geschlossen. Die
Stengel
[* 2] sind außen deutlich gerieft und zwar zeigt jedes Internodium so viel Längs- leisten, wie die zugehörige
Scheide Zipfel besitzt;
sie entsprechen den Gefähbündeln im Innern.
Die eben beschriebenen Längsleisten und Furchen sind
bei den Rhizomen weniger entwickelt.
Das Scheitcl- wachstum der Equisetum geschieht, wie das der übrigen Gefähkryptogamen,
mittels einer Scheitelzelle.
Die ungeschlechtlichen Fortpflanzungszellen, die
Spo- ren, werden in Sporangien gebildet, welche
in den ährenförmigen
Enden (f.
Tafel:
Gefäßkrypto- gamen,
[* 1]
Fig. 10kl) der
Stämme stehen.
Die Spo- rangien selbst stehen auf
der Unterseite eigentümlich umgewandelter
Blätter. Es sind meist 5-10 solcher Sporangien auf den schildförmigen fruchttragenden
Blättern vorhanden
[* 1]
(Fig. 10d).
Bei den meisten
Arten stehen diese ährenförmigen Sporangienstände an der
Spitze der normalen
Chlorophyll führenden
Stämme, bei einigen dagegen werden sie auf be- sondern chlorophylllosen unverzweigten
Stengeln ge- bildet,
die im
Frühjahr vor den grünen
Stämmen auftreten.
Die reifen Sporangien öffnen sich durch Längsrisse, damit die
Sporen austreten können. Die
Wände der
Sporen bestehen aus mehrern Schich- ten, die äußerste davon bildet die sog. Elateren
oder Schleudern
[* 1]
(Fig. 10c,ä), sie zerreißt nämlich in schraubenartig gewundene
Bänder, die ein vier- armiges Kreuz
[* 3] bilden.
Vermöge ihrer starken
Hy- groskopicität können sie sich
auf- und einrollen und so eine Fortbewegung
der
Spore bewirken.
Das
Prothallium ist flächen- artig entwickelt und meist
in mehrere Lappen zerteilt. Der
Bau der Antheridicn und
Archegonien ist im wesentlichen derselbe wie bei
den
Farnkräutern.
Auch die
Entwicklung des
Embryos aus der
Eizelle ist der bei den
Farnkräutern analog. Die jetzt noch lebenden
Equisetum sind über die ganze Erde verbreitet. Es sind sämtlich Gewächfe, die auf sumpfigem
Boden oder im Wasser vorkommen. NtM86wm.)
In ihren Größenverhältnissen und in der Anzahl der
Arten (etwa 40) stehen sie weit zurück gegen die
der Vorwelt.
Die Reste, welche von den letztern erhalten sind, gehören sehr verschiedenen Formationen an.
Man hat sie in
mehrere Gruppen eingeteilt.
Diejenigen, welche den jetzigen Equisetum am meisten ähneln, hat man einfach unter die Gattung I^iii86win
(s. d.) selbst gestellt.
Andere Formen, welche vorzüglich in der
Steinkohle auftreten, aber auch schon
in ältern Schichten vorkommen, hat man unter dem
Namen (^9.1kmit68 vereinigt. Es sind dies baumartige
Schachtelhalme von bedeutender
Größe, die sich da- durch auszeichnen, daß sie weder
Blätter noch
Blatt- scheiden haben; vielleicht fehlten dieselben gänzlich,
oder sie waren so vergänglich, daß sie leicht abfielen und infolgedessen nicht mehr an den fossilen
Stäm- men zu sehen sind. Die Sporenstände derselben sind nicht sicher bekannt; man rechnet hierher einige, nicht im Zusammenhang
mit den
Stämmen er- haltene Sporenstände, die als (^1g.in08t3."n^8 be- zeichnet werden, doch beruht dies nur
auf Ver- mutungen. Auch unter dem
Namen 1^lini86tit68 werden neuerdings von
Schimper folche
Frucht- stände zusammengefaßt,
die in der
Steinkohle vor- kommen. Die fossilen
Stämme, welche unter den Bezeichnungen OalauioäLQäroii
und ^rturopitn^Z
bekannt sind, rechnen einige Paläontologen eben- falls zu den Equisetum, doch ist es wahrscheinlicher, daß die-
selben zu den Gymnospermen (s. d.) gehören.
Von den übrigen fossilen Equisetaceengattungen sind noch
zu erwähnen senixonEurou, welche mit einigen
Arten von N^ui86tuni im
Buntsandstein und im Keuper vorkommen, und ferner die
Annularien, deren
Stämme ähnlich wie die von N ge- baut waren, deren
Blätter aber nicht zu einer Scheide verwachsen waren,
sondern
frei in Wirteln an den Knoten standen.
Die Seitcnäste sind zweizeilig ge- stellt, es sind also
nur in den
Achseln zweier oppo- nierten
Blätter eines Wirtels Seitensprossen vor- handen.
Die früher zu den Equisetum gestellte
Gattung 8p1i6u0i)KMum gehört jedenfalls nicht hierher, ist vielmehr zu den
Lycopodiaceen (s. d.) zu stellen. Diejenigen
Reste, die man unter dem
Namen ^8t6i-0pl^11it68 vereinigt, sind vielleicht zum
Teil zu den Equisetum zu rechnen, doch sind sie, hauptsächlich
betreffs des
Baues ihrer Fruchtähren, zu ungenau bekannt, um etwas Sicheres über ihre systematische
Stellung bestimmen zu
können.
Von einigen Pa- läontologen werden sie als die blättertragenden Zweige der
Calamites-Arten
angesehen. ^yuisstitss, s. Equisetaceen.
[* 4]
Gquifetkrankheit, bei Haustieren vorkom- mende, durch die unter gewissen Umständen
giftigen
Schachtelhalme hervorgerufene
Krankheit. Gquisetfäure, s.
Aconitsäure.
