Ebenso scheinen pflanzliche
Schmarotzer
(Trichophyton tonsurans Malmst., s.
Hautkrankheiten
[* 5] [der Haustiere], Bd. 8, S. 907 b), die
Hautkrankheiten bei Hunde
[* 6] hervorrufen,
auf gesunde
Menschen übergehen zu können; auch haftet ihm mancherlei Ungeziefer und Unreinlichkeit an.
Leicht lernt der
Hund
stehlen, wird den Gespannen, dem Geflügel u. s. w. gefährlich, jagt für sich auf eigene
Faust u. s. w. Kurz seine allgemeine Haltung ist mit manchen Unannehmlichkeiten verbunden,
außerdem durch
Steuern, Maulkorbzwang, ja sogar durch Gesetze beschränkt. Durch die Zeitfortschritte ist der
Hund seiner
ursprünglichen Bestimmung vielfach entfremdet und mehrenteils zum bloßen Spielzeuge des
Menschen geworden.
Die Züchtung des
Hundes wird heute durch zahlreiche
Vereine gefördert. InDeutschland
[* 7] bilden die wichtigern
derselben die «Delegiertenkommission», welche schon seit 15 Jahren ein
«DeutschesHunde-Stammbuch» führt und sich um die Hundezüchtung sehr verdient gemacht hat, namentlich auch durch alljährliche
Veranstaltung von
Ausstellungen, Prüfungssuchen von Hühnerhunden u. s. w.
Litteratur.VeroShaw, Das illustrierte
Buch vom Hunde (deutsche
Übersetzung, Lpz. 1883);
die Dressurbücher von Wörz, Oswald und dem
Verein zur Züchtung deutscher
Vorstehhunde («Zucht, Dressur und Abführung des deutschen
Vorstehhundes»; Neudamm 1888);
(CeratopsylluscanisDug.), eine 2-3
mm lange, auf
Hunden und
Katzen,
[* 10] vorüber gehend auch
auf dem
Menschen schmarotzende Art
Floh, vom
Menschenfloh (s. d.) durch geringeres Springvermögen und kammartig gestellte
Stacheln an Hinterkopf und Vorderrücken verschieden.
Kalender, ein dem
Abte des
Klosters Laugheim,
Mauritius Knauer (1612-64), zugeschriebenes, oft ausgelegtes
Volksbuch, worin mit Einmischung astrol. und anderer abergläubischer
Vorstellungen eine Übersicht desKalenders
auf ein ganzes Jahrhundert gegeben wird.
ein Gesellschaftskartenspiel unter einer beliebigen Anzahl von
Personen, das mit jeder Karte gespielt
werden kann. Die
Blätter gelten wie üblich, Trumpf giebt es nicht, sondern A spielt z. B. irgend ein
As aus und ruft 11, B giebt eine 10 zu und sagt 21, und dies geht so fort, bis jemand die 100 voll
machen oder überschreiten muß, womit er das
Spiel verliert. - Auch ein
Spiel mit 36
Blättern unter Dreien oder Vieren, wobei
der gewinnt, der durch Ansagen und
Stiche zuerst 100
Augen hat, heißt Hundertspiel.
Pfennig, eine Vermögenssteuer, s. GemeinerPfennig. ^[= Pfenning (Zeichen). Die übliche Münze, ja das einzige geprägte Silbergeld war jahrhundertelang ...]
Joh.
Christian, Forstmann, geb. zu
Hanau,
[* 12] besuchte die
UniversitätHeidelberg,
[* 13] wurde 1818
Lehrer
an der staatswirtschaftlichen
Fakultät zu
Tübingen,
[* 14] 1821 Forstmeister in Fulda
[* 15] und Direktor der dortigen
Forstlehranstalt, 1824 ord. Professor an der
Universität Gießen,
[* 16] zugleich Direktor einer noch zu gründenden Forstlehranstalt.
Letztere wurde 1825 eröffnet, 1831 mit der
Universität vereinigt, nachdem Hundeshagen von der Direktion zurückgetreten war. Hundeshagen starb Er
war der Begründer einer neuen Formel- oder Normalvorratsmethode (s.
Massenmethoden) zur Berechnung des
Waldertrags, des sog. Nutzungsprozents, und schuf ein neues
System der Forstwissenschaft, in welchem er die «Forststatik»
als besondere Wissenschaft, als
«Lehre
[* 17] von der Meßkunst der forstlichen Kräfte und Erfolge» behandelt. Er schrieb: «Encyklopädie
der Forstwissenschaft» (3 Abteil.: «Forstliche Produktionslehre», «Forstliche
Gewerbslehre», «Forstpolizei», Tüb. 1821-31;
4. Aufl., besorgt von Klauprecht, 1842-59),
«Die Forstabschätzung auf neuen wissenschaftlichen Grundlagen» (ebd. 1826; 2. Aufl.,
von Klauprecht, 1848),
«Lehrbuch der
land- und forstwirtschaftlichen Naturkunde» (3 Abteil., ebd. 1827-30; 4. Abteil.,
hg. von Klauprecht, Karlsr. 1840). Von einer durch Hundeshagen begründeten Zeitschrift
(1824): «Beiträge zur gesamten Forstwissenschaft», sind nur 8 Hefte erschienen.
KarlBernh., prot. Theolog, Sohn des vorigen, geb. 3O. Jan. 1810 zu Friedewald bei Hersfeld,
[* 18] studierte
in Gießen und
Halle,
[* 19] habilitierte sich 1831 in Gießen, wurde 1834 Professor an der
UniversitätBern,
[* 20] 1847 in
Heidelberg und, infolge
der bad. Kirchenhändel mit der dortigen Landeskirche zerfallen, 1867 inBonn,
[* 21] wo er starb.
