in von Holtzendorffs «Handbuch des
Völkerrechts», Bd. 4, §§. 83–35, Hamb.
1889). Das Ellesmere äußert auch auf dem Gebiete des Privatrechts in manchen
Beziehungen seine Wirkung. Es bildet einen
Grund zu
vorzeitiger Entlassung des Schiffers sowie zur Aufhebung der mit der
Schiffsmannschaft geschlossenen Heuerverträge und befugt
sowohl den
Befrachter wie den
Verfrachter, von dem Frachtvertrage zurückzutreten. Das Ellesmere ist eine derjenigen
Gefahren, für welche nach dem Seeversicherungsrecht der Versicherer dem Versicherten zum Ersatze des Schadens verpflichtet
ist. Wenn das Ellesmere innerhalb bestimmter Fristen (sechs, neun und zwölf
Monate) nicht aufgehoben ist, ist der Versicherte befugt,
die
Zahlung der vollen Versicherungssumme zu verlangen gegen
Abtretung seiner
Rechte an das mit Ellesmere belegte
Schiff
[* 2] oder Ladung. Es ist dies ein Fall des sog.
Abandon (s. d.).
Vgl.
DeutschesHandelsgesetzbuch Art. 517, 631, 636–638,
643, 670, 671, 865; Deutsche
[* 3] Seemannsordnung vom , 8–57.
eine Unterfamilie der körnerfressenden
Singvögel, s.
Ammer. ^[= # eine aus gegen 60 Arten und 8 Gattungen bestehende Unterfamilie der Finken, Gruppe ...]
Familie der
Knochenfische aus der Ordnung der
Schlundkiefer, mit seitlich zusammengedrücktem Körper,
cykloidenSchuppen, langer Rücken- und Afterflosse. 17
Arten leben an der Westküste Nordamerikas und
bringen lebende
Junge zur Welt, die fast ein Drittel so groß wie die Alten sind.
bei den Alten eine Metallverzierung, die in oder auf Metallgefäße
gelötet wurde; dann bedeutete es soviel wie
Kennzeichen,
Symbol,
Sinnbild. (S.
Attribut.) Mit der Mehrzahl Emblemăta bezeichnete
man später Sammlungen von Mustersinnbildern, die von versifizierten
Auslegungen begleitet waren;
Maler,
Architekten,
Goldschmiede
und andere
Vertreter des Kunsthandwerks pflegten sie als
Vorlagen für sinnbildliche Ausschmückung ihrer
Arbeiten zu benutzen.
DieemblematischeDichtung verbreitete sich von
Italien,
[* 5] wo
Andreas Alciatus (geb. zu Alciat im
Mailändischen, gest. zu
Paris)
[* 6] sie pflegte, bald nach
Frankreich
(Claudius, Paradinus u. a.),
Holland (Hadrianus
Junius) und
Deutschland,
[* 7] wo neben Fischart, Reusner und
Gabriel Nollenhagen namentlich Matthias Holtzwart sie vertrat («EmblematumTyrocinia,d. i. Eingeblümte Zierwerk oder Gemälpoesy», Straßb.
1581).
(grch.), in der
Medizin die Verschleppung gewisser fremdartiger fester Körper innerhalb des
Gefäßsystems
durch den Blutstrom aus der einen Gesäßprovinz in eine andere, oft weit entfernte Gefäßprovinz des
Körpers und die durch diesen Vorgang entstehende Verstopfung und Verödung einzelner
Blutgefäße mit ihren mannigfachen
Folgezuständen. Wenn man in die
Blutader eines ledenden
Tiers gewisse kleine Körperchen, z. B. Kügelchen von
Wachs, Holundermark,
Kautschuk,
Quecksilberu. dgl. einbringt, so werden sie mit dem Blutstrom oft
weite
Strecken fortgeschleppt, bis sie schließlich an einer beliebigen
Stelle stecken bleiben und hier die wichtigsten örtlichen
oder allgemeinen
Störungen hervorrufen.
Virchow, welcher zuerst (1845–47) diese interessante
Thatsache experimentell genauer begründet und alsbald ihre große Bedeutung
für die gesamte Pathologie erkannt hat, bezeichnete den verschleppten Körper alsEmbŏlus (grch., soviel
wie
Keil oder Pflock), den Vorgang selbst als Embolie. Auf ganz ähnliche
Weise wie beim Experiment entstehen nun unter gewissen
Umständen auch innerhalb des kranken Körpers ausgedehnte Gefäßverstopfungen und Kreislaufstörungen, und zwar sind es
hier am häufigsten
Blut- und Faserstoffgerinnsel (sog. Thromben), welche sich aus irgend einemGrunde
(s.
Thrombose) im Venensystem gebildet haben und durch eine zufällige
Bewegung ganz oder teilweise losgelöst und nun vom
Blutstrom fortgeschwemmt werden; in andern Fällen werden Eiterpartikelchen oder
Stücke von entzündeten oder verkalkten
Herzklappen, ferner Teilchen von Krebsmassen, welche in die Gefäßwände hineinwuchern, oder zufällig in den Blutstrom
gelangte parasitischePflanzen und
Tiere (Echinokokken,
Trichinen u. a.) oder Fetttröpfchen, die bei Knochenverletzungen
in die
Blutadern gelangten, oder bei
Operationen in die
Venen eindringende Luft (Luftembolie) in den
Blutgefäßen verschleppt.