Hynisötuni ^.,
Schachtelhalm, die einzige
noch lebende Pflanzengattung aus der nach ihr be- nannten Familie der Equisetaceen (s. d.)
mit etwa 40 über die ganze Erde verbreiteten
Arten, von denen 11 in
Deutschland
[* 5] vorkommen.
Ein
Teil derselben
hat zweierlei Stengelformen, eine sterile zweigbildende und eine fruchttragende zweiglofe, bei den andern werden Sporangienstände
und Seiten- zweige an denselben
Stengeln gebildet.
Bei den erstern erscheinen die chlorophylllosen, spargelähn- lichen, fruchttragenden
Sprossen sehr bald im
Früh- jahr, die sterilen chlorophyllführenden dagegen spä- ter. Hierher gehört
der Ackerschachtelhalm, ein unter dem
Namen Scheuerkraut,
Katzenwedel,
Pferd
[* 6] eschwanz, Du wok bekanntes lästiges
Acker- unkraut
N. aiV6N86 ^. (s.
Tafel:
Gefäßkrypto- gamen,
[* 1]
Fig. 10), dessen tief in den
Boden hinab- steigende Rhizomäste nur schwer auszurotten
sind. Da die
Pflanze nur in nassem, schwerem
Boden ge- deiht, so kann man sie durch geeignete Entwässerung,
durch
Drainage
[* 7] u. s. w. am besten entfernen.
N(M86ti ininori8 offizinell. Ferner
gehört hierher die größte deutsche Art N. tslinawia. Z7t?'/e., die stellenweise bis zu 2 in hoch wird. Einige
Arten, wie
N. 8i1va- ticnin ^,. und ^. pr3.t6Q86 ZZ/iT'/b., haben zwar eben- falls fruchttragende und sterile
Stengel
getrennt, doch bilden die letztern nach der Sporcnreife noch Scitenzweige und ergrünen ebenso wie die sterilen
Stämme. In
die Gruppe, bei der sterile und frucht- tragende
Stämme nicht getrennt sind, gehört unter andern das Polierschachtelhalm
oder Polier- heu genannte N. nisinais ^. mit etwa 1 m hohen, meist astlosen
Stengeln. Die.Halme dieser
Art waren früher ofsizinell als Ilsi-da. Nqni^ti in^oris. Die größte jetzt noch lebende
Equisewm-Art ist das in
Südamerika
[* 8] wachsende N. FiZantsnin ^., dessen
Halme eine Höhe von 10 in erreichen; sie sind jedoch so dünn, daß sie sich
nur aufrecht erhalten können,
¶
forlaufend
221
wenn sie sich an benachbarte Bäume anlegen. Alle Equisetum-Arten enthalten bedeutende Men- gen von Kieselsäure in der Epidermis
[* 10] (15. niemals l'7 Proz. der Llsche), wodurch sie eine gewisse Härte und Rauhigkeit erhalten.
Beim Verbrennen hinter- lassen
sie deshalb ein zartes Kieselskelctt, welches die Formen der Halme noch ziemlich vollkommen zeigt.
Wegen
dieses Gehalts an Kieselsäure werden viele Arten, wie 15. äilvatieum, prateuze. arveuss, palu5ti'6 !., als Scheuerkraut,
Kannentraut, Zinn- traut, oder andere, wie hauptsächlich ^. 1ii6m3.i6, zum Policren verwendet. Von den fossilen Formen,
die man zur Gattung 15. rechnet, oder auch unter dem Namen I^uiLetites zusammengefaßt hat (vgl. Equisetaceen,
S. 2203.), sind hauptsächlich zu erwähnen: das im Buntsand- stein auftretende N. Nou^eotii Fc/i/m^., dessen Stamm gegen 20 cm
dick war und jedenfalls eine ganz bedeutende Höhe erreichte;
ferner gehört hicrber das im untern Keuper häusige 15. avkuaceum
«/^s/., dessen Halme ebenfalls eine Dicke von 20 eine Höhe von 8 bis 10 in erreichten. Bei einigen Exemplaren
der letztcrn Art ist die Scheide sehr gut erhalten, sie ist gegen 3 cm lang und hat etwa 120 Zipfel. Auch die Rhizomc sind
noch erhalten und mit diesen zusammen eigentümlich knollenartig ent- wickelte Rhizomteile, die etwa die Größe eines Hüh-
nereies haben. Solche knollenartig ausgebildete Rhizompartien kennt man übrigens auch bei einigen lebenden
Equisetum-Arten, nur erreichen sie hier laum die Größe einer Haselnuß. fteitschulen. Gquitationsanftalt zu Müncken, s.
Militär- Equitationsschulen, frühere Bezeichnung für die Reitschulen der österr. Kavallerie. Aus der ehe- maligen Central-Equitations
schule ist das jetzige Reitlehrerinstitut zu Wien
[* 11] hervorgegangen' an die Stelle der früher bei allen Regimentern
be- stehenden E sind eine Anzahl Brigade-Offizierschu- lcn zur Ausbildung von Subalternosfizicrcn in allen Zweigen des kavalleristischen
Dienstes getreten (s. Militärreitschulen). HqMtss, Mehrzahl von I5qu63 (s. d.). - llbcr die 15. genannten Schmetterlinge
[* 12] s. Ritter. Hyuivoyub (frz., spr. ekiwock),
s. Äquivok. Nyunieus, Sternbild, s. Füllen. üHNus, Gattung der Einhufer, zu welcker das Pferd, der Esel,
derOnager oder Gurkur, der Dschig- getai und die Zebras (s. die betreffenden Artikel) gehören. Er (davon das Zeitwort Eren,
E r z en), Anrede, die in Deutschland im 17. Jahrh, aufkam.
Schon im Mittelalter wurde der Vornehme nicht
mit Du, sondern mit einem Namen angeredet, der sich auf feine Würde bezog.
