zu Leipzig (1885) und die Johanniskirche zu Gera
[* 60] (gemeinschaftlich mitHartel, dem bei beiden
Bauten die Ausführung überlassen blieb) sowie die akademischen Neubauten auf der Brüblschen Terrasse
in Dresden. Er schrieb u. a. eine Viograpbie GottfriedSempers (Berl. 1880). Lipslus, Richard Adelbert, prot.
Theolog, Bru- der'der beiden vorigen, geb. zu Gera, studierte in Leipzig, habilitierte sich 1855, wurde 1859 außerord.Professordaselbst,18l;i
ord.Professor an der evang.-tbeol. Fakultät in Wien, 1865 nach Kiel,
[* 61] 1871 nach Jena berusen. Seit 1874 nahm
er an der Leitung des evang.-prot. Missionsvereins und des EvangelischenBundes, die von ibm mitbe- gründet wurden, lebbasten
Anteil. Er starb in Jena. Liqueur gehörte zu den Vertretern der ge- mäßigt-liberalen Tbeologie, die auf dem Gebiete
der hiftor. Forschung das Recht der wissenschaftlichen Kritik unbefangen anerkennt und auf dem Gebiete
der Dogmatik auf der Grundlage Kants eine einheit- liche, auf die geschichtliche Offenbarung in Christus und die Erfahrungen
des christl. Gemütslebens ge- stützte, aber mit den Ergebnissen des Welterkennens nicht in
Widerspruch stehende Weltanschauung zu ge- winnen sucht. Seine Schrift «Die
paulinische Rccht- fertigungslehre» (Lpz. 1853) trägt noch vielfach den Cbarakter der
sog. Vermittelungstheologic.
Von seinen histor.-kritischen Arbeiten sind zu nennen: «D6 (üi6N16Nti8 It.0IN5Mi 6^i3to^ Ä(I (^01'intln()8 pi-ioi'e»
(Lpz. 1855),
«Der Gnosticismus» (ebd. 1860, in Ersch und Grubcrs «AllgemeinerEncyklopädie», Sekt. 1, Bd.
71),
«Briefe an die Galater, Römer, Philipper» (in Holtzmanns «Handkommentar zum NeuenTestament», 2. Bd., 2. Abteil.,
Freib. i. Vr. 1891, 2. Aufl.
1892). Auf dogmatischem Gebiete trat er
zuerst in mehrern Vorträgen sowie in «Glaube und Lehre.
[* 62] Theol. Streitschriften» (Kiel 1871) her- vor. Sein Hauptwerk ist das
«Lehrbuch der evang.- prot.
Dogmatik» (Vraunschw. 1876; 3. Aufl. 1893). Außerdem sind zu nennen: " Die Hauptpunkte der christl. Glaubenslehre» (2. Aufl.,
Vraunschw. 1891), «LuthersLehre von der Buße» (in den «IcchrMcheni für prot. Theologie», ebd. 1892). Seit 1875 gab er mit
Hase,
[* 63] Pfleiderer und Schrader die «Jahrbücher für prot. Theologie» heraus. -
Vgl. Richard Adelbert Liqueur. Zwei
Gedächtnisreden (Jena 1893);
Neumann, Grundlage und Grundzüge der Weltanschauung von Rich.
A5x Liqueur (Vraunschw. 1896).
Liptau, ungar. I.iptc", Komitat im Königreich Ungarn,
[* 64] grenzNm N. an Galizien und das Arvaer, im O. an das Zipser, im S. an das
Gömörer und Sohler, im W. an das TuröczerKomitat und hat 2257,54 (1771 Ungarn, 2568 Deutsche),
[* 65] darunter 33 460 Evangelische
und 3137 Israeliten. Der Waag- fluß, der hier entspringt, durchströmt das Komitat. Außer dem Waagthal ist das Land gebirgig,
beson- ders in der Hohen und Niedern Tatra. Die gebir- gige und waldige Beschaffenheit und das sehr kalte
Klima^
[* 66] lassen den Feldbau nicht gedeihen, hingegen ist die Weide
[* 67] ausgezeichnet, und der Liptauer Schafkäse bildet einen bedeutenden
Handels- artikel.
