Eisenbahnschienen, Messerschmiedewaren in
Massen hergestellt. – Glasgow
[* 2] ist Handelsmittelpunkt des industriellen
Teils von
Schottland
und vertreibt auch einen großen
Teil der Erzeugnisse der irischen Leinenmanufaktur. Seine
Lage begünstigt vor allem den Verkehr
mit den
Vereinigten Staaten
[* 3] und
Canada, aber auch nach
Frankreich,
Spanien,
[* 4]
Belgien
[* 5] und
Indien ist
der Handel gerichtet.
Eingeführt werden vor allem Weizen, Gerste,
[* 6] Hafer,
[* 7] Hülsenfrüchte und Mehl,
[* 8] insgesamt (1889)
4,10 Mill. Doppelcentner, Schinken,
Speck, frisches und konserviertes Fleisch,
Butter und Obst, lebende
Tiere,
Tabak,
[* 9]
Wein und
Spirituosen.
Rübenzucker wurden (1891) 161045, Rohrzucker 25480 t importiert. Die Eisenindustrie erfordert noch Zufuhr von Rohmaterialien,
besonders von Eisenerz (etwa 360000 Doppelcentner), ferner
Blei,
[* 10]
Eisen- und Kupferpyrite sowie
Zink. Wichtig
sind auch rohe
Häute, Leder, Petroleum, Öle
[* 11] und
Düngemittel. In der Ausfuhr stehen die Erzeugnisse der
Textilindustrie aus
Baumwolle,
[* 12]
Wolle, Jute
[* 13] und Leinen obenan. Dann folgen die Metallwaren im Werte von etwa 2,2 Mill. Pfd.
St. jährlich,
Chemikalien,
Glas
[* 14] und Porzellanwaren.
Kohlen wurden (1891) 1,55, von allen Clydehäfen zusammen 2,99 Mill. t verschifft. Im ganzen erreichte (1889)
die Einfuhr einen Wert von 12,68, die Ausfuhr von 14,88 Mill. Pfd. St. Die wichtigsten
Banken sind:
Bank of Scotland, Commercial
Bank of Scotland, Royalbank und Unionbank. Die Metallbörse ist maßgebend für den
Welthandel. – Dem Verkehr in der Stadt dienen
Cabs,
Omnibus- und Pferdebahnlinien nach den Vorstädten
sowie Hafendampfer.
AchtBahnhöfe;
[* 15] vielfach untereinander verbunden, vermitteln den Verkehr mit allen Plätzen
Schottlands
und Englands.
Die
North-British- and
Caledonian-Station im W. steht mit
College-Station im S. durch eine unterirdische Linie in
Verbindung.
Früher war der Clyde nicht bis Glasgow fahrbar, was die Entstehung von
Port Glasgow zur Folge hatte. Durch großartige
Bauten und Ausbaggerungen können jetzt Seeschiffe bis zur Stadt gelangen und am Broomielaw sowie in den beiden
Becken des
Queensdock (rechts) und im Kingston-Dock (links) des
Flusses löschen. Die Hafenbauten (Wasserfläche 60 ha) haben
insgesamt etwa 11 Mill. Pfd. St. gekostet.
Die Hafenzölle bringen jährlich mehr als 1 Mill. Pfd. ein. Die eigene Flotte zählt über 1500 Schiffe,
[* 16] darunter viele große Segler. 1888 liefen 19291, darunter im Küstenverkehr 16877, Schiffe (und zwar sieben Achtel
Dampfer)
mit insgesamt 5,78 Mill.
t in ein.Große Flußdampfer vermitteln den Verkehr mit dem westl. Hochlande
und den
Inseln. Regelmäßiger Verkehr besteht mit allen großen Handelsplätzen.
Konsulate haben in Glasgow sämtliche europ. und
die meisten außereurop.
Staaten. –
Vgl. Denholm,History of the city ofGlasgow (Glasgow 1797 u. ö.);
Stadt in der
AmtshauptmannschaftDippoldiswalde der sächs. Kreishauptmannschaft
Dresden,
[* 17] 13 km im NW. von
Lauenstein, in 330 m Höhe, an der Müglitz und an der
Nebenlinie Mügeln-Geising-Altenberg (Müglitzthalbahn)
der Sächs. Staatsbahnen,
[* 18] hat (1890) 2005 E.,
darunter 60 Katholiken, Post,
Telegraph,
[* 19] städtische
Sparkasse, Spar- und Vorschußverein;
eine 1878 vom Centralvorstand deutscher Uhrmacher gegründete
Uhrmacherschule, berühmte Taschenuhrenfabrikation, begründet 1845 durch
A. Lange, Werkstätten für Feinmechanik, Präcisionspendeluhren, Meßwerkzeuge, elektrische
Apparate, Rechenmaschinenfabrik,
Holzschleifereien, Holzwarenfabrikation, Lohmühle. Die Uhrenfabriken und mechan.
Werkstätten beschäftigen etwa 200
Personen. 1890 wurden gegen 2200
StückUhren
[* 20] hergestellt.
Fachschulen, die von der österr. Regierung zu
Steinschönau und Haida gegründet
wurden zu dem Zweck, die Glasindustrie Nordböhmens, welche mit der sog. Glasdekoration etwa 12000
Arbeitskräfte beschäftigt,
zu unterstützen, den künstlerischen
Sinn der
Arbeiter zu heben und denselben gute, den Anforderungen des
Geschmacks entsprechende
Vorbilder zuzuführen. Die Glasindustrieschule zu
Steinschönau, welche die älteste Fachschule
Österreichs ist, wurde 1856 eröffnet, 1874 erweitert
und ging 1882 an die
Verwaltung des Unterrichtsministeriums über.
Die Schule wird nicht nur von Erwachsenen, sondern auch von Volksschülern besucht. Die jährliche Gesamtfrequenz betrug
früher etwa 350, jetzt etwas über 200, weil die
Teilnahme der Volksschüler etwas eingeschränkt worden ist: die Zahl der
eigentlichen Fachtagesschüler beträgt etwa 30. Der Unterricht umfaßt: Freihandzeichnen, Geometrisches
Zeichnen, Projektionslehre, Dekoratives Zeichnen, Fachzeichnen, Modellieren, Emaillieren, Metall-Ciselieren und -Gravieren,
Glasgravieren, Metalldrücken und Porzellanmalen.
