Francesco, Doge von Venedig
[* 9] 1423-57, geb. um 1372, regierte als Vormund des Francesco Gonzaga seit 1412 in Mantua
[* 10] mit Glück und wurde 1421 Prokurator von San Marco; er riet zu kriegerischem Vorgehen auf dem Festland und zwar zunächst im
Bund mit Florenz
[* 11] gegen Filippo Maria Visconti, den Herzog von Mailand;
[* 12] diese Politik wurde angenommen und
Foscari zum Dogen gewählt als Nachfolger des Tommasino Mocenigo trotz dessen Warnung. Mit dem Condottiere Carmagnola (s. d.) bekriegte
er nun siegreich Filippo Maria Visconti und zwang ihn 1427 zum Verzicht auf das Gebiet von Bergamo, Cremona und Brescia.
Der 1431 neuentbrannte Krieg brachte zwar Niederlagen, doch erhielt Foscari durch geschickte Verhandlungen die
Adda als Grenze für Venedig. Aber schon 1433 brach der Krieg von neuem aus; Piccinino, Truppenführer des Filippo Maria Visconti,
den Neapel
[* 13] und Mantua unterstützten, drang zuerst siegreich vor gegen Venedig, mit welchem Cosimo I., Eugen IV., Genua
[* 14] und
die Este im Bunde waren, wurde aber danach von dem Condottiere der Venetianer, FrancescoSforza (s. d.), im
Engpaß von Tenno 1439 geschlagen, worauf Venedig im Vertrag von Cavriano 1441 Lontano, Vellajo und Peschiera gewann und der
Familie da Polenta durch ein schmutziges Ränkespiel Ravenna nahm. 1443 einigte Foscari ganz Oberitalien
[* 15] zum Bund
gegen die zunehmende Macht Alfons' I. von Neapel, welchen der Papst unterstützte.
Aber schon 1445 trat Filippo Maria Visconti auf die Seite Neapels und des Papstes über, und sein Nachfolger in Mailand (1447),
FrancescoSforza, bekämpfte Venedig mit Glück. Trotzdem gelang es Foscari, 1448 wieder einen günstigen Frieden abzuschließen,
und der Wiederausbruch des Krieges hatte schließlich im Frieden von Lodi 1454 den Erfolg einer wesentlichen
Ausdehnung
[* 16] des venet. Gebietes auf dem Festland. In dieser Zeit aber war nicht nur die Seeräuberei in der Adria zum ernstlichen
Schaden des venet.
Handels erheblich gestiegen, sondern es wuchsen auch Venedigs gefährlichste Feinde, die Türken, durch
die Eroberung von Konstantinopel
[* 17] zu einer drohenden Macht empor. So wurde denn auch der achtzigjährige Doge, der zweimal
freiwillig hatte zurücktreten wollen, infolge einer Intrigue des venet. Admirals Loredano, mit dem er sich aus Eifersucht verfeindet
hatte, abgesetzt, nachdem er drei seiner Söhne dem Dienste
[* 18] der Republik in seinen Kriegen,
den vierten, Jacopo, dem Haß seiner Gegner, welche ihn der Bestechung beschuldigten, geopfert hatte. Seinen Sturz überlebte
er nur um wenige Tage. Jacopo F.s tragische Geschichte wurde mehrfach poetisch behandelt, auch von Byron in «The two Foscari» (1821).
