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wahrend seine Mitglieder nebst den beiden an der Spitze der Exekutivgewalt stehenden Suffeten vom Volke gewählt wurden. Ihre Amtsdauer ist ungewiß. Außerdem ward vielleicht um die Zeit der röm. Decemvirn das Richterkollegium der Hun- dertvier-, kürzer Hundcrtmä'nner eingesetzt, durch welches die Verfassung immer mehr den Charakter einer Oligarchie annahm. Die Einnahmen des Staates flössen aus den Tributen der unterworfenen Völker, aus den Zöllen und besonders in der spä- tern Zeit aus den span. Bergwerken.
Die Haupt- stärke K.s lag in der Seemacht; die Landmacht be- stand aus Mietstruppen, namentlich Spaniern und Galliern, sowie aus libyschen Unterthanen; karthag. Bürger bildeten nur eine kleine Schar. Kartieren war der bedeutendste Handclsstaat des Altertums; alle seine Unternehmungen bezweckten wesentlich Ausbreitung und Förderung seines Handels. Aber im Unter- schiede von der gewöhnlichen Weise der Phönizier gründete Kartieren nicht bloß zerstreute Handelsfaktoreien, sondern erbaute feste Städte und eroberte das an- liegende Land, und indem es zugleich die ganze Macht der Phönizier im westl. Meere unter einer Leitung konzentrierte, trat es zur Behauptung sei- nes Handelsgebietes im westl. Mittelmeere zuerst den Griechen und hernach den Römern als große Militärmacht entgegen.
Außer dem großartigen Seehandel, der die Karthager auch über die Straße von Gibraltar [* 2] hinaus an die afrik. und europ. Küsten des Atlantischen Oceans führte, trieben sie auch durch Karawanen starken Landhandel. Die kar- thag. Religion scheint von der der Phönizier sich nicht wesentlich unterschieden zu haben. Eine zusammenhängendere Geschichte K.s be- ginnt erst mit dem Anfang des 5. Jahrh. v. Chr., wo die Karthager oder Punier ihre gesamte Macht aufboten, die Griechen aus Sicilien zu verdrängen.
Den äußern Anlaß zum Kriege gab der von Theron von Akragas (Agrigent) vertriebene Tyrann von Himera, der im Verein mit seinem Schwiegersohne Anarilas von Rhegium die Karthager zu Hilfe rief. Das große Heer aber, das sie hierauf unter Hamilkar, dem Sohne des Magon, sendeten, wurde 480 durch Gelon, den Herrn von Syrakus [* 3] und Gela, der Theron zu Hilfe geeilt war, bei Himera vernichtet. Erst 409 begannen sie, durch die Egestäer gegen die l^elinuntier angerufen, unter Hannibal, Hamilkars Enkel, den Krieg wieder und machten dann unter Himilkon Eroberungen namentlich an der ^üdküste, schlössen aber, durch eine in ihrem Heere aus ge- brochene Pest bedrängt, 404 mit Dionysius dem Altern, dem Tyrannen von Syrakus, einen Frieden, in dem sie ihre Eroberungen als ihnen tributpflich- tiges Gebiet behielten.
Mehrmal noch haben sich die Karthager mit Dionysius gemessen, ohne daß cs zu eincm'dauerndcn Sieg einer Partei kam. Wäh- rend der unsichern Herrschaft des jüngern Dionysius breitete Kartieren seine Herrschaft wieder aus; aber der Sieg Timoleons am Flusse Krimisos um 343 befreite die unterworfenen griech. Städte wieder und der Friede von 339 fetzte den Fluß Halykos als Grenze. Einen neuen großen Krieg begann 312 Agathokles (s. d.). Nach dessen Tode (289) wurden die Karthager wieder mächtig in Eicilien, bis Pyrrhus, der König von Epirus, sie 277 auf Lilybäum beschränkte, jedoch ohne dauernden Erfolg, da er schon gegen Ende des I. 276 Sicilien wieder verließ.
Die Unterwerfung des südl. Italien [* 4] durch die Römer [* 5] brachte diese in feindliche Berührung mit den Artikel, die man unter K verm Karthagern. In den blutigen Kriegen (s.Punische Kriege und Hannibal) wurde die Kraft [* 6] K.s gebrochen. Der dritte endete mit der Eroberung und gänzlichen Zerstörung der Stadt. Der kleine ihnen damals noch gebliebene Rest ihres Gebietes ward zur röm. Provinz Afrika [* 7] gemacht. Der Platz der Stadt war von Scipio mit einem Fluche belegt worden. Der auf Antrag von Gajus Gracchus 122 v. Chr. gefaßte Beschluß, eine röm. Kolonie unter dem Na- men Iunonia daselbst anzulegeil, ward das Jahr darauf wieder aufgehoben; aber Cäsar gründete 44 eine Kolonie, welche Augustus 29 v. Chr. vergrößerte, und bald erhob sich Kartieren (abgesehen von Alexandria) aufs neue zur ersten Stadt Afrikas. 439 n. Chr. ward es vom Vandalenkönige Genserich genommen, 533 von Belisar, der dem Vandalenreiche ein Ende machte und die Stadt mit dem Oströmifchen Reiche vereinigte.
Endlich wurde dieses neue Kartieren 697 durch die Araber zerstört. Beträchtliche Trümmer der röm. Stadt sowie der Befestigungen und der Cisternen des alten Kartieren sind noch jetzt bei dem Dorfe Sidi-Bu- Sai'd vorhanden. Seit Errichtung des franz. Pro- tektorats in Tunesien ist Kartieren Sitz eines Erzbischofs, der zugleich Primas von Afrika ist (s. Lavigerie); ein Palast, ein Kloster u. s. w. erheben sich auf dem Boden des alten Kartieren Litteratur. Movers, Die Phönizier, Bd. 2, Tl. 2 (Berl. 1850);
Davis, und seine Überreste (aus dem Englischen, Lpz. 1863);
BeM, Nach- grabungen in Kartieren (aus dem Französischen, ebd. 1863); Graux, 1^68 lortiticatioiiZ ä6 l^artii^s (Par. 1876);
Meltzer, Geschichte der Karthager, Bd. 1 (Berl. 1879);
R. B. Smith, OartiiaZo anä tdo 03,i-t1ia^iniaii3 (2. Aufl., Lond. 1879);
Tissot, ^soFi-Hpliis compai-SL ä61a Z)r0vino6 romlüiiß ä'^ki-iHiis (2 Bde., Par. 1884 -88);
Vernaz, ?0ui1i63 5 (^i-t1iaF6 (1884-85, in der «IlovuL HrcIi6o1oAiqu6», Bd. 9 u. 10, 1887). Karthaune, s. Kartaune. Karthaus.