Der Weg, welchen ein solcher
Embolus innerhalb der Blutbahn einschlägt, ist von vornherein durch die anatom.
Anordnung des
Gefäßsystems bestimmt, indem die aus den Körpervenen stammenden Pfropfbildungen durch die
Hohladern
und die rechte Herzhälfte in die Lungenarterien gelangen und vorzugsweise in den hintern
Teilen der untern Lungenlappen stecken
bleiben, wohingegen die in der linken Herzhälfte und den großen Körperarterien entstehenden Emboli sich nur in den
Arterien
des großen
Kreislaufs einkeilen können; und zwar geschieht das am häufigsten in der
Milz- und
¶
mehr
Nierenarterie, in der linken Kopfschlagader und gewissen Gehirnästen derselben, sowie in der linken Schenkelarterie. Der
Embolus verstopft das Gefäß,
[* 9] in welchem er eingekeilt ist, gewöhnlich mehr oder minder vollständig, hebt dadurch die Blutcirkulation
in den betreffenden Teilenauf und führt damit entweder zum Brand und zur brandigen Erweichung, wie dies
besonders häufig an den Gliedmaßen und im Gehirn
[* 10] stattfindet, oder zum sog. hämorrhagischen Herd oder Infarkt (s. d.) oder
endlich zur Bildung sog. embolischer oder metastatischer Abscesse.
Die letztern entstehen hauptsächlich durch die Embolie chemisch reizender, namentlich mit jauchenden oder fauligen
Stoffen durchtränkter Pfröpfe, welche an den Orten, wohin sie verschleppt worden sind, von neuem
eine eiterige Entzündung mit Ausgang in jauchigem Zerfall erzeugen und dadurch eine Hauptquelle der Pyämie (s. d.)
werden. Die Symptome der Embolie sind je nach der physiol. Bedeutung des betroffenen Organs
sehr verschieden; sie äußern sich im allgemeinen hauptsächlich in dem plötzlichen und ganz unerwarteten Eintritt wichtiger
Funktionsstörungen. So entsteht durch Embolie einer größeren Hirnarterie sofort unter schlagflußähnlichen Erscheinungen
eine vollkommene Lähmung des betreffenden Hirnteils, durch der Netzhautgefäße wie mit einem Schlage plötzliche Erblindung,
während bei der embolischen Verstopfung größerer Lungenarterienäste heftige, bis zur Erstickungsgefahr sich steigernde
Atemnot, ja nicht selten plötzlicher Erstickungstod eintritt. An den Gliedmaßen ruft die der Hauptschlagader
plötzlichen heftigen Schmerz, auffallende Blässe und Kälte, Unempfindlichkeit und wenn nicht bald durch benachbarte Schlagadern
ein Seitenkreislauf hergestellt wird, totalen Brand (s. d.) des Gliedes hervor. –
oder Embolophrăsie (grch.), das Einschalten von stereotypen sinnlosen
Wörtern in die Rede, meist nur üble Gewohnheit, manchmal aber auch Symptom einer Hirnkrankheit.
(frz., spr. angbongpŏäng),
Beleibtheit, Korpulenz (s. d.). ^[= (lat.), diejenige Beschaffenheit des Körpers, bei welcher sein äußerer Umfang durch Vermehrung ...]
1) Arrondissement im franz. Depart. Hautes-Alpes, hat 1451,27 qkm, (1891) 27050 Embrun, 36 Gemeinden und zerfällt in die 5 Kantone
Chorges (170,38 qkm, 3989 Embrun), Embrun (390,05 qkm, 9631 Embrun), Guillestre (505,24 qkm, 8038 Embrun), Orcières
(233,81 qkm, 2670 Embrun), Savines (144,89 qkm, 2722 Embrun). –
2) Hauptstadt des Arrondissements und des Kantons Embrun, 40 km östlich von Gap, an der Linie Veynes-Gap-Briançon der Franz. Mittelmeerbahn,
in 930 m Höhe, am Fuße des St. Guillaume (2628 m), 100 m hoch über dem rechten Ufer der Durance, Festung
[* 13] und
Sitz eines Gerichtshofs, einer Ackerbaukammer, hat (1891) 2343, als Gemeinde 4017 Embrun, in Garnison einen Teil des 30. Jägerbataillons,
eine schöne Kathedrale aus dem 10., 11. und 13. Jahrh., ein Seminar, ein Kommunalcollège, ein Hospital,
ein Zuchthaus und Handel mit Wolle, Getreide
[* 14] und Wein. – Embrun, das alte gallische Ebrodunum (auch Eburodunum)
der Caturiges, war im 4. Jahrh. Sitz eines Bischofs (seit dem 9. Jahrh. eines Erzbischofs). Seit dem 15. Jahrh, wurde Embrun mit
der umliegenden Landschaft (Embrunois) zur Dauphiné gerechnet. SiebenKonzile wurden daselbst abgehalten. Ehemals war es ein
berühmter Marien-Wallfahrtsort. Das Erzbistum wurde 1801 aufgehoben. –
Vgl. Sauret, Essai historiquesur la ville d’E. (Gap 1860).
