Sequanern geschieden. Die
Absicht, ihr Land, das sie in 12
Städten und 400 Dörfern bewohnten, zu verlassen und sich im südwestl.
Gallien ein ergiebigeres Gebiet zu erobern, wurde in ihnen 60
v. Chr. durch Orgetorix, einen ihrer Edeln, rege gemacht, aber
durch Julius
CäsarsSieg bei
Bibracte
(Mont-Beuvray in
Burgund) 58
v. Chr. vereitelt. Nach ihrer Unterwerfung
unter die
Römer
[* 2] gehörten sie mit dem Privilegium eines verbündeten
Volks zu dem röm.
Gallien. Als sie 69 n. Chr. die Herrschaft
des Prätendenten Vitellius nicht anerkennen wollten, wurden sie von dessen Unterfeldherrn
Cäcina auf dem Bözberge bei dem
heutigen
Baden
[* 3] (im Aargau)
in einer blutigen
Schlacht überwunden und erhielten erst nach schwerer Heimsuchung
die Verzeihung des Siegers.Röm. Wesen und Leben, von dem zahlreiche, allerorten aufgefundene
Altertümer zeugen, fanden bei
den Helvetier eine
Stätte, namentlich seitdem 43
v. Chr. durchL. Munatius Plancus die militärisch wichtige Colonia Raurica, später
Augusta Rauricorum (Augst bei Basel),
[* 4] gegründet worden, an den Hauptorten
Aventicum (Avenches-Wifflisburg), der
Hauptstadt Vindonissa (Windisch im Aargau),
Noviodunum (Colonia Julia equestris,
Nyon am Genfersee), Viviscum (Vevay), Eburodunum (Yverdun),
Salodurum (Solothurn).
[* 5] 260 n. Chr. beginnen die Einfälle der
Alamannen (s. d.) in diesen
Teil des
RömischenReichs, die zu Anfang des 5. Jahrh.
mit der Einnahme des größtenTeils des
Landes endigten. Den südwestl.
Teil am Jura trat 443 der röm.
Feldherr
Aëtius an die
Burgunder ab, die sich später von da östlich bis zur Reuß
[* 6] ausdehnten. (S.
Schweiz.)
[* 7] –
Vgl.
Th. Mommsen,
Die
Schweiz in röm. Zeit (Zür. 1854).
Kollegium, ein vom Kardinal-Erzbischof Carlo
Borromeo (s. d.) 1579 zu Mailand
[* 9] zum
Zweck der Ausbildung kath. Geistlicher für die
Schweiz begründetes Priesterseminar.
(spr. elweßĭüß),ClaudeAdrien, franz.
Philosoph, geb. 1715 zu
Paris,
[* 10] war für das Finanzfach bestimmt
und wurde nach beendigten
Studien zu seinem Oheim geschickt, um sich praktisch in diesem Fache auszubilden.
Schon im 23. Jahre erhielt er eine Generalpächterstelle, die er jedoch wieder aufgab und gegen ein Hofamt bei der Königin
vertauschte. Seit seiner Vermählung mit der Tochter des
Grafen Ligniville 1751 lebte er den größten
Teil des Jahres aus
seinem Landgute
Voré, wo er sich schriftstellerischen
Arbeiten widmete. 1758 gab er sein berühmtes Werk
«De l’esprit» heraus, worin er alle Thätigkeiten des menschlichen
Geistes aus dem Gefühls- oder Auffassungsvermögen (sensibilité)
ableitet und den
Beweis zu führen sucht, daß der Hebel
[* 11] aller menschlichen Thätigkeit die Selbstliebe (l’intérêt) sei,
die
Tugend aber nur in der Übereinstimmung der eigenen Befriedigung mit dem allgemeinen Wohlsein bestehe.
Seine
Angriffe auf das Bestehende in
Religion und Politik zogen dem Werke und seinem Verfasser Verfolgung zu.
Das
Buch wurde 1759 auf
Befehl des Parlaments öffentlich verbrannt, und Helvétius mußte einen förmlichen
Widerruf leisten. Erbittert hierüber machte er 1764 eine
Reise nach England und ging im Jahre darauf nach
Deutschland.
[* 12] In
Potsdam
[* 13] nahm ihn
Friedrich Ⅱ. mit Auszeichnung
auf, obschon ihm seine wissenschaftlichen
Ansichten nicht zusagten. Nach seiner Rückkehr lebte er zu
Paris, wo er starb.
Nach seinem
Tode gab der Fürst Golizin von ihm noch das Werk
«De l’homme, de ses facultés intellectuelles et
de son éducation» (2 Bde., Lond. 1772 u. ö.;
deutsch von
Lindner,
Wien
[* 14] 1876) heraus, worin Helvétius die
Gedanken seines
Buchs«De l’esprit» weiter ausgeführt hatte. Eine Gesamtausgabe
seiner Werke erschien in 5
Bänden (Par. 1795). –
Vgl. Mostratos, Die
Pädagogik des Helvétius (Dissertation, Berl. 1891).
Amalie von (häufig unrichtig Hellvig oder Hellwig geschrieben), geborene
Freiin von Imhoff,
Dichterin, geb. zu
Weimar,
[* 15] genoß auf dem väterlichen Gute Mörlach bei
Nürnberg,
[* 16] später in
Erlangen
[* 17] eine sorgfältige
Erziehung. Nach dem
Tode ihres
Vaters lebte sie seit 1790 mit der
Mutter in
Weimar. 1800 wurde sie zur Hofdame der
Herzogin
Amalie in
Weimar ernannt und lernte hier 1802 ihren nachherigen Gemahl, den schwed. Offizier
KarlGottfried von Helvig kennen,
dem sie 1803 nach
Stockholm
[* 18] folgte; als
Pommern
[* 19] 1810 von
Schweden
[* 20] an
Preußen
[* 21] abgetreten wurde, trat er als Generalmajor in preuß.
