Aus der Alhambra. 1. Bogenfüllung (Saal der Richter). 2. Kleines Ornament an einem Bogen [* 2] (ebendaselbst). 3. Säulenkapitel (Löwenhof). 4. Ornamententeil einer Holzthür (Saal der Abencerragen). 5. Gemalte Fliesen [* 3] der Wandbekleidung (Saal der Richter). 6. Mosaik (Saal der Gesandten). 7. Wanddekoration (ebendaselbst). ¶
1. Moschee Kait-Bey zu Kairo.
2. Puerta del Sol zu Toledo. [* 5]
3. Löwenhof und Saal der Abencerragen in der Alhambra. ¶
mehr
der Anerkennung Allahs und des Propheten auch die des Ali zum Ausdruck ('Alî walî Allâh). Hinsichtlich des Verkehrs mit Nichtmohammedanern beobachten sie unduldsamere Gesetze als die Sunniten. Das mohammed. Gesetz nach der Lehre [* 7] der Schi'iten ist systematisch von Querry, «Droit musulman, recueil de lois concernant les Musulmans Schyites» (2 Bde., Par. 1872), dargestellt worden. Aus dem Kampfe des Ali gegen Mo'awija ist auch die Partei der Châridschiten (s. d.) hervorgegangen, die die Imamlehre sowohl der Sunniten als auch der Schi'iten verwirft.
Neben diesen polit. Sekten haben sich mit der Ausbreitung des I. in Syrien und Mesopotamien auch dogmatische Parteien herausgebildet, deren Streitigkeiten sich zumeist um den Gottesbegriff, die Offenbarungslehre und die Anschauungen über den freien Willen und den Fatalismus bewegten. Während sich die Orthodoxen in allen Dingen an den Wortlaut des Koran hielten, die Existenz von Attributen Gottes zuließen und die anthropomorphistische Gottesvorstellung nicht zurückwiesen, den Koran als von Ewigkeit her niedergeschrieben betrachteten und die Anerkennung der freien Selbstbestimmung des Menschen entschieden zurückwiesen, hingegen seine völlige Abhängigkeit von der Vorherbestimmung (Kadar) Gottes lehrten, traten unter dem Einfluß ähnlicher Disputationen in der christl. Kirche und namentlich auch durch philos. Einflüsse auf den I. rationalistische Regungen in den mohammed. Schulen hervor. Im 8. Jahrh. lehrte Wâßil ibn 'Atâ (gest. 748) die Unvereinbarkeit der Attribute mit dem geistigen Wesen der Gottheit, verwarf die Lehre von der Ewigkeit des Koran und lehrte, daß der Koran gleichzeitig mit der Verkündigung durch den Propheten entstanden sei.
Diese rationalistische Schule nennt man im Gegensatze zur orthodoxen Lehre die Mu'tazila, ihre Anhänger Mu'taziliten (s. d.). Die Bekenner der Willensfreiheit werden im Gegensatz zu den orthodoxen Anhängern der Lehre von der absoluten Vorherbestimmung, die man Dschabariten nennt, mit dem Namen Kadariten bezeichnet. Neben diesen Parteien ist noch die der Murdschi'ten zu nennen, vielleicht die älteste unter den dogmatischen Parteien des I. Sie lehrte, ursprünglich angesichts des dem Gesetze des I. widerstrebenden praktischen Verhaltens der omajjadischen Herrscher und Machthaber, die von den Rigoristen gar nicht als Angehörige des I. anerkannt wurden, daß die Übertretung des Gesetzes den Bekenner des I. nicht aus dem Verbände der Rechtgläubigen ausschließe.
Eine Sonderstellung gegenüber der orthodoxen Lehre haben jedoch die Murdschi'ten niemals eingenommen, und die Orthodoxie ist ihnen auch nicht feindlich entgegengetreten. Die freisinnigen Lehren [* 8] erhoben sich von Ma'mun an unter einigen 'abbasidischen Chalifen zu offizieller Geltung und wurden mit Anwendung von Zwangsmaßregeln verbreitet; unter Mutawakkil (847) gelangte jedoch wieder die orthodoxe Reaktion zur Herrschaft. Viel Spitzfindigkeit hat sich schon in früher Zeit an diese dogmatischen Streitigkeiten angesetzt und hat zur Definierung einer Menge von Lehrmeinungen innerhalb der einzelnen dogmatischen Schulen geführt, die man am besten aus Schahrastânis «Book of religious and philosophical sects» (arabisch hg. von Cureton, Lond. 1846; deutsche Übersetzung von Th. Haarbrücker, «Religionsparteien und Philosophenschulen», 2 Bde.,
Halle [* 9] 1850-51) kennen lernen kann. Erst dem Asch'ari (Anfang des 10. Jahrh.) ist es gelungen, einen vermittelnden Standpunkt zu schaffen; die dogmatischen Definitionen der Asch'aritischen Schule gelten nun als die rechtgläubige Lehre und werden mit sunnitischem I. identifiziert.