Der Lehrgang ist in vier Jahrgänge eingeteilt, die Schule zählt sechs Lehrkräfte. Die Glasindustrieschule zu Haida wurde 1870 gegründet
und war auch eine Zeit lang (bis 1884) für Holzschnitzerei bestimmt. Auch hier können Volksschüler
am Zeichenunterricht teilnehmen. Die Schule hat drei Jahrgänge und unterrichtet in denselben zeichnerischen Fächern wie
Steinschönau, außerdem in Modellieren,
Glasgravieren, Glasmalen,
Rechnen und
Buchführung. Die Anzahl der eigentlichen oder
ordentlichen Fachschüler beträgt durchschnittlich etwa 40 das Jahr, die Anzahl der
Volks- und Sonntagsschüler etwa 200. An der
Anstalt wirken 6
Lehrer. Die Lehrmittel- und Werkzeugsammlung ist reichhaltig und mit 10000
Fl. bewertet.
– Die Fachschule in Gablonz für
Gürtler und Bronzewarenarbeiter besitzt seit 1889 ebenfalls eine
Abteilung für Glasschleiferei.
eine Art Verzierung, die entsteht, wenn Reliefs
(Brustbilder,
Buchstaben,
Bouquets u. s. w.) aus
schwach gebrannter, unglasierter weißer
Thon- oder Porzellanmasse zwischen glühend aufeinander gelegten
Krystallglasschichten eingeschlossen werden, wobei diese Objekte mit silberhaltigem
Glanz durchscheinen.
(aus «Glatzkopf» wahrscheinlich entstanden), alter bergmännischer
Name für gewisse
Erze, die in halbkugeligen und traubigen
Aggregaten mit glatter, oft glänzender Oberfläche auftreten, wobei
vielfach im Innern eine schalige oder faserige
¶
mehr
Zusammensetzung erscheint. Dazu gehört der rote Glaskopf, eine faserige Ausbildungsart des Eisenglanzes (s. d.
und Blutstein);
der braune Glaskopf, das Eisenoxydhydrat H6Fe4O9, das auch in dem dichten Brauneisenstein (s. d.) vorliegt,
nelkenbraun, an der Oberfläche meist etwas dunkler gefärbt;
diese beiden sind ausgezeichnet faserig;
der schwarze Glaskopf oder
Psilomelan, eisenschwarz bis bläulichschwarz, im Innern nicht faserig, sondern mit muscheligem bis
ebenem Bruch, eine wasserhaltige Sauerstoffverbindung von Mangan, namentlich wohl Mangansuperoxyd, auch Manganoxydul, ohne konstante
Zusammensetzung.
(Hierzu die Tafeln: Glaskunstindustrie I und II.) Die nach künstlerischen Gesichtspunkten betriebene
Herstellung von Glaswaren beruht auf dreierlei ästhetischen Momenten, auf Form, Farbe und Durchsichtigkeit.
Die beiden ersten teilt das Glas mit andern Kunstzweigen, die letzte ist sein eigen. Die Durchsichtigkeit ist es auch, welche
der Form und der Farbe ihre Besonderheit verleiht, daher sie bei jeder künstlerischen Bearbeitung zu beachten ist.
Die drei Zeitabschnitte, in denen die Glaskunstindustrie am höchsten stand, sind: das Altertum, die Renaissance und die
neuere Zeit seit dem 17. Jahrh. Im höchsten Altertum wurde schon Glas von den Ägyptern gefertigt, deren Wandbilder bereits
Darstellungen der Bearbeitung mit Schmelzofen,
[* 24] Pfeifen und Gebläse
[* 25] geben. Von Ägypten
[* 26] ging die Technik nach Phönizien über,
dem fälschlich die Erfindung zugeschrieben wird, dann nach Griechenland
[* 27] und Italien,
[* 28] und erreichte ihre
höchste Blüte
[* 29] in den ersten Jahrhunderten der röm. Kaiserzeit (s. Diatreta).
Die Glasfabrikation
[* 30] der Renaissance hatte im 15. und 16. Jahrh. ihren bevorzugten Sitz in
Venedig
[* 31] mit den Fabrikstätten auf der InselMurano, und als dieses venet. Glas an Bedeutung sank, erhob
sich in dritter Epoche, etwa seit der Mitte des 17. Jahrh., die böhmische Glaskunstindustrie, der
die englische bis in die neueste Zeit folgte. Erst seit der Mitte des 19. Jahrh. kann man eine vierte
Epoche datieren; doch ist dieselbe noch nicht abgeschlossen, und ihre Wesenheit besteht zum großen Teil
in Aufnahme und Weiterbildung der Besonderheiten der vorausgegangenen Epochen der Glaskunstindustrie. Den drei großen
genannten Epochen entsprechen auch drei nach Technik und nach äußerer Erscheinung verschiedene Arten von Glaswaren.
Allen dreien ist zwar die Bearbeitung durch Schmelzung, durch Herausblasen der Form und nachträgliche Behandlung mit
Eisen,
[* 32] mit Schleifen oder Gravieren gemeinsam, aber indem eine jede Epoche auf die eine oder andere Technik
den Nachdruck legt, sind die charakteristischen Unterschiede entstanden. So läßt sich das antikeGlas als das musivisch zusammengeschmolzene
bezeichnen, das venetianische als das (vorzugsweise) geblasene, das moderne böhmisch-englische als das geschliffene. Was
sonst anderswo in andern Ländern an Glasgegenständen hergestellt worden ist oder heute hergestellt wird,
das folgt der einen oder der andern Richtung. Im Mittelalter wurde das Glas für Gefäße bis zum Emporblühen der venet. Fabriken
wenig oder gar nicht in künstlerischem Geiste behandelt; dafür wurde im Norden
[* 33] die Glasmalerei
[* 34] (s. d.) und im Süden die
Glasmosaik (s. Mosaik) gepflegt.
Das antike Kunstglas (s. Taf. 1,
[* 22]
Fig.
