gewebe, eine solche von
Knorpelzellen als
Knorpel- gewebe u.s.w.
Alle Zellen eines solchen Gewebes haben im allgemeinen eine
gleiche, aber ganz cha- rakteristische Form, die für ihre jedesmalige Funk- tion besonders zweckmäßig erscheint; sie sind
unter- einander durch sog.Intercellnl ar-(Kitt-)
Sub-
stanz en fest verbunden, sodaß sie auch äußerlich
ein einheitliches Ganzes bilden. Indessen giebt es auch einige Gewebe,
[* 2] auf welche die gegebene Definition insofern nicht
paßt, als bei ihnen die verbindende Kittmasse wegfällt und an ihre
Stelle eine Flüssigkeit tritt,in welcher dann die Gewebezellen
isoliert umher- schwimmen. Zu derartigen Geweben würden, wenn man den
Namen Gewebe beibehalten will,
z. B.
Blut und
Lymphe des Tierkörpers zu rechnen sein.
Daß bei niedern
Tieren, wo die einzelnen Funk- tionen des Lebens noch nicht so scharf voneinander getrennt sind, auch die
Gewebe noch nicht die aus- gesprochen specifische Ausbildung erlangt haben wie bei den höchst organisierten
Klassen, ist
selbstverständ- lich (s.Zelle,zoolog.). So kommt es auch, daß man die typischen
Formen der Gewebe am deutlichsten bei den letztgenannten
Tieren, d. h. bei den Säugetieren und dem
Menschen findet, bei welch
letzterm sie auch von seiten der Anatomen und
Arzte zuerst genauer unter- sucht wurden.
Ursprünglich ein Zweig der beschrei- benden
Anatomie, entwickelte sich das
Studium der
Struktur der Gewebe
allmählich zu einer selbstän- digen Wissenschaft, der fog. mikroskopischen
Anatomie, Geweblehre oder Histologie, mit deren Em- porblühen
die
NamenHenle, Gerlach, Hensen,
Virchow, Mar Schultze, Kölliker, Remak, Waldeyer, Beale,
Carpenter, Ranvier u. s. w. untrennbar
verknüpft sind. Erst später ging man auch dazu über, denBau der Gewebe in den einzelnen, verschieden
hoch organisierten Tierklassen zu vergleichen und da- durch weitere Aufschlüsse über den p'hysiol.
Wert des Ganzen sowie der einzelnen Gewebebestandteile zu gewinnen; es entstand als Gegenstück zu der ver- gleichenden
Anatomie
die vergleichende Histologie, die, wie die erstere in der
Entwicklungsgeschichte des Einzeltiers (der
Ontogenie),
in der
Lehre
[* 3] von der
Entwicklung der Gewebe, der Histogenese, eine weitere Stütze fand. Zu den Hauptförderern dieser letztgenannten
Wissenschaften gehören namentlich Joh.
Müller, Leydig, von Siebold,
Max Schultze, F. E. Schulze, Vütschli, die beiden Hertwig
u. a. Die einzelnen Gewebe treten im Körper der
Tiere nur selten isoliert auf; meist verbinden sich mehrere
derselben zu einem Ganzen höherer Ordnung, das dann, einer besondern physiol. odermechan.
Funktion dienend, als Organ (s. d.) bezeichnet wird. Gegenwär- tig unterscheidet
man gewöhnlich folgende Gewebe:
1) Epithel- oder Öberhautgewebe, welches fast alle innern Höhlungen des Körpers auskleidet, vor allem aber die
Oberstäche desselben überzieht (s.
Haut).
[* 4] Es repräsentiert bei niedern
Tieren eine einfache Zellenlage,
die vielfach nach außen eine festere, chitinige oder gar kalkige
Masse als Kuti- kularbildung absondert (Insektenpanzer,
Muschel- schalen); bei den Wirbeltieren ist es mehrfach ge- schichtet und verhornt nach außen allmählich; Nägel,
[* 5] Haare,
[* 6] Federn u. s. w. sind Produkte des Oberhaut- gewebes.
2)
Nervengewebe bildet den wesent- lichen
Bestandteil des
Nervensystems der
Tiere (s.
Nerven).
[* 7] Man unterscheidet
bei ihm zwei verschie- dene Elemente: Zellen (Ganglienzellen),
[* 8] welche von außen kommende Reize
verarbeiten, und Fasern
(Nervenfasern),
welche von den Zellen gegebene Im- pulse fortleiten und andern Zellen übermitteln.
3)
Muskelgewebe besorgt die Bewegungsleistung des Organismus. Die
Muskelgewebe sind meist lang gestreckt
(daher der
NameMuskelfasern) und in hohem
Grade kontraktil. Bei vielen niedern
Tieren sowie bei den sog. unwillkürlichen
Muskeln
[* 9] der Wirbeltiere sind die
Muskelgewebe glatt, es sind mehr oder weniger lange spindelförmige ela- stische Fasern; eine erhöhte
Kontrattionsfähigkeit besitzen die
Muskelgewebe der
Insekten
[* 10] und
Krebse sowie die sog. willkürlichen
Muskelgewebe
der Wirbeltiere, deren
Substanz in eine ganze Anzahl hintereinander gelegener feiner Scheibchen zerfällt (quergestreiftes
Muskelgewebe). Eine Mittelstellung nehmen die
Muskelgewebe der
Spul- würmer und
Blutegel
[* 11] ein, bei denen ein kontraktiler Mantel
eine weniger kontraktile Innenmasse um- giebt(Muskelröhren).
4) Drüsengewebe wird gebildet von meist großen, plasmareichen, mit
Blut- gefäßen in Verbindung stehenden
Zellen, welche aus dem
Blute gewisse
Stoffe entnehmen und diese als Sekrete nach außen abgeben (s.
