Erbendorf, Stadt im
BezirksamtKemnath des bayr. Reg.-Vez. Oberpfalz, 61(in westlich von Reuth, an der Fichtelnaab, hat
(1890) 1321E., Postexpedi- tion,
Telegraph,
[* 2]
Amtsgericht (Landgericht
Weiden), zwei Oberförstereien, evang. und kath.
Kirche.
Bei den wiederholten
Bränden (zuletzt 1830 und 1832) gingen alle Urkunden zu
Grunde. Grbeseinsetzung, f. Erbeinsetzung. Erbeskopf
(Walderbeskopf), höchster
Berg des Hunsrücks (818 m), liegt im sog.
Hochwald, 111 nordwestlich von
Birkenfeld.
Igung.
Grbeslegitimationsattest, s. Erbbescheini- Erbfähigkeit und Grbunfähigkeit.
An ge meinen
Rechte fpricht man von Erbfähigkeit
als einer
Voraussetzung der
Berufung zur Erbschaft oder der Zuwendung eines Vermächtnisses. Nach Beseiti- gung der Erbunfähigkeit
der Sklaven und der Frem- den lPeregrinen) einschließlich derjenigen, welche zur
Strafe Peregrincn geworden
sind, ferner der
Ketzer und
Apostaten, sind im geltenden
Rechte kaum noch Fälle übrig, in welchen von einer Erbunfähig- keit
menschlicher Individuen die Rede sein kann.
Die Erbfähigkeit des Ansländers macht der (?0(i6 civil Art. 726 abhängig von der Gegenseitigkeit.
Jurist.
Personen werden kraft der allgemeinen Übung als erbfähig angesehen; dagegen sind
Vereine ohne
Kor- porationsrechte
nicht erbfähig. Läßt sich nicht an- nehmen, daß der
Erblasser die Mitglieder des von ihm als
Erben berufenen
Vereins habe
bedenken wollen, was das Sä'chs. Vnrgerl. Gesetzb. §. 2075 will, so ist die Erbeinsetzung ungültig.
Für Verpflc- gungshäuser (Kodices), gemeinnützige Anstalten und
Arme einer Gemeinde macht der Art. 910 des (?.ocl6 civil
die Wirksamkeit letztwilliger
Verfügungen von einer Staatsgenehmigung abhängig. Nicht unter die Erbfähigkeit ist der Grundsatz
zu rechnen, daß der
Erbe zur Zeit des
Todes des
Erblassers (ab- gesehen von dem Falle, in welchem der
Berufene
als bereits im Mutterleibe vorhanden in Betracht kommt) vorhanden sein muß.
Handelt es sich um die Fähigkeit, etwas aus einem bestimmten Nachlasse zu erwerben, so spricht man statt von Erbunfähigkeit
von Erwerbunfähigkeit oder Inkapacität. Im Gemeinen
Rechte sind als solche Fälle zu erwäh- nen: der
Ehegatte kann
durch letztwillige
Verfügung des schon früher verheiratet gewefenen
Ehegatten nicht mehr erhalten, als dasjenige
Kind aus
der frühern
Ehe erhält, welchem das Wenigste zuge- wendet ist;
das uneheliche
Kind und dessen
Mutter tonnen, wenn eheliche
Abkömmlinge hinterbleiben, nicht mehr als ein Zwölftel, die
Mutter allein nicht mehr als ein Vierundzwanzigstel
der Erbschaft er- balten. Nach (^oäe civil Art. 908 können natürliche
Kinder durch letztwillige
Verfügung nicht mehr er-
dalten, als ihnen nach der gesetzlichen Erbfolge ge- bührt. Der Art. 909 enthält ferner eine Beschrän- kung in Ansehung
der
Arzte und Apotheker, wenn die letztwillige
Verfügung zu ihren Gunsten errichtet ist während der
Krankheit,
an welcher der
Erblasser stirbt, sofern sie den
Erblasser während dieser
Krank- heit behandelt haben. Dies ist auch auf Kultusbeamte
(niini8ti'6 än culte) ausgedehnt.
Das Vadische Land- recht hat diese Vorschriften übernommen und im
Satz 909a. hinzugefügt, daß auch diejenigen, welche die
letztwillige
Verfügung niedergeschrieben haben, dar- aus nicht sollen Gewinn ziehen können. Die testamentarische
Erbfähigkeit muhte zur Zeit der Errichtung der letztwilligcn
Verfügung, zur Zeit des
Todes des
Erblassers
oder, wenn die
Erb-
einsetzung bedingt war, zur Zeit der
Erfüllung der
Bedingung, endlich zur Zeit der
Berufung zum Er- werbe (die Kapacität zur
Zeit derBerufung und des Erbschaftserwerbes) vorhanden fein. Der Ooäe eivil erfordert Vorhandensein
zur Zeit der Eröffnung der Erbfolge, erklärt aber für erb- unfähig iArt.
725) den zu dieser Zeit noch nicht ein- mal im Mutterleibe Vorhandenen, den nicht lebens- fähig Geborenen und den bürgerlich
Toten. (Der bürgerliche
Tod ist jedoch beseitigt.) Das Osterr. Bürgert. Gesetzbuch kennt noch eine Reihe
von Erbunfähigkeitsgründen, und zwar teils solche, welche stets zur Anwendung gelangen, z.B. Desertion, Ablegung des feierlichen
Gelübdes der
Armut (§§. 544, 539), teils folche, welche nur in
Beziehung auf gewisse
Personen anwendbar sind (8§. 540, 542:
vgl.
Unger, Das österr.
Erbrecht, Lpz. 1864, §. 5). Diese letztern
Gründe sind solche, welche den andern
Gesetzgebungen meist nur als
Gründe der Erbunwürdigkeit ('s. d.) gelten. In Ansehung der Einsetzung als
Erbe werden noch
außerdem diejenigen für erbunfähig erklärt, welche mit dem
ErblasserEhebruch oder Blutschande ge- trieben
haben (§. 543).