-
Vgl. Francesco und Jacopo Foscari (in
«Homeyers Archiv», 1819, Nr. 55);
Niccolò Ugo, ital. Dichter und Litteraturhistoriker, geb. auf
Zante, Sohn des VenetianersAndrea Foscolo und der Griechin Diamante Spaty, zeigte sich früh von dem Gedanken einer polit. Wiedergeburt
Italiens
[* 19] erfüllt, dem er dichtend, lehrend und handelnd sein Leben widmete. Schon nach dem Ausbruche der
Französischen Revolution trat er in Venedig mit dem Trauerspiele «Tieste» (1797) auf, das die Partei, die von den FranzosenItaliens Wiederbelebung hoffte, begeistert aufnahm. Foscolo selbst erkannte bald die Trüglichkeit dieser Hoffnungen
und verschmolz in «Ultime lettere di Jacopo Ortis»
(Mail. 1802; neu hg. von Martinelli und Traversi, Saluzzo 1887; deutsch von Lautsch, 2. Aufl.,
Lpz. 1847),
einem in der AnlageGoethes «Werther» nachgebildeten, sonst ganz eigenartigen Roman, mit seinen Liebesklagen (um
Isabella Roncioni, nachher Gattin des Marchese Bartolommei) den herben Schmerz über die traurige Lage
seines Vaterlandes. In Lyon,
[* 20] wohin er als Mitglied der Consulta berufen war, hielt er die schmerzvolle und kühne Rede «Orazione
a Bonaparte» (Par. 1802 und Lugano 1829). 1804 zog er als Hauptmann im franz. Heere mit nach Boulogne, kehrte 1805 heim und begann
eine Übersetzung der «Ilias», die ihn bis an sein Ende
beschäftigte, aber wenig über den Anfang des 7. Buches hinausgelangte.
Außerordentlichen Beifall gewann das Gedicht auf die Gräber («I Sepolcri, carme», 1807). 1808 ward er Professor der Beredsamkeit
in Pavia, doch wurde der Lehrstuhl 1809 aufgehoben. Er schrieb nun in Mailand die Tragödie «Ajace», die 1811 gegeben und
von der Polizei verboten ward; vielleicht wurde er auch selbst verwiesen. Er ging nach Florenz, wo er seine Hoffnung auf Wiederherstellung
Italiens noch stärker in dem Trauerspiel «Ricciarda» aussprach, das 1813 in Bologna aufgeführt wurde.
BeimSturz der Napoleonischen Herrschaft trat er von neuem in den Kriegsdienst gegen Österreich
[* 21] und mußte
dann entfliehen. Er ging nach der Schweiz
[* 22] und von dort 1816 nach England, wo er anfangs mit Beiträgen zu litterar. Zeitschriften
und Vorlesungen über ital. Litteratur bedeutende Summen erwarb, dann aber in Not und Krankheit lebte. Er starb bei
London.
[* 23] Eine seit lange begonnene Dichtung, die Hymnen an die Grazien («Le
[* 24] Grazie»),
blieb Bruchstück.
Foscolo verfaßte auch gelehrte Werke. Derart sind seine 1803 gedruckten Abhandlungen und Kommentare zu Callimachus' «Haar
[* 25] der Berenice».
In London entstanden die wichtigen «Saggi sopra il Petrarca» (Lugano 1824),
der «Discorso
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storico sul testo del Decamerone» (1825) und der «Discorso
sul testo della Commedia di Dante» (Lond. 1825 u. ö.). Seine Werke sind am vollständigsten
gesammelt in 11 Bänden (darunter 3 BändeBriefe) von Orlandini und Mayer (Flor. 1850-62); die «Poesie» allein gaben heraus
Mestica (2 Bde., ebd. 1884) und Antona-Traversi und
Martinetti (Rom
[* 27] 1889),
«Ungedruckte Briefe von Freunden U. F.s» Tobler (Berl. 1892). -
ältester Name für Helgoland,
[* 30] nach dem Gotte Fosite (s. Forseti), dem der heil. Wilibrord um 700 und der
heil. Liudger 785 die Insel geweiht fanden.
