Die eigentlicheBurg G.,auch WandersleberSchloß oder Wandersleber
Gleiche genannt, nördlich von der letztern und ebenfalls
zum
Kreis
[* 2]
Erfurt
[* 3] gehörig, von der nur noch ein Flügel erhalten ist, war der Hauptsitz der ehemaligen
GrafenvonGleichen, welche
an den beiden andern Schlössern keinen Anteil hatten. Diese altgräfl. Familie nannte sich vor dem Ende
des 12. Jahrh. nach ihrer Stammbesitzung
Tonna und gehörte zu den Viergrafen Thüringes, indem sie einen der vier Dingstühle
dieses
Landes, den zu Gotha,
[* 4] zu verwalten hatte.
Trotz ihrer Macht gelang es ihnen nie, sich der landesherrlichen Obergewalt gänzlich zu entziehen.
In den Bereich der Sage
gehört die Erzählung von jenem
Grafen, der, in
Palästina
[* 5] gefangen, von einer jungen Türkin befreit,
dieselbe mit Erlaubnis des Papstes neben seiner frühern Gemahlin geehelicht haben soll. Durch mehrfache Verzweigungen in
die Gleichensteinische, Blankenhainische, Tonnaische und andere
Nebenlinien schwächten die
Grafen ihren Güterbesitz.
Besonders gingen auf diese
Weise ihre bedeutenden Herrschaften auf dem Eichsfeld 1294 dem Hause verloren.
Erst der letzte
Graf,
HansLudwig, vereinigte wieder alle Besitzungen seines Hauses. Nach seinem Ableben kamen 1630 die
GrafschaftenSpiegelberg und
Pyrmont und die Stammherrschaft
Tonna, welche letztere dann 1677 der
Herzog von Gotha kaufte, an die
Grafen von
Waldeck,
[* 6] die sog. obere
Grafschaft Gleichen
(Ohrdruf, Wechmar u. s. w.) an die
Grafen von Hohenlohe, deren Nachkommen
sie noch gegenwärtig unter sachsen-gothaischer Hoheit besitzen, die sächs.
Lehne der untern
Grafschaft Gleichen (Günthersleben
u. s. w.) an das Haus
Schwarzburg.
[* 7]
Dorf und Kurort in der österr. Bezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk Feldbach in
Steiermark,
[* 11] 10 km
südlich von Feldbach, an den Linien
Spielfeld-Luttenberg
(Station Purkla-Gleichenberg) der Österr.
Südbahn und Graz-Fehring
(Station
Feldbach-Gleichenberg) der Österr. Staatsbahnen,
[* 12] haben zusammen (1890) 1578 E. Das Dorf (737 E.), mit dem durch
seine Hexenprozesse verrufenen gräfl. Trauttmansdorffschen Schlosse auf einem von drei Seiten unzugänglichen Felsen (426
m), grenzt an den Kurort, ist aber als Ortsgemeinde von diesem geschieden.
Der Kurort, mit 841 E. und Post, liegt in 311 in Höhe an der südl.Lehne der Gleichenberger Kogel, erscheint
als ein großer
Park mit
Anlagen, Villen, Aussichtspunkten und schattigen Spaziergängen und ist durch die nahen Gebirgskuppen
vor rauhen
Winden
[* 13] geschützt. Die heilbringenden
Quellen waren schon den
Römern bekannt, wurden aber erst in neuerer Zeit wieder
entdeckt. Die Konstantinsquelle, ein eisenfreier, kochsalzhaltiger, alkalischer Säuerling (16–17° C.),
ist Brustkranken besonders zuträglich (1892 etwa 5600 Kurgäste), kohlensäurehaltiger ist die Emmaquelle (15° C.).
Der
Klausen- und der Johannisbrunnen, eine
Stunde entfernt,
sind eisenhaltig. Jährlich werden etwa 800000 Flaschen versendet.
Die Umgebungen bieten reizende Ausflüge in die
Klamm, in die
Burg Kapfenstein, nach Poppendorf, nach Schloß Hainfeld (früher
imBesitz des
Orientalisten von Hammer),
[* 14] zu den Basaltfelsen bei Pertelstein und in die merkwürdige Riegersburg.
–
Vgl. Prasil, Der Kurort Gleichenberg
(Wien
[* 15] 1865);
Ivándi,Über Kurorte und Kurmittel im allgemeinen und speciell über Gleichenberg (ebd.
1880);
Clar,
Boden, Wasser und Luft von Gleichenberg (Graz
[* 16] 1881);
(Gleicheniacĕae), Pflanzenfamilie aus der Gruppe der
Farne
[* 17] (s. d.).
Es sind nur drei Gattungen bekannt,
deren
Arten fast sämtlich tropisch sind. Es sind krautartige
Farnkräuter mit kriechendem Wurzelstocke
und einfach oder doppelt gefiederten Wedeln.
Die Sporangien stehen nur in geringer Anzahl in den Fruchthäufchen, besitzen
einen vollständigen horizontalen
Ring und springen mit einem Längsrisse auf.
Die verbreitetste Gattung ist Mertensia (s. d.),
von einigen
Arten dienen die Wurzelstöcke als Nahrungsmittel.
