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Textfigur:
3) Stadt und Hauptort der Kreishauptmannschaft sowie der Amtshauptmannschaft Leipzig, [* 2] die größte Stadt des Königreichs Sachsen [* 3] und viertgrößte des Deutschen Reichs, liegt 51° 20' 6" nördl. Br. und 12° 23' 28" östl. Leipzig von Greenwich, in 105–125 in Höhe, in einer weiten und fruchtbaren Ebene, welche durch die drei die Stadt teilweise berührenden und sich im N. derselben vereinigenden Flüsse [* 4] Elster, [* 5] Pleiße und Parthe und deren verschiedene Arme bewässert wird. Der mittlere Luftdruck betrug (1895) 750,3 mm, die mittlere Jahrestemperatur 8,4° C. (+34 Maximum, –16,7 Minimum), die Niederschlagsmenge 620,3 mm. (Hierzu ein Stadtplan mit Verzeichnis der Straßen, Plätze und öffentlichen Gebäude und eine Karte: Leipzig und Umgebung.)
Bevölkerung. [* 6] Die ortsanwesende Bevölkerung betrug (nach dem Gebietsbestande der Stadt vom 1890: 357 122, 1895: 399 969 (195 373 männl., 204 596 weibl.) E., d. i. eine Zunahme seit 1890 um 42 847 Personen oder 11,99 Proz. Dem Religionsbekenntnis nach waren (1895) 372 281 Lutherische, 5738 Reformierte, 14 394 Römisch-Katholische und 4844 Israeliten. Es wurden gezählt 10 591 bewohnte (559 unbewohnte) Wohnhäuser, [* 7] 87 158 Haushaltungen mit 389 439 Haushaltungsmitgliedern und 262 Anstalten mit 10 530 (7932 männl., 2598 weibl.) Insassen. Von den Einwohnern waren (1890) 4713 Österreicher oder Ungarn, [* 8] 2522 andere Europäer und 670 Angehörige außereurop. Staaten.
Die Bevölkerung nach dem Beruf (14. Juni 1895):Berufsabteilungen | Männliche | Weibliche | Zusammen | Proz. |
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Landwirtschaft, Gärtnerei u.s.w. | 1427 | 516 | 1943 | 1,10 |
Industrie | 68382 | 24298 | 92680 | 52,49 |
Handel,Verkehr,Gastwirtschaft | 35335 | 9693 | 45028 | 25,50 |
Häuslicher Dienst,Lohnarbeit | 913 | 3114 | 4027 | 2,28 |
Öffentlicher Dienst, freier Beruf | 13401 | 1990 | 15391 | 8,71 |
Anstaltsinsassen, Berufslose | 8408 | 9089 | 17497 | 9,91 |
Erwerbstätige zusammen | 127866 | 48700 | 176566 | 100,00 |
Gesinde für häusliche Dienste | 121 | 11939 | 12060 | |
Angehörige ohne Hauptberuf | 61162 | 136622 | 197784 | |
189149 | 197261 | 386410 |
Die Zahl der Geborenen betrug (1895) 14421, darunter 493 Totgeborene, der Eheschließungen 3367, der Gestorbenen 8563. In Garnison liegen die Infanterieregimenter Prinz Johann Georg Nr. 107 und Nr. 134; das Infanterieregiment Prinz Georg Nr. 106 liegt in Möckern. Die Einverleibung von Vororten erstreckte sich auf Reudnitz und Anger-Crottendorf 3,84 qkm, 1895: 49193 E.), Thonberg, Neureudnitz, Volkmarsdorf, Neuschönefeld, Neustadt, [* 9] Sellerhausen, Gohlis und Eutritzsch (1890, 13,86 qkm, 89161 E.), Lindenau, Plagwitz, Kleinzschocher, Schleußig, Connewitz und Lößnig (1891, 21,86 qkm, 76071 E.) und Neusellerhausen (1892, 0,46 qkm, 2407 E.).
Rechnet man zu der Einwohnerzahl von 1895 noch diejenige der umliegenden Ortschaften, welche durch wirtschaftliche Interessen mit Leipzig verbunden sind und großstädtisches Wohnen zeigen, nämlich der Orte innerhalb eines Kreises von 4 km Radius vom Markte: Möckern mit Kaserne (7306 E.), Stötteritz (6617) und Schönefeld (7068);
ferner der Orte bis 5 km: Abtnaundorf (358), Stünz (774), Leutzsch und Burgaue (3172) und endlich der Orte bis 6 km: Wahren (2120), Großwiederitzsch (323), Mockau (2642), Thekla (1554), Paunsdorf (3813), Mölkau (476), Zweinaundorf (512), Probstheida (1554), Dölitz (1888), Raschwitz (41), Ötzsch (1566), Großzschocher (3179), Windorf (805), Böhlitz-Ehrenberg (1380) und Barneck (101), so ergiebt sich für das Weichbild von Groß-Leipzig eine Gesamteinwohnerzabl von (1895) 447 218 E.
Die Bevölkerungszunahme von und VorortenJahr | Alt-Leipzig | Einverleibte | Nichteinverleibte Vororte | |
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Vororte | 4-5 km | 5-6 km | ||
1834 | 44802 | 8899 | 4639 | 4657 |
1864 | 85394 | 41406 | 9573 | 7728 |
1871 | 106925 | 54166 | 10837 | 8434 |
1875 | 127387 | 72742 | 11778 | 9850 |
1880 | 149081 | 95204 | 14960 | 11295 |
1885 | 170340 | 120710 | 17658 | 13307 |
1890 | 179689 | 177433 | 19697 | 16584 |
1895 | 183137 | 216832 | 25295 | 21954 |
Ehrenbürger sind: Fürst Bismarck, Fabrikbesitzer Gust. Goetz, Dr. von Simson, Geh. Kommerzienrat Ad. Kröner in Stuttgart, [* 10] die Geheimräte Professoren Drobisch, Fricke, Leuckart und Adolf Schmidt, Reichsgerichtspräsident Dr. von Oelschläger und Reichsgerichtssenatspräsident Dr. Drechsler.
