Die Fette gehören zu den wichtigsten
Stoffen, welche die Natur dem
Menschen bietet. Vor allem bilden sie einen der unentbehrlichsten
Nahrungsstoffe, indem sie sowohl zum Ersatz und zur
Vermehrung der Körpersubstanz dienen, als auch in dem arbeitenden Körper
Wärme
[* 2] und Kraft
[* 3] durch ihre
Oxydation erzeugen, weshalb sie zur Bereitung von
Speisen dienen. Außerdem
macht man in den
Gewerben, Künsten und in der
Technik überall Gebrauch von den Fetten. Sie dienen zur Bereitung der Seifen,
der
Kerzen, zur Anfertigung der
Ölfarben und zu Firnissen, als Heizmaterial, zur
Beleuchtung,
[* 4] in säurefreiem Zustande als
Schmiermittel für Maschinenteile, zur Herstellung von Salben u. s. w. (S.
Fettsäuren und Fettverbindungen.) –
Vgl. Schädler,Technologie der Fette und Öle
[* 5] (2. Aufl., Lpz. 1892);
ders., Untersuchungen
der Fette und Öle (ebd. 1889);
Bornemann, Die fetten und flüchtigen Öle (Weim. 1889–91);
Benedikt,
Analyse der Fette und
Wachsarten (2. Aufl., Berl. 1892);
Thalmann, Die Fette und Öle (2. Aufl.,
Wien
[* 6] 1892).
(Pinguecula), eine partielle Verdickung der Augapfelbindehaut in Form von gelblichen
stecknadelkopf- bis linsengroßen Knötchen, die am innern oder äußern Hornhautrande, auch wohl auf beiden Seiten, öfter
auch symmetrisch an beiden
Augen sitzen.
kleine, nicht von knöchernen
Strahlen gestützte Rückenflossen, die bei manchen Fischen (z. B. den lachsartigen,
zahlreichen Welsen u. s. w.) sich finden.
oder Lipom, eine häufig vorkommende krankhafte
Geschwulst, welche vorwiegend aus
Fettgewebe
(Bindegewebe
und großen, mit flüssigem Fett gefüllten Zellen) besteht und ganz der Fettmasse entspricht, die bei wohlbeleibten
Menschen
in großer
Verbreitung im Körper, namentlich im Unterhautzellgewebe, vorkommt. Die Form dieser
Geschwülste
ist gewöhnlich eine länglichrunde, mehr oder weniger gelappte; ihre
Größe schwankt von der eines Hanfkorns bis zum
Umfang
eines Mannskopfes und darüber; ja wiederholt sind derartige
Geschwülste beobachtet worden, die ein Gewicht von 15 bis 20 kg
und noch mehr besaßen. Am häufigsten kommen Lipome, welche vorwiegend eine
Krankheit des mittlern und
höhern
Lebensalters sind, aber auch in jüngern Lebensjahren und selbst angeboren sich vorfinden, im Unterhautzellgewebe
des
Halses, Rückens,
Nackens, der Schultergegend, der Extremitäten und des
Bauchs, seltener an fettlosen
Stellen vor; ihr Wachstum
ist meist ein außerordentlich langsames.
In der Regel machen Fettgeschwulst gar keineBeschwerden und werden vom
Kranken gewöhnlich erst bemerkt, wenn sie
bis zu einer erheblichen
Größe herangewachsen sind; nur wenn sie sehr groß werden, können sie durch ihr Gewicht oder durch
ihren Druck auf die benachbarten Organe lästig und beschwerlich fallen. Immer aber sind sie gutartige
Geschwülste, die stets
ein rein
örtliches Übel darbieten und niemals wiederkehren, wenn sie einmal gründlich mit dem
Messer
[* 9] entfernt wurden.
Bezüglich der Entstehung der Lipome haben neuere Untersuchungen ergeben, daß sie sich besonders an denjenigen Körperstellen
bilden, welche durch spärlichen Haarwuchs und durch eine geringe Zahl von
Talg- und Schweißdrüsen ausgezeichnet sind. Zuweilen
handelt es sich um nervöse
Störungen, besonders z. B. bei den symmetrisch auftretenden Lipomen. Die
Behandlung kann nur in der Ausschälung der
Geschwulst vermittelst des
Messers bestehen, da alle übrigen dagegen angewandten
Mittel sich völlig nutzlos erwiesen haben.
oder Unterhautzellgewebe (Paniculusadiposus), eine dehnbare, aus Bindegewebsfasern und
dazwischenliegenden Fettzellen bestehende Unterlage der
Haut,
[* 10] welche die
Verbindung der letztern mit den tiefer gelegenen Gebilden
vermittelt und hauptsächlich die Verschiebbarkeit der
Haut bedingt. Im normalen Zustand besitzt die Fetthaut nur eine geringe
Dicke
und ist arm an Fett an allen den
Stellen, wo die
Haut unmittelbar auf
Knochen
[* 11] und Knorpeln aufliegt, wie
am Schädel, auf dem
Brustbein, der Schulterhöhe und den Streckseiten der
Gelenke und fehlt gänzlich unter der
Haut der
Augenlider,
Ohrknorpel und der männlichen
Geschlechtsteile; am dicksten und fettreichsten pflegt sie an der weiblichen
Brust, in der Bauchgegend,
an den Hüften, Oberschenkeln und den Fußsohlen zu sein.
Bei allgemeiner
Fettleibigkeit erreicht auch das Unterhautzellgewebe eine beträchtliche
Dicke (nicht selten von 4 bis 6 cm
und darüber); namentlich zeichnen sich weibliche Körper hierin aus, und dieser Fettreichtum des Unterhautzellgewebes bedingt
wesentlich die runde Fülle der weiblichen Formen. Der Nutzen der Fetthaut für den Körper besteht hauptsächlich
darin, daß sie als weiches elastisches Polster der
Haut und den unterliegenden Organen einen gewissen
Schutz gegen Druck,
Stoß und ähnliche mechan. Insulte verleiht, sowie als schlechter Wärmeleiter für die
Ökonomie des Körpers von nicht geringer Bedeutung ist.
