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La Civiltà cattolica (Rom), Bonghis Cultura (Rom), Il Preludio (Bologna), vorzüglich Il Giornale storico della letteratura italiana (Turin), [* 2] hg. von Graf, Novati und Renier.
La Civiltà cattolica (Rom), Bonghis Cultura (Rom), Il Preludio (Bologna), vorzüglich Il Giornale storico della letteratura italiana (Turin), [* 2] hg. von Graf, Novati und Renier.
Musik. Die Musik des Altertums wurde der Folgezeit von den Italienern auf lebendige Weise übermittelt. Die erste folgenreiche Bildung, die der antiken Musik als etwas Neues gegenüber trat, war die Singschule, in der unter Leitung der Bischöfe von Rom [* 3] die christl. Liturgie eine feste und kunstmäßige musikalische Gestalt erhielt. Diese röm. Sängerschule hatte schon Jahrhunderte bestanden, als Papst Gregor d. Gr. um 600 die kirchlichen Melodien neu ordnete, mehrte und in einem Antiphonar sammelte, welches das Grundbuch für das ganze Abendland wurde.
Sänger aus der päpstl. Schule gingen in den nächsten Jahrhunderten in die westl. und nördl. Länder, wo der ausgestreute Same bald über Erwarten gedieh. Der Kern der Melodien Gregors d. Gr. hat sich als sog. Gregorianischer Gesang in der Kunst wie in der kirchlichen Liturgie bis heute erhalten. In diesem Gesange sind den Melodien nach hebräische und der Form nach griech. Elemente enthalten. Guido von Arezzo vervollständigte im 10. Jahrh. Gregors Werk, indem er Methoden ersann, die das bisher schwierige musikalische Studium erleichterten.
Bis dahin war Italien [* 4] der Lehrer und Leiter der gesamten Kunstmusik. Vom 11. Jahrh. an trat es etwas zurück, während in England, Frankreich und Deutschland [* 5] die Mehrstimmigkeit erfunden und die Instrumentalmusik vervollkommnet wurde. Die I. M. bewahrte sich die Reinheit des Kunstgesanges, in der sie von jeher alle Nationen übertraf, und erlangte erst gegen Ende des 15. Jahrh. wieder eine tonangebende Bedeutung. Um 1500 erfand Petrucci in Venedig [* 6] den Musikdruck mit beweglichen Typen, wodurch dieser Ort länger als ein Jahrhundert hindurch das Centrum der Musikverbreitung wurde. Die größten Komponisten und Sänger Europas zogen nach Italien, um in päpstl. Dienste [* 7] zu kommen, und endlich erstand in Giovanni Palestrina derjenige Meister, in dem die kirchliche Kunstmusik ihren Höhepunkt erreichte. Seine Kompositionsweise ist als «Palestrina-Stil» ein ebenso dauerhaftes Gebilde geworden wie der «Gregorianische Gesang», dessen vollendetste künstlerische Verkörperung in seinen Werken erblickt werden muß.
Die I. M. stand jetzt abermals an der Spitze der Bewegung. Sämtliche Formen der damaligen Tonkunst wurden von ihr teils vollendet, teils neu geschaffen. Vollendetes lieferte Palestrinas Zeitgenosse Luca Marenzio im Madrigal; Neues schuf dieselbe Zeit gegen Ende des 16. Jahrh. durch eine besonders von Florenz [* 8] ausgehende Bewegung, die die Oper und das Oratorium ins Leben rief. Diese folgenreiche Neuerung hat die gesamte europ. Tonkunst von Grund aus umgestaltet; freilich ist es der I. M. nicht beschieden gewesen, das, was sie hier erfand und zuerst ausbildete, auch wirklich zu vollenden.
Aber noch im ganzen 17. Jahrh. herrschte sie im Reiche der Tonkunst unumschränkt. Monteverdi und Cavalli gaben mit ihren Opern Vorbilder für alle Länder, und Carissimi legte die Keime zu einem Oratorienstil, der 100 Jahre später von Händel zur Vollkommenheit ausgebildet wurde. Neben Carissimi wirkte der große Orgel- und Fugenmeister Frescobaldi, der für das Spiel seines Instruments eine ebenso gesetzgeberische Bedeutung erlangte, wie einige Jahrzehnte später Corelli für das der Violine. Dabei hatte das fast unersättliche Verlangen nach schönem Gesang selbst eine widernatürliche Befriedigung nicht gescheut, und ital. Castraten waren an allen Höfen, auf allen Operntheatern in Europa [* 9] zu finden.
Als dann gegen Ende des 17. Jahrh. in Frankreich, Deutschland und England nationale Kräfte von außerordentlicher Begabung sich regten, um dem Italienischen das Feld streitig zu machen, war es Al. Scarlatti, welcher der Oper einen nachhaltigen Impuls gab und damit die Superiorität der I. M. aufs neue herstellte. Die Konservatorien, die in Italien allenthalben errichtet wurden, viel früher als in andern Ländern, bildeten vorzügliche Musiker in Masse aus, besonders Komponisten, Sänger, Violinisten und Cembalisten (Klavierspieler).
Vor allen wurde die neapolitanische, durch Scarlatti gegründete Schule wichtig, da sie im ganzen 18. Jahrh. den Ton angab, nicht nur in der Oper, sondern auch in der Kirchen- und Konzertmusik. So allgemein und unbestritten schien damals die Herrschaft der I. M. in Europa anerkannt zu sein, daß selbst die größten deutschen Komponisten (Händel, Hasse, Graun, Gluck, Mozart) ihre Opern italienisch schrieben. Die siegreiche Beteiligung dieser Ausländer war freilich zugleich ein Beweis der abnehmenden Kraft [* 10] der geborenen Italiener, obwohl letztere sich eine erstaunliche und originelle Produktivität bis auf die Gegenwart zu erhalten wußten. Die Neapolitaner Pergolese und Piccini gestalteten die neuere Form der komischen Oper (Opera buffa), und viele Gleichbegabte neben und nach ihnen versorgten die Operntheater und Kirchenchöre unablässig mit neuen Werken.