Von Frankreich und Italien
[* 13] kam diese Sitte nach Deutschland,
und zu Beginn des 17. Jahrh, gebrauchte man statt Dn die Anrede «der Herr»
und vorerst in Verbindung damit das sich dem Begriffe nach auf die dritte Person richtende Fürwort er;
so Scriver 1640... «geliebter Herr! ich zweifele zwar nicht, daß er seinem Gott
bereits wieder abgebeten habe».
Als das Er sich eingebür- gert hatte, gebrauchte man es bald allein statt der zweiten Person.
Aus einer vornehmen Anrede ward es dann nach und nach zu einer vertraulichen.
In der ersten Hälfte des 18. Jahrh,
sank der Wert des Er beträchtlich infolge der Übertreibung, den Plural des Er anzuwenden.
Aber noch SchillersVater redet
ihn in seinen Briefen mit Er an,
was damals noch für vornehmer galt als Du und Ihr. Im 19. Jahrh, nannte man zuletzt nur
Nie- drigerstehende (Bediente, geringe Handwerker und Bauern) Er, eine Anrede, die jetzt als Mißachtung
betrachtet wird.
In der bayr. Armee wurden die Soldaten von den Offizieren bis 1868 mit Er an- gesprochen.
«Er» wurde auch
für Mann, für das Männchen von Tieren gebraucht;
der Plural hier- von ist: die Ern. ((55. Duzen.) Hr,
chcm.
Zeichen für Erbium. 15,'., bei naturwissenschaftlichen Namen Abkür- zung für Wilh.
Ferd. Erichfon (s. d.). Gra, linker
Nebenstuß des Arno im ital. Com- partimento Toscana, Provinz Pisa,
[* 14] entspringt an der Westseite des Monte-Miccioli, fließt
nach W. bis auf 0,5 km von Volterra, wendet sich dann nach NW. und mündet von S. her in den Arno bei Pontedera,
wo über den Fluß eine schöne Mar- morbrücke sührt. Gradiation (neulat.), Lichtausstrahlung.
Gradizieren (lat.), auswurzeln,
entwurzeln, mit der Wurzel
[* 15] ausrotten;
davon das Substanti- vum Eraditation. üra^rostis Feaill).,
Liebesgras, Pflanzen- gattung
aus der Familie der Gramineen
[* 16] (s. d.) mit gegen 100 in den gemäßigten und
warmen Zonen sehr weit verbreiteten Arten.
Die wichtigste Art ist das in Abessinien einheimische und dort allgemein als Getreide
[* 17] kultivierte Tef- oder Tafgras, 15. ad)83inicH^., dessen kleine, aber zahlreiche Früchte, etwa von der Größe der Hirsekörner,
ein wichtiges Nahrungsmittel
[* 18] für die Bewohner ganz Abessiniens bilden.
Aus dem Mehl
[* 19] wird Brot mit
[* 20] angenehm
säuerlichem Geschmack gebacken. Gran,
[* 21] Hochland in Westasien, f. Iran. Erandique (spr. -dihke), Distrikt im SO. des Depart.
Gracias der Republik Honduras
[* 22] mit gleich- namiger Hauptstadt (2000 Era of good feeling), hat reiche Minen mit herrlichen, oft roten Opalen. Granos
(grch.), im alten Griechenland
[* 23] eine Mahlzeit, zu welcher jeder Gast seinen Beitrag an Lebensmittcln oder
Geld gab (Picknick);
in Athen
[* 24] insbesondere hießen 15ran0i organisierte Genossen- schaften, ^«ie teils
zu gemeinschaftlichen Vergnügun- gen und ^chmausereien, teils zu gegenseitiger Unter- stützung durch Geldvorschüsse sich
verbunden hatten; Eranisten, die Mitglieder eines Era of good feeling UrantkisFtt??Fk., Winterling, Pflanzengat- tung
aus der Familie der Ranunkulaceen (s. 0.). ^ie ist die früheste aller Gartenblumen und entwickelt schonimFebruarund
März noch vor den Blättern ihre großen gelben, von einer vielblätterigen Hülle um- gcbenenBlumen auf einem nur 10 cm
hohenSchafte. Schon im Mai ist sie spurlos verschwunden. Man pflanzt sie in einer etwas schattigen Lage und dicht beisammen
zwischen Schneeglöckchen und Scillen, von denen sie in der Blüte
[* 25] abgelöst wird. Vermeh- rung durch Teilung derStöcke oder durch tarnen, welche sofort nach der Reife gesammelt werden müssen, da sie sonst zur Erde fallen. Man kennt
nur zwei in den Gebirgsgegenden Asiens und Euro- pas vorkommende Arten. In Deutschland findet sich nur eine
davon, 15. liismaiis ^., selten wild wachsend; doch wird sie oft in Gärten angepflanzt. Ilra. ok Fooä kesiinA (engl.,
spr. ihre öf gudd fihling; «Zeit des guten
Einvernehmens»),
von Bedeutung in öffentlichen Ämtern zur demokratischen Partei gehörten.
Heftige persönliche Zwistigkeiten machten ihr
ein Ende und es folgte eine neue Trennung der Parteien in Demokraten und nationale Republikaner oder Whigs. (S. auch Demokratische Partei.)
(spr. erahr), Sébastien, Musikinstrumentenbauer, geb. zu
Straßburg,
[* 29] trat 1768 bei einem Klaviermacher in Paris
[* 30] in Arbeit. Schon 1770 konstruierte er ein Clavecinmécanique, das durch seinen Mechanismus Aufsehen erregte. Sein erstes Pianoforte baute er 1777 für die Herzogin von Villeroy,
die ihm in ihrem Hotel einen Raum für ein Atelier überließ. Mit seinem BruderJeanBaptiste gründete Erard bald darauf ein
größeres Fabriketablissement, das schnell zur Blüte gelangte.