[* 35] 2) wurde durch farbige Pasten
zu einer Masse verschmolzen. Die Technik ist keine andere, als wie sie heute
in antiker Tradition die Venetianer üben. Die Pasten
in Form von cylinderförmigen Stäben werden aneinander geschmolzen, gedreht, durch Blasen auseinander gebreitet,
oder es wird die Form aus der so bereiteten Masse hohl herausgeschliffen. Die farbige Zeichnung, welche durch die ganze verschmolzene
Masse hindurchgeht und das hauptsächlichste künstlerische Motiv ausmacht, bildet Zacken, Wellenornamente, geometr. Ornamente,
[* 36] Laubwerk, Ranken, Blumen, selbst Köpfe und Figürchen; die Form der Gefäße schließt sich denen der antiken Terrakotten
[* 37] an, nur sind die Profile mehr gerundet, weniger scharf an den Kanten und weniger reich gegliedert.
Glaswaren dieser Art fertigten die Ägypter, dann die Griechen und Römer.
[* 38] Doch hatten die antiken Glasgefäße daneben noch
mannigfache Eigenarten. Ungefärbte, verschieden geformte Schalen und Flaschen aus Glas, zum Teil mit vierseitig eingedrückter
Wandung, waren in der röm. Kaiserzeit vielfach im Gebrauch, wie die reiche
Sammlung des Nationalmuseums in Neapel
[* 39] lehrt. Einfarbig oder in mehrfach gefärbten Schichten übereinander (Überfang) wurde
das Glas zur Nachahmung von Edelsteinen, namentlich von Kameen
[* 40] benutzt. Es wurden aber auch Gefäße in der Weise hergestellt,
daß eine auf dunkeln Grund aufgetragene weiße Glasschicht nach gewisser Zeichnung hinweggeschliffen
wurde, sodaß Ornamente, Pflanzen,
[* 22]
Figuren im Relief stehen blieben.
Von dieser Art ist die berühmte Portlandvase
[* 41] in London,
[* 42] zu der sich ein Seitenstück (Glasgefäß mit weißem Amoretten- und
Blätterwerk auf blauem Grunde, 1837 in einem Grabe bei Pompeji
[* 43] gefunden) im Museum zu Neapel befindet. Auch
wurden aus dem ÜberfangBuchstaben hohl herausgeschliffen, sodaß sie nur mit Kopf und Fuß am Grunde festsaßen. Eine besondere
Art, in den röm. Katakomben gefunden, bilden Schalen von grünlichem Glas mit christl. Darstellungen, mit Emblemen,
[* 22]
Figuren
und Köpfen aus Gold,
[* 44] die in die Glasmasse eingeschmolzen sind. Alle diese und andere Arten des antiken Glases
haben die jetzigen venet. Fabrikanten auf der InselMurano zugleich mit ihren eigenen Kunstweisen aus dem 15., 16. und 17. Jahrh.
wieder zu beleben versucht.
Die venet. Glasfabrikation, offenbar auf antiker Grundlage beruhend, scheint aber erst mit der Renaissance ihren eigentümlichen
Kunststil gefunden zu haben. Das Wenige, was sich von venet. Gläsern aus dem 15. Jahrh. erhalten hat,
zeigt eine noch ziemlich unbeholfene Form und Technik. Es sind Trinkgefäße mit tonnenförmiger, eckiger Gestaltung auf hohem
Fuße (s. Taf. I,
[* 22]
Fig. 3), meist von grünem oder blauem Glas und mit bunten, eingebrannten Emailfarben verziert.
Diese bemalten Glasgefäße, die Vorbilder der deutschen bemalten Gläser des 16. und 17. Jahrh., sind
ihrerseits ohne Frage durch orient. Gefäße des Mittelalters mit emaillierten Farben angeregt worden (s. Taf. I,
[* 22]
Fig. 1).
In Venedig verschwand aber diese Art des bemalten Glases mit dem 16. Jahrh.; statt dessen wurde, dem Geiste
der Renaissance entsprechend, der künstlerische Wert auf die äußerste Zierlichkeit und Schönheit der Form gelegt sowie
auf die größte Leichtigkeit und Dünnheit des meist farblosen Materials. Die Form, bloß durch Gebläse, Eisen und Anschmelzung
hergestellt, ohne nachträglichen Schliff, erforderte von seiten des Arbeiters eine geschickte Hand
[* 45] und volles Verständnis
der Form, die noch heute auch in unsern Augen den Reiz dieser Glasgefäße bildet.
¶
GlasmalereiI 1. 4. 8. Aus dem Kölner
[* 47] Dom (14. Jahrh.). 2. 3. Aus der bischöfl. Kapelle in Tournai (12. Jahrh.). 5. Wappen
[* 48] der Züricher Familie Escher. 6. Aus der
Kathedrale in Chartres (13. Jahrh.). 7. Aus der Kapelle du St. Sang in Brügge (14.
Jahrh.). 9. Aus der Kirche St. Denis in Lüttich
[* 49] (15. Jahrh.).
¶
Die venet. Glasfabrikanten gingen aber in ihrer Virtuosität noch weiter; sie setzten an die Stengel
[* 55] der Gläser die sog. Flügel
an (s. die Textfiguren beim Artikel Flügelgläser),
[* 56] legten in das Glas spiralig, nach Art der Alten, weiße Fäden ein, ließen
diese im Netz sich durchkreuzen (s. Taf. I,
[* 54]
Fig. 4), wechselten
darin mit den Farben, ahmten Edelsteine
[* 57] nach, wie den Aventurin, Chalcedon, Jaspis, Opal. In allen diesen Künsten der Glaskunstindustrie blieben
sie die Meister im 16. Jahrh., ungeachtet der Nachahmungen in den Niederlanden und in Frankreich.
Die Deutschen hatten daneben ihre Humpen von weißlichem und grünlichem Glas, bemalt mit Kaiser und Kurfürsten
und Reichs- und Landeswappen, mit Emblemen, Sprüchen und Genrebildern, wie solche besonders im Fichtelgebirge (s. Fichtelberger
[* 58] Gläser) gefertigt wurden. Es war eine derbere, mehr für den Gebrauch bestimmte und nach dieser Richtung hin sachgemäßere
Art, die sich zwar nicht an künstlerischer Verfeinerung, wohl aber an stilgerechter Durchbildung des
Materials mit den gleichzeitigen venet.