Im 19. Jahrh. sind es bis zum letzten Jahrzehnt besonders zwei Männer, welche die I. M. charakterisieren: Rossini und Verdi. Weiter als bis auf Rossini reicht auch das nicht zurück, was auf ital. Theatern noch lebendig erhalten ist. Dieses Preisgeben der musikalischen Vergangenheit hat wesentlich zur Verflachung der I. M. beigetragen. Erst durch den Anschluß der jüngsten Italiener an die neue Entwicklung, die die Instrumentalmusik durch die Deutschen nahm, hat die I. M. wieder an Einfluß gewonnen. Namentlich Mascagni (1891) und Leoncavallo (1892) haben mit ihren realistischen Opern große Erfolge zu verzeichnen sowohl in Italien selbst als auch im Auslande. Auf dem Konzertgebiete, d. h. im großen Oratorium und in der selbständigen Instrumentalkunst hat man erst in der jüngsten Zeit angefangen, das Versäumte nachzuholen. Die unvollkommenen Versuche haben bisher nur geringen Erfolg gehabt. (S. Musik.)
Nationalbank, s. Banca Nazionale ^[= . Unter den in Italien zur Zeit der polit. Selbständigkeit der zum ...] nel Regno d'Italia.
Philosophie. Italien, als das Mutterland der europ. Bildung, hat auch auf den Gang [* 11] der Philosophie großen Einfluß ausgeübt. Von hier aus verbreiteten sich mit dem Beginn des Mittelalters im Gefolge der kirchlichen Civilisation die Reste der antiken Wissenschaft in Gestalt von Lehrbüchern über die andern Völker Europas, und auch an den logisch-metaphysischen Untersuchungen des Mittelalters beteiligte man sich hier um so eifriger, als die kirchliche Macht in Rom diese Gedankenbewegung im Interesse der Glaubenseinheit überwachen zu sollen meinte. Später wurde das sicil. Reich Friedrichs II. das Eingangsthor für die arab. ¶
Philosophie und das in ihr vorwaltende Studium des Aristoteles, zugleich aber auch für die damit im Zusammenhang stehenden, größtenteils auf den Neuplatonismus zurückweisenden Geheimlehren der Mystik. Als dann die Lehre [* 13] des Aristoteles von der kirchlichen Wissenschaft verwertet und zur logisch-metaphysischen Form derselben ausgearbeitet wurde, vollendete Thomas (s. d.) von Aquino durch die geschmackvollere und umfassende, das Detail der Einzelwissenschaften durchdringende Ausführung der Gedanken des Deutschen Albert von Bollstädt diesen Prozeß und führte damit die christl. Scholastik auf ihren Höhepunkt. Sein großartig einheitliches, von der kath. Kirche noch heute für kanonisch erklärtes System fand seine poet. Verklärung in Dantes «Göttlicher Komödie».
Aber schon bei Dante beginnt ein anderes Element wirksam zu werden, wodurch Italien die moderne Geistesbewegung vorbereitete: das Studium des klassischen Altertums. Der Humanismus führte zunächst zu einer Erneuerung des Platonismus, der, hauptsächlich durch Gemistos Plethon, Bessarion und Ficinus vertreten, in der unter dem Schutz der Mediceer blühenden Akademie zu Florenz seinen Sitz hatte. Dieselbe philol.-histor. Richtung brachte auch eine Erneuerung des reinen Aristotelismus mit sich, in der sich Ermolao Barbaro und Leonicus Thomäus hervorthaten.
Doch trat später, namentlich an der Universität Padua, [* 14] ein lang sich hinspinnender Kampf zweier entgegengesetzter Auffassungen des Aristoteles zu Tage, von denen die eine, besonders durch Pomponatius ausgebildet, sich im naturalistischen Sinne an den spätgriech. Kommentator Alexander von Aphrodisias anschloß (daher Alexandristen), die andere, in Andrea Cesalpini gipfelnd, die mystisch-pantheistische Lehre des Averroës (daher Averroisten) verteidigte. Die Polemik, die der Humanismus im Interesse des litterar. Geschmacks gegen die Scholastik führte, hat in Italien namentlich Laurentius Valla begründet.
Im 16. Jahrh. begann auch in der ital. Wissenschaft das humanistische vor dem naturphilos. Interesse zurückzutreten. Jetzt wies Bernh. Telesius auf den Wert sorgfältiger empirischer Forschung hin und stiftete in seiner Vaterstadt die Cosentinische Akademie der Wissenschaften; jetzt prägte Cardanus die Pythagoreische Zahlenmystik in eine mit abergläubischen Elementen vielfach versetzte allgemeine Kausalitätslehre um; F. Patrizzi entwarf auf neuplatonischer Grundlage, mit Benutzung der neuen Entdeckungen, sein phantastisches Natursystem. In wahrhaft großartiger Weise aber gestaltete Giordano Bruno die Kopernikanische Lehre durch metaphysische Begriffe des Spätscholastikers Nikolaus Cusanus zu einem tiefsinnigen und gedankenvollen System aus. Alle diese Bestrebungen klärten sich endlich in Galilei ab, der durch methodische Verwertung des Experiments und der mathem. Deduktion zum Begründer der theoretischen Naturwissenschaft wurde. Gleichzeitig gab Th. Campanella den metaphysischen Untersuchungen eine erkenntnistheoretische Grundlage und damit eine subjektivistische Wendung, die, obwohl in unvollkommener Form, die kritische Tendenz der modernen Philosophie einleitete.