1) Kreis [* 8] im preuß. Neg.-Bez. Danzig, [* 9] hat 1396,53 30457 weibl.) E., 136 Landgemeinden und 56 Guts- bezirke und umfaßt das Plateau von Kartieren, den höchsten Teil des norddeutschen Landrückens, mit der sog. Karthäuser Schweiz. [* 10] - 2) Kartieren oder Carthaus, Dorf und Hauptort des Kreises Kartieren, 34 1 cm westlich von Danzig, in schöner Lage an zwei ^een und an der Nebenlinie Danzig-Kartieren (51,9 Km) der Preuß. Staatsbahnen, [* 11] Sitz des Land- ratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Danzig) und einer Oberförsterei, hat (1890) 2351 meist kath. E., Post zweiter Klasse, Telegraph, [* 12] eine schöne kath. Kirche mit kunstvollen Schnitzereien und Über- reste einer Kapelle auf dem nahen Spitzberge.
Karthaufer, s. Kartäuser. Kartliäusernelke, s. Nelke. Karthli, Karthweli, s. Georgier. Kartieren, in eine Karte eintragen, im Post- verkehr die Bezeichnung für die Art und Weife, in der eine Postanstalt der andern die nachzuweisen- den bez. quittungsmäßigen Sendungen (Einschreib- sendungen, Postgeldsendungen, [* 13] Wertkästchen, Pakete mit und ohne Wertangabe) mittels einer Karte (auch mit Abgangs-und Eingangszettel) überweist. Diese .starte enthält in der Regel die Angabe des Gegen- standes, Wertbetrags, Gewichts. Dekartieren oder entkarten nennt man die Vergleichung des Befundes der eingetragenen Postsendungen. Patete und Einschreibbriefe werden im Neichspostgebiet nicht mehr einzeln kartiert, sondern nur der (Htück- itzt, sind unter C anfznsuchen. ¶
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zahl und Summe nach übergeben oder kartiert. Ahn- liche Bedeutung hat das Kartoffel im Eisenbahnver- kehr; es besteht in der Übertragung des Inhalts des Frachtbriefs (s. d.) auf die Frachtkarte, mit der die Eisenbahngüterabfertigungsstellen die Güter einander überweisen. Veim Dekartieren werden die Frachtkarten mit den Frachtbriefen in sämtlichen Spalten verglichen und nötigenfalls berichtigt. Kartisane (frz.), Stückchen Pappe zum Auf- wickeln von Seiden-, Gold- oder Silberfäden.
Kartoffel (Zolanum wd6i'03uin ^.), auch Erd- birne, Grundbirne, Grübling, Erdtoffel oder Erdapfel genannt, eine Knollenpflanze aus der Familie der Solanaccen (s. d.), ist eine der wich- tigsten Kulturpflanzen gemäßigter Himmelsstriche und wird in diesen allenthalben in großer Aus- dehnung angebaut. Sie stammt aus den gemäßig- ten Gegenden des westl. Südamerika, [* 15] hauptsächlich aus Chile [* 16] und Peru, [* 17] und wurde daselbst seit ältester Zeit von den Eingeborenen als Nahrungsmittel [* 18] verwendet.
Die in Südamerika noch jetzt an steilen, felsigen, meist in der Nähe der Seeküste gelegenen Hängen wild wachsende Kartoffelpflanze bringt nur kleine, unschmackhafte, wässerige Knollen [* 19] hervor und bat immer weihe und zwar, im Gegensatz zu der kultivierten, wohlriechende Blumen. Nach Europa [* 20] gelangte sie zuerst nach der Eroberung Perus durch die Spanier und ward von diesen schon in der Mitte des 16. Jahrh, in den Niederlanden, Burgund und Italien verbreitet. 1584 sührte Sir Walter Raleigh, 1586 der Sklavenhändler Hawkins (nach andern dessen Verwandter Sir Francis Drake) die in Irland ein. In Deutschland [* 21] taucht sie zum ersten- mal als Seltenheit schon unter der Negierung Karls V. auf.
Als Walter Naleigh sie 1623 aus Virginien zum drittenmal mit größerm Erfolg als seine Vorgänger nach England brachte, waren die Kartoffel schon in Italien und Spanien [* 22] wohlbekannt und wurden daselbst Tartufoli genannt, woraus der deutsche Name Kartoffel entstand. Nach A. von Hum- boldt wird die Kartoffel im großen angebaut seit 1684 in Lancashire, seit 1717 in Sachsen, [* 23] seit 1728 in Schott- land, seit 1738 in Preußen, [* 24] seit 1783, hauptsächlich durch Parmentiers Bemühungen, in Frankreich. In Deutschland, wo sich besonders die preuß. Konige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich d. Gr. für deren Kultur interessierten, kam die Kartoffel erst seit den letzten hundert Jahren zu allgemeinen Ehren, nachdem die Regierungen ihren Anbau teilweise sogar durch Zwangsmaßregeln eingeführt hatten.
Die Kartoffel ist sowohl direkt als Nahrungsmittel für Menschen und Tiere wie als technische Pflanze hochwichtig. Ihr Stärkemehl ist säst ebenso gut wie dasjenige der Gctreidearten; es wird in Dextrin, in Sirup, Zucker [* 25] und Spiritus [* 26] verwan- delt; hanptsächlich aber ist sie das verbreitetste Nah- rungsmittel, in vielen Ländern, z. B. in Irland, sogar das einzige der Bevölkerung. [* 27] Endlich wird sie entweder roh oder gekocht zur Fütterung und Mästung des Viehs verwendet.