Anlage und Straßen. Die Stadt zerfällt in die innere Stadt, in die innern und äußern, nach der Himmelsrichtung benannten Vorstädte und in die 1889-92 einverleibten Vororte. Die Richtung, in der die Ausdehnuug der Stadt über die ehemaligen Festungswerke hinaus begann, wird gekennzeichnet durch die Straßenzüge, die den Anfang der von Leipzig ausgehenden, ehemals bedeutenden Handelsstraßen bilden: Wintergarten- und Tauchaer Straße nach NO., Grimmaischer Steinweg mit Dresdner und Hospitalstraße nach O. und SO., Peterssteinweg, Zeitzer und Südstraße nach S., Ranstädter Steinweg und Frankfurter Straße nach W., Gerber- und Eutritzscher Straße nach N. Infolge der Benutzung der Gebäude in der innern Stadt zu geschäftlichen Zwecken bildet sich dieselbe mehr und mehr zur City aus, und die Einwohnerzahl geht dort zurück.
Die innere Stadt (90 ha) war früher befestigt, doch sind die Mauern, Wälle und Gräben, deren Abtragung 1784 begann, nebst den vier Thoren, zuletzt das 1722 erbaute Petersthor im März 1864, beseitigt und haben neuen Straßen und Promenaden (Promenadenring 3368 m lang) Platz gemacht. Während die innere Stadt noch den altertümlichen Charakter trägt, zeigen die Vorstädte ein modernes Gepräge, so besonders die in den letzten Jahren entstandene Südwestvorstadt (Carl - Tauchnitz - Straße) mit ihren Prachtbauten und villenartigen Privathäusern. Charakteristisch für Leipzig sind die zahlreichen, nach frühern Hausbesitzern benannten Höfe, namentlich in der innern Stadt, die als Durchgänge zwischen zwei Straßen dienen und Läden enthalten.
Plätze und Denkmäler. Auf dem Marktplatze steht das Siegesdenkmal von Siemering, enthüllt (447 743 M.); die [* 1] Figuren sind in Bronze, [* 11] der Sockel in Syenit, der Unterbau in Granit. Um die innere Stadt erstrecken sich, den Promenaden entlang, mehrere große Plätze (s. den Stadtplan), so der Augustusplatz, einer der größten ¶
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Plätze Deutschlands, [* 13] mit dem Mendebrunnen, 1886 aus einem Legat (170000 M.) der Frau Mende errichtet nach dem Entwurf von Gnauth, die [* 12] Figuren von Ungerer (s. Tafel: Brunnen [* 14] II, [* 12] Fig. 3); der Königsplatz, der Johannisplatz mit dem Reformationsdenkmal (Luther und Melanchthon), modelliert von Joh. Schilling, enthüllt der der Stadt vom Bankier Wilhelm Seyfferth (seine Marmorbüste von Melchior zur Straßen wurde im Park errichtet) geschenkte Johannapark und nahebei der Grassipark, aus den Mitteln der Grassistiftung 1893/94 angelegt.
Ferner sind zu erwähnen die Denkmäler des Kurfürsten, spätern Königs Friedrich August des Gerechten von Sachsen (von Öser 1780), Thaers (von Rietschel 1850), Hahnemanns (1851), Gellerts (von Knaur 1865), Zöllners (1868), Gustav Harkorts (1878), Leibniz' (von Hähnel 1883), Franz Dominic Grassis (von Werner Stein 1886) auf dem alten Johannisfriedhofe, Felix Mendelssohn-Bartholdys (von Werner Stein 1892) und der Leipziger Schulmänner Dolz und Plato (1894). Die Errichtung eines Völkerschlachtdenkmals aus freiwilligen Beiträgen ist geplant.
Kirchen. Die Thomaskirche ist 1222 als Klosterkirche vollendet und 1496 neu gebaut, mit Turm [* 15] (1537), Kanzel (1575) und Altar [* 16] (1720);
1885-89 nach Entwürfen von Lipsius für etwa 700000 M. umgestaltet;
im Chor die Bildnisse der Leipziger Superintendenten von 1573 bis 1888. Die Nikolaikirche, 1017 als Kapelle erwähnt, ist 1170 erweitert, 1525 umgebaut, mit Turm (1555) von Hieronymus Lotter, und 1785-96 erneuert;
die Universitäts- oder Paulinerkirche, 1240 als Kirche des Dominikanerklosters erbaut, ist 1544 erneuert und von Luther geweiht, verlor 1546 bei einer Neubefestigung der Stadt den Chor;
sie enthält Tezels Grabstein, einen sehr alten Altar und ein Grabmal (1846) des 1073 in der Thomaskirche ermordeten Markgrafen Diezmann von Meißen [* 17] von Rietschel.
Die Matthäi-, früher Neukirche, 1494 um- und 1699 neu gebaut, steht auf der Stelle eines auf den Grundmauern der von Markgraf Dietrich gegründeten Zwingburg angelegten Barfüßerklosters und wurde 1879 umgebaut. Die Johanniskirche, ursprünglich zu dem 1278 gegründeten Johannishospital gehörig, Anfang des 14. Jahrh. erbaut, 1582 neu geweiht, ist 1894-96 mit Erhaltung des Turmes neu gebaut; auf dem Kirchhof Grabstätten von Mahlmann, Hiller, Roderich Benedir u. a., östlich Gellerts Grabmal mit Gitter.
Beim Abbruch der Johanniskirche sind Sebastian Bachs Gebeine aufgefunden und ebenso wie diejenigen Gellerts in der neuen Kirche beigesetzt worden. Die neue Peterskirche, eine got. Hallenkirche, nach Plänen von Hartel und Lipsius (900000 M.), ist geweiht; die Lutherkirche 1883-86 nach Plänen von Julius Zeißig in Backstein erbaut; die Andreaskirche, 1893 geweiht. In den Vororten bestehen noch 13 evang. Kirchen. Die kath. Kirche gegenüber der Pleißenburg ist 1847 nach Plänen von Heideloff erbaut, eine zweite in der Ostvorstadt 1893 vollendet, der Bau einer dritten ist geplant. An Stelle des reform. Bethauses (seit 1706 endgültig der Gemeinde überlassen) wird an der Promenade eine neue Kirche errichtet. Die anglo-amerik. Kirche ist 1885 geweiht. Außerdem bestehen eine Kirche der apostolischen, Kapelle der hellenisch-griech., Betsäle der amerik., deutsch-kath. und der Baptistengemeinde sowie eine Synagoge, 1855 von Simonsohn erbaut.