[* 18]
Emilie von,
Schillers jüngstes
Kind und ihrem
Vater unter ihren
Geschwistern geistig
und körperlich am ähnlichsten, geb. zu
Weimar,
[* 19] verheiratete sich 1828 mit dem bad. Kammerherrn
FreiherrnHeinrich
Adelbert von Gleichen-Rußwurm (geb. gest. in
Weimar). Sie lebte auf dessen Schloß Greifenstein ob Bonland im Untermainkreis, wo sie
halb erblindet, starb. Man verdankt ihr zahlreiche interessante Veröffentlichungen zu der Lebensgeschichte und den Werken
ihres
Vaters, zu denen sie das Material aus
Schillers Nachlaß entnahm.
HeinrichLudwig,
Freiherr von, Landschaftsmaler, Sohn der vorigen, geb. zu Greifenstein
inBayern,
[* 20] widmete sich erst seit 1869 der Malerei an der Kunstschule in
Weimar unter M. Schmidt und
Th.
Hagen.
[* 21] Seine Landschaften sind kraft- und stimmungsvoll, meist reich staffiert. Eine Idylle, darstellend Schäfer mit
Herde (1885), besitzt die
Berliner
[* 22] Nationalgalerie, ein Motiv von der fränk.
Saale (1885) und eine Abendlandschaft (1892)
das Museum in
Weimar; andere
Bilder von ihm sind: Prien am Chiemsee, Sommermittag, Ernte
[* 23] (1873), Rehwechsel
(1874), Herbstlandschaft (1879),Helgoland,
[* 24]
PotsdamerThor in
Berlin
[* 25] (1883),Kanal
[* 26] Ponte longo in
Venedig
[* 27] (1884), Am
Strande von
Scheveningen (1885), Der Waldhüter (1889), Im Wurz-Garten, Waschbleiche
(1891).
Größere Sammlungen seiner Aquarelle besitzen die
Galerien zu
Weimar und
Berlin. Der Künstler,
der sich entschieden der impressionistischen
Richtung anschloß, lebt in
Weimar .
[* 28] in der Mechanik jener Zustand der Ruhe, der durch zwei oder mehrere einander entgegenwirkende Kräfte
hervorgebracht wird, von denen jede die vereinigte Wirkung aller übrigen aufhebt. Dies ist z. B.
mit dem Gleichgewicht am Hebel,
[* 29] an der Wage,
[* 30] an der schiefen Ebene u. s. w. der Fall.
Man unterscheidet ein stabiles (sicheres), ein labiles (unsicheres) und ein indifferentes Gleichgewicht
¶
Im stabilen Gleichgewicht eines schweren Körpers hat dieser eine solche Lage, das sein Schwerpunkt
[* 32] s vertikal unter dem Drehungspunkt
(Aufhängepunkt), also so tief als möglich liegt (s. beistehende
[* 28]
Fig.
1), daß daher, wenn der Körper durch eine kleine Drehung aus dieser Lage herausgebracht wird, sein Schwerpunkt höher
als früher zu liegen kommt (bei s'); infolgedessen wird der Körper immer wieder seine erste Lage einzunehmen suchen; hierher
gehören alle aufgehängten und mindestens in einem Dreieck
[* 33] unterstützten Körper und alle Körper, die in einer waagerechten
Achse (Wage) oder in zwei zueinander unter rechtem Winkel
[* 34] gerichteten, wagerechten Achsen, mit darunter
liegendem Schwerpunkte, hängen, wie z.B. bei der Cardanischen Aufhängung für Schiffslampen, Schiffskompasse, Schiffsbarometer
u. s. w.
Manchmal scheint ein Körper unterstützt zu sein und ist dennoch, weil sein Stützpunkt höher als der Schwerpunkt liegt,
aufgehängt; dies ist z. B. der Fall bei einem auf seiner Spitze ruhenden Kegel B
[* 28]
(Fig. 2 ), bei dem mittels
eines Drahtbogens M N zwei gleiche Bleikugeln P und P symmetrisch zu beiden Seiten des Kegels derart befestigt sind, daß
der gemeinschaftliche Schwerpunkt der ganzen Körperverbindung unter den Stützpunkt zu liegen kommt. Infolgedessen ist der
Kegel eigentlich aufgehängt, mithin im stabilen Gleichgewicht. In ähnlicher Weise verhält es sich mit vielen Balancierfiguren,
z. B. mit den bekannten galoppierenden Pferden, Sägemännern u. dgl. m., die an der Tischkante aufgehängt sind.
Bei den unterstützten Körpern ist die Stabilität (s. d.) von verschiedenen Umständen abhängig.
Im labilen hat der Körper eine solche Lage, daß der Schwerpunkt s vertikal über dem Drehungspunkte
(Stützpunkt), also möglichst hoch liegt (s. Fig. 3), daß daher, wenn der Körper durch eine kleine
Drehung aus dieser Lage herausgebracht wird, sein Schwerpunkt stets tiefer als früher zu liegen kommt (bei s'), weshalb derselbe
nicht mehr zurückkehrt, sondern, die störende Bewegung fortsetzend, eine noch tiefere Lage aufsucht;
hier z. B. kommt das Brett nach seiner Umdrehung in die stabile Lage wie bei
[* 28]
Fig. 1.
Im indifferenten Gleichgewicht befindet sich ein Körper, wenn der Drehungs- und Stützpunkt durch seinen Schwerpunkt geht (s. Fig. 4),
so daß der Schwerpunkt s durch eine Drehung des Körpers weder gehoben noch gesenkt wird; hierher gehört
z. B. das Brett in
[* 28]
Fig. 4, das im G. bleibt, es mag die Lage AB oder CD oder irgend eine beliebige Lage durch Drehung um die
Achse annehmen; ferner sind hier zu nennen Wagenräder, Kugeln und
Cylinder auf wagerechtem Boden u. s. w.
