Sattel,Pritschensattel. Das Sattelgerüst des (s. Englischer Sattel
Sattel) besteht aus dem vordern und dem hintern Sattelbaum, die aus gebogenem Buchenholz bestehen, dem Sattel die eigentliche
Form geben und auf den Pferderücken passen müssen. Der Vorderbaum bildet in seinem obern
Teil die Kammer (s. unten), die
mit einem starken
Eisen
[* 2] beschlagen ist, damit sie sich durch das Gewicht des Reiters nicht ausdehnen und
auf den Widerrist drücken kann. Der hintere Sattelsaum ist flacher als der vordere, seine hintere Kante heißt der Sattelkranz.
Beide Sattelbäume sind durch zwei flache Holzstücke,
Stege oder
Trachten, miteinander verbunden, welche vorzugsweise den
Reiter tragen. Der Sattel ist mit Schweinsleder überzogen. Den Sattelknopf,
d. i. der
Teil des Sattels
über dem vordern Sattelbaum, findet man bisweilen, um das Drücken am Widerrist zu verhindern, nach hinten ausgeschnitten.
Das unter dem Sattelgerüst befindliche Sattelkissen ist mit Flanell überzogen und mit Kälber- oder Roßhaaren derart gepolstert,
daß in der Mitte in der Längsrichtung des Rückgrates eine Rinne, die Kammer, frei bleibt, um der Luft
freien Durchzug zu gewähren.
Bei einem richtig liegenden und richtig gegurteten Sattel muß selbst unter dem Gewicht des Reiters immer noch ein leerer
Raum von einigen Zentimetern Höhe in der Kammer bleiben. Um den Knien des Reiters einen gewissen Halt
zu geben, werden an den Schweißblättern (breiten, nach unten abgerundeten, mit ihrem obern Rand an den
Trachten befestigten
Lederstücken) Pauschen angebracht. Die Schnallvorrichtung für die
Steigbügel geht durch die Schweißblätter und kann vom
Reiter im Sattel verstellt werden.
Schweiß oder Schweißfieber (Febris miliaris), eine ansteckende
Krankheit, die zuerst
im J. 1486 in England nach der
Schlacht von
Bosworth ausbrach, neben andern bösartigen
Symptomen (großer
Abspannung und
Beklemmung,
Schüttelfrost und Zittern,
Herzklopfen, rheumatischen Nackenschmerzen u. s. w.) mit einem starken, die Kräfte
raubenden Schweiße begann und rasch in rasende Fieberdelirien oder tiefe
Schlafsucht überging, aus der
ein großer
Teil der
Kranken nicht wieder erwachte.
Die
Krankheit, welche ohne Zweifel zu den sog.
Infektionskrankheiten gehörte, entschied sich meist in einem bis zwei
Tagen,
ergriff hauptsächlich junge, starke Individuen und raffte eine große Zahl
Menschen hin (in einzelnen
Epidemien 80-90 Proz.
der Erkrankten); 1507 und 1517 kehrte eine solche
Epidemie wieder, blieb aber beidemal auf die Grenzen
[* 3] Englands beschränkt, indem sie nicht einmal
Irland und
Schottland ergriff. Mit erneuerter Heftigkeit trat sie in England 1528
auf und
ging dann im folgenden Jahre nach
Deutschland,
[* 4]
Holland,
Skandinavien und
Polen über, wo sie ebenfalls überall viele
Menschen
hinraffte.
Zum letztenmal brach sie 1551 in England aus, ohne jedoch die frühere Ausbreitung und Heftigkeit wieder
zu erreichen. Als beste Behandlungsweise bewährten sich gelinde
Beförderung des Schweißes und
stärkende Mittel, während
alle ausleerenden und schwächenden Kuren sich äußerst nachteilig erwiesen. Auch in neuerer Zeit hat man Schweißfieberepidemien
beobachtet, welche indes immer nur auf enge Grenzen beschränkt waren und sich vorherrschend häufig
bei einer warmen, feuchten oder stark wechselnden Witterung entwickelten. Sie kamen besonders oft in
Italien
[* 5] und
Frankreich
vor, wo sie
Suette miliaire, Schweißfrieselfieber, auch picardischer Schweiß genannt werden, da in der Regel Frieselausbrüche
auf der
Haut
[* 6] solche heftige Fieberschweiße
begleiten. -
Leder, nach der Art des Gewebes auch Satin und, namentlich in den bessern Sorten,
nach dem
Englischen Moleskin genannt, ein sehr dichter, atlasähnlich geköperter Baumwollstoff, dessen rechte Seite, auf
welcher der im Verhältnis zur
Kette etwas feinere und dichtere Einschlag frei liegt, gerauht und geschert ist, während die
linke Seite nur gerauht ist.
Pflaster
(Emplastrum adhaesivum anglicum,
Taffetas adhaesivum), Pflaster, bestehend aus festem Seidenzeuge
von weißer, blaßroter oder schwarzer
Farbe, das auf einer Seite mit einer dünnen Schicht Hausenblase überzogen ist, die,
befeuchtet, ein treffliches
Klebmittel bildet. Man benutzt das Englisches Pflaster, um die Wundflächen kleinerer Riß- und Schnittwunden
zusammenzuhalten und gegen den Zutritt der äußern Luft abzuschließen. Man hüte sich aber, dasselbe
noch auf der Wunde liegen zu lassen, wenn schon
Eiterung in derselben eingetreten ist, was sich durch erneuerte Schmerzhaftigkeit
verrät; denn der gehemmte Abfluß des
Eiters verschlimmert die
Entzündung und verzögert die
Heilung. Ebenso ist es ganz unzweckmäßig,
geschundene, ihrer Oberhaut beraubte Hautstellen oder kleine eiternde Hautflächen mit dem Englisches Pflaster zu
bedecken, weil dadurch das Übel nur verschlimmert wird.
