Aussaat von Klee und feinern Samen
[* 2] (Grassamen) in Gebrauch. Karrensteine, s. Karrenseldcr. Karrete,
s. Oarrew. Karrhä, alte aramäische Stadt im nordwestl.
Mesopotamien, in der Ebene südöstlich von
Edessa, am
Flusse Karras
(Velik), ist das bibliscke Haran fs. d.), von wo aus
Abraham nach
Palästina
[* 3] ab- gezogen sein soll. Die
Stadt ist besonders bekannt als Schauplatz der
Niederlage des
Crassus durch die Parther (53 v. Chr.). In späterer Zeit war
Karschin ein Hauptsitz des sabäischen Götterdicnstes, besonders des Mond-
(Sin) und Morgenstern-(Uz)
Kultus, und ein sehr bedeutender
Handelsplatz, geriet aber unter der Mongolenhcrrschaft gänzlich in
Verfall.
Karrier,
Carrier oder
Englische
[* 4]Bagdette ls.
Tafel: Geflügel,
[* 1]
Fig. 17)', eine Sporttaube von 42 bis 44 cm
Länge, stammt ursprünglich ans dem türk.
Vorderasien und Nordafrika, wo sie als
Brieftaube benutzt wurde, ist aber erst
in England Zu der heutigen Rasse herangezüchtet worden.
Kenn- zeichen sind aufrechte, gerade Gestalt, langer, star- ker,
gerader Schnabel mit walnuhfo'rmiger Nasen- warze, sehr starke, fleischige Augenringe, gestreckter Körper,
stark hervortretende
Brust, aufgerichtet getragener dünner
Hals, hohe
Beine mit mus- kulösen Schenkeln und unbefiederten Füßen,
knap- pes, geschlossen anliegendes Gefieder, sehr lebhafte rot- öis mattgelbe, bei weißen
Tauben
[* 5] dunkle
Augen.
Die geschätzteste
Farbe ist ein gleichmäßi- ges, tiefes, metallisch glänzendes
Schwarz, von dem sich
die wcißlichgelbe Warzenwucherung am schroffsten abhebt, ferner hellblau mit schwarzen
Binden, goldbraun und weiß mit dunkelbraunen
Augen. In ibrcr jetzigen Form etwas schwerfällig und wegen der großen
Augen- und Schnabelwarzen im
Sehen
[* 6] beeinträchtigt,
wird sie als
Brieftaube nicht mehr verwendet. Karriere, s. Carriöre. Karrierte Gewebe,
[* 7] verschiedenartige
Stoffe mit gewürfeltem
Muster.
K'arrikatur, s. Karikatur. Karriol, das, oderdieKarriole (frz.cai-i-iois), ein leichter, zwei- oder
vierräderigcr Wagen; ins- besondere das in größern
Städten zur Fortschaffung vonVriefpostsendungenundvondenfahrendenLand-
briesträgern benutzte
Fuhrwerk (Karriolpost). Karronaden, eine Art langer
Haubitzen von 12 bis 68 Pfd. Kugelgewicht, 6 - 8 Kugeldurch-
messer lang, mit cylindrischer Kammer, wurden zu- erst 1774 auf der Gießerei
[* 8]
Carron (s. d.) in
Schott-
land gegossen. Verwendet wnrden sie hauptsächlich auf Schiffen und in Küstenbatterien.
[* 9] Mit der Einfüh- rung gezogener
Geschütze
[* 10] verschwanden die Karschin Karroo (spr. -ru), s.
Kapkolonie (S. 118 a). Karrousel, s. Karussell. Kars.
1) Gebiet im transkaukas.
Teil des russ. Generalgorwe-memer^s
Kaukasien, grenzt im
S. und
W. an die
AsiatischeTürkei,
[* 11] im NW.,
NO. und SO. an die Gouvernements Kuta'is,
Tiflis und Eriwan und hat 18 646,6 ykin mit 187000 E.,
d. i. 10 auf 1 ylvm.
Es ist ein welliges Gebirgsland mit einigen hohen Gipfeln (z. B/Ala-dagh 3143 m). Das
Plateau von Karschin senkt sich bis zur Mündung des
Arpa-tschai (1610 m), während es sich nach W. bis 1850 in hebt.
Flüsse
[* 12] sind:
der Oberlauf der Kura nach N.; im
S. und W. der
Aras mit dem
Arpa-tschai. Im
NO. liegt der See Tschaldyr-gol ^125 hkm).
Das Klima ist im Winter sehr rauh, im
Sommer sehr heiß.
MittlereTemperatur in
Ar- dahan 2,7, in Kars 4,7° C Fröste von -35" sind nicht selten.
Die Bevölkerung besteht
aus 44000Tür-
ken, 42000 Armeniern, 28400 Kurden, 25000
Ka- rapapacben, 26000 Griechen, 10000 Turkmenen, 10500
Russen u. a. Hauptbeschäftigung
ist
Acker- bau,
Gartenbau und Viehzucht.
[* 13] Bei
Kagysman und Olti sind große Salzlager (Mächtigkeit über 30 m);
Handel und
Gewerbe wenig entwickelt. Karschin zerfällt in 4
Bezirke: Karschin,
Ardahan,
Kagysman und Olti. Das Gebiet gehörte bis 1878 zur
Türkei (Wilajet
Erze- rum). Infolge des Übergangs an
Rußland wan- derten bis 1881 82760
Türken aus, in der
Stadt Karschin allein 11000; dafür wanderten Armenier,
Grie- chen,
Russen u. s. w. ein. - 2)
Bezirk im östl.
Teil des Gebietes Karschin, hat
6529,5 ykm und 70158 E. - 3) Hauptstadt des Gebietes und des
Bezirks Karschin so- wie russ. Festung,
[* 14] 1848 in hoch, liegt in der
ausge- dehnten, baumlosen, aber fruchtbaren und reichbe- wässerten Hochebene Schiragh, an der Ostseite
einer isoliertenBerg- und Hügelgruppe, welche der Kars- tschai oder Äkhurean im tiefen Engthale durch- bricht. Karschin gilt
wegen der daselbst befindlichen Ewlia- lHeiligen-)Gräber und mehrerer Moscheen den Mohammedanern als eine geweihte
Stätte,
zu der sie wallfahrten; es ist Sitz eines
Bischofs und hat (l889 3041 E., in Garnison das 155. Infanterie-
regiment und (einschließlich Alerandropol) 3
Ba- taillone Festunasartillerie,
Weberei
[* 15] grober wollener Zeuge, Herstellung von
Teppichen und Filzen, einigen Durchgangshandel.