(Heparadiposum), ein abnormer Zustand der
Leber, bei welchem aus dem
Blut der
Pfortader überschüssiges Fett
in das
Innere der Leberzellen abgelagert wird und die ganze
Leber eine beträchtliche Vergrößerung und Gewichtszunahme erfährt.
Die Fettleber kommt als chronisches, sich sehr langsam entwickelndes
Leiden
[* 12] häufig bei allgemeiner
Fettsucht (s. d.) des Körpers
vor, findet sich aber auch bei sonst magerm Körper bei Schwindsüchtigen, ganz besonders aber bei Säufern, wo sie häufig
mit interstitieller
Leberentzündung, der eigentlichen Säuferleber, verbunden ist. (S.
Leberentzündung.) Nicht zu verwechseln
mit der Fettleber ist die akute
Fettentartung der
Leber, welche bei manchen
Vergiftungen, besonders der
Arsenik- undPhosphorvergiftung,
vorkommt und auf einer fettigen Entartung der Leberzellen beruht. Bei geringern
Graden der Fettleber pflegen subjektive
Beschwerden
zu fehlen; bei höhern
Graden klagen die
Kranken über das Gefühl von Druck und Vollsein in der Lebergegend und infolge der
verminderten
¶
mehr
Gallenabsonderung über allerhand Verdauungsstörungen (Appetitlosigkeit, Aufstoßen, Verstopfung u. dgl.), verfallen auch
wohl in hypochondrische Stimmung. Die Fettleber ist recht wohl einer Rückbildung zum normalen Zustand und damit einer
Heilung zugänglich, doch ist hierzu ein konsequent und lange fortgesetztes energisches diätetisches Verhalten durchaus
erforderlich. Kranke mit Fettleber müssen für ausreichende körperliche Bewegung sorgen und sich aller fetten,
süßen und stärkemehlreichen Nahrungsmittel,
[* 14] der alkoholischen Getränke sowie des Nachmittagsschlafs enthalten; auch pflegt
der wiederholte kurmäßige Gebrauch der Quellen von Karlsbad, Marienbad, Kissingen
[* 15] und Homburg
[* 16] die Beseitigung der Fettleber zu befördern.
Crownleder, ein Leder, zu dessen Herstellung man die vorbereitete Haut erst in eine
Alaunkochsalzlösung bringt und dann mit einem aus Mehl,
[* 17] Hirn und Klauenfett bestehenden Brei bearbeitet.
oder Sukkulenten, alle durch stark fleischige Ausbildung von Blättern oder Stengeln ausgezeichneten Pflanzen.
Sie gehören den Familien der Kakteen,
[* 18] Crassulaceen, Euphorbiaccen, Amaryllidaceen (Agaven), Asklepiadeen,
Portulaccaceen, Aizoaceen, Liliaceen und Kompositen
[* 19] an. Das charakteristische Aussehen steht jedenfalls in Beziehung mit den
klimatischen Verhältnissen, unter denen sie vorkommen. Sie sind zum größten Teile Bewohner von Gegenden, in denen lange
Perioden von Trockenheit von nur kurze Zeit andauernden, aber sehr ausgiebigen Regengüssen unterbrochen werden.
Während dieser Regenzeiten sind die Fettpflanzen im stande, in ihren fleischigen Teilen große Mengen von Wasser
aufzuspeichern, und durch ihre starke mit Kalkschuppen bedeckte Oberhaut gegen eine schnelle Verdunstung geschützt. Wegen
ihrer eigentümlichen oft bizarren Formen haben viele Fettpflanzen für die Gärtnerei große Wichtigkeit erlangt.
(S. auch Kakteen.) Sie werden sowohl zu Dekorationszwecken wie auch als Zimmerpflanzen
[* 20] verwendet. –
Vgl. Rümpler-Schumann, Die Sukkulenten, Fettpflanzen und Kakteen (Berl. 1892).
eine Gruppe oder homologe Reihe einbasischer organischer Säuren von der allgemeinen Formel CnH2nO2.
Sie leiten sich von der Ameisensäure H•COOH dadurch ab, daß das am Kohlenstoff befindliche Wasserstoffatom durch Alkoholradikale
vertreten wird. Viele derselben, namentlich die höhern Glieder,
[* 21] sind in den Fetten (s. d.) als Glycerinester
enthalten. Es gehören hierher außer der Ameisensäure die folgenden Säuren:
Die
vier ersten Glieder mit den Buttersäuren sind leicht bewegliche, scharf saure, in Wasser sehr leicht
lösliche Flüssigkeiten, von da an werden sie öliger und im Wasser immer schwerer löslich, von der Caprinsäure an sind
sie bei gewöhnlicher Temperatur fest, die Stearinsäure schmilzt erst bei 69°. Die höchsten Glieder sind nicht mehr unzersetzt
destillierbar. Von der Buttersäure (s. d.) an sind von jedem Gliede dieser homologen Reihe Isomere möglich,
und zwar umsomehr, je höher die Anzahl der Kohlenstoffatome ist. Die Fettsäuren sind nach sehr zahlreichen Methoden synthetisch darstellbar;
eine sehr allgemein anwendbare Methode beruht auf den Synthesen durch Acetessigester (s. d.).
(Pyralis s. AglossapinguinalisL.) oder Fettzünsler, ein 32 mm klafternder Kleinschmetterling
mit grauen, seidenartig glänzenden Flügeln, von denen die vordern mit zwei dunkeln, außen hellern Querbinden unbestimmt
gezeichnet sind.
Die glänzend braune Raupe nährt sich den ganzen Sommer durch von allerlei tierischen Substanzen (Speck, Talg,
Butter u. s. w.) und ist in unsern Wohnungen, besonders in ältern Gebäuden nicht selten.