(lat. Fons sana), Stadt in der ital. Provinz und im Kreis
[* 33] Cuneo, in 377 m Höhe, links an der
Stura, an der Linie (Turin-) Carmagnola-Cuneo des Mittelmeernetzes und der Schmalspurlinie Fossano-Mondovi (24 km), Sitz eines Bischofs
(seit 1592) und des Kommandos der Infanteriebrigade «Marche» und einer Geniesektion, hat (1881) 7959, als Gemeinde 18 349 E.,
in Garnison das 56. Infanterieregiment und die 6. Eskadron des 17. Kavallerieregiments; zahlreiche Kirchen,
ein Theater;
[* 34] eine Pulverfabrik, Gerberei, Seidenspinnerei und -Weberei, Tuch- und Papierfabrikation
[* 35] sowie bedeutenden Handel.
Die alten Wälle tragen jetzt Promenaden. Fossano wird seiner Mineralbäder wegen viel besucht. - Fossano kam 1340 durch
Kauf an Savoyen, wurde 1536 von den Franzosen besetzt, ihnen aber wieder entrissen, dann von Philibert
Emanuel zur Residenz erwählt und 1566 zur Stadt erhoben, April 1796 von den Franzosen erstürmt, abermals von
diesen besetzt, aber schon 18. Sept. von den Österreichern unter Melas wieder genommen, der 4. und 5. Nov. die Franzosen bei dem nahen
Dorfe Genola und bei Savigliano entscheidend schlug. -
Vgl. G. Muratori, Momorie storiche della città
di Fossano.
Stadt im KreisUrbino der ital. ProvinzPesaro e Urbino, an der Straße von Fano nach Rom, der alten Via Flaminia,
im schmalen Thale
des Metauro, Sitz eines Bischofs, hat (1881) 6948, als Gemeinde 9120 E., KathedraleSan Aldebrando, ein Gymnasium,
technische Schulen und sehr bedeutende Seidenindustrie (Seta della Marca). In der Nähe (1,5 km) Reste
der von Goten und Langobarden zerstörten röm. KolonieForum Sempronii. In der Gegend um Fossombrone schlugen die Römer
[* 37] 207 v. Chr.
den Karthager Hasdrubal. Lange Zeit im Besitze der Malatesta, kam Fossombrone unter Sixtus IV. an den Kirchenstaat.
Sein erstes
Hauptwerk waren die Illustrationen zu Longfellows «Evangeline» (1850; neue
Ausg. 1854), denen zahlreiche Illustrationen zu andern engl. und amerik.
Dichtern folgten. Später wandte er sich der Aquarellmalerei
zu und lieferte anmutige ländliche Scenen, wie Die Nußernte, Das Vogelnest, Die Mühle, Das Kornfeld. -
Vgl. Huish, Birket
Foster, his life and his work (Lond. 1890).
John Wells, nordamerik. Ingenieur, geb. zu Petersham in Massachusetts,
gest. zu Chicago als Präsident der Academy of Science, war 1837-38 bei der geolog. Aufnahme von Ohio beschäftigt,
führte 1849 mit Whitney die Aufnahmen im Kupferdistrikt des Staates Michigan aus («Report on the geology and topography of
the Lake Superior Land District in the State of Michigan», 2 Bde., Washington
[* 40] 1850-51) und schrieb «The
Mississippi valley» (Chicago 1869) und «Prehistoric races of the United States of America» (ebd. 1873; 4. Aufl. 1878).
