einem
Chor, dem ein gemischter Bibeltext oder einfacher Psalmtext zu
Grunde liegt, welcher mit dem
Gloria Patri schließt. In
dieser Form wurde der I. auch von den
Reformatoren in die prot. Liturgie übernommen, die ihn in einzelnen Kirchenordnungen
(z. B. der mecklenburgischen) noch bis zur Gegenwart behalten hat. Die musikalischenWeisen des I. sind
durchschnittlich sehr alt.
(neulat.) oder
Tubage (frz.), das Einlegen einer
Röhre aus Hartkautschuk oder besser aus Metall in die Kehlkopfhöhle
vom Munde aus, ohne vorhergegangene operative Eröffnung der Luftröhre, um bei krankhaften Verengerungen des
Kehlkopfes die
Erstickungsgefahr zu beseitigen, wird in neuerer Zeit vielfach beiDiphtheritis als Ersatz der
Tracheotomie
(s. d.) angewendet.
im philos. Sprachgebrauch eine unmittelbare Erfassung des Gegenstandes wie in einem,
eine Vielheit von Gegenständen auf einmal aufnehmenden und zur Einheit zusammenfassenden
Blick.
Intuitive Erkenntnis, die
auf solcher I. beruhende Erkenntnis, im Gegensatz zur diskursiven, d. h. schrittweis vom einen
zum andern fortgehenden Erkenntnisweise. Nach Kant ist unser Verstand stets diskursiv, nicht intuitiv.
Auch im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter I. eine solche Erfassung des Objekts, die nicht des Umwegs der logischen
Reflexion
[* 2] bedarf, sondern sich gleich unmittelbar in die Sache zu versetzen vermag. So trauen wir namentlich dem
Genie des
Dichters und Künstlers zu, daß es zu seinen Ideen vielmehr durch glückliche I. als durch viel Reflektieren
und logische
Operation gelange. In etwas anderer Bedeutung heißt Intuitionismus bei den Engländern die philos.
Richtung,
welche die Einsicht in die Principien aus dem bloßen Selbstbewußtsein (gleichsam einem unmittelbaren Schauen in sich selbst)
schöpfen will.
(neulat.),
Aufnahme in das
Innere, besonders innige Aneignung fremder, in den organischen Körper aufgenommener
Stoffe; in der
Medizin die Einstülpung eines Darmstücks in das andere, sog.
Darminvagination. (S.
Darmverengerung.) In der
Botanik ist I. Bezeichnung für diejenige Art des Wachstums von Membranen, Stärkekörnern u. s. w.,
bei der durch
Aufnahme neuer kleinster Teilchen der betreffenden
Substanz, der
Micelle, zwischen den bereits vorhandenen eine
Volumenvergrößerung stattfindet.
Die Intussusceptionstheorie ist von Nägeli in exakter
Weise begründet worden und für die genauere Kenntnis der Wachstumsvorgänge
in der
Pflanze von außerordentlicher Wichtigkeit. Ihr gegenüber steht die
Appositionstheorie, nach der
das Wachstum z. B. der Stärkekörner durch fortwährende Auflagerung neuer Teilchen stattfinden
soll. Diese letztere
Theorie hat neuerdings wieder mehr
Anhänger unter den Botanikern, sie entbehrt jedoch noch der genauern
mechan.
Begründung. Sie ist in früherer Zeit hauptsächlich von
Dippel vertreten worden; neuerdings haben
Strasburger, Schmitz,
Schimper u. a. Forscher dieselbe durch mehrere Untersuchungen zu stützen gesucht.
Otto, Ingenieur, geb. in Laage in
Mecklenburg-Schwerin, studierte am Polytechnikum in Hannover,
[* 3] trat
dann in den
HamburgerStaatsdienst und wurde 1870 Professor der Ingenieurwissenschaften an der
Technischen Hochschule in
Aachen.
[* 4] I. hat sich u. a. große Verdienste um die Konstruktion zweckmäßiger
Wasser- und Gasbehälter erworben. (Ein Intzescher Gasbehälter ist im
Artikel Gasbeleuchtung, Bd. 7, S. 566 b beschrieben
und auf
Tafel Gasbeleuchtung Ⅱ,
[* 1]
Fig. 2 abgebildet.) Von seinen zahlreichen Veröffentlichungen seien
hier angeführt: «Über Quaimauern,
Stützmauern und
Thalsperren» (in der
«DeutschenBauzeitung», 1875). «Über
Thalsperrenausführunqen» (in der «Zeitschrift des Niederrheinischen
Architekten- und Ingenieurvereins», 1876),
«Tabellen und
Beispiele für die rationelle Verwendung des
Eisens zu Baukonstruktionen» (Berl. 1877),
«Über rationelle Ausnutzung der Wasserkräfte
Deutschlands»
[* 5] (in der «Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure», 1882),
«Über Fabrikbauten mit Walzeisenkonstruktionen»
(Berl. 1884),
«Die bessere Ausnutzung des Wassers
und der Wasserkräfte» (ebd. 1888); im
Verein mit Heinzerling «Das deutsche Normalprofilbuch für
Walzeisen» (4. Aufl.,
Aachen
1889).
L., Pflanzengattung aus der Familie der
Kompositen
[* 8] (s. d.) mit gegen 60, vorzugsweise in
den gemäßigten Zonen der
Alten Welt verbreiteten
Arten. Es sind meist ausdauernde Gewächse mit unzerteilten
Blättern und
großen lebhaft gelb gefärbten Blütenköpfchen. Unter den in
Deutschland
[* 9] vorkommenden
Arten ist die wichtigste der sog.
Alant
oder das Helenenkraut (I. HeleniumL.), dessen
Wurzel
[* 10] als Radix Helenii offizinell ist. Sie enthält außer
reichlichen Mengen von
Inulin (s. d.) den sog.