Es ist ein vielfach verbreiteter Irrtum, die innerhalb des orthodoxen I. Zur Geltung gekommenen gesetzlichen Schulrichtungen (Madsahib) als Sekten zu bezeichnen. Die verschiedenen Ergebnisse, die aus der selbständigen Anwendung der Gesetzesquellen des I. (s. Fikh) entsprangen, sind in vier orthodoxen Schulrichtungen, der hanesitischen, schafi'itischen, mâlikitischen und hanbalitischen zum Ausdruck gekommen, von denen die erstgenannte unter den Bekennern des I. die weitaus verbreitetste ist; sie ist in allen Teilen des türk. Kaiserstaates herrschend.
Die in diesen Schulen ausgebildeten civil- und strafrechtlichen Bestimmungen haben jedoch in einem großen Teile der mohammed. Welt nur theoretische Bedeutung, da sich neben ihnen die dem I. accommodierten alten Gewohnheitsgesetze (Adat oder 'Urf) der verschiedensten zum I. bekehrten Völker in Geltung erhalten haben. Sehr verbreitet ist die Geltung der 'Adat in den mohammed. Kolonien des niederländ. Reichs; die dem mohammed. Gesetze häufig grundsätzlich widerstrebenden 'Adatgesetze der nordafrik. Kabylen sind im Auftrage der franz. Regierung von Hanoteaux und Letourneux («La Kabylie et les coutumes kabyles», 3 Bde., Par. 1872-73) gesammelt worden.
Auf die Gestaltung des I. hat einerseits die Berührung mit fremden Kulturelementen, andererseits die Fortwirkung der ererbten Überlieferungen der unterworfenen Völker wesentlichen Einfluß geübt. Die theoretischen Einwirkungen fremder Kulturelemente zeigten sich in dem Einfluß, den das in den christl.-syr. Schulen herrschende röm. Recht in seiner byzant. Gestaltung auf die Ausbildung der mohammed. Gesetzeswissenschaft (Fikh) und den das Studium der Aristotelischen Philosophie auf die Dogmatik des I. übte. (S. Arabische Sprache und Litteratur, unter: Theologie, Philosophie, Bd. 1, S. 792a.) Pers. und ind. Einflüsse zeigten sich im Sufismus (s. d.), der in vielen hervorragenden Vertretern unverkennbaren Pantheismus, zuweilen auch die Nirwanalehre in mohammed. Form lehrt (s. auch Bâbi). In dieser Geistesrichtung hat jedoch der offizielle I. immer eine arge Ketzerei erblickt.
Bedeutsamer sind die Wirkungen, die die latente Fortdauer der ererbten Überlieferungen der Völker auf die Gestaltung des I. übte. Die alten Religionsvorstellungen und Gebräuche der unterworfenen Völker haben sich im I. umgebildet und sind in dieser Umgestaltung wichtige Bestandteile des volkstümlichen I. geworden. Das zeigt sich in der Fortdauer volkstümlicher Festgebräuche, besonders aber im Heiligenkultus des I., der, obwohl der ursprünglichen starr monotheistischen Lehre des I. völlig entgegenstrebend, doch in der mohammed. Welt zu großer Bedeutung gelangt ist. Aus göttlichen Personen wurden Heilige, aus heiligen Orten wurden Heiligengräber. In dieser Weise haben sich Reste des alten Stein- und Baumkultus u. a. m. im I. bis in die Gegenwart erhalten. In neuester Zeit hat die Opposition der Puritaner gegen die der Sunna nicht entsprechenden Auswüchse, besonders gegen den Kultus der Heiligen und der Heiligengräber, zu wirklichem Kampfe geführt, der ¶
forlaufend
714
die Herstellung des alten I. und die Ausmerzung aller fremden Elemente in Lehre und Leben zum Zwecke hatte. Diese Bestrebung kam in der Bewegung der Wahhâbiten (s. d.) in Arabien und Indien zu kräftigem Ausdruck. Auf der andern Seite werden die gebildeten Kreise [* 11] der Mohammed. Völker immer mehr und mehr durch europ. Bildung beeinflußt. Sie ist zuerst in Ägypten [* 12] infolge der Bestrebungen Mohammed Alis und seiner Nachfolger selbständig hervorgetreten und hat unter den der engl. und franz. Herrschaft unterworfenen Mohammedanern in Indien und Nordafrika immer größern Raum gewonnen.
Der Siegeslauf des I. in Asien [* 13] und Afrika [* 14] hat in der Geschichte kaum seinesgleichen (s. Chalif); auch ist die Ausbreitung des I. mit der Blütezeit des mohammed. Staates nicht abgeschlossen. Kaum ein Jahrhundert nach dem Tode des Propheten war die Herrschaft des I. durch Waffengewalt über die Grenzen [* 15] Arabiens hinaus nach Syrien, Persien, [* 16] Mittelasien, Ägypten, über die ganze Nordküste Afrikas bis tief nach Spanien [* 17] hin verbreitet. Trotz der Zerklüftung im Innern des gewaltigen Weltreichs und trotz der Schwächung und dem völligen Absterben der centralen Macht des Chalifates eroberte der I., immer wieder gekräftigt durch frische sich ihm unterwerfende Volksstämme Asiens, weitern Boden, bis endlich die Osmanen den Halbmond auf der Hagia Sophia in Konstantinopel [* 18] aufpflanzten und ihre siegreichen Heere bis vor die Thore von Wien [* 19] sendeten.