In den Vöczaer und Magurkaer Gruben wird gediegenes Gold
[* 68] gefunden. Der Handel mit Holz
[* 69] und Holzwaren ist die Hauptbeschäftigung
für die Bevölkerung, welche außerdem noch viel Lein- wand, Kotzen, Thongefäße und Glas
[* 70] verfertigt und
ausführt. Die fast ganz Europa
[* 71] durchwandernden Hornjaken gehören größtenteils dem Komitat an. Das Komitat umfaßt vier
Stuhlbezirke, Hauptort ist Liptö-Szent-Miklös (s. d.). Liptauer Alpen,
[* 72] s. Karpaten (Bd. 10, S. 185 a/.
Liptö-Szent-MMös (spr. ßent nücklohsch), KleiwGemeinde und Hauptort des ungar.
Komitats Liptau, in 576 in Höhe, an der Kaschau-Oderberger Bahn, Sitz der Komitatsbehörden, hat (1890) 1854 E.,
Sparkasse; Branntweinbrennerei, Schiff- fahrt und Handel. In der Nähe Demanova (s. d.). Lipürie (grch.),
die Ausscheidung von Fett durch den Harn.
es ist klar, leuchtet ein; iion li^net, es ist nicht
klar, läßt sich nicht entscheiden. Liqueur (Likör, ein aus dem lat.U^oi-, «Flüs-
sigkeit», gebildetes Wort), feine, mit geläuterter Zuckerauflösung gesüßte Branntweine, die entweder über gewürzhaft
riechende und schmeckende Substan- zen abgezogen oder mit wohlriechenden flüchtigen Ölen kalt vermischt sind. Die Liqueur kommen
unter den verschiedensten Gattungsnamen in den Handel, so werden z. V. feinere Liqueur von besondern: Wohl- geschmack und feinem
Aroma je nach ihrem größern oder geringern Zuckergehalt als O61N68 oderHuii68 (Öle)
[* 73] bezeichnet;
Liqueur, die hauptsächlich
aus Frucht- extrakten und einigen nötigen Zusatzstoffen bereitet werden, heißenRatafias;
andere Liqueur kommen unter
dem Namen Rosoglios, Aquavite, Elixire in den Verkehr. -
Vgl. Gab er, Die Liqueurfabrikation (5. Aufl., Wien 1889);
I. de Brevans,
I.a tadi-i- Ciition ä63 lihnourg 6t ä68 c0n86rv68 (Par. 1890); Moewes, Destillierkunst (9. Aufl.,
Berl. 1892).
Liqueur heißt auch der aus Cognac und Kandis be- reitete Zusatz, den jeder Champagner erhält.
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I.i anti^outtsuso (spr. -köhr angti- guttöhs'), soviel wie Gichtliqueur von Laville, s.
Gichtmittel im Artikel Gebennmittel. Liqueurweine, an Alkohol und unvergorenem Zucker
[* 75] reiche und daher intensiv süß schmeckende
dick- flüssige Weine, die meist aus teilweise getrockneten, gewellten und halb rosinenartigen Weinbeeren be- reitet werden,
indem man den Säst derselben ent- weder direkt oder mit dem Most frischer Trauben gemischt vergären läßt
ls. Ausbruch).
Ost kommen künstliche Liquidation in den Handel, die durch Zusatz von Zucker und Spiritus
[* 76] zu gewöhnlichem Wein oder ' auch ohne jede
Spur von Naturwcin ans Wasser, Zucker, Glycerin, Färb- und Riechstoffen dargestellt werden. Die letztern
dürfen als Kunst- oder Facon- weine (s. d.) verkauft werden; eine Bezeichnung
da- gegen, welche die künstliche Herstellung nicht erkennen läftt, ist als Wcinsälfchung strafbar. Gerade die Liquidation werden
am häufigsten gefälscht. Liquid (lat.), flüssig, klar gestellt.
