Major und zum Flügeladjutanten des Königs Wilhelm ernannt, in dessen militär. Gefolge
er seitdem verblieb. Die Feldzüge von 1866 in
Böhmen
[* 2] und von 1870/71 in
Frankreich machte Lehndorff im
Großen Hauptquartier mit; 1868 wurde
er
Oberstlieutenant, 1871 Oberst, bald darauf Commandeur der
Leibgendarmerie, 1876 Generalmajor und 1881 Generallieutenant
undGeneraladjutant.
Kaiser Wilhelm Ⅱ. beförderte ihn 1888 unter Belassung seines Ranges als
Generaladjutant
zum
General der
Kavallerie.
Marktflecken im
Kreis
[* 3]
Zauch-Belzig des preuß. Reg.-Bez.
Potsdam,
[* 4] an mehrern Seen, die durch den Emsterkanal
mit der
Havel verbunden sind, hat (1895) 2192 (1890: 2319) E., Post,
Telegraph
[* 5] und die schöne Ruine eines
vom Markgrafen
Otto Ⅰ. 1180 gegründeten Cistercienserklosters (auch Himmelpfort am See genannt), die Fürstengruft der
brandenb. Askanier. Das
Kloster wurde 1542 durch Joachim Ⅱ. aufgehoben und in ein
Amt verwandelt. Die 1262 geweihte Klosterkirche
ist neuerdings restauriert worden. –
Vgl.
Heffter, Geschichte des
Klosters Lehnin (Brandenb. 1851);
Sello,
Lehnin, Beiträge zur Geschichte von
Kloster und
Amt (Berl. 1381).
Viel Aufsehen hat die Lehninsche
Weissagung (das
Vaticinium Lehninense) gemacht, ein aus 100 leoninischen Versen bestehendes
Gedicht, das, angeblich von dem Mönch
Hermann im 13. Jahrh. verfaßt, zuerst um 1693 auftauchte. In dieser
«Weissagung» wird
das Aussterben des askanischen Hauses in
Brandenburg
[* 6] und das Emporblühen des hohenzollernschen beklagt,
jeder
Regent des letztern Hauses bis auf das elfte Geschlecht wird charakterisiert, die Zeit des
Untergangs der Hohenzollern
[* 7] bestimmt und dann die Einheit
Deutschlands
[* 8] und die Wiederherstellung der kath.
Kirche prophezeit. Nur
bis in die Zeit kurz vor
demTode des
Großen Kurfürsten stimmt seine Erzählung mit dem wirklichen Verlauf der Begebenheiten überein;
alle spätern angeblichen Prophezeiungen treffen nicht mehr zu, die mannigfachen Deutungen, die man versucht hat, konnten
daran nichts ändern. Zuerst veröffentlicht wurde das
Vaticinium in
Lilienthals «Gelehrtem
Preußen»
[* 9] (Königsb. 1723) und dann
sehr häufig
bis in die neueste Zeit wieder abgedruckt. Obgleich die Echtheit schon in der Mitte des 18. Jahrh.
bekämpft und später überzeugend widerlegt worden ist, wurde es doch von polit. und kirchlichen Parteien immer von neuem
zu Zwecken der Tagespolitik ausgenutzt, so z. B. in Bouverots «Extrait
d’un manuscrit relatif
à la prophétie du frère de Lehnin» (1846; deutsch von W. von Schütz, Würzb.
1847) und in Boosts
Schrift «Die
Weissagungen des Mönchs
Hermann zu Lehnin» (Augsb. 1848). Das Gedicht ist ein späteres Machwerk,
vermutlich 1684 oder 1685 entstanden.
Als
Urheber der Fälschung gilt der Propst an der Petrikirche in
Berlin,
[* 10]
Andreas Fromm, der als eifriger
orthodoxer
Lutheraner mit den
Reformierten in Streit geraten war, nach
Böhmen flüchtete und zur kath.
Kirche übertrat, dann
als Kanonikus 1685 in Leitmeritz starb. –
(grch. Lemma),
[* 11] ein
Satz, der in irgend einer Wissenschaft zur Anwendung kommt, während sein
Beweis in eine
andere Wissenschaft gehört, den also die eine Wissenschaft von
der andern gleichsam entlehnt. So bedient sich die Mechanik
der Lehrsätze der Geometrie, die
analytische Geometrie derer der
Algebra als Lehnsätze u. s. w.
Zur Errichtung oder weitern Verleihung eines
Lehns ist nur derjenige fähig, welcher sich Ritterdienste
versprechen lassen kann, also
Kaiser, Landesherr, ritterbürtige
Personen, im modernen
Staate nur der Landesherr (Bayr. Lehnsedikt
von 1808, M. 22 fg.).
Absolut zum Erwerbe eines
Lehns unfähig waren
Juden, Ehrlose, Exkommunizierte; relativ
unfähig körperlich Behinderte, wie Frauen und
Kranke; rechtlich nicht waffenfähige (nicht zum Heerschild gehörende)
Personen
(Geistliche,
Städter,
Bauern, jurist.
Personen). Der Lehnsherr kann über die relative Lehnsunfähigkeit bei der Beleihung
hinwegsehen. Mit der Gleichstellung der
Stände sind die
Beschränkungen der Lehnsfähigkeit gefallen.
der Eintritt eines neuen
Vasallen nach dem Abgang, namentlich dem
Tode des bisherigen. Nach langobard.
