Förwurde jedoch von den englischen Freiberg
[* 2] nicht angegriffen. (Vgl.
Deismus.) In
Frankreich wurde die Freidenkerei durch den Geistesdruck,
den die herrschende
Kirche ausübte, hervorgerufen; sie war anfangs nur in kleinern
Kreisen verbreitet, gewann aber bald eine
große
Ausdehnung.
[* 3] Man schritt hier von einer scharfen Kritik des kirchlichen
Glaubens und des ganzen kath.
Kirchenwesens, wie sie z. B.
Voltaire und
Rousseau übten, bis zur grundsätzlichen Verneinung aller
Religion und zum
Atheismus
fort. Die Führer dieser
Bewegung waren die
Encyklopädisten d'Alembert, Diderot und
Helvétius sowie der
Baron von Holbach.
In
Deutschland
[* 4] haben die Freiberg namentlich seit der Wiederherstellung des orthodoxen Kirchentums, aber auch
infolge der modernen Zeitströmung in den verschiedensten Volkskreisen
Anhang gefunden. –
Vgl.
Lechler, Geschichte des engl.
Deismus (Stuttg. und Tüb. 1841);
waren bei den
Germanen der Hauptteil der Nation.
Die Bevölkerung gliederte sich in Freie (Gemeinfreie),
Halbfreie
(Liten oder Hörige) und Knechte. Letztere sind rechtlos und stehen im Eigentum eines Herrn. Die Halbfreien sind
im Genusse des Volksrechts; sie sind nur der Gewalt eines Schutzherrn unterworfen. Unter den Freie ragen die Adligen
hervor, ursprünglich die
Glieder
[* 6] von durch ihre Dienste
[* 7] ausgezeichneten Geschlechtern. Die Freie hatten
das volle
Wergeld (s. d.), die Hörigen nur das halbe, die Knechte wurden nur nach
ihrem persönlichen Sachwerte geschätzt.
Der Freie hatte das
Recht und die Pflicht, dem
Heere anzugehören, den Zutritt zu den
Volks- und Gerichtsversammlungen, das
Recht desEides und des Zeugnisses gegen Freie. Zur vollen Wirkung der
Freiheit gehörte, daß der Freie Grundbesitz besaß.
Die
Entwicklung der öffentlichen
VerfassungDeutschlands
[* 8] wurde wesentlich durch die
Schicksale des
Standes der Freie bestimmt, der
mehr und mehr abnahm. Eine große Zahl der frühern Freie gingen in den
Stand der Fürsten und Herren, sowie in den Ritterstand
über.
Andererseits waren diejenigen Freie, die nicht im stande waren, persönliche Kriegsdienste zu
leisten, vielfach genötigt, sich in den Schutz (Vogtei) eines Landesherrn zu begeben. Während jener den Kriegsdienst übernahm,
mußten diese ein Schutzgeld oder einen
Zins zahlen. Sie bewahrten ihre
Freiheit, wurden aber abhängig.
In denStädten erhielten
sich ebenso wie auf demLande freie Geschlechter. Aber auch hier bildeten sich unter Zurückdrängen der
alten neue Standesverhältnisse. Es entstand ein neuer freier
Stand, der
Bürgerstand, der die Vorstufe zu der modernen
Freiheit,
dem allgemeinen Staatsbürgertum ist. –
Vgl. Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der
Stände in
Deutschland (2. Ausg., Berl.
1830).
Agrarvereinigung nennt sich eine Gruppe im österr. Abgeordnetenhause, die sich 1887 unter
FührungLienbachers
zur Wahrung der Interessen der Landgemeinden bildete, deren Mitglieder aber keinem Klubzwang unterworfen und nicht verpflichtet
sind, zu stimmen, wie es die Mehrheit der Freie Agrarvereinigung beschlossen hat. Anfangs nahmen zahlreiche
Abgeordnete verschiedener Klubs
an den zwanglosen Besprechungen der Freie Agrarvereinigung teil, in denen wirtschaftliche Fragen
rein fachlich mit Außerachtlassung polit. und nationaler
Gesichtspunkte erörtert wurden; nur die
Polen verhielten sich grundsätzlich
ablehnend. Nach den Neuwahlen 1891 hörte zwar diese
Teilnahme anderer
Klubmitglieder auf, doch nimmt die Freie Agrarvereinigung mit ihren 42 Mitgliedern
der Kopfzahl nach die vierte
Stelle im österr. Abgeordnetenhause ein.
Vorsitzender ist
Lienbacher,
Stellvertreter
Jax.
Bühne, ein im Herbst 1889 nach dem Vorbild des von Ch.
Antoine in
Paris
[* 9] begründeten
Théâtre libre von Schriftstellern
und Kunstfreunden in
Berlin
[* 10] gebildeter
Verein, der sich zur
Aufgabe stellte, «eine
Bühne zu begründen,
welche frei ist von den Rücksichten auf
Theatercensur und Gelderwerb». Die Räume eines
Theaters mietend, unterschied er sich
von Dilettantenvereinen dadurch, daß er die
Stücke durch berufsmäßige Schauspieler darstellen ließ.
In der Auswahl der dramat. Werke und in der Art ihrer schauspielerischen
Darstellung sollten «die Ziele einer der
Schablone und dem Virtuosentum abgewandten lebendigen Kunst angestrebt werden». Ferner
erklärte die Freie Bühne: «Wir binden uns an keine ästhetische
Theorie und schwören auf kein Programm, sondern heißen alles
willkommen, was frei und groß und lebend ist; nur das Werk der erstarrten Form bleibe uns fern, das
Produkt der Berechnung und der
Konvention.» Die Aufführungen waren nur den Vereinsmitgliedern zugänglich.
Die Freie Bühne wollte der modernen realistischen
Richtung durch Privataufführungen die
Anerkennung der Zeitgenossen erringen, weil
auf den öffentlichen
Theatern polizeiliche Censur und private Bedenken der Bühnenleiter diesen Bestrebungen mehrfach
im Wege standen. Hervorragend beteiligt an der
Begründung waren: OttoBrahm,
Paul Schlenther, H. Hart, J. Hart und Julius
Stettenheim.