In demArzneibuch für das
Deutsche Reich
[* 8] ist es nicht mehr enthalten.
[* 9]Sprache.
[* 10] Soweit die Geschichte zurückweist, wurde im jetzigen England zuerst keltisch gesprochen (s.
Kelten). Als dann im Laufe des 5. und 6. Jahrh. die
Angelsachsen (s. d.) sich dauernd in Britannien niederließen,
drang die german.
Sprache von der
Süd- und Ostküste her bald westlich bis
Devon
[* 11] und
Cornwall, nordlich
bis in das
Tiefland von
Schottland vor.
Augustin und seine Nachfolger bekehrten im 7. Jahrh. die
Angelsachsen zum
Christentum, und
bald war dies
Volk eifrig für Ausbreitung der neuen
Lehre
[* 12] bemüht.
Angelsächsisch (s.
Angelsächsische Sprache und Litteratur) wurde neben Latein
Sprache der Litteratur und der
Kirche; der Einfluß
des Lateins zeigt sich in der großen Zahl der mit dem
Christentum neu aufgenommenen Wörter. Im Norden
[* 13] Englands machte sich
seit der
Niederlassung der Dänen starker Einfluß des Nordischen
(Dänischen) im Wortschatz geltend; dieser Einfluß nahm
zu bis zum 11. Jahrh. Mit der
Schlacht bei Hastings wurden 1066 die romanisierten
Normannen der
Normandie Herren von England.
Am
Hofe und bei den Vornehmen sprach man nunmehr Normanno-Französisch, das
Angelsächsische erhielt sich
im Volksmunde.
In allmählicher tiefgreifender Einwirkung des
Französischen wird auch der volkstümliche Wortschatz umgestaltet, besonders
im
Süden. Diese Strömung erreicht ihren Höhepunkt um die Mitte des
¶
mehr
14. Jahrh. Es sind wiederholt Zählungen veranstaltet worden, um das Verhältnis des roman. Sprachanteils zum Germanischen
im Englischen festzustellen, wonach sich franz. und deutsche Bestandteile ungefähr das Gleichgewicht
[* 15] halten, die deutschen
aber den eigentlichen Kern der Nationalsprache bilden. Der roman. Teil des Wortschatzes hat sich auch den innern Gesetzen der
einheimischen Sprache (wie Accentuation u. a.) fügen müssen. Die Engländer heben mit Genugthuung hervor,
daß es unmöglich sei, einen Satz lediglich aus Wörtern franz. Herkunft zu bilden.
Je mehr sich die polit. Verbindung mit Frankreich lockerte, desto mehr machte die franz. Sprache in England Rückschritte. Ihr
Verständnis beschränkt sich auf die aristokratische Gesellschaft. 1349 wird das Französische aus der
Schule, 1362 aus dem Gerichtswesen verdrängt. Am Ende des 13. Jahrh. blühte die engl.
Litteratur und gewann im 14. Jahrh. unter Eduard III. durch Chaucer den Sieg über das Französische. Das 15. Jahrh. mit seinen
Bürgerkriegen war der Litteratur wenig günstig, im 16. dagegen entfaltete sich Dichtkunst und Prosa
in glänzendster Weise und die Sprache nahm die Gestalt an, welche sie, abgesehen von der Orthographie und vielen veralteten
Wörtern, jetzt noch hat.
Immer mehr hatte die Binnenmundart (Midland dialect) den Vorrang gewonnen und war allmählich zur Schriftsprache erhoben
worden. Durch die großen Dichter des 16. und 17. Jahrh. schritt die Sprache rasch in ihrer Ausbildung
vorwärts und wurde bald eine der reichsten Sprachen der Welt. An Formen hat sie allerdings außerordentlich verloren und
kann sich z. B. mit der deutschen darin nicht messen, doch wurde sie dadurch einfacher in der
Wortfügung und leichter im grammatischen Bau.
Die Hauptschwierigkeit beim Erlernen derselben liegt jetzt in der Orthographie und Aussprache, die vielen Willkürlichkeiten
unterworfen sind. Das bekannteste unter den orthoepischen Werken ist wohl das von Walker
[* 16] (Critical pronouncing dictionary,
zuerst 1791 in London
[* 17] erschienen, zuletzt 1881), das bedeutendste wissenschaftliche über die Entwicklung der engl. Aussprache
das von Ellis (On early English pronunciation, 5 Bde., Lond.
1869-89), nicht weniger wichtig ist Sweets Werk History of English sounds (Oxf. 1888).
Vgl. ferner Morbach, Über den Ursprung
der neuengl.
Schriftsprache (Heilbr. 1888); Römstedt, Die engl. Schriftsprache
bei Caxton (Gött. 1891).
Das Englische zerfällt in viele Mundarten. Schon in ältester Zeit kann man deren vier unterscheiden (s.
Angelsächsische Sprache und Litteratur), um deren Darstellung sich vor allenSweet und Sievers verdient gemacht haben (vgl.
Dialects and prehistoric forms of English in den «Transactions of the Philological Society», 1875-76; Englische Sievers, Angelsächs.
Grammatik, 3. Aufl., Halle
[* 18] 1893). Auch im Mittelenglischen lassen sich diese Hauptmundarten wahrnehmen:
die südliche, westliche, binnenländische und nördliche.