über das Gleichgewicht schwimmender Körper s. Schwimmen. über das
Gleichgewicht der flüssigen Körper s. Hydrostatik,
[* 35] der gasförmigen s. Aerostatik. - über das Gleichgewicht der Staaten s. Politisches Gleichgewicht.
ist das Verhältnis, vermöge dessen von zweierlei irgend einer Art dasselbe gilt. So spricht man von Gleichheit der
Dinge, wenn sie dieselben Eigenschaften haben; von Gleichheit der Begriffe, wenn sie durch dieselben Merkmale gedacht
werden (s. Identität); von Gleichheit zweier Flächen, wenn sie dieselbe Größe haben u.s. w. Gesellschaftliche Gleichheit nennt man dasjenige
Verhältnis der zu einer Gesellschaft gehörigen Personen, vermöge dessen sie gleiche Rechte und Pflichten haben. Schon das
ältere Naturrecht stützte sich auf den Begriff der Gleichheit, indem es denselben zur Bestimmung der ersten
Grundbegriffe des Rechts benutzte. Aber erst zur Zeit der Französischen Revolution ward die Gleichheit aller förmlich proklamiert.
Allgemein anerkannt ist die Forderung der Gleichheit vor dem Gesetz. Jeder Staatsbürger soll den Schutz der Gesetze gleichmäßig
genießen und diesen gleichmäßig Unterthan sein.
ein Ausdruck oder eine Wendung, durch die bestimmte Eigenschaften eines Gegenstandes dadurch hervorgehoben
werden, daß ein anderer, sonst durchaus verschiedener Gegenstand, der aber diese Eigenschaften ebenfalls aufweist, bei der
Schilderung erwähnt wird.
die gleichmäßige Bewegung einer Truppenabteilung, in der der einzelne Schritt von sämtlichen Mannschaften
mit demselben Fuße, in gleicher Länge und mit taktmäßigem Niedersetzen der Füße ausgeführt wird.
Der Gleichschritt gestattet ein dichtes Anschließen der hintereinander marschierenden Mannschaften und giebt der
marschierenden Truppe Halt und feste Ordnuug. Er wird daher nicht nur auf dem Exerzierplatz und zu Paradezwecken, sondern
auch auf dem Gefechtsfelde dann angewendet, wenn es darauf ankommt, bei überwältigenden Eindrücken
des Kampfes eine geschlossene Truppe in ruhiger und geordneter Bewegung zu erhalten. In allen übrigen Fällen vermeidet man
den Gleichschritt, da er auf die Dauer große Anstrengung erfordert. Schon die Römer
[* 37] und Griechen wendeten den Gleichschritt an; im Mittelalter geriet
er in Vergessenheit und erst seit der Mitte des 18. Jahrh. kam er wieder
in Gebrauch.
¶
eine Compounddynamomaschine (s. d.), bei der infolge
passender Wahl der Windungszahlen beider Magnetbewicklungen die Klemmspannung unabhängig von der Belastung ist, also (nahezu)
die gleiche bleibt, ob viel oder wenig Strom aus der Maschine
[* 39] entnommen wird.
Daß es mittels gemischter Bewicklung der Feldmagnete
möglich sei, die Klemmenspannnng einer Dynamomaschine praktisch konstant zu erhalten, hat zuerst Deprez 1881 gezeigt;
die erste gelungene Ausführung einer Gleichspannmaschine ist der Firma Siemens+Halske zu verdanken.
heißt das Urteil, daß zwei Größen für einander gesetzt werden können. Die verglichenen,
durch das Zeichen der Gleichheit (=) getrennten Ausdrücke heißen die Teile oder Seiten der Gleichung. Die Gleichung ist entweder eine unbedingte,
identische, eine Identität, die sich beweisen läßt, z. B. a + b= b + a, ab = ba, oder eine bedingte, eine Bestimmungsgleichung,
die einen bestimmten Wert einer Größe, der «Unbekannten», voraussetzt. Eine solche Unbekannte wird in
einer Gleichung meist durch die letzten Buchstaben des Alphabets (x,y,z) ausgedrückt, während bekannte Größen mit a,b,c u.s.w.
bezeichnet werden. So genügt der Wert 5 für x der Gleichung 2x + 3 = 13. Durch eine Gleichung, die nicht
identisch ist, wird eine Unbekannte ein- oder mehrdeutig bestimmt.
Algebraische Gleichungen (s. d.) sind vom n ten Grade, wenn sie eine Unbekannte von der n ten Potenz enthalten. Jede Gleichung vom
n ten Grade hat n Werte (Wurzeln, s. d.), die, für die Unbekannte gesetzt, die Gleichung erfüllen. Eine Gleichung heißt irreducibel, wenn
sie nicht in Gleichung niedern Grades zerfällbar ist; wenn sie aber numerisch ist, d. h. außer der Unbekannten
keinen Buchstaben enthält, so können ihre Wurzeln mit beliebiger Annäherung berechnet werden. Durch ein System von n Gleichung mit
denselben n Unbekannten sind diese bestimmt. Sind mehr Unbekannte wie Gleichung vorhanden, so giebt es für die
Unbekannten unendlich viele Werte, wenn nicht besondere Bedingungen bestehen. (S. Diophantische Gleichungen.)