Im ersten Spieljahre 1889/90 zählte der
Verein über 600 Mitglieder;
der Spielplan führte
Stücke an, wie: «Vor Sonnenaufgang»
von Gerh. Hauptmann, «Gespenster»
von Ibsen, «Familie Selicke» von Holz
[* 11] und Schlaf u. s. w.
Im zweiten Spieljahre 1890/91 hatte sich die Mitgliederzahl erheblich vermindert.
Bei Anfang des dritten Spieljahres 1891/92,
in dem nur
Strindbergs «Comtesse Julie» aufgeführt wurde, sah sich der Vorstand
genötigt, den
Verein auf zum
Teil neuer Grundlage zu rekonstruieren: eine bestimmte Anzahl von
Vorstellungen sollte nicht mehr
gewährleistet werden, «weil die öffentlichen
Theater
[* 12] dem modernen Realismus, soweit er von echten, dramat.
Talenten vertreten wird, zugänglicher geworden waren, als es vor
Begründung der Freie Bühne der Fall war». 1892/93 kamen «DieWeber» von G. Hauptmann und «Dämmerung» zur Aufführung.
Nach dem
Muster dieser Freie Bühne bildeten sich neue
Vereinigungen zu gleichen oder ähnlichen Zwecken; in
Berlin
selbst entstand (1890) ein Konkurrenzverein Deutsche
[* 13]
Bühne, der «nur Neuheiten deutscher Schriftsteller auf dem Gebiet des
modern-realistischen und histor.-realistischen
Dramas» in seinem Spielplan verzeichnete.
Schon nach den fünf Aufführungen
des ersten Spieljahres trat der
Verein nicht mehr in die Öffentlichkeit. – Eine sehr rege Thätigkeit
zeigt hingegen die
FreieVolksbühne, die sich 1890 unter
Bruno Wille, J. Hart u. a. bildete; ihre
Tendenz ist: «die socialistische
Weltanschauung in geeigneten Werken von der
Bühne herab zu verbreiten». Die Plätze zu den Aufführungen der
Freien Volksbühne
werden durch das Los bestimmt, das die Mitglieder aus
Urnen ziehen. Die Mitgliederzahl dieses
Vereins war
bald so groß, daß
¶
forlaufend
258
kein Berliner
[* 15] Theatergebäude sie zu fassen geräumig genug war. Man teilte die Mitglieder daher in zwei, später in fünf
Gruppen, und jeder Gruppe wird das gleiche Stück an Sonntagsnachmittagen in zwei Theatern abwechselnd vorgespielt. Der Verein
ver- mischt dramat.-litterar, und socialistische Interessen llnd zählt über 4000 Mitglieder; der Spielplan
brachte Aufführungen von Ibsens «Stützen der Gesell- schaft», «Bund der Jugend», «Nora», «Gespenster»,
«Volksfeind», Hebbels «Maria
Magdalena», Go- gols «Revisor», Zolas«Therese Raquin», Suder- manns «Ehre», Schillers«Kabale und Liebe», Goethes«Egmont» u. s. w.
Vereinsorgan ist seit Anfang 1893 «Die Volksbühne». Im Herbst 1892 wurden
die zu den unabhängigen Socialisten ge- hörigen Wille, Wildberger u. a. von den sog.
Frak- tionellen aus dem Vorstande gedrängt und begrün- deten mit Fritz Mauthncr, E. von Wolzogen u. a.
die NeueFreie Volksbühne, die aber bald ein- ging.
Seitdem liegt die Leitung der FreienVolks- bühne in den .Händen von Mehring und Türk. Ende 1894 wurde von
Wille uoch die Versuchsbühne gegründet, die solche Stücke bringen will, zu deren Aufführung sich die ständigen Theater
nicht ent- schließen können, die sich aber andererseits für eine Volksbühne nicht eignen. In München
[* 16] entstand 1894 als
Freie Herren B. der Akademisch-DramatischeVerein. Ähnliche Unternehmungen sind in Kopen- hagen und London
[* 17] ins Leben
getreten.
Freie Gemeinden, religiöse Gemeinschaften in Deutschland, die, durch den Druck der pietistisch- orthodoxen Parteiherrschaft
aus der prot. Kirche hinausgedrängt, eine auf Vernunft und individuelle Freiheit begründete Kirchenbildung versucht haben.
Als die neuerstarkte Orthodoxie unter König Fried- rich Wilhelm IV. von Preußen
[* 18] zum Vernichtungs- kampf gegen den seit einem
Jahrhundert in der Theologie und in den Gemeinden eingewurzelten Vernunftglauben vorging, vereinigten sich zunächst 1841 in der
Provinz Sachsen
[* 19] die entschieden ratio- nalistisch gesinnten Geistlichen und Laien als Pro- testantische Freunde oder Lichtfreunde
zum Schutz der freien Lehre
[* 20] in der Kirche und der freien Forschung.
Den Anstoß dazu gab das amtliche Einschreiten gegen Pfarrer Sintenis in Magdeburg,
[* 21] der sich gegen die
Anbetung Christi ausgesprochen hatte. Unter Führung des Pfarrers Uhlich (s. d.) erhoben die Freunde auf ihren sehr zahlreich
besuch- ten jährlich zweimaligen Versammlungen zu Cöthen
[* 22] die Forderungen: Fortführung der Reformation auf Grund des Evangeliums
und im Geist des Protestantismus, deshalb Beseitigung des Symbol- zwangs und vernunftgemäßeAuslegung derHeiligen
Schrift. Nach dem Veitritt einer Anzahl.Hegelianer erhob der Pfarrer Wislicenus (s. d.)
in einem Vor- trag in Cöthen (1844) «Ob Schrift, ob Geist» (Lpz. 1845) die weitergehende Forderung, daß nicht mehr die Heilige Schrift
als Norm des Glaubens an- gesehen werde, sondern nur der Geist der Wahrheit und der Liebe, der die Schrift
erst hervorgebracht habe.
Wislicenus wurde hierauf wegen feiner Ver- leugnung der Schriftautorität, des obersten Grund- satzes der evang. Kirche, abgesetzt.