Die Festung bildet ein unregelmäßiges Polygon mit doppelter
Mauer und vier
Bastionen. Auf dem Ak-Dagh, einem steilen Hügel,
liegt, gänzlich sturmfrei, das
Fort Arkanieh, cin bastioniertcs Fünfeck,
[* 16] auf dem
Kara-Dagh und
Top-Dagh
die
Inglis-Tabia und Madschar-Tabia, zwei starke
Batterien. Karschin gehörte bis 1878 zur
Türkei.
Beim Beginn des Russisch-Türkischen
Krieges von 1877 wurde Karschin von den
Russen belagert, l). Juli jedoch von den
Türken unter
Mukhtar Pascha entsetzt.
Aber nach der
NiederlageMukhtar Paschas am
Aladscha-Dagh ls. d.) wurde Karschin unter der Oberleitung
des Großfürsten-Statthalters
Michael durch
Gene- ral Lazarew abermals eingeschlossen, nebst den
FortsKara-Dagh, Hafiz und
Kanly bombardiert und in der Nacht zum 18. Nov. erstürmt, woraufsich die Cita- delle ergab; 5 Pafchas und 17000 Mann
kapitu- lierten, nur wenige Neiterabteilungen entkamen. Von den
Russen ist Karschin durch den
Ausbau der Werke und
Anlage neuer
Forts
zu einer großen Lager- festung umgewandelt worden.
Karsch,
Anna Luife, s. Karschin. Karschi, das alte Nachscheb, Stadt im Chanat
Buchara in
Centralasien, in fruchtbarer
Oase, links
am Schehri-sebs, Sitz eines Veks, hat 25000 E., Citadelle, Vazar, 10 Karawanseraien, Fabrikation von
Messern und damascierten Klingen,
Handel mit Getreide,
[* 17] Vieh, Fellen und Seidenstoffen. Karschin,
Anna Luise, eigentlich Karsch,
Dich- terin, geb. auf einer Meierei unweit Schwiebus,
[* 18] wurde nach dem frühzeitigen
Tode ihres
Vaters, eines Schenkwirts
Namens Dürbach, bei einem Oheim erzogen, kam dann in einen Dienst, wo sie die Kühe hüten mußte,
zugleich aber die Ve- kanntschast eines Hirtenknaben machte, der sie mit
Büchern versorgte. So entstanden während ihres
dreijährigen Dienstes ihre ersten Gedichte. Nach- dem sie noch eine Zeit lang als Kinderwärterin ge- Artitel, die man
unter K vermiet, sind unter C aufzusuchen.
¶
forlaufend
192
dient hatte, heiratete sie in ihrem 17. Jahre einen Tuchmacher, Namens.Hirsekorn, zuSchwiebus, mit dem sie eine qualvolle
Ehe führte. Von ihm ge- schieden, verheiratete sie sich dann mit einem Schneider Karsch in Fraustadt,
[* 20] der dem Trunke er- geben
war. 1760 wurde sie durch den Baron von Kottwitz nach Berlin
[* 21] gezogen, wo sie in die ersten Gesellschaften
eingeführt wurde und man sich an ihrer Fertigkeit zu improvisieren und Gedichte so- gleich niederzuschreiben ergötzte.
Ramler, Mendels- sohn, Gleim u. a. unterstützten sie. Gleim gab eine Sammlung ihrer «Auserlesenen Gedichte» lBerl.
1764) heraus und verschaffte ihr dadurch 2000 Thlr. Der Graf von Stolberg-Wernigcrode und andere bewilligten
ihr Jahrgelder; allein dies alles reichte nicht zu, sie felbst, ihre zwei Kinder und ihren Bru- der zu ernähren. Friedrich II.,
an den sie sich mehr- mals gewendet hatte, zeigte ihr wenig Teilnahme; erst sein Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., schenkte
ihr in Berlin ein kleines .haus. Sie starb daselbst Von den Gedichten der Karsten, der
deut- schen Sappho, wie sie geschmackloserweise genannt wurde, hat keins einen wirklich künstlerischen Wert' ihr natürliches
Talent zum Versemachen wurde durch ihre Erfolge überreizt und sank, als Gleims und Ramlers Einfluß ihr die Naivetät raubte,
zur unbe- deutendsten wässerigen Korrektheit herab. Durch ihren zweiten Gatten wurde sie Mutter der Karo
line Luise von Klencke lgeb.21.Juni 1751 zu Fraustadt, gest. zu Berlin), die auher mehrern eigenen Schauspielen,
Gedichten und andern Schriften auch die «Gedichte» ihrer Mutter nebst deren Lebenslauf (Berl. 1792; 2. Aufl. I7W) herausgab,
und Großmutter der Schriftstellerin Helmina von Chezy (s. d.). -
Karschinn, mit syr. Buchstaben geschrieben? arab. Texte. Karst, Werkzeug, s. Erdhacke. Karst (ital. (^i-80, bei den Alten ^ai-u8aviu8),
im engern Sinne die etwa 82 km lange, 24 km breite, durchschnittlich 4-600 m hohe Kalksteinhoch- fläche, die
sich nördlich von Istricn in südöstl. Rich- tung vom Isonzo
[* 23] bis zum Quarnerogolf durch das osterr. Küstenland hinzieht.
Von dem Berglaude von Idria (s. d.) wird dasselbe durch das Thal
[* 24] der Wippach, von der Windischen Mark durch die Poik und die
Reka geschieden.