Glaskunsterzeugnissen messen kann. Die sog. Römergläser bilden eine originelle und hervorragend
zweckentsprechende Form. Im 17. Jahrh, sank die venetianische Glaskunstindustrie, und Böhmen
[* 59] mit seinen Krystallgläsern lief ihr den Rang
ab; damit begann eine neue dritte Epoche. In Prag
[* 60] hatte KaiserRudolf II. Krystallschleifer angesiedelt, deren
Arbeiten heute noch die kaiserl. Schatzkammer füllen. Als mit dem Dreißigjährigen Kriege dieser kostbare Erwerbszweig aufhörte,
warfen sich die Arbeiter auf das billige Material des Glases, das nun gereinigt, entfärbt und an Klarheit und Helligkeit dem
Krystall ähnlich gemacht wurde.
Darauf wurde die Manier der Krystallschleifer übertragen. Obwohl die Formen der Gefäße nicht ohne die
Pfeife des Glasbläsers entstanden, wurden sie doch später weiter gebildet. Die anfangs mehr runden Formen waren später
mehr facettiert, und die Ornamente mit dem Rädchen tief eingraviert (s. Taf. I,
[* 54]
Fig.
12, 13, 14). So erhielten diese Glasgefäße, an Feinheit, Eleganz und Leichtigkeit hinter den venetianischen
wenig zurückstehend, eine schöne, dem Material entsprechende Gestaltung. Die Engländer übernahmen im 18. Jahrh.
die Arten und Formen der böhm. Gläser; aber mit Hilfe ihres schweren Flintglases, das die Eigenschaft hat, bei prismatischer
Schleifung in den Regenbogenfarben gleich den Diamanten zu strahlen, – eine Eigenschaft, welche dem echten Krystall
wie dem böhm. Krystallglase abgeht, – trugen sie über das böhm. Glas den Sieg davon.
Die böhm. Glasfabrikanten, um sich den Markt wieder zu erobern, färbten nun ihr Glas oder überfingen es mit anders gefärbtem
Glas, aus welchem sie Ornamente herausschaffen; doch war dies mehr eine Behandlung des Krystallglases nach
der farbigen Richtung als die Begründung eines neuen Stils in der Glaskunstindustrie Material und Formen blieben dieselben, nur daß die letztern
mit dem Übergange in das 19. Jahrh. plumper, schwerfälliger und unschöner wurden. Dazu
kam noch die unkünstlerisch behandelte Blumenornamentation, wie sie gleichzeitig in allen Zweigen der Kunstindustrie betrieben
wurde; statt derselben wählte man dann auch Tiere, Bildnisse, Landschaften oder Genrebilder. Um die Verzierungen
auf Glasgefäße, wo sie gar nicht paßten, anwendbar zu machen, wurde das Glas möglichst opak gehalten, weiß gefärbt und
dem Porzellan ähnlich gemacht. Hieraus
hätte ein neuer Kunststil des Glases entstehen können, wenn man eine dem
opaken Glas völlig entsprechende Dekorationsweise gefunden hätte.
So war um die Mitte des 19. Jahrh. die Glaskunstindustrie im Stil, in der Form und in der farbigen Dekoration gesunken, bis endlich eine Reform
auf Grundlage der alten Muster erfolgte. Die Venetianer, unter Führung des Salviati, waren die ersten (s. Taf. I,
[* 54]
Fig. 5–11). Sie riefen alle ihre feinen und edeln Formen des 16. Jahrh.
mit der Leichtigkeit des geblasenen Materials wieder in das Leben und vereinigten damit die verschiedenen farbigen Dekorationsweisen
der antiken Glaskunstindustrie. So üben sie noch heute die Glaskunstindustrie mit gleicher Vollkommenheit, wenn auch mit weniger Originalität; die Glashütten
von Murano blühen wie zu Ende des 16. Jahrh. Ihnen konnten die Engländer mit ihrem schweren Material nicht folgen; dafür
hielten sie sich an die krystallhelle Reinheit ihres Flintglases und an seine brillante Farbenstrahlung. Während sie, der
erstern Eigenschaft entsprechend, die Gefäße in feinen Formen zu gestalten suchten und dieselben mit
geschliffenen und geätzten Ornamenten verzierten, schliffen sie, um der andern Eigenschaft willen, die Flächen in ganz raffinierter
Weise aus, sodaß sie mit diesen Gefäßen eine außerordentliche Licht- und Farbenwirkung erzielten (s. Taf. II,
[* 54]
Fig.
11–15, 16–18).
Die böhmische Glaskunstindustrie vermochte in dieser Art nicht nachzufolgen. Von Ludwig Lobmeyr (Firma J. +L. Lobmeyr),
dem die moderne böhmische Glaskunstindustrie ihre künstlerische Richtung, ihre Höhe und ihre Erfolge verdankt, wurde die krystallene Helligkeit
und Klarheit in den Vordergrund gestellt, und nach dem Muster der Kunstarbeiten in Bergkrystall aus dem 16. Jahrh. die größte
Schönheit der Formen in Verbindung mit gravierten Ornamenten angestrebt (s. Taf. II,
[* 54]
Fig.
19–25). In dieser Hinsicht sind Schalen mit unterwärts vertieft eingegrabenen
[* 54]
Figuren und Ornamenten,
welche aussehen, als wären sie erhaben auf der Oberfläche, wohl das Schönste und Beste, was die moderne Glaskunstindustrie hervorgebracht
hat.
Aber Lobmeyr wollte ebenso, wie er dem Krystallglas den Weg gezeigt, auch dem farbigen Glas eine edlere
Richtung in Form und Verzierung geben, und auch dies gelang ihm in vielfacher Weise, insbesondere mit Gefäßen und Dekorationen
nach altorient. Art. Diese vielseitigen erfolgreichen Versuche förderten nicht nur die in Österreich,
[* 61] sondern auch in Deutschland
[* 62] (Rheinische Glashütte zu Ehrenfeld bei Köln
[* 63] [s. Taf. II,
[* 54]
Fig. 5–10], Josephinenhütte in Schlesien),
[* 64] wo man auch dem deutschen Glas des 16. Jahrh. Aufmerksamkeit schenkte. Frankreich
(Baccarat [s. Taf. II,
[* 54]
Fig. 1–4], St. Louis)
machte ebenfalls Anstrengungen, zumal in Krystallglas, aber ohne nennenswerten Erfolg. Künstlerisch stehen an der Spitze der
modernen Glaskunstindustrie noch immer einerseits Venedig-Murano, andererseits England und Österreich.