Die gleichen
Beschränkungen gelten in Ansehung der Fähigkeit, mit einem Ver- mächtnisse bedacht zu
werden (§. 647). Erbfolge oder
Succession, das Eintreten eines Nachfolgers in alle Vermögensrechte und Pflichten eines Verstorbenen.
Weil bei ihr die
Ge- famtheit aller
Rechte und Pflichten, wie sie durch die
Person des Verstorbenen zusammengehalten worden
ist, auf ein neuesSubjekt übertragen wird, ist sie eine
Universalsuccession. Die^E. kann auf verschiedenen
Titeln oder sog. Delationsgrün- den beruhen, entweder auf einem Erbvertrag oder auf einer
letztwilligen
Anordnung des Verstorbenen
(Testament, Kodicill) oder auf dem familienrecht- lichen
Grunde der Verwandtschaft
(Gesetzliche Erbfolge, s. d.). In erster Reihe wirkt der
Erb-
vertrag ; indessen Ermangelung erfolgt die
Berufung auf
Grund einer letztwilligen
Verfügung; zuletzt kommt das
Recht der Verwandten an die Reihe- jedoch ist den nächsten
Verwandten, insbesondere den
Kindern, ein sog.Pflichtteilsrecht(s. Pflicht- teil) eingeräumt.
Die Reihenfolge, in welcher die erbberechtigten
Personen zur Erbfolge berufen werden, nennt man die Erbfolgeordnung. Im öffentlichen
Recht giebt es nach der modernen
Auffassung vom
Staate keine Erbfolge im eigentlichen und wahren
Sinne; denn der
Staat ist kein Objekt, welches der Nechtssphäre eines Indivi- duums unterworfen ist und wie ein Vermögensstück seinen
Herrn wechselt. Wenn in der
Person des Staatsoberhauptes ein Wechsel eintritt, so vollzieht sich eine ähnliche Veränderung,
als wenn ein öffentliches
Amt seinen Inhaber wechselt.
Die oberste
Staatsgewalt geht auf einen andern
Träger
[* 3] über, der neue Herrscher tritt in die durch das Ver- fassungsrecht
ihm angewiesene
Stellung an der spitze des
Staates ein und übernimmt die mit die- ser
Stellung verbundenen
Rechte und Pflichten,
aber es vollzieht sich keine
Universalsuccession, denn der
Staat, das eigentliche
Subjekt aller Hoheitsrechte,
stirbt nicht. Nur ist in der überwiegenden Mehrzahl aller monarchischen
Staaten das Thronfolgerecht ganz ebenfo geordnet
wie ein Erbfolgerecht, d. h. die
Krone verbleibt in der herrschenden Familie und geht nach einer bestimmten Ordnung über.
Das ist die
Erb Monarchie. Erbfolgefähig ist in den
¶
forlaufend
deut-229
schen Staaten nur der ebenbürtige, agnatische, männliche Blutsverwandte. Ausgeschlossen sind demnach Kinder aus Mißehen
oder Ehen zur linken Hand,
[* 5] Weider und Kognaten. In andern europ. Staaten, z. B. in Rußland, England, Dänemark,
[* 6] Spanien
[* 7] u. s. w.
sind Weiber und Kognaten nicht thronfolgeuufähig, sondern stehen nur hinter gleich nahe verwandten männlichen Agnaten zurück.
Was die Erbfolgeordnung anlangt, so ist dieselbe in den deutschen Staaten teils durch den Umstand, daß die Territorien in
ihrem wichtigsten BeständeReichs- lehne waren, teils durch die Rücksicht auf die Un- teilbarkeit der Staatsgebiete beeinflußt
worden. Es bedürfte einer Erbfolgeordnung, welcke beiden Rück- sichten gerecht wurde, und dies war
allein die auf dem Rechte der Erstgeburt berubende Primo- geniturordnung (s. Primogenitur).
Ist im Falle eines Thronwechsels kein thronfolgefähiger Nachfol- ger vorhanden, so tritt an Stelle der Erblande eine sog. außerordentliche
Thronfolge ein. Die preuß. Thron- folge ist nach den angegebenen Grundsätzen ge- regelt im Art. 53 der Verfassungsurkunde,
dessen Bestimmungen nach der Reichsverfassung Art. 11 maßgebend für die Erblande ins deutsche
Kaisertum sind. Erbfolgekriege, Kriege, die aus Streitigkeiten über Thronfolgerechte entspringen. In der neuern Geschichte
sind besonders hervorzuheben: der Spa- nische Erbjolgekrieg (s. d.) 1701 - 13, der Öster- reichische Erbfolgekrieg (s. d.)
1741-48, der Bay- rische Erbsolgekrieg (s. d.) 1778-79. Erbfolgeordnung,
s. Erbfolge.
Erbgerichtsbarkeit, eine Art der Eigentums- oder Patrimonialgerichtsbarkeit (s. d.),
die mit dem in der Regel adligen Gut verbundene Gerichtsbarkeit der Gutsherren über ihre Hintersassen. Im Mittel- alter begründet,
bestand sie in Deutschland
[* 8] bis in die neuere Zeit, ist durch die neuern Verfassungen in den meisten deutschen Staaten, zuletzt
durch das Ge- richtsverfassungsgesetz (s. Gericht und Gerichtsver- fassung) für das ganze Deutsche Reich
[* 9] beseitigt.
Erbgefessen, soviel wie angesessen, Grund- eigentum besitzend. Grbgraf, Titel des ältesten Sohnes oder Enkels des Kauptes eines
mediatisierten, früher reichs- ständischen Grafenhauses, dem Titel Erdprinz (s. d.) nachgebildet. Diese wenigen, im Gegensatz
zu den übrigen Grafen, zum hohen Adel zählenden Grafen- bäuser sind ihrem Range und ihrer mit diesem
ver- bundenen Ebenbürtigkeit gemäß in der zweiten Ab- teilung des «Gothaischen Hofkalenders» bei ihren Standcsgenossen,
den ehemals reichsständischen Fürsten eingereiht.
