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denen Röstverfahren, und zwar wendet man zuerst ' die Wasserrotte und dann, wenn die Gärung bis > zu einem gewissen Punkt vorgeschritten ist, die Tau- rotte an. Durch das Bestreben, die natürlichen! Rösten zu verbessern, resp. die Dauer derselben zu verkürzen, entstanden die künstlichen Rösten, unter ^ denen die Warmwasserrotte die meiste Veach- i tung verdient, weil bei derselben die gewöhnliche Meihode des Flachsröstens im Wasser festgehalten, i dabei aber von den Witterungsverhältnissen voll- ständig unabhängig gemacht wird. Während bei den bis jetzt behandelten Rösten die Lösung der Fa- sern durch einen Gäruugsprozeß bewirkt wird, fällt der letztere bei der Dampfröste undHeih- wasserröste vollständig weg; das Verfahren be- ruht vielmehr allein auf der lösenden Kraft [* 3] des Wasserdampfes und des heißen Wassers. Bei der alkalischen Röste bedient man sich verschiedener Alkalien, welche die Röstung beschleunigen, ohne den Gärungsprozeh zu verhindern, während durch die Röste mit verdünnter Schwefelsäure [* 4] der bei den natürlichen Röstmethoden im Verlauf der Gärungs- periode durch die eintretende Fäulnis der Lein- stengel hervorgerufene, äußerst penetrante und widerwärtige Geruch dadurch aufgehoben werden soll, daß man dem Wasser ^4 Proz. seines Gewichts engl. Schwefelsäure zusetzt.
Die Flachsdarren dienen zum Trocknen des gerösteten Flachses. Zwar kann dies auch in der ^onne geschehen^ aber bei weitem nicht mit der Sicherheit und Schnelligkeit wie in Darrstuben oder Darröfen. Erstere sind geräumige, mit erbitz- ter Lust erwärmte Kammern, letztere viereckige Backöfen, in welchen die Flachsstengel senkrecht auf- gestellt werden. Bei der Feuerung ist wohl zu be- obachten, daß die Temperatur den Siedepunkt des Wassers nicht erreiche, indem sonst der Flachs mürbe und brüchig wird.
Durch die Anwendung einer der verschiedenen Nöstmethoden ist der Zusammenbang der Fasern unter sich und mit dem Holz [* 5] möglichst aufgehoben, und es handelt sich daher zunächst darum, eine voll- ständige Trennung dieser beiden Bestandteile von- einander zu erreichen. Diese Trennung erfolgt (nach gehörigem Trocknen der Stengel) [* 6] auf rein mechan. Wege, entweder durch das Botten oder durch das Brechen. Das Botten geschieht mittels des Bott- hammers oder Bleuels, mit welchem der Flachs gleichsam gedroschen wird; in einzelnen Gegenden wendet man dafür das Voken an, das in besondern Stampfmühlen (Vokmühlen) vorgenommen wird und, wie das Votten, öfters auch nur eine Hilfs- arbeit des Brechens bildet.
Der einfachste zum Bre- chen verwendete, von .Hand [* 7] bewegte Apparat ist die Handbreche oder Brake. Ein solcher Apparat besteht aus einem festen Teil, der Lade, welche aus zwei bis drei parallelen Schienen gebildet ist, die, an den Enden fest miteinander verbunden, einen ungefähr 25 imu breiten Spalt zwischen sich lassen, in welchem ein einarmiger, an dem einen Ende um einen Bolzen drehbarer Hebel [* 8] paßt. Die Flachs- stengel werden auf die Lade gelegt und der die Ge- stalt eines Messers oder einer schiene besitzende Hebel abwärts bewegt, wodurch ein scharfes Knicken der Stengel bewirkt wird.