(grch. émbryon, d. h. Keimgebilde), der tierische
oder pflanzliche Organismus in seinem ersten Entstehen nach der Zeugung. Der tierische und menschliche Embryo wird
auch Fötus, Frucht, Leibesfrucht genannt, namentlich wenn er so weit entwickelt ist, daß man das Geschlecht
an ihm unterscheiden kann. Die Zeit, innerhalb welcher die Entwicklung des tierischen Embryo vor sich geht, ist bei jeder Tiergattung
verschieden. BeimMenschen beläuft sich die Zeit, während welcher er Embryo ist und als solcher mit dem mütterlichen Körper
(in der Gebärmutter)
[* 15] zusammenhängt, also die normale Dauer derSchwangerschaft oder des Lebens des Menschen
vor seiner Geburt des (Uterinlebens), auf 10 Mondes- oder 9 Sonnenmonate (40 Wochen oder 280 Tage).
Verschiedene Umstände können aber einen frühern oder spätern Eintritt der Geburt herbeiführen und so die Dauer des Embryolebens
abkürzen oder verlängern. Dauerte dieses nur bis etwa zum Anfang des achten Monats der Schwangerschaft,
so nennt man die Geburt eines solchen der noch nicht die Fähigkeit hat, in der Außenwelt fortzuleben, eine Fehlgeburt (s. d.),
während dieselbe nach dieser Zeit, aber vor dem normalen Ablauf,
[* 16] als eine Frühgeburt (s. d.) bezeichnet wird und eine lebensfähige
Frucht zur Welt befördert.
Der menschliche Embryo entwickelt sich aus einem reifen befruchteten Ei,
[* 17] welches aus dem weiblichen Eierstock durch den Eileiter
in die Gebärmutter gelangt und auf dieser ungefähr 10–14 Tage beanspruchenden Wanderung durch den sog. Furchungsprozeß
den ersten Anstoß zum Aufbau des Embryo erhält. Schon wenige Stunden nach der Einwirkung des männlichen Samens
beginnt nämlich das gesamte Protoplasma oder der Dotter der Eizelle nach dem Verschwinden des Keimbläschens durch eine regelmäßig
fortschreitende Zellteilung in eine große
¶
mehr
Anzahl kleinerer und kleinster Zellen zu zerfallen, aus denen schließlich in allmählich fortschreitender Entwicklung nach
gewissen Gesetzen sämtliche Gewebe
[* 19] und Organe des Embryo entstehen. Indem zuerst die oberflächlichen Furchungszellen
mit der Innenfläche der durchsichtigen Zellhaut der ursprünglichen Eizelle Zona pellucida) verschmelzen, entsteht eine dünne,
durchsichtige, von der hellen Dotterflüssigkeit erfüllte Blase, die Keimblase, auf welcher sich sehr
bald an einer bestimmten Stelle durch vermehrte Zellenwucherung eine kreisförmige Verdickung, der Fruchthof, entwickelt.
An letzterm tritt, wenn das Ei eine Größe von etwa 8 bis 10 mm erreicht hat, als erste Organanlage des Embryo ein Längsstreifen,
der Primitivstreifen, auf, die röhrenförmige Uranlage des Centralnervensystems oder das sog.
Medullarrohr, aus dessen vorderm, blasenartig erweitertem Abschnitt das spätere Gehirn hervorgeht, während der hintere schmälere
Abschnitt zum Rückenmark wird.
Indem sich nun diese ursprünglich hautartigen Keimblätter durch Umbiegen ihrer Seitenwände nach unten
und durch allmähliches Entgegenwachsen in röhrenförmige Organe verwandeln, entsteht endlich ein Leib mit einer obern Nervenhöhle
und einer untern Eingeweidehöhle. Beide werden voneinander geschieden durch einen walzenförmigen, später knorpligen Strang,
den Vorläufer der Wirbelsäule, die sog. Rückensaite (Wirbelsaite) oder den
Rückenstrang (Chorda dorsalis, s. Chorda); zu beiden Seiten entstehen die sog.
Urwirbel, welche im Verein mit der Chorda die ersteAnlage der Wirbelsäule darstellen und auch die Anlage zur Schädelkapsel
abgeben. In diesem Stadium, ungefähr um die 3. Woche, stellt der Embryo einen homogenen, halbdurchsichtigen, gelatinösen, kahnförmig
gekrümmten Körper von 4 bis 6 mm Länge dar, welcher von drei häutigen Hüllen, den Eihäuten oder Eihüllen,
umgeben ist, deren innerste, das Amnion (s. d.), aus dem äußern Blatt
[* 24] der Keimblase entsteht und allmählich den ganzen Embryo umwächst,
während die mittlere, mit zarten Zotten besetzte Haut, das Chorion, aus der Zona pellucida der ursprünglichen
Eizelle, die äußere oder hinfällige Haut (Decidua, genauer Membrana decidua) endlich aus der veränderten Gebärmutterschleimhaut
hervorgeht.