Drüsen). Bei den niedern
Tieren übernimmt vielfach die einzelne Drüsenzelle die Funktion der Drüsengewebe (ein- zellige Drüsengewebe), bei
den höhern
Tieren gruppieren sich die Drüsengewebe zu schlauch- oder traubenähnlichenGebilden (mehrzellig
eDrüsen- gewebe). Ein sehr wechselndes Aussehen besitzen die Gewebe der Vindesubstanz.
5) Das ge- wöhnliche
Bindegewebe besteht aus sehr ver- schieden geformten Zellen, die große Festigkeit
[* 12] be- sitzen und durch
Ausläufer in eine innige gegen- seitige Verbindung treten.
Bindegewebe findet sich überall im Tierkörper, wo es sich
um Festigung anderer Gewebe und ihrer Elemente oder Schutz derselben gegen äußere Insulten handelt. So um- hüllt
Bindegewebe
die Elemente der
Nervengewebe und verbindet dieselben zu soliden
Strängen
(Ner- ven) , es umhüllt und verbindet die
Muskelfasern
zu einem einheitlichen Ganzen (den
Muskeln), es stützt und verbindet die Zellen des Drüsengewebes zu
Drüsen u. s. w. Besondere Modifikationen des
Bindegewebes sind
Sehnen- und
Fettgewebe. Zu den Geweben der Vindesubstanz gehören
auch das fast nur bei Wirbeltieren vorkommende 6) Knor - pelgewebe, dessen Zellen durch eine fast durch- sichtige,
aber ziemlich feste elastische Zwischensubstanz verbunden sind (s. Knorpel),
[* 13] und das nur den höhern
Wirbeltieren eigentümliche 7)
Knoch en- ge webe, bei welchem die Grundsubstanz durch Auf- nahme von Kaltfalzen eine ungemeine
Festigkeit er- langt (s.
Knochen).
[* 14]
Manche Gewebe können sich, wenn sie Verletzungen erlitten haben, wieder ersetzen (regenerieren); durch eine besondere Fähigkeit
derRegeneration(s.d.) zeich- nen sich vieleniedere
Tiere (Polypen,
Würmer),
[* 15] unter den Wirbeltieren besonders
Amphibien und Repti- lien aus. Bei andern wird die entstandene
Lücke nur durch neugebildetes
Bindegewebe ausgefüllt. (S. Narbe.)
In
Krankheiten erleiden die Gewebe mannigfache Veränderungen; es können sich aber durch trankhafte Vorgänge auch neue
Gewebe bil- den, die mit normalem Gewebe mehr oder weniger
Ähnlichkeit
[* 16] haben. Ebenso sprechen sich Erkrankungen
von Organismen auch in einer krankhaften
Be- schaffenheit der
Farbe aus. Die
Lehre von solchen Umänderungen der Gewebe in krankhaften
Zustän- den , die path ologische Histologie, ist eine verhältnis- mäßig junge Wissenschaft, als deren hervorragendste
¶
mehr
Vertreter Virchow, der Begründer der Cellularpathologie (s. d.), Rindfleisch, Cohnheim, Recklinghausen,
[* 18] Birch-Hirschfeld zu
nennen sind. Litteratur. Neuere allgemeine Lehrbücher über die Hippursäure der Tiere (vergleichende Gewebelehre) existieren nicht;
ein einziges älteres ist von Leydig, Lehrbuch der Hippursäure des Menschen und der Tiere (Frankf. a. M. 1857). Die meisten Lehrbücher
der Hippursäure behandeln den Menschen und die Säugetiere: Kölliker, Handbuch der Gewebelehre des Menschen (6.
Aufl., Lpz. 1889 fg.);
Rindfleisch, Lehrbuch der pathol.
Gewebelehre (6. Aufl., ebd. 1886);
Frey, Handbuch der und Histochemie
des Menschen (5. Aufl., ebd. 1876);
Handbuch der Lehre von den Geweben (hg. von Stricker, 2 Bde., ebd. 1868–72);
Ranviers
Technisches Lehrbuch der Hippursäure (deutsch von Nicati und von Wyß, ebd. 1888);
Behrens, Kossel und Schiefferdecker, Die Gewebe des
menschlichen Körpers (Braunschw. 1889 fg.);
Stöhr, Lehrbuch der Hippursäure (5. Aufl., Jena
[* 19] 1892).
(historische oder Geschichtsmalerei). Der Begriff des Historischen in der bildenden Kunst besagt nach
der Kunstauffassung der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts im weitern Sinne soviel wie stilvolle, ideale
Auffassung. «Historisch» war gleichbedeutend mit der in Form und Ausdruck ausgesprochenen Erhebung des Gegenstandes aus dem
Zufälligen und rein Zuständlichen, wie es das Genre zu geben habe, in die Sphäre des Allgemeingültigen; und diese Auffassung
war keineswegs auf Vorführung thatsächlicher Ereignisse beschränkt, sondern erstreckte sich auf alle
Stoffgebiete figürlicher Komposition, seien sie nun der Geschichtsüberlieferung oder der Dichtung, Sage oder andern Quellen
entlehnt. In diesem Betracht deckte sich der Begriff des Historischen mit dem des Monumentalen, dessen erstes Erfordernis
der Stil war. Er leidet sogar Anwendung auf die Landschaft, insofern der Künstler es unternimmt, die
Naturwelt nach den Stilgesetzen des Historienbildes zu behandeln, d. h. die vorgefundene Erscheinung
zum großartigen und einfachen Ausdruck zu gestalten und ihr eine entsprechende Gesamtphysiognomie zu verleihen. (S. Heroisch.)
Den Forderungen der ältern deutschen Ästhetik an die Historienmalerei entsprach nur die gleichzeitige deutsche Kunst vollkommen;
namentlich bildete Cornelius ihr Ideal aus.