Durch diefes Knicken oder Brechen wird ein Teil des Holzes schon vollständig beseitigt, während der in der Flachsfaser zurückblei- bende Rest so sehr gelockert ist, daß er durch Schüt- telndes Flachses oderDurchziehendesselben zwischen Lade und Hebel leicht entfernt werden kann. An Stelle der Handbrechen werden vielfach Brech- maschinen verwendet, die in den verschiedensten Konstruktionen vorkommen. Die brauchbarste der bekannten Flachs- brechmaschinen ist wohl die von Kaselowsky, bei welcher der Flachs durch ein Paar geriffelte Walzen zugeführt und vorgebrochen wird. Nm die im ge- brochenen Flachs noch vorhandenen Holzteilchen (Schabe) zu entfernen, nimmt man mit demselben die Operation des Schwingens vor, die entweder von Hand mittels Schwingbretts und Schwing- messers, oder mittels besonderer Schwingma- schinen ausgeführt werden kann.
Die Arbeit der Echwingmaschinen hat vor der Handarbeit den Vor- zug, wohlfeiler zu sein und schneller zu wirken. Durch die beschriebenen Operationen ist, obwohl die Faser in vollständig reinem Zustand dargestellt wird, das Produkt für den eigentlichen Spinnprozeh doch nicht genügend vorbereitet, da die Bastfasern noch untereinander verbunden und vielfach ver- worren sind; durch den nun folgenden Hechel- prozeh wird die Zerteilung und Zerlegung der Faserbüschel unter gleichzeitiger Absonderung der kürzern Fasern, sowie ein Ordnen und Geradlegen der übrigen langen Fasern bewirkt.
Man bedient sich hierzu derHechel, eines Werkzeugs, welches aus einem System von reihenweise angeordneten Na- deln besteht, die in einem Brett befestigt sind. Die Nadeln [* 9] felbst sind aus Stahl hergestellt und bilden schlank zugespitzte und polierte Kegel. Die erste Hechel, auf welcher der Schwingflachs zunächst be- handelt wird, nennt man Aozugshechel (Rufser), die folgenden Mittelhecheln und die letzte, für die Her- stellung besonders seinen Flachses benutzte die Aus- machehechel.
Das Hecheln geschieht in der Weise, daß der Arbeiter eine Partie Flachs (eine Riste) faßt, um die Hand schlingt, mit der andern Hand die freiliegende Partie gleichmäßig ausbreitet, in die Nadeln der Hechel einschlägt und durch diese hindurchzieht. Ist der Flachs auf der einen Hälfte genügend bearbeitet, so schlingt der Arbeiter die ge- hechelte Partie um seine Hand und bearbeitet hier- auf in der gleichen Weise die andere Halste. Um das Handhccheln zu ersetzen, hat man Hechelma- schinen (s. Taf. I, [* 2] Fig. 6) konstruiert, bei welchen die Nadeln auf Hechelstäben befestigt sind, die zu zwei endlosen Ketten (Hechelfeldern) vereinigt werden, während die Flachsristen in Kluppen oder Zangen eingespannt gehalten und derart bewegt werden, daß die eine hervorstehende Hälfte derselben zuerst an den Spitzen und allmählich nach der Mitte zu bearbeitet wird.
Gleichzeitig kommt bei den Hechel- maschinen eine Vorrichtung zur Wirkung, die das von den Nadeln ausgehechelte Werg (Hede) abnimmt. Mit dem Hecheln sind die eigentlichen Vorberei- tungsarbeiten der Flachsspinnerei beendet, und der gehechelte Flachs wird noch denjenigen Arbeitsprozessen unter- worfen, welche zur Bildung eines gleichmäßi- gen Bandes und zur allmählichen Überführung desselben durch Vorgespinst zum Feingarn not- wendig sind. Diese Arbeitsprozesse bestehen hiernach in der Bildung des Bandes, dem Vorspinnen, dem Feinspinnen und den Nach- und Vollendungsarbei- ten. Die in einer Riste vorhandenen Fasern sind, wie schon die zopfartige, an beiden Enden in Spitzen auslaufende Form zeigt, höchst ungleich in derselben verteilt, und es muß daher zur Erzeugung eines gleichförmigen Bandes vor allem eine gleichmäßige ¶
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Verteilung der Fasern erreicht werden. Teilweise kann dies dadurch geschehen, daß man die Nisten in geeigneter, die Lücken ergänzender Weise neben- einander legt. Die weitere zur Herstellung der Gleich- mäßigkeit dienende Arbeit besteht in einem Strecken, welches, mit dem Zusammenlegen gemeinschaftlich ausgeführt, Anlegen genannt und auf der Anlege- maschine ausgeführt wird. Die Anlegemaschine (s. Taf. I, [* 10] Fig. 3) besteht aus einem Zuführtuch zur Aufnahme der aufge- lockerten, gerade gestreckten Risten, einem Streck- werk mit zwei weit auseinanderliegenden Streck- walzenpaarcn, zwischen welchen sich zum Zurückhalten derFasern bewegliche, in FelderabgeteilteHechelstäbe befinden, und in einem Abzugsapparat.