Seitdem begann aber die Macht des I. zu sinken; seine polit. Herrschaft mußte in Europa, [* 20] Asien und Afrika in sehr ansehnlichen Gebieten der Eroberung europ. Mächte weichen. Unterdessen hat sich der I. über zahlreiche afrik. Stämme ausgebreitet und hier seine versittlichende Kraft [* 21] erwiesen. Eine vom Golf von Benin nach Sansibar [* 22] gezogene Linie bezeichnete früher die südl. Grenze der Ausdehnung [* 23] des mohammed. Einflusses in Afrika. Seitdem hat der I. von Sansibar aus in Mozambique, in den portug. Kolonien der Küste, bei den Kaffern und selbst in Madagaskar [* 24] Eingang gefunden.
Hinsichtlich eines großen Teiles der von Mohammedanern bevölkerten Gebiete ist es unmöglich genaue statist. Daten aufzustellen; dazu finden sich in den verschiedenen Quellen widersprechende Angaben in Bezug sowohl auf die Gesamtzahl der Bekenner des I. als auch deren Verteilung auf die einzelnen Gebiete der Erde. Die Gesamtziffer der Mohammedaner fetzt man mit 175 Mill. an;
sie verteilen sich auf die einzelnen Länder ungefähr nach folgenden Verhältnissen: Russisches Reich 10600000 (europ. Rußland 2600000, asiat. Rußland 8 Mill.);
Osmanisches Reich [* 25] 17700000 (europ. Türkei [* 26] 2300000, asiat. Türkei 15400000);
Bulgarien, [* 27] Bosnien [* 28] und Herzegowina, Griechenland, [* 29] Rumänien, Serbien und Montenegro zusammen 1370000;
die Chanate Buchara und Chiwa 3200000;
Persien, Afghanistan [* 30] und Belutschistan 13 Mill.;
unabhängiges Arabien (mit Ausschluß des türk. Gebietes und Omans) 2 Mill.;
Indobritisches Reich 57 Mill.;
niederländisch-indische Besitzungen 14 Mill.;
Nordafrika mit Ägypten 18 Mill.;
Sudanstaaten mit dem ehemals ägypt. Sudan 25 Mill.;
Sahara 2500000;
Sansibar 300000. Die Anzahl der Mohammedaner in den verschiedenen Negerländern läßt sich überhaupt nicht abschätzen. (S. Karte: Verteilung der Religionen auf der Erde, Bd. 6, S. 253.) Litteratur.
Döllinger, Mohammeds Religion nach ihrer innern Entwicklung und ihrem Einflusse auf das Leben der Völker (Regensb. 1838);
Dozy, Het Islamisme (Haarlem [* 32] 1863; französisch von Chauvin: Essai sur lhistoire de l’Islamisme, Par. 1879);
A. von Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des I. (Lpz. 1868);
ders., Kulturgeschichtliche Streifzüge auf dem Gebiete des I. (ebd. 1873);
Garcin de Tassy, L’islamisme d’après le Coran (3. Aufl., Par. 1874);
John Mühleisen Arnold, Der I. nach Geschichte, Charakter und Beziehung zum Christentum (englisch, Lond. 1874; deutsch, Gütersloh 1878);
Vámbéry, Der I. im 19. Jahrh. (Lpz. 1875);
Houtsma, De strijd over het dogma in den I. tot op el-Ash’arî (Leid. 1875);
A. von Kremer, Kulturgeschichte des Orients unter den Chalifen (2 Bde., Wien 1875-77);
Bosworth-Smith, Mohammed and the Mohammedanism (2. Anst., Lond. 1876);
Hughes, A dictionary of I. (ebd. 1885);
Sell, The faith of I. (Madras [* 33] 1886);
Snouck Hurgronje, De I. (in der Zeitschrift «De Gids», 1886);
Le [* 34] Chatelier, L’I. au 19e siècle (Par. 1889);
Goldziher, Mohammed.
Studien (2 Bde., Halle 1889-90); Montet, La propagande chrétienne et ses adversaires musulmans (Par. 1890). (S. Arabische Sprache und Litteratur, Bd. 1, S. 792 a.) Islamītische Kunst, die Kunst der islamit. Völker gegenüber der heidnisch-antiken und Christlichen Kunst (s. d.). Sie entstand mit dem Islam seit dem 7. Jahrh. auf Grundlage der damals herrschenden Altchristlichen Kunst (s. d.) und benutzte zunächst deren Kunstformen. Die Abweichungen nahmen je später je mehr zu, bis auf die jüngste Zeit, in der wieder eine Annäherung stattfindet.
Während die christl. Kunst in religiösem Interesse ihre beste Kraft an die Wiedergabe menschlicher [* 10] Figuren setzte, vernachlässigte die I. K. allmählich infolge religiöser Bedenken gerade diese. Der Koran allerdings bestimmte nichts über die Abbildung lebender Wesen, nur ein traditionell überlieferter Ausspruch des Propheten verbietet sie. Die Sunniten (Türken u. s. w.) halten sich dadurch für gebunden, die Schiïten (Perser u.s.w.) hingegen nicht, sodaß die türk. Kunst figurenlos ist, die ältere arab. und die perf.