Von seinen
Schriften sind hervorzuheben: «Die
Konflikte des Zwinglianismus, Luthertums und
Calvinismus in der bernischen Landeskirche
1532-58» (Bern
1842),
«Der deutsche
Protestantismus, seine Vergangenheit und seine heutigen Lebensfragen» (Frankf. a. M.
1846; 3. Aufl. 1850),
«Die Bekenntnisgrundlage der vereinigten evang.
Kirche im Großherzogtum
Baden»
[* 22] (ebd. 1851),
«Das Princip der freien Schriftforschung in seinem Verhältnis
zu den
Symbolen und der
Kirche» (Darmst. 1852),
«über die Natur und die geschichtliche
Entwicklung der Humanitätsidee» (Berl.
1853),
«Der Weg zu Christo» (Frankf. a. M.
1853; populartheol. Vorträge) und die vortrefflichen «Beiträge zur Kirchenverfassungsgeschichte
und Kirchenpolitik, insbesondere des
Protestantismus» (Bd, 1, Wiesb.
¶
forlaufend
433
1864). 1865 übernahm Hundrieser mit Riehm die Redaktion der «Theol. Studien und Kritiken». Aus seinem Nachlaß gab Christlieb «Ausgewählte
kleinere Schrif- ten und Abhandlungen» (2 Bde., Gotha
[* 24] 1874-75) heraus. -
Vgl. die biogr. Skizzen von Christlieb lGotha 1873)
und Riehm in «Theol. Studien und Kritiken» (ebd. 1874).
Hundesteuer, eine vom Halten der Hunde er- hobene Aufwandsteuer, die teils unter die Kategorie der Luxussteuern
(s. d.) zu rechnen ist, teils als eine aus sanitätspolizeilichen Gründen (zur Beschränkung der Tollwut) erhobene Gebühr
erscheint. Sie ist entweder Staats- oder Gemeindesteuer, zuweilen auch eine Verbindung aus beiden. Der Ertrag wird von den
Gemeinden häusig für die Ortsarmenpflege verwendet. In Preußen
[* 25] ist die Erhebung der Hundrieser den Gemeinden
gestattet, derHöckstbetrag auf 20 M. festgesetzt. In Bayern
[* 26] sind die Gebühren nach der Größe der Gemeinden von 3 bis 15 M.
abgestuft.
Nach Abzug der Kosten für Visitation u. s. w. teilen sich Staat und Gemeinden in die Einnahme; Er- trag
1890/91: 1140000 M. In Hessen
[* 27] wird für jeden Hund eine Staatssteuer von 5 M. erhoben, außerdem sind den Gemeinden Zuschläge
bis zu 5 M. gestattet; Ertrag 1890/91: 150000 M. In wachsen stießt die von den Gemeinden veranlagte Hundrieser (wenigstens 3 M.
vom Hund) der Armenkasse zu. In Württemberg
[* 28] beträgt die Steuer 7 M.;
die Hälfte fällt dem Staat, die
Hälfte der Armenkasse zu; seit 1889 dürfen die Gemeinden einen Zuschlag bis 12 M. erheben;
Ertrag 1892/93: 178500 M. In
Baden teilen sich Staat und Gemeinden in die Steuersumme;
seit 1876 Verdoppelung des Steuer- satzes auf 8 bez. 16 M.;
Ertrag 1888/89: 575812 M. Hamburg
[* 29] erhebt für jeden Hund in der Stadt 10M.,aufdemLande6M.;
Ertrag 1891:140000 M. In Lübeck
[* 30] fließen die Erträge der Hundrieser seit 1880 in die Ortsarmenkasse. In Bremen
[* 31] wirft die Steuer 12-15000 M., in Wald eck 8-9000 M., in
Co- burg-Gotha 30000 M. ab. In England war die Hundrieser von 1796 bis 1889 Staatssteuer mit
Abstufungen nach Art und Zahl der Hunde eines Besitzers und Befreiungen wegen Armut und für Hirtenhunde.
Seit 1889 ist sie
Ge- meindesteuer. In Irland wurde die Staatssteuer 1823 aufgehoben, jedoch 1865 eine Lokalabgabe von 2Schill. für den Hund
wieder eingeführt. In Frankreich ist die Hundrieser Gemeindeabaabe; unter- schieden wird zwischen Jagd- und Luxushunden
einerseits und Wachhunden andererseits; die Sätze bewegen sich zwischen 1-10 Frs. In Österreich
[* 32] ist die Hundrieser eine in den einzelnen
Kronländern ver- schieden geregelte Territorialsteuer. Hundetragen, eine ursprünglich beiden Franken und Schwaben und dann
im ganzen DeutschenReiche übliche Strafe für adlige Landfriedensbrecher.
Die- selben mutzten nämlich, bevor das Todesurteil an ihnen vollstreckt wurde, einen Hund, wie im gleichen Falle der Dienstmann
einen Sattel, der Bauer ein Pflugrad und der Pfaffe einen Codex, aus einem Gau in den andern tragen, wodurch symbolisch an- gedeutet
werden sollte, daß sie besser gethan hätten, bei ihrem Geschäft zu bleiben, als unberufen Kriegs- wirren
anzustiften.- So ließ 938 KaiserOtto I. die Anhänger des aufrührerischen HerzogsEberhard und KaiserFriedrich 1.1155 den rhein.
Pfalzgrafen Hermann und dessen Genossen Hunde tragen.
Hundewache, in der Seemannssprache die Wache von Mitternacht bis 4 Uhr
[* 33] morgens; die Brockhaus'
Kouversations-Lexikon. 14. Aufl.