Der Kopf des Embryo stellt sich zu dieser Zeit nur als eine kleine, durch eine Vertiefung vom übrigen Rumpfe abgeschnürte
Hervorragung oder kugelige Masse ohne Öffnungen dar; der Rumpf endigt in eine schwanzförmige Verlängerung
[* 25] und hat weder Arme noch Beine. An jeder Seite des Halses finden sich vier durch Zwischenwände (Kiemenbogen) voneinander getrennte
Öffnungen, die sog. Kiemenspalten, welche in den Schlundkopf münden. Der Unterleib hat vorn eine zweite, längsverlaufende
Spalte, an welcher sich die Haut umschlägt, um in die den Embryo dicht umgebende innere Eihaut (Amnion, Schafhaut)
überzugehen. Es umfaßt
diese Spalte die Stiele zweier Bläschen (des Nabelbläschens und der Harnhaut oder Allantois), die
außerhalb des Embryo an seiner Bauchfläche zwischen den Eihäuten ihre Lage haben und von denen das Nabelbläschen die frühere
Höhle der Dotter- oder Keimblase darstellt und mit Blutgefäßchen versehen ist, um den Embryo zu ernähren;
aus der Allantois oder Harnhaut (s. d.) wachsen Blutgefäße in die zarten Zotten des Chorions hinein, wodurch sich an der betreffenden
Stelle der für die spätere Ernährung des Embryo so wichtige Mutterkuchen (Placenta) bildet. Das Herz zeigt sich schon ganz deutlich,
läßt bereits eine rhythmische Bewegung bemerken, besteht aber nur aus einer Vor- und einer Herzkammer
und hat eine horizontale, mit der Spitze nach vorn gerichtete Lage; hinter demselben liegt die Leber und der Darm
[* 26] mit einem entwickelten
Gekröse.
Im zweiten Monat (5. bis 9. Woche), in welchem der Embryo 2-3 cm lang und fast 4 g schwer wird und sich
das Skelett aus Knorpel
[* 27] mit gallertartigen, bleichen Muskeln und Nerven bildet, ist der Kopf verhältnismäßig groß, denn er
bildet fast die Hälfte des ganzen Embryo. Das Gesicht
[* 28] fängt an sich zu entwickeln, bleibt aber im Verhältnis zum Schädel sehr
klein; die Sinnesorgane sind bereits deutlich zu unterscheiden, die Augen als oberflächliche, seitlich
gelegene, schwarze Punkte, die Nasenlöcher als flache Gruben, die Gehörgänge als kleine Gruben, der Mund als weite Spalte,
in deren Grunde man die Zunge als eine kleine Hervorragung wahrnimmt.
Die Kiemenspalten sind fast ganz geschlossen und erscheinen nur noch als seichte Furchen zwischen den
ehemaligen Kiemenbogen. Der Hals ist sehr kurz, der Rumpf hat so dünne Wandungen, daß Herz und Leber durchschimmern. Die Gliedmaßen
erscheinen in Form von kurzen, rundlichen Wärzchen, die sich allmählich verlängern, abplatten und an den freien Rändern
seichte Einschnitte als Andeutungen der Finger und Zehen zeigen. Der ganze der im Frucht- oder Schafwasser
(Liquor amnii) schwimmt und überaus beweglich ist, nimmt jetzt eine mehr senkrechte Lage ein, weil sich der Kopf senkt;
auch
bildet sich nun (nach der 5. Woche) der den Embryo mit dem Mutterkuchen und dadurch mit der Mutter verbindende Nabelstrang;
das
Herz zeigt in seinem Innern die Anfänge einer senkrechten Scheidewand;
die einzelnen Abteilungen der Wirbelsäule
fangen an sichtbar zu werden;
die Luftröhre ist ein zarter Faden
[* 29] mit einer kleinen Anschwellung oben für den Kehlkopf;
[* 30]
die
Lungen bestehen aus fünf bis sechs Läppchen, in denen aber schon Luftwege und Bläschen zu entdecken sind;
der längliche Magen
[* 31] liegt schon quer, und der Darm zieht sich als lange, etwas gedrehte
Schlinge noch weit in den Nabelstrang hinein.
Längs der Wirbelsäule findet man beiderseits die sog. Wolffschen Körper, bedeutende
Drüsenapparate, welche sich von den Lungen bis zum Grunde des Beckens erstrecken und die Stellen der Nieren
zu vertreten scheinen, denn ihre Ausführungsgänge münden in die sog. Kloake, d. i. die Kommunikationsstelle zwischen Harnhaut
und Mastdarm, und sie verschwinden, sobald die Nieren ihre Funktion antreten. In der 7. Woche zeigen sich die ersten Verknöcherungspunkte
in den bis jetzt noch knorpligen Knochen
[* 32] und zwar zuerst in den Schlüsselbeinen und im Unterkiefer. Die
Nieren und Nebennieren sowie die Hoden oder Eierstöcke werden sichtbar, die Harnblase bildet eine
¶
mehr
flaschenförmige Ausbuchtung. In der 8. Woche fängt der Rumpf an voluminöser zu werden. Augenlider, äußeres Ohr,
[* 34] die äußere
Nase
[* 35] sind bemerkbar, die Geschlechtsteile bereits sichtbar, jedoch ist es noch schwer, das Geschlecht zu bestimmen. Die vordere
Bauchwand ist jetzt ganz geschlossen.