So ging von Italien eine Menge fruchtbarer Gedanken aus, die in der europ. Philosophie mächtig weiter wirkten und von den übrigen Kulturvölkern zu ihrer wissenschaftlichen Vollendung geführt wurden; die Italiener selbst aber traten mit dem 17. Jahrh., zumeist infolge der polit. Zerrissenheit der Nation, aus der schöpferischen Bewegung der Philosophie heraus. Nur auf einem beschränkten Gebiete, dem der Geschichtsphilosophie, gab Italien noch einmal im 18. Jahrh. einen bedeutenden Anstoß durch Vico, der zuerst der einseitigen Naturbetrachtung die lebendige Versenkung in das Leben der Völker entgegenhielt. Im übrigen zeigte Italien im 17. und 18. Jahrh. nur schwache Nachwirkungen der Bewegungen, die sich in der engl., franz. und deutschen Philosophie abspielten.
Ähnliches gilt von der I. P. des 19. Jahrh., die zwar große Lebendigkeit des Interesses und Mannigfaltigkeit der Richtungen, aber keine bedeutenden originellen Leistungen aufweist. Zuerst erwachte das philos. Interesse im Gefolge des polit. Liberalismus und im Anschluß an die franz. Philosophie des 18. Jahrh., wie es Genovesi, Beccaria, Filangieri und Romagnosi beweisen. Später zeigte sich der vereinigte Einfluß von Kant, den Schotten und den franz. Spiritualisten hauptsächlich in den Arbeiten von Galluppi.
Auch andere deutsche Philosophen gewannen Einfluß, so namentlich Hegel in Männern wie Vera und Spaventa, und in neuerer Zeit vielfach Herbart. Daneben läuft, im Zusammenhange mit polit. Bestrebungen, die Tendenz, auf Grund einer platonisierenden Erkenntnislehre eine den Bedürfnissen des Glaubens entgegenkommende Metaphysik zu gewinnen; diesen «Ontologismus» haben hauptsächlich Rosmini-Serbati, Gioberti und Mamiani ausgebildet. Überhaupt tritt, wie bei allen roman. Völkern, auch bei den Italienern die nahe Beziehung der philos.
Theorien zu den Problemen des öffentlichen Lebens hervor. Namentlich ist es der Gegensatz des Klerikalismus, den in Gestalt des Thomismus besonders Liberatore vertritt, und der freisinnigen Kritik, wie sie von Männern wie Ferrari und Franchi geübt wird. Diesen treten neuerdings die Anhänger des Positivismus zur Seite, unter denen Villari, Ardigò, Turbiglio genannt sein mögen. Den besten Überblick über alle diese sich gegenwärtig bekämpfenden Richtungen gewährt die seit 1870 erscheinende Zeitschrift «La filosofia delle scuole italiane».
Vgl. B. Spaventa, La filosofia italiana dal secolo XVI (Modena 1860);
L. Ferri, Essai sur l'histoire de la philosophie en Italie au 19e siècle (2 Bde., Par. 1869);
F. Fiorentino, La filosofia contemporanea in Italia (Neap. 1876);
Werner, Die I. P. des 19. Jahrh. (5 Bde., Wien [* 15] 1884-86).
Pillen, Aloepillen, s. Aloe. ^[= # ein Artikel des Droguenhandels, aus dem eingekochten Safte der dicken, fleischigen Blätter ...]
Alpenverein, s. Alpenvereine. ^[= Alpenklubs, Vereine, die die Durchforschung der Alpenwelt zum Ziele haben. Der erste derselben ...]
Rente, der Hauptteil der ital. Staatsschuld, zerfällt in die 5prozentige und in die 3prozentige Rente. Am waren von ersterm Typus 8846496476 Lire, von letzterm 213513665 Lire Kapital vorhanden, woraus erhellt, daß die 5prozentige Rente weitaus die wichtigste ist, welche auch im deutschen Effektenhandel fast allein in Frage kommt. Die 3prozentige Rente ist auch nur in Frankfurt [* 16] a. M. (seit 1884) zur amtlichen Notiz zugelassen. Auf beide Arten liegt eine Couponsteuer von 13,2 Proz., sodaß sich bei der 5prozentigen Rente nur ein Zinsfuß von 4,34, bei der 3prozentigen von 2,604 Proz. ergiebt. Außer in Deutschland war die I. R. bis auf die neueste Zeit hauptsächlich in Frankreich ein beliebtes Anlagepapier. Nach einer amtlichen Statistik von 1892 befanden sich ungefähr 870 Mill. Lire Normalkapital (43 Mill. Zinsen) in ¶
französischem, gleichzeitig 657 Mill. Lire Kapital (33 Mill. Zinsen) in deutschem Besitz. Seitdem dürfte sich das Verhältnis aber bedeutend geändert haben, da die Pariser Börse einen wahren Sturmlauf gegen ital. Werte unternommen hat. Diesen Baissemanövern in erster Linie, sodann allerdings auch den finanziellen Störungen des ital. Staatshaushalts und der augenblicklich ungünstigen wirtschaftlichen Lage im allgemeinen ist es zuzuschreiben, daß die 5prozentige Rente, welche zeitweilig schon den Parikurs erreicht hatte, im Dez. 1893 auf den niedrigen Stand von 80 heruntergedrückt ist.
Der Umstand, daß in Italien seit einiger Zeit wieder ein bedeutendes Goldagio (etwa 12-15 Proz. gegen Papier) besteht, macht es für ital. Rentenbesitzer vorteilhaft, ihre Titel nach dem Ausland zu senden und von dort her ihre Zinsen in Gold [* 18] zu beziehen. Deshalb ist die ital. Regierung wieder auf eine frühere Einrichtung zurückgekommen, von ausländischen Besitzern der Rente den schriftlichen Besitznachweis (sog. Affidavit) unter Vorlegung der Rententitel zu verlangen; was für die ausländischen Gläubiger höchst unbequem ist.
Krieg von 1859. Sardinien [* 19] verfolgte unablässig das Ziel, die Österreicher aus Italien zu vertreiben und gewann Frankreich zum Bundesgenossen durch die Teilnahme am Orientkriege und die Zusicherung, nach erreichtem Erfolg Nizza [* 20] und Savoyen an Frankreich abtreten zu wollen. Napoleon III. hatte die ital. Frage bereits beim Neujahrsempfange 1859 dem österr. Gesandten, Freiherrn von Hübner, gegenüber angeregt, und seitdem hatten in Österreich [* 21] wie in Frankreich und Sardinien Rüstungen [* 22] stattgefunden.