Den Häuptern dieser Grafen- Familien und Inhabern des Familienstammguts steht durch Beschluß der Deutschen Bundesversamm-
lung vom das PrädikatErlaucht zu. Erbgrind, s. Favus. Grbgrotzherzog, s. Erbprinz. Erbgroßherzogskrone,
in der Heraldik einc geschlossene Königskrone (s. d.), wie sie auch Prin- zen
aus königl. Häusern zum Unterschiede von der Krone des Herrschers (der offenen Königskrone) tra- gen. Erbgüter, in der
Rechtssprache mehrerer, be- sonders norddeutscher Landesrechte gewisse Grund- stücke, welche durch Erbschaft
erworben sind und ohne Zustimmung näher bezeichneter Personen, meist gewisser zur Zeit nächster gesetzlicher Erben, nicht
durch Rechtsgeschäft unter Ledenden veräußert oder durch Verfügung von Todes wegen den Erben entzogen werden
dürfen.
Die Veräußerung kann in Ermangelung der Einwilligung innerhalb näher bestimmter Frist von dem Tode
des Veräußeiers cm widerrufen und das Erbgut zurückgefordert werden. In neuerer Zeit ist die Rechtsbildung meist beseitigt.
Dem Erbgut stand das wohlgewonnene Gut, d. i. das anderweitig erworbene Vermögen, gegenüber. Erbhcrzogskrone, in der Heraldik
die offone Herzogslronc (s.d.), die bis zur halben Kroncnhöhe gefüttert ist. (S. Tafel: Kronen
[* 10] I,
[* 4]
Fig.
10.) Erbil, Stadt im Wilajet Bagdad, s. Ardil.
Erbmerde, s. Erbium. ^ Erbisdorf, Dorf in der Amtshauptmannschast Freiberg
[* 11] der sächs. Kreishauptmannschast Dresden,
[* 12] unmittelbar
südlich von Brand, an der NebenlinieBrand-Langenau der Sächs. Staatsbahnen,
[* 13] hat (1890) 2355 (1144 männl., 1211 weibl.) evang.
Erblande; Spitzentlöppelei, Vergschmieden, Poch- und Wäsch- werke. Westlich davon die große Silber- und Vlei-
erzzeche Himmelsfürst (1400 Arbeiter), südöstlich die gleichfalls siskalische Erzgrube Vereinigt Feld (350 Ardeiter).
Mit Michaelis und Linda bildet Erblande einen einzigen 7 kin langen Ort. Erblum,chem.Symboli^i-, Atomgewicht^ 166,0, dreiwertiges
Element. In dem Mineral Gadolinit (s. d.) kommt es als Er bin erde an Kieselsäure ge- bunden neben andern
Erden und Metalloryden vor. 1843 wurde aus Gadolinit von Mosander die Erbinerde, I^O^, zuerst hergestellt und als Oryd des
Metalls Erblande erkannt. Die Abscheidung dcs Metalls ist bislang uoch nicht gelungen; auch die Erbinerde ist nur
äußerst schwierig nach weitläufigem Verfahreu rein zu erhalten und nach neuern Unter- suchungen vielleicht
kein einheitlicher Körper.
Erbjungfernrecht, das im Mecklenburgischen bestehende Recht der Tochter eines ohne männliche Abkömmlinge verstorbenen Lehnbesitzers
(Vasallen), das Lehen, selbst wenn es Familienfide'ikommih ist, lebenslänglich als Nießbraucherin zu besitzen. Erbkaiserliche
Partei, Bezeichnung für eine Partei in der Deutschen Nationalversammlung zu Frankfurt
[* 14] a. M. von 1848 bis 1849,
die einen Erb- kaiscr an die Spitze des Reichs gestellt wissen wollte und im «Weidcnbusch» in Frankfurt a. M. ihre Zu- sammenlünfte
hielt. Da sie selbst zu schwach war, um ihr Programm durchzusetzen, mußte sie an das linke Centrum erhebliche Zugeständnisse
machen, um dieses zur WahlFriedrich Wilhelms IV. zum Kaiser zu bestimmen.
Erbkämmerer, s. Erbämter. Erbtux, s. Vergwerksabgabe. Erblande, dem Wortlaute nach solche Länder, in welcbcn ein Fürst
kraft Erbrechts succediert. In diesem ^inne müßten freilich alle Länder, die nicht erst von ihrem gegenwärtigen Beherrscher
durch Eroberungen, Tausch, Kauf oder auf andere Weise erworben wären, Erblande genannt werden. Gewöhnlich jedoch
versiebt man darunter nur solche schon früher im ererbten Besitze einer Dynastie befindliche Län- der, deren Verhältnis
zu spätern Hinzuerwerbungen durch irgendwelche staats- oder völkerrechtliche Fest- stellungen bezeichnet ist. So unterscheidet
man noch immer in Sachsen
[* 15] die Erblande von der Oberlausitz, welche zwar im allgemeinen der Gesamtverfassung
des Königreichs unterworfen, jedoch außerdem kraft ge- wisser Staatsverträge, die sich auf ihren Anfall an wachsen beziehen,
eine besondere Provinzialver- fassung und andere Sonderrechte besitzt. Vorzugs- weise aber in Gebrauch war die obige Bezeichnung
¶
mehr
für die deutschen ProvinzenÖsterreichs im Gegensatz zu Ungarn
[* 17] und Italien,
[* 18] namentlich zu dem erstern, dessen Sonderverfassung
dem Herrscher eine wesentlich andere, weit beschränktere Machtstellung einräumte, als demselben in seinen Erbländern zustand.