Im dritten Monat (9. bis 13. Woche) erreicht der Embryo eine Länge von 6 bis 8 cm und eine Schwere von 15 bis 20 g;
er ändert sein Äußeres so sehr wie in keinem andern Monat. Das Nabelbläschen verschwindet und die Ernährung des Embryo erfolgt
nun nicht mehr durch den bereits aufgezehrten Dotter, sondern durch die Gefäße des Nabelstranges und
den Mutterkuchen, aus dessen mütterlichem Teil der Embryo Nahrung und Sauerstoff erhält. Infolge dieser günstigern Ernährungsbedingungen
geht von nun an das Wachstum des Embryo weit energischer und schneller vor sich.
Die Hauptorgane, welche schon gegeben sind, bilden sich mehr aus, und es entstehen nun Nebenorgane, wie die Speicheldrüsen,
das Pankreas, die Thymus und die Milz. Die obern Gliedmaßen sind weiter entwickelt als die untern, die Finger
deutlich abgegrenzt, die Zehen aber noch miteinander verwachsen; die Nägel
[* 36] sind in Form dünner, membranöser Platten zu
erkennen. In den dritten Monat fällt auch die ersteAnlage der Geschlechtsorgane, welche zum Teil aus den
obenerwähnten Wolffschen Körpern hervorgehen, und zwar entwickeln sich sowohl die männlichen als die weiblichen Geschlechtsorgane
aus der gleichen Anlage, indem einzelne Teile der letztern sich bei dem einen Geschlecht stärker und in anderer Richtung entwickeln
als bei dem andern Geschlecht.
Im vierten Monat (13. bis 17. Woche), an dessen Ende der Embryo eine Länge von 10 bis 12 cm und eine
Schwere von 120 bis 150 g hat, zeigt sich die Haut konsistenter, rosenrot durchschimmernd;
Der Dünndarm macht mehr Windungen, die Geschlechtsteile entwickeln sich vollständig, der After erscheint
als gesonderte Öffnung durch Bildung des Mittelfleisches, das Herz hat jetzt seine vier Kammern. Alle Organe
nähern sich immer mehr ihrer bleibenden Proportion, die rein menschliche Form macht sich mehr geltend und die bis dahin vorhandene
Ähnlichkeit
[* 37] mit tierischen Embryo schwindet. Im fünften Monat (17. bis 21. Woche) ist der Embryo 20 - 30 cm lang
und 250-300 g schwer. Die Haut verliert ihre Durchsichtigkeit ganz und überzieht sich allmählich mit käseartiger Hautschmiere
(Fruchtschleim); die Haare
[* 38] fangen an sowohl am Kopfe als auch am übrigen Körper (Wollhaar, Lanugo foetalis) zu wachsen, die
Nägel werden hornartig; die Leber sondert Galle ab, Magen und Dünndärme sind mit braunem Kindspech (abgesonderter
Galle mit Darmschleim) gefüllt.
Im sechsten Monat (21. bis 25. Woche) ist der Embryo 30-35 cm lang und 700-1000 g schwer, er schwimmt noch frei im sog.
Frucht- oder Schafwasser und macht ausgiebige Bewegungen. Er kann jetzt lebend geboren werden, atmen, wimmern und sich selbst
einige Zeit bewegen, geht jedoch meist nach einigen Minuten zu Grunde. Die
Haut ist vollständig entwickelt;
die Brustwarze und ihr Hof
[* 39] zeigt sich in Gestalt eines roten Ringes; der Hodensack ist leer, denn die Hoden befinden sich noch
im Leistenkanal.
Der Kopf ist noch unverhältnismäßig groß, die Knochen des Schädels sind größtenteils verknöchert,
die Fontanellen und Nähte aber noch sehr weit; die Pupille ist noch durch eine Haut (Pupillarmembran) geschlossen. Im siebenten
Monat (25. bis 21). Woche), wo der Embryo 35-38 cm lang und 1-1,5 kg schwer ist, kann derselbe geboren und dann
bisweilen auch schon lebend erhalten werden. Seine Haut ist rot und mit einer dicken Schicht des Fruchtschleims
überzogen; ihre runzelige Beschaffenheit verschwindet immer mehr mit der erhöhten Fettabsonderung; die Haare werden dunkler
und länger. Der ganze Embryo hat runde Formen, liegt weniger frei im Ei und nimmt des beengtern Raums wegen eine mehr zusammengebogene
Stellung ein.
Im achten Monat (29. bis 33. Woche) beträgt die Länge des Embryo 38-40 cm und die Schwere 1,5 bis 2 kg. Die
Augenlider sind geöffnet, die Hornhaut wird durchsichtig, die Pupillarmembran schwindet, der Unterkiefer zeigt sich vorspringender,
ein Hode (meist der linke) ist in den Hodensack herabgestiegen; beim weiblichen Embryo ist die Schamspalte
noch klaffend und die großen Schamlippen sich etwas vorwölbend. Im neunten Monat (33. bis 37. Woche) ist der Embryo 40-42 cm
lang und 2,5-3 kg schwer; im zehnten Monat (37. bis 40. Woche) 45 cm lang und 3,5 kg schwer.