IX. dienstliche Bezeichnung der Hundrieser ist Mittelwache. Hundewürmer, alle Eingeweidewürmer des Hundes; im engern Sinn der Hundebandwurm.
(S. Leberechinococcus.) Hundezecke, s. Holzbock. Hundheim, Dorf im Amtsbezirk Wertheim des bad. Kreifes Mosbach, 11 km im SW.
von Wert- heim, hat (1890) 759 kath. E., Postagentur, Fern- sprechverbindung
und ist bekannt durch das Gefecht vom zwischen Teilen der Division Fließ der preuh.
Mainarmee und bad. Bataillonen. «unärsa, der angelsächs.
Ausdruck für das deutsche Hundertschaft angelsächs. Zeit eine Abteilung der Grafschaft (»nii-s) und die innerhalb derselben
wohnende angelsächs. Bevölkerung,
[* 34] da man in der Verfassung der Volks- wehr die Unterabteilungen als Hundertschaften
und Zehntschaften bezeichnete, mochten bei der Un- gleichheit der Aushebungsbezirke auch mehr oder weniger Mannschaften aufgebracht
werden. Das II. (csuwua,) entspricht demgemäß ungefähr den modernen Amtsbezirken.
Zum Zweck gegenseitiger Rechtshilfe gestalteten sich auch freiwillige Verbin- dungen oder Gilden, Friedensbürgschaften 1)01-^8),
in Zehntschaften oder Hundertschaften, d. h. Unterabteilungen, welche die Verpflichtung über- nahmen,
diejenigen ihrer Mitglieder, welche ein Verbrechen begingen, vor Gericht zu stellen oder subsidiarisch für den Schaden einzustehen.
In der normann. Zeit wurde das II. gesetzlich für haftbar erklärt für heimliche Tötungen und Friedensbrüche in ihrem
Bezirk, eine Polizeieinrichtung, aus der wichtige Gerichts- und Kommunalinstitutionen spä- terer
Aeit hervorgegangen sind.
Noch bis in die jüngste Zeit konnte jemand, dessen Eigentum inner- halb eines Hundrieser durch Friedensstörung beschädigt
oder zerstört wurde, die Gesamtheit der Einwohner des II. auf Schadenersatz verklagen. Die 1886 erlassene Iliot ^ct bestimmt,
daß in der Folge beschädigte PersonenSchadenersatz von der zuständigen Polizei- behörde zu beanspruchen
berechtigt sind. Die nöti- gen Gelder sind aus den Fonds der Grafschaftbez. der Stadt zu erheben. Hiermit wurde die letzte
prak- tische Bedeutung der Hundrieser beseitigt; doch haben viel- fach die neuern Einteilungen, z. B. die Vet^ßss- 810UH11)ivi8iou8
(s. ^H8tic6 ol tk61^63.06), die Gren- zen der alten II. UunÄryÄv?ViFkt (spr. hönndredweht), engl.
Handelsgewicht, s. ^V0irl1upoi8.
Hundrieser, Emil, Bildhauer, geb. zu Königsberg
[* 35] i. Pr.,
trat nach vollendeten Akademiestudien zu Berlin
[* 36] in SiemeringsAtelier. Nach längern Reisen begründete er eine selbständige
Werkstatt und fertigte die Lutherstatue für Magde- burg (Bronze,
[* 37] 1886), die StatuenFriedrich Wil- helms
III. für die Ruhmeshalle in Berlin, Kaiser Wilhelms I. wie Schlüters für das Polytechnikum in Charlottenburg,
[* 38] die Marmorstatue
der Königin Luise sür die Berliner
[* 39] Nationalgalerie.
Seine Gruppe: Der friede, wurde auf der MünchenerAusstellung nnt der großen goldenen Medaille prämiiert. Bei Wettbewerbungen
erhielt er u. a. für das DenkmalKaiser Wilhelms I. auf dem Kyff- häuser den ersten Preis. 1893 wurde
er mit der Aus- führung des KaiserFriedrich-Denkmals (Bronze- statue) für Merfeburg beauftragt. Der Künstler lebt in Charlottenburg
bei Berlin und ist Professor und Mitglied der dortigen königl. Akademie der Künste. 28
¶
(Umbra), eine aus zwei kleinen Arten bestehende, den Hechten nahe verwandte Gattung von sehr merkwürdiger
geogr. Verbreitung: die eine Art (Umbra Crameri Fitz.) bisweilen im südöstl.
Europa,
[* 48] in Ungarn,
[* 49] die andere
(Umbra limi Kirtland) im centralen Nordamerika.
[* 50]
(Grotta del cane), eine wegen ihrer Mofetten berühmte Höhle zwischen Neapel
[* 52] und Pozzuoli, am Rande
des Kratersees Agnano (s. d.), ist etwa 3 m. tief, 1 m breit und 3 m
hoch.
KleinereTiere (z. B. Hunde, daher der Name Hundsgrotte), welche man in die Höhle bringt, werden betäubt oder ersticken.
Die Grotte
war schon den Alten bekannt und wurde von Plinius beschrieben.
Grannenhaare, Ziegenhaare, Falsche
[* 53] Haare,
[* 54] Stichelhaare, die langen, groben, nicht gekräuselten
Haare, wie sie im Vließ der Schafe
[* 55] und anderer Wolle liefernden Tiere neben den gekräuselten feinen Haaren der Grundwolle vorkommen.
die Zeit, in der die Sonne
[* 57] die Grade 120-150 der Ekliptik oder das Zeichen des Löwen
[* 58] durchläuft und die
um den 24. Juli beginnt und um den 24. Aug. endigt; sie heißt deshalb so, weil die entsprechende Jahreszeit,
bei den Griechen Opora genannt, dadurch bestimmt wurde, daß der Hundsstern oder Sirius dann mit der Sonneauf- und unterging.