Keine der neuern Sprachen ist in demselben SinneWeltsprache zu nennen wie die englische. Sie hat eine die Erde umspannende
Verbreitung gefunden. Sie gebietet über einen Wortschatz, der schwerlich übertroffen wird. Während 1801 die Zahl der
englisch Sprechenden auf 21 Mill. geschätzt wurde, sprechen jetzt etwa 125 Mill. diese Sprache, wovon
ziemlich genau die Hälfte auf die Vereinigten Staaten entfällt. Zur Erforschung der engl. Mundarten des Mutterlandes hat
sich 1870 eine Gesellschaft in London gebildet: die «English Dialect Society», welche ein großes Mundartenwörterbuch vorbereitet
und eine Anzahl Veröffentlichungen über einzelne Mundarten veranstaltet hat.
Von diesen hat das Schottische die bedeutendste Litteratur, welche bis ins 14. Jahrh. zurückgeht. Der schott.
Wortschatz ist gesammelt von Jamieson (Etymological dictionary of the Scottish language, 2 Bde.,
Lond. u. Edinb. 1808; Supplemente, 3 Bde., 1879 fg.; seitdem öfters, auch abgekürzt
von Johnstone und Longmuir, Edinb. 1877). Eine gründliche Arbeit über diese Mundart schrieb Murray (The
dialect of the Southern counties of Scotland, in den «Transactions of the Philological Society», 1873). (Vgl. W. Skeat, Bibliographical
list of the works ... illustrative of the various dialects of English, Lond. 1876.) Doch auch andere
Mundarten, besonders die westlichen, weisen eine reiche Litteratur aus. Von allgemeinen Werken über
die Englische Sprache seien noch erwähnt die betreffenden Abschnitte in Storms Englisk Filologie (in der deutschen Bearbeitung: Engl.
Philologie, Bd. 1, 2. Aufl., Lpz.
1892), in Elzes Grundriß der engl. Philologie (2. Aufl., Halle 1888), in Körtings Encyklopädie und Methodologie der
engl. Philologie (Heilbr. 1888) und in der kurzgefaßten Einführung in das Studium der engl. Philologie von W. Victor (Marb.
1888).
Die ersten Versuche zur grammatischen Bearbeitung der Englische Sprache finden sich in den lateinisch geschriebenen
Grammatiken von John Colet, Dechant von St. Pauls, gewöhnlich Paul's Accidence (zuerst um 1510) genannt,
und von W. Lily (zuerst Lond. 1542). Die erste eigentlich engl. Grammatik verfaßte William Bullotar (Bref grammar for English,
Lond. 1586). Unter seinen Nachfolgern erlangten das höchste Ansehen Johnson (1706), Rob.
Lowth (1762),Thomas Sheridan (1786), HorneTooke in den «Diversions of Purley» (2 Bde.,
Lond. 1798-1805), Lindley Murray, ein geborener Amerikaner (zuerst 1795), und Noah Webster (1836). Ein
Werk des mühsamsten Fleißes ist Goold BrownsGrammar of English grammars (Neuyork
[* 28] 1857). Durch den Einfluß der histor. und
vergleichenden Philologie ist auch die engl. Grammatik in ein neues Stadium getreten. Lathams Werk Treatise on the
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mehr
English Language (Lond. 1841 u. ö.) ging noch nicht über die von
Jak. Grimm in seiner «DeutschenGrammatik» gewonnenen Resultate hinaus und ist seitdem vielfach überholt worden, namentlich
von Earle, The philology of the English tongue (2. Ausg., ebd. 1873);
Morris, Historical outlines of English accidence (4.
Ausg., ebd. 1888);
Adams, Elements of the English language (ebd. 1858; öfter aufgelegt);
Englische A. Abbott,
A Shakespearean grammar. An attempt to illustrate some of the differences between Elizabethan and modern English (ebd. 1869;
neue Aufl. 1871) u. s. w. Sehr bedeutende Leistungen für die
wissenschaftliche Erforschung der Englische Sprache verdankt man den deutschen Gelehrten.
Zuerst erschien die Wissenschaftliche
Grammatik der Englische Sprache von Fiedler und Sachs (2 Bde., Lpz. 1850-61; Bd.
1, neu bearbeitet von Kölbing, ebd. 1877), dann die zwei bedeutendsten Grammatiken: Mätzners Engl. Grammatik (3 Tle., Berl.
1860-65; 3. Aufl. 1882-85) und C. F. Kochs Histor. Grammatik der Englische Sprache (3 Bde., Weim.,
Cass. und Gött. 1863-69; Bd. 1 u. 2, neu hg. von Zupitza,Cass. 1878-82; Bd. 3, neu hg. von Wülter, ebd. 1891). Übersicht
über die Geschichte in Kluge, Geschichte der Englische Sprache (in Pauls «Grundriß der german. Philologie», Bd. 1. Straßb.
1891).
Das erste bedeutendere engl. Wörterbuch stellte Bailey (2 Bde., Lond.
1726) zusammen. Trotz der etymolog. Mängel und mancher Sonderbarkeiten hat sich bis heute in England behauptet Johnsons
Dictionary of the English Language (2 Bde., ebd. 1755; neu bearbeitet
von Todd und Latham, 4 Bde., ebd. 1866-70); Richardsons New dictionary
of the English Language (2 Bde., ebd. 1836-37; neu
bearbeitet 1860) ist beachtenswert wegen der Citate von den ältesten Zeiten an, aber der etymolog.
Teil ist wertlos. Mit Recht wird sehr geschätzt Noah Websters Complete dictionary of the English Language (2 Bde.,
Neuyork 1828; neu bearbeitet von Goodrich und Porter, Lond. 1882); wichtig ist auch Worcesters Dictionary of the
English Language (Boston
[* 30] 1860; neue Aufl. 1889); J. Ogilvie, Imperial dictionary of the English Language (hg. von Annandale, 4 Bde.,
Lond. 1882). Epochemachend ist das im Erscheinen begriffene New English dictionary on historical
principles von A. H. Murray (Philological Society, Oxf. 1884 fg.) und Whitney, (6 Bde., Lond. und Neuyork
1889-92). Engl.-deutsche und deutsch-engl. Wörterbücher veröffentlichten: Flügel, Vollständiges Wörterbuch der engl.
und deutschen Sprache (2 Bde., Lpz. 1830; 4. gänzlich
umgearbeitete Aufl. von Felix Flügel: Allgemeines engl.-deutsches Wörterbuch, 3 Bde., Braunschw.