Während der Revolution lebte er in London,
[* 31] wo er eine Fabrik errichtete, in der außer Pianofortes auch Harfen (um 1796 durch
Erard bedeutend verbessert) gebaut wurden. Von besonderer Wichtigkeit war seine Erfindung der Pedalharfe à doublemouvement (s. Harfe). Die Repetitionsmechanik (s. d.) brachte er 1823 zu
stande und stellte ein Instrument mit dieser Erfindung in Paris aus. Seit 1825 gab sich Erard auch mit dem Orgelbau ab und führte
hier ebenfalls Verbesserungen ein. Er starb auf dem von ihm erworbenen, ehemals königl.
Jagdschlosse La Muette bei Passy.
Sein Neffe, PierreErard, geb. 1794 in Paris, kam jung, nach London, wo er die Harfenfabrik seines Oheims leitete,
hielt sich nach dessen Ableben zur Leitung der Geschäfte abwechselnd in Paris und Londonauf und starb auf La Muette,
nachdem er einige Jahre im Irrsinn zugebracht. Die E.schen Fabriken bestehen fort.
Wolfgang, volkswirtschaftlicher Schriftsteller, geb. zu Schönfeld bei Großenhain,
[* 32] studierte in Leipzig,
[* 33] Jena
[* 34] und Berlin
[* 35] anfangs Mathematik, später Nationalökonomie und Jurisprudenz, war 1866–70 in den Rheinlanden und Westfalen
[* 36] teils journalistisch, teils als Generalsekretär des Rheinisch-Westfälischen Gewerbevereins und des Verbandes der Leinenindustriellen
thätig und wurde 1871 Syndikus der Handelskammer in Breslau.
[* 37] Seit 1886 war Eras auch Syndikus der Schlesischen Textilberufsgenossenschaft.
Er starb Früher eifriger Freihändler, nahm er seit 1876 (Kongreß in Bremen)
[* 38] in Zollfragen auf volkswirtschaftlichen
Kongressen und in Vereinen wiederholt eine vermittelnde Stellung ein und wendete sich mehr solchen Aufgaben zu, die abseits
der Zollpolitik liegen. Er gab 1868–69 das «Jahrbuch für Volkswirtschaft» (Leipzig) heraus und schrieb außer zahlreichen
Aufsätzen und Abhandlungen: «Was steht in den preuß. Schulregulativen?»
(Lpz. 1868),
«Der Zwangsstaat und die deutschen Socialisten» (ebd. 1868),
«Vier Zeitfragen aus dem Gebiete der Volkswirtschaft»
(ebd. 1870),
«Handelspolitische Aufgaben nach dem Kriege» (Berl. 1871),
Ein anderer
Erasinos entspringt 5 km südlich von Argos als mächtige Quelle,
[* 40] die von den Alten als Abfluß des Stymphalischen Sees angesehen
wurde.
griech. Arzt, um 300 v. Chr., stammte von Julis auf der InselKeos, hielt sich eine
Zeit lang am Hofe des Seleucus Nikator zu Antiochien auf, begab sich dann wahrscheinlich nach Samos und soll dort in hohem Alter
gestorben sein. Gleich groß in der Theorie wie in der Praxis, ward er Stifter einer eigenen mediz. Schule, die unter
dem Namen der Erasistrateer bekannt ist. Er nahm in dem Körper zwei Hauptgegensätze an, den Lebensgeist und das Blut, und
machte namentlich in der Lehre
[* 41] vom Gehirn
[* 42] und Nervensystem wichtige Entdeckungen. Von seinen zahlreichen Schriften haben sich
nur geringe Bruchstücke, meist bei Galenus (s. d.), erhalten.
Als die Sarazenen diese Stadt zerstörten, sollen seine Gebeine nach Gaeta gebracht worden sein, doch wollen noch andere
StädteItaliens
[* 43] sein Grab besitzen.
Der 2. Juni ist sein Gedächtnistag. Er gehört zu den 14 Nothelfern und
wird gegen Viehkrankheiten, Bauchschmerzen und Geburtswehen angerufen.
Desiderius (eigentlich Gerhard Gerhards, d. i. Gerhards Sohn, holländ. Geert Geerts; Erasmus und
Desiderius bedeuten: der Begehrte, Ersehnte), genannt Erasmus von Rotterdam,
[* 44] der genialste und gefeiertste HumanistDeutschlands,
[* 45] geb. oder 1469 zu Rotterdam als unehelicher Sohn des Gerhard de
Praet, besuchte die Schule von Deventer, die Hegius leitete. Früh verwaist, trat er auf Drängen seiner Vormünder halb widerwillig
in das KlosterStein (Emmaus) bei Gouda und folgte, froh aus dem Klosterzwange scheiden zu können, 1491 einer Berufung durch
den Bischof von Cambrai.
Durch dessen Fürsorge konnte Erasmus 1496 Paris besuchen und teilte seitdem, während sein Ruhm schnell wuchs,
seinen Aufenthalt mit weltbürgerlicher Gleichgültigkeit zwischen Frankreich, England, wo der Kanzler Thom. Morus sein Freund
war, und den Niederlanden, überall als erfolgreicher Vorkämpfer des Humanismus. In Italien, das er erst 1506 kennen lernte,
wurde ihm zu Turin
[* 46] die theol. Doktorwürde, zu Venedig
[* 47] die Freundschaft des Aldus Manutius zu teil. Doch
die höchste Verehrung genoß er in Deutschland, das ihn als seinen größten Sohn feierte; eine Reise nach Straßburg und Basel
[* 48] 1513 war
ein wahrer Triumphzug.
Zur Annahme eines Amtes konnte sich der unruhige Mann trotz der Mühsale seines Wanderlebens nicht entschließen;
doch bezog er seit 1516 eine Pension von Karl V. 1517 ließ er sich an der Hochschule Löwen
[* 49] nieder, siedelte aber schon 1521 nach
Basel
über, wo Holbein
[* 50] ihn malte. Von dort trieb ihn die Einführung der Reformation 1529 nach Freiburg
[* 51] i. Br., wo er,
geistig und körperlich leidend, den Rest seiner Tage zubrachte. Er starb bei einem Besuch in Basel Seine Vaterstadt
errichtete ihm 1662 ein Denkmal.