Eine Tbat- fachc ist dem Nichter liquid, wenn sie voll erwiesen vorliegt; eine fällige Gcldforderung
oder eine Forde- rung auf audere Vertretbare Sachen lf. d.) ist liquid, wenn nicht bloß ihr Betrag feststeht, sondern auch
urkundlich erwiesen ist, daß der Gläubiger diesen Betrag nicht bedingt durch eine Gegenleistung zu fordern hat. Fehlt etwas
an diesen Voraussetzun- gen, so ist die Forderung illiquid. So ist eine Schadencrsatzforderung, wenn
schon der Scknldner zur Erstattung des Schadens rechtskräftig ver- urteilt ist, illiquid, solange nicht die Höhe des Schadens,
das Interesse des Klägers dem Gelde nach ziffernmäßig festgestellt ist.
Die liquide For- derung bietet dem Gläubiger deu Vorteil eines schleunigern civilprozessualischen Verfahrens ls. Ur- kundenprozcß),
und wenn sie rechtskräftig festgestellt ist, die der sofortigen Zwangsvollstreckung (s. d.)
für Geldsordcrungen. Nach franz. Recht bieten liquide Forderungen und Gegenforderungen den Vorteil der von selbst eintretenden
Ausrechnung lconipen- sation löFNio), so daß sie als gezahlt gelten. Eine verwandte, aber etwas andere Bedeutung als liquid
hat die Glaubhaftmackung ls. d.).
I-igniaae, s. Liquides I"i ^., A m berbaum, P flan z en- gattung aus der Familie der Hamamelidazeen ls.
d.) mit nur wenigen Arten in den Tropen Nordamerikas und in Asien.
[* 77] Es sind Bäume, die reichliche Men- gen eines wohlriechenden
Harzes enthalten. Ter in Kleinasien wachsende in o r genländis ch c A mber - bäum (1^. oi-i^uwiis M?i.,
1^. imdsidi" ^4it.) lie- fert Storar ls. d.),
den man durch Auskochen der Rinde des Baums gewinnt, wobei sich das Harz auf dem
Boden der Gefäße ansammelt. Von der in Amerika
[* 78] einheimischen und auf Eypern angebau- ten I.. «t^raciün^ ^., dem
amerikanischen Am- bra- oder Amberbaum ls. Tafel: Sarifragi- nen,
[* 74]
Fig. 6), wird ein Harz (weißer Liquidam-
ber) gewonnen, das eine ähnliche Verwendung findet, aber meist nur in Amerika verarbeitet wird und fast gar nicht mehr in
dem europ. Handel vor- tommt. Auch zwei auf den südostasiat. Inseln ein- heimische Arten, Liquidation ti'ieu8piältt^ ^l/i^.
und 1^. ^1- tingiinium _/)/. (^.Itin^i^ sxcsläa ^c»?'on/^),
liefern Etorax; von letzterer, die bis zu 50 m hoch wird, kommt
das Holz als Nasamala in den Handel. Liquidation (lat.), die Vorbereitung der Liquid- stellung (s. Liquid). So liquidiert der
Rechtsanwalt, welcher Kosten fordert, diese seinem Klienten oder für denselben dem erstattungspflichtigen
Gegner gegen- über,
indem er die Kostenrechnung anfstellt; der Glänbiger, welcher berechtigt ist, von seinem Schuld- ner
Erstattung eines Schadens zu fordern, liquidiert den Schaden, indem er die Thatsachen anführt, aus welchen sich die ziffernmäßige
Höhe des Schaden- anspruchs ergiebt, und die Beweismittel, durch deren Erhebung der Beweis sür die Wahrheit
der That- sachen erbracht werden soll.