Der Berliner Magistrat wandte sich zum Schutz der Gewissensfrei- heit an den König. Die Antwort war das Verbot aller öffentlichen
und geheimen Versammlungen der Lichtfrennde In Königsberg
[* 23] wurde 1845 der Divisionspfarrer
Nupp (s. d.) wegen Verwerfung des Athanasianischen Symbols abge-
setzt. ^eine Gesinnungsgenossen standen treu zu ihm und so
trat 1846 die ersteFreie Gemeinde ins Leben. In Halle
[* 24] geschah dasselbe durch G. A. Wis- licenus; es folgte Nordhaufen,
wo Baltzer, Halber- stadt, wo Wislicenus, Marburg,
[* 25] wo Bayrhoffer an die Spitze trat u. s. w. In Magdeburg, wo Uhlich wegen vorschriftswidriger
Anwendung des Apostolicum seines Amtes entsetzt wurde, entstand gleichfalls eine Freie Gemeinde. Auf einer Kon- ferenz in Nordhausen
[* 26] (Sept. 1847) einigten sich die Dissidenten, wie man die Anhänger der Freie Herren G. nannte, zu einem gemeinsamen
Bekenntnis des In- halts : «Ich glaube an Gott und sein ewiges Reich, wie es von JesusChristus in die Welt eingeführt wurde.»
Den Einzelgemeinden gab man volle Selb- ständigkeit.
Das königl.Toleranzpatent vom 30. März 1847, wodurch ausgesprochenermaßen die Rationa- listen zum Austritt aus der Kirche
veranlaßt werden sollten, verlieh den Dissidenten das Recht zur Ge- meindebildung und freien Religionsübung.
Die folgenden Revolutionsstürme förderten zwar die religiösen Freiheitsbestredungen, ergossen aber auch über die Freie Herren G.
die Ströme des Radikalismus und Socialismus, zumal die Häupter derselben in die polit. Bewegung verflochten waren. So kam
es, daß während der Reaktionszeit die Freie Herren G. als Herde der Revolution überwacht und
eingeengt wurden.
Seit 1850 mit den Deutschkatholiken (freie herren o.) ver- einigt zur «Religionsgefellfchaft
freier Gemeinden», verloren sie bald das Recht, öffentliche Vorträge zuhalten; man wollte ihre Anhänger nicht mehr als Christen
ansehen und entzog ihnen die bürger- liche Gleichberechtigung, endlich erfolgte in Sachsen und Hessen
[* 27] ihr Verbot. Viele Gemeinden gingen ein. Die 54 übrigbleibenden bildeten im Juni 1859 zu Gotha
[* 28] unter UhlichsFührung einen
«Bund frei- religiöferGemeinden Deutschlands» mit freierSelbst- bestimmung in allen religiösen Angelegenheiten; später wollte
man nicht einmal mehr das Bekenntnis zum persönlichen Gott als bindend anerkennen.
Das Christentum war ausgegeben und an seine Stelle trat mehr und mehr derMaterialismus uudSocialismus. So setzt sich die über 4000 Mitglieder
zählende Ber- liner Freireligiöse Gemeinde zumeist aus socialdemokratischen Elementen zusammen, hat aber dadurch den Widerspruch
der andern Gemeinden hervorgerufen. Im 1.1891 gab es 55 freireligiöse Gemeinden mit 18771 Mitgliedern, in
Rheinhessen 24 freiprot. Gemeinden mit etwa 4000 Mitgliedern. (S. Freikirche.) -
Vgl. Kämpe, Geschichte der reli- giösen
Bewegung der neueren Zeit (4 Bde., Lpz.
1852-60);
Freireligiöser Kalender, hg. von Specht (Gotha 1871 fg.).
FreieHand
[* 29] bedeutet: nicht gebunden. Politik der Freie Herren treibt ein Staat, welcher sich nicht durch Bündnisse
oder Verabredungen mit andern Staaten verpflichtet hat. Aus F.H. (sreihän'dig)Deria^en ist der Gegensatz der Versteigerung,
bei welcher der Verkäufer sich an den durch das Meistgebot erzielten Preis und die damit gegebene Person des Käufers bindet.
Der Kommissionär bedingt sich Freie Herren bei einem ^pekulationsgesckäft aus, wenn sein eigenes Ermessen,
nicht die Instruktion des Auftraggebers darüber entscheidet, wann und wie er das Geschäft am besten im Interesse des Auftraggebers
abschließt. FreieHemmung, s. Uhren.
[* 30] Freie Herren oder edle Herren, im Mittel- alter der erste ^tand des Adels nach den Fürsten
(in der frank. Zeit capitanoi, während damals dieF.H.
¶
forlaufend
259
va1vH8M'68, seit dem 12. Jahrh. caMaußi genannt wurden), also die Dynasten (s. d.) einschließlich der Grafen und der Prälaten,
soweit letztere nicht Für- sten waren. Die deutschen Kaiser Wilhelm von Hol- land, Rudolf I., Adolf von Nassau und.Heinrich
VII. waren vor ihrer Wahl Freies Deutsches Hochstift H. (S. Freiherr.) FreieKirche im freien Staate (ital. Olnes^ lidera in iidei-0
st^to), letztes Wort Cavours (s. d.) und Losungswort seiner parlamentarischen An- hängerschaft,
der Consorteria, wurde trotz des er- bitterten Widerspruchs der Kurie durch Einziehung des Kirchenstaates und Erlaß des Garantiegesetzes
(s. d.) wenigstens annähernd verwirklicht.
FreieMagen
[* 32] nennt man heute im Gegensatz zu den strengen Klagen (couäictioueg oder actione^ Ltricti ^ri8)
diejenigen, bei denen dem Richter im röm. Prozeß ein freieres Ermessen durch die Formel (1. Formularprozeh) eingeräumt
war, sodaß er z.B. die I^xceptio äoli (s.Uxcoptio) berücksichtigen durfte, auch wenn dieselbe nicht in der Formel stand.
Der Richter sollte zu dem verurteilen, was der Beklagte nach Treu und Glauben (aetioneg donas ricl^i) oder
was er nach billigem Ermessen (action68 ai-ki- ti'3,riN6) zu leisten habe.