Erasmus war nicht nur ein gelehrter Philolog, sondern vor allem ein unglaublich fruchtbarer, stets geschmackvoller Schriftsteller,
ein glänzender Stilist
¶
mehr
und ein vollendeter Weltmann. Ein überlegener Verstand, den er gern in Sarkasmen zeigte, leitete ihn; von Leidenschaften
kannte er nur die Eitelkeit. Man hat ihn treffend mit Voltaire verglichen. Kaum gab es ein Gebiet der damaligen Wissenschaft,
auf dem er nicht thätig war. Seine «Adagiorum chiliades» (Vened. 1508 u. ö.)
sind eine Sprichwörtersammlung mit schönen Erläuterungen. Erasmus verfaßte treffliche pädagogische
Schriften. Mit gesundem Gefühl bekämpfte Erasmus die Alleinherrschaft des ciceronianischen Stils in der Satire «Ciceronianus»
(1528). Die Zahl seiner Ausgaben klassischer und patristischer Schriftsteller (z. B. Cicero, Seneca, Aristoteles, Hieronymus,
Augustinus) ist unabsehbar.
Sein Herz hing an der griech. Litteratur, während ihm das Hebräische fern lag. Lucian war sein Liebling.
Die noch heute gültige Aussprache des klassischen Griechischen geht auf Erasmus zurück («De recta latini graecique sermonis pronunciatione
dialogus», 1528). Seine dem Papst gewidmete und mit einer lat. Übersetzung versehene Ausgabe des NeuenTestaments (Bas. 1516),
der bald eine wertvolle Paraphrase folgte, trug ihm lebhafte Anfeindungen von der Kirche ein, weil sie
an der Vulgata Kritik übte, wurde dagegen von Luther seiner Bibelübersetzung zu Grunde gelegt.
Auch in andern Schriften äußerte Erasmus reformatorische Gedanken, so in dem ausgezeichneten Erbauungsbuch «Enchiridion militis
christiani», in den vielbenutzten «Familiaria colloquia» (1524),
Meisterstücken der lat. Umgangssprache, und in der eleganten, geistreichen
Satire auf alle Stände «Encomium moriae» («Lob
der Narrheit», Par. 1509). Sie gehörte, durch Holbeins Federzeichnungen geschmückt, zu
den gelesensten Büchern des Jahrhunderts. Trotz mancher Übereinstimmung stieß den geistigen Aristokraten Erasmus das Auftreten
des Volksmannes Luther ebenso ab, wie die Leidenschaft Ulrichs von Hutten, mit dem er in eine wenig ehrenvolle
Fehde geriet. Gegen Luther richtete Erasmus u. a. seine «Diatribe
de libero arbitrio» (1526). Trotzdem hat ihn auch die kath. Partei nicht als einen der
Ihrigen angesehen, sondern seine Schriften auf den Index gesetzt. Die vollständigste und beste Ausgabe seiner Werke besorgte
Leclerc (10 Bde., Leid. 1703-6). -
Vgl. Stichart, Erasmus (Lpz. 1870);
Drummond, Erasme (2 Bde., Lond.
1873);
F. C. Hoffmann, Essai d’une liste d’ouvrages et dissertations concernant la vie et les écrits d’Erasme (Brüss.
1866);
griech. Gelehrter der Alexandrinischen Schule, der sich selbst den Beinamen des Philologen gab, nicht
im jetzigen Sinne, sondern in dem des Freundes der Wissenschaft überhaupt, geb. 275 v. Chr. zu Kyrene in Afrika,
[* 57] wurde um 235 von
Ptolemäus Euergetes aus Athen nach Alexandria, wo er früher, namentlich unter Kallimachus studiert hatte,
zurückgerufen und war dort viele Jahre Vorsteher der großen Bibliothek. Er starb 194 v. Chr., wie es heißt den freiwilligen
Hungertod aus Gram über seine Erblindung. Eratosthenes war ein feinsinniger Dichter und ausgezeichneter Grammatiker, wobei übrigens
seine Thätigkeit mehr den realen Disciplinen als der sprachlichen Seite zugewandt war, zugleich aber
auch einer der größten Forscher im Gebiete der sog. exakten Wissenschaften. Er erfand namentlich
eine Lösung des Problems der Verdoppelung des Würfels (vgl. den Brief des Eratosthenes hierüber, übersetzt von Dreßler, Wiesb.
1828) und eine Methode, die Primzahlen zu finden (das sog. Sieb des Eratosthenes, grch. koskinon, lat. cribrum
Eratosthenis genannt, nach dem Titel der Schrift des Eratosthenes darüber).
Auch bestimmte er um 220 v. Chr. an großen Armillen, die unter dem Portikus des Akademiegebäudes in Alexandria aufgestellt
waren, die Schiefe
[* 58] der Ekliptik mit ziemlicher Genauigkeit. Große Berühmtheit erlangte aber besonders seine Gradmessung,
[* 59] die erste
wirkliche Erdmessung. Er bestimmte zu diesem Zwecke die Zenithdistanz der Sonne
[* 60] zur Zeit des Sonnensolstitiums
im Mittag zu einem Fünfzigstel des Kreises, während sie in SyeneNull war; die Entfernung zwischen beiden Orten nahm er zu 5000 Stadien
an und fand daher für den Erdumfang 250000 Stadien.
Ferner hat Eratosthenes in drei Büchern «Geographika» das erste wissenschaftliche
System der Geographie aufgestellt, das nach dem Verluste aller Werke des Eratosthenes besonders durch die Anführungen bei Strabo verhältnismäßig
gut bekannt ist.
Vgl. Wilberg, Die Konstruktion der allgemeinen Karten des Eratosthenes (Essen
[* 61] 1834);
ders., Das Netz der allgemeinen
Karten des Eratosthenes und Ptolemäus (ebd. 1835);
Schäfer, Die astron.
Geographie der Griechen bis auf Eratosthenes (Flensb.