Diese Zeit ist in Griechenland
[* 59] sehr heiß; auch in Deutschland gilt sie für die heißeste Zeit des Jahres,
wiewohl gegen ihr Ende die Abnahme der Wärme
[* 60] öfters sehr merklich wird.
(Anthomyia canicularis L.), kleine Stubenfliege, 5-6 min lang, Bruststück grauschwarz, oben mit drei
dunkeln Linien, Hinterleib grau, vorn an den Seiten gelblich durchscheinend, findet sich im Spätsommer häufig auch in Häusern
und wird ebenso lästig wie die gemeine Stubenfliege (s. d.)
(Wutkrankheit, Tollwut,
Wasserscheu, Lyssa, Rabies canina), eine eigentümliche, schon im Altertum bekannte und
bereits von Aristoteles und Celsus meisterhaft beschriebene akute Infektionskrankheit, welche ursprünglich die Hunde und die
dem Hundegeschlecht angehörenden Tiere, die Wölfe, Hyänen, Schakale und Füchse, befällt, aber von
diesen auch auf den Menschen, die Katze,
[* 62] auf Hornvieh, auf Pferde,
[* 63] Schweine, Meerschweinchen und Kaninchen,
[* 64] vielleicht selbst
auf Vögel
[* 65] übertragen werden kann.
Die Symptome der Tollheit an Hunden sind nach Rasse, Temperament, Alter, Geschlecht u. s. w. verschieden; man faßt aber dieselbe
richtig auf, wenn man sie als eine fieberhafte, mit Delirien und andern Funktionsstörungen verbundene Erkrankung des Centralnervensystems
betrachtet. Den hauptsächlichsten Krankheitszeichen nach lassen sich jedoch die schon längst angenommenen zwei Hauptformen
des Übels, die rasende und die stille Wut, beibehalten, obschon diese sich nur in seltenen Fällen streng scheiden.
Die erstere giebt sich besonders dadurch kund, daß die Hunde mit dem Anfange der Krankheit ihr bisheriges
Betragen (besonders auffällig gegen Personen, denen sie sonst zugethan sind) ändern, eine wechselnde Gemütsstimmung und
große Unruhe zeigen, ungewöhnlich herumschweifen, überhaupt großen Vagiertrieb kundgeben, viel an kalten Gegenständen
lecken, die Freßlust verlieren oder fremdartige Gegenstände, wie Holz,
[* 66] Stroh, Steine, Nägel
[* 67] u. s. w.,
verschlingen, weder bellen noch in der Art der gesunden Hunde heulen, sondern einen eigentümlichen heisern Ton von sich geben,
der zwischen jenen ziemlich mitteninne steht, früher oder später eine sehr heftige Neigung zum Beißen rasch an ihnen sich
vorbeibewegender Dinge, endlich gegen Katzen, dann gegen Hunde und zuletzt gegen Menschen zeigen, oft auch
in die bloße Luft schnappen, in ihrem äußerlichen Ansehen zwar im Anfange weniger verändert sind, nach einigen Tagen aber
gerötete und dazu sehr matte Augen bekommen, in kurzer Zeit infolge der stetigen Aufregung sehr abmagern und ein rauhes,
struppiges Äußere erhalten (sog. maniakalisches Stadium).
Die stille Wut (melancholisches Stadium) unterscheidet sich von der rasenden dadurch, daß der Unterkiefer vermöge einer Lähmung
seiner Muskeln
[* 68] herabhängt, weshalb alles, was in die Mundhöhle
[* 69] gebracht wird, gleichwie auch der Speichel, wieder herausfließt,
daß der Trieb zum Beißen und Umherlaufen nicht so heftig ist (doch kann trotz der gelähmten Unterkiefermuskeln
gebissen werden), daß die veränderte Stimme nur selten gehört wird, daß bald Unempfindlichkeit gegen äußere Einwirkungen,
Lähmung des Hinterteils, Teilnamlosigkeit und Betäubung hinzutritt (sog. paralytisches Stadium).
Ihren Herrn erkennen die kranken Hunde in den spätern Stadien der Krankheit häufig erst, wenn sie angerufen (aus den
Delirien erweckt) werden. Wasserscheu, Abneigung gegen glänzende Gegenstände zeigen die Hunde nicht immer. Das Licht
[* 70] scheuen
sie nur, wenn die Augen entzündet sind, und den Schwanz ziehen sie ein (lassen ihn hängen) nur bei Lähmung der hintern Körperhälfte.
In allen Fällen erfolgt der Tod 6-8, längstens bis 12 Tage nach dem ersten Auftreten der Krankheit; die
Fälle von angeblichen Heilungen beruhen meist auf Verwechselungen mit andern ähnlichen Erkrankungen. Bei den Sektionen
¶
mehr
finden sich keine charakteristischen Veränderungen, am häufigsten noch starke Blutüberfüllung innerer Organe, namentlich
des Schlundes und Darmkanals. Häufig finden sich auch ungenießbare Gegenstände (Leder, Holz, Nägel, Haare und aus solchen
zusammengefilzte Zöpfe, Steine u. s. w.), welche die Tiere in ihrer Wut verschluckt haben, im Magen
[* 72] oder Darm.
[* 73] Früher hielt
man das Vorkommen von kleinen vereiternden Bläschen (Marochettische Bläschen) unter der Zunge zu beiden
Seiten des Zungenbändchens für einen charakteristischen Sektionsbefund der Wut, doch finden sich dieselben auch bei gesunden
sowie bei milzbrandkranken Hunden.