Weltliche Bauten. Das Rathaus am Markt ist auf dem Grunde eines 1240 errichteten Rathauses 1556 vom Bürgermeister Hieronymus Lotter erbaut; am Turme (1474) eine die Mondphasen anzeigende Kugel; im Innern der große Sitzungssaal mit den Bildern der sächs. Fürsten von 1485 (Albrecht der Beherzte) an und in der Ratsstube ein Verzeichnis der Ratsherren von 1220 bis 1771. Ein Umbau oder Abbruch wird geplant. Die Alte Börse (1678) auf dem Naschmarkt dient jetzt als Sitzungssaal der Stadtverordneten.
Das Königshaus am Markt ist im 17. Jahrh. von Ulrich Welsch erbaut und für Kurfürst August als Meßwohnung eingerichtet; hier wohnten bis 1829 die sächs. Fürsten, ferner Peter d. Gr. (1698), Karl XII. von Schweden [* 18] (1707), Jérôme, König von Westfalen, [* 19] und 1813 Napoleon; hier hatte 1760 Friedrich d. Gr. das bekannte Gespräch mit Gellert. Daneben Auerbachs Hof, [* 20] dessen Räume außer Auerbachs Keller (s. d.) dem Meßgeschäft (Musterlager) dienen. Am östl. Ende der Grimmaischen Straße liegen Gebäude der Universität, nämlich das 86 m lange Augusteum am Augustusplatz, 1831-36 nach Schinkels Entwürfen von Geutebrück errichtet, mit Aula und Reliefs (die vier Jahreszeiten) [* 21] von Rietschel am Giebel, das Fridericianum, 1843 von Geutebrück erbaut, das Mauricianum, 1849 auf dem Pauliner-Gottesacker erbaut, daneben das Fürstenhaus mit Turm, 1574 von Dr. Rohde erbaut und der Universität geschenkt;
das Paulinum auf der Stelle des 1545 säkularisierten Dominikanerklosters, ehemals eine Zwingburg (1224 zerstört), die drei letztern sind teils zu Geschäftszwecken vermietet, teils enthalten sie Wohnungen, Verwaltungsräume und Sammlungen;
das Bornerianum, nach dem Rektor Börner (gest. 1547) genannt;
an der Stelle des ehemaligen Kreuzganges des Paulinerklosters, dessen enkaustische Wandgemälde (13. und 14. Jahrh.) später übertüncht, 1836 wieder aufgefunden, 1869-71 restauriert und 1893 abgesägt wurden, ist das großartige Albertinum errichtet und gleichzeitig die ganze Gebäudegruppe der Universität vollkommen umgestaltet und das Augusteum mit einer Sandsteinfaçade versehen worden.
Ferner liegen in der innern Stadt das sog. Rote Kolleg, Geburtshaus von Leibniz, 1892 durch einen Neubau ersetzt, mit den Räumen der philos. Fakultät, daneben die alte Buchhändlerbörse (1843), in deren Hof Gellert wohnte und starb, jetzt Eigentum der Universität und Sitz des Konvikts; gegenüber das Predigerhaus der Nikolaikirche, 1887 für 250000 M. erbaut; zwischen Universitätsstraße und Neumarkt die Stadtbibliothek, der letzte Rest des alten Gewandhauses (s. d.), mit zahlreichen Läden für Meßzwecke im Erd- und Zwischengeschoß (1894 eingerichtet) und daran anstoßend auf der Stelle des ehemaligen Konzertsaales das große neue Kaufhaus für Meßzwecke, 1896 vollendet; am Ende der Petersstraße das Reichsbankgebäude in deutschem Renaissancestil (1885) und gegenüber das Schloß Pleißenburg, ehemalige Citadelle der Stadt, 1213 als Zwingburg angelegt, 1547 zusammengeschossen und 1549-51 wieder aufgebaut, woselbst 1519 die Disputation zwischen Luther und Eck stattfand und 1632 Pappenheim starb. Nachdem 1770 das Schloß als Festung [* 22] aufgehoben war, diente sein Turm 1790-1862 als Sternwarte; [* 23] bis dienen die Räume als Kaserne, Garnisonbäckerei u. s. w.; dann soll ein neues Stadtviertel mit dem neuen Ratbaus an dieser Stelle entstehen. Am ¶
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59 Augustusplatze erhebt sich das städtische Museum, 1856-58 nach Plänen von Lange-München im ital. Renaissancestil erbaut und 1883-86 von Licht-Leipzig hauptsächlich aus Mitteln der Grassistiftung erweitert;
gegenüber das Neue Tbeater, 1864-68 nach Entwürfen von Langhans-Berlin für 2 Mill. M. im Renaissancestil erbaut;
neben dem Theater [* 25] das Hauptpostamt, 1836 - 38 von Geutebrück erbaut, 1882-83 und 1895-97 bedeutend erweitert;
in der Ostvorstadt das 1872 von Lipsius erbaute neue Johannishospital und das Deutsche Buchhändlerhaus, [* 26] ein Rohbau in niederländ. Stil mit Erkern und Türmen, 1886-88 von Kayser und Großheim in Berlin [* 27] erbaut (s. Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig).