Das Liquidationsver- fahren, welches mit einer Entscheidung des Richters endigt, zielt darauf ab, die noch illiquide Forderung
liquid zu machen. Eine andere Bedeutung hat die Liquidation eines Geschäfts, d. h.
die Einziehung der Außen- stände und Versilberung der Bestände unter Auf- gabe von Neuanschaffungen
zum Zweck der Auf- lösung des Geschäfts. Daher bezeichnet auch Liquidieren fovicl wie die Zahlungen einstellen und Konkurs
anmelden. In jenem Sinne einer Anflösung des Geschäfts- betriebes wird von der Liquidation einer Gesellschaft, nament- lich einer
Handelsgesellschaft ls. d.) oder einer Er- werbs- und Wirtschaftsgenossenschaft gesprochen.
Das Deutsche Handelsgesetzbuch hat die dafür maß- gebenden Rechtsgrundfätze zunächst für die Offene
Handelsgesellschaft (s. d.) aufgestellt. Die Liquidation dieser Gesellschaften
hat zu erfolgen, wenn dieselben in andererWeise als durchKoukurs aufgelöst werden. Auch wenn die Gesellschaft auf andere
Weise aufgelöst wird, tritt eine 3. dann nicht ein, wenn einer der Gesellschafter oder ein Dritter
das Gesellschastsver- mögen im ganzen übernimmt oder wenn sich die Gesellschafter sofort das Vermögen realiter teilen.
Die Liquidation erfolgt außergerichtlich für Rechnung der Gesellschafter. Bis zu deren Beendigung besteht die Gesellschaft unter gesetzlichen
Modifikationen sort, es können ancb neue Geschäfte abgeschlossen werden, soweit das zu den Zwecken der Liquidation erforderlich
ist. Liquidatoren sind die Personen, welche die Liquidation durchführen; sie sind, wenn schon sie für Rechnung ! Vor Gesellschafter
handeln, die gesetzlichen Vertreter ! der Gesellschaft, nickt deren Bevollmächtigte, so daß in notwendig werdenden Prozessen
die Liquidatoren die Eide zu schwören haben.
Jedoch haben die Li- quidatoren den Gesellschaftern gegenüber den von diesen einstimmig getroffenen Anordnungen
bei der Geschäftsführung Folge zu leisten. Liqnidatoren sind, wenn nicht durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter
oder durch den Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt ist, die sämtlichen bis- herigen Gesellschafter oder deren Vertreter.
Ist einer der Gesellschafter gestorben, so haben dessen Rechtsnachfolger einen gemeinschaftlichen Vertreter zu
bestellen.
Auf den Antrag eines Gesellschafters tann aus wichtigen Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch den Richter erfolgen. Soweit
in diefer Beziehung Streit unter den Gesellschaftern besteht, entscheidet derProzcßrichter, sonst der durch das Landesgesctz
bestimmte Richter der freiwilligen Gerichtsbarkeit lin Preußen das Amtsgericht). Als Wicktiger Grund gilt z. B. Feindseligkeit
der Gesell- schafter untereinander, geschäftliche Unfähigkeit, nachgewiesene Unredlichkeit. Die Abberufung
der Liquidatoreu geschieht durch einstimmigen Beschluß aller Gesellschafter; die Liquidatoren haben Folge zu leisten, auch
wenn sie durch Vertrag mit den Ge- sellschaftern gegen Honorar auf längere Zeit berufen waren, vorbehaltlich ihrer Entschädigungsansprüche.