Österreich aber verlangte in einem an die Regierung zu Turin gerichteten Ultimatum die Abrüstung Sardiniens. Auf die nach drei Tagen erfolgte Ablehnung rückten 29. April österr. Kolonnen über den Ticino in die Lomellina ein, während schon 24. April das sardin. Heer sich kriegsbereit bei Alessandria und Turin versammelte und an demselben Tage aus Frankreich die Truppentransporte mittels der Bahn nach Turin und zur See nach Genua [* 23] begannen.
Unter dem Oberbefehl Napoleons wurden sehr rasch 120000 Franzosen mit 312 Geschützen nach Italien geschafft, wo König Victor Emanuel 60000 Sarden mit 90 Geschützen (mit Einschluß der Alpenjäger Garibaldis) gesammelt hatte; die österr. Feldarmee in Italien bestand anfänglich unter Graf Gyulai nur aus 110000 Streitbaren mit 364 Geschützen, hinter denen 80000 Mann Besatzungstruppen im Lombardo-Venetianischen Königreich standen. Am 2. Mai waren die Österreicher ohne Widerstand bis an den Po und die Sesia vorgedrungen, und das sardin.
Heer hatte sich zwischen Alessandria und Casale vereinigt; drei franz. Korps standen in Genua, zwei bei Turin. Gyulai demonstrierte auf der ganzen Front und rückte auf Turin los; am 8. erreichte seine Vorhut die Dora Baltea. Da ging die Nachricht ein, daß sich die franz. Korps bereits mit der sardin. Armee bei Alessandria vereinigt hätten, worauf Gyulai in eine Verteidigungsstellung auf dem linken Ufer des Po und der Sesia, zwischen Pavia und Vercelli, zurückging und diese befestigen ließ. Napoleon traf 14. Mai in Alessandria ein und ließ am 16. die franz. Hauptmacht rechts vom Tanaro zusammenziehen, weshalb Gyulai ein neu eintreffendes Korps (25000 Mann) zur Verstärkung [* 24] seines linken Flügels 18. Mai nach Piacenza und Stradella schob und Vercelli am 19. räumte. Am folgenden Tage kam es gelegentlich einer «gewaltsamen Rekognoscierung» der Österreicher auf dem rechten Po-Ufer zum Gefecht von Montebello.
Inzwischen waren vier sardin. Divisionen bei Vercelli auf das linke Po-Ufer gerückt und gegen die Sesia vorgedrungen; Garibaldi war am 23. bei Sesto-Calende an den Ticino gekommen, hatte den Fluß überschifft, Varese erreicht und dort den Aufstand organisiert; ein Angriff des Feldmarschalllieutenants Urban gegen Varese wurde am 25. abgeschlagen, am 27. Como von den Alpenjägern besetzt, aber 31. Mai Varese von Urban, der inzwischen Verstärkungen erhalten hatte, eingenommen, worauf sich Garibaldi ins Gebirge nach Cassano zurückzog.
Die Hauptmasse der Franzosen war in Erwartung eines Angriffs der Österreicher bei Montebello und Voghera zusammengezogen, doch beschloß Napoleon, als dieser Angriff ausblieb, dieselbe mit dem sardin. Heere zu vereinigen und dann die Umgehung des österr. Heers über Novara und Mailand [* 25] fortzusetzen. Um Raum für den Aufmarsch links der Sesia zu gewinnen, warfen die Sarden am 30. die österr. Vortruppen zurück, und das Gefecht bei Palestro 31. Mai ließ erkennen, daß die Hauptmacht der Verbündeten an der Sesia stehe. Am 1. Juni besetzten die Franzosen Novara.
Gyulai ließ seinen rechten Flügel zurückgehen und wies die in Mailand angekommenen Verstärkungen (10000 Mann) an, nach Magenta und dem Brückenkopf San Martino vorzurücken; am 2. ließ Gyulai das ganze Heer hinter den Ticino zurückgehen, dessen obern Lauf Feldmarschalllieutenant Urban in Varese deckte; aber nachmittags ging die von Novara vorgerückte franz. Gardedivision Camou bei Turbigo über den Fluß und setzte sich am Naviglio grande fest, während die franz. Gardedivision Mellinet bis nahe an den Brückenkopf von San Martino heranrückte.
Die Österreicher räumten in der Nacht den unhaltbar gewordenen Brückenkopf, doch mißlang die Sprengung der Ticinobrücke; sie erreichten am 3. bei Magenta eine Stärke [* 26] von 40000 Mann und konnten binnen einem Tage auf die doppelte Stärke gelangen, weshalb Gyulai beschloß, eine Schlacht anzunehmen. Napoleon hatte am 3. ein franz. Korps nach Turbigo, zwei franz. Korps und drei sardin. Divisionen nach Novara und Galliate vorgeschoben und für den 4. den Vormarsch dieser Truppen nach Magenta befohlen, was zur Schlacht bei Magenta (s. d.) führte.
Zwar mußten die Österreicher Magenta räumen, doch hatten sie 5. Juni immerhin 70000 Mann zur Fortsetzung des Kampfes zur Stelle und konnten das inzwischen von Piacenza nach Pavia gelangte Korps des linken Flügels heranziehen; indes befahl Gyulai, Mailand und Pavia zu räumen, und ließ das Heer in drei Kolonnen hinter die Adda zurückgehen. Kaiser Franz Joseph hatte Ende Mai die Verstärkung der in Italien stehenden Armee um drei Korps sowie die Aufstellung einer Küstenarmee angeordnet und sich nach Verona [* 27] begeben, um den Oberbefehl persönlich zu übernehmen.