diejenigen Erkrankungen des Fötus (s. d.), welche
diesen trotz seiner geschützten Lage innerhalb des Mutterleibes befallen und entweder sein Absterben bewirken oder dauernde
Verunstaltungen und Gebrechen erzeugen. Sie beruhen zum Teil auf fehlerhaften Entwicklungsvorgängen, wie die Mißbildungen
mit überzähligen oder fehlenden Gliedmaßen, mit unvollständiger Bildung des ganzen oder halben Körpers,
mit falscher Lagerung der Organe u. dgl., deren veranlassende Ursachen zum großen Teil noch völlig unbekannt sind (s. Mißbildung);
in andern Fällen entstehen Fötälkrankheiten durch falsche Lagerungen der Frucht in der Gebärmutter,
[* 42] wie Klumpfuß,
[* 43] Schiefhals, Selbstamputationen
durch feste Umschlingung der Nabelschnur oder gewisser Teile der Eihäute um einzelne Gliedmaßenu. dgl.,
oder durch äußere mechan. Schädlichkeiten (Druck, Schlag, Stoß, Fall), welche den mütterlichen Leib und mit ihm den Fötus
treffen, wodurch leicht fötale Knochenbrüche, Verrenkungen und Verkrümmungen entstehen
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können. Eine weitere Reihe von F. kommt dadurch zu stande, daß irgendein Ansteckungsstoff aus dem mütterlichen Körper
auf den des Fötus übergeht, was bei dem überaus regen Gas- und Stoffaustausch zwischen mütterlichem und fötalem Blut außerordentlich
leicht möglich ist; so kann der Fötus durch Ansteckung seitens der Mutter an Typhus, Wechselfieber, Pocken,
Scharlach, Syphilis und andern Infektionskrankheiten erkranken. Aber auch ganz unabhängig vom mütterlichen Organismus können
sich beim Fötus mannigfache entzündliche Vorgänge in den verschiedensten Organen, namentlich im Hirn und Rückenmark,
im Herzen und im Knochensystem entwickeln, welche häufig entweder schon im Mutterleibe oder bald nach der Geburt den Tod
des Fötus zur Folge haben. In manchen Familien vererben sich derartige Erkrankungen des Fötus von Geschlecht zu Geschlecht.
(S. Erbliche Krankheiten.) Übrigens unterliegt es keinem Zweifel, daß in vielen Fällen die Entwicklung von F. durch ein
vernünftiges und vorsichtiges diätetisches Verhalten während der Schwangerschaft sicher vermieden werden kann, weshalb
allen hoffenden Frauen eine durchaus mäßige und geregelte Lebensweise nicht dringend genug empfohlen
werden kann. (S. Schwangerschaft.) -
Vgl. Grätzer, Die Krankheiten des Fötus (Bresl. 1837);
Fothergill, Jessie, engl. Romanschriftstellerin, geb. als
Tochter eines Kaufmanns zu Manchester,
[* 46] wo sie dauernd wohnte. Sie starb Ende Juli 1891 zu Bern.
[* 47] Ihrem ersten Roman «Healey» (3 Bde.,
Lond. 1875; neue Aufl. 1883) folgten «Aldyth»
(2 Bde., 1877; neueste Ausg. 1891),
Fotheringhay (spr. fóth'ringeh), Dorf in der engl.
GrafschaftNorthampton, 15 km im WSW. von Peterborough, mit den Ruinen eines Schlosses, in dem Richard III. geboren und Maria
Stuart hingerichtet wurde.
Fötterle, Franz, Geolog, geb. zu Mramotitz in Mähren,
[* 49] wurde 1847 Bergwesenspraktikant in
Gmunden und 1849 Assistent an der Geologischen Reichsanstalt, an der er 1856 zum Bergrat, 1867 zum Chefgeologen und 1873 zum
Vicedirektor aufrückte. Er starb in Wien. F. nahm großen Anteil an der geolog. Kartierung Österreichs und lieferte
eine geolog. Karte von Südamerika
[* 50] (Wien 1854) und einen «Geolog. Atlas
[* 51] des österr. Kaiserstaats» (Lfg.
1, Gotha
[* 52] 1860). Außerdem veröffentlichte er: «Geolog. Übersicht der Bergbaue der Österreichischen Monarchie» (mit Hauer,
Wien 1855) und «Berichte über die geolog. Aufnahme des südl. und westl. Mähren» (ebd. 1853 u. 1858).
Fötus oder Fetus (lat.), die Leibesfrucht, namentlich vom dritten Monat nach der Zeugung bis zur Geburt
(s. Embryo).