Die Wollhaare verschwinden, die Oberhaut ist fest und glatt, die bisher rote Haut dicht und weißrötlich,
die Kopfhaare verlängern sich, die Nägel werden fest, die Ohrknorpel dicker und fester, die Hoden treten ganz in den Hodensack;
beim weiblichen Fötus legen sich die Schamlippen aneinander und schließen die Schamspalte. Die äußere Oberfläche des
Embryo ist noch mit Fruchtschleim überzogen; im Darmkanal befindet sich Kindspech, in der Gallenblase Galle,
in der HarnblaseUrin.
In den ersten Monaten der Schwangerschaft liegt der Embryo, umgeben vom Schafwasser, nicht weit entfernt von der innern Fläche des
Eies, weil die Gefäße, welche den Nabelstrang bilden, noch sehr kurz sind. Nach und nach werden diese länger, und
es entfernt sich der Embryo immer mehr von der Wand des Eies, sodaß er im fünften und sechsten Monat frei im Fruchtwasser schwimmt
und nach der Stellung der Mutter bald diese, bald jene Lage einnimmt. Allmählich aber, sowie der Kopf der verhältnismäßig
schwerste Teil wird, senkt sich dieser abwärts und nimmt nach und nach den tiefsten Platz ein; doch ist
der Embryo dabei immer noch sehr beweglich.
Erst vom siebenten Monat an bekommt der Embryo eine beständigere Lage; denn es hat sich die Quantität des Fruchtwassers im Verhältnis
zur Frucht vermindert, diese dagegen an Umfang und Schwere zugenommen. Bei einer regelmäßigen Schwangerschaft
nimmt nun der Embryo folgende Lage ein: der Kopf ist nach unten gegen den Muttermund gekehrt und steht nahe dem Eingang des kleinen
Beckens;
der Steiß steht nach oben, das Hinterhaupt schräg seitwärts, meist nach links und vorn, das Gesicht nach rechts
hinten, und der Rücken ist nach der linken vordern Seite, der Bauch
[* 40] nach der rechten hintern gewendet.
Das Kinn ist gegen die Brust angedrückt, die Schenkel sind mit den Knien an den Bauch angezogen, die Unterschenkel oft übereinander
geschlagen; die Arme kreuzen sich entweder auf
¶
Das Leben der ungeborenen Frucht, das Fötalleben, unterscheidet sich sehr wesentlich von dem des geborenen Kindes. Die Atmung
durch Luftwerkzeuge fehlt und der Fötus bezieht seinen Sauerstoffbedarf aus dem Blut der Mutter mittels
der Gefäße des Mutterkuchens (Placentaratmung). Daher mangelt ihm auch der ganze sog. kleine Kreislauf,
[* 42] d. h. die Strömung
des Blutes aus dem rechten Herzen in die Lungen und von da zurück ins linke Herz. Statt dessen geht bei ihm das Blut aus dem
Mutterkuchen durch die Nabelvenen nach dem rechten Herzen, von da durch das runde Loch der Scheidewand
des Herzens sowie durch einen die Lungen- und Körperarterie verbindenden Kanal,
[* 43] den Ductus arteriosus Botalli, sofort in die
Körperarterie (Aorta) und endlich durch die Nabelarterien wieder zum Mutterkuchen (sog. Fötalkreislauf).
Diese besondern Blutbahnen des Fötus schließen sich nach der Geburt von selbst, sobald die Atmung und
dadurch der kleine Kreislauf in Gang
[* 44] gekommen sind. Ferner genießt der Fötus keine Nahrungsmittel
[* 45] durch den Mund; denn er
nährt sich ebenfalls aus dem Mutterblute, indem innerhalb des Mutterkuchens zwischen kindlichem und mütterlichem Blut auch
ein außerordentlich reger Stoffaustausch stattfindet. Der Fötus entleert bis zum Augenblick der Geburt
keinen Kot; wiewohl die Bereitung eines eigentümlichen Kots, des sog. Kindspechs (Meconium), das hauptsächlich aus Schleim,
Darmepithelien, Galle und verschluckten Wollhaaren besteht, bei ihm schon früher beginnt.
Seine äußere Haut, der atmosphärischen Luft entzogen und in einer milden, eiweißhaltigen Flüssigkeit, dem Fruchtwasser
(s. d.), verweilend, hat den Charakter einer Schleimhaut.
Seine Sinne scheinen zu schlummern; doch erregt Berührung, Kälte u. s. w. in den spätern
Fruchtmonaten allerdings Zuckungen der Glieder,
[* 46] also Reflexbewegungen. Der Herzschlag des Fötus ist weit häufiger als der
der Mutter und schwankt durchschnittlich zwischen 120 und 160 Schlägen in der Minute.