Schon in Schnorr bemerkte sie eine Hinneigung zur Darstellung des Geschichtswahren als des Zufälligen in der Erscheinung des
Dargestellten, in Kaulbach eine Modernität und eine Vorliebe für das symbolisch Geistreiche, die dem strengen Stilbegriffe
der Zeit
widersprach. Alfred Rethel brachte die Richtung wohl am glänzendsten zum Ausdruck, obgleich bei
ihm die Unmittelbarkeit der stilistischen Gestaltung anfangs die Anerkennung zurückhielt. Unter dem Einfluß der koloristischen
Schulen Belgiens (Bièfve und Gallait) sowie der Franzosen (Delacroix, Couture, Gleyre u. a.) verschwand diese Kunstart fast ganz,
sodaß sie jetzt nur noch von wenigen (Geselschap) geübt wird. Der zu ihrer Pflege gegründete Verein
für histor. Kunst kann meist wegen Mangel an Beteiligung seitens der Künstler seine Aufträge gar nicht zur Verteilung bringen.
Im engern Sinne ist die Historienmalerei richtiger Geschichtsmalerei zu nennen, weil hier nicht sowohl die Auffassung als vielmehr der Stoff
den Ausschlag giebt. Man scheute sich lange vor derDarstellung jüngstvergangener Ereignisse, in welchen
porträtmäßige und kostümgetreue, also genrehaftere Auffassung die Glaubwürdigkeit des Bildes erhöht. Man glaubte nämlich,
es käme hierbei mehr auf geistige Wahrheit als auf allseitige Richtigkeit an und suchte daher auch die moderne Welt im Bilde
zu stilisieren.
Die in diesem Sinne geschaffenen Arbeiten mußten unbefriedigende Ergebnisse liefern. Ebenso jene, welche
die uns geistig fern liegenden Zeiten durch moderne Darstellung uns nahe führen wollten, die also dem histor. Roman entsprechend
geplant waren. Erst neuerdings verbreitet sich mehr und mehr die Erkenntnis, daß die Geschichte nur modern aufzufassen und
das Werk nur dann ein völlig einheitliches sein könne, wenn es auch moderne Gegenstände darstelle.
Frühere Zeiten hatten eine Historienmalerei nur in dem Sinne, daß sie auch die geschichtlichen Vorgänge naiv im Sinne der Zeit darstellten
oder ihnen ein typisch antikes oder ritterliches Gewand gaben.
Der Gedanke, durch das Bild die geschichtlichen Vorgänge früherer Zeiten in möglichster Treue zurückzurufen,
ist, abgesehen von dem Schlachtenbilde und dem Repräsentationsbilde, so neu wie die reflektierende Geschichtschreibung überhaupt.
Jedoch hat er überall die aufmerksamste Pflege, namentlich durch die öffentlichen Gewalten gefunden, sodaß räumlich die
Historienmalerei in der modernen Kunst fast den ersten Rang einnimmt. Aber auch dieser Richtung beginnen sich die Künstler
zu entfremden, sodaß sich nur durch die Subvention der Staaten, Kirchen undStädte, welche meist der im Bilde dargestellten
Gegenstände wegen zur Anregung der Vaterlandsliebe oder Religiosität, nicht aus rein künstlerischen Absichten bewilligt
wird, die Historienmalerei noch erhält. An großen Aufgaben hat es der Historienmalerei in keinem Lande gefehlt. Doch scheint die
Produktion nachzulassen. Dasselbe gilt vom Historischen Genre (s. d.).
Die jüngere deutsche Historienmalerei fand einen Höhepunkt in Piloty und seiner Schule, bei der zum Teil, wie bei Makart, das rein Koloristische
die geschichtliche Wahrheit sogar überwog. GroßeCyklen histor. Inhalts bot die Ausmalung des Nationalmuseums in München,
[* 22] der Albrechtsburg in Meißen,
[* 23] der Museen und der Ruhmeshalle in Berlin,
[* 24] des Pantheon und des Hôtel de
Ville zu Paris,
[* 25] des Parlamentshauses in London,
[* 26] des Arsenals und der Oper in Wien,
[* 27] des Staatenpalastes in Washington
[* 28] und vieler
anderer Bauten. –
Vgl. Muther, Geschichte der Malerei im 19. Jahrh. (Münch. 1893).
Historisches Genre, Bezeichnung für den Teil der Historienmalerei (s. d.),
welcher das Haupt- gewicht aus die Darstellung des Kulturgeschichtlichen (Kostüm,
[* 30] Architektonisches, Kunstgewerbliches) legte
und im Gegensatz zu der ältern rein idealistisch ge- stalteten Darstellungsweise ein mehr wissenschaft- liches und daneben
ein mehr koloristisches Gepräge hatte. In Deutschland
[* 31] kam das Historische G. durch die Belgier Gallait und Biefve in Aufnahme.
Nach der
ältern Terminologie, die in den Werken des Cor- nelius den besten Ausdruck der eigentlichen Historien- malerei
erblickte, sind die heutigen Geschichtsbilder fast durchgängig als Historische G. zu bezeichnen.
Historisches Institut (seit 1890 Königlich
[* 32] preußisches I.), eine ursprünglich als «Histo- rische Station» im Frühjahr 1888 vompreuß.
an Stelle des ver- storbenen Weizsäcker trat 1890 M. Lenz. In Rom
selbst stand als Sekretär
[* 36] an der Spitze des Instituts bis 1890 K. Schottmüller, der bei der Gründung
sich lebhaft beteiligt hatte;
sein Nachfolger wurde Nov. 1890L. Quidde, der sein Amt nieder- legte. An seine Stelle
trat W. Friedensburg.