Auch der sog. Tollwurm, d. h. eine vom Körper des Zungenbeins beim Hunde median in das Zungenfleisch eindringende normale
Bandmasse, galt früher als Ursache der und wurde deshalb von den Jägern bei jungen Hunden operativ entfernt. Die Sektion bestätigt
nur dann die Annahme der Wut, wenn sie im Körper sonst nichts findet, was die schwere Erkrankung erklärt. Die Erkennung
der Tollheit ist mit großen Schwierigkeiten verbunden, und nur sorgfältige fortgesetzte Beobachtung sichert
die Diagnose.
Die Wut wird nur durch Ansteckung fortgepflanzt, durch Übertragung eines specifischen Kontagiums, des sog. Wutgiftes, eines
fixen, niemals flüchtigen oder verschleppbaren, sich nur im kranken Tierkörper vervielfältigenden Infektionsstoffs, welcher
am Speichel und Geifer der kranken Tiere, am Blut und an den Speicheldrüsen haftet und bei seiner Übertragung
auf zahlreiche andere Tiergattungen und den Menschen unter gewissen Bedingungen wiederum die tödliche Wutkrantheit erzeugt.
Fol und Babès fanden im Gehirn
[* 74] wutkranker Hunde eigentümliche Mikroben in der Form glänzender Diplokokken von 0,5 bis 0,8
Mikromillimeter Durchmesser, welche sie als die eigentlichen Erreger der Tollwut betrachten. Von andern
Forschern sind diese Angaben nicht bestätigt worden, sodaß gegenwärtig die Natur des Wutgiftes noch nicht festgestellt
ist. Große Hitze und Kälte, Mangel an Wasser und guter Nahrung, Behinderung der Befriedigung des Geschlechtstriebesu. dgl.
können vielleicht einen günstigen Boden für die Krankheit schaffen, sie aber nicht hervorrufen.
Ebensowenig können die Einflüsse der Domestikation, der Zähmung und der Dressur als ursächliches
Moment der Wut hingestellt werden, da die Krankheit sich ebenso häufig in Gegenden entwickelt, wo die Hunde, wie z.B. im Orient,
in Algerien,
[* 75] in China,
[* 76] sehr große Freiheit genießen. Oft mag die Krankheit von Füchsen und Wölfen auf die Hunde
und umgekehrt übertragen werden. Die Häufigkeit des Vorkommens der Hundswut ist in den einzelnen Ländern und je nach der Strenge,
mit welcher die staatlichen Schutzmaßnahmen gehandhabt werden, ungemein verschieden. Im DeutschenReiche erkrankten 1886 im
ganzen 578 Tiere an der Tollwut, nämlich 438 Hunde, 92 Rinder,
[* 77] 32 Schafe, 7 Schweine, 5 Pferde, 3 Katzen
und 1 Ziege. Eine größere Frequenz findet sich in Österreich, Italien
[* 78] und Frankreich; so wurden 1883 in Österreich 837, 1884 sogar 911 wutkranke
oder der Wut verdächtige Hunde gezählt.
Die Übertragung der Hundswut erfolgt durch Einführung des Speichels in eine Wunde und geschieht auch, wenn eine
wunde Stelle von einem kranken Tiere geleckt wird; doch erfolgt die Ansteckung nicht immer. Bei künstlichen Ansteckungsversuchen
mit Speichel erfolgte
dieselbe zu 23 Proz., und von 100 von tollen Hunden gebissenen Menschen erkranken gleichfalls etwa nur 20. Weniger
ansteckend als der Speichel ist das Blut. Auf die unversehrte Schleimhaut des Verdauungskanals gebracht,
ist das Wutgift unwirksam, weshalb Milch und Fleisch wutkranker Tiere in der Regel ohne Nachteil verzehrt und verfüttert werden
können.
Die Krankheit bricht in der Regel 60-70 Tage nach erfolgter Ansteckung aus, doch sind auch sichere Fälle bekannt, wo sie sich
schon nach 14 Tagen oder erst nach einem Jahre und später zeigte; mit Sicherheit ist jedoch noch kein
Fall beobachtet, bei welchem die Wut später als 14 Monate nach stattgehabtem Biß seitens eines tollen Hundes bei den Menschen
oder Haustieren ausgebrochen wäre. Erkältungen, Gemütserregungen u. dgl. geben oft die Gelegenheitsursache zum Ausbruche
ab. Bei den von einem tollen Hunde gebissenen Menschen nimmt die Wunde oder die Narbe einige Tage vor dem
Ausbruch der Krankheit ein bläuliches Ansehen an und wird oft schmerzhaft; die Narbe bricht häufig wieder auf.
Dann zeigen die Kranken eine auffällige Verstimmung, suchen die Einsamkeit, bekommen Angst und Beklemmung, der Schlaf wird
unruhig und die Respiration nimmt einen krankhaften Charakter an. Endlich bricht die Krankheit selbst aus,
die sich besonders dadurch charakterisiert, daß die Kranken beim Versuch, Flüssigkeiten zu schlucken, ja schon beim Anblick
des Getränks das Gefühl haben, als schnüre sich ihnen Brust und Kehle zusammen; daher die immer intensiver werdende Wasserscheu.