Alantkampfer (s. d.). Der
Alant ist hauptsächlich in
Mittel- und Südeuropa einheimisch,
doch wird er vielfach seiner
Wurzeln wegen im
Garten
[* 11] angepflanzt.
I. conyza DC. (Conyza squarrosaL.) wird wegen ihres starken
Geruches nicht selten zur Vertreibung der Motten benutzt.
Dahlin, eine stärkeähnliche
Substanz, die wahrscheinlich die Zusammensetzung 6 C6H10O5 + H2O
^[6 C6H10O5 +H2O] besitzt und als Reservestoff in den Wurzelknollen der
Georginen und vieler
Pflanzen aus der Familie
der
Kompositen (z. B. in
InulaHeleniumL.) besonders reichlich im Herbst vorhanden ist. Das I. löst sich
leicht in heißem Wasser und scheidet sich beim Erkalten als zartes
weißes Pulver von krystallinischer
Struktur aus. Es ist
geruch- und geschmacklos, klebt an den
Zähnen, schmilzt bei 165° und wird durch
Jod gelb gefärbt. Es ist das beste Ausgangsmaterial
zur
Darstellung von reinem
Fruchtzucker, da es beim
Kochen mit Wasser oder noch schneller mit verdünnten
Säuren vollständig in diesen übergeht.
das
Überschwemmungen ausgesetzte Gebiet längs der
Flüsse
[* 12] (Inundationsbett), Seen oder des
Meers.
Es wird durch Deiche (s. d.) möglichst eingeengt.
InnnL, s. Makak. Inv., Abkürzung von Invenit (s. d.). ^[= A. oder Abbreviaturen sind von jeher bei allen Völkern beim Schreiben angewendet worden. Man ...] Invagination (neulat), Einschiebung in eine Scheide;
in der Medizin
soviel wie Intussuscep- tion (s. d.). ^[= (neulat.), Aufnahme in das Innere, besonders innige Aneignung fremder, in den organischen Körper ...] Invalenz (lat.), Kraftlosigkeit, Unvermögen.
Invalescieren (lat.), erstarken, an Kraft
[* 14] zu- nehmen. Invalide (vom lat. invaiidus, kraftlos, schwach), im allgemeinen jeder zur Ausübung feines
Berufes untauglich Gewordene, im engern Sinne und früher ausschließlich jeder zum Militärdienst unbrauchbar
Gewordene. Für den engern Begriff «Invalid» ist gegen- wärtig nicht die Dienstunbrauchbarkeit
an sich, son- dern die Versorgungsberechtigung entscheidend. I. heißt daher heute nur derjenige Dienstunbrauchbare,
welcher ein Anrecht auf staatliche Versorgung besitzt. Im DeutschenReiche sind die Invalidenansprüche durch das
Militär-Pensionsgesetz vom (mit Abänderungen durch die Gesetze vom und geregelt.
Danach kann ein Recht auf Invalidenversorgung entweder durch längere Dienstzeit oder durch eine Dienstbeschädigung ohne
Rücksicht auf die Dauer der Dienstzeit erworben werden. Im letztern Falle bedarf es des Nachweises,
daß das die Dienst- unbrauchbarkeit bedingende Leiden
[* 15] durch Ausübung des praktifchen Militärdienstes entstanden oder ver-
schlimmert ist.
Bei Versorgungsansprüchen lediglich auf Grund längerer Dienstzeit wird nur der Nach- weis der Unfähigkeit
zur Fortfetzung des Dienstes, nicht aber des Zusammenhangs derselben mit den Eigentümlichkeiten des Militärdienstes gefordert.
Zu unterscheiden ist Zalb invalide (s. d.) ^[= # Franz Fried. Alexander, Ingenieur, geb. 5. Mai 1814 in Kloster Heinrichau in Schlesien. Er erhielt ...] und Ganzinvalide
(s. d.).
Näheres s. Invalidenver- sorgung. Im weitern Sinne werden als I. alle Personen bezeichnet, welche infolge von Alter,
körperlichen Gebrechen oder Unfällen dienst-oder erwerbsunfähig geworden sind und deshalb einer gänzlichen oder teilweisen
Versorgung bedürfen.
Bei dauernd An- gestellten, insbesondere bei Beamten, nennt man diese in Geld gewährte
Entschädigung Ruhegehalt oder Pension(s.d.). - Im gewerblichen Leben war früher die Fürsorge sür invalid gewordene Ar-
beiter ausschließlich der privaten oder genossenschaft- lichen Initiative überlassen.
Ein Kassenzwang (s. d.) ^[= (lat.), der erste Schritt, die Einleitung zu einer Handlung. Unter I. der Gesetzgebung versteht ...] wurde zuerst
durch die neuern Berggesetze geübt (s. Knappschaftskassen).
Mit der Einführung des Versicherungszwangs durch die Unfallversicherungs-
gesetze seit 1884, und besonders durch das Invalidi- täts- und Altersversicherungsgesetz vom ist
die Fürsorge für die «I. der Arbeit» obli- gatorisch geworden. (S. Erwerbsunfähigkeit, In- validenkassen, Invaliditäts-
und Altersversiche- rung, Unfallversicherung.) - Val.
die Darstellung der sehr verwickelten Materie be: Laband, Staats- recht, II, 729 fg., sowie die Kommentare
zum Pen- sionsgesetz von Seydlitz (Berl. 1874), Neumann Invalidendank, Verein in Berlin
[* 16] zum Nach- weis von lohnender Beschäftigung
für Militärinva- liden, zum Teil auch zur Unterstützung derselben, ihrer Witwen und Waisen, wurde 1872 auf An- regung und
unter Leitung des Herzogs von Natibor gegründet.
Außer durch Mitgliedcrbciträge (mindestens 10 M. jährlich), Schenkungen, Veran- staltung vonKonzerten u.a. werden
die Mittel beson- ders aufgebracht durch den Betrieb einer Annoncen- expedition und durch den Verkauf von Billets
für alle
Berliner
[* 17] Theater.