1873); Berger, Die geogr. Fragmente des Eratosthenes (Lpz.
1880). -
Wie Eratosthenes durch jenes Werk der Schöpfer der wissenschaftlichen Geographie ward, so ist er durch seine «Chronographiai»
der Begründer der wissenschaftlichen Chronologie geworden. Von seinem Werke über die Sternbilder sind die erhaltenen, namentlich
von Schaubach (Gött. 1795) und Robert (Berl.
1878) herausgegebenen «Catasterismi» ein Auszug.
Vgl. Maaß, Analecta Eratosthenica (in den «Philolog. Untersuchungen», Heft
6, Berl. 1883).
In einem vierten großen Werke behandelte Eratosthenes die alte griech. Komödie. Von
diesem Werke sind nur Bruchstücke erhalten. Von den Dichtungen des Eratosthenes enthielt ein Epos «Hermes»
[* 62] (Merkur)
[* 63] die
¶
mehr
Kindheitsgeschichte dieses Gottes und reihte daran eine demselben in den Mund gelegte Beschreibung der Sphärenharmonie und
des Himmelsgewölbes, ein anderes enthielt in elegischem Versmaße die Sage von Erigone, der Tochter des Ikarius. Die Bruchstücke
dieser beiden und einer dritten Dichtung hat Hiller («Eratosthenis carminum reliquiae», Lpz.
1872) zuletzt herausgegeben. Eine Sammlung der Fragmente aller Schriften veröffentlichte Bernhardy u. d. T.
«Eratosthenica» (Berl. 1822).
Wilh. Heinr., Kliniker und Neuropatholog, geb. zu Winnweiler in der
bayr. Pfalz, studierte 1857-62 zu Heidelberg, Erlangen
[* 65] und München
[* 66] Medizin und wurde 1862 Assistenzarzt der mediz. Klinik zu
Heidelberg. Er habilitierte sich dort im Herbst 1865 für innere Medizin, wurde 1869 außerord. Professor
daselbst, 1880 ord. Professor für specielle Pathologie und Therapie zu Leipzig, siedelte aber 1883 in gleicher Eigenschaft
und als Direktor der mediz. Klinik wieder nach Heidelberg über. Erb hat sich vorwiegend mit Elektrotherapie und Neuropathologie
beschäftigt und beide Disciplinen durch genaue und scharfsinnige Untersuchungen und Beobachtungen wesentlich
gefördert. Außer zahlreichen Journalaufsätzen verfaßte er ein «Handbuch der Krankheiten der peripheren cerebrospinalen
Nerven»
[* 67] (Lpz. 1874; 2. Aufl. 1876) und ein «Handbuch
der Krankheiten des Rückenmarks und des verlängerten Marks» (ebd. 1876-78; 2. Aufl. 1878),
beide in von Ziemssens «Handbuch
der speciellen Pathologie und Therapie» erschienen; ferner ein «Handbuch der Elektrotherapie» (ebd. 1882; 2. Aufl.
1886),
das zugleich den dritten Band
[* 68] von von Ziemssens «Handbuch der allgemeinen Therapie» bildet; «über die neuere Entwicklung
der Nervenpathologie» (ebd. 1880),
«Die Thomsonsche Krankheit» (ebd. 1886) und «Dystrophia muscularis progrssiva»
(ebd. 1891). Auch giebt er in Gemeinschaft mit von Bergmann und Winckel die Neue Folge der von R. von Volkmann
begründeten «Sammlung klinischer Vortrage» und mit Lichtheim, Friedr.
Schultze und Strümpell die «Deutsche
[* 69] Zeitschrift für Nervenheilkunde» heraus.
1) Kreis
[* 70] in der Hess. ProvinzStarkenburg, hat 593,12 qkm, (1890) 46418 (22927 männl., 23491 weibl.) Erbach, 4 Städte und 97 Landgemeinden.
- 2) Erbach im Odenwald, Hauptstadt des Kreises Erbach, 50 km im SO. von
Darmstadt,
[* 71] in 279 in Höhe, an der Mümling und der Linie Frankfurt-Eberbach der Hess. Ludwigsbahn, ist Sitz eines Kreisamtes,
Kreisbau- und Aichamtes, einer Oberförsterei und hat (1890) 2788 Erbach, darunter 170 Katholiken; Post, Telegraph,
[* 72] evang.
und kath. Pfarrkirche, Kreditverein; bedeutende Tuchfabriken, Gerberei, Elfenbeinschnitzerei und besuchte Märkte.
Das gräft. Schloß der Linie Erbach-Erbach, über der Stadt, in deren Mitte gelegen, Mitte des 16. Jahrh.
im Renaissancestil erneuert, im 18. Jahrh, zum Teil umgebaut, birgt interessante, von dem letzten souveränen GrafenFranz I.
erworbene Sammlungen griech., röm. und german.
Altertümer, eine reiche Gewehrkammer, einen Rittersaal mit den Rüstungen
[* 73] und Waffen hervorragender Männer (Kaiser Maximilian
I., Franz vonSickingen, Götz von Berlichingen, Wallenstein, Gustav Adolf u. a.), wertvolle Glasmalereien (13. bis 17. Jahrh.)
und in der Kapelle Steinsarkophage Einhards (s. d.) und Immas, 1810 aus dem Kloster zu Seligenstadt hierher
gebracht. - 3) Erbach im Rheingau,
[* 74] Dorf im Rheingaukreis
des
preuß. Reg.-Bez. Wiesbaden,
[* 75] 2 km westlich von Eltville, rechts des Rheins und an der Linie Frankfurt-Niederlahnstein der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 76] hat (1890) 2173 meist kath. Erbach, Post, Telegraph, evang. und kath. Pfarrkirche, Schloß Reinhartshausen
des Prinzen Albrecht von Preußen,
[* 77] mit einer Sammlung von Gemälden und Skulpturen; Konservenfabrik, vortrefflichen
Obst- und Weinbau (auf dem Markobrunnerberg wächst der schon 1104 erwähnte edle Markobrunner). Erbach erscheint bereits 954. 4 km
im N. die schön gelegene Heil- und Pflegeanstalt für Geisteskranke Eichberg, 1843 errichtet.