1891);
ferner Lucas, Engl.-deutsches und deutsch-engl. Wörterbuch (2 Bde.,
Brem. 1853-68), reichhaltiger, aber nicht so zuverlässig als Flügel, indem sehr viel Archaistisches und
Dialektisches ohne Bemerkung unter dem Neuenglischen steht;
Muret, Encyklopäd. engl.-deutsches und deutsch-engl. Wörterbuch
(Berl. 1891 fg.);
Koppe, Engl.-deutsches Supplement-Lexikon, eine Ergänzung zu allen erschienenen Wörterbüchern, besonders
zu dem von Lucas (ebd. 1871; 2. Aufl., Abteil. 1 u. 2,1, ebd. 1888-93).
Kleinere engl.-deutsche und deutsch-engl. Wörterbücher
sind: Thieme-Preußer, neu bearbeitet von Wessely (2 Bde., neue Aufl., Hamb.
1893), Flügel (2 Bde., 15. Aufl.,
Lpz. 1891) u. a. Bedeutende etymologische Wörterbücher sind: Ed. Müllers Etymolog.
Wörterbuch
der Englische Sprache (2 Bde., Cöthen
[* 31] 1867; 2. Aufl. 1879);
Walter Skeats Etymological dictionary of the English language" (4 Bde.,
Oxf. 1878 -82; 2. Aufl. in 1 Bd.,
1884; ein Auszug erschien in 4. Aufl., ebd. 1891).
Altenglische Wörterbücher: Coleridge, Glossarial index to the printed
English literature of the 13th century (Lond. 1859; neue Ausg. u. d. T.:
Dictionary of the first or oldest words in the English language, ebd. 1872);
Stratmanns umfangreicheres Dictionary of
the old English language (3. Aufl., Krefeld
[* 32] 1878; Supplement 1881; 4. Aufl., hg. von Bradley, Oxf. 1892).
Noch weit ausführlicher
angelegt ist Mätzners Altengl. Wörterbuch (2. Tl. der «Altengl. Sprachproben», Berl. 1878 fg.);
kurzgefaßt ist Mayhew und Skeat, A concise dictionary of Middle English (Oxf. 1888). Ferner sind zu erwähnen:
Halliwell, Dictionary of archaic and provincial words (10. Aufl., 2 Bde.,
Lond. 1887), und Th. Wright, Dictionary of obsolete and provincial English (2 Bde.,
edd. 1857). Altenglische Lesebücher gaben heraus: Mätzner, Altengl. Sprachproben (Bd. 1, 2 Tle., Berl. 1867-69); Zupitza,
Alt- und mittelengl.
Übungsbuch (Wien
[* 33] 1874; 4. Aufl. 1889); Wülcker, Altengl. Lesebuch (2 Tle., Halle 1874-80); Morris, Specimens
of Early English (2 Bde., Lond. 1866-72;
neue Ausgabe Oxf. 1882-85), und Skeat, Specimens of English literature, from the Ploughmans Crede to the Shepherds Calendar
(Oxf. 1871). Aus der großen Zahl der neuenglischen Chrestomathien seien erwähnt: Freiligraths Rose, thistle and shamrock
(nur Poesie enthaltend, 6. Aufl., Stuttg. 1887), und Herrig, British classical authors (65. Aufl., Braunscbw.
1889).
2) aus dem sog. ungeschriebenen Rechte, Common Law (s. d.), d. h. dem in der Gerichtspraxis
anerkannten Gewohnheitsrecht (teilweise auch aus solchen Rechtssätzen, welche die Richter als angebliches
Gewohnheitsrecht eingeführt haben). Nur ein Gerichtshof höherer Instanz kann einen in einer gerichtlichen Entscheidung aufgestellten
Rechtssatz umstoßen; ein vom House of Lords, dem höchsten Gericht, aufgestellter Rechtssatz kann daher nur durch Gesetz
umgestoßen werden;
3) aus den Grundsätzen, die von den frühern Chancery Courts da ausgestellt wurden, wo eine Milderung
oder Ergänzung des strengen Rechts nötig war. Dieselben sind unter der Bezeichnung Equity, d. h. Billigkeit (s. d., Bd.
3, S. 5a), zusammengefaßt und werden jetzt (seit 1875) von allen Gerichtshöfen angewandt, aber noch immer als vom strengen
Recht verschieden behandelt. Die einzigen Kodifikationen des Englisches Recht sind die
Wechselordnung (1882) und das Gesetz über die offenen Handelsgesellschaften (1890). Die Werke,
die das gesamte Englisches Recht betreffen, sind für deutsche Leser nicht sehr empfehlenswert, da sie das praktisch ausgeübte von dem
nur theoretisch geltenden nicht genügend unterscheiden. Die unten folgende Übersicht enthält die Werke,
die a. den neuesten Zustand darstellen, b. die übersichtlichste Darstellung geben, c. zur Einführung in die betreffenden
Materien als die geeignetsten erscheinen. Über dieEinteilung des Privatrechts ist zu bemerken, daß sie von dem tiefgreifenden
Unterschied ausgeht, der im E. R., ähnlich wie im
¶
mehr
mittelalterlichen deutschen Rechte, zwischen liegendem Gut (Real Property) und fahrender Habe (Personal Property) gemacht wird,
und der sich z. B. in hervorragender Weise im Erbrecht äußert. Die Lehre vom Real Property behandelt daher Sachenrecht, Familienrecht
und Erbrecht, insoweit sich die Grundsätze dieser Rechtsgebiete ans Immobilien beziehen, dagegen handelt die Lehre vom
Personal Property über dieselben Rechtsgebiete, insoweit sich ihre Grundsätze auf Mobilien beziehen, und ebenso über
das Recht an immateriellen Gütern (Urheberrecht u. s. w.) und ferner über Obligationenrecht.