[* 18]
Filialen bestehen in Araun- schweig, bis 1876 auch in Dresden.
[* 19]
Der Betrieb umfaßt: Annoncenexpedition,
Adreßbureau, Buch- handel, Leihbibliothek (in Chemnitz), Theaterbillet- verkauf (in Dresden), Esfcktenkontrollbureau, Kol-
lektion der Königl.
Sächsischen Landeslotterie und Pensionskasse (für die eigenen Angestellten).
Mit-
gliederbeitrag mindestens 3 M. jährlich.
Der größte Teil des Reingewinns des I. wird in Berlin an das preußische Kriegsministerium
zur Verteilung abge- liefert;
in Dresden findet die Verteilung des Rein- gewinns durch den Verein selbst statt. Invalidenfonds,
s. Reichsinvalidenfonds.
Invalidenhäufer, Pstegeanstalten für ganz- invalide Militärpersonen, die
besonderer Wartung und Pflege bedürfen.
Seit dem be- stehen in preuß. Militärverwaltung nur noch die I. zu Berlin,
Stolp
[* 23] und CarlsHafen, außerdem die mecklenb.
Die Aufnabme von Mannschaften gründet sich auf
§. 78 des Militärpensionsgesetzes vom (S. Invalidcnversorgung.) - Das erste Invaliden-
haus errichtete Ludwig XIV. 1641, das später von Napoleon!, besonders reich dotiert wurde.
Die Stelle als Gouverneur der I.
war inFrankreich lange Zeit ein hoher Ehrenposten, ist aber 1883 aufgehoben worden. In England begründete Karl II. zu Chelsea
ein Invalidenbaus für die Landtruppen und Wil- helm lll. in Gveenwich ein Seehofpital. In Deutsch- land
stiftete Friedrich II. zuerst ein Invalidenhaus lin Berlin), das 1748 vollendet wurde und die Über- schrift «l.a»8o, 8eä invicto
miiiti" trägt. In Öster- reich wurde 175! zu Prag,
[* 25] 1783 zu Wien
[* 26] ein In- validen bans erricktet;
das Zu
Pest schon 1727. Invalidcnkasson, genossenschaftliche Vereini- gungen meist von Ardeitern, welche gegen bestimmte periodische
Beiträge ihren Mitgliedern eine Unter- stützung für den Fall dauernder Arbeitsunfähig- keit nlsichern.
Die I. bildeten
früher die fast aus' jchließliche, meist aus der Initiative der Beteilig- ten hervorgegangene Verwirklichung der Invalidi-
tätsversicherung;
erst durch das Reichsgesetz vom 22. Juni 188!) ist die Invaliditäts- und Alters- versicherung
(s. d.) ^[= s. Altersrente.] mit obligatorischem Charakter für das Deutsche Reich
[* 27] geregelt worden.
Die I., abgesehen von den durch das genannte
Reichsgesetz hervorgerufenen Versicherungsanstalten, welche eme territoriale Abgrenzung erhalten haben, stehen fast immer
in engem Zusammenhang mit andern, größ- tenteils Verufsgemeinschaften, fei es mit Betrieben (Fabriken
u.s.w.) und Vetriebsgruppen, wobei dann regelmäßig die Arbeitgeber durch Zuschüsse und Ver- tretung in Vorstand und Generalversammlung
be- teiligt sind, sei es mit Verufsverbänden der Arbeiter allein. Zu den erstern gehören, außer den Fabriks- und den seltenen
Innungsinvalidenkassen, die bei weitem ältesten und in Deutschland bedeutendsten Träger
[* 28] der Invaliditätsversicherung,
die Knapp- schaftskassen (s. d.), ^[= # Albert, Dichter geistlicher Lieder, geb. 25. Juli 1798 zu Alpirsbach, studierte in Tübingen ...] ferner die Eisenbahn-Pensions- kasscn namentlich
bei fiskalischen Betrieben;
zu den letztern vorzugsweise die Gewerkvereine (s. d.).
In 42*
¶
forlaufend
660
beiden Kategorien pflegt die Invaliditätsversiche- rung in Verbindung nnt den übrigen Zwecken nnd Leistungen des Vereins
oder der Kasse nur einen Teil derselben zu bilden.
Die deutschen Gewerk- vereine dagegen haben, wie Kranken- und Vegräb- niskassen,
auch I. als selbständige Kassen errichtet. Die I. erheben ihre Beiträge meist wöchentlich oder monatlich
bez. bei jeder Lohnzahlung (wobei jedoch die freien Arbeiterinvalidenkassen bei Ar- beitslosigkeit u. s. w. längere Stundung
gewähren) und zahlen die Unterstützungen ebenfalls in wöchent- lichen oder monatlichen Renten (Pensionen) aus. Fast ausnahmslos
besteht eine absolute Wartezeit (s. d.). ^[= # (frz.), im allgemeinen jedes Einkommen, das aus eigenem Vermögen fließt, aber keine persönliche ...]
Der Invaliditätsanspruch muß auf ärztliche Bescheinigung begründet sein, bei
einem Teile der I. rst die Untauglichkeit für den besondern Veruf, bei einem andern Teile die Arbeitsunfähigkeit
über- haupt maßgebend;
doch pflegt bloße Nebenbeschäf- tigung den Pensionsanspruch nicht aufzuheben, son- dern die Pensionierung
als .halbinvalide zu bewir- ken. Die Beiträge wie die Pensionen sind in der Regel entweder nach Lohn und Dienstalter oder
nach freier Wahl von verschiedener Höhe, bleiben jedoch wohl ausnahmslos unter dem Durchschnitts- lohn;
rationell werden
aber auch die Beiträge für die gleiche Pension nach dem Veitrittsalter abge- stuft (fo bei den I. der deutschen Gewerkvereine).
Auch nach Erlaß des Gesetzes vom ist den I. ein gewisser Wirkungskreis verblieben.