Freie Künste (lat. ^-t63 lidm-alos, iu^emmo oder douae) nannten die Alten diejenigen Kenntnisse
und Fertigkeiten, die zu dem Unterrichte des Freien gehörten und die man eines freien Mannes wür- dig erachtete,
im Gegensatz zu den Beschäftigungen der Sklaven, den 9,it68 illideiHie^, worunter man meist mechan.
Arbeiten verstand. Gewohnlich zäblt man sieben Freies Deutsches Hochstift K., nämlich Grammatik, Arith- metik, Geometrie, Musik, Astronomie,
[* 33] Dialektik
und Rhetorik, von denen meist die ersten drei in den Schulen des Mittelalters das Trivium, die letz- tern vier das
Quadrivium genannt wurden, wäh- rend andere die Grammatik, Dialektik und Rhetorik zum Trivium, die andern Künste zum Quadrivium
rechnen. Das Trivium wurde in den danach be- nannten Trivialschulen oder Elementarschulen ge- lehrt, während das Quadrivium
nur in höhern Lehr- anstalten Gegenstand des Unterrichts zu sein pflegte. Auf den Universitäten waren
beide vereinigt in der philos. Fakultät, der sog. ^acnitas artium oder I^a- eu1t3.8 3.1'tium lidoraiiuin, Artistenfakultät.
Freienwalde.
1) an der Oder, Kreisstadt im Kreis
[* 34] Ober-Varnim des preuß. Reg.-Bez. Pots- dam, 45 kni im NO. von Berlin, 2 kin von der alten
Oder, am schiffbaren Landgraben, der Freies Deutsches Hochstift mit dem Finowkanal verbindet, und an den Linien Frank- furt a.
O.-Angermünde und Berlin-Freies Deutsches Hochstift (64,3 km) der Preuh. Staatsbahnen,
[* 35] in 17 in Höhe, in einer der anmutigsten Gegenden
Norddeutschlands, am bergigen Rande des Oderbruchs, ist Sitz des Land- ratsamtes für den Kreis Oberbarnim, eines Amts- gerichts
(Landgericht Prenzlau),
[* 36] Steueramtes und einer Oberförsterei und hat (1890) 7259 E., darunter 177 Katholiken
und 80 Israeliten, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph,
[* 37] ein vom Großen Kurfürsten erbautes Lustschloß mit engl.
Garten- anlagcn, ihm gegenüber auf einem Hügel ein Kriegerdenkmal, außerdem ein Denkmal (Obelisk mit Reliefbildnis) des
Volksdichters KarlWeise: ein königl. Gymnasium, 1868 gegründet (Direktor I)r.
Braumann, 13 Lehrer, 8 Klassen, 195 Schüler), höhere Mädchenschule, Knabenmittel- und Mädchen- schule, Kreditverein; Ziegelbrennerei,
Wasserglas- fabrik und Vraunkohlenlager. Freies Deutsches Hochstift ist seit 1683 be- kannt durch
)e':ne)? G^m?dbnlNllcn,
welcher unweit in einem freundlichen Waldthale liegt und als be- liebte Sommerfrische der Berliner (1892: 3668 Kur- gäste)
gilt. Die Quellen, salinische Eisenwässer, haben eine Temperatur von - 7° R., werden, wie die Jungfrauen-
und die Königsquellen, nur zum Trinken oder, wie die Vadcquellen, nur zum Baden
[* 38] benutzt. An Bädern werden verabfolgt Mineral-
wasserbäder, Dampf-, Douche-, Fichtennadel-und Eisenmoorbäder. Der neuerbaute Rundschauturm auf dem höchsten Gipfel der
Bergkette, gegenüber dem Schloß, bietet eine überaus lohnende Fernsicht auf den Oderbruch.
2) Freies Deutsches Hochstift in Pom- mern, Stadt im Kreis Saatzig des preuh. Reg.- Bez. Stettin,
[* 40] 27 km im NO. von Stargard,
[* 41] zwi- schen dem zur Ihna gehenden
Krampehl und dem See Staritz, an der Linie Stettin-Stargard-Danzig der Preusi.^Htaatsbahnen, Sitz eines
Steueramtes und einer ^uperintendentur, hat (1890) 2316 meist evang. E., darunter 46 Israeliten;
Post, Tele- graph, got. Kirche (15. Jahrh.), städtische Sparkasse; Ausfuhr von Kartoffeln nach England. - Freies Deutsches Hochstift, um 1190 erbaut,
hatte früher eine hohe Ringmauer und war durch dreifache Wälle stark befestigt. 1660 litt es schwer
durch Feuer und 1630 und 1637 durch die Pest, wobei 800 Menschen starben.
Freie Reichsstädte, s. FreieStädte. Freier Fall, s. Fall. Freiersbach (Freyersbach), Weiler und Bad
[* 42] im Amtsbezirk Oberkirch
des bad. Kreises Ofjm- burg, 7 km im SO. von Oppenau, in einer Er-
weiterung des Nenchthals, in 384 in Höhe, 1 km von dem noch höher gelegenen Dorfe und Bade Petersthal
(s. d.), zu dem es in kommunaler Be- ziehung gehört, hat Post und Telegraph (während der Badezeit), neues Vadehaus, 7 Stahl-,
Lithion- und Schwefelquellen (1892: 1405 Kurgäste) und einen Mineralwasserversand von jährlich etwa 5- 800000
Krugen. Freies Deutsches Hochstift gehört zu den Kniebisbädern.
Freier Verkehr, der Verkehr mit Waren, welche nach erfolgter Zollentrichtung keiner Kon- trolle der Zollverwaltung mehr unterworfen
sind (s. Zollkontrolle), im Gegensatz zu dem Gebun- denen Verkehr, bei dem die Waren sich entweder
unmittelbar in den Händen der Zollverwaltung be- finden, wie die in den Zollniederlagen lagernden Güter,
oder doch unter deren Kontrolle stehen, wie die mit Begleitschein versendeten Güter während des Transports. (S. Handelsstatistik.)
FreiesDeutsches Hochstift, 1859 gegründet, 1884 neu organisiert, mit dem Sitz im Goethe-Hause zu Frankfurt
[* 43] a. M., ist der Pflege
und Förderung von Wissenschaft, Kunst und höherer Bildung ge- widmet und zählt (1893) etwa 1600 Mitglieder
(1200 in Frankfurt a. M. und 400 auswärtige; Jahresbeitrag 8 bez. 6 M.).