(Adipositas oder Lipomatosis, auch Pimelosis oder Polysarcia), eine allzu reichliche, bis zur Erzeugung krankhafter
Erscheinungen und Beschwerden gesteigerte Ansammlung von Fett im ganzen Körper (allgemeine Fettsucht, Fettleibigkeit oder Korpulenz,
Obesitas, Lipomatosis universalis) oder in einzelnen Organen desselben (partielle Fettsucht, Lipomatosispartialis).
Geringere Grade der allgemeinen Fettleibigkeit werden als Embonpoint bezeichnet. Ein mäßiger Grad von Anfüllung
des Zellgewebes mit Fett ist nichts Krankhaftes, sondern als Aufspeicherung eines zur Lebensfristung brauchbaren Materials
und als ein Schutz gegen mancherlei mechan. und andere Schädlichkeiten zu betrachten.
Unter normalen Verhältnissen beträgt das Fett bei einem männlichen Erwachsenen von mittlerer Größe den 20., bei
dem weiblichen Geschlecht hingegen den 16. Teil des gesamten Körpergewichts. Bei der Fettsucht nimmt das Fett zunächst an allen
jenen Körperstellen zu, wo sich auch im normalen Zustand Fettgewebe findet, am stärksten unter der Haut, wo es eine 5–8
und mehr Centimeter dicke Schicht als sog. Fetthaut (s. d.) bildet, insbesondere in der Bauchgegend
(sog. Schmerbauch), an den Hüften und Oberschenkeln, an den Fußsohlen und der weiblichen Brust; aber auch im Netz, im Gekröse,
in der Umgebung der Nieren, am Herzen, im Herzbeutel und im Innern der Leberzellen (s. Fettleber) sowie zwischen den Muskeln
[* 23] und
Muskelbündeln lagert sich bei Korpulenten Fett in übermäßiger Menge ab. Dagegen sind manche Körperstellen
auch bei den höchsten Graden von Fettsucht von der Fettablagerung fast gänzlich verschont, so die äußern Genitalien, die Augenlider
und Ohrmuscheln.
Die Zunahme des Körpergewichts infolge hochgradiger Fettleibigkeit kann eine ganz enorme werden; Fettsüchtige von ungewöhnlichem
Gewicht finden sich zahlreich in der Litteratur verzeichnet, so erwähnt Gräfe einen Holländer, der 503 Pfd.
wog und einen Leibesumfang von 5 Fuß 9 Zoll hatte; in den «PhilosophicalTransactions» wird des Engländers Ed. Bright gedacht,
der 609 Pfd. wog, und Wadd giebt das Gewicht eines von ihm gesehenen Fettsüchtigen gar auf 980 Pfd.
an. Am auffallendsten ist die Zunahme des Körpergewichts bei fettsüchtigen Kindern, über welche zahlreiche,
zum Teil ganz erstaunliche Angaben vorliegen. So berichtet Barkhausen von einem 1¼ jährigen Knaben mit einem Körpergewicht
von 53 Pfd., Heyfelder von
¶
forlaufend
722
einem ^jährigen Mädchen mit 49^ Pfd., Kästner von einem 4jährigen Mädchen mit 82 Pfd.,
Wein- beraer von einem 5jährigen Knaben mit 189 Pfd., Eschenmayer von einem 10jährigen Mädchen mit 219 Pfd.,
Regneller soaar von einem 11jährigen Mädchen mit 450 Pfd. Körpergewicht. Die Ursachen der allgemeinen
Fettsucht sind nicht immer hinlänglich nachzuweisen. In vielen Fällen besteht ohne Zweifel eine
erbliche Anlage zur Fett- leibigkeit , insofern in gewissen Familien alle Mit- glieder, unbeeinflußt von ihrer Lebensweise
und ihrem Beruf, unter allen Umständen abnorm fett- leibig werden, wahrscheinlich infolge einer eigen- tümlichen erblichen
Blutbeschafsenheit, welche eine erhöhte Fettinsiltration der Gewebe
[* 25] zur Folge hat.
Auch gewisse Nationalitäten, wie die Orientalen, Ungarn
[* 26] und Walachen, besitzen eine solche Neigung zu übermäßiger Korpulenz;
Personen von schlaffer Konstitution und phlegmatischem Temperament, die sich körperlich und geistig wenig anstrengen, lange
schlafen und eine reichliche, nahrhafte Kost genießen, zeichnen sich besonders durch größere Neigung zu frühzeitiger
und übermäßiger Fettleibigkeit aus. Eine der häufigsten Ursachen der Fettsucht liegt aber in der übermäßigen
Zufuhr von Nahrungsmitteln, insbesondere sehr fetter, zuckerreicher und sehrstärke- mehlhaltiger Nahrungsmittel und alkoholischer
Ge- tränke, namentlich wenn sie mit ungenügender kör- perlicher Bewegung, mit einem ruhigen und be- schaulichen Leben und
vielem Schlasen verbunden ist; Schlemmer, Feinschmecker und Gewohnheits- trinker haben von jeher das
größte Kontingent zur allgemeinen Fettsucht gestellt.
Das weibliche Geschlecht scheint mehr als das männliche zu krankhafter Fett- ansammlung geneigt zu sein, was zum Teil in der
Vorliebe der Frauen für sette und süße Speisen, in ihrer Neigung Ruhe zu pflegen, in dem häusigern
anhaltenden Sitzen sowie ihrem langem Aufent- halt in geschlossenen Räumen, zum Teil aber auch in gewissen sexuellen Vorgängen
begründet ist; so ist es bekannt, daß bei vielen Frauen mit dem Auf- hören der Geschlechtssunktionen eine größere Fett-
entwicklung eintritt, und daß auch jüngere Frauen bei daniederliegender Geschlechtsthätigkeit oft außer- ordentlich
schnell fettleibig werden. In ähnlicher Weise begünstigt die Kastration des Mannes bei diesem die Entwicklung excessiver Fettanhäufung.