Dienste.
[* 22]
Nach ihrer Rückkehr ins Vaterland lebte sie in
Heidelberg,
[* 23] dann in
Dresden,
[* 24] zuletzt in
Berlin,
[* 25] wo sie starb.
Mehrere ihrer
Dichtungen wurden von
Schiller in den «Musenalmanach» und das größere Gedicht
«Abdallah und
Balsora» in die «Horen»
[* 26] aufgenommen. Von
Goethe und durch
Voß’ «Luise» über das Wesen des Hexameters unterrichtet, schrieb
sie das epische Gedicht «Die Schwestern von
Lesbos» (zuerst in
Schillers «Musenalmanach für 1800», dann
Heidelb. 1801, neu hg. von Mendheim in Bd. 3 von
«Lyriker und
Epiker der klassischen
Periode» in Kürschners
«Deutscher Nationallitteratur»); ferner das Gedicht «Die Schwestern
von
Korcyra» (Amsterd. und Lpz. 1812),
«Die Tageszeiten» (Amsterd. 1812),
«Die Sage vom Wolfsbrunnen»
(Heidelb. 1821),
«Helene von Tournon» (Berl. 1824),
gab mit Fouqués Gattin das
«Taschenbuch der Sagen und Legenden» heraus
(ebd. 1812‒13) und lieferte eine
Übersetzung von
Tegnérs «Fridthiofssaga» (Stuttg. 1826;
neue Aufl. 1879). –
Vgl. Helvig von
Bissing, Das Leben der Dichterin
Amalie von Helvig (Berl. 1889).
Cinna,Gaius, röm. Dichter, Freund und vielleicht
Landsmann des
Catullus, mit dem er im Gefolge des
Prätors Memmius nach
Bithynien ging. Er war wahrscheinlich «Cinna der
Poet»,
der bei
Cäsars Leichenfeier als
Volkstribun irrtümlicherweise von der empörten Volksmenge erschlagen wurde. Helvius Cinna schrieb
ein Reisehandbuch («Proempticon») in Hexametern zum Gebrauche des jungen
Asinius Pollio, worin er die Fahrt von
Brundisium nach
Griechenland
[* 27] mit Aufwand von Gelehrsamkeit schilderte.
Sein Hauptwerk jedoch war das mit mytholog.
Anspielungen überladene Gedicht «Smyrna», an dem er neun Jahre lang
feilte. Es behandelte die unnatürliche Liebe der cyprischen Königstochter Smyrna (Myrrha) zu ihrem
VaterKinyras. Die Reste
von Cinnas Gedichten gab zuletzt Bährens (in den «Fragmenta
poetarum romanorum», Lpz. 1886) heraus. – Vgl. Kießling,De C.
¶
mehr
Helvio Cinna poeta (in den «Commentationes Mommsenianae», Berl.
1877).
(Helyas), erster schweiz. Buchdrucker, geb. im Anfang des 15. Jahrh., stammte aus dem
alten adligen Geschlecht der von Laufen, war Chorherr der Kirche von Beromünster im Aargau
(jetzt Münster
[* 30] im Kanton Luzern).
[* 31] Die Buchdruckerkunst hat er wahrscheinlich zu Basel
kennen gelernt, wo er sich öfters,u. a.
auch 1466 längere Zeit, in Amtsgeschäften aufhielt. Sein erster Druck (vom war der «Mammotrectus
super Bibliam» des Joh. Marchesinus von Reggio, ein biblisches Real-Wörterbuch. Der vom
gleichen Tage datierte Druck desselben BuchesvonPet. Schöffer in Mainz
[* 32] wird jetzt mit Recht als Nachdruck
angesehen. Zwei Jahre später folgte in Antiquatype das «Speculum vitae humanae», und 1473 eine 2. Ausgabe desselben; außerdem
giebt es von ihm zwei undatierte Drucke wohl aus gleicher Zeit. Helye starb –
Vgl. Äbi, Die
Buchdruckerei zu Beromünster (Einsiedeln 1870).
(spr. hemmĕns oder hihmĕns), Felicia Dorothea, geborene Browne, engl. Dichterin, geb. zu Liverpool.
[* 33] Die romantische Umgebung von Gwryrch in Nordwales, wo die Familie später in stiller Abgeschiedenheit lebte, und die brit.
Heldenthaten im Kriege auf der Pyrenäischen Halbinsel weckten ihr poet. Talent. Sie heiratete den Kapitän
Hemans, von dem sie sich aber, nachdem sie Mutter von fünf Söhnen geworden, trennte. Sie starb auf dem Landgute Redesdale
bei Dublin.
[* 34] 1812 gab sie «Domestic affections», lyrische Poesien, heraus. Ihr größeres Gedicht «The restoration of
the works of art in Italy» (1816) und «The modern Greece» (1817)
gewannen den Beifall Byrons. Ihre«Tales and historic scenes in verses» (1819) enthalten treffliche Balladen. Mit dem Wettgesange
«Dartmoor» trug sie den von der Royal Society of Literature 1821 ausgesetzten Preis davon. In «Forest sanctuary» (1825;
deutsch von Freiligrath, Stuttg. 1871) verherrlicht sie das prot.
während man ihrer Vorliebe für die deutsche Litteratur «Songs of Cid» und «The
lays of many lands» verdankt. Th. Körners Dichterleben und Heldentod feierte sie in «Koerner
and his sister». Religiös sind «Songs of the affections» (1830),
«Scenes and hymns of life, and other religious poems» (1834),
«Hymns on the works of nature» (1833) und «Hymns
for childhood» (1834). In den «Records of women» (1828) schilderte sie weibliche Charaktere
und wob persönliche Schicksale mit ein. Die beste Ausgabe ihrer Gedichte ist die von Rossetti (Lond. 1873).