Man unterscheidet ihn von der 18. oder 20. Woche an durch Auskultieren an der Bauchwand der Mutter oft
ganz deutlich (Fötalpuls): das sicherste Kennzeichen, daß eine Frau mit einem lebenden Kind schwanger geht. Das ganze Fötalleben
ist auf Neubildung und Wachstum des Organismus gerichtet und der Wechselwirkung mit der Außenwelt, dem unmittelbaren Stoffwechsel
mit ihr, der Empfindung und Bewegung, besonders der bewußten, entzogen. Mit dem Moment der Geburt, sobald
der Fötus den ersten Atemzug thut, beginnt eine völlige Umgestaltung seiner Lebensthätigkeit; während bis dahin der mütterliche
Organismus dem Fötus das gesamte Ernährungsmaterial fertig gebildet
zuführte, beginnt mit der Geburt die selbständige
Atmung und damit in innigstem Zusammenhang stehend der normale Lungenkreislauf, während gleichzeitig die
Nabelgefäße, das runde Loch der Scheidewand des Herzens und der Ductus arteriosus Botallii sich schließen; bald darauf beginnt
das neugeborene Kind sich selbst durch den Verdauungsprozeß die zugeführte Nahrung anzueignen und seine Eigenwärme angemessen
nach der Temperatur der Außenwelt zu regulieren. -
(über die Erkrankungen des Embryo im Mutterleib s. Fötalkrankheiten.)
Rechtliches. Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der vollendeten Geburt. So bestimmt auch der
Deutsche Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs §. 1 zweiter Lesung. Das schließt nicht aus, daß der Embryo unter den Schutz
des Strafgesetzes gestellt wird. (S. Abtreibung der Leibesfrucht.) Ist zur Zeit eines Erbfalles ein Embryo vorhanden, der Erbe werden
würde, wenn er lebte, so wird ihm der Erwerb seiner Rechte bis zur Geburt offen gehalten. Kommt es zu keiner lebendigen Geburt,
so wird es so angesehen, als ob gar keine Empfängnis stattgefunden hätte.
Wird ein lebendiges Kind geboren, so wird der Erwerb auf die Zeit des Erbfalles zurückbezogen. Das ist
im wesentlichen die praktische Bedeutung des Satzes: «Nasciturus pro jam nato habetur» (lat.,
«der künftige Sprößling wird als schon geboren angesehen»). Vgl. Preuß. Allg. Landr. I, 1, §. 12;
Bayr. Landr. 1,3, §.
2, Nr. 3;
Sächs. Gesetzb. §. 32;
Österr. Gesetzb. §. 32;
Deutscher Entwurf §§. 1758, 1867, 1904, 2026. Derselbe
Grundsatz wird in Bezug auf Alimentationsrechte angewendet (§. 723).
Wo es sich um Familienschlüsse handelt, wird für ein
noch nicht geborenes Kind ein Pfleger ernannt (Sächs. Gesetzb. §. 2535) oder bei Familienfideikommissen ein Pfleger, welcher
die Interessen der Nachkommenschaft überhaupt vertritt (Preuß. Allg. Landr. II, 4, §. 95; Österr.
Gesetzb. §. 630).
Der pflanzliche Embryo oder Keim ist derjenige Gewebekörper, welcher aus der Eizelle infolge der Befruchtung
[* 48] entsteht und die ersten
Stadien des neuen Individuums darstellt. Die Ausbildung des Embryo erfolgt stets auf der Mutterpflanze, und die Trennung von letzterer
findet erst dann statt, wenn der Embryo im stande ist zu einem selbständigen Pflanzenindividuum
heranzuwachsen; dies ist aber nur der Fall, wenn er ein mehrzelliger Körper geworden ist und wenn in seinen Zellen oder
in den ihn umhüllenden Gewebepartien genügend Reservestoffe zur Bildung neuer Zellen vorhanden sind. Demnach kann man bei
Algen
[* 49] und Pilzen nicht von einem Embryo sprechen, da hier die befruchtete und zur Spore ausgewachsene Eizelle
sich nach der Reise von der Mutterpflanze ablöst und zu einem neuen Individuum heranzuwachsen vermag. Nur die Moose,
[* 50] Gefäßkryptogamen
und Phanerogamen haben Embryo. Näheres über den Bau und die Entwicklungsgeschichte des Embryo s. Dikotyledonen, Gefäßkryptogamen,
Gymnospermen, Monokotyledonen und Moose.
(grch.), in der Geburtshilfe diejenige Operation, durch welche bei erschwerten Geburten
der Körper der vorher abgestorbenen Frucht innerhalb der mütterlichen Geburtswege zerstückelt wird, indem entweder Brust-
und Bauchhöhle der Frucht behufs Entfernung der Eingeweide
[* 55] eröffnet werden (Exenteration, Evisceration), oder durch hakenförmige
Instrumente der Kopf vom Rumpfe getrennt (Dekapitation), oder durch zangenförmige Instrumente der Schädel zerdrückt und zerkleinert
wird (Cephalo- oder Kephalothrypsie). Auf diese Weise gelingt es selbst bei hochgradigen Beckenverengerungen
häufig, das Leben der Mutter zu erhalten, während in solchen Fällen vor Anwendung der Embryotomie Mutter und Kind zugleich verloren
waren.
1) Landkreis, ohne Stadt Emden, im preuß. Reg.-Bez.
Aurich,
[* 56] hat 353,43 qkm, (1890) 18459 (8948 männl., 9511 weibl.) Emden in 47 Landgemeinden.