Bei Säuglingen ist die Fettsucht gewöhnlich die Folge von unzweckmäßiger Ernährung, namentlich von Überfütterung mit mehligen
Substanzen und andern ungeeigneten Milchsurrogaten. Die Beschwerden, welche die Fettsucht verursacht, können sehr verschiedener Art
sein. Bei geringern Graden von Fettleibigkeit, dem sog. Embonpoint, ist meist vollständiges Wohlbefinden
vorhanden, und selbst bei erheblicherm Leibesumfang empfinden manche Fettleibige, abgesehen von einer gewissen Schwerfälligkeit
und Unbeholfenheit bei den Be- wegungen, nur wenig subjektive Beschwerden. In den höhern Graden jedoch, besonders wenn die
Fettsucht sich auffallend schnell entwickelte, stellt sich eine Reihe von Störungen und Beschwerden ein, welche
nicht nur den Lebensgenuß in erheblichem Maß verkümmern, sondern zum Teil auch das Leben direkt gefährden können.
Gewöhnlich klagen sehr fettsüchtige Personen über große Muskelschwäche, über quälende Kreuzschmerzen bei anhaltendem
Gehen, über Neigung zu übermäßigem Schwitzen, zu Kurzatmigkeit, Beklemmung, Schwindel und Anfällen
von heftigem
Herzklopfen. Letztere Sym- ptome sowie das nicht seltene Aussetzen des Pulses rühren meist davon ber, daß bei
solchen Patienten das Herz von Fett umwachsen oder selbst mehr oder weniger fettig entartet ist (s. Herzverfettung).
Auch werden die Kranken häusig von mancherlei Ver- dauungsbeschwerden (Appetitlosigkeit, Aufstoßen, Verstopfung, Hämorrhoidalknoten
u. dgl.) heim- gesucht, die
zum Teil in der fettigen Infiltration der Leber und dadurch bedingten Verminderung der Gallenabsonderung (s. Fettleber), zum
Teil aber auch in Blutstockungen im Pfortadergebiet ihren Grund haben. Daß endlich bei länger bestehender hochgradiger Fettsucht auch
die psychischen Funktionen mehr oder minder beeinträchtigt werden, indem sich bei den meisten Kranken
eine große Unlust zu gei- stiger Arbeit, eine auffallende Trägheit im Denken, Entschließen und Handeln bemerkbar macht, ist
hin- länglich bekannt und wohl hauptsächlich durch die große Blutarmut bedingt, welche fast immer bei hohen Graden von Fettsucht vorhanden
ist.
Auch begün- stigt übermäßige Fettleibigkeit die Entwicklung ge- wisser anderer Krankheiten, insbesondere
der Gicht, der Furunkulose und des Diabetes sowie der atheromatösen Entartung der Arterien, welche leicht zum Gehirnschlagfluß
führt (s. Arterienentzündung). Aus dem eben Angeführten echellt, daß jede hochgradige Fettsucht, namentlich wenn sie
auf einer erb- lichen Anlage beruht, als eine ernste Krankheit aufzufassen ist, welche unter Umständen
das Leben direkt bedroht, und welche deshalb womöglich schon in ihren frühern Stadien energisch bekämpft wer- den muh.
Freilich ist die Behandlung der Fettsucht in der Regel mit großen Schwierigkeiten verknüpft, da es gewöhnlich den
Kranken an der hierzu durch- aus erforderlichen Ausdauer und Willensstärke ge- bricht. Wer zur Fettsucht neigt,
muß jederzeit eine streng geregelte Diät einhalten; er lebe nur mäßig, ge- nieße möglichst wenig fette, zuckerhaltige
und stärke- mehlreiche Nahrungsmittel (Mehlspeisen, Gebäcke, Kartoffeln) und vermeide soviel als möglich die alkoholischen
Getränke. Am strengsten in dieser Beziehung ist das nach dem Engländer Vanting benannte Kurverfahren gegen Korpulenz, welches
in einem nahezu ausschließlichen Fleischregime mit vollständigem Vermeiden jeden Fettes besteht, wobei ungefähr folgender
Speisezettel maßgebend ist: Zum Frühstück 120-150 3 Fleisch oder Fisch (mit Ausnahme von Schweinefleisch und Lachs), Thee
ohne Milch und Zucker,
[* 27] 30 F geröstetes Weiß- brot;
zu Mittag 150 -180 F Fleisch, etwas Ge- müse, 30 3 geröstetes
Weißbrot, 2-3 Gläser leich- ten Rotwein oder Sherry - keine Kartoffeln, keine Mehlspeisen, kein Champagner, Portwein oder
Bier; zur Vesper 60 -100 3 Früchte, wenig Zwieback, Thee;
zum Abendbrot 100 - 120 3 Fleisch oder Fisch, 1-2 Glas
[* 28] Rotwein. (S.
Bantingkur.) So wirksam auch die Vantingkur auf die Ver- minderung einer übermäßigen FeUanhäu^mg
im Körper wirkt (Banting selbst verlor durch dieselbe 35 Pfd. seines Körpergewichts), so darf
dieselbe doch nie auf zu lange Zeit angewendet werden, da sie leicht Htagen- und Darmkatarrhe, Schwäche- gefühl und ernstere
Ernährungsstörungen zur Folge haben kann.
Aus diesem Grunde hat Ebstein eine neue diätetische Kunnethode
gegen die an- gegeben, welche die allmähliche Abnahme der über- schüssigen Fettvorräte des Körpers dadurch zu er- zwingen
sucht, daß die an sich geringe tägliche
¶
forlaufend
723
Nahrungszufuhr aus einer Mischung von Eiweiß mit relativ reichlich Fett und wenig Kohlen- hydraten besteht (Ebsteins Entfettungskur).