Eine Übersetzung ihrer Gedichte in Auswahl gaben Schlüter und Jüngst (Münst.
1877). –
Vgl. Chorley, Memorials of Mrs. Hemans (2 Bde., 1836).
(althochdeutsch hemidi, von hamo, Hülle, Kleid), ursprünglich Bezeichnung für
Bekleidung überhaupt, dann insbesondere
für ein weites, meist vorn teilweise offenes Kleid, wie Panzer-, Chor-, Fuhrmannshemd u. dgl. Jetzt versteht
man unter Hemd im engern Sinne eine weite, meist unmittelbar auf dem Leib getragene Bekleidung, zu deren Herstellung besonders
Leinen, Baumwolle,
[* 40] Shirting, Dowlas, das meist von Elsässer Fabriken hergestellte sog. Hemdentuch,
Wolle, z. B. Flanell, und zuweilen auch Seide
[* 41] dient.
Die Anfertigung der Hemd erfolgt jetzt fast allgemein im Wege der Großindustrie mit Hilfe der
Doppelsteppstich-Nähmaschine, z. B. der Maschine
[* 42] von Wheeler & Wilson (s. Nähmaschine).
[* 43] Hauptfabrikationsort für Hemd ist
in DeutschlandBielefeld.
[* 44] Die feinern Männerhemden (Oberhemden) haben auf der Brust gewöhnlich einen Einsatz aus besserm Leinen,
der entweder schlicht oder mit Falten oder Stickerei versehen ist. Hauptbezugsquelle für die gestickten
Einsätze ist Plauen
[* 45] im Vogtlande.
Der Rumpfteil der Oberhemden wird aus dem Vorder- und Rückenteil zusammengesetzt. In dem Vorderteil wird zuerst der Einsatz
eingesteppt; dann werden die beiden Teile mittels der sog. Passen, welche die Schulter- oder Nackenstücke bilden, verbunden.
Die Ärmel erhalten meist einen keilförmigen Längseinsatz (Spiele oder Zwickel) und werden an ihrem untern
Ende mit einem Bändchen oder Queder, seltener mit einer Manschette versehen. Auch die Kragen werden jetzt seltener direkt
an den Halsteil der Oberhemden genäht. Frauenhemden erhalten kurze Ärmel und werden oft in reichster Weise mit Stickereien
verziert.
Hemdförmige Kleider kommen bereits bei den vornehmen Ägyptern des Altertums vor, und zwar sowohl bei den Männern wie Frauen;
bei den vorderasiat. Völkern, namentlich den Chaldäern und Assyrern, waren sie schon früh das eigentliche Nationalkleid.
Auch die Perser, Hebräer, Kleinasiaten u. s. w. trugen ähnliche Gewänder. Desgleichen erscheinen die
Unterkleider der Griechen, Etrusker und Römer hemdartig, so das ungenähte Hemd in Trier,
[* 46] dessen Ausstellung
Veranlassung zu der deutschkath.
Bewegung in den vierziger Jahren gab; ähnliche sind in den letzten Jahren in kopt. Gräbern
in Ägypten,
[* 47] die etwa dem 5. Jahrh. angehören, entnommen worden und auch in eine Anzahl
deutscher Museen gelangt. Im 11. Jahrh. war bei den Kulturvölkern des
mittlern Europa
[* 48] das Hemd wie die Hose bei dem vornehmern Manne vom Anstand durchaus geboten; das niedere Volk trug nur einen kurzen
Rock ohne Hemd, mit oder ohne Beinbekleidung. Im 12. Jahrh. erscheint es als vornehmstes
Unterkleid, gewöhnlich von Leinwand, aber auch von Seide, nach Art der Tunika vorn geschlossen und kurzärmelig.
Doch wurde das Hemd bis in das 16. Jahrh. nur bei Tage getragen und scheint auch da nicht einmal immer vorhanden gewesen zu sein,
wie eine Erzählung in von der Hagens «Gesamtabenteuer» beweist. Aus der sittenlosern Zeit des 13. Jahrh.
wird erzählt, der Stoff sei so dünn gewesen, daß man das Weiße der Haut
[* 49] habe hindurchscheinen sehen.
Schon damals war es mit Gold- und Perlenstickereien versehen. Indessen übernimmt es auch die Rolle des Rocks, der auch durch
den Ausdruck Hemd bezeichnet wird. Im 16. Jahrh. wächst das Hemd gegen den
Hals herauf und umgiebt ihn mit einem kleinen Kragen. Der obere Rand wurde durch einen breiten, in Gold,
[* 50] Silber und Seide gestickten Saum gebildet; Damen schenkten solche kostbare Arbeiten an Freunde und Verwandte. In den Luxusgesetzen
¶
mehr
jener Zeit wird der damit getriebene Aufwand wiederholt eingeschränkt. Später kommt vielfach der Spitzenbesatz in Aufnahme,
der eine gleiche Entfaltung üppiger Mode gestattet, Heute ist dem Leinenhemd durch die sog.
Jägerhemden, d. i. wollenen Tricothemden, eine große Konkurrenz erwachsen, die noch durch die Verbreitung der baumwollenen
Tricothemden (System Lahmann) verstärkt wird.
(spr. hemmĕl hemmstedd), Marktstadt in der engl.
Grafschaft Hertford, an einer Zweiglinie der Nordwestbahn, besteht aus einer langen Straße, hat (1891) 9678 E., Strohflechterei,
Papierfabrikation,
[* 53] Brauerei und Getreidehandel.