Das letztere wird aber in den Büchern über Personal Property gewöhnlich nur oberflächlich behandelt. Ein Handelsrecht als
Sonderrecht existiert in England nicht; das von Kaufleuten geübte Gewohnheitsrecht (Law Merchant) ist
ein Teil des Common Law; die Bücher über Handelsrecht enthalten die Rechtsbestimmungen, die auf den Handelsverkehr anwendbar
sind. Die Bücher, die nach den oben ausgestellten Kriterien zu nennen sind, sind folgende: I. Öffentliches Recht: a. Verfassung
und Verwaltung: Anson, The law and custom of the constitution (Bd.
1, 2. Aufl., Oxf. 1892; Bd.
2, ebd. 1892);
b. Strafrecht: Stephen, A general view of the criminal law (neue Aufl., Lond. 1890);
c. Strafprozeß: ders., Digest of the law of criminal procedure in indictable offences (ebd. 1883);
d. Civilprozeß: Schuster,
Bürgerliche Rechtspflege in England (Berl. 1887).
II. Privatrecht: a. Real Property: Goodeve, Modern
law of real property (3. Aufl., Lond. 1891);
Pollock, Das Recht des Grundbesitzes in England (deutsch von Schuster, Berl.
1889);
b. Personal Property: Goodeve, Modern law of personal property (Lond. 1887);
Anson, Principles of the English law on
contract (neue Aufl., Oxf. 1890);
Pollock, The law of torts (3. Aufl., Lond. 1892);
J. W. Smith, A compendium
of mercantile law (10. Aufl., 2 Bde.,
ebd. 1890);
Chalmers, A digest of the law of bills of exchange, promissory notes and cheques (neue Aufl.,
ebd. 1891);
c. Internationales Privatrecht: Westlake, Lehrbuch des internationalen Privatrechts, mit besonderer
Berücksichtigung der engl. Gerichtspraxis, deutsch von Holtzendorff (Berl.
1884).
Schul-undUniversitätswesen. Schulwesen. Eine einheitliche Regelung und Abstufung
des Schulwesens besteht in England nicht. Mit Ausnahme der Vorbereitungsanstalten für das Heer und die Flotte giebt es keine
Art von Schulen, deren Besuch bei der Zulassung zu irgend einer Berufsart vorausgesetzt wird. Auch ist
die Errichtung von Schulen und die Ausübung des Lehrerberufs in keiner Weise von obrigkeitlicher Genehmigung abhängig. Der
Staat greift in das Schulwesen ein durch die umfassende Fürsorge für die Errichtung, Kontrollierung und Unterstützung
von Elementarschulen, durch Ermöglichung der Errichtung von Gewerbeschulen aus Kreismitteln und durch
Oberaufsicht über die höhern Schulen.
Von Elementarschulen bestanden bis 1870 nur die freiwilligen Schulen (Voluntary Schools), die, von Vereinen, kirchlichen und
andern Gemeinschaften errichtet und erhalten, vom Staat unter gewissen Voraussetzungen unterstützt wurden. Durch die Elementary
Education Act von 1870 wurde das Schulwesen neu geordnet; das Land wurde in Schulbezirke eingeteilt und
in diesen der
Regel nach Schulverwaltungsbehörden (School Boards, s. d.) errichtet,
die von allen kommunalsteuerpflichtigen männlichen und weiblichen Einwohnern erwählt werden und bei denen oft auch Frauen
Mitglieder sind. Wo keine solche Behörde besteht, hat in größern Städten ein Ausschuß des Gemeinderats
(Borough Council, s. Municipial Corporations), sonst ein Ausschuß der Behörde für Armenpflege (Board of Guardians, s. Poor
Law), der als School Attendance Committee bezeichnet wird, für die Erfüllung der Schulpflicht zu sorgen; die sonstigen Funktionen
der Schulverwaltungsbehörden sind in solchen Fällen von der Centralbehörde wahrzunehmen.
Die Schulverwaltungsbehörden haben dafür zu sorgen, daß innerhalb ihres Bezirks eine genügende Anzahl
von Elementarschulen vorhanden ist und haben im Falle des Bedürfnisses eigene Schulen, die Bezirksschulen (Board Schools)
zu errichten, in welchen das Schulgeld den Betrag von 9 Pence (75 Pf.) wöchentlich nicht überschreiten darf. Als öffentliche
Elementarschulen gelten neben diesen auch die vom Staat unterstützten freiwilligen Schulen, deren Schulgeld
den angegebenen Betrag nicht überschreiten darf.
Ein 1891 erlassenes Gesetz hat das Schulgeld in den öffentlichen Elementarschulen teilweise ganz beseitigt, teilweise bedeutend
vermindert. Der Staat giebt allen solchen Schulen einen Zuschuß (Fee Grant) von 10Schill. (10 M.) für jedes Kind
im Alter von 3 bis 15 Jahren, welcher Betrag in der Folge vom Schulgeld abgezogen werden muß. In den Schulen, in welchen 1890 das
Schulgeld den Betrag von 10Schill. nicht überschritt, ist in der Folge der Unterricht kostenfrei zu erteilen.