Die Abberufung kann auch auf den Antrag eines Gesellschafters aus wichtigen Gründen durch den
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Richter erfolgen. Hier gilt dasselbe wie im Fall richterlicher Ernennung. Die Liquidatoren sind von den Gesellschaftern zum
Handelsregister ls. d.) anzumelden, ebenso ibr Auf- tritt. Sind mehrere Liquidatoren vorbanden, so können sie die zur Liquidation gehörenden
Handlungen mit rechtlicher Wirkung nur in Gemeinschaft vorncb- men, sofern nicht ausdrücklich bestimmt
ist, daß sie einzeln handeln können. Die Liquidatoren baben die laufenden Geschäfte zu beendigen, dieVcrpflicktungen der
Gesellschaft zu erfüllen, deren Forderungen (auck die gegen den einzelnen Gesellschafter zustehenden) einzuziehen und das
Vermögen der Gesellschaft zu ver- silbern.
Wenn es im Interesse der Liquidation liegt, können sie auch im ganzen veräußern. Die Veräußerung
von unbeweglichen Sachen kann durch die Liquida- toren obne Zustimmung der sämtlichen Gesellschafter nickt anders als durch
öffentlicken Verkauf bewirtt werden. Eine Beschränkung des Umfangs der Ge- schäftsbcfngnisse der Liquidatoren bat gegen dritte
Personen keine rechtliche Wirkung. Die Liquidatoren können Gebilfen zuziehen und Vollmachten erteilen, aber keine Prokuristen
bestellen.
Sie zeichnen die Geschäftsfirma «in Liquidation». Die wäbrend der Liquidation entbehrlicheil
Gelder werden vorläufig unter die Gesellschafter verteilt; darauf bat der einzelne Gesell- schafter einen klagbaren Anspruch.
Die zur Deckung später fällig werdender Schulden und zur Deckung der Ansprüche, welche den einzelnen Gesellschaftern bei
der Auseinandersetzung zusteben, erforderlich werdenden Gelder haben die Liquidatoren zurück- zubehalten.
Sie haben die schliesiliche Auseinander- setzung herbeizuführen.
Nach Beendigung der Liquidation werden die Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft einem der gewefcncn Gesellschafter oder
einem Dritten zur Ausbewabrung übergeben. Die Bestimmungen des SchweizerObligationen- rechts Art. 580-584 und Art. 011 sind
denen des Deutschen Handelsgesetzbuches nachgebildet, dock weniger eingehend. Die Liquidation der Aktiengesellschaft
und der Er- werbs- und Wirtschaftsgenossenschaft er- folgt durch den Vorstand, wenn sie nicht dnrck Statut oder Beschluß
der Generalversammlung auf andere Personen übertragen wird.
Auf Antrag des Anf- sichtsrats oder von Aktionären, welche Aktien min- destens seit 6 Monaten besitzen,
die den 20. Teil des Grundkapitals darstellen, oder von einem Zebntel der Genossen kann die Ernennung von Liquidatoren durck
das Gericht erfolgen. Bei der Genossenschaft sollen wenigstens zwei Liquidatoren bestellt werden. Nicht vom Gerickt bestellte
Liquidatoren kann die General- versammlung abberufen. Die Abberufung von Liqui- datoren durch das Gericht erfolgt
unter denselben Voraussetzungen wie ihre Bestellung.
Die Liquida- toren sind zum Handels- oder Genosfenfckafts- registcr anzumelden. Sie unterliegen der Über- wachung des Aufsicktsrats.
Im allgemeinen haben sie Reckte und Pflichten des Vorstandes (Art. 244". des Handelsgesetzbuches), bei der Genossenschaft
im Umfang des §. 87 des Gesetzes vom Sie baben bei Beginn der Liquidation eine zu
veröffentlichende Bilanz aufzumachen; die Bekanntmachung ist bei der Genossenschaft, die Bilanz selbst bei der Aktiengesell-
schaft zu dem Genossenschafts- oder Handelsregister einzureicken.
Die Liquidatoren der Genossenschaft und nach dem Entwurf eines nenen Handelsgesetz- buches auch die der Aktiengesellschaft baben
in jedem Jahre eine Bilanz aufzustellen. Die Veräußerung unbeweglicher
Sacken darf, sofern nickt etwas
an- deres durch Statut oder Generalversammlungs- beschluß bestimmt ist, nur durch öffentliche Verstei- gerung stattfinden.