Bei der Her- stellung gröberer Garne kann man, um eine größere Produktion zu erzielen und die Wartung der Ma- schine zu vereinfachen,dieHechelstäbe auf Ketten ohne Ende befestigen (Kettenstrecken), weil bei diesen Garn- sorten das bogenförmig streichende Ein- und Aus- treten der Zähne [* 11] aus dem Bande zulässig ist. Das von der Anlegemaschine kommende Band [* 12] wird zum Strecken und Duplieren auf die Flachs streck-und Dupliermaschine oder den Durch zug (s. Taf. I, [* 10] Fig. 1) gegeben, deren Arbeit lediglich eine Vervoll- kommnung des Bandes bewirkt und daher gewisser- maßen als einfache Fortsetzung des Anlegens zu be- trachten ist.
Der wesentliche Unterschied zwischen der Anlegemaschine und der Streck- und Duplier- maschine ist der, daß letztere kein Zuführtuch besitzt und daß die Hechelzähne feiner sind. Sehr oft findet man auch, statt zweier, drei Einziehwalzcn ange- bracht, deren eine, in der Mitte über den zwei andern liegend, von dem Flachsband fast vollständig um- schlungen wird (s. Taf. II, [* 10] Fig. 5). Das Band hat gewöhnlich zwei, zuweilen auch drei Durchzüge zu pafsieren. Das letzte Duplieren und Strecken, sowie die Bildung des Vorgarns erfolgt auf derSpindel - bank,Vorspinnmaschine oderFlyerss.Taf.il, [* 10] Fig. 4), deren Streckwerk wie bei dem Durchzug aus zwei weit auseinander liegenden Walzen und da- zwischen angebrachten Hecheln besteht.
Die von der Spindelbank zu verrichtenden Arbeiten zerfallen in das Strecken der eingeführten Bänder, das Drehen der gestreckten Bänder, wodurch dieselben die erfor- derliche Festigkeit [* 13] erhalten, und die gleichmäßige Aufwindung des Vorgarns auf Spulen. Die auf Taf. II, [* 10] Fig. 4 dargestellte Spindelbank ist, wie die meisten auf derTafel abgebildeten Maschi- nen, von der Firma Fairbairn, Naylor, Mac- pherson & Co. inLeeds konstruiert; ähnlich sind die von Combe, Varbour & Combe in Belfast gebauten Flyer, während die von Samuel Lawson & Sons in Leeds [* 14] gebauten gleichartigen Maschinen eine etwas andere Einrichtung des Regulierungsmecha- nismus zeigen.
Meist wird die Aufwindebeweguug des Flachsflyers durch Differentialgetriebe [* 15] und Riemenkegel bewirkt, doch findet man auch andere Einrichtungen; fo z. V. oft statt der gewöhnlichen Riemenkegel ein System zweier Kegelgerippe, welche, mit den Spitzen einander entgegenstehend, einen großen Seilwirtel bilden, dessen Durchmesser durch gegenseitiges Verschieben sich verändert. Das Feinspinnen erfolgt auf sog. Water- masckinen (s. Spinnerei), die in der Regel mit einer Vorrichtung ausgestattet sind, welche einen geringen Abstand der Streckwalzen ermög- licht.
Das Strcckwerk der Feinspinnmaschi- nen erhält eine verschiedene Anordnung, je nach- dem das Vorgarn trocken oder unter Anwendung von heißem Wasser (Naßspinnerei) versponnen wird. Die Trockenspinnmaschine enthält eine der durchschnittlichen Faserlänge des Flachses im Vorgarn entsprechende Distanz im Streckwerk (Streck- weite). Da der Vorgarnsaden auf der Vorspinn- mafchine bereits etwas gedreht wurde, ist zwischen Einzieh- und Streckwalzen eine Unterstützung des Fadens durch ein Hechelsystem, wie bei den Vor- bereitungsmaschinen, nicht mehr statthaft; es ge- nügt, den Faden [* 16] über eine glatte Rinne aus Weih- blech, oder zwischen einigen Walzenpaaren, oder um einzelne Walzen herum und über eine verstell- bare Platte bis zu den Streckwalzen zu führen.