Foetus in foetu (lat.), eine
Doppelmißgeburt, bei welcher der eine Fötus in einer so frühen
Zeit verkümmert ist, daß er von den sich schließenden Bauchplatten des andern eingeschlossen wird. Der eingeschlossene
Fötus besteht meist nur aus einigen verkümmerten Extremitäten und Eingeweiden und ist durch neugebildetes
Bindegewebe eingekapselt.
Fou (frz., spr. fu; Femininum folle), närrisch, verrückt; Narr;
der Läufer im Schachspiel.
Foucart (spr. fukahr),Paul, franz. Gelehrter, geb. zu Paris,
[* 53] studierte auf der Normalschule und auf der franz.
Schule zu Athen,
[* 54] ward 1874 außerord. und 1877 ord. Professor der Epigraphie und griech.
Altertumskunde am Collège de France. 1878 wurde er Mitglied der Akademie der Inschriften und im Dezember desselben Jahres Direktor
der franz. Schule zu Athen. 1884 wurde er auf sechs weitere Jahre für dieses Amt erwählt, worauf er 1890 seine Professur
am Collège de France wieder übernahm. Seine wichtigsten Werke sind: «Inscriptions recueilles à Delphes»
(mit Wescher, Par. 1863),
«Mémoire sur les ruines et l'historie de Delphes» (ebd. 1865),
«Mémoire sur l'affranchissement
des esclaves par forme de vente à une divinité» (ebd. 1867),
«Des associations religieuses chez les Grecs» (ebd. 1873),
Foucault (spr. fukoh),JeanBernardLéon, franz. Physiker, geb. zu Paris als Sohn eines Buchhändlers, studierte
anfänglich Medizin, beschäftigte sich aber schon seit 1839 mit der eben erfundenen Daguerreotypie und bald darauf, im Verein
mit Donné und Fizeau, mit optischen Fragen, die ihn mit Arago in Berührung brachten. 1850 erfand er das
Verfahren, die Geschwindigkeit des irdischen Lichts in verschiedenen Mitteln zu messen, und 1851 zeigte er im Pantheon zu Paris
die Achsendrehung der Erde mittels eines Pendels (s. Foucaults Pendelversuch). Es folgten nun Arbeiten über Wärme
[* 55] und Magnetismus
[* 56] sowie sein elektro-magnetischerApparat zur Verwandlung der mechan. Arbeit in Wärme. 1855 wurde F. zum
Physiker des Pariser Observatoriums ernannt. In dieser Stellung beschäftigte er sich mit Verbesserung der Fernrohre (s. d.)
und physik.
Apparate dieses Instituts so erfolgreich, daß er 1862 zum Mitgliede des Längenbureaus und 1865 der PariserAkademie gewählt
wurde. Um diese Zeit erfand er seinen Regulator
[* 57] für rasch rotierende Körper, der 1867 ausgestellt wurde.
F. starb Zu Paris. F.s Arbeiten sind in den Schriften der PariserAkademie und in leicht faßlicher Weise im «Journal
des Débats» veröffentlicht. Zahlreiche Abhandlungen finden sich in der «Bibliothèque d'instruction populaire»
und den «Comptes rendus» der Akademie der Wissenschaften. -
Vgl. Lissajous, Notice historique sur la vie
et les traveaux de Léon F. (Par. 1875);
Gariel und Bertrand, Recueil des travaux scientifiques de Léon F. (ebd. 1878).
Foncaults Pendelversuch. Als Foucault (s. d.) einen in der Drehbank
[* 58] eingeklemmten Stab,
[* 59] der durch einen zufälligen Stoß in
Querschwingungen geraten war, um die Längsachse in Drehung versetzte, bemerkte er, daß die Schwingungsebene
nicht mit rotierte, sondern stehen blieb. So behält auch ein Fadenpendel, das an dem obern wagrechten Querbalken eines senkrechten
Rahmens aufgehängt ist, seine Schwingungsebene bei, obgleich man den Rahmen um eine senkrechte Achse dreht.