Vgl. Quadratische
Gleichungen und Kubische Gleichungen, über die Gleichung einer Geraden, einer Kurve u. s. w. s. Geometrie
persönliche, auch persönlicher Fehler genannt, eine wichtige Fehlerquelle bei den astron. Beobachtungen.
Zuerst wurde sie von Bessel erkannt, indem es sich herausstellte, daß er die Durchgänge der Sterne durch
die Fäden des Passageninstruments anders, und zwar früher als z. B. Argelander und Struve, beobachtete. Wenn auch im Laufe
der Jahre diese Fehler veränderlich zu sein scheinen, so sind sie doch in kürzern Intervallen so konstant, daß sie nicht
als zufällige Beobachtungsfehler angesehen werden dürfen.
Seitdem man in neuester Zeit dieser Fehlerquelle besondere Aufmerksamkeit zuwandte, findet man sie in den verschiedenartigsten
Beobachtungen, im Schätzen linearer Maße so gut wie bei Zeitabschätzungen; sie ist abhängig von der Haltung des Kopfes,
von der Bewegungsrichtung des Sterns, von seiner Helligkeit, von der Schnelligkeit seiner Bewegung, von
der Beschaffenheit der Luft u.s.w. und kann oft sehr auffallend große Beträge erreichen. Sie ist auf physiol.
Ursachen zurückzuführen, weil bei jeder
Beobachtung verschiedene Sinneserregungen in Betracht kommen und eine vollständige
Beobachtung aus der Kombination solcher Sinneserregungen besteht. Durch Einführung der Registrierapparate
[* 40] (s. Chronoskop
[* 41] und
Chronograph, Bd. 4, S. 297a) sind die
persönlichen Fehler bei der Beobachtung von Durchgängen geringer und beständiger geworden als bei der ältern Beobachtungsmethode
nach Auge
[* 42] und Ohr.
[* 43]
desMondes, jährliche, eine durch die Erde im Laufe des Mondes verursachte periodische Störung (s. d.),
die den Betrag von 11,2' in Länge erreichen kann und die Periode von einem Jahr hat.
(spr. glegg),George Robert, engl. Schrift steller, geb. in Stirling, in Glasgow
[* 47] und Oxford
[* 48] erzogen, erlangte 1812 ein Offizierspatent und trat 1813 in die Armee des Herzogs von Wellington in Spanien.
[* 49] 1814 nahm
er an dem Feldzuge gegen die Vereinigten Staaten
[* 50] teil und wurde bei der Eroberung von Washington
[* 51] schwer verwundet. Darauf nahm
er seine Studien in Oxford wieder auf, trat in den geistlichen Stand und wurde 1822 zum Pfarrer in Ash,
dann zum Pfarrer in Ivychurch in Kent, 1814 zum Kaplan des Militärhospitals in Chelsea, 1846 zum obersten Feldpropst der engl.
Armee befördert.
Später übernahm er auch den Posten des Generalinspektors der Militärschulen, in dem er sich besonders
um die Hebung der Soldatenschulen Verdienste erwarb. 1875 zog er sich in den Ruhestand zurück und starb in Stratfield
Turgis bei Winchfield. 1825 veröffent lichte Gleig die humoristische Erzählung «Thesubaltern», in der er die Erlebnisse seines Militärdienstes in Spanien schilderte, dann «Campaigns of theBritisharmyatWashingtonand NewOrleans» (1847; neue Aufl. 1861),
«TheStoryof the battle of Waterloo»
[* 52] (1847). Von seinen spätern, meist
der Geschichte der Armee und der Gründung der engl. Weltmacht gewidmeten Werken sind zu nennen: «Chronicles of Chelsea Collegeand the Chelsea pensioners» (1829),
«LifeofSirWalterScott» (1871) u. s. w. Eine Sammlung seiner
kleinern Schriften gab er in «Essays, biographical, historical and miscellancous»
(2 Bde., 1858).
Joh. Wilh. Ludw.,
Dichter, geb. zu Ermsleben im Halberstädtischen, studierte seit 1739 in Halle
[* 53] die Rechte, wandte aber schon damals
unter A. Baumgartens und Gleim Meiers Einfluß seine Hauptteilnahme ästhetisch litterar. Studien zu, während
seine poet. Neigungen im freundschaftlichen Verkehr mit Uz und Götz vielfache Anregung erfuhren. 1740 ward er Hauslehrer
in Potsdam
[* 54] und bald auch Sekretär
[* 55] des Prinzen Wilhelm von Schwedt,
[* 56] in dessen Gefolge er 1744
¶
mehr
am zweiten Schlesischen Kriege teilnahm. Nach des Prinzen Tode kehrte Gleim nach Berlin zurück, wo er, nachdem er noch einmal
vorübergehend in die Dienste
[* 58] des Fürsten Leopold von Dessau
[* 59] getreten war, sich ohne Amt aufhielt, bis er 1747 Domsekretär
in Halberstadt
[* 60] und bald darauf auch Kanonikus des Stifts Walbeck wurde. In Halberstadt wußte er sein
Haus, dem, da er unvermählt blieb, seine Nichte Sophie Dorothea Gleim – von den Freunden des Hauses Gleminde genannt – vorstand,
zu einem Sammelplatz für zahlreiche Poeten und Schriftsteller seiner Zeit zu gestalten. Er war ein väterlicher Berater und
treuester Helfer in allen Lagen.