Soweit
sie sür Reichs-, Staats- oder Kommunal- betriebe errichtet sind und ihren Mitgliedern eine den gesetzlichen Leistungen gleichwertige
Fürsorge gewähren, können sie durch den Bundesrat den ge- letzlichen Anstalten gleichgestellt werden.
Aber auch die übrigen
Fabrik-, Knappschafts- und Seemanns- kassen und sonstige, für gewerbliche, landwirtschaft- liche und ähnliche
Unternehmungen errichtete Kassen- einrichtungcn dürfen als Zuschußkassen bestehen bleiben.
Sie haben die Berechtigung, für
folche Mitglieder, die nach dem Gesetze Anspruch auf In- validen- oder Altersrente haben, ihre Leistungen um den Wert dieser
Renten zu ermäßigen;
sie müssen allerdings alsdann die Beiträge in der Regel ent- sprechend heruntersetzen oder aber
die dadurch ge- machten Ersparnisse zu andern Wohlfahrtseinrich- tungen für Betriebsbeamte, Arbeiter oder deren Hinterbliebene
verwenden. Invalidenrente, die auf Grund des deutfchen Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzes (s. d.) ^[= # Franz Fried. Alexander, Ingenieur, geb. 5. Mai 1814 in Kloster Heinrichau in Schlesien. Er erhielt ...]
im Falle der Erwerbsunfähigkeit (s. d.) ohne Rücksicht auf das Alter an den Invaliden zu zahlende Rente. Die Rente besteht
aus einer monatlich im voraus zahlbaren Geldsumme;
Ist der Berechtigte Ausländer und giebt er seinen Wohnsitz in Deutschland
auf, fo kann er mit dem dreifachen Jahresbetrage seiner Rente abgefunden werden. Die Renten können, der Regel nach, mit rechtlicher
Wirkung weder ge- noch verpfändet, noch cediert werden.
Sie gelten selbstverständlich nicht als Ar-
menunterstützung, doch geht der Rentenanspruch auf solche Gemeinden und Verbände, die dem Renten- berechtigten Armenpflege
gewähren, in Höhe der geleisteten Unterstützung kraft Gesetzes über.
An- dererseits tritt die Versicherungsanstalt bis
zum Betrage der von ihr gewährten Rente gleichfalls im Wege «gesetzlicher Cesston»
in diejenigen Ansprüche ein, die dem Rentner gegen Dritte
(z. B. wegen vor- sätzlicher Körperverletzung)
auf Erfatz des ihm durch die Invalidität erwachsenen Schadens zustehen. Die Höhe der Renten richtet sich nach der An- zahl
und Höhe der geleisteten Beiträge und diese wiederum nach dem Arbeitsverdienst des Versicher- ten.
Jedoch werden nicht die Individuallöhne zu Grunde gelegt, sondern die Versicherten nach Durch- schnittslohnhöhen in vier
Lohnklassen eingereiht (Klasse I bis 350 M., II von 350 bis 550 M., III von 550 bis 850 M., IV mehr als 850 M.).
Die Bei-
träge sind für die ersten 10 Jahre nach Inkraft- treten des Gefetzes durch dieses selbst normiert und
betragen für jede «Vcitragswoche», d. h.
jede Ka- lenderwoche, in welcher der Versicherte in einem die Versicherungspflicht begründenden Arbeits- oder Dienstverhältnis
steht, in Klasse I 15 Pf., II 20 Pf., III 24 Pf. und IV 30 Pf. Für die Folgezeit hat jede Versicherungsanstalt
für ihren Venrk von 5 zu 5 Jahren die Beiträge der voraussichtlicken Be- lastung entsprechend festzusetzen.
Der für die
Lohnklasse maßgebende Jahres- arbeitsverdienst ist nach ziemlich verwickelten Vor- schriften zu ermitteln und fällt durchaus
nicht mit dem thatfächlich bezogenen zusammen;
für Mitglie- der von Krankenkassen z. B. ist der Durchsämitts-
lohn, nach welchem sich ihr Krankengeld bemißt, für andere der ortsübliche Tagelobn gewöhnlicher Ar- beiter zu Grundezu legen;
es kann aber auch, um die hieraus entstehenden Unzuträglichkeiten zu be- seitigen, ein höherer Betrag zu Grunde gelegt wer-
den, sofern der Versickerte und fein Arbeitgeber darüber einverstanden sind.
Die Entrichtung der Beiträge
liegt nämlick (in der Regel) den Arbeit- gebern ob und erfolgt durch Verwendung, d. h. Ein- kleben von Beitragsmarken in
die Quittungskarte (s. d.) ^[= heißt in der Mechanik und Maschinentechnik das Produkt aus der Kraft und dem Weg, den der Angriffsp ...] des Versicherten.
Auf Grund der geleisteten Beiträge findet die Rentenberechnung statt: Ied e
Rente besteht aus einem von der Versicherungsanstalt auszubringen- den Teil und einem festen Reichszusckuß
von 50 M. JenerTeil besteht bei der I. zunächst aus einem festen Grundstock von 60 M., welcher sich mit jeder Beitragswoche
in Lohnklasse I um 2 Pf., II um 6 Pf., III um 9 Pf. und IV um 13 Pf. steigert un- ter Anrechnung sämtlicher vollendeter
Veitrags- wochen. (S. auch Kapitaldeckungsverfahren.) Zur Erlangung der Rente genügt es nun aber nicht etwa, daß überhaupt
Beiträge in beliebiger Zahl geleistet sind, sondern der Ansprecher muß eine gewisse Wartezeit (s. d.) ^[= # (frz.), im allgemeinen jedes Einkommen, das aus eigenem Vermögen fließt, aber keine persönliche ...]
zurückgelegt haben.