In der Südvorstadt liegen die neuen Universitätsgebäude für Medizin, Naturwissenschaften, Landwirtschaft, ferner die Taubstummenanstalt, das große, 1871 eröffnete Krankenhaus [* 28] St. Jakob (s. Krankenhaus und Tafel: Krankenhäuser I), das neue (Siechenhaus, die neue Frauenklinik (Triersches Institut, 1891 eröffnet), die Psychiatrische und die Veterinärklinik-, am Roßplatz das Panoramagebäude, eröffnet, das Gesellschaftshaus der Harmonie, das Café Bauer (1890) und am Königsplatz das Grassimuseum (s. S. 61a); weiter westlich das neue Polizeiamt (1890), das Land- und Amtsgericht (1875 erbaut und 1895/96 erweitert), das Neue Konzert-(Gewand-)haus, 1882-84 durch die Berliner [* 29] Architekten Gropius und Schmieden für 1,3 Mill. M. erbaut, mit dem großen Konzertsaal (43 m lang, 23 m breit, 14 m hoch) für 1520 Zubörer und einem kleinen Saal (700 Plätze), das neue Konservatorium, 1885-87 von Licht [* 30] erbaut, die Universitätsbibliothek Albertina, nach Plänen von Arwed Roßbach [* 31] erbaut und 1892 eröffnet, die königl. Kunstakademie, die Gewerbeschule, das 1888 - 95 nach Plänen und unter Bauleitung des Regierungsbaumeisters E. Hoffmann erbaute Reichsgerichtsgebäude (196 m lang, 76 , tief), mit einer Kuppel (60 m) über der Wartehalle und zahlreiche schöne Privatgebäude. Am nördl. Teile der Promenade stebt inmitten der Anlagen das Alte Theater, 1766 errichtet, 1817 umgebaut, in der nahen Löhrstraße die Handelslehranstalt (1890), am Blücherplatz die Neue Börse (s. Tafel: Börsengebäude I, [* 24] Fig. 2), 1884-86 von Enger und Weichardt im Renaissancestil errichtet, mit einem großen Saal, der Börsenhalle (Lesehalle), der Handelskammer und einem Restaurant im Kellergeschoß, und östlich davon der Krystallpalast (früher Schützenhaus), 1833-35 erbaut und mehrfach umgestaltet, mit Restaurant, Theatersaal, Ballsälen, großer Konzerthalle (1892) und der Alberthalle (1887), einem Kuppelbau mit 3500 Sitzplätzen für Zirkusvorstellungen oder Konzerte (große Orgel), darüber ein Panorama.
Verwaltung. Die Stadt wird verwaltet von einem Oberbürgermeister (Dr. Georgi, seit 1884, 15000 M.), einem Bürgermeister (Dr. Tröndlin, seit 1884,12000 M.), einem Polizeidirektor (Dr. Bretschneider, seit 1883, 10500 M.), 24 Stadträten (10 besoldeten) und 72 Stadtverordneten. Zum Polizeiamt gehören 5 Polizeiräte, 1 Assessor, 3 Kriminalkommissare, 3 Referendare, ferner 1 Hauptmann, 3 Lieutenants, 24 Oberwachtmeister, 50 Wachtmeister (1 berittener) und 463 Schutzleute (14 berittene).
Die Wohlfahrtspolizei wird von der dem Rate unterstehenden Ratswache (1 Oberwachtmeister, 5 Wachtmeister, 61 Ratsdiener, 15 Ratsboten) ausgeübt. Die Berufsfeuerwehr (seit 1865) besteht aus 1 Branddirektor, 1 Brandinspektor, 4 Brandmeistern, 1 Feldwebel, 14 Oberfeuerwehrmännern und 148 Maschinisten, Fahrern und Feuerwehrmännern und hat 6 ständige Feuerwachen, 5 Dampfspritzen, 21 Druck- und 26 kleinere Handspritzen, 245 automatische Feuermelder [* 32] und 26 Pferde; [* 33] außerdem bestehen 4 Compagnien der Freiwilligen Feuerwehr in den Vororten mit etwa 160 Mann.
Die beiden städtischen Gasanstalten (Gasbeleuchtung seit 1838) gaben (1895) 17,872 Mill. cbm Gas ab (Länge des Rohrnetzes 248 km). Die östl., nördl. und westl. Stadtteile werden durch drei der Thüringer Gasgesellschaft gehörige Gasanstalten versorgt. Eine elektrische Centrale (Leipziger Elektricitätswerke, Aktiengesellschaft) zur Beleuchtung [* 34] der innern Stadt und der innern Vorstädte ist 1895 in Betrieb genommen worden. Mehrere Restaurants, Fabriken und Geschäftshäuser besitzen elektrische Einzel- oder Blockanlagen, zusammen 208 Privatanlagen mit 2841 Bogen-, 50 646 Glühlampen und 196 Elektromotoren.
Die städtischen Wasserwerke bei Connewitz (seit 1866) und Naunhof (1888) förderten (1895) 9,029 Mill. cbm Wasser; die Länge des Rohrnetzes betrug 309 km. Die Markthalle (Kosten 3,200 Mill. M.) ist der neue Central-Schlacht- und Viehhof (4,943 Mill. M.) 1888 eröffnet. Auf letzterm wurden (1895) aufgetrieben: 23 633 Rinder, [* 35] 43 913 Kälber, 45 310 Schafe [* 36] und 105 280 Schweine; [* 37]
geschlachtet wurden 22 918 Rinder, 57 427 Kälber, 44 154 Schafe, 207 Ziegen und 111 077 Schweine, 961 Pferde und 24 Hunde. [* 38]
Finanzen. Der Haushaltplan (1896) schließt ab in Einnahme und Ausgabe mit 20,381 Mill. M., die Schulden betragen 62,368 Mill. M., darunter Anleihen 48,986 Mill.M, das Vermögen 88,458 Mill.M., darunter 7 Rittergüter (1327 ha Gesamtfläche). Für Schulen werden aufgewendet 3,820 Mill. M., für milde Anstalten und gemeinnützige Vereine 1,811 Mill. M., Armen- und Krankenwesen 1,695 Mill. M., Strassenreinigung 310 369 M., Straßensprengung 123 705 M., Sicherheitspolizei 1,389 Mill. M., Wohlfahrtspolizei 351000 M., öffentliche Beleuchtung 420000 M. und Feuerlöschwesen 375 104 M.
Die direkten Steuern betrugen (1895) 42,07 Proz. der städtischen Einnahmen. Vielfache Schenkungen reicher Bürger bezeugen ungewöhnlichen Gemeinsinn: Ferdinand-Rhode-Stiftung (1872, 1,29 Mill. M.);
Grassisches Vermächtnis (1880, 2,203 Mill. M.);
Stiftung eines Menschenfreundes [Carl Tauchnitz] (1884, 3,85 Mill. M., ausschließlich der Gebäude);
Focke-Stiftung (1886, 500000 M.);
Theobald-Petschke-Stiftung (1888, 470000 M.);
Döring-Gröppler-Stiftung (1890, 600000 M.);
Radius-Brandstetter-Stiftung (1890, 400000 M.);
Stiftung der Geschwister Berendt für die Lähne-Stiftung (1893, 117000 M.);
Vermächtnis der Frau Dr. Großmann (1893, 119 500 M., Wert zweier Grundstücke);
Dörge-Stiftung (1893, 100000 M.);
Stiftung eines Ungenannten (1894, 100000 M.);
Vermächtnis des Privatmannes Leidhold (1894, 179 500 M.).