Litteratur. Lobmeyr, Die Glasindustrie, ihre Geschichte u.s.w. (Stuttg. 1874);
als zusammenhängende größere geflossene Massen oder als lose Auswürflinge im festen Zustande erstarrte
vulkanische Produkte, die gänzlich oder größtenteils aus glasiger Substanz bestehen; dazu gehören Obsidian, Bimsstein,
Perlit, Pechstein. Diese glasigen oder halbglasigen Laven besitzen ein geringeres spec. Gewicht als diejenigen Laven von derselben
chem. Zusammensetzung, die zu einem krystallinischen Mineralaggregat erstarrt
sind.
Eine reichliche Entwicklung von Glassubstanz scheint bei einer festwerdenden geschmolzenen Masse namentlich da zu erfolgen,
wo diese Erstarrung sehr rasch von statten geht, weshalb z. B. die Oberfläche der Lavaströme
vielfach glasig ausgebildet ist und diese Beschaffenheit erst allmählich nach dem Innern zu in die gewöhnliche krystallinisch-steinige
übergeht. Auch die ausgeworfenen Partikel zerteilter Lava, die als sog. vulkanischer Sand,
Lapilli, kleinere Bomben niederfallen, sind deshalb oft sehr stark glasig ausgebildet.
[* 34] die Kunst, farblose Glastafeln zu bemalen (Kabinettmalerei) oder ganze Bilder aus Stücken farbiger Glastafeln
zusammenzusetzen (MusivischeGlasmalerei). Ersteres geschieht, indem man durchsichtige Farben nach Art eines Gemäldes
auf das Glas (Kathedralglas, Antikglas) aufträgt und durch Einbrennen fixiert; letzteres, indem farbige Glasstücke, die möglichst
nach den Umrissen der Komposition zugeschnitten sind, durch Bleieinfassungen miteinander verbunden und die Schattierungen mit
Schmelzfarben (Schwarzlot, dazu seit dem 14. Jahrh. Silbergelb, später auch die übrigen
bei der Kabinettmalerei verwendeten Schmelzfarben) hineingemalt werden. Statt der einfach bunten Glasstücke
kann auch «überfangenes» Glas, d. h. solches, bei dem farbiges Glas über andersfarbiges geschmolzen ist, verwendet werden;
die Schattierung und Abtönung wird dann durch Ausschleifen mit Schmirgel bewirkt. (Hierzu die Tafeln: Glasmalerei I und II.)
Die Glasmalerei ist im Altertum bisher nicht nachweisbar; im Mittelalter war sie ein bedeutender Kunstzweig. Vielleicht
ist man durch das Mosaik, dessen Herstellung im frühern Mittelalter fortwährend in Übung blieb, auf sie gekommen. Die ältesten
Glasgemälde sind in der That reine Glasmosaiken, d. h. farbige, durchsichtige Gläser, welche durch Bleifassung aneinander
gefügt und nur mit Schwarzlot gemalt sind (Grisaillen). Die ersten Glasgemälde, welche erwähnt werden,
befanden sich in dem bayr. KlosterTegernsee; sie stammten aus der letzten Zeit des 10. Jahrh. Im 11. Jahrh.
wird dort der Mönch Werinher als Glasmaler genannt.
Durch deutsche Meister verbreitete sich diese Kunst in der Folge durch das ganze Abendland; sie scheint
aber ihre Wiege in Frankreich zu haben. Aus dem 11. und 12. Jahrh., der Zeit des roman.
Stils, ist nur äußerst Weniges erhalten, z. B. mehrere Fenster des Doms zu Augsburg,
[* 67] welche überhaupt als die ältest erhaltenen
zu betrachten sind, des StraßburgerMünsters, der Kunibertskirche in Köln, der bischöfl. Kapelle in
Tournai (s. Taf. I,
[* 66]
Fig. 2 u. 3). Dagegen hat die zweite Hälfte des 13. Jahrh. (s. Taf.
I,
[* 66]
Fig. 6) und die erste Hälfte des folgenden, also die Zeit der höchsten Blüte des got. Baustils, zahlreiche Denkmäler zurückgelassen,
z. B. die Kaiserbilder im StraßburgerMünster,
[* 68] die Fenster der Dome in Reims,
[* 69] Amiens
[* 70] und Oppenheim, der
Elisabethkirche in Marburg,
[* 71] der Kapelle du St. Sang in Brügge (s. Taf. I,
[* 66]
Fig. 7) u. s. w.,
sowie die
Chorfenster des Kölner Doms (s. Taf. I,
[* 66]
Fig. 1, 4, 8). Denn die Gotik, welche die Mauermasse in Fenster auflöste,
gab dadurch der Glasmalerei mehr Raum, als ihr die nur mäßig großen Rundbogenfenster des roman.
Stils gewährten.
Die meisten frühgot. Fenster stellen bunte Teppichmuster dar, vor denen unter BaldachinenHeilige, Propheten, Könige u. s. w.
in ernster statuarischer Haltung stehen (s. Taf. I,
[* 66]
Fig. 8); streng schieden
die hohen Fensterstäbe
[* 66]
Figur von
[* 66]
Figur. Nur in den untern Fenstern
sind, meist von zierlichen Ornamenten eingefaßt, Scenen aus der Geschichte Christi und der Ortsheiligen dargestellt. Von
den Farben ist besonders das dunkle Purpurrot durch seinen feurigen Glanz ausgezeichnet.
Mit dem Ende des 14. und im 15. Jahrh. werden die Glasmalerei immer zahlreicher. Aus
dieser Zeit stammen die Fenster der Kirche St. Denis in Lüttich (s. Taf. I,
[* 66]
Fig. 9) sowie der Frauenkirche
in Lübeck
[* 72] und die des Doms zu Florenz,
[* 73] letztere beide wahrscheinlich von demselben MeisterFrancesco Livi aus Gambassi. Die
Kirchen in Nürnberg
[* 74] verdanken einen Teil ihres Schmucks der dortigen Glasmalerfamilie der Hirschvogel (Tucherfenster, Volkamerfenster).