Sind während vier aufeinander folgenden Jahren für weniger als ein Veitragsjahr Beiträge entrichtet
worden, fo erlischt die Anwartschaft auf die Rente; sie lebt aber wieder auf, sobald durch Wiedereintritt
in eine Versicherungspflichtige Beschäftigung oder durch freiwillige Leistung von Doppelmarken (s. d.) ^[= # (frz.), im allgemeinen jedes Einkommen, das aus eigenem Vermögen fließt, aber keine persönliche ...]
das Versicherungsverhältnis erneuert und eine neue Wartezeit von fünf Beitragsjahren zurückgelegt wird. (Für Personen,
die aus Zuschußkassen I. be- ziehen, tritt dieses Erlöschen nicht ein.) Die Prüfung und Entfcheidung
der angemeldeten Rentenansprüche erfolgt vermittelst des der Unfall- versicherung nachgebildeten Rentenfeststellungsver-
fahrens (s. d.). ^[= (lat.), der einzelne Mensch (das Individuum), insbesondere sofern er freier Selbstbestimmung ...]
Nach erfolgter Feststellung erhält der Rentenberechtigte von der Versicherungsanstalt einen Verechtigungsausweis,
auf Grund dessen er die Rente bei der Postanstalt seines Wohn- sitzes erheben kann.
Ein Gleiches geschieht auch, wenn der Rentenanspruch
zwar im Princip
¶
forlaufend
aner-661
^annt, aber der Höhe nach noch nicht festgesetzt ist, und die Versicherungsanstalt Nevision eingelegt yat;
in solchen Fällen
ist nämlich sofort wenigstens eine vorläufige Rente zuzubilligen.
Ändert sich später die Rente, so ist ein anderweiter
Verechtigungs- ausweis zu erteilen. Sobald die Hohe der Rente endgültig feststeht, erfolgt die Verteilung
derselben auf das Reich und die beteiligten Versicherungsanstalten durch das zu diesem Zweck (und zur Mitwirkung bei den im
Vollzug des Gesetzes ergehenden statist. Arbeiten) bei dem Rcichsversicherungsamt gebildete Nech- nungsbureau.
Äuf das Reich
fällt dabei außer dem Reich szuschuh auch der Rentenanteil, der jenen Veitragswochen entspricht, die wegen militär.
Dienst- leistungen auf die Wartezeit in Anrechnung kom- men. Der Rest verteilt sich unter die beteiligten Versicherungsanstalten
nach Maßgabe der Beiträge, die jeder von ihnen für den betreffenden Versicher- ten zugeflossen.
Gegen die Verteilung ist
Einspruch beim Reichsversicherungsamt zulässig.
In den: so festgestellten Verhältnis sind der PostVerwaltung die von ihr
vorschußweise an die Rentner geleisteten Rentenzahlungen zu erstatten.
Zur Bestreitung dieser Vorschüsse kann die Post
von jeder Versiche- rungsanstalt alljährlich einen Betriebsfonds bis zur Höhe der im Vorjahr für sie geleisteten Vorschüsse
einfordern.
Auf die «besondernKasseneinrichtungen», die übrigens zum Teil die Renten direkt, ohne Ver- mittelung der Post
auszahlen, findet das Verteilungs- uerfahren entfprechende Anwendung. Der Mindeftbctrag der I. stellt
sich für Perfo- nen, die nur versichert waren: in Lohnklasse I auf 114,70 M., II auf 124,00 M., III auf 131,15 M. und IV
auf 140,55 M. Nach 50jährigcr ununter- brochener Versicherung stellen sich die Sätze für Lohnklasfe I auf 157 M.,
II auf 251 M., III auf 321,50 M. und IV auf 415,50 M. Die I. darf mit einer dem Berechtigten etwa zu- stehenden Unfallrente
zusammen den Betrag von 415 M. nicht übersteigen und wird event, ent- sprechend gekürzt.
Die Rente rnht für die im Gefetz
bezeichneten Beamten und Personen des Soldaten- standes, solange und soweit ihre Pensionen und Wartegelder
415 M. übersteigen;
außerdem solange der Rentenberechtigte eine Freiheitsstrafe von mehr als Monatsoauer verbüßt oder
in einem Arbeits- haufe oder einer Besserungsanstalt untergebracht ist oder nicht im Inland wohnt.
Auch diejenige Erwerbsunfähigkeit,
die man sich vorfätzlich oder bei Begehung eines durch strafgerichtliches Urteil festgestellten Verbrechens
zugezogen, begründet kei- nen Rentenanspruch.
Wird ein Invalidenrentner wieder erwerbsfähig, so kann ihm die Rente wieder
entzogen werden. Invalidenstiftungen, Stiftungen zum Zweck der Unterstützung von Invaliden.
Hierzu gehören vor allen: National
dank für Veteranen, 1851 gegründet;
er bewilligt Unterstützung an hilfs- bedürftige Krieger, welche
bis 1815 Feldzüge mit- gemacht haben;
die Kronprinzstiftung sorgt für diejenigen, welche aus dein Feldzuge gegen Däne-
mark 1864 ganz oder teilweife erwerbsunfähig heim- kehrten fowie auch für die Hinterbliebenen der Ge- sallenen.
Der König-Wilhelm-Verein
unter- stützt aus
freiwilligen Beiträgen und den Erlöfen verunstalteter Lotterien bedürftige Krieger vom I. 1866 und
der spätern Feldzüge, welche nicht als Invaliden anerkannt, doch erwcrbsunfälna sind. Die Kaiser-Wilhelm-Stiftung, 1871 gegrün-
det, bezweckt den im Kampfe gegen Frankreich durch Verwundung oder Krankheit erwerbsunfähig ge- wordenen Kriegern, Beamten
und Ärzten und den Personen, welche bei Ausübung ihres Amtes er- werbsunfähig geworden sind, Unterstützung zu ge- währen.