Behörden. In Leipzig haben ihren Sitz: das Reichsgericht, der kaiserl. Disciplinarhof, Ehrengerichtshof, die Anwaltskammer bei dem Reichsgericht, kaiserl. Disciplinarkammer, das Schiedsgericht für die Versicherungsanstalt des Königreichs Sachsen und für die Berufsgenossenschaften oder Sektionen solcher, die in Leipzig ihren Sitz haben, die ¶
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Oberpostdirektion für die Kreishauptmannschaften und Zwickau [* 40] sowie das Herzogtum Sachsen-Altenburg, eine Reichsbankhauptstelle, die königl. Kreishauptmannschaft und Amtshauptmannschaft Leipzig, ein Landgericht (Oberlandesgericht Dresden) [* 41] mit zwei Kammern für Handelssachen und 14 Amtsgerichten (Borna, Frohburg, Geithain, Grimma, [* 42] Colditz, Leipzig, Leisnig, Markranstädt, Mügeln, Oschatz, [* 43] Pegau, Taucha, Würzen, Zwenkau), ein Amtsgericht, die Königl.
Sächsische Landeslotteriedirektion mit Darlehnskasse, ein Landbauamt, eine Straßen- und Wasserbauinspektion, Gewerbeinspektion, die Landesbrandversicherungsanstalt, zwei Betriebsoberinspektionen der Sächsischen Staatsbahnen, [* 44] ein HauptZoll-, Kreissteuer- und Aichamt, zwei Superintendenturen, eine Schulinspektion, die Königl. Sächsische Landesuntersuchung, eine Handelskammer, Gewerbekammer, 7 Generalkonsulate und 21 Konsulate, sowie die Kommandos der 24. Division, 47. und 48. Infanterie- und der 24. Kavalleriebrigade.
Unterrichtswesen.. Die Universität verdankt ihre Gründung der Auswanderung von 2000 deutschen Studenten aus Prag [* 45] (1409) uach Leipzig unter den Professoren Otto von Münsterberg [* 46] und Johann Hoffmann. Die Landgrafen von Thüringen und Markgrafen von Meißen, Friedrich der Streitbare und dessen Bruder Wilhelm, errichteten auf Grund einer Bulle des Papstes Alexander V. vom ein neues Studium generale. Otto von Münsterberg war der erste Rektor. Die Lehrer und Studierenden wurden in vier Nationen geschieden: die sächsische, meißnische, fränkische (später bayrische) und polnische (1830 aufgehoben).
Ausgestattet mit dem großen und kleinen Fürstenkollegium (Petrinum), zu denen später das Frauenkollegium kam, und der Besoldung von 20 Magistri, erhielt die Universität 1413 durch Papst Johann XXIII. sechs Kanonikate. Die mediz. Fakultät wurde 1415 gestiftet, 1438 mit zwei Professoren besetzt, die juristische 1504. Der Reformation widersetzte sich die Universität sehr hartnäckig. Kurfürst Moritz von Sachsen schenkte ihr 1545 die Besitzungen des Paulinerklosters und reiche Einkünfte.
Für unbemittelte Studierende wurde das Konviktorium gegründet, in dem etwa 280 Studierende Mittag- und Abendessen erhalten. Der Blütezeit bis 1559 folgte ein Stillstand. Pufendorfs Schriften wurden verboten, Chr. Thomasius und A. H. Francke entfernt; erst Gottsched verschaffte einer freiern Richtung Eingang, indem er die deutsche Dichtung als Lehrgegenstand einführte. 1829 wurde ein Rentamt zur Verwaltung eingesetzt und 1830 und 1850 die Verfassung umgestaltet.
Die Einnahmen aus dem Universitätsvermögen betragen jährlich etwa 350000 M., der Staatszuschuß 1,450 Mill. M. Die Zahl der Studierenden sank in der Mitte des 19. Jahrh, auf 800, jetzt ist die Universität Leipzig nächst Berlin und München [* 47] die am stärksten besuchte im Deutschen Reiche. Sie hatte (Winter 1895/96) 198 Professoren und Docenten, 3019 immatrikulierte studierende und 138 Hörer, (Sommer 1896) 203 Docenten, 170 Hörer, 2876 immatrikulierte Studierende, darunter 335 Theologen, 920 Juristen und 622 Mediziner. Zahnheilkunde studierten 36. Zur Universität gehören das Predigerkollegium zu St. Pauli zur Vorbildung von Kandidaten der Theologie, 1862 gestiftet, die Bibliothek (s. unten), die akademische Lesehalle, zahlreiche Seminare, Institute und Kliniken. - Andere Unterrichtsanstalten sind die Thomasschule, ein städtisches Gymnasium mit Alumnat (60 Alumnen), 1221 gegründet, deren Kantoren seit langer Zeit berühmte Meister waren, wie Calvisius, Schein, Kuhnau, Bach, Doles, Hiller, Schicht, Weinlig, Hauptmann, Nichter, Rust; die Nikolaischule, ein städtisches Gymasium, 1511 gegründet, das königl. Gymnasium, das Realgymnasium, die königl. Kunstakademie und Kunstgewerbeschule, königl. Baugewerkenschule, städtische Gewerbeschule, 3 städtische und 3 private Realschulen, je 1 höhere Schule für Mädchen, 4 höhere Bürgerschulen, 13 Bürger- und 28 Bezirksschulen, 4 städtische Fortbildungsschulen für Knaben und eine für Mädchen, städtische Haushaltungs -, Schwachsinnigenschule, Erziehungsanstalt für geistig zurückgebliebene Kinder, Taubstummenanstalt, 1778 von Eppendorf nach Leipzig verlegt, und die städtische Blindenanstalt. Von Korporationen und Vereinen unterhaltene Schulen sind die Öffentliche Handelslehranstalt, Öffentliche Buchhändlerlehranstalt, Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen, das Lyceum für Damen, 2 Haushaltungsschulen, Deutsche Fachschule für Drechsler und Bildschnitzer (s. Holzindustrieschulen), Fachschulen für Kaufleute, Buchdrucker, Heizer u. a., endlich zahlreiche Privatschulen.