Seit dem VerlusteItaliens
[* 19] und seit dem sog. Ausgleiche mit Ungarn pflegt man letzteres samt den dazugehörigen Ländern
mit Transleithanien, die Erbämter dagegen mit Cisleithanien zu bezeichnen. Als der preuß.
Monarchie werden insbesondere Brandenburg
[* 20] und Preußen
[* 21] bezeichnet, jedoch ohne daß hier irgendwelcher rechtliche Unterschied
vorhanden wäre; ebenso in Bayern
[* 22] die altbayr. Lande (Ober- und Niederbayern).
auch Kron- oder Reichsämter, Name der Erbämter (s. d.) in den einzelnen deutschen
Territorien. Ihre Errichtung ist dem Ermessen des Landesherrn überlassen. Weder polit. Funktionen noch finanzielle Dotationen
aus der Staatskasse kommen ihnen zu, sie haben ausschließich solenne Ehrendienste bei feierlichen Gelegenheiten zu leisten,
die sich nach dem Staats- und Hofceremoniell bestimmen. Jedoch sind öfters Einkünfte aus ältern Stiftungen mit diesen Ämtern
verbunden.
Hinsichtlich der Zahl und Namen dienten zwar im allgemeinen die Reichserbämter (s. Erbämter) zum Vorbilde; in den einzelnen
Territorien herrscht aber dennoch eine große Mannigfaltigkeit. In Preußen bestehen außer den obersten Hofchargen, nämlich
dem Oberstkämmerer, Oberstmarschall, Obersttruchseß und Oberstschenk, eine sehr große Zahl von Hof- und Erbämtern in den
einzelnen Landesteilen, aus denen die Monarchie nach und nach gebildet worden ist. Unter ihnen ragen besonders hervor die
vier großen Hofämter im (alten) Königreich (Ost-)Preußen: Landhofmeister, Oberburggraf, Obermarschall und Kanzler; die
Inhaber sind als solche Mitglieder des Herrenhauses.
Ein Verzeichnis sämtlicher obersten Hofchargen, der Hofämter und der Erbämter nebst Angabe ihrer Inhaber
giebt das «Genealogisch-diplomat. Jahrbuch für den preuß.
Staat». Auch in Österreich
[* 23] bestehen in den Landesteilen, welche ehemals zum DeutschenBunde gehört baben, Erbhofämter in sehr
großer Zahl. In Bayern sind nach der Verfassung von 1808 vier lehnbare Reichskronämter eingeführt worden: der Obersthofmeister,
Oberstkämmerer, Oberstmarschall und Oberstpostmeister.
Ihre Würden sind Thron-Mannlehne, die entweder auf Lebenszeit des Würdenträgers oder mit dem Rechte der
Vererbung auf dessen männliche Descendenz nach dem Rechte der Erstgeburt verliehen werden. Die Inhaber sind Mitglieder des
königl. Familienrates und der Kammer der Reichsräte. Die alten, in den einzelnen Landesteilen
vorhanden gewesenen Erbämter sind aufgehoben. Ähnlich ist die Einrichtung in Württemberg.
[* 24] Daselbst sind 1808 vier
lehnbare Kronerbhofämter errichtet worden, nämlich Erbreichsmarschall (Hohenlohe), Erboberhofmeister (Truchseß-Waldburg),
Erbreichsoberkämmerer (Löwenstein-Wertheim) und Erbreichspanner (Graf Zeppelin); 1819 wurde außerdem das Erblandpostmeisteramt
(Thurn-Taxis) errichtet. Dazu kommen noch die beiden aus älterer Zeit stammenden Erbämter des Erbkämmerers (Freiherr von
Gültlingen) und des Erbmarschalls (Freiherr Thumb von Neuburg).
[* 25] -
jede verstorbene Person mit Bezug auf die Beerbung, also diejenige
Person, deren Vermögen (Aktiva und Passiva)
vererbt wird. In Ansehung der letztwilligen Verfügungen nennt man denjenigen Erblasser, welcher letztwillig verfügt hat.
- Handelt es sich um die Beerbung einer rechtskräftig für tot erklärten Person, so wird auch diese Person als Erblasser bezeichnet
(vgl. Sächs. Bürgerl. Gesetzb. §§. 2007, 2008), soweit das geltende Recht die Beerbung einer solchen Person gestattet. -
Nach kanonischem Rechte können Mitglieder eines Klosterordens nicht beerbt werden, Cap. 2, X de testam.
3,26. Entsprechende Vorschriften finden sich noch in manchen Rechten, dann aber, wie z. B. im Sachsenspiegel 1, 25, §. 5 und
im Preuß.
Allg. Landr. 11,11, §§. 1199, 1200, dahin umgewandelt, daß die Mönche und Nonnen nach abgelegtem Klostergelübde (Profeß)
sofort als tot angesehen und beerbt werden, mitunter auch so, daß nur der Eintritt in die Bettelklöster
diesen Erfolg hat. Das Österr. Bürgerl. Gesetzb. §. 573 entzieht Klostergeistlichen für die Regel nur die Befugnis, letztwillig
zu verfügen. Nach Bayrischem Landrecht und dem Mainzer Landr. III, §. 10 bleiben die bereits errichteten letztwilligen Verfügungen
gültig, können aber nicht mehr geändert werden und gelangen erst nach dem natürlichen Tode zur Ausführung.