Dabei verbreitet sich der Krampf der Atmungsmuskeln auch auf andere Muskeln, die düstere Gemütsstimmung
bleibt erhalten und wechselt, insbesondere bei roher Behandlung, mit Anfällen von Raserei und Tobsucht. Die Krampf- und Wutanfälle
kehren zwei bis drei Tage immer häufiger wieder, verlieren sich dann mit der zunehmenden Schwäche des Kranken, und endlich
tritt der Tod unter den Erscheinungen der Lähmung und Erschöpfung ein. In Preußen starben 1884-87 sechs Menschen an der Tollwut,
während in Frankreich nach Brouardel die durchschnittliche Zahl der Sterbefälle jährlich etwa 30 beträgt.
Bei dem Verdachte, von einem tollen Tiere gebissen worden zu sein, umschnüre man sofort das verletzte
Glied
[* 79] oberhalb der Wunde, lasse die letztere durch Drücken und Kneten der umgebenden Weichteile oder durch Setzen von
Schröpfköpfen gehörig ausbluten, wasche sie sodann mit heißem Wasser oder einer starken Carbolsäurelösung tüchtig
aus und ätze sie hierauf mit rauchender Salpetersäure, Ätzkali oder einer glühenden Kohle; die weitere Behandlung soll
einem zuverlässigen Arzt überlassen bleiben.
Nach Fol ist Terpentinöl, welches nur zu wenigen Tropfen mit Wasser geschüttelt wird, das beste Mittel, um die Mikroben der
Hundswut zu vernichten und die erlittenen Bißwunden sicher zu desinfizieren. Unter den innern Mitteln werden subkutane Einspritzungen
von Pilokarpin (mehrmals täglich 0,01 g) in Verbindung mit Bromkalium und Chloralhydrat am meisten empfohlen.
Das verdächtige Tier soll man nicht töten, sondern zur Beobachtung einsperren. Wutkranke beruhige man psychisch oder durch
narkotische Mittel, Chloroform, Chloral und Morphium, und lasse ihnen besonders eine humane Behandlung zu teil werden. Die zahlreichen
Geheimmittel gegen die Hundswut (arcana antilyssica)
¶
mehr
haben sich sämtlich als wirkungslos erwiesen. Bei der schlimmen Prognose der Wutkrankheit und der vollkommenen Unwirksamkeit
aller therapeutischen Methoden gegen die ausgebrochene Krankheit ist die allgemeine staatliche sowie die individuelle Prophylaxis
von der größten Bedeutung. Die Verminderung der Hundezahl durch möglichst hohe Besteuerung der Luxustiere, die strenge
polizeiliche Beaufsichtigung aller herumstreifenden Hunde, bei vorkommenden Wutfällen die Anordnung des
allgemeinen Tragens von Maulkörben für längere Zeit sowie die Beseitigung der wütenden und wutverdächtigen Hunde und
die Vernichtung aller von den kranken Tieren mit Speichelu. dgl. besudelten Gegenstände haben sich als die einzig zweckmäßigen
und erfolgreichen Mittel erwiesen.
In der neuesten Zeit hat Pasteur die Einimpfung des künstlich modifizierten Wutgiftes nicht nur als
zuverlässige prophylaktische Schutzmaßregel, sondern auch als sicheres Heilmittel bei bereits ausgebrochener Krankheit dringend
empfohlen. Den Pasteurschen Präventiv- oder Schutzimpfungen gegen den Ausbruch der Tollwut liegen folgende Beobachtungen zu
Grunde. Das Wutgift kommt nicht nur im Geifer sowie in den Speichel- und Unterkieferdrüsen, sondern auch
konstant und in reinem Zustand im Gehirn und Rückenmark der wutkranken Tiere vor, und es genügt, eine geringe Menge vom Rückenmark
oder Gehirn eines an der Tollwut gestorbenen Hundes einem gesunden Tier unter die Haut
[* 81] oder durch eine Trepanationsöffnung im
Schädel unter die harte Hirnhaut einzuführen, um bei diesem Tier sicher tödliche Wutkrankheit hervorzurufen.
Von besonderer Wichtigkeit ist nun, daß sich das Virus oder Wutgift durch Übertragung auf verschiedene Tierspecies hinsichtlich
seiner Intensität beliebig modifizieren läßt. Wenn es vom Hund auf den Affen
[* 82] und von diesem wieder auf Affen verimpft wird,
so schwächt sich das Virus bei jeder neuen Verimpfung immer mehr ab, sodaß es schließlich beim Hunde,
selbst wenn es direkt unter die harte Hirnhaut gebracht wird, nicht mehr im stande ist, die Hundswut hervorzurufen,
wohl aber das Tier immun, unempfänglich gegen die Krankheit zu machen.
Umgekehrt steigert sich die Virulenz des Wutgiftes, wenn es vom Hund auf Kaninchen und von diesen wieder
auf Kaninchen oder von Meerschweinchen wieder auf Meerschweinchen übertragen wird. Impft man einem Kaninchen vermittelst
der Trepanation der Schädelhöhle Hirn- oder Rückenmarksmasse von einem tollen Hunde unter die harte Hirnhaut, so wird es
sicher nach einer mittlern Inkubationszeit von etwa 14 Tagen wutkrank. Wenn man nun auf dieselbe Weise
Virus von diesem Kaninchen auf ein zweites, von diesem wiederum auf ein drittes u. s. f. überträgt,
so zeigt es sich bald, daß die Virulenz des Wutgiftes dann mehr zunimmt und sich dementsprechend die Inkubationszeit stetig
verringert; nach 20-25 Übertragungen beträgt die letztere nur noch 8 Tage, nach weitern 20-25 Übertragungen
nur noch 7 Tage, und auf dieser Höhe hält sich nun die Inkubationszeit mit einer überraschenden Sicherheit in einer Reihe
von 90 Übertragungen.