Zwei Jahre vor seinem Ende erblindete er, nahm aber an der Politik immer noch lebendigen Anteil. Er starb Seiner
Anordnung gemäß wurde er in seinem Garten
[* 61] bei Halberstadt begraben. Gleich sein erster «Versuch in scherzhaften Liedern» (Berl.
1741–45) wurde mit Wärme
[* 62] aufgenommen, obgleich seine anakreontische Poesie sich nur allzu sehr in fader
und leerer Tändelei gefällt. Es folgten seine «Lieder» ernster Art, «Fabeln»
und namentlich seine «Romanzen» (Berl. 1756),
die zwar auch Nachahmung und Beifall fanden, aber in ihrer parodistischen Bänkelsängerei
den echten Romanzenton gründlich verfehlten. Ganz vortrefflich dagegen gelangen ihm die von Lessing inspirierten «Preuß.
Kriegslieder» (Berl. 1758; neu hg. von A. Sauer, Heilbr. 1882),
die er unter dem Namen und im Charakter
eines preuß. Grenadiers sang und die in ihrem echt volkstümlichen, kräftig kriegerischen
Ton sich weit über seine übrigen Produktionen erhoben. In «Halladat, oder
das rote Buch» (Hamb. 1774) trägt er Welt- und Lebensweisheit in orient.-parabolischer
Art vor. Körte gab «G.s Leben aus seinen Briefen und Schriften» (Halberst. 1811) und dessen «Sämtliche
Werke» (8 Bde., ebd. 1811–13; Lpz.
1841) beraus. Sein in Halberstadt aufbewahrter Nachlaß ist bisher noch nicht ausgeschöpft, wenn auch zahlreiche Briefpublikationen
vorliegen.
Bezirkshauptmannschaft Weitz in Obersteiermark, links von der
Raab,
[* 63] an der Linie Graz-Fehring der Österr.
Staatsbahnen, hat (1890) 2041 E., Post, Telegraph,
[* 64] Bezirksgericht (304,55 qkm, 62 Gemeinden, 73 Ortschaften, 25946 deutsche
E.), altes Piaristenkloster. Gleisdorf ist jetzt Sitz der Behörden und Hauptausfuhrstation für Äpfel aus der obstreichen Umgegend.
im Maschinenbau bei Kreuzköpfen und Steuerungsgetrieben diejenigen aus festem Material hergestellten,
oft, um sie auswechselbar zu machen, besonders eingesetzten Teile, mit denen der betreffende Maschinenteil
auf seiner Unterlage (Gleitschiene) sich bewegt, die ihm eine bestimmte Bahn einzuhalten
zwingt (s. Geradführung).
[* 68]
Mit diesem Namen haben die Erfinder Girard und Barre auf der Pariser Weltausstellung 1889 eine neue Eisenbahn
bezeichnet, deren Wagen auf Eisenschienen dadurch leicht und schnell beweglich gemacht werden, daß die
Reibung
[* 69] der schuhartigen Stützen des Wagens durch eine zwischen Schuh und Schiene gebrachte dünne Schicht von Druckwasser
fast vollständig aufgehoben wird. Der Wagen schwimmt oder schwebt gewissermaßen auf einem entsprechend stark gepreßten
Gemisch von Wasser und Luft.
Auf der Ausstellung befand sich eine solche Gleiteisenbahn von 150 m Länge, die in einer halben Minute
zurückgelegt wurde. Für die Weltausstellung in Chicago 1893 ist von der Barreschen Gleiteisenbahngesellschaft ebenfalls
eine Gleiteisenbahn erbaut worden. Der Unterbau (4,9 m hoch) ist, da die Anlage nur eine vorübergehende, aus Holz
[* 70] hergestellt, doch hat
man denselben zur Erzielung der Wasserdichtigkeit oben mit Blechtafeln abgedeckt. Die zweigleisige und
1,6 km lange Strecke beginnt an der Cottage Grove Avenue und endet bei der Station der Illinois-Centralbahn in der 60. Straße.
Die Züge, aus fünf Wagen bestehend, sind zur Aufnahme von je 300 Personen eingerichtet. Um zu zeigen, daß sich
diese Bahnen auch für geneigte Strecken eignen, ist in die Strecke eine Steigung von 1:66,7 eingelegt worden. Die Fortbewegung
des Bahnzugs geschieht ebenfalls durch Druckwasser, das aus der unter dem Gleise befindlichen Rohrleitung mittels Ausflußansätzen
in einem wagrechten Wasserstrahl gegen eine unter dem Zuge fortlaufende Stoßschaufelstange mit Schaufeln entsendet wird.
Der Vorgang erinnert an die Bewegung der Turbinenräder. Öffnen und Schließen der Ausflußansätze erfolgt selbstwirkend
durch den laufenden Bahnzug. Zum Bremsen
[* 71] braucht nur das Druckwasser vom Schuh abgesperrt zu werden, was sofort eine sehr
starke Reibung zur Folge hat. Außer dieser sichern Bremsung werden als Vorteile der Bahm gerühmt: sehr
angenehmes Fahren, ähnlich wie im Schlitten, keine Erschütterung und Schwankung, kein Staub, kein Rauch, kein Geräusch.