Neben dem Schulgeld und dem Staatszuschuß haben alle öffentlichen Elementarschulen eine weitere Einnahmequelle
in dem parlamentarischen Staatszuschuß (Parliamentary Grant). Ob und in welchem Maße derselbe gewährt wird, hängt von
dem Resultate von Prüfungen ab, welche die staatlichen Schulaufseher (Inspectors of Schools) in allen derartigen Schulen
jährlich abhalten müssen. Diese Schulaufseher stehen unter der Centralbehörde für Erziehungswesen (Committe of the
Council for Education, s. Großbritannien
[* 36] und Irland, Verfassung), welche in einem sog. «Code» von Zeit zu Zeit genaue Vorschriften
über den in den verschiedenen Klassen (Standards) zu erteilenden Unterricht und die Bedingungen des Staatszuschusses niederlegt.
Die Bezirksschulen decken den Rest ihrer laufenden Ausgaben, sowie die Ausgaben für den Bau neuer Schulen
durch den Ertrag der Schulsteuer, welchen die Schulverwaltungsbehörde von den einzelnen Gemeinden erhebt und die also einen
Teil der Kommunalsteuern bildet.
Der Religionsunterricht in den Bezirksschulen darf nur unter Ausschluß der Katechismen und jeder einen konfessionellen Charakter
tragenden Glaubenslehre erteilt werden. Trotzdem schreibt der School Board in London neuerdings (1894)
das Einprägen der Dogmen vor. Die freiwilligen Schulen sind in der Regel konfessionell; doch darf in ihnen, sofern sie aus
öffentlichen Mitteln unterstützt werden, der Religionsunterricht nicht obligatorisch sein und muß entweder in der ersten
oder in der letzten Unterrichtsstunde erteilt werden. Den staatlichen Schulaufsehern ist durch Gesetz untersagt,
über den Religionsunterricht Ermittelungen einzuziehen.
Das erwähnte Gesetz von 1870 überließ es den einzelnen School Boards, nach ihrem Ermessen
¶
forlaufend
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Schulzwang in ihrem Bezirk einzuführen. Ein Gesetz von 1876 gab für die Bezirke, in welchen keine School Boards vorhanden
sind, die gleichen Befugnisse den School Attendance Committees. Ein 1880 erlassenes Gesetz legt endlich allen School Boards
und School Attendance Committees die Verpflichtung auf, Bestimmungen über die allgemeine Schulpflicht zu
erlassen und für ihre Ausführung zu sorgen, sodaß jetzt der Schulzwang allgemein ist. Gewerbeschulen (Technical Schools)
waren früher teilweise Privatanstalten, teilweise wurden sie von Vereinen und Körperschaften errichtet.
Namentlich haben die großen LondonerZünfte (City Companies) große Summen für die Errichtung und Unterstützung derartiger
Schulen hingegeben. Die vorzügliche City of London Guilds School in SouthKensington ist z. B. die Frucht
dieser Bemühungen. Neuerdings hat man aber auch gesucht, die Errichtung von Gewerbeschulen aus öffentlichen Mitteln zu befördern,
und zu diesem Zwecke wurden die Technical Instruction Acts von 1889 und 1891 erlassen. Diese Gesetze ermächtigen in den Landkreisen
die County Councils, in den größern Städten die Borough Councils und in den kleinern Städten die seit 1894 als
Urban District Councils bezeichneten Urban Sanitary Authorities (s. Health Acts), derartige Schulen zu errichten oder zu unterstützen,
jedoch unter denselben Beschränkungen in Bezug auf Erteilung des Religionsunterrichts wie in den Board Schools. Im übrigen
sind die meistens aus Privatspekulation hervorgegangenen Schulen, in welchen die bessere Klasse von Handwerkern, die Kleinkaufleute
und stellenweise auch Großkaufleute erzogen werden, diejenigen, welche mehr als alle andern von der Gesetzgebung vernachlässigt
worden sind und bei dem Mangel an Kontrolle und bei der Abwesenheit jeder Vorschrift über die Qualifikation der
Lehrer wenig Garantie für geistige und sittliche Förderung bieten.
Noch schlimmer steht es mit den Mädchenschulen gleicher Gattung. Die Schulen, in welchen Unterricht in den klassischen Sprachen
erteilt wird, und welche in England nicht nur von solchen Schülern besucht werden, die sich einem gelehrten Berufe widmen
wollen, sondern überhaupt von allen, welche zu den höhern Gesellschaftskreisen in Beziehung stehen,
sind fast ausschließlich Stiftungsschulen und stammen meistens aus der Mitte des 16. Jahrh.
Den ersten Anstoß zur ausgedehnten Begründung solcher Schulen gab der Humanist Colet, Domdechant an der Paulskirche in London,
der aus seinen eigenen Mitteln die noch heute hervorragende Paulsschule errichtete.
Zur Reorganisation dieser in trocknen Formalismus und Abschließung der jungen Wissenschaften versunkenen sog.
Grammar Schools wurde zunächst 1840 ein Gesetz erlassen. Die eingreifendste Reform begann indessen kurz nach 1860. Zunächst
handelte es sich um die sog. Public Schools, die größten unter den klassischen Schulen, in welchen die Söhne desAdels
und der höhern Stände ihre Erziehung erhalten. 1861 wurde eine Enquetekommission eingesetzt, welche die Schulen von Eton,
Winchester, Westminster, Charterhouse, Harrow, Rugby und Shrewsbury untersuchen sollte.
Das Resultat dieser Untersuchung war die Public Schools Act von 1868 und die sich an dieselbe anschließenden Gesetze, infolge
welcher alle diese Anstalten unter neuen Kuratorien (Governing Bodies) reorganisiert wurden. 1864 wurde
eine zweite Kommission eingesetzt, welche über
die andern Stiftungsschulen zu berichten hatte und deren Vorschläge den Erlaß
der Endowed School Act von 1869 bewirkten, welcher sich später weitere Gesetze anschlossen. Während man den erwähnten größern
Schulen selbständige Aufsichtsbehörden gelassen hatte, um jeder derselben ihre Eigenart möglichst zu
erhalten, hat man die Reorganisation der andern einer Centralbehörde, den Charity Commissioners übergeben.