Die Frequenz der Bürger- und Bezirksschulen betrug 15. Mai 1896:Schulen | Knaben | Mädchen | Zusammen |
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Höhere Bürgerschulen | 1555 | 1929 | 3484 |
Mittlere Bürgerschulen | 7342 | 6967 | 14309 |
Bezirksschulen | 19759 | 21101 | 40860 |
Insgesamt | 28656 | 29997 | 58653 |
Sammlungen. . Die Universitätsbibliothek «Albertina» (Oberbibliothekar: Prof. Dr. von Gebhard) ist entstanden aus der Bibliothek des 1543 aufgehobenen Pauliner-(Dominikaner-)klosters und enthält 438000 Bände, 545 Inkunabeln vor 1481 und 4138 Handschriften; die Stadtbibliothek (Oberbibliothckar: Dr. Wustmann, 110000 Bände, 1500 Bände Handschriften) befindet sich im Alten Gewandhaus; im Buchhändlerhause die Königl. Sächsische Bibliographische Sammlung, die Bibliothek des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler und das Buchgewerbemuseum (s. Centralverein für das gesamte Buchgewerbe). Ferner bestehen eine Bibliothek der Handelskammer (18000 Bände, 93 Bände Handschriften), des Reichsgerichts (88000 Bände) u. a.
Den bildenden Künsten. dient das Städtische Museum der bildenden Künste, eine Schöpfung des 1836 begründeten Leipziger Kunstvereins, welches eine reichhaltige Sammlung besonders moderner Kunstwerke (1896 über 730 Ölgemälde, 270 Skulpturen und 99 Kartons und Aquarellen) birgt. Große Schenkungen und Vermächtnisse haben das Institut vorzugsweise gefördert, so das Vermächtnis des 1853 verstorbenen Heinrich Schletter, die Claußsche, Schumannsche und Thiemesche Stiftung von Gemälden, die Dörriensche, ehemals Gehlersche Sammlung von Zeichnungen älterer, die Demianische und Mayersche Sammlung von Zeichnungen und Aquarellen moderner Meister u. s. w sowie die von Karl Lampe [* 48] gestiftete Sammlung von Stichen, Photographien u. s. w. zur Geschichte der Malerei. Wertvoll ist das Vermächtnis (500000 M.) des 1888 verstorbenen Hermann Theobald Petschke geworden, aus dessen Erträgnissen Gemälde und Skulpturen angekauft werden. In dem Erdgeschoß hat auch der ¶
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Kunstverein seine Räumlichkeiten. (Vgl. Vogel, Das städtische Museum zu Leipzig, Lpz. 1892.) Das Kunstgewerbemuseum mit Vorbildersammlung für Kunstgewerbe und das Museum für Völkerkunde, 1871 aus den ethnogr.-kulturhistor. Sammlungen des verstorbenen Oberbibliothekars Friedr. Gust. Klemm in Dresden hervorgegangen, sind seit 1896 im Grassimuseum untergebracht. Für die bildenden Künste wirkt die mit einer Kunstgewerbeschule verbundene königl. Akademie der bildenden Künste (1764 gegründet) unter Leitung des Geh. Hofrats Nieper.
Die Musik wird gepflegt im königl. Konservatorium der Musik (Winter 1893/94: 620 Schüler uud Schülerinnen), in den Gewandhauskonzerten (s. d.) unter Arthur Nikisch' Leitung, in den Kammermusikkonzerten im Neuen Konzerthaus und den Akademischen Orchesterkonzerten (1891 gegründet) unter Leitung von Hermann Kretzschmar, ferner im Lisztverein, Dilettanten-Orchesterverein sowie durch die zahlreichen Vereine für Männergesang (teilweise im Zöllnerbund vereinigt) und Gemischten Chor, unter denen sich der Universitätssängerverein Paulus und der Akademische Gesangverein Arion, die Singakademie, der Bachverein und vor allem der 1863 von Karl Riedel gegründete Riedelverein auszeichnen.
Die beiden Theater, das Neue (2100 Plätze) und das Alte (1200 Plätze), sind für 30000 M. (die Stadt giebt einen Zuschuß für Gas und die Mitwirkung des Gewandhausorchesters) verpachtet (Direktionen: Witte, Laube, Haase, Förster und Neumaun, Stägemann); das private Carolatheater ist von der Direktion der vereinigten Stadttheater gepachtet und wird zur Aufführung von Lust- und Schauspielen an den Wintersonntagen und zu Gastspielen benutzt. Ein großes Sommertheater besteht seit 1894 im Hotel Stadt Nürnberg. [* 50]
Von den in Leipzig erscheinenden polit. Zeitungen seien erwähnt das «Leipziger Tageblatt», die «Leipziger Neuesten Nachrichten» (beide nationalliberal),
die konservative «Leipziger Zeitung», die parteilosen «Generalanzeiger», «Stadt- und Dorfanzeiger» und die socialdemokratische «Volkszeitung», ferner u. a. die «Illustrierte Zeitung», die «Gartenlaube», das «Daheim», im ganzen 450 Zeitungen, Zeitschriften und Fachblätter.
Gesellschaften und Vereine. Die Königlich [* 51] Sächsische Gesellschaft der Wissenschaften (s. Akademien, Bd. 1, S. 276b), die Fürstlich Jablonow ^[i]stische Gesellschaft der Wissenschaften, die Deutsche Morgenländische Gesellschaft, der Deutsche Astronomenverein, die Deutsche Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Altertümer (1824), die Griechische Gesellschaft (1793 von G. Hermann gestiftet), die Historisch-Theologische Gesellschaft (1814 von Illgen begründet), die Naturforschende, die Medizinische Gesellschaft (1829), die Fraternität der Notarien und Litteraten (1624), die Deutsche Genossenschaft dramat. Autoren und Komponisten, der Verein für Erdkunde [* 52] (1861), der Numismatische und der Entomologische Verein Fauna, der Verein für die Geschichte Leipzigs (1867), mit reichhaltigen Sammlungen, der Verein für Handelsgeographie und Kolonialpolitik, der Litterarische Centralverein, der Schillerverein, der Allgemeine Deutsche Schriftstellerverein, die Pädagogische Gesellschaft; ferner Architekten-, Ingenieur-, Missions- und ähnliche Vereine, der Leipziger Lehrerverein, Landwirtschaftliche Kreisverein, Centralverein für das gesamte Buchgewerbe (s. d.), Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig (s.d.) und andere buchhändlerische Vereine, Deutscher Buchdruckerverein (s. d.), Polytechnische Gesellschaft (Gewerbeverein, 1825 gegründet), 2 Gartenbaugesellschaften, Gärtnerverein, Gemeinnützige Gesellschaft, Verein für Volkswohl und der Kaufmännische Verein mit eigenen Vereinsbäusern, Verband Deutscher Handlungsgehilfen, [* 53] Albert-Zweigverein, Verein zur Feier des 18. Oktober, Frauenhilfsverein, mehrere Turnvereine (mit großen Turnhallen) sowie zahlreiche andere Vereine, im ganzen 350 Vereine und (1894) 36 Innungen mit 3110 Mitgliedern; die Kramerinnung (s. d.) ist 1887 nach mehr als 400jährigem Bestehen aufgelöst und ihr Vermögen der Handelskammer zugefallen. Endlich bestehen 6 Freimaurerlogen.