Die Hauptaufgabe des I., in der es von der preuh. Archivverwaltung unterstützt wird, ist die in Ge-
meinschaft mit dem österreichischen I. unternom- raeneHerausgabederNuntiaturberichte aus Deutsch- land
zur Zeit der Reformation;
erschienen sind bis- her von der 1. Abteilung (1533 - 59) Bd. 1 u.
2, enthaltend die Nuntiaturen des Pietro Paolo Ver- gerio 1533-36 und die Nuntiatur des Giov. Mo- rone, 1536 - 38 (Bearbeiter
W. Friedensburg).
Die 2. Abteilung, die Pontifikate Pius' IV. und Pius' V. (1560-72) umfassend, wird von
dem öster- reichischen I. herausgegeben.
Die dritte Abtei- lung, Pontifikat Gregors XIII. (1572-85), ist wie- derum dem preußischen
I. zugefallen;
von ihr ist der 1. Band,
[* 37] enthaltend die Kölner
[* 38] Nuntiatur- berichte 1576-84, durch I. Hänfen
ediert worden. Auch die Pontisikate Pauls V. und Urdans VIII. sind bereits in Angriff genommen worden, und über alle vier
Epochen weitere Bände in Vorbereitung.
Neben diesem Unternehmen hat das I. feit Herbst 1892 ein zweites in Angriff genommen,
das «ks- z)6rt0i-ium sämtlicher in den röm.
Archiven vorhandenen Ur- kunden über Deutschland, zunächst aus der Zeit des Schismas und der Reformkonzilien, 1378 -1448;
die Leitung dieser Arbeit hat R. Arnold, dem drei Hilfsarbeiter zur Seite stehen. Historische Vereine bestehen in Deutschland
seit Begründung der auf Anregung des Ministers von Stein zu Frankfurt
[* 39] a. M. ge- stifteten »Gesellschaft
für Deutschlands
[* 40] ältere Ge- schichtskunde", welche sich die kritische Gesamtausgabe der Quellenschriftstcller des deutfchen
Mittelalters («NormniLQtk (^lmauiak
biätorica», s. o.) als Auf- gabe stellte.
Bald entstanden zahlreiche andere Historische Vereine, welche
sich teils die Sammlung, teils die Nutzbar- machung des Materials für Geschichte und Alter- tumskunde einzelner
Provinzen, Gaue und Städte zum Zwecke setzten und die im wesentlichen ziemlich übereinstimmend eingerichtet sind, Bibliotheken
und Sammlungen angelegt und periodische Schriften begründet haben, in denen sie die Ergebnisse ihrer Forschungen veröffentlichen.
Auf ihre Veranlassung und teilweife auf ihre Kosten wurden auch Quellen- schriften, Urkundenfammlungen u. s. w. bearbeitet
und herausgegeben.
Eine nähere Verbindung und wechselseitige Teilnahme an den Arbeiten dieser Vereine suchte
zuerst Wigand durch die «Jahrbücher der Vereine sür Geschichte und Altertumskunde» (12 Hefte, Lemgo 1831-32) zu bewirken.
Nach deren Eingehen erhielten sie in A. Schmidts «All- gemeiner Zeitfchrift für Geschichte» (10 Bde.,
Verl. 1844-48) ein gemeinschaftliches kritifches Organ. Hervorzuheben ist auch Walthers«Systematisches
Nepertorium über die Schriften sämtlicher histor. Gesellschaften Deutfchlands» (Darmst.
1845).
End- lich gelang es auf den allgemeinen Versammlungen der deutschen Geschichts- und Altertumsforfcher zu Dresden
[* 41] und
zu Mainz
[* 42] 1852, die zahlreichen Ein- zelvereine zu einem Gefamtverein zu vereinigen, der eine jährliche Wanderverfammlung
abhält und dessen Verwaltungsausfchuh feit 1853 das «Korre-
spondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Ge- schichts- und Altertumsvereine» herausgiebt. 1885 wurde die Besorgung aller
Verwaltungsgeschäfte dieses Gesamtvereins dem Vorstand des Vereins für die Gefchichte Berlins übertragen.
Durch die- selbe
Generalversammlung von 1852 ward das Römisch-Germanische Centralmuseum in Mainz begründet, dessen Aufgabe ist, eine übersichtliche
Sammlung der heidn.
Altertümer aus allen deut- fchen Ländern durch plastische und farbige Nach- bildungen
herzustellen.
Das gleichzeitig begründete Germanische Museum (s. d.) in Nürnberg
[* 43] beschränkt sich im wesentlichen auf das
Mittelalter und die neuere Zeit.
Eines besondern Gedeihens erfreute sich von Anfang an das histor.
Unter König Maximilian II. wurde 1858 auf AnregungL. von Rankes eine eigene Historische Kommission begründet, die
für allgemeine deutsche Geschichte viel geleistet hat (Sammlung und Herausgabe der deutschen Reichs- tagsakten, der ältern
Hanserezesse, der deutschen Städtechroniken, der deutschen Weistümer, der histor.Volkslieder u. s. w.,
Allgemeine deutscheBio- graphie und Geschichte der Wissenschaften in Deutsch- land);
auch werden mit ihrer Unterstützung die
«Jahrbücher des DeutschenReichs» und wurden die «Forschungen zur deutschen Geschichte»
(1861-85) herausgegeben.
Ahnliche Ziele hat die 1883 ent- standene «Badische histor. Kommission», welche gleichfalls
mit Staatsmitteln arbeitet, fowie die «Gefellschaft für rhein.
Gefchichte» und der die preuß. Gefchichte pflegende «Verein für Gefchichte der MarkBrandenburg»,
[* 45] der die «Forfchungen zur
brandend.-preuß. Geschichte» herausgiebt.
Auch das Königreich Sachsen
[* 46] soll in nächster Zeit eine histor.
Kommission erhalten.