Auch sind umfassende Bestimmungen getroffen worden, um bei konfessionellen Schulen den Schülern, die einer andern religiösen
Gemeinschaft angehören, den Besuch zu ermöglichen. Nur in Bezug auf Schulen, die mit einer Kathedrale
im Zusammenhang stehen, ist eine Ausnahme gemacht worden. Die höhere Erziehung in England ist infolge der kühnen Mißachtung
der Stiftungsbestimmungen in weit lebhaftere «Beziehungen zu dem thätigen Leben der Gegenwart gekommen und das Ansehen des
Lehrerstandes hat dabei nicht gelitten, ebensowenig die Pietät der Schüler gegen die Anstalt, welcher sie
angehören, die noch bis in die spätern Lebensjahre erhalten bleibt und zu den charakteristischsten Eigentümlichkeiten des
engl. Lebens gehört. Auch für die höhere Mädchenerziehung wird neuerdings in England viel
gethan, doch hat der Staat in dieser Beziehung noch nicht eingegriffen. Universitätswesen. Der Hauptunterschied zwischen den
engl. und kontinentalen Universitäten ist der, daß diese obligatorische Vorbereitungsanstalten für
die gelehrten Berufsarten sind, jene aber hauptsächlich dem Erwerb allgemeiner Bildung dienen. Es giebt in England zahlreiche
Geistliche, Juristen, Ärzte und Lehrer an höhern Lehranstalten, die nie eine Universität besucht haben. Der Besuch der Universität
hebt aber die sociale Stellung und das Ansehen, und diejenigen, welche die höhern Stufen ihres Berufs
erreichen wollen, und ebenso diejenigen, welche keinen gelehrten Beruf ergreifen, sich aber in den höhern Gesellschaftskreisen
bewegen, besuchen stets die Universität, und zwar meistens Oxford oder Cambridge (s. d.). Diese im 12. Jahrh. begründeten
Mittelpunkte akademischer Gelehrsamkeit sind in allen ihren Einrichtungen verschieden von den im Laufe
dieses Jahrhunderts errichteten Universitäten: Durham (1832), University of London (1836) und Victoria
[* 38] University (1880), namentlich
von den beiden letztern.
Orford und Cambridge sind neuerdings in vielen Beziehungen reorganisiert worden, namentlich ist 1871 die letzte Beschränkung
in Bezug auf den Erwerb akademischer Würden durch Personen, welche nicht zur anglikan. Kirche gehören,
beseitigt und seit 1877 dafür gesorgt worden, daß die Einkünfte der Colleges für die Lehrzwecke der Universität verwandt
werden. Die Veranstaltung der sog. Local Examinations an vielen Plätzen Englands im Auftrage der beiden Universitäten und
Erteilung von Diplomen, welche namentlich für die weiblichen Kandidaten, die sich dem Lehrfach widmen,
sehr nützlich sind, ist ein weiteres Zeichen neuer Thätigkeit, ebenso die University Extension Lectures, Vorlesungen, welche
ebenfalls von Delegierten der Universitäten im ganzen Lande abgehalten werden und dazu bestimmt sind, die Klassen, welchen
der Universitätsbesuch unmöglich ist, mit dem Geiste akademischer Lehrmethoden m Berührung zu bringen. Die University
of London ist nur Prüfungsbehörde und Anstalt für die Verleihung akademischer Würden, die jedermann zugänglich sind,
der die
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forlaufend
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Examina ablegt (weiblichen ebenso wie männlichen Kandidaten); außerdem giebt es in London zwei universitätsartige Anstalten:
das konfessionslose University College und das anglikan. King’s College, welche nach Art der deutschen Universitäten in
Fakultäten eingeteilt sind, aber nicht das Recht haben, akademische Würden zu verleihen. Jede der beiden Anstalten hat eine
mediz. Fakultät, mit welcher ein Hospital verbunden ist. Ferner sind aber auch mit folgenden Hospitälern: Guys, St. Bartholomews,
St. Georges und St. Thomas' selbständige mediz.
Lehranstalten verknüpft. Naturwissenschaften werden auch in dem aus Staatsmitteln erhaltenen Royal College of Science gelehrt
und endlich haben die Rechtsinnungen (Inns of Court, s. d.) eine neuerdings reorganisierte
jurist. Lehranstalt. Die vielfachen Bemühungen, alle diese zersplitterten Pflanzschulen wissenschaftlicher Bildung zu centralisieren
und eine große Londoner lehrende und prüfende Universität zu begründen, haben bis jetzt zu keinem Resultate geführt.
Die Victoria University, deren Sitz in Manchester
[* 40] ist, beschränkt sich ebenso wie die University of London auf das
Gebiet der Prüfungen, doch werden zu diesen nur solche Kandidaten zugelassen, welche in einem der mit der Universität in
Zusammenhang stehenden in verschiedenen Städten befindlichen Colleges die vorgeschriebenen Studien gemacht haben. Unter diesen
Colleges ist das bedeutendste das 1850 begründete Owen’s College in Manchester, das Vorlesungen auf allen Gebieten erteilt,
aber hauptsächlich auf dem Gebiete der Naturwissenschaften hervorragend ist.
Diese aus kleinen Anfängen hervorgegangene Anstalt ist durch den Opfersinn zahlreicher begüterter Bewohner des nördl.