Lehnsrecht
sind beim
Tode des Lehnsbesitzers als dessen Nachfolger im
Lehn berufen die lehnsfähigen
Abkömmlinge des zuerst Beliehenen,
an erster
Stelle die
Abkömmlinge des letzten Besitzers unter Eintritt der
Abkömmlinge eines vorverstorbenen
Descendenten in dessen
Stelle, sodann die lehnsfähigen Seitenverwandten unter Bevorzugung der nächsten Linie und in dieser
des nächsten
Grades (Linealgradualsystem). Oft wurde das
Lehn einem gegen eine
Abfindung der übrigen überlassen, welche alsdann
bis zum Abgang der besitzenden Linie ausgeschlossen blieben. Nach deutschem
Recht waren nur die
Söhne
eines
Vasallen berufen, nicht alle vom ersten Erwerber abstammenden Seitenverwandten, doch wurde ein Successionsrecht derselben
durch eine Gesamtbelehnung geschaffen, über Kognatensuccession s. Weiberlehn und Kunkellehn.
Die Allodialerbschaft des letzten Besitzers steht mit der Lehnserbschaft in keinem Zusammenhange. Fallen
[* 12] beide an verschiedene
Personen, so tritt die Sonderung desLehns vom
Erbe ein. Ein Descendent als Lehnsfolger haftet für die
Schulden des letzten Besitzers auch mit dem
Lehn, soweit er nicht durch die Wohlthat des Inventars geschützt ist, nach Partikularrechten,
wenigstens mit den Lehnsfrüchten, auch wenn er nicht Allodialerbe des
Vaters geworden ist. Die
Rechte des Lehnsherrn und der
Seitenverwandten werden dadurch nicht beeinträchtigt. Ein Seitenverwandter haftet, wenn er als ein Lehnsfolger
eintritt, für Schulden seines Vorgängers nur, wenn er oder sein
Ascendent sie konsentiert hat, oder aus besonderm
Grunde,
z. B. weil ein aufgenommenes
Kapital in das
Lehn verwendet ist; ebenso hat er die Verpflichtung, die
Töchter des letzten Besitzers
zu alimentieren und auszustatten. Das sind die
Lehnschulden im Gegensatz zu den übrigen Schulden
¶
mehr
des letzten Besitzers, den Allodialschulden, für welche das Lehn in der Hand
[* 14] eines Seitenverwandten nicht, sondern nur das
Allodialvermögen des Schuldners haftet. Veräußerungen von Lehnstücken, welche ohne seinen oder eines Ascendenten Konsens
vorgenommen sind, revociert der in das Lehn folgende Seitenverwandte, nach Partikularrechten auch der Descendent, wenn er
nicht Allodialerbe geworden ist.
im Mittelalter das von dem Lehnsherrn für Streitigkeiten zwischen ihm und seinen Vasallen oder zwischen
den Vasallen untereinander über ein von dem Lehnsherrn ausgegebenes Lehn, und zur Ausübung der freiwilligen Gerichtsbarkeit
über solches (Beleihung, Einwilligung in Veräußerungen und Verpfändungen, Bestellung von Lehnsvormündern u. s. w.) gehaltene
Gericht. Richter (Vorsitzender) war der Lehnsherr oder (z. B. wenn er Partei war) ein von ihm bestellter
Vertreter, Urteiler waren die Vasallen. Der König übte die Lehnsgerichtsbarkeit mit dem Reichshofgericht, die Fürsten mit
einem Lehnshofe (Lehnskurie, curia feudalis), später gewöhnlich durch ein ordentliches Obergericht. Sie wird heute in Deutschland
[* 15] von den ordentlichen Gerichten ausgeübt.
ein Kapital, das dem zur Lehnsfolge Berechtigten, gewöhnlich den jüngern Söhnen zur Abfindung ausgesetzt
wird, so daß sie den Zinsgenuß haben und den Lehnstamm auf ihre lehnsfolgefähigen Nachkommen vererben, dafür aber
das Lehnsgut dem ältern Bruder, der den Lehnstamm gewährt, und dessen lehnsfolgefähigen Nachkommen allein belassen.
(Provasallus), der Stellvertreter eines Lehnsunfähigen (einer Frau, einer jurist. Person), welcher nach
außen als berechtigte Person erscheint und nur nach innen, was den Genuß des Lehns betrifft, seine Vertretereigenschaft herauskehrt.
Mehrere Vasallen, welche ein Lehn zur gesamten Hand erhielten, hatten einen Lehnsträger zu stellen.
Das Lehnsrecht wurde teils durch die Gesetze der deutschen Kaiser, teils autonomisch durch Vereinbarung
der Lehnsherren mit ihren Vasallen festgestellt und durch Übung in den Lehnsgerichten weiter entwickelt. Die aus verschiedenen,
teils wissenschaftlichen, teils gesetzlichen Bestandteilen gegen Ende des 12. Jahrh. in der Lombardei kompilierten
libri feudorum wurden, obgleich sie Privatarbeit waren, durch Gewohnheitsrecht Grundlage des gemeinen Lehnsrechts. Auch die
Verfasser des Sachsenspiegels, Deutschenspiegels, Schwabenspiegels haben das Lehnsrecht dargestellt, jedoch haben, soweit Abweichungen
stattfanden, vielfach die langobard. Rechtssätze die Oberhand gewonnen.
Das Lehnsverhältnis hat eine dingliche und eine persönliche Seite. In ersterer Richtung ist es Hingabe
eines Grundstückes oder auch anderer dauernder Nutzung fähiger Vermögensgegenstände zu vererblichem (s.