Kassen. Der Verkehr der Sparkassen war 1895:Kassen | Guthaben der Sparer Ende 1894 | Einzahlungen | Rückzahlungen | Guthaben der Sparer Ende 1895 |
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M. | M. | M. | M. | |
Leipzig | 46835792 | 13104280 | 10228154 | 51137774 |
Leipzig-Reudnitz | 8324986 | 1603379 | 1423688 | 8745435 |
Leipzig-Connewitz | 1382764 | 348697 | 25771 | 1519395 |
Leipzig-Eutritzsch | 849346 | 145667 | 120475 | 902395 |
Leipzig-Gohlis | 711409 | 243215 | 173147 | 805626 |
Leipzig-Lindenau | 567696 | 130296 | 110032 | 606488 |
Leipzig-Plagwitz | 362559 | 204525 | 119380 | 460810 |
Zusammen | 59034552 | 15780059 | 12434586 | 64177923 |
Im städtischen Leihhause wurden (1895) 173 455 Pfänder mit 2 412 457 M. beliehen. Die Ortskrankenkasse für und Umgegend zählte 105 228 94 764) Mitglieder;
seit Bestehen der Ortskrankenkasse, also seit sind insgesamt etwa 13 970000 M. für Unterstützungen ausgegeben worden, davon entfallen nahezu 7 876000 M. auf bare Unterstützungen an die Mitglieder und deren Angehörige, etwa 3 064000 M. auf ärztliche Behandlung, 1 900000 M. auf Arznei und sonstige Heilmittel und 1 130000 M. auf Verpflegungskosten in Krankenanstalten. An Mitgliederbeiträgen sind seit insgesamt etwa 16 669000 M. eingegangen, davon entfielen auf freiwillige Mitglieder 716000 M., auf versicherungspflichtige Mitglieder dagegen 15 953000 M., so daß das von den Arbeitgebern aus eigenen Mitteln zu zahlende Drittel der Beiträge der Pflichtigen Mitglieder nahezu 5 317000 M. betrug.
Das Vermögen der Kasse betrug Ende 1895:1 668 913,78 M. Außerdem bestehen (1895) zwei Innungskrankenkassen (967 Mitglieder, 16 685,35 M. Einahmen, 16 433,58 M. Ausgaben, 2574,75 M. Vermögen), 17 Betriebskrankenkassen (9930 Mitglieder, 245 231,88 M. Einnahmen, 241793,60 M. Ausgaben, 242 830,71 M. Vermögen), 17 eingeschriebene Hilfskassen (27 455 Mitglieder, 725 228,17 M. Einnahmen, 702 064,82 M. Ausgaben, 565 698,92 M. Vermögen) und 82 Verwaltungsstellen von auswärtigen Hilfskassen.
Wohlthätigkeitsanstalten. Die königl. Universitätskliniken, die städtischen Krankenhäuser St. Jakob (s. Krankenhaus und Tafel:Krankenhäuser I) und zu Leipzig-Plagwitz, das homöopathische Krankenhaus (aus Schenkungen erbaut), das Kinderkrankenhaus, das Neue Johannishospital, das städtische Neue Siechenhaus, die städtische Irrenheil-und Pflegeanstalt Thonberg, drei Blindenstiftungen, die Taubstummenanstalt, das Waisenhaus, Kinderbewahranstalten, die Diakonissenanstalt, ¶
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Pestalozzi-62 stiftung (1853 gegründet) mit Erziehungshaus, eine evang. Erziehungs- und Unterrichtsanstalt für Knaben vermögenderer Stände, 4 Armenhäuser, Irren-Siechenhaus, Ermittiertenhaus, Herbergen und zahlreiche Stiftungen zur Unterstützung Kranker und Bedürftiger; ein Volksbrausebad (1894), Volksküchen, Wärmstuben und öffentliche Speiseanstalten. Die städtische Brotbäckerei hat (1891) 303 893 kg Roggenmehl verbacken und daraus 412 648 kg Brot [* 55] erzeugt, das zur Verteilung an Arme und verschiedene Anstalten gelangte.
Industrie und Gewerbe. Die Industrie hat sich neben dem Handel, namentlich in den letzten Jahrzehnten, erheblich entwickelt.