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Diese Beobachtungen brachten Foucault auf den Gedanken, die Achsendrehung der Erde mit Hilfe eines schwingenden Pendels nachzuweisen,
was auch gelang. Denkt man sich am Pol ein schwingendes Pendel,
[* 61] dessen Schwingungsebene durch einen Fixstern hindurch geht,
so behält diese ihre Stellung bei, dreht sich also in 24 Sternstunden relativ gegen die Erde einmal im
Sinne des Uhrzeigers herum. Geometrische Betrachtungen lehren, daß die Drehung im Laufe eines Tages proportional dem Sinus der
geogr. Breite
[* 62] ist, so daß dieselbe am ÄquatorNull, am Pol aber einen vollen Umlauf beträgt. Da der Versuch mit der Rechnung
übereinstimmte, so ist das Aufsehen begreiflich, das er erregte; im Kölner
[* 63] Dom wurde der Versuch von
Garthe, im Dom zu Speyer
[* 64] von Schwerd wiederholt; monographisch wurde er von Garthe (1852), Pisko (1853) und Hullmann (1873)
behandelt.
(spr. fukoh-), neuerdings nach Thompson zweckmäßiger Wirbelströme (Eddy-currents) genannt, diejenigen
Ströme, die bei einer Dynamomaschine in dem Kern des Ankers durch dessen Bewegung induziert werden und die
man, da ihre Erzeugung Arbeit verbraucht und sie außerdem durch Erhitzen schädlich wirken, soweit irgend möglich dadurch
zu unterdrücken strebt, daß man ihnen durch Zerteilen (Lamellierung) des vollen Eisens normal zur Richtung jener Ströme und
Isolierung dieser Lamellen voneinander durch Papier, oder auch nur durch einen Anstrich den Weg verlegt.
(spr. fuscheh),Joseph, Herzog von Otranto, geb. zu Nantes,
[* 65] erhielt daselbst bei den Oratorianern
den ersten Unterricht und trat dann selbst in das Oratorium zu Paris ein, wo er sich für das Lehrfach bestimmte. Als die
Revolution ausbrach, wurde Fouché Advokat und vom Depart. Unterloire in den Konvent gewählt. Hier schloß er
sich der Bergpartei an, stimmte für den Tod des Königs und begleitete Nov. 1793 als Konventsmitglied die Kommissare des Wohlfahrtsausschusses,
Collot d'Herbois und Couthon, nach Lyon, wo das grauenhafte Blutgericht mit von ihm geleitet wurde.
Nach seiner Rückkehr zog er sich als Anhänger Héberts den Haß Robespierres zu und wurde von diesem
aus dem Jakobinerklub ausgeschlossen, weshalb er dessen Sturz förderte. Dennoch wurde auch er als Anhänger des «Schreckens»
Aug. 1795 aus dem Konvent gestoßen und bis zur Amnestie im Oktober gefangen gehalten. Im Sept. 1798 wurde er
als Gesandter an die Cisalpinische Republik nach Mailand geschickt. Hier suchte er mit GeneralBrune einen Umsturz der Verfassung
durchzusetzen, weshalb beide alsbald abberufen wurden. Fouché erschien erst im Jan. 1799 wieder zu Paris, wurde Gesandter in Holland,
im Juli Polizeiminister. Jetzt begann sein bedeutender Einfluß auf die innere Politik Frankreichs. Er
ging vor dem 18. Brumaire von Barras zu Bonaparte über und organisierte, nachdem der Staatsstreich gelungen war,
die absolute Polizeiherrschaft, zu der er die Mittel meist aus der Spielpacht entnahm.
Die neue Regierung hielt er von Gewaltthaten zurück, auf seinen Rat wurde die Emigrantenliste geschlossen
und eine allgemeine Amnestie proklamiert. Die Attentate war er mehr zu verhindern als zu bestrafen bedacht. Dies machte ihn
Napoleon verdächtig, der ihn 1802 plötzlich seines Amtes entsetzte, indem er das Polizeiministerium abschaffte. Schon im
Juli 1804 wurde Fouché jedoch wieder an die Spitze der
Polizei gestellt, mit deren Verwaltung bei der häufigen
Abwesenheit des Kaisers eine große Macht verbunden war.