Die Einführung des Kartoffelbaues in den Landwirtschaftsbetrieb ist daher eins der wichtigsten Ereignisse in der Ge- schichte der Volkswirtschaft gewesen. Die Kartoffel erweist sich nicht so nahrhaft als das Getreide, [* 28] weil ihr Stärkemehl mit einer nur geringen Menge Pro- tein verbunden ist. Daher kann auch die Kartoffel allein keineswegs zur Ernährung hinreichen; mindestens muß ihr Genuß mit demjenigen stickstoffhaltiger Nahrungsmittel verbunden sein. Ter Gehalt der Kartoffel Artikel, die man unter K verm an Trockensubstanz wechselt zwischen 18 und 32 Proz. und beträgt im Mittel 25 Proz. Die feste Substanz besteht aus 9 - 25 Proz. Stärkemehl (im Mittel 18 Proz.), aus 0,3 bis 2,7, im Mittel 1,i Proz. Holz- faser, aus 0,6 bis 4,4, im Mittel 2,0 Proz. Pro- temstoffen, endlich aus 0,3 bis 3, im Mittel 1,0 Proz. Gummi und Salzen.
Der Wert der Kartoffel als Nahrungs- mittel , für Spiritus- und Stärkefabrikation richtet sich nach ibrem Stärkegehalt. Zur raschen Bestim- mung desselben dient die Kartoffelwage [* 29] (s. d.). Von keiner Nutzpflanze existieren fo viele Abarten wie von der Kartoffel; bei der internationalen Kartoffel- ausstellung zu Altenburg [* 30] 1875 Warenderen 2644ver- treten. Sie lassen sich in drei Klassen stellen:
1) runde oder Lärchenkartoffeln;
2) spitze oder Horn- kartoffeln;
3) lange oder Nierenkartoffeln. Außerdem unterfcheidet man nach der Farbe der Schale weihe, gelbe, rote und blaue; nach der Reife frühe und späte Kartoffel. Nach den Nutzungszwecken unter- scheidet man Speise-, Brennerei- und Futterkar- toffcln. Für allgemeine Wirtschaftszwecke und für Stärke- und Spiritusfabrikation [* 31] empfehlen sich: Imperator, frühe Nassengrunder, Oohnichen, blaue Riesenkartoffel, Professor Kühn, frühe Lippesche, Juno, Aspasia, Athene. [* 32] Zu den besten großen Kartoffel gehören die engl. und Holland.
Viehkartoffel, die irländ. und die Rohankartoffcl, die Thüringer gelbe Rose (s.Tafel: Futterpflanzen [* 14] I,Fig.19); frühe Speisekartoffeln find: Biskuitkartoffel, gelbe und rote Hornkartosfel, frühe amerik.
Nosenkartoffel (Nai-1^ i'086);
späte mittelgroße: die peruanische, die blaue runde, die rote Nierenkartoffel, die engl. l^pargelkartosfel u. s. w. Jährlich werden von be- rufsmäßigen Kartoffelzüchtern Neuheiten, durch Kreuzung oder Seldstabttnderung erzeugt, in den Handel gebracht und machen nach einiger Zeit an- dern Sorten Platz. Die Kartoffel gedeiht in Europa bis zum 70." nördl. Br. und bis zu 1000 m Meereshöhe; sie liebt einen tief- gründigen, lockern, etwas sandigen Boden und ver- trägt frische Stallmistdüngung. Der Anbau ge- schieht als Hackfrucht, meistens in Reihen. Sie wird in Knollen oder deren Stücken mit dem Spaten, der Hacke oder hinter dem Pfluge gelegt. Die Menge der Aussaat richtet sich nach der Größe der Saat- kartoffcln und der Entfernung derselben voneinander. Bei der gewöhnlichen Anbaumethode und mittelgro- ßen Kartoffel nimmt man einen Wachsraum von 2000 hcni für jede Pflanze an, das Gewicht des Saatgutes be- trägt somit etwa 2400 kF für das Ka. Große Kartoffel werden häufig durchschnitten und zwar so, daß die Kroncnseite, auf der sich die meisten Augen befinden, zur Aussaat gelangt, die andere verfüttert wird.
Ein Abwelkenlassen der geschnittenen ^aatkartoffeln ist anzuraten, damit die frische Schnittseite in feuch- tem Boden nicht Veranlassung zur Fäulnis giebt. Während der Vegetation wird die Kartoffel ein- bis zwei- mal behackt und dann mit dem Doppelstreichbrett- pfluge angehäufelt. Zur Erzielung gesunder und sehr großer Kartoffel wird Gülichs Kulturverfahren angewandt. Es besteht darin, daß jede Saatknolle einen Wachsraum von 1 qm erhält. Um die Pflanz- stellen wird der Dünger kranzförmig gelegt, in der Mitte die Knolle mit dem Nabel nach oben und schwach mit Erde bedeckt. Die Triebe entwickeln sich nun kranzförmig rings um die Mutterknolle, werden in der Art angehäufelt, daß in die Mitte derselben Erde gebracht wird, sodaß die unbedeckt bleibenden beblätterten Stengel [* 33] sich sterMvuvvg nach außen ißt, sind unter C anfznsuchen. ¶
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niederbiegen und bei mehrmaligem AnHäuseln ein flacher Erdhügel entsteht, in dem sich die jungen Knollen ausbilden. Die Haupternte erfolgt im Sep- tember und Oktober, die frühesten Sorten (Iakobs- kartoffeln) werden schon Mitte Juli reif. Das Aus- nehmen geschieht mit Hacke und Forke, oder mit dem Pfluge. «Die großen Ansprüche, welche die Aussaat und die Ernte [* 36] der Kartoffelkrankheit an die menschliche Arbeitskrast stellt, haben neuerdings zur Erfindung von Ma- schinen geführt. (S. Kartoffellegemaschinen und Kartoffelerntemaschinen.) Die Jahresproduktion der in den Haupt- ländern beträgt durchschnittlich in Mill. Hektoliter: Bänder Mill.UI Deutschland . . Rußland . . . . Frankreich . . . Österreich [* 37] . . . Verein. Staaten Irland Großbritannien. [* 38] Belgien [* 39] . . . , Ungarn [* 40] . . . . Schweden . . , 236,00 140,00 130,5.9 83,34 53,11 41,50 38,20 28,76 27,6? 18,57 Länder Spanien . Niederlande [* 41] Italien . . Norwegen. [* 42] Finland Dänemark [* 43] Australien [* 44] Portngal . Zusammen in diesen Ländern . . . . Mill.ki 18,33 17,24 8,14 7,29 4,40 4,19 3,39 3,24 863,96 Die nähern Anbau-, Handels- und Wertverhält- nisse der in Deutschland Zeigt nachstehende Ta- belle i Knollen wird getötet und die Kartoffelkrankheit ist nach dem Auf- tauen desorganisiert und fault sehr fchnell. Bei geringen Kältegraden, schon bei -^ 2 bis 3° 0., tritt einSüßwerden der Kartoffelkrankheit, auch oft Erfrieren genannt, ein. Die Ursache liegt darin, daß bei derartigen Temperaturen die Kartoffelkrankheit den aus dem Stärkemehl sich beständig bildenden Zucker nicht verarmen kann und ihn aufspeichert. Bewahrt man solche sühe Kartoffelkrankheit mehrere Tage bei Temperaturen von 10-10» 0. auf, fo ver- liert sich dieser unangenehme Geschmack.