Die Anlage von Weichen soll keine Schwierigkeiten machen, wenn die Schienen entsprechend vorgerichtet werden. Ob die neue
Bahn, welche starke Steigungen ohne Schwierigkeiten überwinden soll, praktische Bedeutung erlangen wird, muß die Zukunft
lehren. Versuche in dieser Beziehung mit einem verbesserten System (Maniguet) sollen in Argentinien angestellt
werden, wo eine 60 km lange doppelgleisige Gleiteisenbahn zwischen La-Plata und Buenos-Aires geplant ist. –
Vgl. Centralblatt der Bauverwaltung
(Berl. 1889);
Encyklopädie des gesamten Eisenbahnwesens, hg. von Röll, Bd. 4 (Wien 1892).
bei Krystallen die außer den Spaltungsflächen vorhandenen Richtungen, parallel zu
denen ein Gleiten, eine gegenseitige Verschiebung oder Drehung der Teilchen mit besonderer Leichtigkeit von statten geht, und
die, wie zuerst E. Reusch nachwies, durch einen zweckmäßigen Druck hervorgebracht werden. Das hexaedrisch spaltende Steinsalz
besitzt so die Rhombendodekaederfläche als Gleitfläche; bei dem in geeigneter Weise gepreßten Kalkspat
[* 72] entsteht als Gleitfläche diejenige, welche die Polkante des Spaltungsrhomboeders gerade abstumpft, und nach der auch die
oft die Spaltungsstücke durchsetzende Zwillingslamellierung erfolgt. Überhaupt sind die Gleitflächen bei den Mineralien
[* 73] vorwiegend
in denjenigen Richtungen vorhanden, nach denen auch eine
¶
GletscherII 1. Rhônegletscher mit Gletscherthor (Rhônequelle). 2. Seracs des Rosenlauigletschers. 3.
Aargletscher
mit Mittel- und linker Seitenmoräne.
¶
mehr
Zwillingsbildung beliebt ist, und so können, wie beim Kalkspat, Wismut, Antimon, durch geeignete Pressung künstlich einfache
oder polysynthetische Zwillinge erzeugt werden. Doch können die Gleitflächen auch in Richtungen vorhanden sein, nach denen vermöge
der Symmetrie keine Zwillingsbildung möglich ist.
[* 78] Kreisstadt im KreisTost-Gleiwitz des preuß. Reg.-Bez. Oppeln,
[* 79] 66 km südöstlich
von Oppeln, links an der Klodnitz und am Klodnitzkanal, in 218 m Höhe, an den Linien Cosel-Kandrzin-Kattowitz, Gleiwitz-Peiskretscham
(11,1 km) und den Nebenlinien Gleiwitz-Poremba (11,4 km), Gleiwitz-Borsigwerk (12,8 km) und Gleiwitz-Orzesche-Sohrau (35,2 km) der Preuß. Staatsbahnen,
ist Sitz des Landratsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht Breslau)
[* 80] mit 6 Amtsgerichten (Gleiwitz, Nikolai,
Peiskretscham, Pleß, Tost, Zabrze), eines Amtsgerichts, Hüttenamtes, Zoll- und Steueramtes, einer Bauinspektion, Reichsbankstelle
(Umsatz 1892: 676,615 Mill. M.) und Handelskammer, hat (1890) 19667 E., darunter 3709 Evangelische und 1767 Israeliten, in
Garnison (1418 Mann) das 1. und 2. Bataillon des 22. Infanterieregiments Keith und die 5. Eskadron des 2. Ulanenregiments
von Katzler, Post erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph, Schlachthaus, Gas- und Wasserleitung,
[* 81] eine kath., eine altkath.
und eine evang. Kirche, eine Synagoge, Denkmäler zur Erinnerung an 1813/14 und 1870/71, ein königliches kath. Gymnasium, 1816 eröffnet
(Direktor Ronke, 17 Lehrer, 12 Klassen, 335 Schüler), eine königl. Ober-Realschule mit technischer Fachschule
für Maschinenbauer und Hüttenleute, zwei höhere Mädchenschulen, ein Zeughaus, ein Hospital, 1409 gegründet, städtisches
Krankenhaus,
[* 82] kath. und evang. Waisenhaus, oberschles.
Augen- und Ohrenheilanstalt, Niederlassung der Borromäerinnen zur Privatkrankenpflege. Es besteht eine königl., 1794 gegründete
Eisengießerei
[* 83] (Gleiwitzer Hütte) mit zwei Hochöfen, großartiger Maschinenbauanstalt, Kesselschmiede u. s. w. (1200
Arbeiter), ferner die Oberschlesische Eisen-Industrie-Aktiengesellschaft für Bergbau
[* 84] und Hüttenbetrieb (7500 Arbeiter), Fabriken
für Draht
[* 85] und Drahtnägel, Walzdraht, Ketten und Preßnägel (2000 Arbeiter), Röhrenwalzwerk und Eisengießerei (S. Huldschinski
+ Söhne, 1000 Arbeiter), Chamottefabrik (Aktiengesellschaft, 350 Arbeiter), Glashütte und -Schleiferei (200 Arbeiter), Metallgießerei,
mehrere Maschinen-, Dampfkesselarmaturen-, landwirtschaftliche Maschinen-, Eisen- und Drahtwaren-, Papier-,
Pappen- und Farbenfabriken, Dampfmühlen, Öl- und Sägemühlen und eine Dampftischlerei. Neben der Reichsbankstelle
fördern Filialen der Breslauer Wechsler- und der Breslauer Diskontobank und eine Oberschlesische Getreidebörse den Handel.