Ober- und Nieder-, Dörfer im Kreis Iserlohn
[* 59] des preuß. Reg.-Bez. Arnsberg,
[* 60] 6 km im O. von Iserlohn, an der Öse
und an der Nebenlinie Lethmathe-Fröndenberg der Preuß.
Staatsbahnen, haben (1890) 1757 bez. 1499 meist evang. E., darunter 464 bez. 728 Katholiken,
Post zweiter Klasse, Telegraph, evang. und kath. Kirche;
ein Messingwalzwerk mit Rohrzieherei, Drahtziehereien, Eisengießerei
und Fabrikation von Maschinen, Tombak-, Neusilber-, Messing- und Eisengußwaren, Nieten, Drahtgewebe, Papier und Pappe.
(grch.), Nacht- oder Schneeblindheit (Caecitas nocturna), eine Anomalie
[* 61] der Sehfunktionen, infolge deren
die befallenen Augen bei herabgesetzter Beleuchtung,
[* 62] in der Dämmerung oder nachts auffallend schlechter als gesunde Augen,
oder auch gar nicht sehen, während ihr Sehvermögen bei guter Tagesbeleuchtung ein vollkommen normales oder doch ein
verhältnismäßig gutes ist. Sie hat ihren Grund in einer herabgesetzten Empfindlichkeit der Netzhaut gegen Licht
[* 63] (torpor
retinae).
Die Hemeralopie ist häufig die Folge einer Überblendung der Netzhaut, befällt ganz gesunde Augen, wenn diese längere Zeit ohne
genügenden Schutz einer sehr grellen Beleuchtung ausgesetzt werden, namentlich wenn die betreffenden Individuen sich
in einem mangelhaften Ernährungszustande befinden. Längerer Aufenthalt in Gletschergebirgen, auf Schnee- und Eisfeldern,
an oder auf der spiegelnden Meeresfläche oder einem von der Sonne
[* 64] grell beschienenen hellen Boden bringt die Gefahr der Erkrankung
mit sich, die daher besonders Alpen- und Polarreisende, Schiffsmannschaften u. s. w. befällt und dann leicht einen epidemischen
Charakter annimmt. Von den Seeleuten wird das Leiden
[* 65] auch häufig als Mondblindheit bezeichnet. Die Krankheit
heilt leicht bei kräftigender Ernährung durch einen mehrwöchigen Aufenthalt in dunkeln Räumen, in denen die überblendete
Netzhaut ihre Empfindlichkeit für
geringere Lichtmengen wiedergewinnt, ähnlich wie ein gesundes, aus dem Hellen ins Dunkle
gebrachtes Auge
[* 66] erst allmählich die Gegenstände erkennt. ^[]
Eine zweite Form der Hemeralopie ist in gewissen krankhaften anatom. Veränderungen des innern Auges begründet, zu denen allermeist
eine angeborene Anlage vorliegt und deren hauptsächlichste darin besteht, daß die Wandungen der Netzhautgefäße zu dick,
die Lumina der letztern sehr eng sind, und daß somit die zur Ernährung der dem Sehen
[* 67] direkt dienenden
Netzhaut bestimmte Blutmenge eine anomal geringe und unzureichende ist. Der Torpor der Netzhaut ist dann der direkte Ausdruck
einer mangelhaften Ernährung derselben, die, zuerst die äquatorialen Teile der Netzhaut betreffend, schließlich, meist unter
gleichzeitig austretender Bildung eines schwarzen Pigments in ihrem Gewebe,
[* 68] zu vollkommener, auch auf
den Sehnerven selbst sich erstreckender Atrophie ausartet (getigerte Netzhaut, Pigmentamaurose, Morbus Arianus).
Diese Art der Hemeralopie ist mithin als Vorläufer einer zwar nur sehr langsam sich entwickelnden, doch aber schließlich unfehlbar
eintretenden unheilbaren Erblindung von schwerster Bedeutung. Charakteristisch für diese Form ist in funktioneller Beziehung
die schon in den Anfangsstadien nachweisbare, immer mehr zunehmende Verengerung der Gesichtsfelder, welche
die Orientierung der Kranken, auch während sie central noch gut sehen, sehr erschwert. Wie die angeborene Taubstummheit,
so wird dieses Leiden, das stets beide Augen befällt, ziemlich häufig bei Individuen getroffen, die aus Ehen von Blutsverwandten
entsprossen sind, und nicht selten finden sich bei denselben beide Leiden gleichzeitig vor. Endlich kommt,
jedenfalls am seltensten, eine dritte Art von Hemeralopie vor, die angeboren ist, auf erkennbaren krankhaften anatom.
Veränderungen nicht beruht, mit Gesichtsfeldbeschränkungen nicht verbunden ist und ebensowenig in wahre Sehschwäche oder
Erblindung ausartet.
L., Taglilie, Pflanzengattung aus der Familie der Liliaceen (s. d.). Man kennt
nur 5 Arten, die in Europa und im gemäßigten Asien,
[* 69] besonders in Japan,
[* 70] vorkommen. Es sind ausdauernde Pflanzen mit knolligem
oder zwiebeligem Rhizom,
[* 71] langen, schmalen, gekielten Blättern und blattlosen Stengeln, welche eine Doldentraube
schöner Blumen tragen. Mehrere Arten sind schon seit langen Jahren in den Gärten beliebt, so Hemerocállis flavaL. mit sehr wohlriechenden
orangegelben Blumen im Mai und Juni, Hemerocállis fulvaL. mit bräunlich-orangeroten, geruchlosen Blumen im Juni und Hemerocállis gramineaAndr.
mit feinen Blättern und größern gelben, angenehm duftenden Blumen.