Von Einziehwalzen sind entweder, wie bei den Streck- maschinen, drei oder, was gewöhnlicher ist, nur zwei, und zwar eiserne, stark geriffelte vorhanden. Die am weitesten verbreitete Feinspinnmaschine ist die Naßfeinspinnmaschine (s. Taf. I, [* 10] Fig. 2), bei welcher der Vorgarnfaden, ehe er zu den Einzugwalzen gelangt, durch heißes Wasser ge- zogen wird. Um das Princip der Naßspinnmaschine verständlich zu machen, ist es erforderlich, einer besondern Eigenschaft der Flachsfaser zu erwähnen.
Dieselbe besteht nämlich aus kürzern Elementar- zellen, die untereinander durch den beim Rotten ver- bliebenen Rest des klebrigen Bindemittels zusammen- gehalten werden, welches durch Chromsäure oder Kalilauge gänzlich gelöst, durch heißes Wasser aber soweit erweicht werden kann, daß ein Auseinander- ziehen der Zellen, ohne Abreißen der Fasern, er- möglicht wird. Die Vorgarnfäden passieren daher nach dem heißen Wasser ein Streckwcrk (s. Taf. II, [* 10] Fig. 2), dessen Streckweite kleiner ist als die Länge der Zellenbündel (Flachsfasern), aber größer als die Länge der Elementarzellen.
Nach dem Trocknen des Feingespinstes erhärtet das Bindemittel wieder, so daß nun die neue Anordnung der Elementarzcllen innerhalb der Fasern befestigt wird. Naßfeinspinn- maschinen werden stets doppelseitig, also mit zwei Reihen Spindeln gebaut. In den Details weichen die Maschinen der einzelnen Konstrukteure vielfach voneinander ab, und es variiert die Anzahl ihrer Spindeln zwischen 88 und 200, die Zahl der Spindel- umdrehungen in einer Minute zwischen 2000 und 3000. Die Leistungsfähigkeit dieser Maschinen ist je nach der zu spinnenden Garnnummer verschieden.
Die Nach- und Vollendungsarbeiten sind die gleichen wie bei der Wergspinnerei und werden bei dieser zur Darstellung kommen. Die Werg- oder Hedespinnerei umfaßt die Verarbeitung der beim Hecheln des Flachses ausgekämmten kürzern, verworrenen und vielfach verschlungen durcheinander liegenden Fasern; das erzeugte Garn wird Werg- oder Hedegarn genannt. Die erste Arbeit, welcher die in dem vorbcschrie- benen Zustand befindlichen Fasern unterworfen werden, besteht in einem Reinigungs- und Auf- lockerungsprozeß und der Bildung von Bändern aus den lofen Fasern. Je nach dem Grade der Ver- unreinigung des Materials kann dieser Prozeh in verschiedener Weise durchgeführt werden. Ist die Hede sehr knotig und stark verunreinigt, so wird zunächst ein Vorreinigen und Ausschütteln, sodann ein ein- oder zweimaliges Kardieren oder Krem- peln vorgenommen, während bei besserm Material schon ein einmaliges Kardieren genügt. Die zur Vorreinigung start verunreinigter Heden dienenden Maschinen sind entweder Offner oder ¶
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oder Wicke lmaschinenvon ähnlicher Konstruktion wie die bei der Baumwollspinnerei angewendeten ff. Baumwollspinnerei, Vd. 2, S. 538 d und dazu- gehörige Tafel, [* 17] Fig. 4-8); die Karden oder Krempeln (s.Tafel: Flachsspinnerei [* 17] II,Fig.6) sind ähnlich ausgerüstet wie die Vaurnwollkrempeln. Durch den Krempelvrozeß wird die Entwirrung, Auf- lockerung und Zerteilung der Fasern, die Abscheidung der Schaben und Schmutzteilchen sowie der ganz kur- zen Fasern, welche