– Die ersteKunde von Gleiwitz stammt aus dem 12. Jahrh.; das Land gehörte 999–1202 zu Polen. 1430 wurde Gleiwitz zerstört, 1596 unter
KaiserRudolf II. königl. Immediatstadt und hierdurch selbständig.
(spr. glennahmönn[d]), das malerische Thal des Almonds, in der schott. Grafschaft Perth, mit dem 1847 eröffneten
Glenalmond oder Trinity College, einer Schule der schottischen bischöfl.
(spr. -náng-), neun Eilande an der Südküste des franz.
Depart. Finistere, im W. von Lorient, sollen einst zusammengehangen haben und ein Heiligtum der Druiden gewesen sein.
(spr. koh), enges Thal in der schott. GrafschaftArgyll, im O. des Loch Linnhe, von steilen
Felsen eingeschlossen, erstreckt sich von dem Dörfchen Ballachulish über den Loch Leven bis zum Etive 15 km weit.
Mittendurch
strömt der düstere FlußCoe, begrenzt von fast senkrecht zu 1000 m aufsteigenden Felswänden.
rechter Nebenfluß des Vorderrheins im Oberlande des schweiz. Kantons Graubünden,
entspringt mit zwei Quellflüssen, dem Vriner-
und dem Valserrhein. Der Vriner- oder Schwarze Rhein, der eigentliche Glenner (romanisch Gloge), hat seine Quellen am Piz Terri (2424 m)
und durchfließt das weidenreiche Vrinthal. Bei Oberkastels (998 m) vereinigt sich mit ihm der Valser-
oder Weiße Rhein, der mit zwei Quellbächen aus dem Lentagletscher (2200 m) nördlich vom Rheinwaldhorn und aus dem Kanalgletscher
entspringt und das St. Peterthal durchfließt.
Vor derVereinigung beider Quellflüsse fließt der in tiefem Tobel durch das Lugnetz, dann zwischen den
begrasten Abhängen des Piz Mundaun westlich, den Terrassen der wild zerrissenen Rieinerhörner östlich dem Vorderrhein zu,
in den er 1 km östlich von Ilanz einmündet. Der Glenner selbst wie seine Quellflüsse sind wilde Bergwasser mit
zahlreichen Stromschnellen und Wasserfällen. Von der Quelle
[* 87] des Valserrheins bis zur Mündung beträgt
die Flußlänge 40 km, das Gefälle 1510 m.
Falls (spr. fahls), Stadt im County Warren des nordamerik.
Staates Neuyork,
[* 90] nordöstlich von Saratoga, links
vom Hudson, an einer Zweigbahn, welche nach dem Georgesee führt, hat (1890) 9509, mit South Glens Falls 11115 E., großartige Wasserfälle,
Marmor- und Kalkbrüche.
Die Wasserkraft der Fälle ist der Industrie (Sägemühlen, Ziegelsteinbrennerei, Papier- und Hemdenfabrikation)
nutzbar gemacht.
(in GraubündenWader, in Tirol
[* 94] Ferner oder Firne, in Salzburg
[* 95] und Kärnten Kees, in den ital. Alpen
[* 96] Ghiacciajo, im rhätoroman. Gebiet Vedretta oder Vadret, im Wallis
Biegno, in Piemont Ruize, in Savoyen und Dauphiné Glacier oder
Glacière, in Norwegen
[* 97] Brae, in Island
[* 98] Jökull), Eisströme, die in den Firnschneefeldern der Hochgebirge und der Polarländer
entspringen und sich in langsamem Vorschube an den Berggehängen hinunter und thalabwärts bewegen.
Ihr Material ist eine aus alljährlich oberhalb der Schneegrenze fallenden und nicht schmelzenden Schneemassen gebildete,
in den höher gelegenen Teilen des Gletscher meist weniger dichte, im ganzen aber kompakte Masse von dicht aneinander gefügten Eiskörnern,
die nach unten zu an Größe zunehmen. Die Farbe ist an der Oberfläche silbergrau, an ganz reinen Stellen
bläulich- oder grünlichweiß, mit Ausnahme von aus dichterm Eise bestehenden blauen Bändern und der sog. Schmutzbänder,
die nur oberflächlich mit Staub und Schmutz infiltrierte und zugleich auch weniger dichte Eisbänder sind.
Das Gletschereis entsteht aus den locker liegenden Eiskörnern des Firnschnees (s.
Firn) durch deren Zusammensintern unter dem Druck der eigenen Masse und unter dem Einfluß der Sonnen- und Erdwärme und fließt
dann, nach den Gesetzen der Bewegung von Flüssigkeiten, in den Thälern hinab, weil es selbst zäh plastisch ist und eine
beständige Formumwandlung durch teilweises Schmelzen und Wiedererstarren erleidet (s.
Regelation). Die Gletscher rücken mit ihrem Ende, der Gletscherzunge, meist weit unter die Schneelinie hinab, oft bis in Gebiete
mit üppiger Vegetation, wie auf Neuseeland; ihre Länge und Mächtigkeit hängt einerseits von dem Nachschube, andererseits
von dem Betrage des Abschmelzens ab. Letzteres geschieht von oben (Ablation) durch Sonnenstrahlung, Luft
und Regen, oder von innen durch Sickerwasser, Luft und Druck, oder endlich von unten durch Schmelzwasser, Luft und Erdwärme.