Das Fett soll hierbei die günstige Wirkung haben, das Hunger- und Durstgefühl zu vermindern und dadurch die Hauptaufgabe
der Kur, die Beschrän- kung der Nahrungszufuhr auf ein möglichst knappes Maß, wesentlich zu erleichtern.
Ebstein gestattet seinen Kranken nur drei Mahlzeiten, worunter eine reichliche, und schreibt als ungefähren Anhalt
[* 30] folgenden
Speisezettel vor: Zum Frühstück Thee ohne Zucker und Milch, 50 3 Brot mit
[* 31] reichlich Butter;
zu MittagSuppe (häufig mit Knochen-
! mark), 120-180 F Fleisch mit fetter Sauce, mäßig Gemüse (am besten Leguminosen),
[* 32] etwas Salat oder
frisches Obst, dazu 2-3 Gläser leichten Rhein- weins;
des Abends ein Ei
[* 33] oder etwas fetten Ära- ten, oder auch beides, oder
Wurst, oder Fisch, 30 x Brot mit viel Butter. Da die gewährte tägliche Nahrungsmenge eine ziemlich knappe ist, so kann die
eben beschriebene Kurmethode recht wohl eine Verminderung des Körpergewichts zur Folge haben, vorausgesetzt,'
das;
durch den Fettzusatz das Hunger- und Dnrstgcfühl genügend befriedigt und die vor- geschriebene Diät dauernd beibehalten
wird. Drtel und Schweninger legen bei der Be- handlung der Feuchtersleben das Hauptgewicht auf eine Be- schränkung derFlüssigkeitszuführ
und verbieten des- halb Suppen und jedwedes Getränk während der Mahlzeit; letzteres ist erst 1 - 1^/2
Stunden nach der Mahlzeit gestattet. Der tägliche Diätzettel lautet: Zum Frühstück eine Tasse Kaffee oder Thee mit etwas
Milch und 75 3 Weißbrot;
zu Mittag 200 3 gesottenes oder gebratenes Ochsen fleisch. Kalbfleisch, Wildbret oder nicht zu fettes
Geflügel, Salat oder leichtes Gemüse nach Belieben, 25 ^ Brot oder zeitweise Mehlspeisen (höchstens
bis zu 100 3); als Dessert 100 3 frisches Obst - keine Suppen, kein Getränk;
nachmittags Kaffee oder Thee; des Abends 1-2 weiche
Eier,
[* 34] 150 F Fleisch, 25 F Brot, allenfalls ein wenig Käse, Salat oder Obst; als Getränk «/s -^ 1 Wein und
vielleicht '/»I Wasser dazu. Neben zweckmäßiger Regulierung der Diät müs- sen Fettsüchtige sich durchaus hinreichende
körper- liche Bewegung im Freien machen, die sitzende Le- bensweise möglichst vermeiden, nicht über 6 - 7 Stunden schlafen
und durch häufig wiederholte und gehörig tiefe Atemzüge ihren Lungen möglichst viel Sauerstoff zuführen,
dessen der Körper zur Ver- brennung des überschüssigen Fettes unumgänglich bedarf. Wenn wegen hochgradiger Feuchtersleben aktive
kör- perliche Bewegungen sehr erschwert oder ganz un- möglich gemacht «sind, so ist eine
zweckmäßige, auf Ernährung des Mustelapparats hinzielende! passive Gymnastik sowie die längere Zeit fortge- ! setzte
Massage zu empfehlen. Bei fettsüchtigen jungen z Frauen ist die angemessene Regulierung der Ge- schlechtsfunktionen von großer
Wichtigkeit. Eigent- liche Arzneimittel sind bei der Feuchtersleben ganz unnütz, namentlich ist der noch immer vielfach beliebte Ge- brauch
der drastischen Abführmittel (Aloo, Kolo- quinten u. a.) fowie der Iodpräparate ganz ent- schieden zu
widerraten, da durch sie die ohnedies bei der Feuchtersleben vorhandene Vlutarmut und wässerige Beschaffenheit des
Blutes gewöhnlich sehr rasch nur noch gesteigert wird. Dagegen pflegen öster wieder- holte und langer fortgesetzte
Brunnenkuren mit ge-
wissen allaUsch-salimschen Mineralwässern Marien- bad, Tarasp, Karlsbad, Kissingen) und mit nach- folgendem
Aufenthalt im Hochgebirge oder an der See einen günstigen Einfluß auszuüben.
Maas, Die Schwening erkür (21. Aufl.,
Verl. 1889);
Ebstein, Die Fettleibigkeit und ihre Behand- lung nach physiol. Grundsätzen (7. Aufl.,
Wiesbad. 1886);
Schweninger und Vuzzi, Die Feuchtersleben (Wien 1894).
Fettverbindungen, Fettkörper, Fett- reihe, aliphatischeR ei he, Methanderivate, die große Klasse organischer Verbindungen,
die sich vom Methan oder Sumpfgas, OH4, durch Er- setzung der Wasserstoffatome ableiten lassen; Fett- lörper heißen sie,
weil die Fette und die aus ihnen erhältlichen Verbindungen hierher gehören. Diese Klasse umfaßt alle Verbindungen mit
sog. offe- nen Koblenstoffketten. Den Gegensatz bilden die Aromatischen Verbindungen (s. d.). Diese leiten sich in gleicher
Weise vom Benzol, ^llg, ab, in dem die Kohlenstoffatome ringförmig angeordnet sind.
Diese Einteilung läßt sich nicht mit vollkom- mener Strenge durchsühren, da Übergänge von einer Reihe zur andern vorkommen,
auch gemischte Verbindungen existieren und eine große Zahl von Substanzen weder zur einen noch zur andern
Klasse in Beziehung stehen. Immerhin zeigen sich bei den beiden Reihen wesentliche Verschiedenheiten, von denen folgende die
wichtigsten sind. Während die Feuchtersleben von Salpetersäure entweder nur schwer ange- griffen oder oxydiert werden,
geben die aromatischen Verbindungen Mroderivate.