Kunst aber Tiere und Menschen abbildet. Der Schwerpunkt [* 35] der I. K. liegt besonders auf ornamentalem Gebiet; auf diesem hat sie Hervorragendes geschaffen und auch die christl. Kunst beeinflußt. In Asien heimisch, hat sie im Gefolge des Islam mehrfach auf europ. Boden übergegriffen, nach Spanien, Sicilien, der Türkei. Ihr bewundertstes Werk in Europa ist die Alhambra (s. d.). Hierzu die Tafel. Kunst des Islam 1 (Abbildungen entnommen dem Werke von Owen Jones, Plans, elevations, sections and details of the Alhambra (2 Bde., Lond. 1842-45) und Tafel: Kunst des Islam II. (S. auch Arabische Kunst.) Island, [* 36] d. i. Eisland, Insel im hohen Norden [* 37] zwischen 63° 24' bis 66° 33' nördl. Br. und 13° 30' bis 24° 30' westl. L. von Greenwich, 300 km von Grönland und 970 km von Norwegen [* 38] entfernt gelegen, zu Dänemark [* 39] gehörig. (S. Nebenkarte auf Karte: Dänemark und Südschweden, Bd. 4, S. 760.) Bei einer Längenausdehnung von 490 km und einer Breite [* 40] (von N. nach S.) von 375 km bedeckt I. 104785 qkm, von denen nur 42068 bewohnbar sind. Küsten- und Oberflächengestaltung. Im W. und N. schneiden tiefe, im O. kleinere Fjorde in ¶
forlaufend
715
das Land ein und bilden vortreffliche Häfen. Diese fehlen nur an der Südküste, wo in einer Strecke von 185 km die Gletscher fast unmittelbar aus der See aufsteigen und nur einen schmalen, von Gletscherablagerungen gebildeten Randstreifen übriglassen. Der nordwestl. Teil besteht aus einer über 13700 qkm großen, vielfach zerklüfteten Halbinsel, zu der zwischen den Meeresbuchten Breidifjord und Hunastoi ein nur 7,5 km breiter Isthmus führt. Mit Ausnahme schmaler Küstenstriche und einer ausgedehntern Flachlandsbucht am Fax Fjördr bei Reykjavik ist die Insel ein Gebirgsland durchaus vulkanischer Natur, eine flachgewölbte, nahe der Mitte etwa 700 m hohe Fläche mit aufgesetzten Bergmassen, unzähligen Kegeln und Kuppen.
Hauptsächlich sind Basalt und Tuff sowie neuere vulkanische Produkte vertreten, während Trachyte nur hier und da vorkommen; zwischen den gewöhnlichen horizontalen Basaltdecken findet man im Tuff oft Braunkohlen (Surtarbrand) vor. Die Hochebene, die namentlich im Innern eine schauerliche Lavawüste bildet (Odada-Hraun), fällt bald sanft, bald in steilen Felswänden zu den zerschnittenen Küsten ab, durchfurcht von Spalten und Flußthälern und überdeckt mit Sand, Lava, Schnee [* 42] und Eismassen.
Inselartig erheben sich die mit Gletschern belasteten Schneeberge (Jökulls) bis gegen 2000 m, so im SO. der Batna oder Klofa Jökull (8500 qkm) und Spuren der Eiszeit [* 43] findet man überall. Unter den vielen Vulkanen, welche, wie die häufigen Erdbeben, [* 44] oft furchtbare Verwüstungen angerichtet haben, ist die 1557 m hohe Hekla (s. d.) der bekannteste, der Oräfajökull (1959 m) aber der höchste. Askja im Dyngjufjell hatte 1875 eine Bimssteineruption. Gewässer. In Zusammenhang mit den vulkanischen Kräften stehen die lauwarmen Quellen (Laugar, d. i. Bäder), heißen Springquellen (Hverar), unter denen der Große Geysir (s. d.) die berühmteste ist, Schwefelquellen (Namar, eigentlich Minen oder Gruben), Schwefelpfuhle und Schlammvulkane.
Die Flüsse [* 45] (Skjalfandafljot, Jökullsa u. a.) haben teils starkes Gefalle mit Kaskaden, teils durchstießen sie in ebenem Terrain festen Weide- und Wiesenboden, teils auch ausgedehnte Sumpfstrecken. Unter den Seen ist, außer dem Myvatn mit seinen vulkanischen Umgebungen im N., der Thingvallasee im SW. bemerkenswert. Obgleich Torf und Braunkohlen (Surtarbrand) vorhanden sind, bedient man sich vielfach als Brennmaterial des Treibholzes und der eingeführten Steinkohlen, auch wohl getrockneten Schafmistes.
Von nutzbaren Mineralien [* 46] findet man Zeolith, Kalkspat, [* 47] Chalcedon und in geringem Umfange Schwefel, dessen Ausbeutung (Schwefeldistrikt von Krisuvik) neuerdings wieder durch Engländer begonnen hat. Das Klima ist unbeständig, feucht und gegen O. sehr nebelig. Das angetriebene Eis [* 48] liegt an der Nord- und Ostseite bisweilen bis zum Juni oder Juli, erreicht aber nie die Südwestküste. Östl. Winde [* 49] herrschen vor; Orkane sind nicht selten. Zu Reykjavik beträgt die mittlere Temperatur des Jahres +4,1°, des Winters -1,5°, des Sommers +12° C., dagegen zu Akreyri an der Nordküste die des Jahres 0°, des Winters -6,1°, des Sommers +7,5°. Die Regenmenge ist am größten gegen S. und SO.; in Djupivogr (Berufjord) jährlich 1100 mm, in Reykjavik 750 mm. Tierwelt.