Noch schöner ist Hemerocállis Middendorffiana Traut. et Mey, die sibirische Taglilie, mit einer viel reichern Doldentraube großer goldgelber
Blumen, von denen sich während längerer Zeit täglich zwei bis drei zugleich öffnen. In kräftigem Boden und von Zeit zu
Zeit etwas begossen, blüht dieselbe im Mai, zum zweitenmal im September. Man verwendet die Hemerocállis im
Garten
[* 72] als Einzelpflanzen im Rasen, an Teichufern, an Fontänen und Rändern von Gebüschen; sie lieben etwas feuchten Boden
und Dünger. Durch Stockteilung im Frühjahr oder durch Aussaat lassen sie sich leicht vermehren.
¶
Jan van, eigentlich Jan Sanders, niederländ. Maler, der um 1550 nach Haarlem
[* 74] zog und hier vor 1566 starb.
Er steht unter dem Einflusse der Kunst des Quentin Massys und hat mit Vorliebe die volkstümlichen Typen
desselben in etwas trockner Weise weiter ausgebildet. Neuerdings schreibt man ihm auch jene Darstellungen von ausgelassenen
Wirtshausscenen zu, deren Meister man als den «Braunschweiger Monogrammisten» (nach einem Hauptbilde in Braunschweig)
[* 75] zu bezeichnen
pflegt. Es sind geistreich behandelte und witzige Genrebilder. Hauptwerke sind: Berufung des Matthäus zum Apostelamt (Wien,
Hofmuseum), Heilung des Tobias (Paris, Louvre), Der Dorfchirurg, Maria mit dem Kind (beide im Pradomuseum zu Madrid).
[* 76]
(grch.) oder Propepton, ein Eiweißstoff, welcher bei der Magenverdauung von Eiweiß als ein Zwischenprodukt
zwischen Eiweiß und Pepton entsteht und bei weiterer Einwirkung des Magensaftes in leicht lösliches Pepton
übergeht. Die Hemialbumose ist löslich in Wasser, leicht löslich in Säuren, Salzen und Alkalien; diese Lösungen werden nicht durch
Kochen gefällt, wohl aber durch Zusatz von Essigsäure und Ferrocyankalium oder von Essigsäure und konzentrierter Kochsalzlösung.
Außer im Mageninhalt während der Eiweißverdauung findet sich die auch im Blut und Knochenmark, ferner
pathologisch im Eiter sowie in den drüsigen Organen bei Phosphorvergiftung und Leukämie; sie ist ein Hauptbestandteil der
künstlichen Peptonpräparate. Hemialbumosŭrie, Ausscheidung von Hemialbumose durch den Harn.
(grch.) oder Hemianopsie (weniger passend Hemiopie), Halbsehen, eine Störung des Sehvermögens,
bei der auf beiden Augen innerhalb einer Hälfte des Gesichtsfeldes nicht gesehen wird, weil die der Lage nach korrespondierenden
Netzhauthälften gelähmt sind. Sie ist begründet in der eigentümlichen Verteilung der Nervenfasern in den Netzhäuten.
Bei allen Wirbeltieren nämlich vereinigen sich in jeder Gehirnhälfte die für die Netzhäute bestimmten
Nervenfasern an der Schädelbasis zu einem Sehstrange (tractus opticus) und treten die beiden Traktus, nach vorn hin
konvergierend, zu einer Kreuzung (chisma nervorum opticorum) zusammen, aus deren vorderm Teile die beiden Sehnerven entspringen.
Diese Kreuzung ist jedoch nicht bei allen Wirbeltieren eine vollständige, sondern beim Menschen und denjenigen Tieren,
die für beide Augen ein gemeinschaftliches Sehfeld besitzen, eine partielle oder Halbkreuzung (semidecussatio), indem sich
innerhalb der Kreuzungsstelle jeder Traktus in ein gekreuztes und ein ungekreuztes Bündel spaltet. Das ungekreuzte Bündel
des linken Sehstrangs geht an der Außenseite des linken Sehnerven zur linken Hälfte der linken Netzhaut, während sein gekreuztes
Bündel an der Innenseite des rechten Sehnerven zur linken Hälfte der rechten Netzhaut verläuft, und in gleicher Weise versorgt
das ungekreuzte Bündel des rechten Traktus die rechte Hälfte der rechten, und sein gekreuztes Bündel die rechte Hälfte
der linken Netzhaut. (S.Tafel:
Das Auge des Menschen,
[* 73]
Fig. 4 u. 6, Bd. 2, S. 104.) Trifft nun z. B.
eine Störung (Bluterguß, Geschwulstbildung u. s. w.) den linken Sehstrang oder die centralen Hirnteile,
von denen er seine Fasern bezieht, so erlischt auf beiden Augen die Thätigkeit der linken Netzhauthälfte, d. h. das Sehvermögen
der rechten Gesichtsfeldhälfte, sodaß bei geradeaus gerichtetem Blicke alle rechts vom Fixierpunkte gelegenen
Objekte nicht gesehen werden (rechtsseitige homonyme oder gleichnamige Hemianopie), während bei Funktionsstörung
des rechten Traktus infolge der Lähmung beider rechten Netzhauthälften beide linken Gesichtsfeldhälften erblinden (linksseitige
homonyme Hemianopie). Liegt dagegen das Leitungshindernis hinter dem Chiasma, in dem Winkel
[* 77] zwischen beiden Sehsträngen,
oder vor dem Chiasma, zwischen den beiden Sehnerven, so trifft die Lähmung zunächst die beiden gekreuzten,
d. h. die innern Netzhauthälften beider Augen versorgenden Bündel, und dem entsprechend erblinden die schläfenwärts gelegenen
Hälften beider Gesichtsfelder (temporale Hemianopie). In seltenen Fällen und bei komplizierten Prozessen in den betreffenden
Hirn- oder Nervenpartien kommt es vor, daß die nasenwärts gelegenen oder obern oder untern Hälften
beider Gesichtsfelder fehlen.