Der Kaiserin-Augusta-Verein und die Kaiserin-Augusta-Stiftung haben den sich über die Angehörigen aller deutschen Staaten und
aller Konfessionen
[* 31] gleichmäßig erstreckenden Zweck, sich den hilfsbedürftigen Töchtern der im Kriege gegen Frankreich gefallenen
Offiziere, Militärbeam- ten, Geistlichen und Llrzte zu widmen, über den Invalidendank f.
d. Außerdem bestehen in den einzelnen deutschen Staaten eine Anzahl ähnlich wirkender wohlthätiger
Stiftungen und Vereine. Invalidenverforgung, die Unterstützung der Invaliden ls. d.).
Jeder Offizier oder im Offiziers- rang
stehende Militärarzt erhält in Deutfchland eine lebenslängliche Pension nach Vollendung des 60. Lebensjahres oder wenn
er nach einer Dienst- zeit von mindestens lOIabren zur Fortfetzung des aktiven Militärdienstes unfähig
geworden und des- halb verabschiedet wird.
Die Offiziere und im Offi- ziersrang stehenden Militärärzte des Veurlaub- tenstandes
erwerben den Anspruch auf Pension nicht auf Grund der Dienstzeit, sondern lediglich durch eine im Militärdienst erlittene
Verwundung oder Beschädigung.
Die Hohe der Pension wird be- messen nach der Dienstzeit und dem pensionsfädigen
Diensteinkommen der mindestens während eines Jahres bekleideten Charge.
Sie beträgt nach zehn- jähriger Dienstzeit ^/so
des pensionsfähigen Dienst- cinkommens und steigt von da ab mit jedem fol- genden zurückgelegten Dienstjahr um ^a bis zur
Marimalpension von «/? des Diensteinkommeno. Offizieren, f.
w., welche nachweislich durch den Krieg invalide und zur Fortfetzung des aktiven Militär- dienstes unbrauchbar
geworden sind, erhalten Pen- sionserhöhungen von ZOO-750 M. jährlich. Für den Verlust oder die Verstümmelung eines Gliedes
u. s. w. wird Verstümmelungszulage von jährlich 600 M. gezahlt. Unteroffiziere und Gemeine
haben Anspruch auf I., wenn sie Ganzinvaliden (s. d.) ^[= im Privatrecht das, was der Kläger vom Beklagten fordert, oder das Begehren dieses Gegenstandes ...] oder Halb- invaliden (s. d.)
sind. Haben dieselben 18 Jahre oder länger aktiv gedient, so ist zur Begründung ihres Versorgungsanspruchs
der Nachweis der Invalidi- tät nicht erforderlich. Die den versorgungsberech- tigten Mannschaften zu gewährenden Invaliden-
pensionen zerfallen für jede Rangstufe in 5 Klassen und betragen monatlich in Mark: Rangstufe i. n. m. IV. V.
Feldwebel . . . Sergeanten . . Unteroffiziere . Gemeine 42363330 33 27 24 21 27211815 2115129 15129 6 Die Gewährung
der verschieden abgestuften Klaf- fen richtet sich nach der Länge der Dienstzeit und nach dem Grade der Invalidität; die
I. Klasse z. B. ___.? gewährt; nach 8 jähriger, an Halbinvalide nach
12jähriger Dienstzeit. Mannschaften, welche nachweislich durch den Kriea. Ganzinvalide geworden sind, erhalten
¶
forlaufend
662
eine Pensionszulage von monatlich 6 M. neben der Pension.
Besondere Zulagen erhalten diejenigen Ganzinvaliden, deren Znstand
fremde Wartung und Pflege erforderlich macht, desgleichen die durch Ver- lust von Gliedern, Blindheit, Taubheit einfach oder
mehrfach Verstümmelten, sowie diejenigen, deren Zustand einer Verstümmelung gleich zu achten ist den nachweislich durch
Dienstbeschädigung einge- tretenen Verlust, die Verstümmelung oder das Un- brauchbarwerden eines Gliedes wird eine Ver- stümmelungszulage
von monatlich 18 M. gezahlt. Eine Pensionserhöhung steht außerdem den Kriegs- invaliden zu.
Ganzinvalide erhalten den Civilver-
sorgungsschein neben der Pension;
Halbinvaliden wird derselbe nach Wahl anstatt der Pension ver- liehen, jedoch nur nach
mindestens 12jähriger Dienst- zeit.
Invalide, welche an Epilepsie leiden, erhalten ksinen Civilversorgungsschein (s.d.).
Die Subaltern- und Unterbeamtonstellen bei den Reichs- und Staats- behörden, jedoch ausschließlich des Forstdienstes, wer-
den nach Maßgabe der vom Bundesrat festgestellten allgemeinen Grundsätze vorzugsweise mit Invaliden besetzt, welche den
Civilversorgungsschein besitzen. Als I. gelten: Pension und Pensionszulage, der Civilversorgungsschein,
die Aufnahme in ein In- valideninstitut, die Verwendung im Garnisondienst. An Stelle der Pensionierung können Ganz- invalide
mit ihrer Zustimmung durch Einstellung in ein Invalideninstitut (Invalidenhaus, Invaliden- compagnie) versorgt werden (s.
Invalidenhäuser).
Halbinvalide Unteroffiziere können im aktiven Mi- litärdienst belassen werden, wenn sie sich zur Ver-
wendung in solchen militär. Stellen eignen, deren Dienst die Felddienstfähigkeit nicht erfordert.
Den
Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen oder an Kriegsverwundungen später Gestorbenen, ebenso derjenigen, welche im Kriege
erkrankt und infolge- dessen vor Ablauf
[* 33] eines Jahres nach dem Friedens- schlüsse gestorben sind, stehen ebenfalls bestimmte
Entschädigungen zu.
Soldaten, welche sich in der zweiten Klasse des Soldatenstandes befinden, haben auf
I. nur dann Anspruch, wenn sie durch Verwen- dung vor dem Feind invalid geworden sind. Militärpersonen des Beurlaubtenstandes
können einen Invalidenanspruch ausschließlich durch Dienstbeschädlaung während einer Dienstleistung bei der aktiven Armee
(im Kriege oder während einer Friedensübung) erwerben.