Das Vermögen des Freies Deutsches Hochstift besteht im wesentlichen aus der Stiftung des I)r. TheodorMüller (500000 M.).' außerdem besitzt
es das Goethe-Haus. An den wissenschaftlichen Arbeiten der in acht Fachabteilungen zerfallenden «AkademischenAbteilung» nehmen etwa 300 Mit- glieder teil. Von der Thätigkeit der Fachabteilungen geben die jährlich in vier
Heften erscheinenden «Be- richte» und die «Schriften des Freies Deutsches Hochstift» Kunde. Für die Mitglieder finden, außer den Gesamtsitzun-
gen mit Vorträgen, jährlich acht «Lehrgänge» zu je sünf Vorträgen
statt. Fast jedes Jahr werden künst- lerische und litterar. Ausstellungen veranstaltet. Ferner ist ein
Lesezimmer und eine SpecialiMiothek 17^
¶
forlaufend
260
der klassischen deutschen Litteraturepoche (über 1000 Faustschriften) vorhanden. In München besteht eine Zweiggenossenschast
des Hochstifts. Freies Geleit, s. Geleit. Freiesleben, Joh. Karl, Mineralog und Geo- gnost, geb. zu Freiberg, besuchte 1790 - 92 die
Bergakademie daselbst, studierte 1792 - 94 noch zu Leipzig
[* 45] die Rechte und bereiste dann in Humboldts Gesellschaft
die Gebirge der Schweiz
[* 46] und Savoyens. Nach der Rückkehr wurde er zunächst Bergamtsassessor in Marienberg, 1799 Vergmeister
in den Revieren Iobanngeorgenstadt, Schwarzenberg und Eibenstoä und 1800 Vcrgkom- missionsrat und Direktor des mansfeldischen
und thüring.
Bergbaues in Eislcben. Im Juli 1808 lehrte er als Assessor beim Oberberg- und Ober- büttenamt nach Freibcrg
zurück, wo er 1818 zum Rat bei dieser Behörde befördert ward. 1838 trat er als Verghauptmann an die Spitze des gesamtenBerg-
und Hüttenwesens des Königreichs Sachsen. Er starb, seit 1842 pensioniert, zu Nieder-Auerbach im Vogtlandc. Freifahrtordnung hat
sich um die Bergbaukunde und dasBerg- und Hüttenwesen, be- sonders Sachsens, sowie um die Mineralog,
und geognost. Wissenschaft große Verdienste erworben. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: «Geo- gnostische Arbeiten»
(6 Bde., Freiberg 1807-18), «Magazin für die Oryktographie von Sachsen» (Heft 1-12, ebd. 1828-45) und «Die sächs.
Erzgänge» (^ Abteil., ebd. 1843-45). Außerdem gab
Freifahrtordnung eine (2 Tle., Lpz. 1795) und die «Übersicht der Litteratur
der Mineralogie» (2. Aufl., Freiberg 1822) heraus. Freieslebemt, s. Schilfglaserz. FreieStädte, auch Freistädte, nannte man
seit der Mitte des 14. Jahrh, eine Anzahl ursprüng- lich bischöfl. Städte, die die Herrschaft ihrer geist- lichen Herren
im Laufe des 13. und 14. Jahrh, in oft langwierigen Kämpfen abgeschüttelt hatten; so besonders die
Rheinstädte Köln,
[* 47] MainZ, Worms,
[* 48] Speier,
[* 49] Straßburg,
[* 50] Basel,
[* 51] dann anch Regensburg,
[* 52] Magdeburg u. a. Sie besaßen fast alle Rechte der
öffentlichen Gewalt, Selbstdesteuerung, Heerbann, nieist auch die Gerichtshoheit, und unterschieden sich von den Reichsstädten
(s. d.) hauptsächlich dadurch, daß sie von regelmäßigen
Neichssteuern befreit waren und von dem Reiche nicht verpfändet werden durften. Im übrigen teilten sie deren Rechte und Pflichten,
wurden aber später zur Unterscheidung von diesen Freie Reichsstädte genannt.
Freies Vermögen der
Kinder, dasjenige Vermögen eines unter väterlicher (elterlicher) Ge- walt stehenden Kindes, über das
dem Vater nur beschränkte Befugnisse zustehen (s. Eltern). Freie und Hansestädte, s. FreieStädte. Freie Volksbühne in Berlin,
s. Freie Bühne. Freie Weiber, s. Emancipation. ^S.908d). Freie Wirtschaft, s. Betriebssystem (Bd. 2, Freiexemplare,
buchhändlerische Bezeichnung i für die seitens des Verlegers an den Verfasser kosten- los zu gewährenden Exemplare eines
Werkes. Falls ! im Verlagsvertrag nichts darüber vereinbart ist, bestimmt die Verlagsordnung (s. d.)
für den deut- schen Buchhandel, daß 1 von 100, jedoch nicht mehr als 15 Exemplare der Auflage zu gewähren
sind.
Ferner sind Freifahrtordnung diejenigen Exemplare eines Werken, welche vom Verleger «desselben dem den Verkauf vermittelnden ^ortimentsbuchhändler
als Entgelt für gleichzeitige Entnahme einer Anzahl (6, 8, 10, 12 u. s. w.) Exemplare eines
Werkes, oder als Ent- gelt für Barzahlung kostenlos gewährt zu werden pflegen. Dieselben sind von alters
her im deutschen und ausländischen Buchhandel üblich. Endlich ist Freifahrtordnung auch die Bezeichnung für Necensionseremplare (s. d.)
und Pflichtexemplare (s. d.). Freifahrtkarten der Eisend ab nen, s.