Vor der Verfütterung oder Verwendung zur Spiritus- und Stärkefabrikation müssen die Kartoffelkrankheit gewaschen werden, was meist mittels der Kartoffelwaschmaschine (s. d.) geschieht; ferner werden sie entweder roh zu Brei zer- rieben oder gekocht oder gedämpft zerkleinert, wozu die Kartoffelquetfchmafchine (s. d.) verwendet wird. Abgesehen von verschiedenen Krankheiten (f. Kartoffelkrankheit und Kräuselkrankheit) schaden der Kartoffelkrankheit namentlich: Engerling, Drahtwurm, die Rau- pen der Nonne und Saateule, Totenkopf, Tausend- fuß, dann in neuerer Zeit in Amerika [* 45] der Colorado- käfer (s. d.), dessen Verschleppung nach Europa bis jetzt mit Erfolg verhindert worden ist.
Aus der umfangreichen Litteratur ist hervorzu- heben: Gülich, Der Kartoffelbau (3. Aufl., Mona 1809); Busch, Der Kartosfelbau (Danzig 1874); Die und ihre Kultur.
Amtlicher Bericht über die E infnhr Ansfuh r Anbaufläche Ernte Ernte pro Ka, Inland-Verbrauch Jahr Menge Wert Preis fürit Menge Wert Preis für 1t t t 1000 M. M. t 1000 M. M. t 1882 2765547 18124285 6530 26446 1587 60,0 233335 14000 60,0 17917396 1883 2906263 24978297 8570 36122 2167 60,0 340940 19604 57,5 24673479 1884 2907630 24075669 8260 34345 1511 44,0 132461 6822 51,5 23977553 1885 2916333 28016592 9590 43343 1344 31,0 126565 4746 37,5 27933370 1886 2915747 25143229 8620 30327 1213 40,0 158251 5934 37,5 25015305 1887 2918147 25272998 8660 49825 1619 32,5 132057 4292 32,5 25190766 1888 2920330 21910996 7500 58772 2821 48,0 215076 11829 55,0 21754692 1889 2917720 26603965 9120 54759 3120 57,0 119704 6117 51,1 26539020 1890 2905870 23320983 8030 98789 4297 43,5 90578 4257 47,0 23329194 1891 2922766 18558379 6350 226716 14139 62,4 103390 8039 77,8 18681705 10jähr.
Durch schn. 2899635 23600539 8123 65944 3382 47,8 165236 8564 50,7 23501248 Die Ernte belief sich 1892 im Deutschen Reich auf 27 988557 t. Eingeführt wurden (1892) 175 251 t im Werte von 10293000 M. namentlich aus Bel- gien, den Niederlanden, Österreich-Ungarn, [* 46] Ruß- land, Dänemark. Die Aussuhr bezifferte sich im gleichen Jahre auf 57110 t mit 4082000 M. Wert. Als Absatzgebiete kommen besonders die Nieder- lande, die Schweiz, Österreich-Ungarn, Schweden und Belgien in Betracht.
Eine Steigerung der Kartoffelernte nur um ^ t pro 25 a würde, die Tonne zu 20 M. gerechnet, den Ertrag der deutschen Landwirtschaft bei rund 2 900000'ka. Kartoffel- anbau um 116000000 M. erhöhen; dies ließe sich bei Zuhilfenahme der neuern Ersahrungen im Kar- toffelbau wohl erreichen, da der jetzige Durchschnitts- ertrag von 2 t pro 25 a sehr gering ist. Die Aufbewahrung der Knollen geschieht in Erdgruben, Mieten und Kellern. Die in den Kellern oder Mieten im Frühjahr gekeimten Kartoffelkrankheit enthalten be- sonders in den lang ausgetriebenen Keimen einen Giftstoff, Solanin, und können alsdann, wenn die Keime nicht entfernt werden, giftig wirken.
Beim längern Ausbewahren bis zum Frühjahr verliert die Kartoffelkrankheit 10-12 Proz. an Gewicht. Bei starken Kälte- graden tritt ein Erfrieren der Kartoffelkrankheit ein, das Leben der Artikel, die man unter K verm Kartoffelausstellung zu Altenburg 1875 (Berl. 1876); Giersberg, Der rationelle Karto'ffelbau (Lpz. 1879)'. Werner, Der Kartoffelbau nach feinem jetzigen ra- tionellen Standpunkte (2. Aufl., Verl. 1886). Kartoffelerntemaschinen, f. Kartoffelkultur- maschinen. Kartoffelfege, ein viereckiger länglicher Kasten mit niedrigen Wänden, dessen Boden aus eisernen oder hölzernen Stäben besteht, die 1 - 2 cm von- einander entfernt sind.