Die Franzosen waren zunächst bei Magenta stehen geblieben, hatten 8. Juni Mailand besetzt und rückten langsam gegen die Adda vor. Zwei österr. Brigaden (Roden und Boër) kämpften bei Melegnano ¶
ruhmvoll gegen zwei franz. Korps und hielten deren Vormarsch bis zur Nacht auf; doch ging das österr. Heer infolge dieses Gefechts hinter den Chiese zurück und räumte Piacenza und Pizzighettone sowie die Herzogtümer und Legationen. Die Franzosen folgten langsam über Cassano, die Sarden über Vaprio, und nur die Alpenjäger Garibaldis griffen, über Bergamo vorauseilend, 15. Juni die Nachhut Urbans bei Castenedolo an, wurden aber zurückgeschlagen. Bis zum 20. blieb die österr.
Armee in der Stellung zwischen Lonato und Castiglione und ging dann hinter den Mincio zurück; sie war nunmehr in zwei Armeen (I. Feldzeugmeister Gras Wimpffen, II. General der Kavallerie Graf Schlik) gegliedert und 10 Armeekorps nebst 2 Kavalleriedivisionen stark, von denen indessen je ein Korps bei Curtatone, an den nach Tirol [* 29] führenden Pässen und am untern Po stand. Die Franzosen standen am 20. um Brescia und Bagnolo, die Sarden bei Calcinatello am Chiese, Garibaldi am Gardasee und das nachgekommene franz. Korps des Prinzen Napoleon in Piacenza und Toscana. Am 21. überschritten die Verbündeten den Chiese, zogen sich zu einer Schlacht näher zusammen und rückten am 24. zum Angriff gegen den Mincio vor, und zwar 47000 Sarden gegen Pozzolengo, 60000 Franzosen gegen Cavriana, 48000 Franzosen gegen Guidizzolo.
Aber auch die österr. Armee rückte aus der Stellung hinter dem Mincio vor, überschritt den Fluß am 23. und lagerte mit 25000 Mann bei Pozzolengo, mit 64000 Mann bei Solferino [* 30] und Volta, mit 67000 Mann bei Guidizzolo und Cerlungo, um am 24. gegen Lonato und Castiglione vorzugehen und eine Schlacht zu liefern, bevor das verbündete Heer durch das Eintreffen des auf 60000 Mann geschätzten franz. Reservekorps verstärkt worden sei. Beide Heere trafen im Vormarsch am 24. morgens aufeinander, woraus sich die Schlacht von Solferino (s. d.) entwickelte.
In der Nacht gingen die Österreicher in die alten Stellungen hinter dem Mincio zurück und am 28. bis hinter die Etsch, um das Eintreffen von Verstärkungen abzuwarten. Die Verbündeten kamen am 24. nicht über San Martino, Cavriana und Solferino hinaus, am 25. besetzten zwei franz. Korps Pozzolengo und Volta, und erst am 27. beschloß Napoleon, Peschiera einzuschließen und den Mincio zu überschreiten, zog 3. Juli das bei Casalmaggiore am Po eingetroffene franz. Reservekorps nach Goito zur Armee heran und besetzte an demselben Tage Villafranca, Somma-Compagna, Castelnuovo und Valeggio mit den übrigen Korps; die Sarden standen vor Peschiera und Garibaldi sowie die sardin.
Division Cialdini an der Grenze von Tirol, die vom 6. österr. Korps und den Landesschützen in einer Reihe von Gefechten (bei Bormio 2. und 3. Juli, am Stilfser Joch 8. Juli, bei Rocca d'Anso vom 21. Juni bis 8. Juli) erfolgreich verteidigt wurde. Angesichts des in starker Stellung befindlichen österr. Heers und der seitens des Deutschen Bundes betriebenen Rüstungen (ein großer Teil des preuß. Heers war kriegsbereit, und die Befehle für die Sammlung desselben am Rhein waren bereits erlassen) hielt Napoleon die Beendigung des Krieges für ratsam und bot 6. Juli Waffenstillstand an, der am 8. abgeschlossen wurde und zugleich den Ende Juni im Adriatischen Meere eröffneten Flottenoperationen ein Ende machte. Am 11. Juli trafen die beiden Kaiser in Villafranca zusammen, worauf ein Vertrag zu stande kam, in dem Österreich die Lombardei ohne Mantua [* 31] und Peschiera an Frankreich und durch dieses an Sardinien abtrat, wogegen Toscana und Modena an die frühern Herrscher zurückfallen sollten. Dieser Vertrag bildete die Grundlage der Friedensverhandlungen, die 10. Nov. in Zürich [* 32] zum Abschluß gelangten.
Vgl. Campagne de l'empereur Napoléon III en Italie; (mit 2 Atlanten, Par. 1860-61);
Der ital. Feldzug des J. 1859 (hg. vom preuß. Generalstab, Berl. 1862; 3. Aufl. 1870);
Der Krieg im J. 1859 (3 Bde., Wien 1872-76);
Kunz, Von Montebello bis Solferino (Berl. 1889).f
Krieg von 1866. Als die gegensätzliche Politik Preußens [* 33] und Österreichs auch nach dem Abschluß der Gasteiner Konvention den baldigen Ausbruch eines Krieges zwischen den beiden deutschen Großmächten erwarten ließ, verbündete sich Italien mit Preußen, [* 34] um Venetien zu erobern, und begann 11. März zu rüsten. Mitte Juni waren die Armee (20 Infanteriedivisionen und 1 Kavalleriedivision, zusammen 210000 Mann) und ein Freiwilligenkorps unter Garibaldi (36000 Mann mit 40 Geschützen) kriegsbereit, die Flotte in Dienst gestellt und 70000 Mann Besatzungstruppen in den Festungen versammelt.
Österreich hatte 21. April die Südarmee auf Kriegsfuß gefetzt und Mitte Juni in Italien 75000 Mann Feldtruppen, 13000 Mann in Tirol, 16000 Mann in Istrien [* 35] und Friaul sowie 39000 Mann Besatzungtruppen in den venet. Festungen bereit, die Flottille auf dem Gardasee war verstärkt und die Flotte ausgerüstet und bei Fasana versammelt worden. Um Mitte Mai begann bereits die Vorschiebung ital. Truppen an die österr. Grenze. Man stellte zwei Heere auf, eins unter König Victor Emanuel am Mincio (126000 Mann), das zweite unter General Cialdini am untern Po (84000 Mann); das Freiwilligenkorps Garibaldis sammelte sich zwischen Brescia und Rocca d'Anso und war gegen Tirol bestimmt.