Manche Gletscher der Alpen erreichen die Länge von mehr als 15 km, so der große Aletschgletscher eine solche von 24 km, und in ihrer
obern Region eine Dicke von mehr als 300 m. Die tägliche Bewegung der alpinen Gletscher schwankt zwischen 15 cm
und 1,3 m; viel beträchtlicher, bis zu 22 m täglich, ist die Bewegung grönländ. Gletscher, die Abflüsse des Inlandeises
sind. Wie bei Flüssen ist die Bewegung in der Mitte größer als an den reibenden Rändern; die nach vorn
konvexen Schmutzbänder zeichnen sie schön ab. In schneereichen Jahresreihen wachsen die Gletscher nach Dicke und Länge; in warmen
und trocknen Jahresreihen schwinden sie, und ihre untern Enden weichen oft weit zurück.
Die Oberfläche der Gletscher bietet mancherlei typische Erscheinungen dar. Darauf herabfallende Steinblöcke und
Schuttmassen bilden die Moränen (s. d. und Tafel: Gletscher I,
[* 92]
Fig. 1, und II,
[* 92]
Fig. 3), die man ihrer
Lage nach als Seiten-, Mittel-, Grund- und Endmoränen bezeichnet. Wenn um einzelne größere Steinblöcke herum das Eis
[* 99] durch
die Wirkung der Besonnung abschmilzt, so erheben sie sich schließlich als
sog. Gletschertische
auf Eisstielen über die Oberfläche des Gletscher. Letztere ist stets uneben und rauh, mit runzelförmigen
Erhöhungen bedeckt und überall da, wo Ungleichheit des Bodens und der Bewegung den Zusammenhang des Eisstroms zerreißen, von
oft tiefen und langen Spalten durchzogen, die senkrecht auf die Richtung des größten Zuges entstehen.
Die Randspalten haben ihren Grund in der gegen die Mitte raschern Bewegung, die Querspalten, die größten
von allen, entstehen beim Übergang zu einer steilern Böschung des Untergrundes, die Längsspalten treten auf, wo ein Gletscher aus
einer Thalenge heraustritt. Wo Spaltensysteme sich schneiden, zerfällt der ganze in Eiszacken und Eisnadeln (Seracs, s.
Taf. II,
[* 92]
Fig. 2). Überschreitet der Gletscher einen steilen Felsabhang,
so bildet er eine Eiskaskade, einen Gletschersturz, dessen Trümmer oft unterhalb des Sturzes zu einem regenerierten Gletscher wieder
zusammenfrieren. An seinem untern Ende entströmt dem Gletscher der Gletscherbach bisweilen aus einer thorartigen Öffnung, dem Gletscherthor
(Taf. II,
[* 92]
Fig. 1) oder der Eisgrotte, von deren Innerm aus
man oft die schöne blaue Farbe der dichtern Gletschereismassen beobachten kann, die sich übrigens auch in tiefen Spalten
zeigt.
Das Wasser des Gletscherbachs (Gletschermilch) ist meist trübe durch mitgeführtes, fein zertrümmertes Gesteinsmaterial.
Bei der Bewegung der Gletscher fallen die Blöcke und Schuttmassen oft in die Spalten, zerreiben sich dann aneinander
oder kratzen und schrammen das Bett
[* 100] des Gletscher: so entstehen die Gletscher- oder Eisschliffe, die beim Zurückweichen des Gletscher beobachtet
werden können. Über die Erosionskraft der Gletscher, besonders über die Frage, ob dieselben Seebecken aushöhlen können, gehen
die Ansichten der Forscher immer noch weit auseinander. Indem der Gletscher Seitenthäler absperrt,
kann er einen Eissee verursachen, dem die Moräne nach Zurückweichen des Gletscher auch Dauer verleihen kann. Ein Beispiel ist der
Märjelensee am Aletschgletscher (s. Taf. I,
[* 92]
Fig. 2).
Nach der Größe unterscheidet man Gletscher erster (Thalgletscher) und zweiter Ordnung (Hänge- oder Hochgletscher, Jochgletscher);
nach der Art ihrer Entstehung einfache, wenn sie nur einem Sammelbecken entströmen, zusammengesetzte,
wenn sie aus mehrern einfachen Gletscher entstehen. Ein einfacher Gletscher ist der Rhônegletscher, doppelt
zusammengesetzt ist der Vieschergletscher, dreifach das Mer de Glace, fünffach der Gornergletscher u. s. w. Heim unterscheidet
ferner einen alpinen, norwegischen und grönländischen Typus der Gletscher.
Das Vorkommen der Gletscher beschränkt sich nicht auf die arktische und gemäßigte Zone. Auch
in den Tropen finden sie sich, aber selbstverständlich nur in den höchsten Gebirgen, so in den AndenSüdamerikas und am Kilima-Ndscharo.
Mit der Annäherung an die Pole rücken die Gletscher sowohl nach der Höhenlage ihres Sammelbeckens als nach der des Gletscherendes
in die Tiefe, bis letzteres endlich ins Meeresniveau zu liegen kommt. Alpengletscher giebt es über 2000,
davon 250 erster Ordnung; sie bedecken 4000 qkm, d. h. 2,3 Proz.
des Alpengebietes, die der Finsteraarhorngruppe allein 500 qkm. Die größten Alpengletscher sind: Aletschgletscher (s. d.
und Taf. I, 120 qkm), Gornergletscher (s. d., 69 qkm),
Mer de Glace (s. d., 42 qkm), Vieschergletscher (s. d., 40 qkm).
Der größte Gletscher der Ostalpen ist die Pasterze (32 qkm).
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