Lehnsfolge), aber ohne Zustimmung des Lehnsherrn und der Agnaten nicht veräußerlichem, selbst nicht verpfändbarem Nutzungsrecht
mit Heimfallsrecht des Verleihenden (Lehn im engern Sinn; s. Belehnung und Lehnserneuerung). Das persönliche Verhältnis ist
die Vasallität, d. h. ein Dienst- und Treuverhältnis des Vasallen zu dem Lehnsherrn und
ein Schutz- und Treuverhältnis
des Lehnsherrn zum Vasallen (s. Felonie).
Die dingliche, also vermögensrechtliche Seite wurde in Frankreich durch die Revolution beseitigt, diese Beseitigung erstreckte
sich infolge der franz. Occupation auf einen Teil von Deutschland, und es fand nach Aufhören der Occupation
nur teilweise eine Wiederherstellung statt. Eine neue Anregung brachte §. 39 der Grundrechte von 1848: «Aller
Lehnsverband ist aufzuheben.» Wenn derselbe auch bald seine formelle Gültigkeit verlor, so haben doch die meisten Staaten
die Lehnsherrlichkeit beseitigt, besonders für solche Lehn, welche nicht von Landesherren verliehen waren
(Privatlehn).
Aber auch die landesherrliche Lehnsherrlichkeit ist meistens gefallen; bald ist sie aufgehoben, bald gegen Zahlung eines Prozentsatzes
vom Werte des Lehns für ablösbar erklärt; öfter werden noch die Lehn ausgenommen, bei denen ein baldiger Heimfall zu erwarten
steht (auf zwei oder vier Augen). Manche Gesetze heben auch die Rechte der Agnaten und Mitbelehnten auf und
beseitigen die Beschränkungen des Besitzers in der Disposition über sein Gut; andere Gesetze machen aus den Lehnsgütern
eine Art von Familienstammgütern, für welche die lehnsrechtlichen Principien über die Succession, die Rechte der Agnaten
und Mitbelehnten, die Behandlung der Lehnschulden, die Trennung des Allods vom Lehn bestehen geblieben sind.
(S. auch Feudalismus.)
Vgl. Weber, Handbuch des Lehnrechts (4 Tle., Lpz. 1807‒11);
Pätz, Lehrbuch des Lehnrechts (Gött. 1832): Stobbe, Handbuch
des deutschen Privatrechts (Berl. 1882‒85), §§. 117 fg.; Schröder, Lehrbuch der deutschen
Rechtsgeschichte (2. Aufl., Lpz. 1894), §. 40.
Jul., Nationalökonom, geb. zu Schotten im Großherzogtum Hessen,
[* 17] studierte in Gießen
[* 18] und wurde 1868 Docent
an der Forstakademie zu Münden, 1874 Professor an der Polytechnischen Hochschule zu Karlsruhe,
[* 19] 1885 an der UniversitätMünchen.
[* 20] Er schrieb: «Schutzzoll und Freihandel» (Berl. 1877),
Paul Ernest, Rechtsgelehrter, geb. zu St. Dié (Vosges), studierte in Straßburg,
[* 23] promovierte 1857 und
war hier bis 1868 Generalsekretär des Oberkonsistoriums für die KircheAugsburger Konfession, 1868‒70 Abgeordneter bei
demselben, wurde 1870 außerord.
(Generalsekretär des Völkerrechtlichen Instituts. Von seinen die Kenntnis sremder Rechte sehr för- dernden Schriften sind
zu nennen: «^lomont^ äa ^ui88e aUsinlmäo)» (Par. 1875),
ferner sind zu nennen: «I^Vl^cc Xodlo» (3 Bde.,
Par. 1870), «N»lanF68 ä" litt^i'atni'L ct ll'lii8toii'6 lllz^tiliuL"
(Straßb. 1870),
" ^uini^m^ticino d» 1'^l8^,cc-" (mit Engel, Par.
1887) n. a. Lehramtsprüfungen, Prüfungen durch staat- lich eingesetzte Kommissionen, in welchen die Befähi- gung, ein öffentliches
Lehramt zu verwalten, dar- gethan werden soll. Solche Prüfungen finden für Volks- und für böhere Schulen statt.
Diejenigen
für Volks- schulen, welche gewöhnlich mit dem Namen Lehrbataillon be- zeichnet werden, sind entweder allgemeine
oder 'Fachprüfungen (für Turn-, Zeichen-, Musik-, Hand- arbeits-Lehrer und -Lehrerinnen) oder Prüfungen für besondere Zweige
des Unterrichts (Taubstum- men-, Vlindenunterricht u. s. w.).
In Preußen z. B. sind die Lehrbataillon durch die allgemeinen Bestimmungen
vom in Sachsen
[* 26] dnrch das Volks- schulgesetz vom ^6. April 1873 geordnet.
BeimAustritt aus dem
Seminar ist zunächst die Schnl- amtskandidatcnprüfung abzulegen, zu welcher in Preußen auch außerhalb des Seminars gebildete
Bewerber, die das 20. Lebensjahr noch nicht über- schritten haben, zugelassen werden können.
Durch dieselbe wird die Berechtigung
zur Verwaltung einer Hilfslehrerstellc oder provisorischen Lehrerstelle, die jederzeit kündbar ist, erworben.
Frühestens zwei, spätestens fünf Jahre nach dieser ist die zweite, auch Wahlfähigkeits - oderAm t s p rü fuu g genannt,
abzulegen, in welcher neben der wissenschaftlichen, ganz besonders auch auf die praktifche Tüchtigkeit Gewicht gelegt wird.