Wenn das Virus durch diese Übertragungen das Maximum der Virulenz erreicht hat, so wirkt es bei der Rückübertragung auf
den Hund stärker als das gewöhnliche, durch den Biß eines tollen Hundes einverleibte Wutgift. Wenn man aber ein solches Rückenmark
von einem wutkranken Kaninchen mit der siebentägigen Inkubationsdauer
unter Beobachtung der sorgfältigsten Reinlichkeit
in Stücke schneidet und sie in trockner Luft aufhängt, so verschwindet die Virulenz allmählich und erlischt schließlich
ganz, und zwar geschieht das um so schneller, je dünner die Schnitte sind und je höher die Lufttemperatur ist. Hierdurch
ist man im stande, sowohl ein ungemein starkes, als auch ein äußerst schwaches Wutgift zu erzeugen und sich beliebig alle
Nüancierungen in der Virulenz zu verschaffen, welche zwischen diesen beiden Extremen liegen. Hierauf
beruht aber Pasteurs Methode der prophylaktischen Wutimpfung.
Um einen Hund in verhältnismäßig kurzer Zeit unempfänglich gegen die Wutkrankheit zu machen, verfährt Pasteur folgendermaßen.
In eine Reihe von weithalsigen, mit desinfizierter Watte verschlossenen Glasflaschen, deren Luft durch Stücke von Ätzkali
trocken erhalten wird, hängt man täglich ein Stück vom frischen Rückenmark eines an Wutkrankheit verendeten
Kaninchens auf, bei welchem die Wut sieben Tage nach der Impfung
[* 83] ausgebrochen war. Nun wird dem Hunde täglich eine Pravazsche
Spritze voll sterilisierter Fleischbrühe, in welcher ein kleines Stück von dem der Trocknung unterworfenen Rückenmark verrieben
wurde, unter die Haut gespritzt, und zwar beginnt man dabei, um sicher zu sein, daß die vorgenommene
Impfung unschädlich ist, mit einem Stückchen, welches an einem vom Impftermin möglichst weit entfernten Tage (14. Tage) in
die Trockenflasche eingelegt wurde. In den folgenden Tagen verwendet man, regelmäßig fortschreitend, immer frischeres Rückenmark,
bis man zuletzt einen Tag altes, sehr stark virulentes nimmt. Jetzt ist der Hund immun oder wutfest, d. h.
man kann ihm das Wutgift subkutan oder durch eine Trepanationsöffnung oder durch den Biß eines tollen Hundes beibringen,
ohne daß er die Tollwut bekommt.
Nachdem Pasteur seine Methode an 50 hinsichtlich der Rasse und des Alters verschiedenen Hunden erprobt,
hat er dieselbe zum erstenmal in der gleichen Weise auch am Menschen ausgeführt und seitdem bis zum in
seinem Institut im ganzen 5374 von tollen oder wutverdächtigen Hunden gebissene Personen geimpft. Auch beim Menschen geschehen
die Impfungen in der Weise, daß man zuerst mit einem seit 14 Tagen trocknenden Rückenmark impft und fortschreitend
zu frischerm Mark übergeht, bis man am 10. Impfungstage mit dem seit einem Tage trocknenden, in hohem Grade virulenten Mark
schließt. In neuester Zeit hat Pasteur seine Behandlung infolge mehrfacher Mißerfolge etwas modifiziert, indem er namentlich
bei tiefen und zahlreichen Bissen im Gesicht
[* 84] täglich vier Impfungen vornimmt und so in zehn Tagen drei Impfserien
vollendet, deren jede mit dem frischesten Mark schließt.
Üble Zufälle sind während und nach der Impfung von Menschen nicht vorgekommen. Von 1726 geimpften Franzosen starben 12 an
ausgebrochener Tollwut, von 19 von einem Wolf gebissenen Russen starben trotz der Impfung 5, welch letztern
Umstand Pasteur darauf zurückführt, daß der Wolfsbiß gefährlicher und die Inkubationszeit nach demselben geringer sei
als nach dem Hundebiß, und daß die betreffenden Kranken infolgedessen zu spät in seine Behandlung gelangt seien. Die ersten
Schutzimpfungsanstalten außerhalb Paris
[* 85] sind in Rußland (Petersburg,
[* 86] Moskau,
[* 87] Odessa,
[* 88] Warschau,
[* 89] Samara)
errichtet worden;
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späterhin wurden auch in Mailand,
[* 91] Neapel, Palermo,
[* 92] Budapest,
[* 93] Habana
[* 94] und Rio
[* 95] de Janeiro Impfinstitute errichtet. In der Moskauer
Impfanstalt starben von den ersten 115 daselbst geimpften Perfonen 2, im Odessaer Impfinstitut von den ersten 103 Geimpften
7; übrigens war nur in 36 Fällen festzustellen, daß die Hunde, welche die Kranken gebissen hatten, sicher
toll waren.
Ein endgültiges Urteil über den Wert und die Wirksamkeit der Pasteurschen Schutzimpfungen läßt sich gegenwärtig noch
nicht abgeben; es sind hierzu erst noch weitere Erfahrungen abzuwarten. Die Mißerfolge, welche Pasteur bei einem nicht unerheblichen
Teil seiner Impflinge erlitt, haben vielfache ungünstige Urteile über seine Methode hervorgerufen. Einer
der Haupteinwände seiner Gegner besteht darin, daß aus seiner statist. Zusammenstellung durchaus nicht mit Sicherheit zu
ersehen ist, ein wie großer Prozentsatz seiner Geimpften thatsächlich von wirklich tollen Hunden gebissen worden ist; nach
der offiziellen Statistik des Ministeriums für Agrikultur wurden in Frankreich vom Okt. 1885 bis Ende Sept. 1886 nur 351 Personen
von wutkranken Hunden gebissen, also erheblich weniger, als man nach den Pasteurschen Zusammenstellungen annehmen sollte.