Von großer Bedeu- tung ist der 1870 gegründete «Hansische Geschichts-
verein». Ein erster allgemeiner deutscher
¶
forlaufend
Histo-218
rikertag fand 1893 in München statt. Hittorf V. be- stehen auch in den meisten übrigen Ländern Europas, Nordamerikas u. s. w.
(S. Gelehrte Gesellschaften.) -
Vgl. Vossert, Die Hittorf V. vor dem Tribunal der Wissenschaft (Heilbr. 1883);
von Sybel und von
Giesebrecht, Die Historische Kommission bei der Königlich Bayr. Akademie der Wissenschaften 1858 -83 lMünch.
1883).
Historisch-politische Blätter für das ka- tholische Deutsch land, in München erscheinende Halbmonatsschrift (jährlich zwei
Bände), welche Po- litik und Geschichte in ultramontanem Sinne be- handelt.
Gegründet wurde die Zeitschrift 1838 von Guido
Görres ls. d.) im Verein mit Georg Phillips und Ernst Iarcke und von erstern beiden redigiert. Seit dem
Tode Görres' (1852) führt Joseph Edmund Ioerg die Redaktion, dem 1858 noch FranzBinder an die Seite trat.
Die Zeitschrift
ist seit ihrer Gründung Eigentum der Familie Görres (jetzt vertreten durch Hofrat Dr. Guido Iochner, den Schwiegersohn von
Görres), während die «Littera- risch-artistische Anstalt» in
München den Kommis- sionsverlag hat. Histria, s. Istrien.
[* 48] Histrionen hießen bei den Römern mit einem aus der etrur. Sprache
entlehnten Worte die Schauspieler.
Als 364 v. Chr. eine Pest in Rom ausgebrochen war, wurden unter andern zur Ver- söhnung
der Götter angewandten Mitteln auch zu- erst Schauspiele (luoi 806nici) angestellt und von Schauspielern
aus Etrurien aufgeführt.
Diefe Schau- spiele bestanden nur aus mimischen Tänzen mit Flötenbegleitung.
Der Name Hittorf ging,
als LiviusAndronicus um 240 v. Chr. das kunstgerechte röm. Drama begründete, auf/die Darsteller (actoi-63) dieser Dramen über.
Weibliche Rollen
[* 49] wurden durch Männer, erst in der spätesten Kaiserzeit auch durch Frauen gespielt.
Die
Hittorf gehörten meist dem Stande der Freigelassenen an;
auch Sklaven fan- den sich unter ihnen.
Die Vefcholtenheit (iiMmia.),
der ihr Gewerbe unterlag, traf nicht die röm. Jüng- linge, welche die einheimischen volksmäßigen
Fescen- ninen (s. d.), Saturä (s. sawra) und Atellanen (s. d.) darstellten und nicht Hittorf genannt wurden. Hit (das
antike Is), Stadt im Wilajet Bagdad der asiat. Türkei,
[* 50] 160 km im WNW. von Bagdad, auf einem Hügel rechts am Euphrat, hat etwa 5000 E.,
Asphaltquellen, welchen man im Altertum das Erdpech zum Bau derMauernBabylons ent- nahm, Gewinnung von Naphtha und Salz.
[* 51] Hita
(spr. ita),Gines Perez de, span. Schrift- steller, Verfasser des ersten histor.
Romans «llig- toria äs las FuerrHg ^1168 äs 6l3.n3.6a». Hittorf stammte
aus der Provinz Murcia,
[* 52] wahrscheinlich aus der Stadt Mula, und machte den Krieg gegen die rebellischen Moriskos in den Alpujarras
(1568 -70) mit.
Seine reizvolle Schilderung der letzten Zeiten von Granada
[* 53] wurde besonders in Frankreich
nachgeahmt, zuletzt in Chateaubriands «I aveu- tur68 du äernier ä68 ^d6nc6li-3,F63»;
beide zusammen in Bd. 3 der «Lidlioteca
äs kmtores 68paiioi6ä»;
deutsch u.d.T.
«Die Zegries und Abencerragen», von Ingenheim (Berl. 1841).
(S. Abencerragen.) Hita
(spr. ita),Juan Ruiz, Arcipreste de, s. Ruiz. Hitchin (spr. hittschm), Stadt in der engl. Graf- schaft
Hertford, 27 km im NNW. von Hertford, Eisenbahnknotenpunkt, hat (1891) 8860 E., Fabri- kation von Lavendelwasser, Strohflechterei,
Seiden- spinnerei, Hopfen- und Getreidehandel.
Hitdorf, Stadt im Kreis
[* 55] Solingen
[* 56] des preuß. Neg.-Bez. Düsseldorf,
[* 57] 15 km nördlich
von Köln,
[* 58] rechts am Rhein, Haltestelle der Rheindampfer, hat (1890) 1688 meist kath.
E., Post, Telegraph,
[* 59] einen Auslade- und Winterhafen (im Bau);
Tabak-, Cigarren- und Streichfeuerzeugfabrikation, Ger- berei,
Brauereien, Ziegelei, Dampfsägewerk, ein Fichtennadelbad, Schiffahrt und Holzhandel.
Hiteren, norweg. Insel, s. Hitteren.
NitopNÄVya. (Hitopadesa, d. h. «geeignete Unterweisung»),
Name eines bekannten ind. Fabel- buches in vier Büchern, die der Reihe nach von der Erwerbung eines Freundes,
der Entzweiung von Freunden, Krieg und Frieden handeln.
Der II. be- zeichnet sich selbst als Auszug aus dem I'aiicNtg.nti'H
und einem andern Werke, das noch nicht festgestellt ist. In Umfang und Wortlaut stimmt der II. am meisten zu der südind.
Die Hauptausgabe war lange die von Schlegel
und Lassen (2 Bde., Bonn
[* 61] 1829-31), die kritisch viel zu wünschen lieh.