Die Liquidatoren der Genossenschaft haben in der bei ibrer Bestellung bestimmten Form ibre Willens- erklärungen kundzugeben
und für die Genosfcnfchaft zu zeichnen.
Ist nichts darüber bestimmt, so muß die Erklärung und Zeichnung durch sämtliche Liqui- datoren erfolgen.
Weniger als zwei dürfen bierzu nicht bestimmt werden. Die Bestimmung ist mit der Bestellung der Liquidatoren zur Eintragung
in das Genossenschastsregister anzumelden. Bei der Zeichnung ist die Firma als Liquidationsfirma zu bezeichnen. Bei der Aktiengesellschaft
finden in die- sen und andern Beziehungen, soweit das Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, die für die
Liquidation der Offenen Handelsgesellschaft gegebenen Bestimmungen ent- spreckende Anwendung.
Die aus den Handelsbückern der Attiengesellsckaft oder in anderer Weise bekannten Gläubiger find durch besondere Erlasse aufzufordern
sich zu melden. Aus dem liquidierten Vermögen der Aktiengesell- schaft oder Genossenschaft sind zunäckst
die Schulden zu tilgen. Die Echuldfummen der Gläubiger, welche sich bei den Liquidatoren der ANicngei^ickaft nicht gemeldet
haben, sind zu binterlegen. Ebendasselbe hat bezüglich der schwebenden oder streitigen Ver- bindlichkeiten zu erfolgen.
Vor Tilgung oder Deckung der Schulden darf eine Verteilung von Gesellschafts- oder Genossenschaftsvermögen
nnter die Aktionäre oder Genossen nicht erfolgen. Die Verteilung darf überdies nicht eher vollzogen werden, als nach Ablauf
[* 80] eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welckem die Bekanntmachung der Äuflöfung der Aktiengesell- schaft, bei der Genossenschaft
die Bekanntmachung der Auflösung der Genossenschaft und die Aufforderung der Genossenschaftsgläubiger, sich zu
melden, zum drittenmal in den dazu bestimmten Blättern öffentlich bekannt gemacht ist.
Über die Verteilung des Vermö- gens unter die Genossen enthält K. ^. des Genossen- sckaftsgefetzes Bestimmnng. Nack gelegter
Schluß- rechnung ist die Beendigung der Liquidation der Aktiengesell- schaft von den Liqnidatoren in den hierzu bestimm- ten öffentlichen
Blättern bekannt zu machen. Nach Beendigung der Liquidation find dieHandelsbückerder aufge- lösten Aktiengesellschaft
oder Genossenschaft, jene an einem voin Handelsgericht zu bestimmenden Ort, diese bei einem gewesenen Genossen oder einem
Dritten auf die Dauer von zehn Jahren niederzulegen.
Die Liquidation der Kommanditgesellschaft auf Aktien erfolgt, sofern derGesellsckaftsvertrag nickt etwas anderes bestimmt,
durch sämtliche persönlich haftende Gesellschafter und eine oder mebrere von der Generalversammlung der Kommanditisten
gc- wäblte Personen. Über dieAufstellung einer Bilanz nnd die Aufforderung der Gläubiger, die Ernennung und Abberufung der Liquidatoren
gelten dieselben Bestimmungen wie bei der Aktiengesellschaft. Im übrigen sind die sür die Offene Handelsgesellsckaft gegebenen
Bestimmungen entsprechend anzuwenden. Die Liquidation der Gesellschaft mit beschränkter Haftung
(s. d.) erfolgt, wenn sie nickt durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluß
der Gesellschaft andern Personen übertragen wird, durch die Geschäftsführer. Die Bestellung von Liqnida- toren dnrch das
Gericht oder deren Abberufung kann aus wichtigen Gründen durch das Gericht auf An- trag von Gesellschaftern,
deren Gcfchäftsanteile
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