Sodann ist weiter zu erwägen, daß durchaus nicht alle von tollen Hunden Gebissenen auch wirklich an der Tollwut erkranken
(von 100 durchschnittlich nur 20), und daß bei einem großen Teil der von Pasteur Geimpften bald nach
dem Bisse Ausätzungen der Wunde vorgenommen worden waren, was deshalb von Belang ist, weil erfahrungsgemäß eine frühzeitige
energische Ätzung der Bißwunden bei etwa drei Viertel der Gebissenen den Ausbruch der Wutkrankheit verhütet. Infolge dieser
und ähnlicher Erwägungen haben auch die deutschen Regierungen die Errichtung Pasteurscher Impfinstitute
vorläufig abgelehnt und das bisher in Deutschland geübte prophylaktische Verfahren gegen die Wutkrankheit (Hundesteuer, Maulkorbzwang,
Hundesperre, Tötung der verdächtigen Hunde) für ausreichend erachtet.
Zürn, Die Wutkrankheit der Hunde und ihre Gefahr (Lpz. 1876);
Rueff, Die Hundswut, ihr Wesen, ihre Erkennung
und Ursachen (Stuttg. 1876);
Pasteur, Méthode pour prévenir la rage après morsure (in den «Comptes rendus
des séances de l'Académie des sciences», Bd. 101; im
«Bulletin de l'Académie de médecine», 1885, Nr. 43; 1886, Nr.
44; in der «Gazette des hopitaux», 1886);
Cornil und Babès, Les Bactéries (3. Aufl., 2 Bde.,
Par. 1890);
Fol, La rage canine, sa cause et prévention (in den «Archives des sciences physiques et naturelles», Genf
[* 97] 1886);
von
Frisch, Die Behandlung der Wutkrankheit (Wien
[* 98] 1887);
Bauer, Die Inkubationsdauer der Wutkrankheit beim Menschen (Münch. 1887).
(Pleuronectes cynoglossus L.), eine bis 50 cm lang werdende Art der Schollen (s. d.), die sich in der Nähe
der Küsten des nördl. Atlantischen Oceans findet.
Die Hauptfärbung ist schmutzigbraun, die Flossen
schwarzgefleckt.
Hundwil, Pfarrdorf im Bezirk Hinterland des schweiz. Kantons Appenzell-Außerrhoden, 4 km südöstlich von
Herisau, in 793 m Höhe, auf einer Bergterrasse am nördl. Fuße der Hundwylerhöhle (1298 m),
über dem rechten Ufer der Urnäsch, hat (1888) 1638 E., darunter 206 Katholiken;
Karl, Freiherr von Hoiningen-, Politiker, geb. in Köln,
[* 101] studierte 1856-59 in Berlin die Rechte und
trat dann in das preuß. Heer ein. Er nahm an den Feldzügen 1864, 1866 und 1870/71 teil und ließ sich 1873 als
Major verabschieden, um die Verwaltung seines Gutes Groß-Mahlendorf in Oberschlesien zu übernehmen. Seit 1877 gehört er
mit kurzer Unterbrechung dem preuß. Abgeordnetenhause an und 1884-93 war er auch Mitglied des Reichstags. Er schloß sich
dem Centrum an, in dem er bald eine hervorragende Stellung einnahm und mit andern meist adligen Fraktionsgenossen
eine gemäßigtere, der Regierung mehr entgegenkommende Richtung vertrat. Er ist ein gewandter, sachkundiger Redner und tritt
zugleich für die agrarischen Interessen sehr lebhaft ein.
Besonders bekannt wurde er durch das von ihm im preuß. Landtage beantragte Gesetz (die sog.
Lex Huene) vom nach welchem der auf Preußen entfallende Anteil aus dem Ertrage der Getreide-
und Viehzölle, abzüglich eines Betrags von 15 Mill. M., den Kommunalverbänden für ihre eigenen Zwecke überwiesen wurde.
Durch die neue preuß. Steuergesetzgebung 1893 wurde diese Überweisung wieder abgeschafft. Bei der Beratung der Militärvorlage
im Reichstage 1893 bemühte sich Huene, entgegen der Haltung der Mehrzahl seiner von Lieber geführten Fraktionsgenossen,
eine Verständigung mit der Regierung zu stande zu bringen; doch vermochte er für seinen von der Regierung angenommenen
Kompromißantrag bei der entscheidenden Abstimmung von seinen Parteifreunden nur elf zu sich herüberzuziehen. Er trat infolgedessen
aus dem Vorstand der Centrumsfraktion aus, und wurde bei der Neuwahl zum Reichstag am 15. Juni zwar in einer Anzahl von Wahlkreisen
aufgestellt, aber nicht gewählt. Huene genießt das besondere Vertrauen des Kaisers, der ihn 1890 in den preuß. Staatsrat berief.
Er ist außerdem Mitglied des Kreistages und des Kreisausschusses des Kreises Falkenberg sowie des schles.
Provinziallandtages. Huene schrieb «Beiträge zur Geschichte des Garde-Grenadierregiments
Königin Elisabeth».
Seit dem 13. Jahrh. wurde der Ausdruck Hünen gleichbedeutend mit Riesen, und man
schrieb ihnen die großen Steingrabstätten zu, die noch heutigentags in Norddeutschland Hünengräber (s. d.) genannt werden,
obwohl diese von viel ältern Völkern herrühren und bereits viele Jahrhunderte standen, als die Hunnen
in Europa eindrangen.