Sie erteilt die Anwartschaft zur Anstellung als ständiger Lehrer an Volks- schulen. In Preußen kann ein
Lehrer sich dann noch der Prüfung für Lehrer an Mittelschulen, welche die Berechtigung zur Anstellung als Lehrer in Oberklassen
von Mittelschulen und an höhern Mädchenschulen verleiht, einschließlich der Rek- torats Prüfung unterwerfen, um die Berechti-
gung zu erlangen, als Scminardirektor oder Semi- narlehrer, als Vorsteher einer Präparandcnanstalt sowic
als Rektor cincr Mittelschule oder einer höhern Mädchenschule oder als Leiter einer auf gleicher Stufe stehenden Privatschulc
angestellt zu werden; durch Verfügung vom können Geist- liche von der Mittelschullehrerprüfung dispensiert und
direkt zur Rektoratsprüfung zugelassen werden. Die Prüsnng selbst ist teils eine schriftliche (meist
ein Aufsatz pädagogischen Inhalts, eine Katechese, Lösung von arithmet. oder geometr. Aufgaben, Beantwortung von Fragen aus
der Gefchichtc, Geo- graphie und Naturkunde, wozu noch eine fremd- sprachliche Arbeit treten kann), teils eine münd- liche;
dazu kommt die praktische, in einer Lehrprobc bestehende, zu welcher meist auch ein schriftlicher Ent-
wurs bei dcr Prüfungskommission einzureichen ist. Die Prüfungskommission
besteht bei den ersten bei- den Prüfungen außer
dem von der Regierung er- nannten Kommissar gewöhnlich aus dem Seminar- direktor und mehrern Seminarlehrern;
doch werden
.zur zweiten Prüfung zuweilen auch, wie z. V. in wachsen, im praktischen ^chulleben stehende Pä- dagogen
(besonders Schuldirektoren) zugezogen. Für die Prüfung von Lehrern an Mittelschulen in Preußen wird für jede Provinz eine
Kommission er- nannt. -
Vgl. K. Schneider und von Bremen,
[* 27] Das Volksschulwesen im preuß. Staate (3 Bde., Verl. 1886 u.
1887).
Für höhereSchulen haben sich besondere Prü- fungen in Deutschland erst ausgebildet, seit sich unter
dem Einfluß von F. A. Wolf ein eigener Gym- nasiallehrerstand von dem der Theologen loszulösen begonnen hatte.
Nachdem in
Preußen unter ent- scheidender Mitwirkung von W. von Humboldt das Edikt über eine allgemeine Prüfung der Schulamts- kandidaten
(1810) erschienen war, hatte in allen deut- schen Staaten eine neue Entwicklung nach dieser Seite hin begonnen.
Dabei standen entweder (wie in Würt- temberg) die unmittelbaren Forderungen der Schule im Vordergrunde, oder der Nachdruck
wurde (wie in Preußen) mehr auf eine selbständige wissenschaftliche Bildung gelegt.
Auch ist die gegenseitige Anerken- nung
der Prüfungszeugnisse zwischen Preußen und verschiedenen kleinern deutschen Staaten vereinbart. In Preußen
bezeichnen die Reglements von 1831, 1860 und 1887 die Stadien dieser Entwicklung.
Sie setzen in Übereinstimmung mit andern
Staaten eine Vorbildung voraus, die nach durchlaufenem Gym- nasium oder Realgymnasium auf der Universität ge- wonnen ist.
Die preuß. Verordnung von 1866 unter- scheidet in der Prüsung die philol.-histor.
und die inathent.-naturwissenschaftlichen Fächer
[* 28] und trennt noch serner die Prüfungen in der Religion und in den neuern
Sprachen ab;
seit 1887 ist eine größere Freiheit in der Verbindung der Prüfungsfächer ge- stattet;
unerläßlich sind die
Fächer der allgemeinen Bildung (Philosophie, Deutsch und Religion) für alle. Größere schriftliche Arbeiten,
deren Themata entweder dem Kandidaten gestellt oder von ihm selbst gewählt werden, für einzelne Fächer auch Klausurar- beiten,
gehen der mündlichen Prüfung voraus;
die Er- gebnisse dieser Prüfnng führen zu einem Oberlehrer- oder Lchrerzeugnis,
je nachdem die Berechtigung zum Unterricht in einzelnen Fächern durch die ganze Schule ausgesprochen
oder auf die mittlern oder untern Klaffen beschränkt wird. An die wissenschaftliche Prü- fung schließt sich jetzt in Preußen
eiue einjährige praktische Vorbereitung unter Leitung eines dazu bestellten Schulrats oder Schuldirettors in den sog.
Gymnasialseminaren an, dann folgt das Probejahr; in andern Ländern wird die pädagogische Vorbildung auf der
Universität (z. B. in Baden,
[* 29] Sachfen) erwor- ben, fo daß sich die Probeleistung unmittelbar an die Staatsprüfung anknüpft.
- Vgl. Statist.
W. Schrader, Die Ver- fassung
der höhern Schulen (3. Aufl., Verl. 1889); Rethwifch, Deutschlands höheres Schulwesen im 19. Jahrh.
(ebd. 1893);
Fries, Die Vorbildung der Lehrer für das Lehramt (in Baumeisters«Hand- buch der Erziehungs- und Unterrichtslehre»,
II, 1, Münch. 1896). Lehrbataillon, amtlich Lehrinfanterie- bataillon, ein Bataillon, das aus ausgewählten Offizieren und
Mannschaften aller
¶
forlaufend
Infanterieregi-35
menter der deutschen Armee (außer der bayrischen) m jedem l^ommerhalbjabr zuPotsdam gebildet wird und dem Zwecke einer Lehrtruppe
dient.