Gegen den Golf von Trieft fällt es steil mit etwa 400 m hohem Absturz ab. Der Karsten, der aus
vielfach zerklüftetem und durch- löchertem Kalk und Dolomit der Kreideformation
[* 25] besteht, ist ohne eigentliche Gebirgsbildung,
[* 26] ohne zusammenhängende Thäler;
vielmehr bildet er eine von Becken, Dolinen und Trichtern durchlöcherte Vlatte, auf der einzelne
Erhebungen und steile Fe^enwälle aufgefetzt sind. (S. Karstphänomene.) Das Karsten ist eine traurige Ode,
mit Trümmergestein überschüttet, überaus arm an Vegetation;
Wald findet sich fast nur in den vor der Vora (s. d.) ge- schützten
Vertiefungen, in denen auch Mais, Obst lllcd Wein gebaut wird;
die Viehzucht liefert einen tüchtigen Schlag von Gebirgspferden.
Die Ober- fläche ist wasserarm, dagegen wird das Innere von zahlreichen unterirdischen Flüssen durchzogen,
die hier und da zu Tage treten, um wieder in den Klüften des Kalksteins zu verschwinden, so die Poik und die Neka. Südlich
schließt sich an den eigentlichen Karsten der Tschitschenboden (Planik 1273 m) an und bildet den Übergang zu der
in Gesteinsart und Gebirgsform mit
den: Karsten übereinstimmenden Kalbinsel Istrien;
[* 27] die höchste Erhebung ist hier der 1396 m
hohe Monte- Maggiore südwestlich von Abbazia. Im weitern Sinne rechnet man zum Karsten auch die nördlich und süd- lich gelegenen,
karstähnlichen, aber teilweise bewal- deten Hochflächen, welche früher irrigerweise zu den Jütischen
Alpen
[* 28] gerechnet wurden: den Tarnowaner- wald zwischen Isonzo und Idriza, den Birnbaumer- Wald zwischen Idriza und Poik und die
Piuka-Pla- nina zwischen Poik, Reka und demZirknitzersee. Den Charakter des Karsten zeigen aber auch die weiter östlich
zwischen Save und Kulpa gelegenen Höhen der Win- dischen Mark, das Gutenselo und der Horuwald, ferner
die bosn., kroat. und dalmat. Gebirge sowie die Inseln und Klippen
[* 29] vor der dalmat. Küste. -
Vgl. Reyer, Studien über das Karstrelief
(in den «Mitteilungen der k. k. Geographischen Gesellschaft», Wien
[* 30] 1881);
von Guttenberg, Die forstlichen Ver- hältnisse des
Karsten. (Trieft 1882).
^l"7'65., hinter lat. Pflanzennamen Abkürzung für HermannKarsten (s. d.). Kärstelenbach, s. Maderanerthal.
Karsten, Gustav, Physiker, Sohn von Karl Karsten, geb. zu Berlin, studierte Mathematik und Naturwissenschaften und habilitierte
sich 1845 in seiner Vaterstadt. 1847 wurde er Professor der Physik und Mineralogie an der Universität Kiel,
[* 31] 1859 Direktor
des Aichungswefens für die Elb- herzogtümer, 1869 Mitglied der kaiferl. Normal- Aichungskommission.
Die von ihm in den Elbher- zogtümern eingeführte Organisation des Aichwesens wurde auf die neuen Einrichtungen im Reiche
an- gewendet. Karsten war 1867-72 Mitglied des preuß. Abgeordnetenhauses, 1877 - 81 des
Teutschen Reichstags, wo er der Fortschrittspartei angehörte. Er schrieb: «Lehrgang der mechan. Naturlehre» (3
Bde., Kiel 1849-53),
«Untersuchungen über das Verhalten der Auflösungen des reinen Kochsalzes in Wasser» (Berl. 1846),
«Bei- träge zur Landeskunde der Herzogtümer Schleswig
[* 33] und .Holstein»
(2 Bde., Berl. 1869-72). Seit 1856 giebt
er im Verein mit andern Gelehrten die «All- gemeine Encyklopädie der Physik» heraus. Seit der 1870 erfolgten
Einsetzung derKommission zur wissen- schaftlichen Untersuchung der deutschen Meere, in Kiel, ist er das geschäftsführende
Mitglied derselben und bearbeitet in den Berichten der Kommission die Physik der Meere (Berl. 1872-93).Karsten, Hermann, Vetter
des vorigen, Natur- forscher, geb. zu Stralsund.
[* 34] Er stu- dierte erst Pharmacie, dann Medizin und
Natur- wissenschaften in Rostock
[* 35] und Berlin und machte 1843-47 und 1848-56 zwei naturwissenschaftliche Reifen durch Venezuela,
[* 36] Neugranada und Ecuador.
Hierauf lehrte er Botanik an der UniversitätBerlin und wurde 1868 als Professor der Botanik nach Wien berufen, wo er, wie auch
schon in Berlin, ein pflanzenphysiol. Laboratorium
[* 37] gründete, legte aber sein Amt 1872 nieder. Seitdem
lebt er in der Schweiz
[* 38] und Berlin. Durch seine anatom. Untersuchungen erkannte Karsten den allen Gewächsen
zu Grunde liegen- den einheitlichen Bau, während nach den bis dahin gültigen Ansichten der Anatomen ein dreifacher Typus stattfinden
sollte. Seine physiol. Forschun- gen über die Entwicklung und Metamorphose der Pflanzenzelle leiteten
ihn zu der Erkenntnis, daß nicht die im Zellsafte waltenden chem. Verwandt- Artitel, die man
unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
¶
mehr
schaften, sondern vielmehr die organisierende Thätigkeit der Zellhaut die eigentümlichen Pflanzenstoffe erzeuge. Seine
Hauptwerke sind: «Die Vegetationsorgane der Palmen»
[* 40] (Berl. 1847),
«Flora Columbiae» (Bd. 1 u. 2, jeder mit 100 Tafeln, ebd. 1857‒69),
«Die geognost. Verhältnisse des westl. Columbien»
(Wien 1856),
KarlBernhard, Metallurg, geb. zu Bützow, studierte zu Rostock erst die Rechte, dann Medizin, wandte
sich aber bald der Metallurgie und Bergbaukunde zu. Nachdem er verschiedene Stellungen in Schlesien
[* 42] bekleidet hatte, wurde
er 1819 als Geh. Oberbergrat bei dem Ministerium des Innern nach Berlin berufen. Er trat 1851 in den Ruhestand
und starb zu Schöneberg bei Berlin. Karsten hat viel zur Entwicklung des Hüttenwesens in Deutschland
[* 43] beigetragen; namentlich
ist die Entstehung der großartigen Zinkindustrie Schlesiens auf ihn zurückzuführen. Er schrieb: «Grundriß der
deutschen Bergrechtslehre» (Berl. 1828),
«Lehrbuch der Salinenkunde» (2 Bde.,
ebd. 1846). Klassisch sind seine «Metallurgische Reise durch einen Teil von Bayern
[* 44] und Österreich»
[* 45] (Halle
[* 46] 1821),
seine «Untersuchungen
über die kohligen Substanzen des Mineralreichs» (Berl. 1826) und die Monographie «Das
erzführende Kalksteingebirge von Tarnowitz»
[* 47] (Berl. 1826). Auch gab er das «Archiv für Bergbau
[* 48] und Hüttenwesen» (20 Bde.,
Berl. 1818‒31) und das «Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde» (26 Bde., ebd. 1829‒54, vom 11. Bande
ab gemeinschaftlich mit H. von Dechen) heraus.