Beim Abladen der Kar- toffeln in den Keller und bei sonstigen Gelegen- heiten wird die Kartoffelkrankheit schräg an den Wagen gestellt und die Kartoffeln beim Kerunterrollen über den Sieb- boden von Erde und Keimen gereinigt. Kartoffelfuselöl, s. Fusel. Kartoffelkäfer, [* 47] f. Coloradokäfer. Kartoffelkrankheit, eine erst seit der Mitte des 19. Jahrh, näher bekannte Krankheit der Kartoffel, die von einem parasitischen Pilze [* 48] aus der Familie derPeronosporeen, lii^topIitlioi-HinkeätanZ ^)e ^. (f. Tafel: Pflanzenkrankheiten, [* 49] Fig. 7), ver- anlaßt wird. Derselbe ist wohl schon seit längerer Zeit aus Amerika nach Europa eingewandert, doch verursachte er erst 1845 und in den darauffolgenden Jahren etwa bis 1850 verheerende Epidemien in ganz ißt, sind unter C aufzusuchen. ¶
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Mitteleuropa. Vereinzelt ist die Krankheit schon seit 1830 in Deutschland beobachtet worden, doch erst in dem feuchten Sommer 1845 hat eine allgemeine Verbreitung stattgesunden. Seit dieser Zeit ist die Kartoffelkulturmaschinen eigentlich nie wieder ganz verschwunden, doch ist die Wirkung des Pilzes offenbar in den letzten Jahr- zehnten eine schwächere geworden und verursacht nur noch in sehr ungünstigen Sommern Schaden. Die ersten Anzeichen der Kartoffelkulturmaschinen treten gewöhnlich im Monat Juni auf und bestehen darin, daß die Blätter braune nußfarbige Flecken bekommen [* 50] (Fig. 7 a), die auf der Unterseite mit einem weißen schimmelarti- gen Überzug von aus den Spaltöffnungen aus- tretenden Conidienträgern [* 50] (Fig. 7d) besonders an den Rändern bedeckt sind.
Bei anhaltender feuchter Witterung breiten sich die Flecken immer mehr aus und führen schließlich zum Faulen oder Ver- schrumpfen der ganzen Blätter. Schon hierdurch wird der Ertrag der Kartoffelpftanze bedeutend be- einträchtigt, da infolge der Zerstörung der grünen assimilierenden Blattflächen die Stärkebildung auf- hört. Außerdem geht die Krankheit auch leicht auf die Knollen über, indem die Conidien in den Boden gelangen. Die Conidien haben eine citronenförmige Gestalt und keimen nach dem Abfallen von den Conidienträgern sofort, wenn die nötige Feuchtig- keit vorhanden ist.
Ihr Inhalt zerfällt in mehrere Schwärmsporen [* 50] (Fig. 7 c u. 7ä), die sich im Wasser mit zwei Cilien bewegen, nach einiger Zeit zur Ruhe kommen, sich mit einer Zellhaut umgeben,und dann sofort einen Keimschlauch treiben, der die Außen- wand der Epidermis [* 51] durchbohrt und auf diese Weise in das Innere der Stengel, Blätter und auch der Knollen gelangen kann. Hier erzeugt er ein weit- verzweigtes, nicht von Querwänden gefächertes My- celium, das durch Aussaugen der Zellen allmählich das Absterben der befallenen Partien veranlaßt.
Sind die Knollen gleichfalls angesteckt worden (Knollen faule), so bilden sich auf der Ober- stäche bräunliche Flecken, und ist die Witterung für die Weiterentwicklung des Pilzes günstig, so kann schon im Boden ein Verfaulen der Knollen eintreten; häufiger noch macht die Krankheit erst in den Auf- bewahrungsräumen der Kartoffeln weitere Fort- schritte, und hier kann auch eine Ansteckung noch ge- sunder Knollen erfolgen. Bei großer Feuchtigkeit führt die Thätigkeit des Myceliums schließlich zu einem jauchigen Zerfließen, bei größerer Trocken- heit zu einem bröckligen Zerfallen der Knollen.
In- folge der Erhaltung des Myceliums in den kranten Kartoffeln während des Winters wird der Pilz [* 52] wie- der mit dem Saatgut auf die Äcker gebracht und kann hier von neuem die Blätter anstecken. Zur Verhütung der Krankheit muß deshalb besonders darauf gesehen werden, daß nur gesunde Knollen zur Aussaat verwendet werden. Ist die Krankheit einmal auf dem Acker ausgebrochen und wird sie von feuchter Witterung begünstigt, so läßt sich da- gegen nicht mehr ankämpsen. In neuerer Zeit hat man mehrfach widerstandsfähigere Sorten mit dickern Schalen gezüchtet, die von der Krankheit weniger zu leiden haben.
Außer auf der Kartoffel findet sich dieser Pilz noch auf einigen andern Arten der Gattung Zola- num, z. V. auf dem Liebesapfel (s. d.). Auch hier ruft er ähnliche Erscheinungen hervor, doch ist bis jetzt weder auf der Kartoffel noch auf andern Sola- numarten die Bildung von Oogonien und Oosporcn beobachtet worden, man kennt nur die conidien- tragende Generation, während bei der nahe ver- wandten I'Ii^topktkoi'I. omnivora Ds ^. (s. ?k)^ toMdork) reichlich Oosporen gebildet werden. -
Vgl. Frank, Die Krankheiten der Pflanzen (Bresl. 1880);
Sorauer, .Handbuch der Pstanzenkrantheiten, Bd. 2 (2. Aufl., Verl. 1886).
Kartoffeltrieg, scherzhaste Bezeichnung des Bayrischen Erbsolgekrieges (s. d.), weil sich die Sol- daten, statt zu kämpfen, in den böhm. Standlagern hauptsächlich um die Kartoffeln stritten. Kartoffelkulturmaschinen, Maschinen zur Er- leichterung der Kartoffelkultur, hauptsächlich für Aussaat und Ernte. Die Kartoffellegemaschi- nen waren ursprünglich nach dem System der Ge- treidedrill- und Dibbelmaschinen gebildet, haben sich aber nickt bewährt.
Eine Verbesserung derselben ist der Aspinwall-Kartoffelpflanzer, der ganz selbstthätig eine geeignete Furche zieht, die Kartoffel, ob ganz oder geschnitten, in beliebige Entfernung einlegt und dann die Furche zustreicht. (S. Tafel: Kartoffelkulturmafchinen, [* 50] Fig. 1.) Die Saattartoffeln werden durch den Schließer ^ aus dem Kasten a in regelmäßigen Zwischenräumen eingelassen. Der felbstthätige Schließer wird durch die Fahrachse stets auf und ab bewegt, öffnet und schließt dadurch den Zufluß der Kartoffeln und kann durch die Federn 6 reguliert werden.