Krankheiten,hereditäre Krankheiten, Krankheiten,deren Entstehung im gegebenen Falle auf eine von den Eltern
oder Voreltern ererbte Krankheitsanlage zurückzuführen ist. Der Einfluß der Eltern auf den Organismus
der von ihnen erzeugten Kinder ist so groß, daß sich auch die besondern (individuellen) Eigenschaften, welche einen Menschen
von dem andern unterscheiden, durch die Zeugung auf die Kinder wenigstens zum Teil übertragen, vererben. Daher können gewisse
Abnormitäten innerer Organe, welche die Anlage zu besondern Krankheiten darstellen, von den Eltern auf
die Nachkommen durch Vererbung übertragen werden. In der That kommt es nicht selten vor, daß der Sohn in demselben Lebensalter
von einem Gebrechen oder einer Krankheit ergriffen wird, in welchem der Vater daran litt. Was hier vererbt wird, ist nicht
die Krankheit, sondern die Anlage zu derselben; die Ausbildung der wirklichen Krankheit erfordert immer
noch andere Umstände, welche sie begünstigen.
die Fettleibigkeit u. s. w. brechen bei den Kindern gewöhnlich erst zu der Zeit aus, wo diese Krankheiten überhaupt am häufigsten
sind. Die Kinder schwindsüchtiger Eltern z. B. sind oft bis in das 20. und 25. Jahr ganz gesund und erkranken dann auf einmal
und gewöhnlich viel schwerer als bei erworbener Tuberkulose; freilich sterben viele auch schon in den
ersten Lebensjahren. Es kommt nicht selten vor, daß beide Eltern zur Zeit, wo sie die Kinder zeugten, noch ganz gesund zu
sein schienen, daß aber der eine Erzeuger, aus einer schwindsüchtigen Familie stammend, den Keim der Krankheit schon in sich
trug: die Kinder werden doch tuberkulös.
Nicht immer sind es die gleichen Gebrechen und die gleichen Krankheitsanlagen, die in der Familie sich wiederholen, sondern
häufig nur ähnliche Formen, die sogar, während sie dem einen Gliede zum Verderben dienen, dem andern zum größten Vorteil
gereichen können. So ist es Thatsache, daß in Familien, in denen Geisteskrankheiten einheimisch sind,
zugleich die intelligentesten und genialsten Köpfe vorkommen. Noch merkwürdiger ist, wie oft zwei ganz gesunde Eltern fast
lauter Kinder mit Mißbildungen oder Gebrechen hervorbringen; gewöhnlich handelt es sich hier um Rückschläge auf die Großeltern
oder noch entferntere Ahnen. (S. Erblichkeit.)
Die physiol. Gesetze, nach denen die erbliche Übertragung von Krankheitsanlagen vor sich geht, sind noch
völlig unbekannt. Der Einfluß des Vaters hinsichtlich der Vererbung von Krankheitsanlagen kann natürlich nur während der
Zeugung stattfinden; die Mutter wirkt dagegen auch während der Schwangerschaft und während des Stillens noch auf das Kind,
und es ist die Möglichkeit zuzugestehen, daß auch hierdurch noch die Gelegenheit zu Erbliche Krankheiten, namentlich
der Tuberkulose, gegeben wird.
Für die Behandlung der erblichen Familienübel ist es von der größten Wichtigkeit, daß man ihre Entstehung und Ausbildung
durch zweckmäßige Verhaltungsmaßregeln schon beizeiten zu hindern sucht. Wer eine erbliche Anlage besitzt, der heirate
keine Person, welche dieselbe Anlage ererbt hat, sondern eine solche, welche von entgegengesetzter Konstitution
ist. Da bei der Bildung des Embryo (s. d.) männliche und weibliche Zeugungsstoffe zusammenwirken, so
kann durch Übergewicht von einer Seite her der Einfluß von der andern eliminiert und aufgehoben werden.
Aus diesem Grunde ist eine vernünftige geschlechtliche Auslese und die durch sie bedingte Kreuzung (s. d.)
der Stämme das beste Mittel, um der Ausartung der Geschlechter vorzubeugen, während bekanntlich durch fortgesetzte Inzucht
oder Heiraten unter nahen Verwandten sich gewisse Familienzüge und Familienübel bis zum Extrem ausbilden und fortpflanzen.
Namentlich ist vom Kretinismus und von der Idiotie bekannt, wie sie durch Heiraten unter nahen Verwandten
befördert, durch Ehen mit Stammes- und Landesfremden aber beschränkt werden.
Man richte weiterhin bei dem Verdachte einer erblichen Krankheitsübertragung von der Geburt an alle Umstände, unter denen
das Kind lebt, so ein, daß die ererbte Anlage nicht nur nicht befördert, sondern im Gegenteil möglichst wirksam bekämpft
wird. Man sorge zu diesem Behufe für eine verständige Kräftigung und Abhärtung (s. d.) des Körpers,
wobei namentlich der möglichst ungeschmälerte Aufenthalt in guter reiner Luft von Bedeutung ist, und suche namentlich in
dem Lebensalter, in welchem die Krankheit bei den Eltern entstanden war, alle jene zufälligen Gelegenheitsursachen möglichst
fern zu halten, die erfahrungsgemäß die Entstehung der betreffenden erblichen Krankheit begünstigen.
-
im biologischen Sinne die Fähigkeit des belebten Stoffs, seine Eigentümlichkeiten, die körperlichen
sowohl wie die geistigen, in verschiedenem Umfange auf seine Nachkommenschaft durch den Weg der Fortpflanzung zu übertragen.
Diese Übertragung selbst bezeichnet man als Vererbung (hereditas). So allgemein bekannt jene Fähigkeit
und die daraus hervorgegangenen Erscheinungen sind, so schwer sind dieselben zu erklären. Eine Thatsache ist es, daß Erblichkeit um
so kräftiger wirkt und die Folgen der Vererbung um so deutlicher auftreten, je größer der bei der Fortpflanzung (s. d.)
sich vom elterlichen Körper loslösende Teil ist. Am ähnlichsten untereinander sind zwei durch ganz
gleichmäßig sich vollziehende Teilung eines Organismus hervorgegangene neue Organismen, sehr ähnlich noch solche (Hohltiere,
Pflanzen), welche durch Knospung auf ungeschlechtlichem Wege hervorgebracht wurden.