geolog. Erscheinungen, die in typischer Form zunächst im eigentlichen Karst (s. d.), dann weiter
in den östl. Küstenländern der Adria bis nach Griechenland
[* 49] hinein und in meist geringerm Maße auch in andern aus vorwaltenden
reinen Kalksteinen gebildeten Gebirgen vorkommen. Es gehören dahin die Dolmen (s. d.) oder Karsttrichter,
die mit Kalksinter überkleideten Höhlen (s. d.) und Grotten, die durch Querriegel plötzlich völlig geschlossenen Thäler
(Polje), die den Fluß zwingen, seinen Lauf unter der Erde fortzusetzen, die starke Zerklüftung der Felsen und ihre Zerstreuung
auf der Oberfläche, das Vorkommen einer eisenhaltigen roten Erde, der Terra rossa, u. a. Da die Karstphänomene sich
durchaus nicht in allen Kalkgebirgen einstellen, so müssen in dem erwähnten Gebiete besondere Ursachen für sie vorhanden
sein, und man glaubt diese gefunden zu haben in der Faltung und Zerstückelung der Kalksteinschichten bei der Entstehung
jener Küstengebirge. –
Vgl. von Mojsisovics, Zur Geologie
[* 50] der Karsterscheinungen (in der «Zeitschrift
des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins»,
1880);
Ackerbau, Waldindustrie, Lederfabrikation. – 2) Karsun, auch Korsun, Kreisstadt im Kreis Karsun, am Barysch und
an der Korsunka, hat (1888) 5621 E., 5 Kirchen, Handel und Industrie.
(vom ital. cartoccio, Düte, abgeleitet von carta, Papier, gleicher Abstammung mit Kartusche), Schrotbüchse,
jetzige Bezeichnung des Hagelgeschosses (s. Hagel [artill.]). Man vereinigte die einzelnen Kugeln anfänglich
in einem Netz oder Sack (Beutelkartätsche, s. Geschoß,
[* 52] Bd. 7, S. 903 b) oder kittete sie mit einem Holzspiegel
zusammen (Traubenkartätsche); in neuerer Zeit wendet man Blechbüchsen
[* 53] als Behälter für die einzelnen Geschosse an (Büchsenkartätsche,
s. Geschoß,
[* 39]
Fig. 6 u. 28, sowie Tafel: Moderne Geschosse,
[* 39]
Fig. 7). Die Kartätsche kann nur gegen lebende Ziele,
und zwar auf kurze Entfernungen (bis 500 m), angewandt werden; auf größere Entfernungen ersetzt man sie durch das Shrapnel
[* 54] (s. Geschoß, Bd. 7, S. 904 a u. 907). Die Kartätsche dient hauptsächlich zur Abwehr des nächsten Kavallerie- oder Infanterieangriffs,
im Festungskriege besonders auch zur Bestreichung von Hindernissen, z. B.
der Gräben.
im engern SinneGeschütze, die nur Kartätschen verschießen sollen, z. B. glatte leichte Geschütze
zum Bestreichen der Festungsgräben; im weitern Sinne gleichbedeutend mit Mitrailleusen, Repetiergeschützen, Infanteriekanonen
(frz. canons à balles), Revolverkanonen, Kugelspritzen. Letztere beruhen auf der Verbindung mehrerer Feuerrohre geringern
Kalibers zu einem einheitlichen System mit gemeinsamer Ladevorrichtung. Sie sind zu unterscheiden von den
schnellfeuernden Einläufern kleinern Kalibers.
Die Mehrläufer vermögen im übrigen ein sehr schnelles Feuer abzugeben und bilden ein Mittelding zwischen Geschützen und
Handfeuerwaffen.
[* 55] Den erstern entsprechen sie durch ihr Untergestell, das je nach dem Gebrauchsort eine fahrbare Lafette
sein kann, durch das Gesamtgewicht wie durch die Art ihrer Bedienung und Handhabung, während sie in
ihrer Wirkung sich mehr den Handfeuerwaffen anschließen, insofern sie Geschosse geringern Gewichts schießen. Kartätschgeschütze schleudern
in kurzer Zeit eine sehr große Anzahl von Geschossen und wetteifern in dieser Beziehung bei lebenden Zielen mit den Streugeschossen
der Geschütze, den Kartätschen und Shrapnels, daher auch der Name Kartätschgeschütze; sie werden auch in denselben Fällen
verwendet wie die Kartätschen (s. Kartätsche).
Als Feldgeschütze sind sie wenig geeignet. Als Bewaffnung der Kriegsschiffe gewähren die größern Kaliber der Kartätschgeschütze vermöge
der Durchschlagskraft und Sprengwirkung ihrer Geschosse, verbunden mit dem raschen Feuer, ein gutes Verteidigungsmittel
gegen Torpedoboote, während sie bei ihrer Leichtigkeit für letztere eine geeignete Ausrüstung bilden. Die geringern Kaliber
benutzt man gegen das Deck des gegnerischen Schiffs, zum Abweisen von Enterversuchen sowie zum Schießen
[* 56] in die feindlichen
Stückpforten und in die Schießscharten der Küstenwerke.