Ein nur vorübergehendes, d. h. einige Minuten bis eine halbe Stunde anhaltendes Halbsehen, aus einem oder beiden Augen, jedoch
mehr in unregelmäßiger und wechselnder Gestalt, zeigt sich bei temporären Anomalien der Blutcirkulation in der Netzhaut
und den centralen Teilen des Gesichtssinnes, also namentlich bei hysterischen Zuständen, besonders aber
bei einer die Migräneanfälle häufig einleitenden oder begleitenden Sehstörung, die man wegen der dabei oft vorhandenen
subjektiven Lichterscheinungen Flimmerskotom nennt.
(grch.), auch als Halbkopf, Katzen- oder Krötenkopf, Akranie oder Anencephalie bezeichnet, angeborene,
nicht lebensfähige Mißbildung des menschlichen und tierischen Körpers, bei welcher Schädelkapsel und Gehirn
[* 78] fehlen und
der ganze Kopf nur aus dem Gesichtsteil besteht, kommt während der Fötalzeit durch chronische Entzündung des Medullarrohrs
(der embryonalen Hirnanlage) zu stande und ist mit Spaltung der Wirbelsäule und Mangel des Rückenmarks verbunden.
Eidechsengattung aus der Familie der Geckonen (s. d.), mit bloß an der Wurzel
[* 79] verbreiteten Zehen und
zurückziehbaren Krallen.
Die 40 Arten finden sich in warmen Gegenden teils der Alten, teils der Neuen Welt, eine 10 cm lange
(Hemidactylus verruculatusCuv.) schon in Südeuropa.
(grch.), Hälftflächigkeit, im Gegensatz zur Holoedrie
oder Vollflächigkeit das gesetzmäßige Auftreten einer Krystallform mit nur ihrer halben Flächenzahl.
Vielfach zeigt es
sich, daß eine Krystallform zwar ihre Flächen in genau derselben Lage besitzt, wie eine andere, aber diese Flächen nur in der
halben Anzahl aufweist, weshalb man von der einen (holoedrischen) Form auf die andere (hemiedrische)
gelangt, wenn man die symmetrisch verteilte Hälfte ihrer Flächen verschwinden läßt, wobei
¶
forlaufend
30
die übrigbleibende Hälfte für sich eine geschlossene, von untereinander gleichen Flächen begrenzte Gestalt bildet. So
liefert das Oktaeder bei der Hemlockrinde das Te- traeder, das Tetrakishexaeder erzeugt das Penta- gondodekaeder, die hexagonale Protopyramide
das Rhomboeder.
Dabei kann es verschiedene Modali- täten der Hemlockrinde geben, je nachdem auf diefe oder auf
eine andere Weise die Auswahl der zum Verschwin- den bestimmten Hälfte der Flächen erfolgt ist. Im regulären System z. V.
entsteht aus dem Hexakis- oktaeder einerseits das Hexakistetraeder, anderer- seits das Dyakisdodekaeder.
Die erstere Modalität
istdie geneigtflächige odertetraedrischeH.,die letztere die parallelflächige oder dodekaedri- sche Hemlockrinde. Jedoch
bloß bei einer Anzahl von Krystall- formen hat die Hemlockrinde die thatsächliche Ausbildung von nur der Hälfte
der Flächen im Gefolge.
Wenn an- dere Formen, z. B. der Würfel, von der Hemlockrinde erfaßt werden, so bleibt
dessen von sechs gleichen Quadra- ten umschlossene Gestalt als solche bestehen.
Hier äußert sich daher die Hemlockrinde nicht
morphologisch, sondern lediglich in der Weise^daß die Räume zwiscyen den Hauptschnitten oder (^ymmetrieebenen, die äußer-
lich alle gleich erscheinen, doch physikalisch nur ab- wechselnd gleich sind: die acht Ecken des hemiedrischen Würsels stimmen
in Physik. Hinsicht bloß abwechselnd überein. Die an Krystallen ist demnach die Er- scheinung, bei welcher
die Näume (Krystallräume) zwischen den Hauptschnitten entweder in morpholog. oder in Physik.
Hinsicht bloß abwechselnd
gleich sind, wobei die Verteilung der gleichen Räume ganz regel- mäßig ist.
Eine H^ ist nur möglich in denjenigen Krystallsystemen,
die mehrere Symmetrieebenen be- sitzen; sie ist also ausgeschlossen in dem monoklinen und triklincn.
Die
Hemlockrinde im regulären System wurde oben erwähnt. Im tetragonalen System liefert die Hemlockrinde die tetragonalen Sphenoide und Skalenoeder,
im beragonalen die Rhomboeder und hexagonalen Ska- lcnoeder, im rhombischen dierhombifchenSphenoide.
Durch das Eintreten
der Hemlockrinde wird die Zahl der Symme- trieebenen der betreffenden holoedrischen Krystallge- stalt vermindert,
indem die hemie'drischeForm nicht mehr nach denjenigen Ebenen symmetrisch sein kann, nach denen die Zerlegung
der holoedrischen in ver- schiedene Krystallräume erfolgt ist. Es ist einleuch- tend, daß bei jeder Hemlockrinde zwei
hemie'drische Formen entstehenmüssen,diesichgegenseitigzurholoedrischen Stammform ergänzen, weshalb sie komplementäre
Formen, oder auch, weil sie bei völliger Ähnlichkeit
[* 81] einen Gegensatz in der Stellung zeigen, Gegenkörper
genannt worden sind.