Der Saat- kasten 9. faßt ungefähr 1 Ctr. Kartoffeln und wird jeweils am Ackerrande nach Bedarf gefüllt. Im Kastenboden befinden sich zwei sich fortwährend auf und nieder bewegende gußeiserne Schuhe, die sog. Agitatoren, welche bewirken, daß beim Ausfluß [* 53] keine Stockung vorkommen kann. Der Aushebegriff mit Stellhebel K ist mit einem umlegbaren Hand- griff versehen und dem Kutscher bequem zur Hand, [* 54] sodaß mit einem Griff der Pflug [* 55] d samt den Zu- streichern c an jedem Furchenende ausgehoben wer- den kann.
Wird nun gefahren, so lößt der Schließer 3 die Saat aus dem Kasten k entweichen und sie läuft bei ä zwischen die Greisbacken k, wird dort sest- gelegt, bis sie von den Einlegern genommen und nach i getragen wird; dort streift sie der Abstreicher i ab und sie fällt, wie die Abbildung zeigt, in die Furche. Am beliebtesten sind jetzt die Pflanzlochma- s ch i n e n, durch die in den vorbereiteten Kartoffelacker Löcher gedrückt oder gestochen werden, in die man die Kartoffeln wirft. Die fünfreihige Ringsch e Kartoffelpflanzlochmaschine [* 50] (Fig. 2) arbeitet nur aus sandigem Boden gut.
Für schweren Boden eignet sich besser die Pflanz loch mafch ine von Zimmermann [* 50] (Fig. 4), die zuerst flache Furchen bildet und innerhalb derselben durch rotierende Grab- sternc die Pflanzlöcher herstellt. Bei beiden Maschinen müssen die Löcher mit d^n gelegten Kartoffeln zuge- deckt werden, wozu man sich am besten der Zudeck- m a s ch i n e [* 50] (Fig. (!) bedient. Meistens lassen sich durch Auswechseln der Grabsterne mit Deckscharen die Pflan.;lochmaschinen auch zum Zudecken benutzen.
Brauchbare Kartoffelerntemaschinen sind erst in neuester Zeit hergestellt worden, bedürfen aber teilweise noch der Vervollkommnung. Die Schwierigkeiten, die sich der Maschinenarbeit ent- gegenstellen, bestehen vorzugsweise in noch grünem, nicht abgestorbenem Kartoffelkraut und schwerem thonigem Boden, der besonders bei seuchter Witte- rung nicht beim Ausheben der Kartoffelfurche zer- fällt und an Kraut und Knollen haftet, und in Un- kraut, besonders Quecken. Es lassen sich drei Systeme von Kartoffelerntemaschinen unterscheiden. Das ein- Artikcl, die man unter K vermißt, sind unter C anzusuchen. ¶
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fachst e zeigt der Kartoffelausrodepflug von Sack, der statt des Streichbretts fünf oder sieben fingerförmige Ansätze am Schar besitzt. [* 56] (Fig. 3, ^ für Sand-, 15 für schwerern Boden.) Es wird durch dieselben der durch das Schar ausgehobene Erdballen mit den Kartoffeln Zerkrümelt und letztere auf der Oberfläche des Ackers verbreitet, wofelbst sie leicht aufgelesen werden können. Durch den Krauthebers [* 56] (Fig. 3V) wird überhängendes oder liegendes Kartoffelkraut gerade gekämmt, durch den hinter diefem befind- lichen Vorarbeiter v werden die Kartoffelstöcke halb umgelegt.
Ein zweites System repräsentiert Graf Münsters Kartoffelerntemaschine [* 56] (Fig. 5), welche durch eine in rafche Rotation gefetzte Gabelwelle den Erdballen zerkleinert und durch Umherschleudern Kraut, Knollen und Erde trennt. Damit die Kar- toffeln nicht zu weit zerstreut werden, bringt man an den Seiten der Maschine [* 57] häufig leichte Draht- gitter an. In ähnlicher Weise erreicht diesen Zweck Nnterilx durch Anbringung eines aus eisernen Stäben gebildetenvertikalen'Schleuderrades (Fig. 7). Zum dritten System gehört die Kartoffelernte- mafchine von von Kobylinski [* 56] (Fig. 8). Der Erdballen wird vom Schar ausgehoben, auf eine unendliche Kette befördert, dort die Kartoffeln getrennt und end- lich über Siebe in einen hinten angehängten Kasten befördert, der von dem auf der Kartoffelerntemaschine sitzenden Führer von Zeit zu Zeit durch Umkippen entleert wird.
Die Rolle vor dem Schar dient zur Regulierung des Tiefganges und zugleich zum Niederdrücken des Kartoffelkrautes, falls es noch stehen sollte. Endlich zeigt [* 56] Fig. 10 die Kartoffel- aushebemaschine «Paulus». Die vom Schar aus- gehobene Kartoffelfurcke wird in Behälter geführt, welche auf der Peripherie des großen, breiten Schöps- rades angebracht find und bei der Umdrehung des Rades nach hinten entleert werden. Die obere Seite derselben sowie die Peripherie des Schöpfrades sind aus gebogenen Eisenstäben rostartig zusammenge- stellt und lassen die mit hochgehobene Erde durch das beim Fahren entstehende Schütteln teilweise durchfallen. Beim Entleeren der Behälter fallen die Kartoffeln auf ein hinter den Fahrrädern ange- brachtes, sehr einfaches Schüttelwerk und liegen dann, zum Aufsammeln fertig, in Fnrchenbreite hinter der Mafchine. Alle diefe Erntemaschinen ver- langen 2 Pferde [* 58] zur Bespannung, können täglich bis 0,5 Ka. Kartoffeln ausheben und beschäftigen 10-12 Sammlerinnen. - Die zum Sortieren der i^aatkartoffeln dienende Kartoffelsortiermaschine (s. d. und [* 56] Fig. 9) kann ebenfalls zu den Kartoffelwaschmaschine gezählt werden. ^nen.