Die erste kritische Ausgabe ist die von Peterson (Bomb.
1887), gut auch die Ausgabe von Godabole und Paraba (3. Aufl., ebd. 1890) mit erklärenden engl.
Anmerkungen.
neue Übersetzungen lieferten Schön-
berg (Wien 1884) und auf Grund der neuen Aus- gabe Fritze (Lpz. 1888), der bereits früher (Bresl.
1874) das erste Buch übersetzt hatte.
Kritisch wich- tig, weil eine eigene Recension darstellend, ist die griech. Übersetzung
des Galanos, die aber nur einen Teil des Werkes umfaßt, hg.
u. d. T.: X^o- 7c"3"55" H Hä^5".^ (Athen
[* 62] 1851). Hitteren (Hiteren), Infel an der Westküste Norwegens, am Eingang zum Trondhjemsnord, vom Festlande durch den Sund Throndhjems-leden
getrennt, hat 526 ^m, etwa 2700 E., Fischerei
[* 63] und Viehzucht.
[* 64] Hittisau, Ort im Vregenzerwald (s. d.). Hittiter, s. Hethiter.
Hittorf, Joh. Wilh., Elektriker, geb. zu Bonn, ist ftit 1852 Professor der Chemie und Physik
an der philos.
Seine Arbeiten sind seit 1847 in Poggendorffs und
Wiedemanns «An- nalen der Physik» veröffentlicht. Es verdienen in erster
Linie diejenigen über die Elektrolyse
[* 66] hervor- gehoben Zu werden, welche die bezüglichen funda- mentalen
Untersuchungen Faradays ergänzten und in gewisser Hinsicht zum Abschluß brachten.
Sie geben nämlich die Methode, wie sich
die direkte Zer- setzung eines jeden Elektrolyten feststellen läßt, und bestimmen für die beiden Bestandteile, in welche
er zerfällt (Ionen), die relativen Geschwindigkeiten, mit denen sich dieselben in entgegengesetzten
¶
forlaufend
Rich-219
tungen in ihren Lösungen bewegen (wandern).
Da- durch wurde der Nachweis ermöglicht, daß von allen chem. Verbindungen
nur die Salze elektroly- tisch leiten und hierbei genau so spalten, wie es beim gewöhnlichen Austausche Hitzig Davy zuerst er-
kannte. Dieses Verhalten der Salze bei der Elek- trolyse ihrer Lösungen steht aber im Widerspruch mit der
Grundvorstellung, welche die Wissenschaft sich über das Wesen der chem. Verbindung seit dem
Ende des vorigen Jahrhunderts gebildet hatte, und macht die Aufstellung einer neuen Theorie nötig, deren Aufbau die heutige
Forschung lebhaft be- schäftigt.
Mit Plücker stellte Hitzig zuerst die mehrfachen Spektra der Elemente
fest und gab in den «?di1o- 30pdicHi ^ranLactions» 1864 Abbildungen der-
selben.
Bereits 1869, also 10 Jahre vor Crookes, beschrieb er vollständiger und richtiger die schönen Erscheinungen, welche
die verdünnten Gase
[* 68] an den Elektroden in den Geihlerfchcn Röhren
[* 69] bei der Lei- tung der Elektricität zeigen, deren Erklärung
noch immer nicht gelungen ist.
Außerdem beschäftigte sich Hitzig befonders noch mit den allotropifchen
Zu- ständen des Selens und des Phosphors und ent- deckte von letzterm eine schwarze, metallglänzende krystallisierte Modifikation.
Hittorff, Jacques Ignace, franz. Architekt, geb. 20. Aua. 1792 zu Köln, ging 1810 nach Paris, wo die Architekten Percier und
Velanger feine Lehrer waren. 1814 wurde er zum königl. Vauinspektor, nach Belangers Tode an dessen Stelle
zum Hof- architekten ernannt.
Zunächst mit Theaterbauten beschäftigt (Ambigu-Comique, Favart), begann er nach der Iulirevolution,
die ihn einige Zeit von den Staatsbauten entfernte, feine Hauptwerke, die Kirche St. Vincent de Paul, eine geräumige Basilika
[* 70] im altchristl.
Stil, und die Verschönerung des Concorde- platzes und der Elyseischen Felder, wo er das
Fuß- gestell des Obelisken, fünf Springbrunnen, den Sommercirkus und das Diorama errichtete.
Vom zweiten Kaiferreich wurde
er namentlich zur Gestal- tung des großartigen Straßennetzes von Parisbe- rufen. Er verfertigte die Risse zur Anlage der
Ave- nue de l'Imperatrice und der Zugänge des großen Triumphbogens, die Pläne zum Bois de Voulogne. Eins
seiner letzten, aber großartigsten Werke war der Pariser Nordbahnhof (1861-65).
Hitzig wurde 1853 von der Akademie der bildenden
Künste als Mitalied aufgenommen. Er starb zu Paris. Er veröffentlichte: «^rciiitsoturs an- ti
äs 1a 8ieii6» (3 Bde., Par.
1826-30) und «^rekitOcturs moäerne ä6 1a 8icil6» (ebd. 1826- 35; mit 76 Tafeln),
zu welchen Werken er 1822-24 in Italien
die Materialien gesammelt hatte.
Ferner gab er heraus «^rdiitsetuls ^ol^Hrome clis? 168 Ai-608» (Par.
1851; mit Atlas),
[* 71] worin er die Ergeb- nisse feiner Untersuchungen über die Vemalung der Gebäude bei den
Alten niederlegte.