Zum Lehrerinnen kommandierte Mannschaften tragen als Abzeichen eine wollene Schnur von gelber Farbe am untern Ende der Schulterklappen.
Lehrbegriff, in der Theologie das einheitliche Ganze der religiösen Lehre, teils der einzelnen bibli-
schen Schriftsteller, teils der verschiedenen kirchlicben Konfessionen.
[* 32]
Lehrbogen, soviel wie Lehrgerüst (s. Gerüste». Lehrbrief,
s. Lehrling. Lehre, ein Instrument, das zur Prüfung einzel- ner Tnnensionen oder auch der Gestalt eines Wert- stückes bestimmt
ist. Dem erstgenannten Zweck dient in ausgedehntem Maße die verstellbare Lehrerinnen oder Schublehre (s. nachstehende
[* 31]
Fig. 1);
dieselbe bcstebt als Bch'piel die Mutterlehre (s. nachstehende
[* 31]
Fig. 6) genannt, die bei der Herstellung
von Schrau- benmuttern und Bolzenköpfen eine leicht verständ- liche Verwendung findet.
Auch die Gewinde- lehren
[* 31]
(Fig. 7)
gehören hierher, mit denen die m .','. ,'.^,'!',^'.,,,',^
[* 31]
Fig. 1. aus dem mit einer Teilung versehenen
Lineal n, der festen Anscblagleiste c und der auf a verschieb- baren Hülse
[* 33] I) mit einem der Leiste c gegenüber- stehenden
Scbnabel;
es ist leicht ersichtlicb, wie hier- mit sowohl die Dicke eines Vollkörpcrs als auch die Weite eines Hohlkörpers
nachgemessen werden kann. Es gehört ferner hierher die Drahtlehre
[* 31]
(Fig. 2).
Die anf ihre Dicke zu prüfenden Drähte werden in den keilförmigen Schlitz von der weiten nach der engen ^eite herein- gefchoben,
worauf inan an der Skala, mit welcher mindestens eine der di- vergierenden Kanten versehen ist, den ^; Durchmesser des den
Schlitz an der ^ ^/ betreffenden Stelle gerade ausfüllen- den Drahtes ablesen kann.
Für die Untersuchung
cylindrischcr Höhlungen man sich entweder der plattenförmigen Lochlehren
[* 31]
(Fig. Z), welche die
Gegenform der vorerwähnten H Drahtlehren dar-
[* 31]
Fig. 3. stellen, oder der (von den Gold- schmieden gebrauchten) Ninglebren
[* 31]
(Fig. 4), die aus einer Vielzahl conarial zusammengefügter vlg..'. mg- Volleylinder von abstufenden:
Durckmesser zusammensetzen. Im Präcisionsmaschincnbau bedient man sich für jede vorkommende Mahgröhe eines zusammenge-
hörigen Paares von Lochlehre und Volzenlehre (s. nachstehende
[* 31]
Fig. 5),
das die Möglichkeit ge- währt, dah das Ausbohren eines Hohlcylinders und das Abdrehen eines
Vollcylinders ohne Ge- fahr
für die Genauigkeit verfchiedenen Arbeitern übertragen werden kann. Für die zweite Art von Lehrerinnen, die
zur Prüfung von Profilformen an Wertstücken gebraucht werden, sei Profilform der Schraubengewinde geprüft wer- den kann.
- über Blechlehre s. d. In der Baukunst
[* 34] ist Lehrerinnen soviel wie Stichmaß, Richtscheit, Lehrgerüst (s. Gerüste).
Insbesondere nennt
inan Lehrerinnen die bei dem Abstecken (s. d.) eines Gebäudes zur Anlegung der Mauern dienenden, an den Ecken und
am Zusammenstoß von Zwischen- mauern in dem Erdboden befestigten niedrigen Ge- rüste, aus zwei senkrechten Pfählen und einer
daran genagelten horizontalen Querlattebestehend, auf wel- cher die Fluchten für die Ober- und Grundmauern und deren Absätze
eingeschnitten werden.
Ferner werden Lehrlatten bei dem Verlegen von Treppen,
[* 35] bei dem Gesimsziehen, Putzen
u. s. w. verwendet. über die Lehrerinnen in der Seilerei s. d.
Lehre der zwölf Apostel, s. Didache. Lehrer, derjenige, welcher die Thätigkeit des Unterrichtens berufsmäßig, privatim (Privatlehrer)
oder an öffentlichen Unterrichtsanstalten ausübt. Sofern der Privatunterricht an schulpflichtige Kinder erteilt wird und
die vorgeschriebenen Unterrichts- gcgenstände umfaßt, hat der Lehrerinnen die Berechtigung,
ihn zu erteilen, ebenfo durch das Bestehen einer Prüsung zu erwerben wie die Lehrerinnen an öffentlichen schulen.
An den höhern Schulen unterscheidet man wissenschaftliche (akademisch gebildete) Lehrerinnen, semina- ristisch gebildete
und Fachlehrer (Turn-, Zeichen-, Schreib-, Gesanglehrer), an den Volksschulen Klassen- und Fachlebrcr;
doch
liegt in letztern oft auch der ganze Unterricht in der Hand des Klassenlehrers oder der Klassenlebrerin.
Für die Lehrerinnen an den
höhern schulen wird meist akademische Bildung verlangt, für die Volksschullehrer Seminarbildung. (S. auch Lehramtsprüfungen.)
- Über weibliche Lehrkräfte s. Lehrerinnen.