das Garn rauh und knotig machen würden, bewirkt; außerdem werden durch denselben die Fasern umgeordnet, so daß sie in dem gebildeten Band im Querschnitt und nach der Länge gleichmäßig verteilt sind. Es kommt hier hauptsächlich das Zu- sammenwirken einer Haupttrommel 3. (s. Taf. II, [* 17] Fig. 7) mit einer sog. Arbeitswalze d und dem Wen- der c in Betracht; die Trommel a empfängt das Fasermaterial von einem Zuführapparat, giebt alle Überschüsse an den Arbeiter I, und von diesem ge- langen sie durch den schneller umlaufenden Wen- der c wieder in das Beschläge der Trommel a. zurück, wo sie vorzugsweise an den noch leeren oder nur schwach gefüllten Stellen aufgenommen werden. Falls das Material nur einmal kardiert werden soll, darf man auf einer Karde nicht mehr als 200-250 kx pro Tag verarbeiten, während man bei zweimaliger Kardierung bis 350 1 gehen kann. Die von den Karden gelieferten Bänder werden auf zwei oder drei Streckmaschinen mehrfach dupliert und gestreckt und gehen alsdann auf die Vorspinnmaschine über. Die Vänder der ersten Krempel werden auf einer Vand - dupliermaschine (Vandwickelmaschine, s. Taf. II, [* 17] Fig. 8) zu dem der zweiten Krempel vor- zulegenden Vließ vereinigt. Die Wergstrecke (s. Taf. II, [* 17] Fig. 3) und die Vorspinnmaschine sind im Princip den ent- sprechenden zur Flachsbcarbeitung dienenden Ma- schinen gleich, da sie meist ebenfalls mit einem aus Hechelstäben bestehenden und durch Schrauben [* 18] be- wegten Hcchclapparat versehen sind und sich von jenen nur durch eine einfachere Bandzufübruna, direktübereillZuführungsblech, durch kleinere Strcct- weite und leichtere Bauart unterscheiden.
Die Werg- fein spinn Maschinen sind gleichfalls entweder Trocken- oder Naßspinnmaschincn und gleichen in ihrer Konstruktion den Flachsseinspinnmaschinen, mit dem einzigen Unterschied, daß bei ihnen gleich- falls, der geringern Fascrlänge entsprechend, eine kürzere Streckweite angewendet ist, sofern das Aus- ziehen trocken, ohne Durchfeuchten erfolgt. Das Haspeln der Flachs- und Wcrggarne findet auf dem Garnhafvel oder der Weisels. Taf. II, [* 17] Fig.
1) statt. Die Feinspinnspulen werden direkt über feste, nebeneinander auf einem Brett angeordnete dünne Drahtstifte oder besser erst auf Messinghülsen und mit diesen dann über die Stifte gesteckt. Die Fäden verbindet man mit dem Haspel, bei dessen Drehung sie sich auf dem Umfang desselben auswinden. Zu den weitern Vollendungsarbeiten gehört das Trocknen der naß gesponnenen und gehaspelten Garne, welches sofort vorgenommen werden muß, um dieselben vor dem Verderben zu bewahren.
Die Trocknung geschieht entweder in Trockenkammern, Trockenapparaten oder Trockenmaschinen. In den Trockenkammern erfolgt sie mittels erwärmter Luft. Vorteilhafter, weil weniger Raum einneh- mend, sind die Kanal- und Kastcntrocken- apparate, bei denen die Heizvorrichtung aus einem aufrecht siebenden schmiedeeisernen Cylinder von etwa 1,5 m Durchmesser und 3 m Höhe besteht, der im Innern etwa 500 Röhren [* 19] enthält; indem man entweder den abgehenden Dampf [* 20] der Vetriebs- dampfmaschine oder direkten Kesseldampf in den Cylinder leitet, wird die durch die Röhren streichende Luft erwärmt.