Die Regelung der In- validenansprüche erfolgt
nach Abgabe militärärzt- licher Gutachten durch die Militärbehörden (General- kommandos bez. Kriegsministerien) auf Grund
der angeführten Gesetze und der dazu seitens der Kriegs- rninisterien erlassenen Ausführungsbestimmungen.
Über die Versorgung
der Kriegsinvaliden s. auch Neichsinvalidenfonds. -
Vgl. die Kommentare zum Pensionsgesetz von Seydlitz (Berl. 1874), Vogel
(Bonn
[* 34] 1876) und Neumann (2. Aufl., Berl. 1878).
Nach ähnlichen Grundsätzen wie in Deutschland erfolßt die Versorgung der Militärinvaliden gegen- wärtig in allen großen
Staaten.
Früher erhielten in England die im Dienst Verwundeten Prämien nach bestimmter Taxe für jede Beschädigung des Körpers,
z. B. für einen Fuß 20, für beide Augen 100 Pfd. St., während jetzt auch dort die Betreffen- den nach
dem Grade ihrer Erwerbsunfähigkeit Pen- sionen in verschiedener Höhe beziehen. Invalidenwesen, s. Invalide und Invaliden-
venorgung. Invalidität im Sinne der Arbeiterversicherung,' s.
Erwerbsunfähigkeit.
Invaliditäts- und Altersversicherung, der
jenige Zweig der Arbeiteroersicherung (s. d.), ^[= s. Altersrente.] welcher die Versorgung für den
Fall dauernder Erwerbs- unfähigkeit bezweckt.
Soweit solche aus Betriebs- unfällen herrührt, erfolgt
die Invaliditätsversiche- rung im Wege der «Unfallversicherung'); soweit sie durch Alter oder Siechtum hervorgerufen ist,
hat da3 Reichsgesetz vom liditäts- und Altersversicherungsgesetz) eine ent- sprechende Fürsorge getroffen.
Nur wenige Jahre vor diefer großartigen gesetzgeberischen Schöpfung herrschte auch in wissenschaftlichen
und arbeiter- freundlich on Kreisen noch allenthalben fast unbe- stritten die Ansicht, daß freie genossenschaftliche Vereinigungen
die zur Zeit einzig mögliche Form der I. u. A. darstellten und daß die Mitwirkung des Staates sich daher auf den Erlaß von
Normativ- bestimmungen, Beschaffung zuverlässiger Rech- nungsgrundlagen und dauernde Aufsicht beschränken müßte.
Auf diefem Standpunkt stehen denn auch gegenwärtig noch alle auherdeutschen Staaten, und während die socialpolit. Gesetzgebung
des DeutschenReichs in Bezug auf Kranken-und Unfallversicherung in andern Ländern, z.B. in Osterreich, nachgebildet worden ist
oder werden soll, ist dies bisher mit der I. u. A. nicht der Fall. Überhaupt spielt dieselbe
überall eine untergeordnete Rolle, vor allem, weil die Einkommensverhältnisse der Arbeiter in der Regel nicht hinreichen,
die Mittel zu einer I. u. A. auszubringen. Meist hat sich auch die I. u.
A., so- weit sie überhaupt vorhanden, nicht als selbständiger Versicherungszweig entwickelt. In England z. B.
ist die I. u. A. (und zwar auch vorzugsweise nur bei den sog. patronisierten Hilfskassen, s. d. ^[= 0, s. A (Buchstabe).]
^S. 175 d^) dergestalt mit der Krankenversicherung verbunden, daß diejenigen Kassenmitglieder, die sicb gegen Krankheit aus
Lebenszeit versichert haben, insofern sie durch Invalidität, Unfall oder Altersschwäche erwerbsunfähig werden, nach Ablauf
der Zeit, in der sie das volle Krankengeld bezogen haben, nock einen Bruchteil (^,//3 u. s. w.)
desselben weiter erhalten. Auch in Osterreich, Ungarn,
[* 35] Frankreich, Belgien,
[* 36] der Schweiz
[* 37] u. s. w. bilden die teils selb- ständigen,
teils mit Kranken- oder sonstigen Kassen verbundenen Invalidenkassen (s.d.) die regelmäßigen Formen der I. u. A. Invaliditäts-
und Altersversicherungsge- fetz, das deutsche Reichsgesetz, betreffend die Inva- liditäts- und Altersversicherung
derÄrbeilei', eö dk- det den (vorläufigen) Schlußstein der auf die Ausge- staltung der Arbeiterocrsichernng gerichteten
social- polit. Gesetzgebung. Schon die kaiscrl. Botschaft vom mit welcher diese inauguriert wurde, sprach es aus,
daß auch diejenigen, welche durch Alter und Invalidität erwerbsunfähig wer den, der Gesamtheit gegenüber
einen Anspruch auf ein höheres Maß von Fürsorge haben, als ihnen bisher hat zu teil werden tonnen. Am sechsten Jahrestage
dieser Kundgebung (1887) wurden die im Reichsamt des Innern ausgearbeiteten Grundzüge eines I. u. A. der öffentlichen Kritik
übergeben.
Hier- aus erwuchs der im Herbst 1888 dem Reichstag vor- gelegte Entwurf, der nach tiefgehenden
Beratungen zur Annahme gelangte, als Gesetz publiziert wurde und in Kraft trat. Das Grundprincip des I.
u. A., wie der deut- schen Arbeiterversicherung (s. d.) ^[= Mit A. bezeichnet man Einrichtungen, die den Arbeitern oder deren Angehörigen im Falle teilweisen ...] überhaupt, bildet
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forlaufend
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der Versicherungszwang, die gesetzliche Ver- pflichtung zur Teilnahme an der Versicherung. Er erstreckt sich auf die gesamte
arbeitende Bevölkerung,
[* 39] ioweit sie das 16. Lebensjahr überschritten hat und gegen Gehalt oder Lohn beschäftigt ist;
insbesondere
umfaßt er alle männlichen und weiblichen, ledigen und verheirateten, deutschen oder ausländischen Ar- beiter, Gehilfen,
Gesellen, Lehrlinge, Dienstboten und Seeleute ohne jede Einkommensgrenze, die Vetriebsbeamten, Handlungsgehilfen und
-Lehr- linge dagegen nur, wenn ihr regelmäßiger Jahres- arbeitsverdienst 2000 M. nicht übersteigt.