Die ältesten Arten von Kartätschgeschütze sind die noch wenig leistungsfähigen Orgelgeschütze (s. d.)
und die
¶
forlaufend
194
Espingolen (s. d.). Erst in der Gegenwart gelang es, den Kartäuser eine
vollkommenere Gestalt zu verleihen. Zierher gehört zunächst die Gruppe der eigentlichen Nevolverkanonen, bei denen ein
im Kreise
[* 58] ge- lagertes Rohrbündel von 4 bis 10 Läufen sich um eine gemeinsame Längenachse dreht, jeder Lauf ein- zeln
mit Patronen gespeist wird und bezüglich der Stellung der Schlohteile u. s. w. in einem andern Zustande
sich befindet, sodaß das einzelne Kar- tätschgeschütz ein ununterbrochenes Feuer auszu- üben vermag.
Den Gegensatz hierzu bilden die- jenigen Kartäuser, bei denen das Feuer mehr lagenweise abgegeben wird, indem das Kartätschgeschütz
mit soviel Patronen gleichzeitig gespeist wird, als der Rohrkörper Läufe besitzt, dle hier auch in größerer
Zahl vorkommen. Die Schüsse der einzelnen Lage werden in beliebiger Feuerschnelligkeit nacheinan- der abgegeben; letztere
kann so erhöht werden, daß die Abgabe der Schüsse einer Salve ähnlich wird, nach der eine gewisse Feuerpause eintritt.
Man pflegt solche Kartäuser als Salvengeschütze zu bezeichnen. Eine dritte Gruppe, die eigentlichen Repetiergeschütze,
wird durch diejenigen Kartäuser ge- bildet, bei denen eine Anzahl Läufe neben- oder auch übereinander liegen und
keine Drehung haben, bei denen ferner jeder Lauf für sich gespeist wird und alle in gleichem Zustande sich befinden, ausgenom-
men inBezug aus das Abfeuern, was bei jedem Lauf einzeln, indes in beliebigem Tempo erfolgt, ^ie vermögen
mit weniger Läufen als die Salven- geschütze auszukommen.
Die älteste Revolverkanone ist die des Nord- amerikaners Gatling, auch Gatlingkanone (s. d.)
genannt, die bereits im Secessionskriege (1860-65) seitens der Verbündeten gebraucht wurde und seitdem eine ausgedehnte
Verbreitung und Fort- bildung erfahren hat. Die Gatlmgkanonen als zehnläufige Kartäuser vom Kaliber der Infanteriegewehre
wurden unter andcrm in Ruhland und England angenommen und seitens des erstern vor Plevna 1877, seitens des letztern im agypt.
Feldzug 1882 verwendet.
Eine Fortbildung der Gatlingkauone zeigt die Hotchkiß-Revolverkanone oder Hotchkißkanone, wie sie im DeutschenReich für
Marine und Festungen, außerdem in Frankreich und Rußland für die Marine zur Einführuug ge- langt ist. Der Erfinder Hotchkiß
vereinfachte den Mechanismus der Revolverkanone, indem er nur eine Lade- und eine Abfeucrvorrichtung für sämt- liche Läufe
anbrachte, während bei Gatling jeder der letztern sein eigenes Schloß hat. Die auf Tafel: Geschützelll,
[* 57]
Fig. 1 abgebildete deutsche Hotch- kiß kau one, die hier als Schiffsgeschütz dient, ist fünfläusig, vom Kaliber 37 mm.
Die Handhabung des Mechanismus geschieht durch die Kurbel,
[* 59] die der Matrose in der rechten Hand
[* 60] hält.
Das Bodenstück macht dabei (im Gegensatz zu Gatling) die Drehung der Läufe nicht mit. Mit der linken
Hand giebt der Matrose dem Kartätschgeschütz die gehörige Höhen- und ^eitenrichtung, wobei er, ähnlich wie beim Ge- wehr,
den Bewegungen des Gegners mit dem Geschütz zu folgen vermag. Das links hinten aus dem Rohrs heraustretende Schulterstück
giebt dem Geschütz An- lehnung an die Schulter des Schützen. Der jedes- mal zu unterst befindliche Lauf
ist fchuhbereit.
Wäh- rend des Abfeuerns stehen die Läufe selbstthätig still. Am Bodenstück befindet sich links der Ladetrichter, der die
Patronenzuführung bewirkt. Das
Gewicht ohne Rahmen ist 210 KZ. Artikel, die man unter K verm ZU den Salvengeschützen gehört
das von dem franz. Oberst Reffye (s. Reffyekanonen)
erfundene, 1867 in die franz. Feldartillerie eingestellte (^non ü. 1)^1103 mit 25 zu einem
Körper vereinigten Läu- fen von 13 min Kaliber, welches namentlich im ersten Zeitraum des Krieges 1870 und 1871 eine umfassende
Verwendung fand, ohne den Erwar- tungen zu entsprechen/jetzt aber veraltet ist, und die von den belg.
Fabrikanten Montigny & Chri- stophe erfundene Mitrailleufe (s. Christophe- und Montigny-Mitrailleuse). 1809 wurde das Ge-
schütz als Mitrailleur Montigny in Österreich- Ungarn
[* 61] angenommen, in Kaliber und bezüglich der Patrone mit dem Infanteriegewchr
in Überein- stimmung gebracht.
Die beabsichtigte Einstellung in die Fcldartillerie, namentlich der Honvedarmee, ließ man 1875 fallen.
Zu der dritten Gruppe zählen die Palm kr antz- Winborg-Mitrailleuse (s.d.), welche in Schwe- den für Landheer und Flotte,
in Rußland für die Flotte eingeführt ist, und die zahlreichen Konstruk- tionen von Nordenfelt. Was die Munition derK.
betrifft, fo verfeuern sie sämtlich Patronen mit gasdichten Hülsen, na- mentlich mit Messinghülsen
und mit Centralzün- dung.