Kartoffelkulturstation, f. Samenkulturstatio- Kartoffelkur, f. Fremdkörper. Kartoffellegemaschinen, s. Kartoffelkultur- maschinen. Kartoffelmehl, s. Stärkemehl. Kartoffelprober, s. Kartoffelwaae. Kartoffelquetfchmafchine, Maschine zur Zer- kleinerung der gekochten oder gedämpften Kartoffeln behufs Fütterung oder für die Spiritusfabrikation. Für letztere Zwecke werden, soweit nicht die neuern Allsölasevorrichtungen (Henze) benutzt werden, Walzenmühlen angewendet.
Für Fütterungszwecke benutzt man tragbare Kartoffelwaschmaschine, bestehend aus einem Kasten, dessen Boden aus eisernen Stäben gebildet wird. Eins mit eisernen Armen besetzte Kurbelwelle zer- kleinert die^Kartoffeln und zerdrückt sie, sodaß sie durch die ^tübe des Bodens durchgeführt werden. Kartoffelreibe, eine Maschine der Stärkefabri- kation, f. Stärkemehl. Kartoffelsago, f. Sago. Kartoffelschälmaschine, s. Schälmaschinen. [* 59] Kartoffelsirup, f. Traubenzucker. Kartoffelsortiermaschine, Maschine zum Sor- tieren der Kartoffeln zum Zwecke der Aussaat oder des Verkaufs, besteht aus einem Siebe, dessen Boden meistens aus Stäben gebildet wird, die ver- schieden weit voneinander entfernt sind.
Bei der neuern Konstruktion lassen sich diese Siebe durch eine Kurbel [* 60] in rüttelnde Bewegung setzen, wodurch nicht nur ein Sortieren der Kartoffeln nach den Größen, sondern auch ein Reinigen von Erde und im Früh- jahr von den Keimen erfolgt. Tafel: Kartoffel- kulturmaschinen, [* 56] Fig. 9 zeigt eine neue Kartoffelwaschmaschine, die die Kartoffeln in drei Größen sondert. Kartoffelstärke, s. Stärkemehl. Kartoffelwage oderKarto ff elprob er,Appa- rate zur Bestimmung des specifischen Gewichts der Kartoffeln, aus dem sich leicht der Stärkegehalt der- selben berechnen läßt.
Die einfachste Kartofselprobe besteht darin, daß man gut gereinigte und abge- trocknete Kartoffeln in eine konzentrierte Kochsalz- lösung bringt, die so lange verdünnt wird, bis die Mehrzahl der Knollen in jeder Höhe der Flüssigkeit schweben bleibt, also gleiches spe- cifisches Gewicht mit derselben hat. Das specifische Gewicht der Lösung wird dann durch ein Aräometer [* 61] bestimmt und die Stärke [* 62] nach Tabellen von Märcker u. a. berechnet. Die Kartoffelwaschmaschine bestimmt das Gewicht eines bestimmten Volumens von Kar- ^ toffeln an der Lust und unter Wasser und aus der Differenz wird das fpecififche Gewicht und der Stärkegehalt berechnet.
Die beliebteste ist die Reimannsche (s. vorstehende Abbildung), die auZ Decimalwage mit zwei Metallkörben, die 101 Kar- toffeln fassen, besteht. Man taxiert zuerst die Wage [* 63] durch das Laufgewicht, während der untere Korb in das Wasser taucht, füllt dann den obern mit 10 1 Kartoffeln, bestimmt das Gewicht und wechselt dann die Körbe, sodah nun die Kartoffeln ins Wasser tau- chen, worauf abermals das nun geringere Gewicht ermittelt wird. Aus Tabellen läßt sich nun leicht der Stärkegehalt berechnen.
Kartoffelwaschmaschine,Maschine zum Reini- gen der Kartoffeln von den Schmutzteilen vor der Verfütterung oder Verarbeitung derselben zu Spiri- tus und stärke. Die Kartoffelwaschmaschine besteht aus einem von höl- zernen oder eisernen Stäben gebildeten Cylinder, der um seine Längsachse durch Kurbel oder Betriebs- welle in Umdrehung gesetzt wird. Da die Trommel zur Hälfte in ein mit Wasser gefülltes Bassin taucht und etwas schräg montiert ist, so werden die durch einen Trichter hineingebrachten Kartoffeln am an- dern Ende gereinigt auslaufen. (S. Tafel: Land- wirtschaftliche Geräte und Maschinen IV, [* 56] Fig. 3.) Die neuern Kartoffelwaschmaschine für Fabrikation bestehen aus eifernen Trögen, in denen die Kartoffeln durch ein System von rotierenden Armen in Bewegung ge- setzt und gereinigt werden. einer kleinen Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen. ¶
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Kartoffelzucker, soviel wie Traubenzucker. Kartogramm (grch.), s. Graphische [* 65] Darstellung Kartograph (grch.), Landkart cnzeichner; ins- besondere dienstliche Bezeichnung der bei der kartogr. Abteilung der preuß. Landesaufnahme als Zeichner angestellten Beamten. Kartographie (grch.), die Lehre [* 66] von dem Ent- werfen und der Verstellung von Landkarten [* 67] (s. d.). Kartomantie (grch.), das Kartenschlagen (s. d.). Kartometer (grch.), s. Kurvenmesser. [* 68] Karton (frz. carwn, spr. -töng), Karton- papier, diejenigen stärkern und glatten Papier- sorten, für welche die Bezeichnung Pappe der bessern Qualität, auch meistens der geringern Dicke wegen nicht angemessen erscheint. Kartusche wird entweder direkt auf der Papiermaschine hergestellt (Maschinenkarton) oder er wird, namentlich die dickern Sorten, aus hierfür geeigneten Papierstoffen mit der Hand oder vermittelst Cachiermaschinen zusammengeklebt (ge- klebter oder cachierter Kartusche). Die Glättung des Kartusche erfolgt vermittelst sog. Satiniermaschinen, im Groß- betriebe der Satinierschnellpresscn, Kalander [* 69] (s. d.). Man unterscheidet ferner Naturkarton und Glacö- karton, je nachdem die Decke [* 70] eine Naturfarbe hat oder mit Farbe bestrichen und glacicrt ist.