Am 9. Mai übernahm Feldmarschall Erzherzog Albrecht in Verona den Befehl über die Südarmee und sammelte sie auf dem linken Etschufer zwischen Lonigo und Montagnana. Am 20. Juni erklärte Italien den Krieg; am 23. gingen die Italiener über den Mincio und gelangten bis nahe Villafranca, Roverbella und Prentina; zwei Divisionen marschierten gegen Mantua und Borgoforte. Erzherzog Albrecht hatte das Heer am 23. auf das rechte Etschufer geführt; er wollte 24. Juni auf den Höhen von Somma-Campagna und Custozza [* 36] aufmarschieren und diese Stellung sollte an demselben Tage auch das ital. Heer besetzen. Beide Heere stießen im Vormarsch aufeinander, woraus sich die Schlacht bei Custozza (s. d.) entwickelte. Die geschlagenen Italiener gingen nach Cremona zurück, und Cialdini führte sein Heer nach Modena und Bologna. Erzherzog Albrecht ging 30. Juni auf das rechte Mincio-Ufer über, mußte indes 4. Juli infolge der Nachrichten von den Niederlagen des österr. Heers in Böhmen [* 37] (s. Deutscher Krieg von 1866, Bd. 5, S. 56) den Rückzug antreten. Am 11. wurde er zum Oberkommandanten der gesamten Armee ernannt; ein Teil der Südarmee wurde nach Wien herangezogen, der Rest trat den Rückzug hinter den Isonzo [* 38] an. Die am Isonzo und in Istrien belassenen 42000 Mann Feldtruppen traten unter Befehl des Feldmarschalllieutenants Freiherrn von Maroićić. Die Italiener versuchten 5. Juli vergeblich den Brückenkopf ¶
Borgo-799
forte durch Bombardement zu gewinnen, worauf Cialdini denselben belagern ließ; am 18. räumte die Besatzung die ganz unhaltbar gewordenen Werke. Am 8. Juli hatte Cialdinis Hauptmacht den Po bei Sermide überschritten und marschierte auf Ro- vigo, dessen Werke von der nach Padua abrücken- den österr. Besatzung gesprengt wurden. König Victor Emanuel war am 10. nach Ferrara [* 40] auf- gebrochen und hatte einen Teil seines Heers Cial- dini als Verstärkung zugewiesen; der König wollte mit drei Korps die Festungen belagern, Cialdini sollte mit fünf Korps (150000 Mann an den Isonzo und über die Alpen [* 41] vordringen, die Flotte Lissa [* 42] an- greifen. Am 20. wurde jedoch die ital. Flotte bei Lissa (s. d.) entscheidend geschlagen und mußte unter den Kanonen von Ancona [* 43] Schutz suchen.
Cialdini erreichte 25. den Torre, 26. kam es bei Ve^K zu emem lebhaften Gefecht Zwischen den Vor- truppen, aber die von Napoleon vermittelte Waffen- ruhe machte weiterm Kampfe ein Ende. Das Freiwilligenkorps Garibaldis war 23. Juni zwischen dem Gardasee und Stiljser Joch gegen Tirol vorgegangen, das von 17000 Mann Landes- schützen und kaiserl. Truppen unter Generalmajor Freiherrn von Kühn verteidigt wurde. Am 3. Juli wiesen 600 Mann Kaiserjäger bei Monte-Suello den viermal wiederholten Angriff der 2800 Mann starken ital. Brigade Corte blutig zurück, am 4. wur- den die Alpenjäger bei Vezza im Valcamonica aber- mals geschlagen, erreichten aber am 11. bei Spon- dalunga einen kleinen Erfolg gegen die österr.
Nach- hut. Als die österr. Südarmee nach dem Isonzo abgezogen war, drang Garibaldi mit größerer Macht vom Idrosee her vor, doch ließ Kühn vom Stilsser Joch und am Tonale Vorstöße ausführen, die dem Vormarsch der Freikorps Einhalt thaten. Am 16. schloß Garibaldi Fort Ampola ein und zwang das- selbe am 19. zur Ergebung; aber am 21. wurden bei Vezzeca 9 Bataillone Alpenjäger von 5000 Mann Landesschützen und österr. Truppen mit großem Verlust geschlagen. Die ital. Division Medici war am 20. nach Südtirol eingerückt, wurde aber am 23. bei Vorgo durch den hartnäckigen Widerstand von 5000 Mann Österreichern aufgehalten. Am 25. trat Waffenruhe ein.
Nördlich vom Gardasee hatten die Alpenjäger überhaupt sich nicht festsetzen können, da die österr. Flottille am 20., 24. und 25. Juli den hierauf abzielenden Unternehmungen erfolgreich ent- gegentrat. Italien schloß sich dem 27. Juli zwischen Preußen und Osterreich vereinbarten Präliminar- frieden nicht an, und die Südarmee am Isonzo sollte deshalb auf 130000, die Truppen in Tirol auf 22000 Mann verstärkt werden. Daraufhin ging Cialdini hinter den Tagliamento zurück, auch räum- ten die Italiener ihre Stellungen in Tirol, worauf 12. Aug. zu Cormons auf vier Wochen Waffenstill- stand geschlossen wurde. Am 24. Aug. wurde durck Vertrag Venetien an Frankreich und von diesem an Italien abgetreten, und im Wiener Frieden vom 3. Okt. übernahm Italien den auf Venetien ent- fallenden Teil der österr.