Die Geschosse der kleinern Kaliber (Gewehr- kaliber) sind von Blei,
[* 62] der größeren von Stahl. Die Bleigeschosse sind voll, die
stählernen zum Sprengen
[* 63] eingerichtet (s. Geschoß, Bd. 7, S. 907 d). Die gröhern Kaliber haben auch
Kartätschen. Für die deutsche Hotchkihkanone besteht eine Granate mit Kupferführung und Perkussionszünder
von 455 F Gewicht mit 23 F Sprengladung, eine Kartätsche mit 19 Hartbleikugeln und 3 Segmentstücken als Füllung. Die (25,4
min-) Nordenfeltmitrailleuse hat eine Gra- nate aus gehärtetem Stahl von 206 3 Gewicht.
Kartätsch granate, Granat kartätsche,
[* 64] so- viel wie Schrapnel (s. d. und Geschoß, Bd. 7, S. 901". u.
907). Kartaune, Karthaune (von Quartane, Vier- telsdüchse), veraltete Bezeichnung für schwere Ge- schütze (s. d., Bd.
7, S. 910 a). Kartause, f. Certosa. Kartäufer (Karthäuser), Mönchsorden, ge- stiftet vom heil. Bruno ls. d.) von Köln,
[* 65] der 1084 mit sechs Genossen in der Einöde Chartreuse (s. d.) sich dem Einsiedlerleben widmete.
Der fünfte Prior, Guigo, gab dem Orden
[* 66] 1134 seine Regel (3tawt3, (^ui^oniä oder 1170 die päpstl. Bestätigung erfolgte.
Die Kartäuser ver- pflichteten sich zum strengsten Leben, wohnten in einsamen Zellen, beobachteten strenge Fasten
und Schweigen und beschäftigten sich mit Handarbeit, Vücherabschreiben u. dgl. Ihre Reichtümer ver- wandten sie auf
den Bau von Kirchen, wie der Cer- tosa (s. d.) bei Pavia.
Gastfreiheit und Wohlthätig- keit werden geübt; auch haben sie höhere Bildung als die Vettelmönche. IhreTracht ist ein
langer weißer Rock mit weißer Kapuze, beim Ausgehen ein schwarzer Chorrock. Jetzt bestehen die Kartäuser vorzugs- weise in Frankreich.
Laienbrüder werden als Diener von untergeordneter Stellung aufgenommen. Kartäuserinnen entstanden in Frankreich
zuerst in den Klöstern von Salette an der Rhone (1229) und zu Premol bei Grenoble
[* 67] (1234). Sie erhielten die Regel der und
wurden von deren Obern beaufsichtigt. IhreTracht ist: weißer Rock und gleichfarbiges Skapulier,
[* 68] weißer Wimpel, schwarzer
Schleier. Sie sind 1790 eingegangen. - ißt, sind unter E aufzusuchen.
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Le Vasseur, kpueine- li668 0i'äini8 Oai'w3i6N3i3 (4 Bde., ebd.
1891-92) Kartäuserkatze, s. Katze.
[* 71] Kartäuferpulver, soviel wie X6rm63 minöi-Hlo, s. Antimonsulfür. Karte, s. Landkarten
[* 72] und Spielkarten. Kartell oderCartel (frz., von c^rt6, ein bescbrie- benes Papier) bedeutete
ursprünglich in den Tur- nierspielen die Kampfordnung. Im Völkerrecht bezeichnet man mit Kartell, auch Kartellkonvention,
eine Reihe von Verträgen, welche in die Klasse der reglementarischen fallen und sich auf den polit. oder socialen Verkehr
unter meh- rern Staaten beziehen. Zwischen kriegführenden Staaten kommen solche Verträge vor z. V. über den Post- und Handels-
(namentlich See-)Verkebr, über Kennzeichnung und Behandlung der Parla- mentäre, über Kuriere und Pässe,
über Behand- lung der Kriegsgefangenen und deren Auslieferung. In letzterer Hinsicht fand bis zur Zeit der Franzo- sischen
Revolution in der Regel zwischen allen kriegführenden Mächten Kartell statt, und es galt ein Hauptmann für sechs,
ein Lieutenant für vier und ein Unteroffizier oder Reiter für zwei Mann Fuß- volk. Der Überschuß
der Gefangenen, die nicht aus- getauscht werden konnten, wurde durch Geld aus- gelöst. Jetzt geschieht aber meist die Auslieferung
der Gefangenen erst nach Kriegsschluß. Kartell für Frie- denszeiten sind z. B. die
Konventionen über Sickerheits- und Iustizpflege (so über Auslieferung von flüchtigen Verbrechern, s.
Auslieferung), dann über die Regulierung von Hinterlassenschaften (Kon- vention des DeutschenReichs mit Ruhland vom
über Zollverhältnisse (insbesondere das Zollkartell zwischen Deutschland und Ostcr- reich-Ungarn vom sowie über
Aus- lieferung von Militärpflichtigen und Deserteuren. Gerade in letzterer Beziehung wird der Ausdruck
Kartell am häufigsten gebraucht. Während des Be- standes des frühern DeutschenBundes existierte für sämtliche deutsche Staaten
unter sich seit ein allgemeiner Vertrag wegen Auslieferung der Deserteure und Militärpflichtigen; nur die eige-
nen Unterthanen wurden, wenn sie aus andern Kriegsdiensten desertierten, nicht ausgeliefert. Diese Moemeine
Kartellkonvention hat jetzt nach Art. 13 des Prager Friedens vom nur noch zwischen Preußen
[* 73] und Osterreich Geltung.
Von polit. Wichtigkeit war seinerzeit besonders der preuß.- russ.