InselAmboina (s. d.). Hitzacker, Stadt im KreisDannenberg des preuh. Reg.-Bez. Lüneburg,
[* 72] 6 km
im NW. von Dannen- berg, links an der Mündung der Ieetze in die Elbe, an der Linie Wittenberge-Lüueburg der Preuß. Staatsbahnen,
[* 73] Sitz eines Hauptsteueramtes, hat (1890) 1080 meist evang. E., Post, Telegraph, ein altes Schloß, eine
Dampfbranntweinbrennerei mit Hefefabrik, Schiffahrt, Fischerei, Kornhandel.
Die Eisenquellen (Viktoria- und Louisenquelle)
sind erst in neuerer Zeit bekannt geworden.
HerzogAugust der
Jüngere von Vraunschweig-Lüneburg, welcher 1604-34 zu Hitzig residierte,
gründete hier eine Biblio- thek, die 1645 nach Wolfenbüttel
[* 74] verlegt wurde. Hitzausschlag, f. Hautkrankheiten
[* 75] (der Haus- tiere, Bd. 8, S. 906 d). Hitzbank, f. Hitzläufer.
Hitzbläschen oder Hitzblätterchen, volks- tümliche Benennung
des bläschenförmigen Ekzems ls- Ekzem). Hitze, über das der Empfindung erträgliche Maß hinausgehende Wärme.
[* 76] Im Physik.
Sinne werden sehr hohe Tempcraturgrade als Hitzegrade bezeichnet, die man durch Pyrometer
[* 77] (s.
d.)" mißt. - Hitzig heißt auch beim Einschlagen der Pfähle mit dem Rammbären die Zeit von einer Ruhepause zur an- dern und
die in dieser Zeit geschehene Anzahl von Schlägen (Zügen oder Hüben);
so sagt man z. B.: eine Hitzig von 25 Schlägen thun.
Hitze, Franz, Politiker, geb. zu Hanemicke im Kreis Olpe (Westfalen),
[* 78] studierte in Wnrzburg
kath. Theologie und beschäftigte sich zu- gleich privatim mit den Socialwissenschaften, wurde 1878 zum Priester geweiht und
war dann zwei Jahre Kaplan am Campo Santo der Deutschen in Rom. 1880 wurde er Generalsekretär des «Arbei- terwohls)), eines
Verbandes kath. Industrieller und Arbeiterfreunde in München-Gladbach, und Redac- teur der Monatsschrift
»Arbeiterwohl». 1893 erhielt er eine neu errichtete außerordentliche Professur der Pastoraltheologie («für
christl. Gesellschaftswissen- schaft») an der Akademie zu Münster.
Dem preuß. Abgeordnetenhause gehört Hitzig seit 1882 für
München- Gladbach
[* 79] an. Im Reichstage, in dem er feit 1885 den Wahlkreis Geilenkirchen-Erkelenz vertritt,
war er bei focialen Fragen in hervorragender Weise thätig.
Insbesondere trat er für den Arbeiterfchutz ein, wurde 1889 zu
den Verhandlungen des preuß. Staatsrates darüber als Sachverständiger zuge- zogen und war 1890-91 Berichterstatter der
Reichs- tagskommission über die Gewerbeordnungsnovelle, Von H.s socialpolit.
Schriften sind zu erwähnen: «Die sociale Frage
und die Bestrebungen zu ihrer Lösung» (Paderb. 1877),
«Kapital und Arbeit und die Reorganisation der Gesellschaft» (16 Vorträge,
ebd. 1881),
Theolog, geb. zu Hauingen in Baden,
[* 80] studierte in Heidelberg,
[* 81] Halle
[* 82] und Göttingen,
[* 83] habilitierte sich 1829 zu Heidel- berg, folgte 1833 einem Rufe als ord.
Professor
an die UniversitätZürich,
[* 84] kehrte 1861 nach Heidelberg zurück und starb hier Hitzig ist durch
die Kühnheit seiner Kritik und Kombinationen sowie als scharfsinniger Ereget für die alttestamentliche Wissenschaft von
hervorragender Bedeutung. Er veröffentlichte: «Begriff der Kritik, am Alten Testa- ment praktisch erörtert» (Heidelb. 1831),
«Des Pro- pheten Ionas Orakel über Moab» (ebd. 1831),
Eine große Anzahl von Schlössern, Landsitzen
u. s. w. in ganz Deutschland verdanken ihm ihre Entstehung, wie auch die land- schaftliche Verbindung von Natur und Architektur,
die dem Villenviertel des Tiergartens von Berlin früher das Gepräge gab, sein Werk und Verdienst ist.
Auch im städtischen Palastbau, wie Palast Revoltella in Trieft, Palast Pourtales in Berlin, PalastKronenberg in Warschau
[* 88] u. a.,
zeigte er sein Schaffensvermögen in einem auf Schinkel begrün- deten, doch über ihn hinausgehenden Formenreich- tum. 1859-64
baute er die NeueBörse in Berlin, das erste Beispiel eines vollständigen Quaderbaues in Berlin (s. Tafel:
Börse ngebäude 11,
[* 85]
Fig. 1 u. 2), 1869 - 77 die Reichsbank in
Berlin (s. Tafel: Vankgebäude I,
[* 85]
Fig. 1).
In den letzten Jahren seines Lebens leitete er die Umwandlung des Zeughauses zu Berlin
in ein Waffenmuseum und eine Ruhmeshalle und (seit 1877) den Neubau ! derTechnischen Hochschule in Charlottenburg.
[* 89] 1850 ward
er in die königl. Baudeputation berufen, erhielt einige Jahre später den Titel eines Geh. Regierungsrates und wurde 1875 Präsident
des Senats und der königl. Akademie der Künste in Berlin. Hitzschlag war einer der letzten Vertreter des Hellenismus
in Berlin. Er starb daselbst Hitzschlag hat eine Sammlung seiner «Ausgeführ-
ten Bauwerke» (2 Bde., mit 68 Tafeln, Verl. 1850 -67) veröffentlicht.