Manche Kulturgewächse (Rotbuchen, Trauereichen u. s. w.) vererben ihre Eigentümlichkeiten
bloß dann, wenn ihre Nachkommen aus Senkern oder Stecklingen erzogen werden, während die aus den Geschlechtsprodukten
hervorgegangene Nachkommenschaft in die Stammform zurückschlägt. Allerdings machen Arbeitsteilung (s. d.) und besondere
Arten der Fortpflanzung (s. Generationswechsel und Fortpflanzung) verschiedene Knospen
[* 28] dem elterlichen Körper durch Sonderanpassungen
oft sehr unähnlich.
Man unterscheidet mit Haeckel zwei Arten und zwar: die erhaltende oder konservative Erblichkeit und die fortschreitende
oder progressive Erblichkeit Kraft
[* 29] jener vererbt ein Organismus auf seine Nachkommen die selbst ererbten, kraft dieser
die selbständig erworbenen Eigenschaften; gälte bloß die erstere und hätte immer ausschließlich gegolten, so würde
ein Organismus wie der andere beschaffen sein; dadurch aber, daß die zweite Art ihre Wirkung mit geltend
macht, entsteht die Mannigfaltigkeit, zu welcher sich die Lebewesen im Laufe der Zeiten entwickelt haben.
Durch die erhaltende Erblichkeit übertragen Organismen ihre Eigenschaften entweder sämtlich auf ihre Nachkommenschaft
schon in der ersten Generation, also auf ihre Kinder, dann ist die Vererbung eine ununterbrochene, oder aber ein größerer
oder kleinerer Teil ihrer Charaktere verschwindet in dieser nächsten Generation oder während einer verschieden
großen, oft sehr langen Reihe von Generationen, um dann in gesetzmäßigem Wechsel als normale Erscheinungen (im Generationswechsel
und in der Heterogenie, s. d. und Fortpflanzung), oder um nur gelegentlich einmal und
scheinbar in ganz willkürlicher Weise bei einem oder dem andern Nachkommen auf einer oder der andern
Generationsstufe wieder aufzutreten. In diesem Falle war die Vererbung eine unterbrochene oder latente und das Individuum,
bei welchem sich ihre Kraft wieder geltend macht, zeigte einen Rückschlag auf seine Vorfahren, es befindet sich im Atavismus.
Am häufigsten treten Rückschläge und oft nach sehr langer Zeit bei domestizierten Pflanzen und Tieren
dann auf, wenn sich dieselben von der Zucht des Menschen emancipiert haben und in den Zustand
¶
mehr
der Verwilderung übergetreten sind. So schlagen alle Rassen unserer Haustauben, Kröpfer, Pfauchen, Mövchen u. s. w., sie
mögen so verschieden sein, wie sie wollen, nach verhältnismäßig wenig Generationen der Verwilderung in eine und dieselbe
wilde Stammform, die Felstaube (ColumbaliviaL.) zurück. Die verschiedenen ererbten Eigenschaften zweier zur Fortpflanzung
sich vereinigenden Individuen können sich in zweierlei Art vererben. Entweder die Eigenschaften des
Mannes pflanzen sich auf die männlichen, die des Weibes auf die weiblichen fort, und das ist normalerweise immer der
Fall mit jenen Eigenschaften, welche mit dem Geschlechtsleben der geschlechtlich verschiedenen Individuen unmittelbar als
primäre Geschlechtscharaktere oder mittelbar als sekundäre im Zusammenhange stehen.
Unter diesen Umständen ist die geschlechtliche Vererbung eine einseitige. Es können sich aber auch Eigenschaften beider
Eltern sowohl auf männliche als auf weibliche Nachkommen übertragen, dann ist die Vererbung eine gemischte oder amphigone
(nach Haeckel). Hierauf beruht die Bastardierung. Endlich können Charaktere sich über das Kreuz
[* 31] vererben, d. h.
also solche des Vaters auf die Tochter, solche der Mutter auf die Söhne; unter diesen Umständen könnte man von einer chiasmatischen
Vererbung sprechen. Auf einer Art der anhaltenden Vererbung und zwar auf der vereinfachten und abgekürzten beruht auch das
Biogenetische Grundgesetz (s. d.).
Die erworbene oder angepaßte Vererbung überträgt die erworbenen Eigentümlichkeiten eines Organismus
gleichfalls auf seine Nachkommen und meist treten dieselben bei diesen zu der Zeit auf, in welcher und an der Stelle, wo der
Vorfahre sie erwarb; die angepaßte Vererbung wirkt gleichzeitig und gleich örtlich, sie ist homochron und homotop. Erworbene
Charaktere treten aber, dank der befestigten oder konstituierten Vererbung, mit um so größerer Sicherheit
bei den Nachkommen auf, je länger die Zeitdauer war, während welcher sie derVorfahre erwarb und sich an ihren Einfluß anpassen
mußte. Sämtliche Eigenschaften eines Organismus können sich vererben, auch die geistigen, da diese ja doch an den Stoff
gebunden sind.
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die Fähigkeit der Erblichkeit und die Erscheinungen der Vererbung zu erklären,
aber freilich verläßt uns hier die wissenschaftliche Erfahrung, und wir gelangen zu transcendentaler Anschauung, deren Grad
der Wahrscheinlichkeit auf subjektiven Urteilen beruht, sich aber nicht erweisen läßt.