Lehrerinnen. Weibliche Lehrkräfte finden in der neuern Zeit zunehmende,
von entschiedenem Ersolg begleitete Verwendung. In Deutschland mögen sie beute etwa den zehnten Teil aller Lehr- kräfte an
Volksschulen bilden (8439 an den öffentlichen Volksschulen in Preußen);
in Skandinavien, in Eng- land und Nordamerika
[* 36] dagegen
beträgt die Zahl der Lehrerinnen an öffentlichen Schulen über 61) Proz.', in Skan- dinavien und Nordamerika
unterrichten sie auch viel- fach in den obern Klassen der Knabenschulen. In rein
¶
forlaufend
36
kath. Ländern, wie in Frankreich und in Italien,
[* 38] wer- den auch jetzt noch viele Schulen von Schulschwestern kath. Orden
[* 39] versorgt.
In Deutschland waren nach den Gesetzen vom und welche alle Orden, die sich nicht ausschließlich der
Krankenpflege widmeten, verboten, die Mitglieder weiblicher Orden und namentlich auch die sog. Schul- schwestern
von der Schule ausgeschlossen' doch ist durch das Gesetz vom gewissen Orden die Möglichkeit wieder gewährt, unter
staatlicher Aussicht zu unterrichten, zumal wenn sich die Ordens- angehörigen einer Prüfung unterzogen haben;
und so sind
in verschiedenen deutschen Staaten heute wieder zahlreiche Schulschwestern am Unterricht be- teiligt.
- Das Bedürfnis, Lehrervereine zu verwenden, ist in Deutschland von denRegierungen, insbesondere auch durch Gründung von staatlichen
Seminaren (s. d.) für Lehrervereine anerkannt, deren sich z. V. in Preußen neun (neben 112 Lehrerseminaren) finden.
Die Prüfun- gen,
die auf Grund der in Preußen getroffenen Ve- ftimmuugen zum Behuf gegenseitiger Anerkennung eine gewisse
inhaltliche Übereinstimmung zeigen, sind meist in ähnlicher Weise wie die der Lehrer geord- net; doch sind sie nur in einzelnen
Staaten (Bayern,
[* 40] Sachsen, Baden, Hessen, Hamburg,
[* 41] Bremen, Elsaß- Lothringen) von vornherein in zwei Prüsungen, die eine für
Volks-, die andere für höhere Schulen, ge- schieden;
Dagegen ist hier für ^chulvorsteherinnen eine besondere Prüfung vorgesehen und
durch die genannte Verfügung außerdem noch eine wissen- schaftliche Prüfung eingeführt worden, wodurch die Befähigung
zur Übernahme einer stelle als Oberlehrerin und nach Ablegung der Schulvor- steherinnenprüsung für
die Leitung einer höhern Mädchenfchulc erworben wird.
Auch ist Frauen der Zugang zu den Schulen als Fachlchrerinnen (als
Hurn-, Zeichen-, Handarbeitslehrerinnen) eröffnet, wozu sie ihre Befähigung durch besondere Fachprü- fungen darzuthun
haben. - Die an öffentlichen Schulen ständig angestellten Lehrervereine erhalten im Alter und bei eingetretener
Dienstunfähigkeit in den meisten deutschen Staaten eine gesetzliche Pension wie die Lehrer. Außerdem sind zur Unterstützung
dienstun- fähig gewordener Lehrervereine, meist durch energisches Zusam- menschließen der Lehrervereine selbst,
in neuester Zeit wohlthätig wirkende Anstalten gegründet worden.
Besonders zu erwähnen sind eine Anzahl Lehrerinnen Heime,
welche kranke und alte, aber auch alleinstehende Lehrervereine aufnehmen, z. V. außer mehrern
in Berlin das Feierabendhaus zu Steglitz bei Berlin, zu Dresden,
[* 42] das Wilhelm-Augusta-Stist zu Gandershcim, das mecklenb.
Feierabendhaus
zu Waren, das bad. Leh- rerinncnhcim zu Lichtenthal, das Lehrcrinnenheim zu Straßburg, ein württembergifches in Fricdrichs-
yafcn u. a. Am wurde ferner unter dem Protektorat derjetzigen
Kaiserin Friedrich dieAllge - meine Deutsche
[* 43] Pensionsanstalt sür und Erzieherinnen gestiftet, welche ohne Unterschied der
Stellung und des Bekenntnisses gegen Beiträge, die nach dem Eintrittsalter berechnet werden, Lehrervereine auf-
nimmt, die in Bedürftigkeitsfällen aus einem beson- dern Hilfsfonds unterstützt werden und in Krankheits- fällen auf
eine Unterstützung aus dem Hilfsfonds Anspruch haben.
Diese Pensionsanstalt zählte Ende 1893: 2679 Mitglieder mit einer
Jahreseinnahmc von V2
Mill. M. und 4^/2 Mill. M. Vermögen.
Da- ucbcn dienen noch eine Anzahl von Krankenkassen den Interessen
der Lehrervereine, wie überhaupt durch den gan- zen Stand ein energischer Zug
der Selbsthilfe geht, der 1890 seinen
Ausdruck in der Gründung des AllgemeinenDeutschen Lehrerinnenver- eins (f. Lehrervercine) und in der Errichtung von Fortbildungskursen
gefunden bat, die mit und ohne staatliche Hilfe in Berlin, Göttingen
[* 44] und an andern Orten ins Leben getreten sind.
Das Organ
des Leh- rerinnenvereins ist die von Fr. Löpcr-Housselle her- ausgegebene «Lehrerin».
Lehrerinnenheim, Lehrerinnenpensions- anstalt, s. Lehrerinnen. ^minar. Lehrerseminar, Lehrerinnenfeminar, s. Se- Lehrervereine
und Lehrerverfammlungen, zum Unterschied von den amtlichen Konferenzen die frei organisierten Vereinigungen der Lehrer.