Der Stand der Großindustrie nach der Fabrikenzählung vom 1. Mai 1890: | Betriebe | Dampf kessel | Motoren | Pferde stärken | Männliche Arbeiter | Weibliche Arbeiter | Arbeiter überhaupt |
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Über 21 J. | 16-21 J. | Unter 16 J. | Zu- sammen | Über 21 J. | 16-21 J. | Unter 16 J. | Zu- sammen |
839 | 291 | 527 | 9166 | 17458 | 3952 | 1398 | 22808 | 4480 | 3212 | 762 | 8454 | 31262 | |
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Neu-Leipzig | 642 | 370 | 547 | 17741 | 19400 | 4438 | 1540 | 25378 | 4936 | 3393 | 699 | 9028 | 34406 |
Zusammen | 1481 | 661 | 1074 | 26907 | 36858 | 8390 | 2938 | 48186 | 9416 | 6605 | 1461 | 17482 | 65668 |
Während hiernach die Zahl der Betriebe in Alt-Leipzig (653) um 241 größer als die in den Vororten ist, haben letztere 64 Dampfkessel [* 56] und 7 Motoren mit 6695 Pferdestärken sowie 900 Arbeiter mehr, ein Beweis, daß die Großindustrie sich hauptsächlich in den Vororten konzentriert. Die Industrie umfaßt folgende Hauptzweige: Metallindustrie: Eisengießerei [* 57] (16 Betriebe, 991 Arbeiter), Bau von Maschinen und Apparaten (82; 5677), Dampfkessel- und Dampfmaschinenfabriken (Ph. Ewiderski mit 400 Arbeitern), Metallgießerei, Fabrikation von elektrischen Anlagen, Petroleum- und Gasmotoren, Feuerspritzen, [* 58] Drahtseilbahnen, Maschinen für Buchbinderei und Papierindustrie (Karl Krause, 550 Arbeiter), Gasbeleuchtungs-, Gasheizungs-, Wasserleitungs-, Badeeinrichtungcn, für Obst- und Gemüseverwertung, Holzbearbeitung [* 59] (Kirchner & Comp., 537) und Kerzengießerei, von Schnellpressen für Lithographie , Licht- und Blechdruck und Bronziermaschinen (Schmiers, Werner & Stein), von Handwerkernähmaschinen, Strickmaschinen, landwirtschaftlichen Maschinen und Ackergeräten (Rud. Sack, 725), Werkzeugmaschinen, Eisenkonstruktionen, Wagenfedern, feuerfesten und diebessichern Geldschränken (Carl Kästner), Maßstäben (Ed. Goedel, 350; Gebr. Leistner, 290), Werkzeugen, Eisenmöbeln, Bronzewaren, Blechwaren, Blechemballagen und dekorierten Blechen, Verzinkerei, Vernickelungsanstalten.
Textilindustrie: Kammgarnspinnerei Stöhr & Comp. (1700), Leipziger Baumwollspinuerei (1300), Leipziger Kammgarnspinnerei (864), Leipziger Wollkämmerei (1700), mechanische Jute-, Leinen- und Segeltuch-Weberei, Tränkner und Wür ^[k]er Nachf. (180), Sächsische Wollgarnfabrik vormals Tittel & Krüger (1125). Chemische Industrie: [* 60] Fabrikation von ätherischen Ölen (Schimmel [* 61] & Comp., 120), Leim, Knochenpräparaten, Maschinenölen und Fetten, Lack, Farben, Farbholzextrakten, Essenzen, Chemikalien, Seifen (14 Betriebe, 197 Arbeiter), Parfümerien, Wachs- und Ledertuch (2; 243). Nahrungs- und Genußmittelindustrie: Mühlenwerke, Brauereien (19 Brauereien mit 707 Arbeitern; darunter Leipziger Aktienbrauerei Riebeck & Co., C.W.Naumann, Vereinsbrauerei);
Dampfmühlen für Gewürze, Senf, Safran und Droguen, Fabrikation von Kindernährmitteln, Schokolade (8 Betriebe, 338 Arbeiter), Zuckerraffinerie, Kandis und Zuckerwaren (Sachsenröder & Gottfried), Branntwein, Liqueuren, Mostrich, Roheis, Tabak [* 62] und Cigarren.
Papier- und graphische Industrie: Fabrikation von Tapeten und Rouleaux (1; 63), Kartons, Kartonnagen (77 Betriebe, 3752 Arbeiter, einschließlich der Buchbindereien), präparierten Papieren und Kartons für Chromodruck (Gustav Najork, 260), Bunt- und Luxuspapier (2; 291);
Bunt- und Glanzpappen, Tüten, Briefumschlägen;
ferner Buchbindereien (F.A. Barthel, 256; J. F. Bösenberg, 250; Hofbuchbinderei Gustav Fritzsche, 359; Hübel & Denck, 300; H. Sperling, 350; Vereinigte Dampfbuchbindereien Baumbach & Co., 350), Stein- und Zinkdruckereien (47; 1882) Buch-, Kupfer- und (Stahldruckereien, Noten, ^[-] stechereien und -Druckereien (Oskar Brandstetter, 260; C. G. Röder, 775), Schriftschneidereien und -Gießereien (18 Betriebe, 1098 Arbeiter; Schelter & Giesecke, 435), galvanoplastische, lithographische und Lichtdruckanstalten, geographische und artistische Anstalten sowie zablreiche Großbetriebe, welche die meisten der polygraphischen Gewerbe in sich vereinigen (Bibliographisches Institut Meyer, 550; Breitkopf & Härtel, 508; F. A. Brockhaus, 750; Giesccke & Devrient, 420; Julius Klinkhardt, 650; V. G. Teubner, 375).
Im Buchgewerbe (mit Ausnahme der Anfertigung von Pappen und Papier, mit 734 Personen) waren (1890) 15 067 (11 978 männl., 3089 weibl.) Personen thätig. Endlich ist zu erwähnen die Fabrikation von Treibriemen, Asphalt, Dachpappe und Holzcement (C.F.Weber), Cementwarcn, künstlichen Sandsteinen (Hydrosandstein), Guttapercha und Gummiwaren (8 Betriebe, 669 Arbeiter), künstlichen Blumen und Federn (15; 540), Spitzen (2; 289), Rüschen, Stickereien (8; 764), Papier- und Stoffwäsche (Mey & Edlich, 1081), Celluloidwäsche (Deutsche Celluloidfabrik), Korb-, Drechsler- und Schnitzwaren (8 Betriebe, 145 Arbeiter), Spiel- und Holzwaren, Bürsten, Goldleisten und Rahmen (7; 305), Jalousien, Möbeln, Parkett und Fournieren (49; 1039), Korkstopfen und Patentverschlüssen, Sattler- und Riemerwaren (3; 205), Koffer und Lederwaren (Moritz Mädler, 260), Kurz-, Galanterie- und Bijouteriewaren, Stahlfedern und Federhaltern (2; 138), Korsetten, Krawatten und Handschuhen (6; 209), Damenmänteln, Kleidern und Wäsche (32; 2119), Filz und Strohhüten, Schuhwaren (13; 548), mathem., physikal. und chem. Instrumenten (17;841), mechan. Musikinstrumenten, besonders Accordions, Aristons, Monopols, Orchestrions, Pohlyphens, Symphonions (10 Betriebe, 1083 Arbeiter; darunter Fabrik Leipziger Musikwerke, vormals P. Ehrlich & Comp., 350; Fabrik Lochmannscher Musikwerke, 600, wovon 100 auswärts), Turm-, Wand- und Taschenuhren, Kontrollapparaten, Pianofortes (Jul. Blüthner, 500), Klaviaturen und Pianofortemechaniken ¶