Zrci- fahrtordnung. Freifahrtordnung. In der Regel erheben die Eisenbahnen für die Beförderung von Personen und Gütern
eine Vergütung (s. Eisenbahntarife). Von jeher sind indes in allen Ländern hiervon zu Gunsten, insbesondere einzelner Personen,
Auf- nahmen gemacht, indem diese entweder unentgelt- lich oder zu geringern als den gewöhnlichen Fahr- preisen befördert
werden, (^o genießen auf fast allen Bahnen die eigenen Beamten und sonstigen Angestellten freie Fahrt, ebenso
- auf besondere Empfehlung - das Personal anderer Eisenbahnen. In einzelnen Ländern, z. B. Osterreich, werden andere, nicht
zu den Eisenbahnbeamten gehörende Staatsbeamte zur Hälfte des tarifmäßigen Preises befördert. Mit der Genehmigung freier
Fahrt an andere Perfonen wird vielfach Mißbrauch getrie- ben; in den Vereinigten Staaten
[* 58] von Amerika
[* 59] wurde dieses Mittel
häufig benutzt, um die Ge- währung verbotener Frachtbegünstigungen zu ver- schleiern. Die Bahnen gewährten einzelnen Kun-
den oder ihren Angestellten freie Fahrt gegen die Verpflichtung, ihnen ihre Transporte ausschließlich zuzuwenden. Es herrscht
kein Zweifel darüber, daß derartige Mittel unstatthaft sind. In Ländern, in denen die Veröffentlichung und die gleichmäßige
Anwendung der Tarife für jedermann gesetzlich vor- geschrieben ist, sind sie gesetzwidrig (vgl. z. B.
die ^tz. 2, 3, 22 des nordamerik. Vundesverkehrsgesetzec- vom Anders liegt die Sache bei Genehmigung
freier Fahrt an die Bediensteten der Eisenbahnen. Ta- gegen, daß diese auf den von ihnen mitverwalteten
und andern Vabnen, mit denen sie geschäftliche Be- ziehungen unterhalten, unentgeltlich befördert wer- den, bestehen an sich
keine Bedenken. Für die Be- amten selbst ist, soweit Dienstreisen in Betracht kommen, mit der unentgeltlichen Beförderung
in- sofern ein Nachteil verbunden, als sie zur Benutzung ihrer Freifahrtausweise genötigt sind, dagegen für die
Reisen nicht die sonst übliche Entschädigung der Kilometergelder erhalten, die in der Negel höher ist als die Fahrtgebühren.
Die gegenseitige
¶
forlaufend
Gewäh-261
rung von Freifahrtkarten war bis 1887 üblich im Verein deutscher Eisenbahnvcrwaltungen (s. Eisen- bahnverbändc), dessen Mitglieder
für ihre höhern Beainten und einzelne andere, an der Verwaltung oder der Aufsicht beteiligte Personen sog. Ver- ein starten
erhielten, die zur unentgeltlichen Ve- reisung des gesamten Vereinsaebietes und Mit- ! nähme von 25 1c^
Freigepäck berechtigten, (^eit > I. Jan. 1887 sind diese Vercinskarten aufgehoben ^ und der Deutsche Verkehrsverband
(s. Eisen- ! bahnvcrbände) sowie ein Niederländisch-Bel- ^ g isch-Lurenibur g ischerund einO st crr eichisch- Ungarischer
Fahrkartenverband haben über cinstiunneudc Grundsätze für den Austaufch von Frci- fabrtlarten (hinsichtlich der Beamten,
der Wagcn- llassen, wofür die Karten gelten u. s. w.) aufgestellt.
Alljährlich wird eine Liste der von diesen Ver- bänden ausgegebenen Freikarten veröffentlicht und durch Nachträge nach
Bedarf ergänzt. Die Be- stimmungen über die freie Fahrt der Beamten auf den preußischen Staats bahnen sind enthal- ten in der
Freigrafschaft vom (Eisenbahn-Ver- ordnungsblatt, S. 277 fg.). Hiernach wird uuter-
schicden zwischen Freikarten (für beliebige Fahr- ten innerhalb eines längern Zeitraums) und Frei- fahrt schein ei: (für
einzelne bestimmte Fahrten).
Die Erteilung von Freikarten steht grundsätzlich dem Minister der öffentlichen Arbeiten zu, der feine Befugnisse aber für
bestimmte Personen an die Direltionen oder Vetriebsämter (freigrafschaft Eisenbahn- behörden) übertragen
hat. Die Ausstellung der Frei- fahrtscheine, die ebenso wie die Freikarten zur Mit- nahme vou 25 1(A Freigepäck berechtigen,
erfolgt in der Regel durch die Direktionen, die Betriebsämter oder Nachgeordnete Dienststellen. Den Beamten und Hilfsarbeitern
der vom Staate verwalteten Eisen- bahnen kann unter Umständen anch - insbeson- dere bei Umzügen - unentgeltliche
Vcfördcruug ihres Hausrats bewilligt werden. Bei den übrigen deutschen Bahnen ist das Freifahrtwesen in ähnlicher Weise geregelt.
Die österreichischen (^taats- bahn en gewähren nach Roll, «Encyklopädie des ge- samten Eisenbahnwesens», Bd. 4 (Wien
[* 61] 1892),
freie Fahrt durch Dienstkarten, temporäre Frcifahrt^- certifikate, Freikarten für einzelne Fahrten,
Fahr- scheine und Freischeine zum Lebensmittcleinkauf, die ungarischen Staatsbahnen durch Jahre^- neikartcn, temporäre Freikarten,
Freikarten zur ein- inaligen Fahrt und Fahrtlegitimatlonen zum Einkauf von Lebensmitteln. In Deutfchland genießen freie
Fahrt auf Grund von Vereinbarungen der deutschen Regierungen auch die Mitglieder des Reichstags für die Reife von ihrem
Wohnort nach Berlin während der Dauer und 8 Tage vor und nach den Sessionen des Reichs- tags.
Dieselbe Vergünstigung ist in Preußen den Mitgliedern des Herrenhauses gewährt, die gleick den Mitgliedern des Reichstags
weder Tagegelder noch Rciseentschädigungen bezieben. Durch gesetz- liche Bestimmung ist in Deutschland in gewissen Fällen
den Beamten der Zollverwaltung und der Neichspostverwaltung, in Preußen den Mitgliedern des Landeseisenbahnrats
und der Vezirkseisenbahn- räte ls. Eiscnbahnbeiräte) für die Reise von und nach dcn Sitzungen freie Fahrt bewilligt. Gleiche
Ver- günstigung genießen die Mitglieder der wirtschaft- lichen Beiräte auch in den übrigen deutschen
^taatcn. Auf den
deutschen Eisenbahnen wird der Salon- wagen des Fürsten Bismarck, der ihm vom Verein der deutschen
Privatbahnen zur Ver- fügung gestellt wurde, ohne Erhebung von Fahrgeld von den den Wagen benutzenden Personen befördert.