Staatsfchuld. Italienischer Kronenorden, s. Kronenorden. Italienischer Salat, ein Gemisch von Fleisch, Fischen, Gemüsen, Kapern, Pickles, eingesetzten Oli- ven u. dgl. mit Essig und Öl oder einer Mayonnaise Italienisches Dach, [* 44] s. Dach. «s. d.). Italienisches Festungsfystem. Neben dem Bestreben, die Grenzen [* 45] gegen feindliche Angriffe zu schützen und im Falle des Eindringens des Feindes in das Land weitere Entscheidungskämpfe dahin zu ziehen, wo es am vorteilhaftesten sein würde, nach Oberitalien, [* 46] ist man in Italien bedacht gewesen, einzelne größere Städte durch Befestigungsanlagen gegen schnelle Eroberung zu sichern und so einer Lähmung der Widerstandskrast des Landes in einem länger andauernden Kriege vorzubeugen. Während die gebirgige, strahenarme und ungleichmäßig an- gebaute Halbinsel nur an einigen Stellen ihrer Westküste einer feindlichen Flotte günstige Angriffs- punkte darbietet, ist der Einbruch größerer Heeres- massen zu Lande nur im Norden, [* 47] in der Lombardi- schen Ebene, zu befürchten, und dort hat die Natur in den das Land begrenzenden Alpen ein starkes An- griffshindernis geschaffen. Dieser mächtige, nur an wenigen Stellen zu überschreitende Wall ist durch planmäßige Anlage von Befestigungen, welche die Zugänge oeherrschen, noch wesentlich verstärkt; meh- rere hintereinander liegende Verteidigungslinien, mit zahlreichen Forts und Werken aller Art aus- gestattet, stützen 1'ich auf eine Anzahl größerer und kleinerer Festungen, welche, in Gruppen zusammen- gefaßt, unter gemeinschaftlicherOberleitung wohl be- fähigt erscheinen, einem siegreich durch die Alpen vor- gedrungenen Feinde so lange Widerstand zu leisten, bis die versammelte Feldarmee in offener Feld- fchlacht die Hauptentscheidung herbeizuführen in der Lage ist. - Die vorstehend berührten Eigen- tümlichkeiten der geogr. Lage Italiens [* 48] haben sein Vefestignngssystem nach drei Richtungen gegliedert: 1) Die Befestigungen in Oberitalien zum Schutz gegen feindliche Unternehmungen von Norden; 2) die Befestigungen im Innern des Landes; 3) die Be- festigung der Küsten, zu denen auch die großen In- seln zu zählen sind. 1) Gegen Frankreich bildet die Wasserscheide zwi- schen Rhone und Po den natürlichen Verteidigungs- abschnitt Italiens, also die zerklüfteten, trotz ihrer geringern Höhe sehr schwierig zu übersteigenden Seealpen und weiter nördlich die hohen Ketten der Cottifchen und Grajischen Alpen bis zum Mont- blanc hin. Den wichtigsten Zugang dieser Front bildet der Mont-Cenis, der auf der Straße vom Mont-Genövre oder mittels der Eisenbahn über- schritten werden kann. Dieser Zugang wird ge- schützt durch die Werke des Mont-Cenis, be- stehend ^us vier Forts und mehrern Batterien zu beiden weiten des Passes, die Werke von Susa zur Beherrschung des gleichnamigen Passes sowie die Eisenbahn der Dora Riparia, die Werke von Fre'jus zur Beherrschung des Ausgangs des Mont- Cenis -Tunnels , an beiden Ufern des Vardonnöche- bachs gelegen, das Fort Exilles lmit Panzer- türmen > zur Verteidigung der Straße über den Mont-Genövre und die Eisenbahn von Fre'jus, die Festung [* 49] Fenestrelle zur Verteidigung der Zu- gänge von Cesana im Thal [* 50] von Chisone und die Festung Vinadio gegen den Col de Lärche, auf beiden Seiten der Stura, neuerdings bedeu- tend verstärkt. Die nächstdem strategisch wichtige Straße über den kleinen St. Bernhard in die Thä- ler von Aosta sperrt Fort Bard an der Dora Valtea, eine alte, aber neuerdings erweiterte und verstärkte Befestigung. Im Süden bilden die Werke am Colle di Tenda, bestehend aus sechs Forts und mehrern Batterien, eine sehr starke Position zur Verteidigung der Straße über den Colle di Tenda nach Nizza; in Verbindung hiermit stehen die Stel- lung von Tanarello, welche jene Werke vor ¶
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Umgehung schützen soll. Zur Abwehr des von der Niviera her vordringenden Feindes sind die Werke von Zuccarello, von Nava, von Melogno, Altare und Masone errichtet. Außerdem finden sich cnn Fuße der Alpen noch andere kleine Be- festigungen, welche sür besondere Zwecke noch durch zahlreiche (mehrere hundert) barackenartige Unter- kunftsräume ergänzt werden, in denen die mobilen Alpentruppen zu beliebiger Verwendung stets bereit sein werden. Hinter diesen Verteidigungslinien liegen als größere Festungen zunächst Genua, zugleich See- jestung, ferner Alessandria am rechten Ufer des Tanaro, Casale am rechten Ufer des Po, eine ganz veraltete Anlage, ferner Plaisance, Brückenkopf am linken Ufer des Po, zum Schutze der Eisenbahn und Straße von Mailand, endlich Pavia-Pizzighettone und Cremona; letztere drei haben nur alte Befesti- gungen.
Gegen die Schweiz [* 52] bestanden bisher keine Fe- stungsanlagen', in neuerer Zeit sind jedoch an ver- schiedenen Punkten solche in Angriff genommen, z.V. nördlich des Comerfees ein Fort zur Sperrung des Splügenpasses, und am Lago-Maggiore, westlich von Pallanza, ein solches gegen die Simplonstraße. Gegen Österreich hin bietet der Abschnitt zwi- schen Isonzo und Etsch neben dem sumpfigen venet. Küstenlande der Verteidigung große Vorteile und ist durch eine Menge Forts und Batterien gesperrt worden. An Vefestigungswerken gegen Österreich be- stehen Fort Edolo zur Schließung des Camonica- thals, zur Sperrung der Straße im Etschthal, welche vom Tonalepaß kommt; Fort Nocca d'Anfo am Westufer des Idrosees zur Verteidigung des Chiefe- thals, neuerdings vollständig wiederhergestellt; je ein Fort aufdem Monte-Pipalo und Monte- Moscalo, im Zusammenhang mit den Werken bei Rivoli und Chiusa di Ceraino, welcke sämtlich das Etschthal und seine Verkehrswege be- herrschen.