Napoleon hatte ihn bereits zum Grafen ernannt, und nach dem österr. Kriege verlieh er ihm 1806 den TitelHerzog von Otranto
mit reichen Dotationen im Neapolitanischen. Nichtsdestoweniger fuhr Fouché fort, die maßlosen Entwürfe Napoleons zu bekämpfen,
so daß er von neuem lästig und verdächtig wurde. Am mußte er das Polizeiministerium niederlegen,
da er eine geheime Friedensunterhandlung mit England auf eigene Faust anzubahnen gesucht hatte, und fiel in Ungnade.
Erst im Feldzuge von 1813 rief der Kaiser ihn ins Hauptquartier nach Dresden
[* 66] und schickte ihn von hier
als Gouverneur der illyr. Provinzen nach Laibach.
[* 67] Doch nun war Fouché ein entschiedener Gegner Napoleons und faßte dessen Sturz
bereits fest ins Auge.
[* 68] Auf dem Wege nach Laibach gab er der österr. Regierung Winke über die Stimmung in Frankreich, die
nicht wenig zum Anschluß Metternichs an Preußen
[* 69] und Rußland beitrugen. Nach der Schlacht bei Leipzig ward
Fouché nach Rom und Neapel geschickt, um Murat zu überwachen. 1814 hatte er, gleich Talleyrand, eine Regentschaft Marie Luisens
statt Napoleons Herrschaft im Sinne, schloß sich aber dann den Bourbons an. Nach der Restauration derselben drang Fouché auf Anerkennung
der faktischen Zustände und auf allgemeine Versöhnung und zog sich, als diese Politik nicht befolgt
wurde, ins Privatleben zurück.
Bei der Rückkehr Napoleons übertrug ihm dieser das Polizeiministerium. Fouché täuschte sich aber nicht über den
Ausgang der Dinge und setzte sich mit Ludwig ⅩⅧ. und Metternich in heimliche Beziehung. Nach der Schlacht von Waterloo
[* 70] betrieb er die zweite Abdankung Napoleons, stellte sich an die Spitze der Provisorischen Regierung, vermittelte die Kapitulation
von Paris und leitete den Abzug der Armee hinter die Loire. Nun übertrug ihm Ludwig ⅩⅧ. das Polizeiministerium; doch keine
Partei schenkte ihm mehr Vertrauen, er mußte im Sept. 1815 dimissionieren und ging als Gesandter nach
Dresden. Als ihn das Verbannungsdekret vom gegen die sog. Königsmörder traf,
ging er nach Prag,
[* 71] dann nach Linz
[* 72] und Triest,
[* 73] wo er starb. Aus seiner Feder stammen eine große Anzahl polit. Pamphlete.
Auch Memoiren hat er geschrieben, doch sind diese noch nicht veröffentlicht. Die bekannten Mémoires
de Jos. Fouché, duc d'Otrante (2 Bde.,
Par. 1822–24) sind nicht von ihm, sondern von Alphonse de Beauchamp verfaßt. ^[]
(spr. fuscheh),Paul, franz. Schriftsteller, geb. zu Paris, schrieb zunächst unter dem Einflusse
seines Schwagers Victor Hugo eine Anzahl Erzählungen («Saynètes», «La
misère dans l'amour», «Les passions dans le monde», «Tout ou rien») und trat 1830 mit einem histor. Drama in Versen: «Yseult
Raimbauld», auf. In der Folge verfaßte er, allein oder mit Dennery, Desnoyers u. a., mehr als 60 Stücke für die Boulevardbühnen;
den größten Erfolg hatte das Drama«Notre-Dame de Paris» (1850, nach V. HugosRoman). AndereStücke sind:
«La bonne aventure» (1854),