Karton- papier hat eine sebr mannigfache Verwendung, z.V. zu Visiten- und Musterkartcn, zum Druck von Kunst- NäNern, zum Aufkleben von Photographien u. s. w. Die kartonartigen, glacierteu Preßspäne werden als Pappen bezeichnet (s. Glanzpappe). Danach nennt man Kartusche auch einen leichten Pappeinband wie andere Umhüllungen aus Pappe. (S. Kartonnagen.) Fer- ner heißt Kartusche ein besonders gedrucktes Blatt, [* 71] das an Stelle eines zu entfernenden fehlerhaften in ein Buch eingeklebt wird.
Auf Landkarten und Plänen ist Kartusche eine gewöhnlich am Rande der Karte gegebene besondere Darstellung eines Teiles derselben in größerm Maßstabe. In der Malerei heißt Kartusche eine Zeichnung auf Papier oder ähnlichem Material, deren man sich zum Vorbild bei einem größern Gemälde bedient. Bei der Freskomalerei (s. d.) ist es besonders nötig, durch- geführte Kartusche vor sich zu haben, weil dabei ein schnelles Malvcrfahren erfordert wird und eine Verzeichnung sich schwer verbessern läßt.
Gewöhnlich wird der auf die betreffende Fläche übertragen, indem man ihn auf dieselbe legt, die Umrisse durchsticht und dann mit einem mit Kohlenstaub gefüllten Jäckchen be- tupft, oder indem man auf eine andere mcchan. Weise die Zeichnung auf die Bildfläche überträgt. Anweisungen über das Verfahren geben Cennini im «I^idro äeN'arte» (um 1400),
Vasari in der Ein- leitung seiner Biographien, Armenini in den «?i-o cetti äsUll. pitwra» (Vened. 1687). In der spätern Zeit gingen die Künstler weniger sorgfältig zu Werke, man arbeitete mehr nach kleinen Skizzen ins Große. Im Anfang des 19. Jahrh, haben einige deutsche Künstler wieder durch Verfertigung sorgfältig aus- geführter Kartusche Nuhm erlangt, namentlich Cornelius, Overbeck, Schnorr, Kaulbach u. a. Hierzu gab die umfassende Anwendung der Freskomalerei Veran- lassung. Mit dem Zurücktreten der histor. Maler- schule verschwand auch wieder die Vorliebe für Kartusche, da bei der Malerei in Öl, Enkaustik u. dgl. diese weniger nötig sind und das.Hauptgewicht nunmehr auf den malerifchen Entwurf gelegt wurde. - Bei den Gobelins (s. d.) werden die Zeichnungen aus- geschnitten und hinter oder unter den Einschlag ge- Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen. legt, wonach der Wirker seine Arbeit einrichtet.
Diese Kartusche müssen in Farben ausgeführt sein. Kartonnagen (frz., spr. -nahschen), Umhüllun- gen in Pappe, Papier oder Gewebearten für andere Waren (Kartons, Pappschachteln, Pappkästen, En- veloppen u. s. w.). Für die fabrikmäßige Herstellung der Kartons sind Maschinen zur Zerkleinerung von Pappen nötig, so die Pappschere, Scheibenpappen- schcre, die Ritzmaschine zum Vorritzen der Pappen behufs leichtern Umbiegens der Seitenwände vom Boden des Kartons und die Ausstauzmaschine zum Ausstanzen von Papier, Leder, Zeug u. s. w. sowie die Balanccpressen zum Prägen und Ausschneiden von Patenbriesen, Gratulationskarten, Heiligen- bildern, Lampenschirmen u. s. w. Hier werden weib- liche Arbeitskräfte vielfach verwendet, weil die Ar- beit lcickt ist und auch möglichst billig hergestellt werden soll.
Neuerdings benutzt man zur Verbin- dung der Kartusche vielfach die Drahtheftmaschinen, serner die durch Remus in Dresden [* 72] erfundenen Eckverbin- dungen durch gezahute Metallstreifen; auch stellt man die Kartusche einfach durch Pressung der angefeuchte- ten Pappen her. Der Fabrikation von Kartusche dienen das Buntpapier, die Seiden-, Sammet- und Kaliko- weberei sowie der Buntdruck, der jetzt vielfach in wahrhaft künstlerischer Weise zur Ausschmückung der Kartusche herangezogen wird. Kartonniercn (frz.), in Pappdeckel einschlagen, einbinden oder einheften.
Kartonpapier, s^ Karton. Kärttikcja, auch Skanda oder Kumara, der ind. Kriegsgott. Nach der einen Sage ist er der Sohn des Agni und der Ganga oder der Svahä und wird von den Krttikäs, den Plejaden, großge- zogen, weshalb er K.'heißt; nach einer andern Sage ist er ein Sohn des Civa und der Durgä, den Civa auf Anstiften der Götter erzeugt, damit der ^Dämon Täraka von ihm besiegt werde, den niemand be- zwingen konnte, und damit Bruder des Ganeca (s. d.). Er wird besonders im Süden von Indien verebrt.
Dargestellt wird er mit 0 Köpfen, zuweilen nur mit einem, mit 2, 4, 6, )2 Armen, auf einein Pfau reitend. Im Monat Kärttika (Oktober) werden ihm Feste gefeiert mit Musik und Illumination. Kartusche (frz. cartoucns), die in Form einer balb aufgewickelten Rolle bei Wappen, [* 73] Plänen, Landkarten angebrachte Verzierung, die zur Auf- fchrift des Titels dient; dann die in der Barockzeit aufgekommenen architek- tonischen Zierstücke mit aufgerollten oder umge- bogenen Enden, mit Laub- werk u.dgl. (S. beistehende [* 64] Figur.) Im Militärwesen heißt Kartusche die von der Kavallerie am Vandelicr über der Schulter getragene Patro- nentasche fürPistolen- oder Revolverpatronen; ferner die in einem Beutel [* 74] befindliche, abgewogene oder abgemessene Pulver- ladung eines Geschützes. Man giebt den Kartusche eine dem Ladungsraum des Geschützes entsprechende Form (cylindrisch oder konisch) und fertigt die Beutel aus Seidenzeug, Wolle oder Baumwolle. [* 75] Umstehende [* 64] Fig. 1 stellt eine Feldkartusche ^4 Größe, [* 64] Fig. 2 die deutsche Kartusche mit prismatischem Pulver im Querschnitt dar. Bei glaNen Geschützen ¶