Aus- genommen von der
Versicherungspflicht sind die Hausgewerbetreibenden;
doch kann sie auch auf diese und auf die kleinen Vctriebsunternehmer
(die nicht regelmäßig wenigstens einen Lohnarbeiter diejenigen, welche Invalidenrente nach dem Gesetz
beziehen. Wer vom Reich, einem Bundesstaat oder Kommunalverband Pension oder Wartegeld im Mindestbetrage von 114,25 M. oder
aus der Reichs- unfallversicherung eine gleichhohe Rente bezieht, muß auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht befreit
werden. Die Versicherungspflichtige Beschäftigung begrün- det das Versichcrnngsverhältnis, d. h.
die Pflicht zu Beiträgen und die Anwartschaft auf Fürsorge. Doch kann dasselbe auch bei Unterbrechungen
der Be- schäftigung, sowie nach dem Ausscheiden aus der- selben unter gewissen Voraussetzungen fortgesetzt bez. erneuert werden.
Die Versicherung erfolgt durch 3l territorial ab^ gegrenzte Versicherungsanstalten. Verzeichnis der Versicherungsanstalten.
Bezirk Sitz Zahl der seit Inkrafttreten des Gesetzes bis erhobenen Ansprüche auf V' :^," Altersrente
^«^^ Provinz Ostpreußen » Westpreußen StadtkreisBerlin Provinz Brandenburg « Pommern » Posen « Schlesien » Sachsen
und Herzogtum Anhalt « Schleswig-Holstein und oldenburgisches Fürstentum Lübeck » Hannover, Fürstentum Pyrmont, Schaumburg-Lippe
und Lippe « Westfalen » Hessen-Nassau
[* 40] und Fürstentum Waldeck
Rheinprovinz
[* 41] nebst den Hohenzollernschen Landen und olden- burgisches Fürstentum Virlenfeld Reg.-Vez. Oberbayern «
» Niederbayern « Pfalz » «
Obervfalz und Regensburg » « Oberfranken » «
Mittelfranken ' » Unterfranken mit Afchaffenburg « » Schwaben und Neuburg Königreich Sachfen « Württemberg Großherzogtum
Baden » Hessen Großherzogtümer Mecklenburg"Schwerin und Mecklenburg- Strelitz Großherzogtum Sachsen-Weimar,
Herzogtümer Sachsen-Mei- ningen, Sachsen-Nltenburg, Sachsen-Coburg und Gotha,
[* 42] Fürstentümer Schwarzburg-Sondershausen, Schwarzburg-
Rudolstadt,
[* 43] Renß ä. L. und Nenß j. L. (Thüringische Ver- sicherungsanstalt) Großherzogtnm Oldenburg
[* 44] außer den Fürstentümern
Lübeck
[* 45] und Virkcnfelo Herzogtum Vraunfchweig Die Gebiete der drei freien und Hansestädte Lübeck, Bremen
[* 46] urH Hamburg
[* 47] (Hanseatische
Versicherungsanstalt) TasReichsland Maß-Lothringen Königsberg
[* 48] i. Pr. Danzig Berlm BerlinStettin Posen Breslau Merseburg
[* 49] . . . Kiel Hannover . . Münster
[* 50] i. W. Cafsel Düsseldorf
[* 51] München.
[* 52] Landshut
[* 53] Speyer
[* 54] Regensburg
[* 55] Bayreuth . Ansbach
[* 56] . . Würzburg . Augsburg . Dresden . . Stuttgart . Karlsruhe . Darmstadt . Schwerin i. M. Weimar Oldenburg . . . Vraunschweig. . Lübeck
Straßburg
[* 57] i. E. . 522 307 357 270 343 117 593 810 380 208 430 020 1091 714 676 880 291 213 542159 511016 355 106 956 880 280 362 176 784 149 225 131 469 129 406 170 812 127 899 159 256 808 211 382 928 326 110 194 135 193 392 285 236 60 934 104 729 192 075 363 444 22 414 9 266 2 703 18 814 8 251 12 777 28 351 13 934 9 356 14 208 9 255 5 352 16 173 24 631 10 254 5 46" 4 635 4 026 5 03j 5103 892 1718 1718 7 200 4468 2463 863 3107 2065 2096 8284 2672 891 3072 2121 1272 4660 7308 2138 1591 1686 686 657 100s 153 373 297 1154 beschäftigen)
durch den Bundesrat ausgedehnt wer- den. Visher ist dies nur bezüglich der Hausgewerb- treibenden der
Tabakindustrie geschehen durch Vun- desratsbeschluß vom Diese Personen sind auch zur Selbstversicherung berechtigt,
sofern sie noch nicht 40 I. alt und nicht invalid sind.
Nicht ver- sicherungspflichtig sind ferner die Reichs- und Staats-
beamten, die mit Pensionsberechtigung angestellten Kommunalbeamten und die Personen des Soldaten- standes
(einschließlich der Marine), weil sie der ge- setzlichen Fürsorge nicht bedürfen;
andererseits die bereits Invaliden, welche
gegen den Eintritt dieser Gesahr nicht mehr versichert werden können, sowie Neben diesen Versicherungsanstalten giebt es
noch folgende besondere Kasseneinrichtungen: Pensionskassen Sitz Reichseisenbahnen . . . . Preußische Staatsbahnen.
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