Die Bewegung der erwärmten Luft wird durch ein dieselbe ansaugendes Windrad [* 21] be-. wirkt. Unter den in der Flackerfeuer gebräuchlichen Trocken- maschinen ist die von Mather & Platt in Man- chester erwähnenswert; dieselbe hat den Vorteil, kontinuierlich zu arbeiten, so daß eine Arbeiterin die Garne an dem einen Ende der Maschine [* 22] in diese hineinhängt und eine zweite die nach 40-50 Mi- nuten am andern Ende getrocknet ankommenden Garne wieder herausnimmt. Um das Garn direkt in die zum Verweben erforderliche Form zu bringen, wird dasselbe oft schon in den Spinnereien mittels sog. Schuhspulmaschinen (wie Taf. I, [* 17] Fig. 4 eine solche zeigt) gespult. - Litteratur, s. Spinnerei.
Flachswolle, s. Flachsbaumwolle. Flaclus, Matthias, eigentlich Vlacich, Führer der streng luth. Richtung des Reformationszeit- alters, geb. zu Albona in Illyrien (daher der Beiname Illyricus), studierte in Venedig [* 23] Humaniora, begab sich 1539 nach Basel, [* 24] 1540 nach Tübingen, [* 25] 1541 nach Wittenberg, [* 26] wo er sich unter Luihers Einfluß der evang. Lehre [* 27] zu- wandte. Er wurde 1544 Professor der hebr. Sprache [* 28] zu Wittenberg und las auch über die Paulinischen Briefe und über Aristoteles.
Als Melanchthon in das Leipziger Intcrun willigte, verließ Flackerfeuer 1549 Wittenberg und eröffnete von Magdeburg [* 29] aus einen heftigen Kampf gegen Melanchthon und dessen Schule. 1558 ward Flackerfeuer als Professor an die neu begründete Universität Jena [* 30] berufen. Sein Einfluß auf den Herzog Johann Friedrich brachte die Einigungsversuche der evang. Fürsten zu Frank- furt (1558) und zu Naumburg [* 31] (1561) zum Scheitern. Er veranlaßte das sog. Konfutationsbuch (1558): «Holidg. colltVitutil) l^t condoniiiAtio praseiMkrum ^0i'i-l!pt6iai'uiN) 860tarttin etc.», eine Verdammung aller Abweichungen von der luth. Lehre. Dazu kam der fynergisusche Streit (s. Synergismus) mit Victorin Strigel (s. d.). Nach dem Kolloquium zu Weimar [* 32] 1560, wo Flackerfeuer die 'Äußerung that, die Erb- sünde gebore zur Substanz des Menschen, wurde er 1561 seines Amtes entsetzt. Er ging nach Negens- burg, 1566 nach Antwerpen, [* 33] 1567 nach Frank- furt a. M., darauf nach Straßburg, [* 34] 1574 wieder nach Frankfurt [* 35] ins Kloster zu den Weißen Frauen, wo er starb. - Flackerfeuer war Hauptarbeiter an den sog. Magdeburger Centurien (s. d.) und schrieb: " (^tgloZiiä t63tiuin V6riti5ti3» (Bas. 1556),
«01a,vis 8ci'iMn'H6 8aci-H6» (1567) und ein biblisches Wörter- buch. -
Vgl. Twesten, Matthias Flackerfeuer Illyricus (Berl. 1844);
Preger, Matthias Flackerfeuer Illyricus und seine Zeit (2 Bde., Erlangen [* 36] 1859-61).
Flackerfeuer, ein Feucrwerkssatz zum Signali- sieren sür Schiffe. [* 37] Flackerfeuer brennt so intensiv, daß es weder vom Winde, [* 38] noch durch Regen ausgelöscht wird. Man verwendet die Flackerfeuer bei schwerem Sturme, wenn die gewöhnlichen Signallaternen ausgeblasen werden. Die Fischerfahrzeuge, welche keine Schisfs- laternen (rot und grün) zu führen brauchen, machen sich den in der Nähe vorbeisegelnden größern Schiffen durch ein Blüfe genanntes Flackerfeuer bemerklich. Die Bluse besteht aus einem mit Stiel versehenen und in Terpentin oder Teer getauchten Ballen, der mit hellblauer Flamme [* 39] brennt. ¶
Flaggen [* 41] der Seestaaten ¶
Flackmaschine,
veraltete Bezeichnung für Schlagmaschine (s. Baumwollspinnerei, Bd. 2, S. 538b).