Bringt man die Hemlockrinde allge- mein dadurch Zum Ausdruck, daß man den Hä'lft- flä'chner mit dem durch 2 geteilten
Zeichen des be- treffenden Ganzflächners, z. V. das Tetraeder als Halbsiächner des Oktaeders (0) mit -^ (gesprochen o halbe),
bezeichnet, so können diese komplemen- tären hemiedrischen Formen durch das vorgesetzte Zeichen ^ und
- unterschieden werden;
doch läßt man zweckmähigerweise das positive Vorzeichen ge- wöhnlich weg.
In der Natur findet
eine strenge Scheidung zwischen holoedrischen und hemiedrischen Formen statt, indem eine und dieselbe als Mineral- art
auftretende
chem. Substanz entweder nur ho- loedrisch oder nur hemie'drisch, und im letztern Falle auch nur in einer
bestimmten Modalität der Hemlockrinde krystallisiert. (S. auch Krystalle.) Hemiglobus (grch.-lat.), Halbkugel. Hemikranie (grch.),
die Migräne (s. d.).
[* 80]
Fig. 2, Henzi1eia.va.8ta.trix, der dieKafteelaubkrank- heit verursachende Pilz
[* 82] (s. Kaffee). Hemimörphie,
s. Hemimorphismus.
Hemimorphismus oder Hemimörphie (grch.), nach dem Vorgange von Vreithaupt Bezeich- nung fürdie
(nicht mitderHemie'driezuverwechselnde) Erscheinung, daß Krystalle, die nicht dem regulären System angehören,
an den entgegengesetzten Enden einer Symmetrieachse, gewöhnlich der Hauptachse oder Vertikalachse, gesetzmäßig durch die
Flächen ganz verschiedener Formen begrenzt werden.
Diese Formen sind daher entweder nur mit ihrer obern oder mit ihrer untern
Hälfte ausgebildet.
Ein Bei- spiel liefert das hier abgebildete Kieselzinkerz;
[* 80]
Fig. 1 zeigt oben Basis
und Makrodoma, unten eine Pyramide;
in
[* 80]
Fig. 2 erscheinen oben zwei Ma- krodomen, zwei Bra- chydomen und die Ba- sis, unten
ebenfalls nur eine Pyramide. Auch die Krystalle des Turmalins sind aus- gezeichnet hemimorph, indem sie an den bei- den Enden
der Verti- kalachse ganz abwei- chende Rhomboeder, oder an dem einen (odcrn) Ende Rhomboeder, an dem
andern (untern) die Geradendfläche aufweisen.
Der Hemlockrinde findet sich auck bisweilen an den Krystallen des Struvits und Wul- fenits,
unter den künstlich dargestellten Substanzen an denen des Iodsuccinimids, Tolylphenylketons, Resorcins und ^luercits.
Die
Erscheinung gewinnt deshalb ein doppeltes Interesse, weil die meisten hemimorphen Krystalle zugleich die
Eigenschaft be- sitzen, durch Erwärmung polarelektrisch zu werden, d. h. an den entgegengesetzten,
formell verschieden ausgebildeten Enden gleichzeitig die entgegenge- setzten Elektricitäten zu entwickeln.
Hemimorphit, Mineral,
s. Galmei. Hemma, Maß ^ «/^ Modius (s. d.). Hömine (spr. emihn), Getreidemaß, s. Emine. Hoin!nsnra.stIiVliia.,
halbseitige Nerven- schwäche, s. Nervenschwäche.
Hemiparese (grch.), halbseitige Lähmung.
Üsinipka.1a.oro3j8 (grch.), s. Haarschwund.
Hemiplegie (grch.), halbseitige Lähmung. Hennprismen, die beiden ungleichwertigen
Flächenpaare, die bei triklinen Krystallen zu einem vierseitigen vertikalen Prisma
[* 83] verbunden sind. Hemipteren, s. Schnabelkerfe.
Hemipyramiden, die beiden ungleichwertigen vierzähligen Flächenkomplexe, die sich zur Pyramide dcs
monoklinen Krystallsystems vereinigen.
Hemisphäre (grch.) oder Halbkugel, s. Plani- globen;
in derAnatomie,s. Gehirn (Bd.
7, S.675d). Hemiftichion (grch.), Halbvers. Hemitröpie (grch.), s. Krystalle. Hemling wurde früher fälschlich der MalerHans Memling (s. d.) genannt. Hemlockrinde, die in der Lederfabrikation (s. d.) verwendete Rinde der Schierlingstanne.
(S. Hem- lockstannen.) Das Hauptgebiet der Produktion die- ser Rinde sind die Staaten Wisconsin und Michi-
gan und die canad.
Provinzen Ontario und Oue- beck. Der aus der Hemlockrinde gewonnene Extrakt, Hem- lockextrakt, ist eine braune, sirupartige
Flüssig- keit, die nach Nehlcr 14,3 Proz. Gerbstoff, im übrigen
¶
zu den Gattungen TsugaEndl. und PseudotsugaCarr. gehörige Nadelhölzer.
[* 85] Die Hemlockstannen haben oben dunkelgrüne,
unten bläulichgrüne oder weißliche, in der Regel zweizeilig gestellte Nadeln.
[* 86] Die kleinen Zapfen
[* 87] stehen gewöhnlich am Ende
der Zweige, meist hängend, selten aufrecht. Die Fruchtteller lösen sich nicht von der Achse, der Zapfen
zerfällt daher nicht. Bei der Gattung Tsuga springen die Pollensäcke der Länge nach, bei Pseudotsuga mit schiefer Spalte
auf.
Die canadische Sprossen- oder Schierlingstanne (TsugacanadensisCarr., AbiescanadensisL.) ist heimisch in Nordamerika,
[* 88] vom
49.° nördl. Br. bis in die mittlern Vereinigten Staaten,
[* 89] von der Hudsonbai bis in die Appalachen. Sie ist
ein zierlicher, 20-30 m, bei uns nur bis 20 m hoch werdender Baum mit unregelmäßiger Krone. Die fast kammförmig gestellten
Nadeln sind 6-14 mm lang, 1,5 mm breit, die nur 1-2 cm langen Zapfen eirund. Das Holz
[* 90] ist nicht besonders
nutzbar, daher ohne Bedeutung für die Waldkultur.