England mit sehr bedeutenden Mitteln ausgestattet worden und bietet für die thätige und intelligente Bevölkerung
[* 41] der Fabrikstädte
von Lancashire eine treffliche Gelegenheit zu höherer Ausbildung. Außerdem sind eine große Anzahl
von Colleges verschiedener Art im Lande verstreut. Die Universität Durham ist von geringer Bedeutung. Litteratur.
Reports of the schools inquiry (21 Bde., Lond.
1868-69);
Report of the commission on the property etc. of Oxford and Cambridge (ebd. 1874);
Fearon, School inspections (ebd.
1876);
Pascoe, Practical handbook to the principal schools in England (ebd. 1877);
ders., Schools for
girls and colleges for women (ebd. 1879);
Carteret-Bisson, Our schools and colleges (4. Aufl., ebd. 1879);
Cotterill, Suggested
reforms in public schools (ebd. 1885);
M. Arnold, Report on elementary schools 1852-82 (ebd. 1889);
Owen, The elementary education
Acts (17. Aufl., ebd. 1891).
Jährlich erscheint: The Public schools’ year book; ferner veröffentlicht
jede Universität jährlich einen «Calendar» mit ausführlicher Auskunft.
EnglischesTheater.
[* 42] Die ersteStätte dramat. Aufführungen war auch in England die Kirche. Geistliche waren nicht nur die Verfasser
der meisten Mysterien, sondern ursprünglich auch die alleinigen Darsteller. Die Vorstellung fand zuerst
in, dann vor derKirche statt. Als aber bald die Aufführung der Mysterien mit in die Hände der Laien überging, wurden hauptsächlich
die Angehörigen derZünfte und Innungen die Vertreter der dramat. Kunst.
Durch sie musste natürlich eine Menge profaner Elemente m die Mysterien hineingetragen werden. Die Aufführungen fanden
besondere am Fronleichnams- und
Pfingstfeste statt und zwar auf hölzernen Gerüsten, die anfangs, auf Rädern ruhend, in
den Straßen umhergefahren, dann an bestimmten Orten aufgeschlagen wurden. Die Bühnen der Wagen waren in drei Stockwerke geteilt,
um Himmel,
[* 43] Erde und Hölle darstellen zu können, und mit Teppichen behängt. Im untersten Raum des Wagens
kleideten sich die Schauspieler an. Wandernde Schauspieler-Gesellschaften werden zuerst unter Heinrich VI. erwähnt.
Einen ungewohnten Aufschwung nahm das Theaterwesen unter der Königin Elisabeth. Ihr Sinn für theatralische Schau (denn sie
liebte auch maskierte Spiele) teilte sich schnell den Großen des Reichs mit, und nicht lange, so war das
Land dergestalt voll wandernder Schauspieler, daß es 1572 nötig wurde, sie auf die Erlaubnis von wenigstens zwei Friedensrichtern
anzuweisen. Dies bewog den GrafenLeicester, seinen Schauspielern den ersten königl. Freibrief (vom auszuwirken,
der ihnen das Recht erteilte, bis auf Widerruf überall zu spielen.
Diese Urkunde erwähnt zuerst ausdrücklich Komödie und Tragödie. Der trotzige Eigenwille des Lord-Mayors
von London, Leicesters Schauspieler nicht in der City spielen zu lassen, und sein strenges Verbot jeder Aufführung von Schauspielen,
hatten 1576-80 außerhalb des Bereichs des Mayors, an der Grenze der City, drei Theater ins Dasein gerufen, die ersten in London
eigens für dramat. Vorstellungen eingerichteten Gebäude. Wie noch jetzt, so war London von Anfang an der
Brennpunkt der theatralischen Kunst in England, und es ist mithin die Geschichte der Londoner auch die Geschichte der engl.
Bühne.
Die Königin Elisabeth nahm 1583 zwölf Schauspieler als the Queen’s players ausschließlich in ihre Dienste.
[* 44] Die Zahl der Schauspieler vermehrte sich so rasch, daß sie bald auf den heimischen Bühnen keinen Raum mehr fanden und sich
nach dem Festlande, namentlich nach den Niederlanden und Deutschland wendeten, wo schon von 1586 an die Englischen Komödianten
(s. d.) in Ansehen standen. Besonders anziehend ist ein Blick auf die einfachen äußern Einrichtungen,
vermittelst deren das Elisabethanische Drama seine beispiellosen Erfolge erzielte.
Das Elisabethanische Theater war eigentlich nichts als eine Erweiterung oder Verbesserung des früher in den Höfen von Wirtshäusern
aufgeschlagenen Schaugerüstes, gewöhnlich ein aus Holz
[* 45] und Mörtel aufgeführter kreisrunder Bau, der, sofern das Theater
ein öffentliches war, keine Bedachung hatte. Eine Flagge, die den Namen des Hauses trug, wurde während
der Dauer der Vorstellungen aufgeheißt. Das Innere enthielt Logen, Galerien und einen Parterre- oder Hofraum ohne Sitze.
Die überdeckten Privattheater waren durch Fackeln oder gewöhnliche Lichter erleuchtet. Das Globe-Theater aus der spätern
Shakespeareschen Periode war ein sechsseitiges, oben teils offenes, teils mit Stroh gedecktes Gebäude.
Auf der Bühne, die in der Regel mit Binsen bestreut war, lagen oder saßen auf Schemeln die jungen Vornehmen und Schöngeister,
sich in den Zwischenpausen mit Lesen, Spielen und Rauchen die Zeit vertreibend. Die Garderobe der Schauspieler war zwar verhältnismäßig
glänzend, desto kunstloser waren aber die sonstigen Requisiten; herabhängende Teppiche und Tapeten vertraten
die Stelle von Coulissen, ein Brett mit dem Namen eines Landes oder einer Stadt zeigte den Ort der Handlung an. Eine von
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