Kartellvertrag. Derselbe erstreckte sich auf alle aus dem aktiven Dienste
[* 74] der beiderseitigen Armeen Desertierten, auf die
aus dem aktiven Dienste unter Vorbehalt ihrer Verpflichtung zu demselben Beur- laubten, auf alle nach
den Gesetzen des bezüglichen Staates, wenn auch erst für die Folge zum Mili- tärdienst Verpflichteten, endlich auf alle
wegen Kri- minalvcrbrcchen in Untersuchung befindlichen, an- geschuldigten oder bezichtigten Individuen. Der Vertrag wurde abgeschlossen, und auf 12 Jahre
erneuert, ist aber 1869 abgelaufen. In der Volkswirtschaft bedeutet Kartell Syn- dikat, Ring, eine Vereinigung von Firmen der- selben
Branche zu dem Zweck, den Preis ihrer Er- zeugnisse und Verkaufsartikel Zu erhöhen oder doch aus einer Höhe zu erhalten,
welche einen befrie- digenden Unternehmergewinn sichert. In der Regel erstrecken sich derartige Vereinigungen
nur auf ein Artikel, die man unter K verm in sich geschlossenes Verkehrsgebiet, auf ein ganzes Land. Daneben finden
sich aber
auch Kartell für ein- zelne Teile oder selbst nur bestimmte Provinzen. Zählt eine Branche nur wenige Firmen und sind dieselben
mit einem wesentlichen Teile ihres Absatzes auf den Weltmarkt angewiesen, so bilden sich ge- legentlich die internationalen
Kartell heraus; doch haben dieselben nur ausnahmsweise längern Be- stand gehabt, weil die Produktionsverhältnisse zu verschieden
sind und die Interessen zu weit ausein- ander laufen. Kartell bestehen für den Handel, für Banken, Versicherungsgesellschaften,
zwischen Eisen- bahnverwaltungen u. s. w. Die industriellen Kartell sind erst in den letzten
Jahrzehnten entstanden. Je weniger Firmen eine Einzelbranche zählt, desto leichter gelingt die Verständigung. Mitte 1893 be-
standen allein in Deutschland 6 Kartell des Kohlenberg- baues, 33 der Eisenindustrie, 33 für Chemikalien, 28 für Steine und Erden, 12 für
Papier- und Leder- industrie, 15 für Tertilwaren. 1892 lösten sich 16 K. auf, dafür wurden 33 neu
gebildet. In der Regel ist die Dauer eines industriellen Kartell nur auf wenige (3-6) Jahre anzunehmen, da inzwischen
stets einige unzufriedene Firmen ihren eigenen Weg gehen wollen und das Kartell sprengen. Die nun
wieder eintretende freie Konkurrenz führt zu einem Kampf der bisher verbundenen Firmen unter sich, der schließlich zur
Preisschleuderei führt, bis endlich ein neues Kartell entsteht. In den letzten 10-15 Jahren ist es vor- gekommen, daß in derselben
Branche und von den- selben Firmen dasselbe Kartell drei-, vier- auch fünf- mal abgeschlossen
worden ist. Dieselben Erscheinun- gen sind in verstärktem Grade in Frankreich, Bel- gien, England, Nordamerika,
[* 75] in der Schweiz,
in Österreich-Ungarn,
[* 76] neuerdings in Italien,
[* 77] Däne- mark, Sckweden und Rußland zu Tage getreten, also in Ländern mit vollster
Handelsfreiheit bis zu der weitesten Schutzzollpolitik. In den meisten Fällen beginnt eine Vereinigung
von bisher einander bekämpfenden Werken zunächst infolge von Überproduktion und damit verbundenem Sinken der Preise mit
einer Verständigung über die einzuhaltenden Preisforderungen. Die betreffenden Werke stellen für jeden ihrer Artikel den
Minimal- preis fest und verpflichten sich, darunter nicht zu verkaufen. Daneben wird, jedoch selten schon in bindender Form,
gegenseitig die Einschränkung der Produktion zugesagt. Im Laufe der Zeit macht sich trotzdem wieder
teils durch Übertretung der Ver- pflichtungen, teils durch ausländische Konkurrenz eine Überproduktion bemerkbar, und man
schreitet außer der Verabredung über die Preise zu bindenden Abmachungen über die Höhe der jedem Werke zuzu- teilenden
Produktion, nachdem zuvor festgestellt worden ist, wie hoch voraussichtlich zunächst der Bedarf zu bemessen
sei. Aber auch diese Zusagen werden trotz aller Strafen nicht immer gehalten, um so mehr, als die Überwachung schwierig ist,
und man geht zu den weitern Einrichtungen der ge- meinsamen Verkaufsstelle oder der besondern Zu- teilung ausgeschriebener
Lieferungen über, nachdem gelegentlich die Zuweisung eines begrenzten Absatz- gebietes an eine oder mehrere
Firmen voraus- gegangen oder wohl auch damit verbunden ist. Die Verkaufsstelle eignet sich am besten für solche Artikel,
bei denen der Käufer besondere Anforderungen an Form, Größe, Güte und sonstige Eigenschaften nicht zu stellen pflegt, also
für die Massenartikel, wie Kohlen, Steine, Erden, Roheisen, Stabeisen, Bleche, ißt, sind unter C aufzusuchen. 115
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forlaufend
196
Chemikalien, Garne, Papier u. s. w., die auf Vor- rat gearbeitet werden tonnen. Dagegen
ist die Zu- weisung eines Auftrags oder einer ausgeschriebenen Lieferung (Submission) in solchen Branchen üblich, die nicht
auf Vorrat arbeiten können, weil jede Be- stellung ihre besondern Anforderungen in Bezug auf die Größenverhältnisse, Güte
des Materials, Art der Ausführung u. s. w. enthält. Dies gilt z. B.
von Eisenbahn- und Kriegsmaterial, über- haupt von den Ausschreibungen des Staates, der Gemeinden und vieler Aktiengesellschaften.
Hier und da, namentlich in England und Nord- amerika, ist man bereits weiter gegangen, indem solche Werke, die entweder neu
gegründet wurden oder den Beitritt zum Kartenprojektion beharrlich ablehnten, mit Geldbeträgen
abgefunden wurden, damit sie auf die Herstellung eines Artikels auf bestimmte Zeit ver- zichteten. Gelegentlich sind solche
Werke auch aus- gekauft und stillgelegt worden. Dies ist der erste Schritt zu dem meist verderblich wirkenden speku- lativen
Ning, der monopolisierend wirken und dem Weltmärkte die Preise vorschreiben will. Er ist des- halb auch
nur für solche Artikel möglich, die, wie Quecksilber und Petroleum, nur in wenigen Bezirken der Erde, oder, wie allenfalls
Kaffee, überfeeifcher Tabak,
[* 79] Baumwolle,
[* 80] manche Gewürze, nur in bestimmten Ländern gewonnen werden. (S. auch Corner.) Am fchärfsten
tritt die Kartellierung der Betriebe auf in dem amerik. «Ii'u8t
(s. d.). Über einen kartellartiaen Verband
[* 81] im Eisenbahnwesen, den sog. ?oo1, f.