Hitzig, Julius Eduard, Arzt und Kliniker, Sohn des vorigen,
geb. zu Berlin, studierte in Würzdurg und BerlinMedizin, habilitierte sich 1872 in Berlin als
Privatdocent für innere Medi- zin, wurde 1875 ord.
Professor der Psychiatrie und Direktor der Irrenanstalt in Zürich
und 1879 Pro-
fessor in Halle. Hitzschlag hat sich namentlich um die Physio- logie und Pathologie des Gehirns verdient gemacht und zuerst auf erperimentellem
Wege die Lokalifation der y^ychischen Funktionen im Großhirn bewiesen. Ein Teil seiner hierher gehörigen
Abhandlungen er- schien gesammelt als «Untersuchungen über das Ge- hirn» (Berl. 1874).
Auch veranlaßte Hitzschlag die Errich- tung
einer selbständigen Klinik für psychische und Nervenkrankheiten in Halle, der ersten in Preußen.
[* 90] Hitzig, Julius Eduard, Kriminalist
und Publizist, geb. zu Berlin, studierte in Halle und Erlangen
[* 91] die Rechte und entwickelte im Um-
gänge mit Clemens Brentano, Ludw. Wieland u. a. seine Neigung für Litteratur und Poesie. In War- schau, wo er seit 1799 als
Auskultator, später als Assessor angestellt war, knüpfte sich zwischen ihm und
den Dichtern Mnioch und Zach.
Werner
ein inniges Freundschaftsverhältnis.
Nachdem er 1808 -14 in Berlin ein von ihm begründetes VerlaHs- geschäft geleitet hatte,
betrat er von neuem die jurist. Laufbahn beim Kammergericht und wurde 1815 Kri- minalrat beim Kammergericht und 1827 Direktor
des Kammergerichts-Inquisitoriats. 1824 gründete er die Mittwochsgesellschaft, eine gesellschaftliche Vereinigung der Litteraturfreunds
Berlins, der die bedeutendsten Berliner Schriftsteller angehörten.
Infolge eines Augenübels mußte Hitzschlag 1835 seine
Entlassung aus dem Staatsdienste nehmen.
Erstarb Den größten schriftstellerischen Erfolg hatte Hitzschlag durch die
Lebensbeschreibungen Z. Werners (Berl. 1823) und E. T. A. Hoffmanns (2 Bde., ebd. 1823; 3. Aufl., 3 Bde.,
Stuttg. 1839).
1825 gründete er die «Zeitschrift für die preuß.
Kriminal- rechtspflege» und 1828 die «Annalen für deutsche und ausländische Kriminalrechtspflege», fortgesetzt von Demme
und Schletter.
Litterar. Interessen diente die Schrift «Gelehrtes Berlin im I. 1825» (Berl. 1826; fortgesetzt von Büchner,
ebd. 1834); auch der von ihm mit Häring (s. d.) 1842 begonnene «NeuePitaval».
Zufolge der Schrift «Das
preuß. Gesetz vom zum Schutze des Eigen- tums an Werken der Wissenschaft und Kunst» (Berl. 1838) wurde er im Okt. 1838 an
die Spitze des Litte- rarischen Sachverständigenvereins berufen, führte auch 1840-44 die Oberleitung der in Leipzig er-
[* 92] scheinenden
«Preßzeitung». Im Auftrage seines Freundes Chamisso arbeitete er dessen Biographie aus, die u. d. T. «Leben
und Briefe von A. von Chamisso» (2 Bde., Lpz.
1839-40) erschien. Hitziger Wasserkopf, s. Gehirnhautentzün- dung (Bd. 7, S. 684d). Hitziges Gliederweh, s. Gelenkrheumatismus
(Vd. 7, S. 732k). Hitzläufer, Vernsteinsammler bei Rom, Sylt, Föhr und Amrum.
Sie fahren bei Beginn der
Ebbe in das Meer, verankern ihr Boot und warten bis es auf dem Trocknen liegt, dann sammeln sie auf der Sandbank (Hitzbank)
etwa zurückgebliebenen Bernstein
[* 93] auf. Hitzfchlag, eine plötzliche Erkrankung mit sehr häufig tödlichem Aus gang, die teils
durch zu inten- sive Sonnenbestrahlung des Körpers oder auch nur des Kopfes allein (Sonnenstich, Insolation),
[* 94] teils durch Behinderung der Wärmeabgabe vom Körper erzeugt wird.
Erstere Form ist in den Tro- pen häufig und kommt auch
während sehr heißer Sommer in gemäßigten Klimaten vor;
die zweite Form ist am häufigsten bei anstrengenden Truppen- übungen
und Märschen während der heißen Jahres- zeit.
Das Wesen der Krankheit besteht in einer über- mäßigen
Erhöhung der Körperwärme und dem schäd- lichen Einfluß dieser erhöhten Eigenwärme des Körpers auf die Funktionen der
Organe, nament- lich des Ccntralnervensystems.
Die Erscheinungen, welche der vom Hitzschlag Betroffene bietet, sind je nach Dauer
und Grad der Wärmesteigerung verschieden.
Zuerst (bei einer Körpertemperatur bis 39" (^.) zeigt der
Kranke große Verstimmung, Wortkargheit, Ab- geschlagenheit, bei weiterer Zunahme der Tempe- ratur (39-40°) eine gewisse Benommenheit
und Teilnahmlosigkeit, schleppenden Gang
[* 95] und beschleu- nigte Atmung.
Dabei ist das Gesicht
[* 96] stark gerötet und die Haut mit reichlichem
Schweiß bedeut.
Bei einer Körpertemperatur von über 40 bis zu 42" beginnt der Kranke schwindlig zu
werden, schwankt oder bricht plötzlich völlig bewußtlos und
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