Die Landfauna ist arm an Arten, aber, wenigstens was die Vögel [* 50] betrifft, reich an Individuen. Es finden sich bloß zwei Landsäugetiere, der Eisfuchs und eine besondere Maus (Mus islandicus Nils.). Wasser- und Wadvögel sind 72 Arten, Landvögel 23 vorhanden, 3 davon sind lokale Rassen, 20 ganz europäisch. Von den Wasservögeln sind 2 amerikanisch. Früher war der Handel mit Jagdfalken sehr einträglich. Alke sind sehr häufig, die jungen Larventaucher (Mormon fratercula Temm.) dienen eingesalzen stellenweise als Nahrungsmittel; [* 51] der Riesenalk ist seit fast 50 Jahren völlig ausgerottet.
Enten, [* 52] darunter die Eiderente, Gänse und der Singschwan sind zahlreich. Reptilien und Amphibien giebt es nicht, aber die süßen Gewässer enthalten viele Lachsformen. Insekten [* 53] und Landmollusken sind sehr dürftig vertreten, um so üppiger die Meerestiere. Hauptgegenstände des sehr ergiebigen Fischfangs sind der Kabeljau, der Hering, der Helleflunder (Hippoglossus maximus L.) und der Hakall (norweg. haakjaering, Scymnus borealis Scarsby), ein Haifisch mit thranhaltiger Leber.
Den wichtigsten Teil der Viehzucht [* 54] bildet die Zucht der Schafe, [* 55] die zuweilen vier Hörner haben und treffliches Fleisch sowie gute Wolle liefern. Die Schafzucht und das innige Zusammenleben mit den Hunden unter unsaubern Verhältnissen verursacht auch die große Häufigkeit des Hülsenwurms bei den Isländern (16-20 Proz. der Bevölkerung). [* 56] Rindvieh, meist ungehörnt, wird hauptsächlich der Milch wegen gezogen. Bedeutender ist die Zucht von Pferden, die zwar klein, aber flink, ausdauernd und mit magerer Kost zufrieden sind.
Die seit 1770 aus Lappland eingeführten Renntiere haben sich in die einsamsten Gegenden zurückgezogen. Pflanzenwelt. Die Flora verbindet Grönland mit Skandinavien und Schottland; die milden Gegenden gehören zur nordeurop. Birkenregion, doch sind die Birken fast vernichtet und Wiesen bilden die natürlichen Hilfsquellen des dürftigen, auf Viehzucht hingewiesenen Landes. Getreide [* 57] kommt nur ausnahmsweise zur Reife. Brot [* 58] ist außerhalb der Hafenorte ein Leckerbissen.
Strandhafer, Löffelkraut, Engelwurz, Isländisches Moos und gewisse Arten von Tangen werden als Nahrungsmittel gebraucht. Der Anbau von Kartoffeln und Küchengewächsen, insbesondere von Kohl, ist jedoch in Gartenkultur möglich und nimmt von Jahr zu Jahr zu. Bevölkerung. Die Zahl der Bewohner, die sich sämtlich zur luth. Kirche bekennen, ist trotz der großen Fruchtbarkeit der Frauen ziemlich stationär geblieben. Sie belief sich zu Anfang des 12. Jahrh. auf etwas über 50000, 1850 auf 59000, 1880 auf 72440, 1890: 70927 (33689 männl., 37238 weibl.) E., d. i. nur 0,7 auf 1 qkm der Gesamtfläche.
Davon lebten 73 Proz. von der Viehzucht und nahezu 12 Proz. von der Fischerei. [* 59] Die Kindersterblichkeit ist ziemlich groß; Typhus, Leberleiden, Grippe, Maulsperre sind gewöhnliche Krankheiten. Die Isländer sind altnordischer Abkunft, ernst und treu, gastfrei und patriotisch, auch sehr vertraut mit der in den Sagas und Gedichten aufbewahrten ältern Geschichte ihres Vaterlandes. Ihre Sprache [* 60] ist noch immer die altnordische, fast in ursprünglicher Reinheit, und besitzt eine reiche, höchst bedeutende Litteratur. (S. Isländische Sprache und Litteratur.) Obgleich die Kinder ihren Unterricht nicht in Schulen, sondern nur von ihren Eltern unter Aufsicht der Geistlichen erhalten, kann jeder lesen und schreiben. Verfassung. I. hat seit seine eigene Verfassungsurkunde, die mit in ¶
forlaufend
716
Kraft trat und neben einem Gesetze vom die staatsrechtlichen Verhältnisse regelt. Die Volksvertretung (Althing) besteht aus 30 vom Volke gewählten und 6 vom König ernannten Mitgliedern und teilt sich in zwei Kammern, in deren oberer die 6 ernannten und 6 gewählte Mitglieder sitzen, während die übrigen 24 gewählten Mitglieder die untere Kammer bilden. Sie hat das Steuerbewilligungsrecht und beschließenden Anteil an der gesetzgebenden Gewalt. Zu den Bedürfnissen des Reichs sollte I. nicht beitragen, sondern einen jährlichen Zuschuß empfangen.