Außerdem finden sich auch hier noch klei- nere Befestigungsanlagen wie bei Moggio im Fella- und Osoppo im Tagliamentothal sowie Palmanova südlich von Udine zur Sperrung von Flußüber- gängen, Straßen und Eisenbahnen; teils sind es alte, dem Verfall nahe, teils aber auch ganz neue mit allen Hilfsmitteln neuerer Befestigungskunst ausgerüstete Anlagen; sie haben gemeinsam den großen Nachteil, daß zu ihrer Verteidigung ganz er- hebliche Truppenabteilungen erforderlich sind, die der Feldarmee entzogen werden. Am Vereinigungspunkt der Thäler der Etsch und von Friaul liegt hinter den genannten Positionen das bekannte Festungsviereck, beginnend mit Verona (Festung erster Klasse), dem wichtigsten der Plätze des Vierecks, dann Peschiera (dritter Klasse am Südende des Gardasees, wo der Mincio aus dem See aus- tritt); ferner Legnago (zweiter Klasse), der kleinste Platz im Viereck, [* 53] und endlich Mantua (erster Klasse) am Einfluß des Mincio in den Po, zwischen den Seen, welche ersterer Fluß hier bildet; auch diese Festung ist erst in neuerer Zeit wieder gründlich her- gestellt worden.
2) Italien besitzt eine große Anzahl von Städten, bedeutendere wie unbedeutende, mit zum Teil ur- alten Fcstungsanlagen, namentlich Umwallungen mit Türmen und Gräben sowie Citadellen, die sich meist im Verfall befinden, sodaß diese Städte zwar noch die Bezeichnung von Festungen führen, aber cinem Angriff mit den Mitteln des modernen Angriffes, namentlich durch Artillerie, nicht ge- wachsen sind,so z.B. P ad ua,Cittadella, Castel- franco, Treviso und Udine, alle nordöstlich der Etsch; ferner Pavia, Casale, Cremona, Ferrara, Parma, [* 54] Modena und Novi, am Po oder südlich desselben.
Einige andere dagegen sind erst neuerdings mit detachierten Forts versehen worden und gehören daher zu den wirklichen Festungen, z. B. Bologna, Pastrengo, Alessandria und Piaccnza. Seit 1877 hat man begonnen, die Hauptstadt des Königreichs mit einem Gürtel [* 55] detachierter Forts zu umgeben. So werden auf dem reckten Ufer des Tiber sieben, auf dem linken acht Forts errichtet und in den Zwi- sckenräumen durch verschiedene Batterien unterstützt. Die Entfernung der Forts von der Stadt ist jedoch nicht groß genug, um diese vor einer Beschießung sicher zu stellen.
3) Spezia, [* 56] im Golf della Spezia des Ligurischen Meers gelegen, einer der größten, sichersten und be- quemsten Häfen Europas, ist seit 1801 Hauptkriegs- hafen von Italien und wird als solcher noch fort- dauernd ausgebaut; große Dockanlagen und ein ungeheures Arsenal machen diesen Platz zu dem wichtigsten für die Kriegführung; 18 Forts und Batterien schließen die Festung von der LaMeite ein, 16 beschützen den Golf und die Seefront. Genua, ebenfalls am Ligurifchen Meer, besitzt eine starke und ausgedehnte Hauptumwallung im Vastionairtracs, welche ein zahlreicher Fortgürtel einschließt; auf der Sceseite sind 16 Batterien an- gelegt, deren Wirkungssphäre sehr bedeutend ist.
Der neue Handelshafen hat eine viel größere Be- deutung als der alte, daneben gelegene Kriegs- hafen. Venedig, liegt 4 km vom Festland in den Lagunen und ist durch lange Dämme und Mauerwerk (Nura^i) gegen das Meer geschützt. Die Wasser- stadt enthält ein sehr bedeutendes Arsenal und militär. Werkstätten und ist mit einem weitläufigen Apparat von Festungswerken aller Ar^ sowohl im Innern der zerstreuten Stadtteile, wie gegen die Zugänge von der See, und gegen die einzige Ver- bindung mit dem Festlande ausgerüstet, im ganzen 96 verschiedene Anlagen, teils Redonten, Fleschen, Batterien und kleine Forts.
Tarent, ein aus- gezeichneter Naturhafen, ist in neuester Zeit in der Umwandlung zum Kriegshafen begriffen. Weit ab- liegende Forts follen den Schutz von Stadt und Hafen übernehmen. Die Insel Sardinien besitzt einen großen Kriegshafen auf der dicht vor der nordöstl. Spitze be- legenen kleinen Insel M addalena, welcher die zur Vcherrfchung des Tyrrhenischen Meers bestimmte Flotte aufzunehmen geeignet ist. Mit der Insel Maddalcna ist jetzt auch die dicht dabei gelegene kleine Insel Caprera durch einen Damm verbunden worden, sodaß beide eine Insel bilden; sechs Forts in Verbindung mit einigen Küstenwerken sind an geeigneten Punkten der Insel errichtet und enthalten große Magazine für Lcbensmittel, Munition, Koh- len und allerlei Streitmittel, auch Kasernen und Laza- rette. Der große und sichere Hafen von Messina, [* 57] auf der Insel ^icilien, wird an der See- und Land- seite durch je drei starke Forts geschützt. Zur Siche- rung der Meerenge ist auf der sicil. ^eite eine Neihe von zum teil gepanzerten Batterien errichtet; an der Calabrischen Küste wechseln Forts und Bat- terien von Reggio bis Scilla miteinander ab. Die seit langem bestehende Absickt, im Mittelpunkte der ¶