Die konzentrierte Schwefelsäure
[* 36] ist auf die einfachern Feuchtersleben meist ohne Einwirkung,
während aromatische in Sulfosäuren übergeführt werden. Die aromatischen Halogen- Verbindungen halten das Halogen fester,
sind also weniger reaktionsfähig, die Hydroxylderivate der aromatischen Reihe (Phenole) sind von stärker saurer Natur als
die entsprechenden fetten Verbindungen (die Alkohole). Diazoverbindungen (s. d.) sind bei den Feuchtersleben fast
gar nicht bekannt. Fettvogel, s. Guacharo.
Fettwachs, s. Adipocire. Fettwaren, die aus Fett bestehenden oder aus Fetten dargestellten Handelsartitel, so Ol, Schmalz,
Fettzünsler, s. Fettschabe. Mutter, Talg. Fetus, s. Fötus. Fetwa (arab.), das Gutachten des Mufti (s. d.), das einigermaßen
den r68p0u8H pruäsntum der röm. Rechtspflege entspricht. In Anbetracht
aber, daß dcr Mufti als Vertreter des religiösen Gesetzes, ^cher'-i-scherif, redet, hat sein Ausspruch unbedingte Gesetzeskraft
und muß von dem rechtsprechenden Kadi (s. d.) berücksichtigt werden. Daher
wird Feuchtersleben in den civilisicrten Ländern Europas für eine an- spruchsvoll auftretende Behauptung gebraucht. Feuchdres (fpr.
föschähr), Baronin, Geliebte des Prinzen LudwigHeinrichJoseph von Conos (s.d.). Feuchten, in der Jägersprache
das Harnen des weidlichen Hochwildes. Feuchtersleben, Ernst, Freiherr von, Arzt, Dichter und Philosoph, geb. in 46*
¶
forlaufend
724
Wien, erhielt seine Bildung auf der Theresianischen Rittcrakademie und widmete sich seit 1825 mediz. Studien. 1845 wurde er Dekan
der mediz. Fakultät zu Wien, 1847 Vicedirektor der mediz. - chirurg. Studien. Im Juli 1848 als Unterstaatssekretär in das
Ministerium des Unterrichts berufen, trat Feudalstände schon im Dez. 1848 wieder ins Privatleben
zurück. Er starb Feudalstände war nicht nur ein vielseitig gebildeter und scharfsinniger Arzt, son- dern auch ein mit lebensfrischem
Humor begabter Dichter, ein Schriftsteller von durchaus idealer Lebens- und Kunstauffassung. Er schrieb «Über das Hippokratiscbe
ersteBuch von der Diät» (Wien 1835), «Die Gewißheit und Würde der Heilkunst» (ebd. 1839;
neue Ausg. u. d. T. «Arzte und Publikum», 1848) und das treffliche «Lehrbuch der ärztlichen
Seelenkunde» (ebd. 1845). Seine Gabe, den Ernst der Wissenschaft in anziehende Form zu kleiden, bekundete er vor allem
in der für weitere Leserkreise bestimmten Schrift «Zur Diätetik der Seele»
(Wien 1838; 45. Aufl. 1883). Der Sinn für Poesie fand während seiner Studienjahre im Verkehr mit den bedeutendsten
o'sterr. Dichtern jener Zeit Bildung und Anregung. Anfangs versuchte er sich vorzugs- weise in der Lyrik. In reifern Jahren
trieb es ihn, seine Beobachtungen und Ansichten über Leben, Kunst und Natur in Poet. «Lebensblättern», «Kon-
fessionen» und «Resultaten» auszusprcchen, wobei
er sich in der Form namentlich Goethe zum Vorbild nahm. Von seinen «Gedichten» (Stuttg.
1836) ist «Es ist bestimmt in GottesRat» zum Volkslied geworden.
F.s «Sämtliche Werke. Mit Ausschluß der rein medizinischen» hat Hebbel (7 Bde.,
Wien 1851-53) herausgegeben. Feuchtigkeit, im allgemeinen der Zustand eines mit einer tropfbaren
Flüssigkeit benetzten oder ge- tränkten Stoffs. In der Physik und Meteorologie versteht man darunter die Wasserdampfverhältnisse
der Atmosphäre. Man unterscheidet absolute und relative Feudalstände. Erstere wird bestimmt durch die in der Luft
enthaltene Menge Wasserdampf, letztere ist das Verhältnis der absoluten Feudalstände zu der Menge Wasserdampf, die
die Luft bei gleichem Druck und gleicher Temperatur überhaupt aufnehmen könnte. Feuchtigkeitsmesser, s. Hygrometer. Feuchtwangen.
1) Bezirksamt im bayr. Reg.- Bez. Mittelsranken, hat (1890) 26 332 (12561 männl., 13771 weibl.) E. in 51 Gemeinden mit 249 Ortschaften,
darunter 3 Städte. - 2) Bezirksstadt im Bezirksamt Feudalstände, 28 Km im SW. von Ansbach,
[* 38] an der zur Wornitz fließenden
Sulzach und an der Nebenlinie Dombühl-Nördlingen der Bayr. Staats- bahnen, Sitz des Bezirksamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht
Ansdach), Rent- und Forstamtes, hat (1890) 2372 (5., Posterpedition, Telegraph,
[* 39] Spar- kasse; drei Kirchen, eine lat. Schule;
Leinen-, Woll-, Damastfabrikation, Sandsteinbrüche. Feudal (von ^eoäum, s. d.),
auf das Lehnswefen bezüglich; dann in weitcrm Sinne: nach Erhaltung der Vorrechte des Adels und der höhern
Stände im modernen Staat strebend;
auch gleichbedeutend mit reaktionär. - Feudalherrschaft, die Herrfchaft des Lehnswesens.