Auch die Schweiz
[* 75] ist reich an Glasgemälden jener Zeit, obwohl durch die Bilderstürmer und die spätere
Abneigung gegen lebhafte Farben hier wie an den meisten Orten Unzähliges zerstört wurde.
Doch bildete die Schweiz im 16. Jahrh. eine eigentümliche Art der Glasmalerei aus, eine Miniaturmalerei
auf Glas, indem es Sitte wurde, die Fenster in Wohnhäusern und öffentlichen Gebäuden mit kleinern Glasgemälden
zu schmücken, auf welchen Familienwappen (s. Taf. I,
[* 66]
Fig. 5), figürliche
Scenen, Familienbilder u. dgl. mit großer Feinheit dargestellt waren. Das glanzvollste Erzeugnis
der Glasmalerei des Mittelalters sind die Fenster des nördl. Seitenschiffs im Dom zu Köln von 1509. Diese zeigen am deutlichsten
die großen Fortschritte in der Technik, wenn man sie mit den Fenstern des Chors, die vor 1322 gearbeitet
wurden, vergleicht.
Auch sieht man, wie sich mit der übrigen Malerei auch in der ein Streben nach Darstellung der Wirklichkeit geltend macht,
das sich nicht bloß in einer kräftigern Charakteristik der
[* 66]
Figuren ausspricht,
sondern auch zu freier, bewegter Komposition fortschreitet und statt des Teppichgrundes einen reichen architektonischen oder
landschaftlichen Hintergrund entfaltet. So wird der ein ihrem Wesen durchaus widersprechender Schein des Körperlichen gegeben,
während man sie früher mehr als einen vor die Fenster gehängten Teppich behandelte.
Auf der Grenze zwischen dem mittelalterlichen Stil und dem der Renaissance stehen die herrlichen Glasgemälde
in den Chorkapellen des Münsters zu Freiburg
[* 76] i.Br. und die 1870–71 durch Brand vernichteten Glasmalerei des Doms zu Metz
[* 77] (um 1530) sowie diejenigen
mehrerer Kirchen in Paris
[* 78] und in England sowie die in der nördl. Kapelle der Gudulakirche in Brüssel
[* 79] (1540–47).
Letztere, berühmt durch ihre architektonischen Hintergründe in reichem und edelm Renaissancegeschmack, bilden den Übergang
zur letzten Epoche der Glasmalerei. Fortan versuchen nämlich die Glasmaler, sich möglichst der Ölmalerei zu nähern und dieselbe
in Komposition und Farbe nachzuahmen. Dieser Epoche gehören schon die franz. Glasmaler Henriet und Monier von Blois
an; in den Niederlanden die Brüder Dirk und Wouter Crabeth, die Schöpfer der Glasgemälde (12 Fenster, die übrigen 30 von
ihren Nachfolgern) in der St. Janskirche zu Gouda (1555–77), die Glasmaler der
¶
Florisschen Schule und Abrahamvan Diepenbeeck (s. d.), der Kompositionen seines Lehrers Rubens auf Glas übertrug. Von den Niederlanden
wurde die Glasmalerei sowohl nach Spanien als nach England verpflanzt. In letzterm Lande kam die Technik, welche namentlich in kath.
Gegenden völlig in Vergessenheit geraten ist, nie ganz außer Übung. Mit dem Ende der Blütezeit der
niederländ. Kunst und dem Vorschreiten des den bunten Farben abholden Klassicismus ging die Glasmalerei langsam zurück, bis sie im 18. Jahrh.
fast ganz aufhörte. Nur in England wurde sie, jedoch meist von ausländischen Künstlern, weiter geübt; unter Jakob I. stiftete
ein Niederländer, Bernh. von Linge, den man als den Vater der neuern Glasmalerei ansehen kann, eine Schule, die
sich bis auf die Gegenwart erhielt. Namentlich zeichneten sich als Glasmaler aus Eginton zu Birmingham,
[* 82] WolfgangBaumgärtner
aus Kufstein in Tirol
[* 83] (gest. 1761) und Jouffroy. In Deutschland erstand die Glasmalerei. Erst im 19. Jahrh. durch die Bemühungen Mohns
in Dresden und Wien, Scheinerts in Meißen,
[* 84] Wilhelm Vörtels in Dresden und hauptsächlich Sigismund Franks (s. d.) aus Nürnberg
wieder, der die Glasschmelzmalerei emporzubringen versuchte.
Darauf entstand 1827 auf Veranlassung König Ludwigs I. zu München eine eigene Kunstanstalt für Glasmalerei, an der Friedr. von Gärtner
(s. d.), Heinr. Maria von Heß (s. d.), Ainmiller (s. d.) und F. X. Eggert (s. d.)
wirkten. Diese blühte kräftig empor und vollendete bedeutende Aufgaben, so die neunzehn 16 m hohen Fenster für die Kirche
in der Vorstadt Au bei München, die vier großen Fenster, welche König Ludwig in den Kölner Dom stiftete, u. s. w. 1848 ging
sie in Ainmillers Privatbesitz über. Die Seitenkapellen des Münsters zu Freiburg
i. Br. schmückten die Brüder
Helmle mit kleinen Darstellungen aus Dürers Passion. Für das Schloß und die Schloßkirche zu Schwerin
[* 85] schuf Ernst Gillmeister
(gest. 1887) große Glasgemälde. In Österreich zeugen die zahlreichen neuen Glasfenster Geylings (s. d.) für
St. Stephan und die für die Votivkirche in Wien von einem erfreulichen Aufschwunge, wobei besonders der
Maler J. Klein (gest. 1883) im Stile Führichs als Zeichner Treffliches leistete. In Belgien erfreut sich Capronnier in Brüssel
eines namhaften Rufs. Für die Glasmalerei. In Frankreich sind die Arbeiten der Anstalt zu Sèvres von Bedeutung; ihre künstlerische
Richtung ist die naturalistisch-malerische. Stilvoller sind die Glasmalerei von Thevenot in
Paris; noch bedeutender die von Ch. L. Maréchal (gest.
1887) ausgeführten, in St. Vincent de Paul zu Paris, dessen Anstalt technisch und künstlerisch große Verdienste in der hat.