frank. Dynastengeschlecht, das seinen Stammbaum bis auf Einhard (s. d.) und dessen Gemahlin
Imma, der Sage nach eine Tochter Karls d. Gr., zurückführt, aber erst seit Mitte des 12. Jahrh.
urkundlich nachweisbar ist, erhielt die reichsgräfl. Würde und 1541 das Münzrecht. Gemeinschaftlicher Stammvater
des jetzigen Hauses ist GeorgAlbrecht II. (gest. 1717). Es teilte sich nach dessen drei Söhnen in drei
Linien: Erbach-Fürstenau, Erbach-Erbach und Erbach-Schönberg, die nach dem Alter des Hauptes jeder Familie rangieren.
Das Geschlecht ist noch im Besitz des Landes, welches Einhard (s. d.) von KaiserLudwig dem Frommen erhielt und 4 Jahre nachher
dem Kloster Lorsch unter der Bedingung vermachte, daß es als Lehn seinen etwaigen Nachkommen verbleiben
solle. Die ganze gegenwärtig unter die drei Linien geteilte Grafschaft liegt in der Hess. ProvinzStarkenburg und umfaßt 523 qkm.
Sie verlor durch die Rheinbundsakte vom ihre Unabhängigkeit und bildet jetzt eine Hess. Standesherrschaft. Die
Linie Erbach-Erbach trat 1806 in das Erbe der Grafen Kolbe von Wartenberg-Roth.
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Hofämter, welche im erblichen Besitz gewisser Familien sind. Ihr Ursprung ist aus der ältesten Verfassung
des german. Bauernhofs herzuleiten, aus welcher sich die Verfassung des frank. Königshofs wie des mittelalterlichen
deutschen Königshofs entwickelt hat. Im Mittelalter sind die Hofämter weder der Zahl noch dem Umfange nach fest bestimmt
und noch im 12. Jahrh, ist die Erblichkeit nicht nachzuweisen. Erst mit der Ausbildung der Erzämter (s. d.)
entstehen diesen entsprechende Reichserbämter, indem jedem weltlichen Erzamt ein Erbamt untergeordnet
wurde.
Die Erbämter des Reichs wurden Ministerialen erteilt und blieben in der Familie derselben. Die Inhaber der Erbämter hatten bei
feierlichen Gelegenheiten sich am Hofe des Königs einzufinden und daselbst Ehrendienste zu leisten; niedere Dienstleistungen
wurden von ihnen nicht verlangt. Mit dem Erbamt war in der Regel eine Dotation in Grundbesitz verbunden,
die anfangs nach Hofrecht (Ministerialenrecht), später nach Lehnrecht verliehen wurde. Eine feste Regelung hat das Institut
durch die Goldene BulleKarls IV. von 1356 erfahren;
das Erbmarschallamt hatten die Grafen von Pappenheim (s. Erzmarschall);
Erbschenken waren die Grafen von Limburg
[* 78] und seit 1713, wo die Schenken von Limburg ausstarben, die Grafen
von Althan;
Erbtruchsessen waren im 14. Jahrh. die Grafen von Nortenberg, seit dem Ende des 15. Jahrh. die von Selden-Eck,
seit dem Ende des 16. Jahrh. die Grafen von Waldburg;
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forlaufend
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das Amt des Erbkämmerers hatten die Grafen ! vonFalkenstcin, später dieFürstenvonHohenzollern. i Als infolge des Westfälischen
Friedens eine achte ! Kur mit dem Erzschatzmeisteramt errichtet wnrde, ^ kam anch einErbschatz m eisteramt hinzn, welches
! die Grafen von Sinzendorf erhielten. Anch gab es Erbbescheiniguug ohne entsprechende Erzämtcr, uämlick das Reichsjägermeisteramt
der Grafen von Urach, später der Herzöge von Württemberg,
[* 80] das Reichs- l thür Hüteramt der Grafen von Werthern nnd das Reichserbvorschneideramt
der Herzöge von Mecklenburg.
[* 81] In Nachbildung der Reichsinsti- tutionen wurden auch in den Territorien Erbbescheiniguug errich-
tet. (S. Erblandeshofämter.) Grbanwartschaft, s. Anwartschaft und Erd- schaftsv crmächtnis.
Erbauung (grch. oikoäomß), bildlicher Aus- druck im NeuenTestament, von der Verglcichung der christl.
Gemeinde mit einem Hause oder einem Tempel
[* 82] entlehnt, wird vorzngsweise auch nur vou der Gemeinde insgesamt gebraucht und bezeichnet
dann die wechselseitige Förderung im christl. Leben oder die Arbeit der Apostel, Propheten u. s. w. an der gemeinsamen Heiligung.
Insofern hat die Erbbescheiniguug ihre Stelle im öffentlichen Kultus, und ibr Zweck ist die Darstelluug und Belebung
der gemeinsamen Frömmigkeit oder die gemeinsame Erhebuug des Bewußtseins zu Gott. (S. auch Andacht.) Grbauungsbücher oder
Andachtsbücher, Schriften zur privaten Erbauung oder Pflege des religiösen Lebens. Im kirchlichen Altertum dien- ten dazu
namentlich Wunderlegenden von Aposteln und Heiligen, im Mittelaltcr auch Schriften über Mönchsmoral,
späterhin die Schriften der Mystiker, von MeisterEckardt, Tauler u. a., die «TeutscheTheologie» und namentlich das Buch von der
«Nach- folge Christi» (s. d.).
Die Reformation brachte dem Volke als bestes Erbauungsbuch die deutsche Bibel,
[* 83] daneben Gesangbücher, Luthers Postille und zabl-
v reiche religiöse Flugschriften oder Traktate.