Feudalismus, Feudalwesen, Feudal- system, das in der Zeit der Karolinger bis zum 13. Jahrh, ausgebildete Rechtssystem. Danach
gal- ten die Kirche und das Reich als eine große, die ganze Christenheit umspannende Gemeinschaft, an
deren Spitze auf der einen Seite der Papst, auf der andern Seite
der Kaiser stand, ohne dah die von dem Papst angestrebte Unterwerfung
des Kai- sers unter seine Gewalt zur allgemeinen An- erkennung gekommen wäre. Papst und Kaiser haben
ihre Gewalt von Gott, von ihnen herunter wird jede Gewalt als eine von dem Höhern an den Niedern verliehene ausgeübt, welche
auch vielfach, wenn schon nicht durchgehends, in den Formen der Velehnung übertragen wird.
Ausgeschlossen ist, daß die Gewalt im Auftrage derer ausgeübt wird, welche derfelben unterworfen sind.
Dieser Gedanke der Volkssouveränität ist der direkte Gegensatz gegen den Feudalstände, eine Erfindung späterer Zeiten, welche, um
die staatliche Gewalt abzuschwächen, hauptsächlich von den Jesuiten gepflegt wurde. Die Erteilung der Belehnung bei der Lehnserneuerung
ist nicht ein Akt der Willkür, vielmehr hat der Empfänger des erblichen Lehns ein Recht, die Belehnung
zu fordern; sie kann nicht willkürlich widerrufen, das Lehn kann nur wegen Felonie (s. d.) abgesprochen werden; denn den Höhern
und Niedern bindet ein Verhältnis wechselseitiger Treue, welche in einer Stufenfolge höhern und niedern Geburtsstandes die
ganze Nation umschlingt.
Die öffentliche Ge- walt (Gerichtsbarkeit, Polizei, Militärgewalt) wird auch in diefer Stufenfolge von
dem, welchem sie verliehen ist, als sein Eigentum ausgeübt, das ihm wie das Eigentum am Grund und Boden als ein Privatrecht
gehört. Auch das Grundeigentum wird in Verbindung mit persönlichen Verpflichtungen gegen den Lehnsherrn (z. B.
Ritterdiensten, Hof- diensten und Abgaben) und mit nutzbaren Rechten und Gewalten, die wir heute als öffentlich-recht-
lich ansehen, vielfach in den Formen der Belehnung übertragen, so daß es als nutzbares Eigentum durch das Obereigentum des
Lehnsherrn eingeschränkt ist. Ja nach der Idee des Feudalstände steht dem König das Ober- eigentum an allem Lande seines Reichs zu
(Boden- regal; franz. nulle terrö 8lM8 86iZu6ur), eine Idee, welche
m England von Wilhelm dem Eroberer mit äußerster Konsequenz durchgeführt wurde.
Der Va- sall hatte wieder seine Untervasallen; jener aber seine hörigen Bauern, die mit schweren Fronden dienten. Der Feudalstände verlor
an Bedeutung, als das Schießpulver
[* 40] erfunden war, die Feuerwaffen ange- wendet wurden und an die Stelle
der Ritter und ihres Dienstes im Mittelalter der Militärdienst und die Heere der neuen Zeit traten. Der Feudalstände hatte seinen idealen
Gehalt und einen großen Teil seines innern Bestandes verloren, nur die den Bauernstand be- drückenden Feudallasten waren geblieben.
Der Ver- such, sich derselben gewaltsam zu entledigen, war im Bauernkriege (s. d.) niedergeschlagen worden;
erst die neuere Gesetzgebung hat auch diese auf recht- lichem Wege beseitigt. (S. auch Agrargesetzgebung, Grundeigentum und
Lehnswesen.) Feudalist, Kenner des Feudalrechts (auch Fen- dist genannt); Anhänger des Feudalismus. Feudalpartei, die Verfechter
des Lehnsstaates (s. Feudalismus) und der Bevorrechtung des Adels. Feudalstände, Landstände, welche sich kraft
eignen Rechts vertreten. So in Mecklenburg
[* 41] die Rittergutsbesitzer und die durch ihre Bürgermeister vertretenen Städte. Auf
diesem Princip beruht es, daß in Sachsen,
[* 42] in Württemberg
[* 43] und im Groß- herzogtum Hessen
[* 44] die Standesherren, denen die Mitgliedschaft
in der Ersten Kammer zusteht, ihr Stimmrecht durch Stellvertreter ausüben können.
¶
jede Erscheinung, bei der gleichzeitig eine kräftige Wärme-und Lichtentwicklung auftritt. Das Feuer ist
weder ein eigenes Element, wie die Alten meinten, noch entspringt es aus der Verbindung der Körper mit einem eigentümlichen
Stoffe, Phlogiston genannt, wie die ältere Chemie bis auf Lavoisier annahm (s. Phlogistische Chemie); sondern
es tritt meist bei sehr energischen chem. Prozessen (s. Verbrennung) oder wohl auch bei physik. Vorgängen (z. B. beim elektrischen
Glühlicht
[* 46] im luftleeren Raum) als begleitende Erscheinung auf.
Feste und flüssige Körper, welche die Erscheinung des Feuer zeigen, nennt man glühend, oder
man sagt: sie sind in Glut; feurige Gase
[* 47] bilden eine Flamme
[* 48] (s. d.). Es giebt auch eigentümliche Lichterscheinungen
ohne bedeutendere Wärmeentwicklung (s. Phosphoreszenz).