Neben
zahlreichen lokalen Vereinigungen giebt es allgemei- nere, so für die meisten Provinzen Preußens
[* 45] und die einzelnen übrigen
deutschen Bundesstaatcn.
Alljährlich sollten Allgemeine Deutsche Leserversammlungen stattfinden;
als Or- gan beider wurde die «Allgemeine Deiche Lehrer-
zcitung» gegründet.
Die wohlgegliederte Organi- fation des Vereins erregte in der Reaktionszeit das Mißtrauen
der Regierungen;
er wurde in verschie- denen deutschen Staaten verboten, in Preußen durch Cirkularverfügung vom
kam daher überhaupt nicht zu rechter Eutwicklung und löste sich endlich ganz auf.
Die AllgemeinenDeutschen Lehrerversammlungen
sind jedoch geblieben. Sie fanden bis 1870 nut zwei Ausnahmen alljähr- lich, von da ab nach je zwei
(nur einmal nach drei) Jahren statt.
Durch eine Ministerialverfügung vom wurde auch den prcuß.
Dieser
war eine Delegiertenversammlung, verbunden mit einer allgemeinen Lebrerversammlung.
Auf der 30. All- gemeinen Deutschen Lehrcrversammlung
in Leipzig
[* 46] 1893 haben sich diese beiden Vereinigungen zu einer einzigen Körperschaft unter dem Namen Allgc- m eineDeutscheLehrcrversa
m m l u n g (D e u t - scher Lehrertag) verschmolzen.
Die Hauptzahl der Mitglieder der genannten Vereiniguugen
bilden die Volksschullehrer, obschon auch den Lehrern der höhern Schulen der Veitritt freisteht.
Letztere haben sich jedoch
auch unterein- andervielfach zusammengeschlossen.
Scitdcr hundert- jährigen Iubelseier der Universität Göttingen (1837)
finden zahlreich besuchte V ers a^mmlungendeut - scher Philologen und Schulmänner mit wenigen Ausnahmen
alljährlich statt.
Besondere Vereinigungen von Lehrern höherer Schulen bilden daneben der Verein der deutschen Realschul-
männer (seit 1871), derVerein für das höhere Mädchenschulwesen (seit187^), beidemit eigener Zeitschrift, und der Deutsche
(^eminarlehrer- tag (seit 1870).
In Sachsen besteht noch ein be- sonderer Verein der Realschullehrer.
Der
religiöse Gesichtspunkt wird in den Vorder- grund gestellt bei dem EvangelischenDeutschen Lehrerbunde.
Der von diesem veranstaltete
¶
forlaufend
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gelische Kongreß, der 1893 in Dresden tagte, stellte sich mehrfach in Gegensatz zur 30. AllgemeinenDeutschen Lehrervcrsammlnng
in Leipzig von dem- selben Iabre, besonders in der Frage der Simultan- schulen. In neuerer Zeit wird in Gegenden mit konfessionell
gemischter Bevölkerung
[* 48] versucht, die kath. Lehrer in besondern kath. Lehrervereinen zu vereinigen. So
ist z. B. der K ath o lisch e L e h r e r- verein der Nheinprovinz entstandcn.
Der Allgemeine Deutsche Lehrerinnen- verein wurde 1890 in
Berlin gegründet. Er will die Lehrerinnen selbständiger machen und ihnen eine größere Beteiligung am Unterricht erringen.
Er zählte 1895: 52 Zwe'igvereine mit 9000 Mitgliedern.
Eine weitverzweigte Stellenvermittelung, deren Lei- tung ihren Sitz in Leipzig
hat, entfaltet eine bedeu- tende Wirksamkeit. - 1894 entstand ein Verein preußischer Volksschullehrerinnen, gebildet aus
Korporationen, wie aus Einzelmitgliedern.
Lehreskadron, s. Militärreitschulen.
Lehrfreiheit, das Recht, die gewonnene Ein-
sicht und Überzeugung zu verbreiten, ein notwendi- ges Zubehör zur Glaubens- und Gewissensfreiheit (s. d.).
Die Lehrlingskrankenkassen findet eine Schranke an Gesetz und Sitte, Religion und Glaube, und beim Durchbrechen dieser Schranke sind viele in alter
und neuer Zeit zu Märtyrern geworden, Propheten und Weise, wie Ierennas, Sokratcs, Huß, Giordano Bruno, Ga- lilei u. a. Im
Mittelalter hat das die Völker be- berrschende kath. Kirchensystem die Verfolgung der Häretiker und Ketzer
in der Inquisition organisiert.
Die preuß. Verfassung sagt dagegen: «Die Wissen- schaft und ihre Lehre ist frei.» In Deutfchland
stehen die Universitäten als Sitze der Lehrlingskrankenkassen in hohem Ansehen, den Fakultäten für kath. Theologie ist jedoch
seit dem zweiten Drittel des 19. Jahrh, die Lehrlingskrankenkassen abhanden gekommen.
An sich betrachtet muh die Lehrlingskrankenkassen innerhalb einer bestimmten
Kirchengemein- schaft ihre Schranken an den Gruudprincipien der betreffenden Kirche haben, doch ist im Protestantis- mus gerade
die Tragweite der letztern um so strei- tiger, als eine rein jurist.