Eisenbahntarife (Bd. 5, S. 901 d). In Deutschland und England bietet die Gesetz- gebung der Bildung von Kartenprojektion kein Hindernis.
In Frankreich, Osterreich und am meisten in Nord- amerika fehlt es nicht an Versuchen, derartige Vereinigungen gesetzlich
zu verbieten. Die dort erlassenen Gesetze verweifen den Geschädigten auf den Weg der Privatklage. -
Vgl. Kleinwächter, Die
Kartenprojektion (Innsbr. 1883);
'die Zeitschrift " Die Indu- strie», redigiert von Steinmann-Bücher (Berlin); ders., Wesen und Bedeutung
der gewerblichen Kartenprojektion (Lpz. 1891);
Grohmann, über industrielle (in Schmollers «Jahrbuch für Gesetzgebung», 15. Jahrg.,
Leipzig).
[* 82] -
In Vorbereitung ist eine Bearbeitung der Kartenprojektion durch den Verein für Socialpolitik. In der Studentenfprache bedeutet Kartenprojektion ein
engeres freundschaftliches Verhältnis zweier oder mehrerer gleichartiger schlagender Verbindungen an verschiedenen Hochschulen
(Z. B. das Süddeutsche s. Burschenschaft, Bd. 3, S. 778 d). Früher war das Kartenprojektion nicht
selten so eng, daß die Mitglieder der einen Verbindung als Mitglieder der andern be- trachtet und daß demgemäß die Kartellbrüder
die Bänder beider Verbindungen trugen, auch wenn sie nicht bci beiden Verbindungen aktiv waren.
Kartell- oder befreundete Verbindungen helfen sich mit Mitgliedern aus, besuchen sich bei festlichen Ge- legenheiten u. s. w.
Das Wort wird auch von Ver- einigungen nichtschlagender Verbindungen gleicher Art gebraucht; so bestehen jetzt auf den deutfchen
Universitäten 16 K. von Gefang- und wissenschaft- lichen oder religiösen Vereinen. Parteien, der Deutfch-Konfervativen, Deutfchen
Reichspartei und der Nationalliberalen, das un- mittelbar nach der Auflösung des Deutfchen Reichs- tags geschlossen
wurde. Um eine Mehrheit für das Septennat zu erzielen, sollte in den einzelnen Wahlkreisen die
am stärksten vertretene
Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.
Partei von den beiden andern Parteien unterstützt werden und eine Verständigung über gemeinsame Kandidaten erfolgen. Der
glänzende Sieg der Kartellparteien bei den Wahlen des bei denen sie 220 Mandate erhielten,
legte ihnen den Gedanken nahe, sich zu einer dauernden Mehrheit zu vereinigen, die auch in der innern Politik Hand in Hand ginge.
Dem widerstrebte der rechte Flügel der Deutsch-Konservativen unter Lei- tung des Freiherrn von Hammerstein (s. d.). Das
Kartenprojektion wurde im Dez. 1889 zwar wieder erneuert, aber die Wahlen des ergaben den Zu- sammenbruch der Kartellmehrheit;
die drei Parteien ^ gewannen zusammen nur 132 Mandate.
Bei den Reichstagswahlen von 1893 wurde das Kartenprojektion im all- gemeinen nicht erneuert, wenn man auch zum
Teil im einzelnen (so besonders in Sachsen)
[* 83] daran noch festhielt. Die wirtschaftspolit. Gegenfätze fowie
der Kampf um das Volksfchulgesetz in Preußen hatten es gesprengt. Kartellträger, bei einem Zweikampf der Beauf- tragte des
Beleidigten, der das Überbringen der Forderung übernimmt. Nach dem Reichsstrafgesetz- buch sind Kartenprojektion, die
sich ernstlich bemüht haben, den Zweikampf zu verhindern, straflos.
Die Innen- seite wird zu brieflicher Mitteilung benutzt; sodann faltet man das Briefblatt einmal zufammen und verschließt
es an der Längsseite und den beiden Schmalseiten mittels des daran befindlichen Klebe- stoffs. Das Öffnen
des Kartenprojektion erfolgt in der Weise, daß man ihn längs der Löcher am Rande aufschneidet oder den Rand abreißt. Das Porto ist dem
für gewöhnliche Briefe gleich. In Deutschland und im Weltpostverein ist der Kartenprojektion bisher nicht eingeführt. Kartenentwurfslehre,
s. Kartenprojektiou.
Kartenfabrikation, s. Spielkartenfabritation. Kartenlegen, s. Kartenschlagen.
Kartenlotterie oder kurz Lotterie, beliebtes Gesellschaftsspiel mit zwei vollständigen Karten- spielen unter einer beliebigen
Anzahl von Personen. Die Blätter des einen Spiels werden rechts herum gleichmäßig verteilt; bleiben welche übrig, so werden
diese versteigert. Für jedes Blatt
[* 93] oder Los wird ein Einsatz gezahlt, woraus ein Haupt- und mehrere Nebengewinne
gebildet werden.
Aus dem andern Spiel werden alsdann so viel Karten verdeckt ge- zogen, als Gewinne gemacht wurden, und letztere werden darauf
gelegt. Die dann noch übrigen Blätter werden laut aufgerufen und bedeuten Nieten, während die verdeckt auf dem Tische liegenden
das gewinnen, was auf ihnen liegt. Kartenmaler und Kartenmacher, f.
Brief- maler und Spielkarten. Kartennetz, s. Gradnetz. Kartenpapier, s. Spielkartenfabrikation. Kartenprojektion oder Karten
entwurfs- lehre, der Zweig der mathem. Geographie, der die
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