[* 49] Man benutzt das Feuer sowohl als
Lichtquelle, wie als Wärmequelle. Die Materialien zur Erzeugung von Feuer sind die Leuchtstoffe (s. d.) und die Heizmaterialien
(s. d.). Zur Erregung des Feuer dienen die Feuerzeuge
[* 50] (s. d.)
und Feueranzünder (s. d.). - Flüssiges Feuer ist soviel wie Phönizisches
Feuer (s. d.); über Bengalisches Feuer s. d. -
über die Verehrung des Feuer als religiösen Brauch s. Feuerdienst. Zur Verhütung von Feuersgefahr
verbietet das Deutsche
[* 51] Strafgesetzbuch §. 368 unter 5, 6, 7 bei Geldstrafe bis 60 M. oder Haftstrafe
bis 14 Tagen Scheunen, Ställe, Böden oder andere zur Aufbewahrung feuerfangender Sachen dienende Räume mit unverwahrtem Feuer oder
Licht
[* 52] zu betreten oder sich denselben mit unverwahrtem Feuer oder Licht zu nähern; auch an gefährlichen Stellen in Wäldern
oder Heiden oder in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuerfangenden Sachen Feuer anzuzünden, in gefährlicher
Nähe von Gebäuden oder feuerfangenden Sachen mit Feuergewehr zu schießen oder Feuerwerk abzubrennen. Über die Bestrafung
der Brandstiftung s. d.
der Aufruf der zur Löschung eines Schadenfeuers nach der Entdeckung desselben erforderlichen Feuerwehrkräfte.
Derselbe erfolgt in kleinen Ortschaften durch den Feuerruf oder durch Anschlagen einer Feuerglocke oder
durch Sturmläuten, in Industriegebieten durch Dampfpfeifen oder Nebelhornrufe, in Gebirgsgegenden durch Kanonen- oder Böllerschüsse
nach bestimmter Vorschrift. Diese Hauptalarmzeichen werden unterstützt durch Signale mittels Horns und Alarmhupe (Alarmtrommel),
welche in den Straßen seitens der Tages- und Nachtpolizei oder Feuerwehrsignalisten abgegeben werden. In großen Städten bedient
man sich des Feuertelegraphen
[* 53] (s. d.) oder Fernsprechers zur Feuermeldung und Alarmierung.
Die Alarm- (Feuer-)bereitschaft ist der für ein geregeltes Löschwesen geforderte schlagfertige Zustand der Feuerwehr, welcher
es ermöglicht, eine eingehende Feuermeldung sofort in Empfang zu nehmen und die geforderte Löschhilfe schnell auf dem Brandplatze
zu leisten. Den höchsten Grad von Feuerbereitschaft und Schlagfertigkeit besitzt vermöge ihrer Organisation
die Berufsfeuerwehr (s. Feuerwehr und Feuerlöschwesen); sie ist im stande, bereits ¾ bis 2 Minuten nach Eingang der Feuermeldung
abzurücken und unter Benutzung guter Pferde
[* 54] in kürzester Zeit auf der Brandstelle zu erscheinen, dort
aber mit eingeübten
Mannschaften und guten Geräten nach einem taktisch und technisch richtigen Plan das Feuer anzugreifen
und zu bekämpfen.
im allgemeinen leicht brennbare Stoffe, die zur schnellen und leichten Entzündung der Heizstoffe in
Ofen, Dampfkessel- und sonstigen Feuerungsanlagen
[* 55] dienen. Als der älteste und bekannteste Feueranzünder ist, abgesehen
von der Anwendung der Hobelspäne, des Papiers, des Strohes und anderer leicht entzündlicher Stoffe, die
ohne Vorbereitung zu Anzünden eines Feuers benutzt werden, der Kienspan zu bezeichnen. Einen vielfach angewendeten Feueranzünder bilden
Hobelspäne, mit Teer und Pech getränkt; sie werden oft durch Flechten
[* 56] und Zusammenrollen zu kleinen Cylindern fabrikmäßig
verarbeitet.
Ähnlich ist eine andere Art Feueranzünder, die aus mäßig langen, in Petroleum, Terpentin u. s. w. getauchten und
zu Bündeln vereinigten Holzstäbchen bestehen; diese Bündel werden mit einer Schicht trocknen Holzes und einer Lage Harz umgeben,
um die Ausdünstung der zum Imprägnieren verwendeten Flüssigkeit zu bindern. Von der Herstellung dieser Feueranzünder weicht
die der Feueranzünder aus pulverförmigen vegetabilischen Substanzen ab, die, unter hohem Druck zusammengepreßt,
mit Kohlenwasserstoffdämpfen imprägniert und schließlich, um die Verflüchtigung der Dämpfe zu hindern, mit einer Schicht
Harz überzogen werden.
Gegenüber den genannten Vorrichtungen sind die Feueranzünder zu nennen, deren Hauptbestandteil durch einmaligen
Gebrauch nicht zerstört wird, sondern wiederholt verwendet werden kann. Es sind dies meist hohle oder
poröse Körper aus feuerbeständigem Material, die mit leicht entzündlichen Stoffen angefüllt werden, z. B. vielfach durchlöcherte
Cylinder aus feuerfestem Thon, die mit Petroleum getränkten Asbest enthalten; das Ganze wird durch einen Deckel abgeschlossen.
Beim Anzünden brennt die Flamme zu den erwähnten Löchern heraus.
die Art und Weise des Feuerns fechtender Truppen. Das Infanteriefeuer wird abgegeben als
Salve, d. h. gleichzeitiges Feuern einer Abteilung auf Kommando, oder als Schützenfeuer. Durch die Salve wird die Truppe am sichersten
in der Hand
[* 57] behalten; da jedoch im Gefechtslärm die Kommandostimme sich nur ungenügend geltend macht, bleibt die Anwendung
der Salven auf Ausnahmefälle beschränkt. Meist wird das Feuer als Schützenfeuer abgegeben, bei dem die
Leitung nur die Abstufung der Lebhaftigkeit des Feuers bestimmt (langsames Feuer, lebhaftes Feuer, Schnellfeuer), während die
Abgabe jedes einzelnen Schusses dem einzelnen Schützen überlassen bleibt.