In neuester Zeit hat mit der Vorliebe für altertümliche Wohnungsausstattung die Glasmalerei sich
auch in der Profankunst wieder ein größeres Gebiet erobert, indem man mit Vorliebe nach der Manier der deutschen Meister
des 16. Jahrh. sowohl kleine Kabinettstücke als auch einzelne Scheiben für Fenster ausführt.
In der überwiegend großen Mehrzahl haben die modernen Glasmalerei aber zu sehr den Charakter des Bildartigen, wirken
nicht, wie sie sollen, raumabschließend, sondern sie locken durch zu umfangreiche und anspruchsvolle Darstellungen das Auge
auf sich, als sei die Kirche nur ein Rahmen um die Bilder. Auch fehlt ihnen bei der größern Ausdehnung
[* 86] einfarbiger Glasstücke
der mosaikartige, harmonische Charakter, die Farbengebung ist vielfach greller als an den alten Glasmalerei. Heute
haben die Werke der bessern Anstalten die ältern Arbeiten
hinsichtlich der Technik, wenn auch noch nicht ganz an Tiefe und
Leuchtkraft der Farben, erreicht.
Kunstvolle Glasmalerei liefern zur Zeit die königlich bayr. Hofglasmalereianstalten von
C. deBouché, F. T. Zettler (s. Taf. II,
[* 81]
Fig. 2), Mayer, Glasmalerei von
Treeck in München, die Kunstanstalt der Familie Kellner in Nürnberg, die Tiroler Glasmalereianstalt in Innsbruck (s. Taf. II,
[* 81]
Fig. 1), die Kunstgewerbliche Anstalt von Schell zu Offenburg
[* 87] in Baden,
[* 88] die Kunstanstalt von H. Oidtmann zu Linnich im Rheinland.
In Berlin-Charlottenburg besteht seit 1843 eine staatliche Anstalt für Glasmalerei; außerdem das
Institut für Glasmalerei von P. Glasmalerei Heinersdorff.
Litteratur. Hermann, Die Glas-, Porzellan- u. s. w. -Malerei (Wien 1882);
Gessert, Die Kunst auf Glas zu malen (Stuttg. 1842);
De Lasteyrie, Histoire de la peinture sur verre d'après ses monuments enFrance (mit 110 Tafeln, Par. 1838–58);
Wackernagel,
Die deutsche Glasmalerei (Lpz. 1855);
Warrington, The history of stained glass (Lond. 1848);
Magne, L'Œuvre despeintre verriers (Par. 1885);
Lévy, Histoire de la peinture sur verre en Europe (Brüss. 1854–60);
Kolb, Glasmalerei. Des Mittelalters
und der Renaissance (60 Tafeln, Stuttg. 1884–89);
Strele, Handbuch der Porzellan- und Glasmalerei (4. Aufl., Weim. 1883);
Schäfer und Roßteuscher, Ornamentale Glasmalerei des Mittelalters und der Renaissance (Berl.
1885–88);
Gruz, Kompositionen für Glasmaler, Glasätzer und Dekorationsmaler (ebd. 1886);
nennt man gemäldeartige Darstellungen, die aus verschiedenfarbigen, undurchsichtigen Glasstängelchen oder
Fäden derart zusammengesetzt werden, daß man auf einer mit weichem Kitt überzogenen Platte kurze Stückchen
derselben entsprechend nebeneinander stellt, die Oberfläche abschleift, poliert und schließlich die feinen Fugen mit Wachs
ausfüllt. In Venedig, neuerdings auch in Innsbruck, ist diese Technik zu hoher Vollendung gebracht worden;
man verfügt über
eine außerordentlich reiche Farbenskala, die es ermöglicht, ganz zarte Farbenübergänge und Schattierungen
darzustellen.
oder Hyalit, früher auch nach seinem Entdecker Müllersches Glas genannt, eine Opalart, die farblose, durchsichtige
und stark glasglänzende Überzüge von kleintraubiger und nierenförmiger Gestalt bildet; es ist wasserhaltige (amorphe)
Kieselsäure von dem spec. Gewicht 2,1; der Wassergehalt beträgt 3–6 Proz. Die wasserklaren
glasähnlichen Warzen zeigen unter dem Mikroskop
[* 90] eine sehr feine lagenweise Zusammensetzung und vollkommene konzentrische
Schichtung, womit auch die abnorme negative Doppelbrechung
[* 91] zusammenhängt. Der Glasopal findet sich auf Höhlen und Klüften namentlich
basaltischer Gesteine,
[* 92] z. B. bei Waltsch in Böhmen, im Kaiserstuhl,
[* 93] Bohunicz in Ungarn, Erlenbach bei
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Frankfurt
[* 95] a. M., auch im Serpentin vom Zobten und Jordansmühle in Schlesien, in Hohlräumen ungar. Brauneisensteine; er ist
jedenfalls eine sehr jugendliche Bildung, indem er selbst auf Gestein aufsitzende Flechten
[* 96] überkrustet.
1) Kreis
[* 97] im östl. Teil des russ. Gouvernements Wjatka, hügelig, im O. mit sandigen Niederungen, reich an Wäldern,
hat 23862 qkm, 363745 E. (meist Russen, dann Wotjaken, Bessermjanen, Permier, Tataren, die zum Teil Mohammedaner
sind), Ackerbau, Vieh- und Bienenzucht,
[* 98] Eisenwerke. –
2) Kreisstadt im Kreis Glasow, 224 km ostsüdöstlich von Wjatka, links der Tschepza, hat (1889) 1986 E.,
Post und Telegraph, 3 Kirchen, 1 Mädchenprogymnasium, städtische Bank, Handel mit Getreide,
[* 99] Flachs und
Hanf nach Archangel.
werden aus Glasstäben oder Glasröhren verfertigt. Die farblosen oder gefärbten, leicht schmelzbaren Stäbe
schneidet man in kleine Stücke und rundet dann scharfe Kanten durch Umrühren in eiserner Trommel bei
Glühhitze ab. Die auf solche Weise gewonnenen Glasperlen heißen Venetianische oder Stickperlen. Die dicken massiven oder gewickelten
Perlen stellt man in der Weise her, daß man einen spitz zulaufenden Eisenstab in das geschmolzene Glas taucht und ihn so lange
dreht, bis die aufgenommene Glasmasse eine vollkommen runde Gestalt angenommen hat. Die den echten Perlen
ähnlichen hohlen Perlen werden aus Glasröhrenvor derGlasbläserlampe geblasen und auf der Innenseite mit der aus den glänzenden
Schuppen des Weißfisches hergestellten Perlenessenz (s. Fischschuppen) überzogen.