Verwaltet wird die Insel von einem Landeshauptmann; sie zerfällt in drei Ämter, das Südamt, das Westamt und das Nord- und Ostamt. An der Spitze der Ämter stehen zwei Amtmänner, in Reykjavik für das Südamt und Westamt und in Akreyri für das Nord- und Ostamt. Die zwei erstern Ämter zerfallen in 14 Sysler, von denen indessen mehrere in einer Hand [* 62] vereinigt sind, das letztere in 6 Sysler; die Sysselmänner sind zugleich Richter erster Instanz, Polizeimeister und Kasseneinnehmer.
Als zweite Instanz besteht in Reykjavik ein Landesobergericht, von dem an das Höchste Gericht in Kopenhagen [* 63] appelliert wird. In kirchlicher Hinsicht bildet I. ein Bistum (früher zwei) mit 20 Propsteien, 141 Pfarreien und 299 Kirchen. Militär und befestigte Punkte giebt es nicht. Hauptort ist Reykjavik (s. d.). Außerdem sind bemerkenswert: Akreyri (s. d.) und Ifafjord, nächst Reykjavik die wichtigsten Handelsplätze;
Hafnarfjord mit gutem Hafen;
Skalholt, früher Bischofssitz, wie auch Holar (im W. von Akreyri) mit massiver Domkirche. Industrie und Handel. Die Industrie beschränkt sich auf den Hausfleiß, welcher die Wolle steilweife zu Strümpfen und Handschuhen) verarbeitet. Handwerker giebt es nur wenige; jeder ist sein eigener Handwerker. Der Handel war bis 1854 nur dän. Unterthanen gestattet, ist aber seitdem auch Fremden geöffnet. Letztern sind 6 Häfen zugänglich. Autorisierte Handelsplätze giebt es 34. Die wichtigsten Ausfuhrwaren sind: Fischereiprodukte (gesalzene Heringe, Stock- und Plattfisch, Thran, Fischeier, Fischleim), Talg und gesalzenes Schaffleisch, Wolle, wollene Strümpfe und Handschuhe, Eiderdunen, Federn, Schaf- und Fuchsfelle, Schwanfedern und Pferde. [* 64] Der Hauptmarkt für getrocknete Fische [* 65] ist Spanien, für Wolle und Pferde England; das übrige geht meist nach Kopenhagen. Große Thransiedereien bestehen an den Hauptfangplätzen der Wale. [* 66] - Wichtiger als die Fischerei der Isländer in den geschützten Fjorden ist die Hochseefischerei der Engländer (aus Great-Grimsby) auf Kabeljau und Heilbutte mit 60 kleinen Dampfern, die der Amerikaner (1892: 13 Schoner) auf Heilbutt und vor allem die der Franzosen, welche (1892) 167 Segelschoner mit 3171 Mann unter dem Schutze eines Kriegsschiffs an die Küsten I.s schickten und 10 Mill. kg Stockfisch, 200000 kg Rogen und 4500 Barrels Fischöl heimbrachten.
Ein anschauliches Bild dieses franz. Fischerlebens giebt der Roman «Les Pêcheurs d’Islande» von Pierre Loti, deutsch von Carmen Sylva. 1893 haben auch 4 deutsche Fischdampfer mit Erfolg den Schellfischfang bei I. versucht. Die Norweger beschränken sich auf Walfischjagd. Geschichtliches. Die Insel I., früher irrtümlich für das alte Thule (s. d.) gehalten, seit dem 8. Jahrh, von irischen Mönchen an einzelnen Stellen der Süd- und Ostküste bewohnt, erhielt den größten Teil seiner Bevölkerung von Norwegen, wo es zuerst durch die zwischen 860-870 aufeinanderfolgenden Reisen des Naddodh, des Gardar, des Floke bekannt wurde.
Von letzterm erhielt es wegen des vielen Treibeises, das er in den Buchten aufgehäuft fand, den Namen I., d. h. Eisland. Der erste, der sich zunächst (870) an der Südküste, bleibend (seit 874) in dem spätern Reykjavik einen festen Wohnsitz gründete, war der Norweger Ingolf mit seinen Angehörigen und Verwandten. Bald folgten demselben andere aus der Heimat nach. Da nämlich gleichzeitig der König Harald Harfagr sich durch Besiegung der übrigen Könige Norwegens zum Alleinherrscher, durch Besteuerung der Odalsgüter die freien Grundbesitzer zu seinen Pächtern gemacht hatte, zogen alle, die den neuen Verhältnissen sich nicht fügen mochten, außer Landes und meist nach I. Während die Verfassung der einzelnen Niederlassungen auf der Insel anfangs auf der priesterlichen und zugleich richterlichen Gewalt der Tempelvorsteher (Goden) beruhte und eine monarchisch-aristokratische war, bildete sich seit der Vereinigung der Einzelherrschaften für das Land eine aristokratisch-republikanische Gesamtverfassung aus.
Den Grund dazu legte (930) Ulfliots für die ganze Insel gültige Gesetzgebung und seine Errichtung des Althing, einer aus den kundigsten Männern aller Bezirke zusammengesetzten Versammlung, die unter dem Vorsitze des «Gesetzsprechers» jeden Sommer 14 Tage lang auf der großen Thingvallaebene die oberste Gerichtsbarkeit übte und über die Angelegenheiten des Landes beriet. Neben dieser Versammlung wurden seit 965 eine Anzahl ähnlicher Thinge für die einzelnen Bezirke der Insel eingerichtet, diesen endlich auch 1004 durch Njal ein besonderes höchstes Gericht (das Fünftegericht) beigefügt.