SchonDarwin stellte die, wie er sie selbst nennt, vorläufige Hypothese (hypothetisch in der zweiten Potenz)
der Pangenesis auf. Nach dieser Hypothese pflanzen sich die Zellen, aus welchen der Körper eines Lebewesens besteht, nicht
bloß auf dem Wege einfacher Teilung fort und entwickeln sich infolge der Arbeitsteilung in verschiedener Richtung und Art weiter,
sondern sie geben auch kleinste molekülartige Körnchen (Keimchen oder Gemmulae) ab, welche sich, nachdem
sie den ganzen Organismus in allen seinen Teilen gewissermaßen durchwandert haben, in den Geschlechtsstoffen sammeln und
auf die Zellen, aus denen die unmittelbaren nächsten Nachkommen entstehen, derart einwirken, daß diese sich ähnlich wie
im elterlichen Organismus entwickeln.
Die Kraft der Gemmulae kann auch während einer oder mehrerer Generationen
von Nachkommen schlummern,
in irgend einer aber wieder ihre Thätigkeit aufnehmen und beim Enkel, Urenkel u. s. w.
einen Rückschlag in die Beschaffenheit des Ahnen veranlassen. Eine jede Zelle
[* 32] vermag während ihres ganzen Entwicklungsganges
Gemmulae abzugeben, welche in schlummerndem Zustande eine gegenseitige Verwandtschaft haben und durch
ihr Zusammentreten zur Bildung von Knospen und Geschlechtsstoffen führen. In neuester Zeit hat der Holländ.
Botaniker de Vries diese Hypothese in beschränkter Form wieder aufgenommen. Nach ihm durchwandern die Gemmulae, welche er
mit dem Namen Pangene bezeichnet, nicht den ganzen Organismus, sondern finden sich in jeder einzelnen Zelle desselben, welche
überhaupt aus nichts als Pangene besteht, und jede einzelne Anlage der Erblichkeit und jede Tendenz zur Vererbung ist an eine derartige
Pangene als an ihr materielles Substrat gebunden. Das ist die Hypothese der intracellulären Pangenesis.
Haeckel, welcher als monistischer Philosoph alle Erscheinungen der Veränderung des Stoffs auf mechan. Ursachen, oder
richtiger auf eine einzig existierende mechan. Ursache, auf die Bewegung zurückzuführen versucht, stellt zur Erklärung der
in Frage stehenden Erscheinungen eine Hypothese der Wellenzeugung der Lebensteilchen, oder der Perigenesis der Plastidule
auf. Plastidulen oder Plasma-Moleküle setzen in ungeheuer großer Zahl das Plasma oder Plaston einer jeden Zelle zusammen.
Durch die Fortpflanzung werden nun nicht bloß die chem. Eigentümlichkeiten
des Plastons vom Zeugenden auf den Erzeugten übertragen, sondern auch die besondere Art der Molekularbewegung, welche in
demselben stattfindet. Übertragene Bewegungen wirken in den Teilungsprodukten des elterlichen Körpers oder den gemischten
Teilungsprodukten der elterlichen Körper fort und werden Ursache der Erblichkeit und der Vererbung.
Nägeli (" Mechan.-physiol. Theorie der Abstammung», Münch. und Lpz. 1884) unterscheidet im Plasma der Zellen ein Idioplasma,
das aus feinsten Teilen, sog. Micellen, zusammengesetzt ist, das übrige Plasma der Zellen oder das Ernährungsplasma in Gestalt
parallel nebeneinander angeordneter Fäden durchziehe und, ohne durch die Zellenwände gehindert zu werden,
von Zelle zu Zelle tritt und so den ganzen Organismus mit einem äußerst komplizierten, für menschliche Hilfsmittel nicht
wahrnehmbaren Netzwerke durchspinnt.
Diese Micellstränge des Idioplasmas finden sich auch in den Zeugungsstoffen, und wenn diese infolge des Wachstums des Ernährungsplasmas
unter Teilungserscheinungen wachsen, so wachsen auch jene und durchziehen auch die neuen Teilungsprodukte.
Aber ihre Lage ändert sich aus innern Ursachen, denen ein Vervollkommnungsprincip zu Grunde liegt, von Generation zu Generation
und gestaltet die Nachkommen mit (meist) fortschreitender Tendenz langsam um.
Nach der Ansicht von Weismann besitzt ein jeder Organismus zweierlei verschiedene Arten von Plasma. Das eine, wesentlichere,
ist das Keimplasma oder der Zeugungsstoff, welcher nach der Zeugung durch Ernährung zwar wächst, aber
zum Teil nicht zur Bildung der Gewebe
[* 33] des Nachkommens verwendet wird, sondern in diesem als Keimplasma sich erhält, während
aus den andern Teilen der Träger des Keimplasmas, das somatische Plasma oder der Körperstoff hervorgeht, welcher
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sämtliche Gewebe und Organe eines Lebewesens mit Ausnahme des Keimplasmas bildet. So knüpft der Zeugungsstoff, wenn auch
in kleinsten Teilchen, immer wieder materiell an den Zeugungsstoff der Vorfahren an, das Keimplasma ist kontinuierlich. (S.
Darwinismus und Fortpflanzung.)
Alle diese Hypothesen haben ihre Bekämpfer gefunden, - noch ist dies Problem der Erblichkeit und
Vererbung nicht gelöst, wir erkennen leicht deren Erscheinungen, aber unsere Hilfsmittel reichen zur Erkenntnis der
Ursachen derselben nicht aus. -
Vgl. Lucas, Traité de l'hérédité naturelle (2 Bde., Par.
1847-50);
Darwin, Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande der Domestikation (übersetzt von J. V. Carus, 2 Bde., Stuttg.
1868; 2. Aufl. 1873);
Locher-Wild, Über Familienanlage und Erblichkeit (Zür. 1874);
Ribot, Die Erblichkeit (deutsch von Hotzen, Lpz. 1876);
Erbzinsleihe, eine der Formen des sog. geteilten Eigentums.