-
Vgl. Roll, a/a.O.; Krönig, Die Verwaltung der Preuh. Etaatseisenbahnen, Bd. 2 (Vresl. 1892).
Freifahrtfcheine, s. Freifahrtordnung. Freifahrung, freigrafschaft Vergwerkseigentum
(Bd. 2, S. 7851). sVergbohrer. Freifallbohrer, Freifallvorrichtungen,
freigrafschaft Freifechter vonder Feder von Greisenfels (Federfechter), eine innungsmäßig gegliederte Fechtverbrüderung
aus dem 16. Jahrh, mit dem ^itz ihres Vorstandes in Prag.
[* 62] Sie hatten gleichen Fechtgebrauch und Fechtgesetze wie die Marks-
brüder (s. d.), mit denen sie in ehrlichem, gewisser- maßen freundschaftlichem
Wettbewerb standen.
Ehre, Zucht, ^itte, Treue und Glauben galten bei beiden Genossenschaften als heilig. Freiflut, s. Freiarche. Freifluther, s.
Fluther. Freifrau oder Freiin, die Gattin eines Frei- herrn (s. d.), wird meist mit Baronin angeredet. Freifräulein oder
Frei in, die Tochter eines Freiherrn (s.d.), wird meist mit Baronesse angeredet. Freigebige Verfügung, jede
Verfügung, durch welche einem andern ein vermögensrecht- licher Vorteil auf Kosten des Verfügenden in dieser Absicht zugewendet
wird, ohne daß also der Em- pfänger eine Gegenleistung oder eine der Zuwcn- duug entsprechende Gegenleistung zu gewähren
bat.
Eine Freigrafschaft V. liegt nicht vor, wenn der Ver- fügende dcn Vorteil aus andern Gründen zuwendet, z. B. weil
ihm von einem Dritten diese Auflage auf einen dem Verfügenden von dem Dritten zugewen- deten Vorteil gemacht ist (also das
Vermächtnis, welches der Erbe infolge der Verfügung des Erb- lassers aus seinem Vermögen leistet; oder wenn die Zuwendung,
welche der Erblasser in die Form einer Bedingung gekleidet hat, von dem bedingt Berech- tigten zur Erfüllung
der Bedingung gemacht wirdi «Wenn du meinem Freunde A. 1000 M. zahlst, sollst
du mein Kaus erhalten»). Freigrafschaft V. ist auch uicht die Zuwendung bei AleatorischenVerträgen (s.d.).
Der, welcher beim Spiel einen Gewinn auf Kosten des Verlierenden macht, erhält den Gewinn nicht, weil
der Verlierende ihm den Gewinn zuwenden will, sondern weil der Gewinnende für den Fall, daß das Spiel anders ausschlug,
seinen Einsatz verlor. Ebenso bei der Wette (s. d.), bei dem Versicherungs- vertrag
(s. d.), bei der emtio 8psi (s.^mtio). Den Ge- gensatz zu den Freigrafschaft V. bilden die Entgeltlichen Verträge
(s. d.). Unterarten der Freigrafschaft V. sind die Schenkung (s. d.)
unter Lebenden und die Zuwendung durch letztwillige Verfügung.
Aber der Begriff der Freigrafschaft V. ist weiter als der der Schenkung. Wer feinem Freunde die Benutzung seiner Equipage,
seiner Villa während der Sommerferien zuwendet, ein Darlehn ohne Zinsen giebt, trifft eine Freigrafschaft V., aber
er vermehrt dessen Vermögen nicht, schenkt ihm also nichts, wenn der Freund ohne die entsprechende Verfügung eine Ausgabe
nicht gemacht haben würde. Freigeist, s. Freidenker. Freigelassener, s.
Freilassung. Freigepäck, s. Reisegepäck. Freigerichte, s. Femgerichte. Freigerinne, s. Freiarche. Freigrafschaft war zur Zeit
der wcstfäl. Fem- gerichte (s. d.) nicht eine Grafschaft, sondern der Inbegriff einer Zahl von FreistäNen
oder «der Besitz¶
mehr
eines einzelnen Freistuhls. Der Inhaber hieß Stuhlherr und, wenn er selbst vorsaß, Freigraf; ebenso hieß ein ihn etwa vertretender
Unterrichter. – Über die Freie Bühne Burgund s. Franche-Comté.
Güter und Waren, die von gewissen Abgaben frei sind; ferner ein freies Landgut, Allod (s. d.), auf welchem
keine Lehnspflichten und Steuern haften; endlich ein Bauerngut, welches nicht zu Fronen und andern Dienstbarkeiten
verpflichtet ist, sondern nur die gewöhnlichen Landsteuern oder einen Freizins bezahlt. Die Besitzer eines solchen Bauerngutes
sind Freisassen. Auch versteht man in manchen Ländern unter Freigut ein solches, welches von Kriegs- und andern Lasten frei ist
und nur auf männliche Erben fällt. Die Natur des Freigut hängt wesentlich von Verträgen, Privilegien u. s. w.
ab. Die neuere Zeit hat die Verpflichtungen und Vorrechte der Landgüter vielfach beseitigt.
ein Hafen oder ein Seeplatz, welcher den Schiffen aller Nationen freien Verkehr und den ein- und ausgeführten
Waren Zollfreiheit gewährt oder von Schiffen und Waren nur sehr mäßige Abgaben erhebt, welche niemals
die Bedeutung und Höhe wirklicher Zölle haben. Solche Freihafen bilden Niederlagen (s. d.), in welchen die eingebrachten Güter zunächst
unverzollt lagern, geteilt, sortiert, bearbeitet und umgepackt werden können, um entweder ganz zollfrei oder gegen Entrichtung
eines bloßen Durchgangszolls wieder ins Ausland versendet zu werden oder gegen Erlegung des Eingangszolls
zum einheimischen Verbrauch des Landes zu gelangen, dem der betreffende Freihafen angehört.