Das Christentum wurde 1000 angenommen und wenig später (1080-1105) zwei Bischofssitze in Holar und Skalholt errichtet. Die hiermit eingeführte Kenntnis lat. Schrift und Sprache, abendländ. Litteratur und Gelehrsamkeit fand auf I. einen um so empfänglichern Boden, als Dichtkunst und geschichtliche Erzählung bereits mehr denn anderwärts im german. Norden gepflegt wurden. (S. Isländische Sprache und Litteratur.) Häufig unternahmen auch die Isländer in früherer Zeit Reisen vorzugsweise nach dem Westen, und dies führte (982) zur Entdeckung Grönlands und (um 1000) eines Teils von Amerika, [* 67] den man Helluland, Markland und Vinland nannte. (S. Amerika, Bd. 1, S. 518 a.) Später fühlte man sich nach Europa zur Befriedigung der religiösen und wissenschaftlichen Bedürfnisse gezogen.
Die staatlichen Verhältnisse wie die Blüte [* 68] des geistigen Lebens und reger Verkehr nach außen hatten um den Anfang des 13. Jahrh. ihren Höhepunkt erreicht (s. Snorre Sturluson), als infolge zunehmender Macht und gegenseitiger Eifersucht einzelner Großen es dem König Hakan V. von Norwegen 1262 gelang, die Vereinigung der Insel mit Norwegen einzuleiten, die sein Nachfolger Magnus VI. 1264 vollendete. Mit Norwegen gelangte I. 1380 an Dänemark, bei dem es auch verblieb, als Norwegen 1814 mit Schweden vereinigt wurde. Der Handel mit I. war 1294 allen Ausländern verboten worden, Anfang des 15. Jahrh. gewannen engl. Schleichhändler Einfluß und seit 1450 entwickelte sich ein reger Verkehr mit den deutschen Hansestädten (Lübeck, [* 69] Danzig, [* 70] später auch Hamburg); [* 71] ¶
forlaufend
717
man brachte von I. Dorsche, getrocknete und gesalzene Kabeljau als sehr begehrte Fastenspeise und versah die Insel mit Mehl [* 73] und Bier sowie mit Fischerfahrzeugen. Gegen Ende des 14. Jahrh. gerieten Wissenschaften und Künste, die seit der Einführung der norweg. Herrschaft zu sinken begannen, in gänzlichen Verfall; doch hoben sie sich allmählich wieder, seitdem König Christian III. von Dänemark die Reformation 1540 einzuführen begann, die aber erst 1551 völlig durchgeführt wurde. Im 17. Jahrh. wurde die Insel von algier.
Seeräubern heimgesucht, die 1627 eine Masse Menschen mordeten und raubten. Im 18. Jahrh. hatte sie 43 Jahre Mißwachs und 18mal Hungersnot Zu ertragen. Dennoch bildeten sich seit der Mitte des 18. Jahrh. auf I. mehrere Gesellschaften, die wesentlich zur Verbreitung der Aufklärung und Bildung des Volks beitrugen. Während des Krieges zwischen England und Dänemark 1809 bemächtigte sich ein zu den Engländern übergelaufener dän. Matrose, Jörgen Jörgensen, der mit einem armierten engl. Handelsschiffe nach Reykjavik gekommen war, der unbewaffneten Stadt und der höchsten Gewalt, wurde aber nach anderthalb Monaten (Aug. 1809) von den Engländern selbst wieder verjagt, gerade als eine gegen ihn gerichtete Verschwörung im Ausbruche begriffen war.
Auf I. herrschte 1824 und 1825 abermals große Hungersnot, namentlich infolge heftiger vulkanischer Ausbrüche in den vorhergehenden Jahren, und 1827 eine heftige Epidemie, die nicht minder zahlreiche Opfer forderte. Nachdem das Althing neun Jahrhunderte bestanden hatte, wurde es im Anfang des 19. aufgelöst und erst zufolge der königlich dän. Verordnung vom reorganisiert; heftige Verfassungskonflikte, welche seit 1848 mit Dänemark sich ergaben, fanden in dem Verfassungsgesetz vom ihren Abschluß.
Seitdem arbeiten die Isländer am Aufbau der innern Verhältnisse ihrer Insel. Wichtige Gesetze sind in dem neugeregelten Staate bereits entstanden: seit 1882 haben alle Frauen, die über 25 Jahre alt sind, eine selbständige Stellung einnehmen und nicht verheiratet sind, kommunales und kirchliches Wahlrecht, seit 1884 ist jeder Grundbesitzer verpflichtet, allen Grund und Boden zu verpachten, den er nicht selbst benutzt.
Vgl. Thienemann und Günther, Reise im Norden Europas, vorzüglich in I. in den J. 1820 und 1821 (Lpz. 1827);
Sartorius von Waltershausen, Physik.-geogr. Skizze von I. (Gott. 1847) und dessen Geolog.