Handhabung des Be- kenntnisbuchstabens
gegen das Wesen des Pro- testantismus verstößt. -
Vgl. Haupt, Die Kirche und die theologische Lehrlingskrankenkassen (Kiel
[* 49] 1881);
Herrmann, Die
Gewißheit des Glaubens und die Freiheit der Theo- logie (2. Aufl., Freib. i. Vr. 1889).
Lehrgedicht oder didaktische Dichtung, eine bereits der Prosa sich zuneigende Art der Dichtung in epischer,
lyrischer oder dramat. Form.
Während die echte Dichtnng Phantasieschöpfnng ist, so daß erst aus der Gestalt der in ihr
liegende geistige Gehalt entspringt, geht das Lehrlingskrankenkassen umgekehrt vom geistigen Gehalt ans und erfindet
für diesen erst nachträglich auf dem Wege der Reflexion
[* 50] eine entsprechende poet.
Ausgestaltung. Als
die ursprünglichste Form der Lehrdichtung sind wohl die alten Theogonien und Kosmogonien, wie sie in den ind. Vedas und in der
Theogonie Hesiods erhalten sind, anzu- sehen;
sie haben den Zweck der Belehrung;
aber Mythe und Dichtung, Phantasie und Reflexion,
Episches und Didaktisches haben sich in ihnen nock nicht gesondert. An diesen alten volkstümlichen
Ursprung klingen noch Fabel (s. d.) und Spruck- Poesie (Gnomen, s. d.) an.
Später entstebt die Lebr- dichtung über einen
bestimmten einzelnen Gegen- stand nach
fester logischer Ordnung und mit dem ausgesprochenen Zweck der Belehrung;
sie sucht
den schein des Poetischen zu retten, indem sie durch lebendige Schilderung sich an die Phantasie wendet
oder auch wohl Stimmungen und Stoffe echter Poesie einmischt, vermag aber den Ursprung aus dem bloß Gedachten und Nützlichen
nie zu über- winden.
Noch prosaischer wird das Lehrlingskrankenkassen, wenn es bis zur lchrbaften Anweisung für ein ganz bestimmtes Fach vorschreitet;
Anfang und Mnster dieser Rich- tung sind schon Hesiods «Werke und Tage», dann die " (iLoi-MH» von Virgil
und die «^rs postica» von Horaz. Unter den größern Lehrlingskrankenkassen der deutscheu Litteratur ragen hervor der altsächs. «Heliand»,
die mittelhochdeutsche «Bescheidenheit» Freidanks, der «Renner»
Hugos von Trimberg (um 1300),
die Narrendichtungen Brants und Murners, in neuerer Zeit Tiedges «Urania»,
Rückerts «Weisheit des Brahmanen», Schefers «Laienbrevier», Sallets «Laienevangelium»
u. a. Die Gegenwart ist der Gattnng nicht günstig. -
Lehryäuer, angehender Bergmann (s. d.). Lehrheizer, s. Heizerschulen.
Lehrinfanteriebataillon, s. Lehrbataillon.
Lehrlatte,
s. Lehre. Lehrling, Bezeichnung der jungen Leute, die im Handwerks- und im Handelsgewerbe für ihren
künftigen Beruf unter der Leitung eines Meisters oder Prinzipals vorgebildet werden.
Von den jugendlichen Arbeitern, wie sie
das moderne Fabrik- wesen in seinem Gefolge hat, unterscheiden sich die Handwerkslehrlinge namentlich dadurch, daß sie ;u
den Lehrherrcn in einem nähern Verhältnisse stehen und letztere eine gewisse moralische Verant- wortlichkeit
für sie tragen, daß sie nicht nur zu einigen leicht zu erlernenden Hantierungen abge- richtet werden, sondern eine umfassendere
Fachbil- dung erhalten sollen, daß sie häufig gar keinen Lohn erhalten, ja daß sie ihrerseits, was allerdings in der nenern
Zeit immer mehr abgekommen ist, dem Lehrherrn ein Lehrgeld bezahlen.
Unter der Herr- schaft des Zunftwesens
war genau für die einzelnen Gewerbe vorgeschrieben, welche Bedingungen für die Einfchreibung als Lehrlingskrankenkassen zu erfüllen seien, wie
lange die Lehrzeit dauern sollte, unter welchen Bedingun- gen die Freisprechung des Lehrlingskrankenkassen, d. h.
die Aufnahme desselben als Geselle und die Ausstellnng des Lehr- briefs erfolgen sollten u. s. w. In der
Verfallzeit der Zünfte knüpften sich an diese Bestimmungen viele Mißbrauche, namentlich zu dem Zwecke, die Konknrrenz im
Gewerbe möglichst znrückzuhalten.
In der neuern Zeit haben übrigens vielfach die Arbeiter in den Großbetrieben, namentlich
z. B. die engl. Gewerkvercine, in gleicher
Absicht auf die Ein- baltung einer längern Lehrzeit und eine gewiffe Beschränkung der Zahl der Lehrlingskrankenkassen hingewirkt.
Seit dem Siege
des Princips der Gewerbefreiheit ist die Regelung des Lehrlingsverhältnisses im wesent- lichen der sreien Vereinbarung der
Beteiligten über- lassen worden (s.Lehrvertrag);
doch zeigt sich in den neuesten Abändernngen der deutschen
Gewerbe- gesetzgebung die Tendenz, den freien Innungen (s.d.) einen maßgebenden Einfluß darauf zu gewähren. Lehrlingskrankenkassen, mit Ausnahme
der Lehrlingskrankenkassen in den Apotheken, sind gegen Krankheit zu versickern (Krankenversicherungsgesek in der Redaktion vom §.
1).
über Handlungslehrling s. d. ftung. Lehrlingskrankenkasfen, s.
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