Die Freihafen fördern demnach die Schifffahrt und den Großhandel und begünstigen insbesondere den Zwischenhandel, indem sie ein
gleichsam ausländisches zollfreies Gebiet des eigenen Staates darstellen. Bei den zu Freihafen erklärten Seeplätzen bildet
entweder die ganze Stadt mit der nähern Umgegend, wie früher in Hamburg und Bremen, oder der Hafenplatz und ein genau abgegrenzter
und bewachter kleiner Bezirk um denselben, wie jetzt, ein völlig zollfreies Gebiet, sodaß selbst die Konsumtion daselbst
keine Eingangsabgaben trägt, diese vielmehr für die ins Innere des Staates gehenden Waren erst an der
weiter im Binnenlande gezogenen Zollgrenze erhoben werden.
In der neuern Zeit ist die Tendenz zur Centralisierung und Vereinheitlichung des ganzen staatlichen Verwaltungssystems den
Freihafen ungünstig gewesen, zumal sie in der That technisch durch ein zweckmäßiges und liberales Niederlagesystem
mit großen Docks und Entrepôts (s. d.), wo nicht besondere örtliche Schwierigkeiten
obwalten, ersetzt werden können. In Frankreich, wo namentlich Marseille
[* 64] Freihafen war, wurden sie schon in der Revolutionsperiode
durch den Konvent aufgehoben.
Gegenwärtig sind noch Hamburg und Bremen und auswärts Triest
[* 65] als Freihafen von Bedeutung. Den beiden genannten Hansestädten war
durch Art. 34 der Reichsverfassung (nach der Norddeutschen Bundesverfassung ebenso für Lübeck, welches
jedoch bereits 1869 auf sein Privileg verzichtete) das Recht eingeräumt, ihre Stellung außerhalb der Zolllinie so lange beizubehalten,
bis sie selbst ihren Eintritt in den Zollverband beantragen würden. In dieser Beziehung kam es zum Abschluß eines Vertrags,
der (Gesetz vom die Genehmigung des Reichstags erhielt, nach welchem Hamburg in
den Zollverein eingetreten ist nach Abtrennung eines genügend großen Freihafengebietes, zu
dessen Einrichtung das Reich
die Hälfte der Kosten, jedoch höchstens 40 Mill. M. beiträgt. In analoger Weise (Reichszuschuß 12 Mill. M.) wurden die
Verhältnisse für Bremen geordnet (Gesetz vom Das noch verbleibende Freihafengebiet steht
unter dem Schutze des Art. 34 der Reichsverfassung als Reservatrecht (s. Bremen, Hamburg). ^[]
(engl. free-trade) bezeichnet im weitern Sinne nicht bloß freien Handel, sondern die Freiheit des Erwerbs
wie des wirtschaftlichen Lebens überhaupt. Freihändler (engl. free-traders) sind demnach diejenigen, welche
einen Zustand der Freiheit von allen künstlichen Beschränkungen des Erwerbs und Verkehrs anstreben. Künstlich beschränkt
pflegt der Erwerb und Verkehr (der Binnen- wie der auswärtige Verkehr) zu werden: durch Gesetze, welche den Verbrauch gewisser
Güter verbieten oder erschweren (z. B. Luxusverbote, Kleiderordnungen);
durch Gesetze, welche die Zahl der Anbieter und die
Benutzung ihrer Arbeitskraft beschränken (Zunftgesetze, Niederlassungserschwerungen);
durch Gesetze, welche für gewisse
Gegenstände und Leistungen gewisse Maximalpreise feststellen (Bäcker- und Fleischertaxen, Zinswuchergesetze u. s. w.);
durch
Gesetze, welche gewisse Geschäfte zeitweise oder für immer verbieten (z. B. Kornwuchergesetze);
durch Gesetze, welche im
Inlande den Mitbewerb der Ausländer und denjenigen der Inländer im Auslande erschweren (Ein-, Aus- und
Durchfuhrzölle);
endlich durch solche Gesetze, welche gewisse Gewerbe und den Handel mit gewissen Gütern nur gewissen Personen
oder nur dem Staate gestatten (Konzessionswesen, Privilegien, Monopole u. s. w.).
Alle diese Beschränkungen haben die gemeinsame
Folge, daß sie künstliche, zuweilen monopolistische Preise erzeugen und den freien Umlauf von Gütern oder
Leistungen hemmen. Diese Beschränkungen des Erwerbs und Verkehrs stammen nur zum geringsten Teile aus dem frühern Mittelalter
und viel weniger noch aus dem Altertum. Die Schranken, die damals bestanden und den internationalen Verkehr hemmten, waren
eine Folge der mit der Entwicklung der Volksindividualität zusammenhängenden Abschließung und Feindschaft zwischen den
Völkern.
Die spätern Beschränkungen entstanden teils durch das Bestreben der besitzenden Klassen, ihre Erwerbsstellungen in dem fortschreitenden
Umwandlungsprozeß der Produktion, namentlich gegen die ausländische Konkurrenz zu behaupten, teils aus den wirtschaftspolit.
Anschauungen, die in den Kulturstaaten seit dem 17. Jahrh., gleichzeitig mit der absolutistischen
Konzentrierung der Staatsorganisation, vorherrschend wurden. Den auswärtigen Handel suchte man im Sinne
des Merkantilsystems (s. d.) zu leiten, was die Begünstigung der Fabrikindustrie im Inlande veranlaßte. Andererseits suchte
man dem Kleingewerbe seinen Nahrungsstand zu erhalten, was wieder nur durch Begünstigung der im Besitz der Meisterstellen
befindlichen Individuen oder durch örtliche Schutzmaßregeln, namentlich durch Beschränkung des Gewerbebetriebes auf dem
platten Lande, möglich war.
Ob bei diesem System die Masse der Bevölkerung
[* 66] sich besser oder schlechter befand als heute, ist schwer zu entscheiden. Jedenfalls
aber ist sicher, daß in dem Maße, wie der Verkehr materiell durch die Kulturfortschritte erleichtert wird, die Tendenz zur
Durchbrechung der ihn hemmenden künstlichen Schranken
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