Atlas [* 74] von I. (ebd. 1853); Schleißner, I., undersøgt fra et lægevidenskabligt Synspunkt (Kopenh. 1849); Ebel, Geogr. Naturkunde von I. (Königsb. 1850);
Winkler, I., seine Bewohner, Landesbilddung und vulkanische Natur (Braunschw. 1861);
Preyer und Zirkel, Reise nach I. im Sommer 1860 (Lpz. 1862);
K. Maurer, I. von seiner ersten Entdeckung bis zum Untergange des Freistaates (Münch. 1874);
ders., Zur polit. Geschichte I.s (Lpz. 1880);
Coles, Summer travelling in Iceland (Lond. 1882);
Kaalund, Bidrag til en historisk-topografisk Beskrivelse af I. (2 Bde., Kopenh. 1877-82);
Lock, Guide to Iceland (Charlton 1882);
Thoroddsen, I.s Beskrivelse (Krist. 1883);
Ph. Schweitzer, I., Land und Leute, Geschichte, Litteratur und Sprache (Lpz. 1885);
Poestion, I., das Land und seine Bewohner (Wien 1885);
Baumgartner, I. und die Faröer.
Nordische Fahrten (Freib. i. Br. 1889); Baasch, Die Islandfahrt der Deutschen (Hamb. 1889); Thoroddsen, Landfrædhissaga Islands (Reykjavik 1892 fg.).
Isländisches Moos oder Lungenmoos, eine Pflanze aus der Klasse der Flechten, [* 75] die Isländische Flechte, (Cetraria Islandica Ach. (Lichen islandicus L., s. Tafel: Flechten I, [* 72] Fig. 5), die im Norden Europas, in Island, Norwegen und Schweden im Flachlande häufig, in Deutschland [* 76] aber mehr auf Bergen, [* 77] z. B. auf dem Brocken (daher «Brockenmoos» genannt), gefunden wird, übrigens durch fast ganz Europa verbreitet ist. Sie bildet 4-10 cm hohe dichte Rasen, aus einem meist aufrechten, unregelmäßig geschlitzten und gelappten, oben graugrünen oder bräunlichen, unterseits weißlichen Laube von lederartiger, etwas knorpeliger Substanz.
Die in Deutschland sich ziemlich selten entwickelnden Früchte sind schüsselförmig, von glänzendbrauner Farbe und stehen an den Rändern des Laubes. In Nordamerika [* 78] dient das I. M. als Nahrungsmittel, nachdem man ihm einen Teil seiner Bitterkeit mittels Einweichen in Wasser entzogen hat. Außer seinem magen- und nervenstärkenden Bitterstoff (Cetrarin oder Cetrarsäure) enthält es viel Stärkemehl (Flechtenstärke, s. d.) in seinen Zellen; in der Arzneikunde wird es bei verschiedenen Brustleiden, langwierigen Katarrhen, Blutspucken und Auszehrung angewendet und als Thee, Gallerte oder auch mit Schokolade verbunden (Moosschokolade) gegeben.
Namentlich erweist es sich in Verbindung mit Carrageen-Moos (s. d.) und dem Wurzelstock des Engelsüß (s. Polypodium) als Thee gegeben als ein sehr wirksames Mittel gegen Heiserkeit und Husten. Isländische Sprache und Litteratur. Die isländische Sprache gehört zu den nordgerman. Sprachen und hat unter diesen das älteste Gepräge bewahrt. Sie wurde von den Großen Norwegens, die im 9. und 10. Jahrh. ihre Heimat verliehen, mit nach Island genommen, wo sie deren Nachkommen infolge ihrer Abgeschlossenheit in alter Reinheit bewahrt haben.
Noch heute ist Grammatik und Wortschatz fast derselbe wie im 13. Jahrh.; nur die Aussprache hat sich in vielem geändert. Eigentümlich sind dem Isländischen die vollen Vokale der Endungen, wo die andern nordischen Sprachen meist tonloses e haben eintreten lassen, ein viel ausgedehnterer Umlaut der Stamm- und Endungsvokale und die Erhaltung der alten Diphthonge ei, au, ey, wo die andern Sprachen e, o und ö haben. Von bedeutenden Veränderungen innerhalb der Zeit der Sprachdenkmäler ist die Verlängerung [* 79] kurzer Vokale vor bestimmten Konsonantenverbindungen, die im 15. und 16. Jahrh. erfolgte, hervorzuheben. -
Vgl. Th. Möbius, über die altnordische Sprache (Halle 1872);
A. Noreen, De nordiska Språken (Upsala [* 80] 1887);
ders., Geschichte der nordischen Sprachen in Pauls «Grundriß der german. Philologie», Bd. 1 (Straßb. 1891).
Die altisländische Litteratur ist die einzige altnordische Litteratur, die eine Menge originaler Werke, sowohl in Poesie als auch in Prosa, aufzuweisen hat. Die Dichtkunst nahmen die Isländer mit aus Norwegen und brachten sie im 10. Jahrh. zur höchsten Entfaltung. Im 13. Jahrh. aber entwickelte sich hier eine Prosalitteratur, wie sie kein anderer german. Stamm aufzuweisen hat. Vielfach hat der Verkehr mit andern Völkern befruchtend auf ihre Litteratur eingewirkt. Die Isländer behandelten in ihren Gedichten die german. und ¶