Sie gewährt ein erbliches und veräußerliches Nutzungsrecht an Grundstücken, namentlich an Bauerngütern, und steht in
den meisten Fällen der röm. Emphyteuse (s. d.) sehr nahe. Der Erbpächter (Erbzinsmann, Grundholde, Erbmeier)
hat jährlich einen sog. Kanon, d. i. eine Geld- oder Körnerabgabe, außerdem regelmäßig bei jedem Besitzwechsel
ein Laudemium oder Mortuarium an den Grundherrn zu entrichten.
Bei der Begründung einer neuen Erbpacht pflegt der Erbpächter eine gewisse Anzahlung, das Erbbestandgeld (s.
Erbbestand) zu leisten. Der Grundherr hat bei Veräußerungen in der Regel das Vorkaufsrecht; Verpfändungen und Teilungen können
nur mit seiner Zustimmung vorgenommen werden, und bei Deterioration des Gutes, schlechter Wirtschaft des
Erbpächters, längerer Versäumnis der Zinszahlung kann er das Gut zurückziehen. Die in der Gesetzgebung seit einem Jahrhundert
vorherrschende individualistisch-liberale Strömung führte in manchen Staaten in Zusammenhang mit der Bauernbefreiung zur
Beseitigung der Erbpacht und aller andern Arten des geteilten Eigentums. So hob insbesondere das preuß. Gesetz
vom das Eigentumsrecht des Grundherrn ohne Entschädigung auf, verlieh dem Erbpächter das volle Eigentum, indem
die auf dem Grundstück haftenden beständigen Abgaben und Leistungen in ablösbare Reallasten umgewandelt wurden, und bestimmte
ferner, daß in Zukunft bei erblicher Überlassung eines Grundstücks nur die Übertragung des vollen
Eigentums zulässig sei, daß die Ablösbarkeit der Renten nie für länger als 30 Jahre vertragsmäßig ausgeschlossen werden,
auch deren Ablösungsbetrag das Fünfundzwanzigfache der Rente nicht übersteigen dürfe.
Ebenso schließt die franz. Gesetzgebung eine eigentliche Erbpacht aus, wenn sie auch
Pachtverhältnisse von
langer Dauer gestattet. In neuerer Zeit ist in Deutschland die Wiedereinführung
der Erbpacht vielfach empfohlen worden als ein Mittel, um den Bauern- und Kleingrundbesitzerstand namentlich in den Gebieten östlich
der Elbe zu mehren und bisher unbebauten Moor- und Heideboden in ertragsfähige Ackerländereien umzugestalten. Man konnte
dabei auf die nicht unbefriedigenden Ergebnisse derselben in Mecklenburg-Schwerin (s. Domänen), in den
Moorkolonien von Hannover
[* 36] und Oldenburg,
[* 37] in Holland (wo die Erbpacht unter dem Namen Beklemmrecht namentlich in der Provinz Groningen
von Bedeutung ist) und in andern Ländern verweisen.
Die Erbpacht bietet für die Zwecke der innern Kolonisation den Vorzug, daß sie den Erwerb eines dauernden Besitzes mit einer verhältnismäßig
kleinen, etwa nur den Gebäudewert repräsentierenden Anzahlung, ja sogar ohne eine solche gestattet
und dem Grundherrn eine Handhabe bietet, Teilungen und Zersplitterungen der neu errichteten Stellen zu verhindern. Andererseits
schließt aber die Erbpacht die Gefahr der Auferlegung schädlicher Beschränkungen in der Benutzung der Grundstücke sowie der
Entstebung bedenklicher socialer Abhängigkeitsverhältnisse in sich. Aus diesem Grunde haben die preuß.
Gesetzgeber die Wiederzulassung der Erbpacht abgelehnt und statt derselben zur Förderung der innern Kolonisation das Institut des
Rentengutes (s. d.) 1890 neu belebt; dasselbe besitzt alle Vorzüge der Erbpacht, vermeidet
aber im wesentlichen deren Nachteile. -
Vgl. Ruprecht, Die Erbpacht (Gött. 1882);
Paasche, Erbpacht und Rentengüter
als Mittel zur Schaffung und Erhaltung eines ländlichen Mittel- und Kleinbesitzes (in den «Jahrbüchern für Nationalökonomie
und Statistik», Neue Folge, Bd. 14, Jena 1886).
ein Titel, welchen in den deutschen Herzog- und Fürstentümern der älteste, zur Thronfolge
berechtigte Sohn des Souveräns führt; auch dem zur unmittelbaren Thronfolge berechtigten ältesten Enkel des vorverstorbenen
ältesten Sohnes wird dieser Titel beigelegt. Dagegen pflegen andere Agnaten, wenn sie die nächste Anwartschaft zur Thronfolge
nur deshalb haben, weil Descendenten oder nähere Agnaten nicht vorhanden sind, diesen Titel nicht zu führen.
Auch der älteste, erbberechtigte Sohn der mediatisierten, ehemals reichsunmittelbaren deutschen Fürstenhäuser wird Erbprinz genannt.
Die Gemahlin eines Erbprinz heißt Erbprinzessin. - In denjenigen Staaten, deren Souverän den TitelKaiser oder König führt, heißt
der Erbprinz meist Kronprinz (s. d.); in den Großherzogtümern
wird er Erbgroßherzog genannt, während er in den Kurfürstentümern ehemals Kurprinz hieß.
(Vomitus), die stoßweise Entleerung des flüssigen Mageninhalts nach oben durch den Schlund und die Mundöffnung,
während man das Aufsteigen des gasartigen Mageninhalts durch die Speiseröhre als Aufstoßen (s. d.) bezeichnet. Eingeleitet
wird das Erbrechen in der Regel durch das Gefühl des Ekels (s. d.),
Zusammenlaufen von Speichel im Munde, Ausbrechen von Schweiß; das Gesicht
[* 38] wird blaß, ein Gefühl von Schwäche verbreitet
sich über den ganzen Körper und der Puls wird klein und beschleunigt. Endlich ziehen sich die
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