Seit dem 17. Jahrh, kamen dazu ascetische Schriften, Joh. Arndts «Wahres Christentum», HeinrichMüllers «Geistliche Erquickstundcn»,
Christian Ecrivers «Seelenschatz», danach aus der Zeit des Pietismus die Echrifteu vonSpener, das «Tägliche Handbuch» von Joh.
Friedr. Stark, das «Güldene Echatz- tästlein» von Vogatzly u. a. m.
In England fanden namentlich die praktischen Schriften von Rich.
Baxter lvor allem die «Ewige Ruhe derHeiligen») und John Bunyans «Pilgerreise», die auch ins Deutsche über- setzt wurden, die
weiteste Verbreitung. In neuerer Zeit ist für der Titel«Stunden der Andacht» aufgekommen, zuerst durch Heinr. Zschokte (Aarau
[* 84] 1809-15); diese Schrift gehört dem ältern Rationa- lismus, die «Stunden christl. Andacht» von Tholuck
(8. Aufl., Gotha
[* 85] 1870) der sog. «gläubigen»
Rich- tung, die «Stunden der Andacht» von Heinr. Lang (Wintcrthur 1802-65) dcr neuern freisinnigen Theologie an. Daneben dienen
als Erbbescheiniguug zahlreiche Pre- digtsammlungen, Traktate und periodische Blätter sehr verschiedener Richtung. In der rath. Kirche
sind außer dem «Brevier», dem täglichen Andachts- buche der Kleriker, die Schriften von Fenelon, Franz von Sales, Molinos
u. a. viel gelesen. -
Grbbauern, Bauern, die in ihrer Familie ver- erbliche Güter besitzen (Kolonat, Mcierrecht, Erb- pacht, Erbleihe). Früher
verstand man unter Erbbescheiniguug Vrockhaus' Konversations-Lexikon.. 14. Aufl. VI. auch solche Bauern, die
an der Scholle hafteten und
mit den Gütern, anf welchen sie sahen, vererbt wurden. Grbbaurecht, im Entwurf des DeutschenBür- gerlichen Gesetzbuchs die
Superfizies (s. d.). Erbbefcheinigung, Erbeslegitimations- attcst, eine von
dem Gerichte ausgestellte Ur- kunde, in welcher das Gericht bezeugt, daß jemand sich als Erbe eines bezeichneten
Erblassero aus- gewiesen habe.
Die Ausstellung fällt in das Ge- biet der fog. freiwilligen Gerichtsbarkeit. Soweit in Deutschland Grundbuchrecht besteht,
hat, wenn nicht schon früher, das Bedürfnis sich ergeben, behufs Eintragung der Rechtsnachfolge in das Grundbuch dem Erben
einen urkundlichen Nach- weis feiner Erbeneigenfchaft zu beschaffen. Dem- jenigen Richter oder Beamten,
welcher die Eintra- gnng anzuordnen hat, kann nicht zugemutet werden, folche Ermittelungen, wie sie bei einer Prüfung der
Sachlage erforderlich sind, selbst anzustellen.
Über- dies ist für angemessen erachtet, die Prüfung nur dem Nachlaßgerichte zu überweifen, weil diesem die
Verhältnisse bekannt sind oder doch deren Aufklä- rung leichter fällt, und weil ein ErblasserGrund- stücke und diugliche
Rechte, Hypotheken u. s. w. im Gebiete zahlreicher Gerichte hinterlassen haben kann. Dem Zuge
der Rechtscntwicklung und der Gerech- tigkeit würde es nicht entsprechen, solchen Urkunden die Bedeutung einer rechtskräftigen
Entscheidung beizulegen.
Schon bei der weiten Verzweigung mancher Familien, selbst nach andern Erdteilen, würde eine Regelung
unter Verletzuug des Grund- satzes, daß auch der Gegner zu hören ist, eine erheb- liche Gefährdung der Gerechtigkeit zur
Folge haben. Andererfeits hat das Bedürfnis sich erweitert, eine Grundlage dafür zu haben, wer als der Erbe eines Verstorbenen
anzusehen ist mit Rücksicht auf das Handelsregister/^taatsschuldbücher, Hinterlegungs- stellen und auch im Verkehr mit
Gläubigern und Schuldnern des Verstorbenen.
Der von den Ge- setzen zumeist eingeschlagene Weg, der Urkunde nur eine beschränkte Bedeutung beizulegen, hingegen demjenigen,
welcher mit dem durch die Urkunde als Erbe Nachgewiesenen sich eingelassen hat, Schutz zu gewähren, sofern
er in gutem Glauben sich befindet, trägt diesen GesichtspunktenRechnung. Die hierfür geltenden Gesetze sind zahlreich, unter
sich in den Einzclvorschriften nicht überall überein- stimmend. Das prcuß. Gesetz vom 12. März 1869 gilt für den ganzen
Umfang des Staates und ist durch das Gesetz vom auch auf Waldeck- Pyrmont ausgedehnt.
Erwähnt mögen noch wer- den das elsah-'lothr. Gesetz vom das bad. Gesetz vom
die mecklenb. Ver- ordnungen vom 25. und nebst der Ver- ordnung vom für Ratzeburg, das oldenb.
Gesetz vom das braunschw. Gesetz vom das schwarzb.-sondersh. Gesetz vom23. Jan.
1888, das schaumb.-lippesche Gesetz vom das lüb. Gesetz vom (Nächstzeugnisse betreffend), das hamb.
Gefetz vom aber auch die sächs. Verordnung vom §. 19, und die thüringischen
sog. Erbgesetze. Die Mehrzahl dieser Gesetze beschränkt sich dar- auf, nur dem gesetzlichen
Erben eine Erbbescheiniguug erteilen zu lassen. Andere Gesetze geben auch dem Testaments- erben ein solches Recht, offenbar im Hinblick darauf,
daß die Rechtsbeständigkeit letztwilliger Verfügun- gen mitunter sehr schwer festzustellen ist und mit 15
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