Die Schierlingstanne verträgt das deutsche Klima
[* 91] sehr gut und wird viel in Gärten angebaut. Die Douglastanne oder Douglasfichte
(PseudotsugaDouglasiiCarr., AbiesDouglasiiLindl., Abiestaxifolia Lamb.) hat spiralig
gestellte, 18-30 mm lange, kaum 1½ mm breite Nadeln. An den 5-9 cm langen Zapfen ragen die dreispitzigen
Deckblätter weit über die Schuppen hervor, ihre Mittelrippe ist in einen langen, spitzen Fortsatz verlängert. Die Douglastanne
ist ein prachtvoller Baum, weit verbreitet im nordwestl.
Amerika,
[* 92] wo er bei einem Alter von 500 bis 600 Jahren bis 90 m hoch und 5 m stark wird. Das Holz ist sehr
schön, erinnert etwas an Fichtenholz, ist jedoch, etwas schwerer als dieses, vielfach verwendbar. Neuerdings wird die Douglastanne
in Deutschland vielfach in Gärten, versuchsweise auch im Walde angebaut. Im allgemeinen scheint sie das deutsche Klima wohl
zu vertragen, hat jedoch in manchen Lagen durch Frost zu leiden, und auf sehr trocknem Boden gedeiht sie
gar nicht.
Nikol., evang. Theolog, geb. 1513 auf der Insel Laaland, gehörte in Wittenberg
[* 93] zu den eifrigsten SchülernMelanchthons. In die Heimat zurückgekehrt, wurde er Prediger an der Heiligengeistkirche in Kopenhagen,
[* 94] später Professor der
griech. und hebr. Sprache, 1557 Professor der Theologie an der dortigen Universität.
Von den eifrigen Lutheranern
heftig angefeindet, wurde Hemming 1579 seiner Stellung an der Universität entsetzt und Kanonikus am Dom zu Roeskilde.
zwei hölzerne oder eiserne Keile, die bei Belagerungs- und Festungsgeschützen gebraucht werden, um den
Rücklauf (s. d.) derselben zu hemmen. Zu diesem Zweck werden die Hemmkeile vor
dem Schuß genau hinter die Lafettenräder gelegt, sodaß diese beim Rücklauf
auf sie hinaufrollen, während der Lafettenschwanz
auf dem Boden bleibt.
Nach beendetem Rücklauf findet sodann durch Zurückrollen von den Hemmkeile ein selbstthätiger
Vorlauf des Geschützes in die Schußstellung statt.
eine Kette, welche durch die Speichen und um die Achse eines Wagenrades geschlungen wird, um eine Fortbewegung
desselben zu verhindern oder wenigstens zu verringern.
oder Radschuh, ein hölzerner oder eiserner Klotz, der, ähnlich einer Bremse (s. d.),
mittels einer Schraube gegen die Lauffläche der Räder eines Wagens gedrückt wird, um letztern zum Stillstand zu bringen
oder den Lauf desselben, besonders bei dem Bergabfahren, zu hemmen (auszuhalten);
die ältere Form des Hemmschuh ist eine schuhähnliche
hölzerne oder eiserne Rinne, welche beim Bergabfahren unter das eine Hinterrad geschoben und dort mittels
einer Kette befestigt wird.
in der Physiologie die Unterbrechung gewisser Bewegungen und vegetativer Vorgänge durch die Thätigkeit bestimmter
Nerven,
[* 98] der sog. Hemmungsnerven, welche bei ihrer Reizung nicht wie die übrigen centrifugalen Nerven die von ihnen versorgten
Organe zur Thätigkeit anregen, sondern gerade im Gegenteil die Thätigkeit derselben verringern oder
selbst ganz unterbrechen. Dies geschieht aber durch die Vermittelung eigentümlicher nervöser Werkzeuge,
[* 99] welche teils im
Rückenmark, teils im verlängerten Mark des Gehirns gelegen sind und als Hemmungscentren bezeichnet werden. Am genauesten
erforscht und am leichtesten zu demonstrieren sind die Hemmungserscheinungen am Herzen.
Durchschneidet man einem Hund oder Kaninchen
[* 100] am Halse den zehnten Gehirnnerven oder Vagus und reizt hierauf
den peripheren Nervenstumpf vermittelst eines unterbrochenen elektrischen Stroms, so nimmt die Zahl der Herzschläge nicht
nur sehr beträchtlich ab, sondern es kann auch die Herzthätigkeit bis nach Sistierung der Nervenreizung vollständig unterbrochen
werden, während die einfache Durchschneidung des Vagus ohne gleichzeitige elektrische Reizung die Herzthätigkeit
beschleunigt, woraus hervorgeht, daß der Vagus einen die Herzaktion verlangsamenden Einfluß ausübt und somit ein ausgesprochener
Hemmungsnerv für das Herz ist. Ebenso ist der große Eingeweidenerv (nervus splanchnicus), welcher von den Brustganglien des
Sympathicus entspringt, zu den Hemmungsnerven zu zählen, denn seine Reizung hebt die wurmförmigen Bewegungen
des Darms auf. Auch bei der Absonderung der Drüsen und andern vegetativen Prozessen kommen hemmende Nerven in Betracht.
oder Echappement, bei Uhren
[* 101] diejenige Vorrichtung, durch welche der Gang
[* 102] derselben zum Zweck der Regulierung
in kleinen, gleichmäßigen Zeitabschnitten unterbrochen wird. (S. Uhren.)