Spiegelrahmen aus geschliffenem, graviertem und facettiertem Glas.
Sie wurden zuerst in Venedig im 17. Jahrh.
gefertigt und bald darauf in ganz Europa
[* 100] beliebt. In neuerer Zeit hat man diese im 18. Jahrh.
aufgegebene Rahmenart wieder anzufertigen begonnen.
Adolf, humoristischer und satir. Schriftsteller, geb. in Berlin,
[* 101] redigierte seit 1831 die Zeitschrift
«Don Quixote», die 1833 durch den Minister von Brenn unterdrückt wurde. Ein Auszug aus dem Blatt
[* 102] erschien u. d. T. «Aus den
Papieren eines Hingerichteten» (Lpz. 1834). Unter dem NamenAdolfBrennglas veröffentlichte er eine Reihe
kleiner Schriften u. d. T. «Berlin wie es ist und – trinkt» (33 Hefte, Berl. u. Lpz. 1832–50, teilweise vielfach aufgelegt)
und «Buntes Berlin» (13 Hefte, Berl. 1835–52),
die häufig nachgeahmt wurden und mit denen er der Begründer der modernen
humoristischen und satir. Berliner
[* 103] Volkslitteratur wurde. Verwandte Arbeiten von Glaßbrenner sind «Leben und Treiben
der feinen Welt» (Lpz. 1834) und «Berliner Volksleben» (3 Bde., ebd. 1846). Nach einem
Aufenthalt in Wien 1835 schrieb er anonym «Bilder und Träume aus Wien» (2 Bde., Lpz. 1836),
die vom Bundestag verboten wurden. Glaßbrenner heiratete 1840 die Schauspielerin AdelePeroni (geb. in
Brünn),
[* 104]
mit der
er 1841 infolge ihres lebenslänglichen Engagements nach Neustrelitz
[* 105] zog. Hier schrieb er seine «Verbotenen
Lieder» (Zür. 1843),
die in der dritten und fünften Auflage (Berl. 1870) den Titel «Gedichte von Glaßbrenner» erhielten, und das komische
Epos «NeuerReineke Fuchs»
[* 106] (Lpz. 1846 u. ö.),
dem er in «Der verkehrten Welt» (Frankf. 1856) ein
Seitenstück folgen ließ. Diese Werke stellen in die Reihe der vorzüglichsten satir. Dichter. Sein «Komischer
Volkskalender» (Hamb. 1846–65) war im demokratischen Sinne gehalten. Glaßbrenner wurde 1848 Führer der demokratischen Partei in
Mecklenburg-Strelitz. 1850 des Landes verwiesen, lebte er in Hamburg,
[* 107] bis er 1858 nach Berlin zurückkehrte,
wo er die Redaktion der «Berliner Montagspost» bis zu seinem erfolgten Tode führte.
In der nachmärzlichen Zeit entstanden noch das bittere Aristophanische Lustspiel «Kaspar der Mensch» (Hamb. 1850),
«Xenien der Gegenwart» (mit D. Sanders, ebd.
1850). Hierzu kommen die verbreiteten harmlosen Kinderschriften «Lachende Kinder», «Sprechende Tiere» und «Die Insel Marzipan».
–
Vgl. Schmidt-Cabanis, Adolf Glaßbrenner. Ein biographisch-litterar.
(Hexactinellidae), eine Ordnung der Schwämme,
[* 108] ausgezeichnet durch sechsstrahlige
Kieselnadeln, die entweder alle isoliert bleiben oder zum größern Teil miteinander zur Bildung eines Gitterwerks mit mehr
oder weniger kubischen Maschen verschmelzen. AlleNadeln
[* 109] haben jenen sechsstrahligen Typus, aber die einzelnen Strahlen können
in Größe und Beschaffenheit ihrer Spitzen sehr verschieden entwickelt sein. Man unterscheidet zwei Unterordnungen:
1) Dictyoninae Zittel mit verschmolzenen Nadeln, 2) Lyssacinae Zittel mit freien oder nur oberflächlich durch Kieselsubstanz
verkitteten Nadeln. Die meisten Formen finden sich in bedeutendern Meerestiefen; fossil treten sie schon im Silur auf. Zu
den Dictyoninen gehört Lefroyella decoraWyv. Thomson (s. Tafel: Glasschwämme,
[* 94]
Fig. 3) von den Bermudas,
aus einer Tiefe von fast 800 m, Aphrocallistes vastusF. E.Schulze
[* 94]
(Fig. 4) von Japan,
[* 110] aus etwa 330 m sowie AphrocallistesramosusF. E.Schulze
[* 94]
(Fig. 5) von den Philippinen, aus etwa 700 m Tiefe; zu den Lyssacinen gehören Euplectella aspergillumR.Owen
[* 94]
(Fig. 1), eine der häufigsten Arten von den Philippinen, in Tiefen von 180 m ab, und HyalonemaThomsoniW. Marshall
[* 94]
(Fig. 2) im nördl. Atlantischen Ocean, von den
Hebriden bis Azoren, in 900–1800 m Tiefe.
oder Glasflügler (Sesiariae), Schmetterlinge,
[* 111] die eine Unterfamilie der Holzbohrer (s. d.) bilden und
durch ihre Form und die glashellen Flügel, die nur zuweilen mit farbigen Rändern gesäumt sind, Bienen,
Hummeln oder Wespen äußerlich gleichen. Die Schmetterlinge fliegen wenig, sitzen meist ruhig an den Futterpflanzen ihrer Raupen
und legen hier ihre Eier
[* 112] ab. Die farblosen Raupen leben meist ein oder zwei Jahre im Innern von Holzgewächsen oder krautartigen
Pflanzen und fressen besondere Gänge aus, in denen sie sich verpuppen und aus welchen sich die mit Stachelkränzen
versehene Puppe vor dem
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