- 2) Emden, früher Embden, Stadt und Stadtkreis (11,91 qkm), 2,2 km vom Dollart, an der Mündung des Ems-JIade-Kanals (s. d.)
und mit der Ems
[* 57] (3 km) und der Nordsee durch einen Fahrwasserkanal verbunden, liegt an den Linien Emden-Soest (237,4 km) und
Emden-Jever (81,5 km) der Preuß. Staatsbahnen
[* 58] in sehr fruchtbarer Marsch, hat Hafenbahn nach Nesserland und
in der Umgebung fette Gemüse- und Weideländereien.
Die innere Stadt, von Wällen mit schönen Promenaden umgeben und gegen die Nordsee durch hohe Deiche geschützt, hat massive
Giebelhäuser holländ. Charakters, besteht aus sechs Hauptteilen, der Altstadt, Nord-, Süd- und Mittel-Faldern,
der Boltenthors- und der Neuenthorsvorstadt, ist Sitz des Landratsamtes für den Landkreis, eines Amtsgerichts (Landgericht
Aurich), einer Schiffsregisterbehörde, eines königl. Seeamtes für den Bezirk der ostfries. Küste (einschließlich Papenburg
[* 59] und Wilhelmshaven),
[* 60] einer Agentur der Deutschen Seewarte mit Signalstelle und meteorolog.
Station, eines Strandamtes, Seemannsamtes, Hauptzollamtes erster Klasse, zugleich Schiffsvermessungsbehörde, zweier
Nebenzollämter, einer königl. Steuerkasse, eines Deich- und Sielamtes des Landkreises
Emden, königl. Hafenamtes, Katasteramtes, einer königl. Prüfungskommission für Seesteuerleute und Schiffer in kleiner
Fahrt, mehrerer Konsulate sowie einer Reichsbankstelle und Handelskammer und hat (1890) 13695 (6357 männl., 7338 weibl.)
Emden, darunter 12011 Evangelische, 808 Katholiken, 174 andere Christen und 702 Israeliten. Emden wird von einer
Anzahl schiffbarer Wasserstraßen durchschnitten, die neben dem Seehafen mehrere Binnenhäfen bilden und von mehr als 30 Brücken
[* 61] überschritten werden; unter letztern zeichnen sich die Rathausbrücke über den Rathausdelft, die Kettenbrücke über den
Falderndelft, die neue eiserne (Eisenbahn-)Drehbrücke über das Fahrwasser und die neue eiserne Rote-Sieldrehbrücke
aus. Der im Bau begriffene Schiffahrtskanal von Dortmund
[* 62] nach den Emshäfen wird von Oldersum an der Ems aus (11 km oberhalb
Emden) fortgesetzt durch einen Seitenkanal nach dem Hafen von der, seit
1888 in Staatsverwaltung, bedeutend erweitert und mit
den neuesten Einrichtungen für direkte Umladung aus den Kanal- in die Seeschiffe und umgekehrt und mit
Schienenverbindung, Dampfkranen u. s. w. versehen wird.
Unter den weltlichen Gebäuden sind zu erwähnen: das Rathaus, 1574-76 nach dem Muster des Antwerpener im Renaissancestil erbaut,
mit berühmter, 1568 infolge der Bedrohung der Stadt durch HerzogAlba
[* 63] entstandenen Rüstkammer (besonders reich an schönen
alten Feuerwaffen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges) und kostbarem Silberschatz, die Klunderburg
(15. Jahrh.), früher der Midlumer Häuptlingsfamilie gehörig, bis vor kurzem Kaserne, die Pollmannsburg (1701), jetzt Sitz
des Landratsamtes, die alte Kaserne (1775), jetzt Schulen und Wohlthätigkeitsanstalten enthaltend, das Museum der Naturforschenden
Gesellschaft mit reichhaltigen naturhistor. Sammlungen und Bibliothek, die «Kunst», Gesellschaftshaus der Gesellschaft für
bildende Kunst und vaterländische Altertümer mit neuem Gebäude für die Sammlungen (Gemälde, Glasmalereien,
Kupferstiche, Altertümer, Urkunden, Schiffsmodelle, Seekarten, Stadtpläne, ostfries. Münzen),
[* 64] die Gebäude der Reichspost,
des Gymnasiums der Friedrichsschule u. s. w.
Emden hat ein Post- und Telegraphenamt erster Klasse und eine Station der Indo-Europäischen Telegraphencompagnie in London
[* 65] (Kabel
nach England und Nordamerika),
[* 66] Fernsprechverbindungen, Kanalisation, eine Gasanstalt; ein königl. Wilhelmsgymnasium,
früher latein. Schule, 1540 durch die Gräfin Anna erweitert, seit 1836 vollständiges Gymnasium, Real-(Kaiser Friedrichs-)
Schule, höhere Mädchenschule mit Lehrerinnenseminar, königl. Navigationsschule, Handels- und Gewerbeschule, weibl. Fortbildungsschule,
Taubstummenanstalt; ferner eine Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer, eine Naturforschende Gesellschaft,
einen Ärzteverein, Freimaurerloge und andere Vereine, neues städtisches Krankenhaus,
[* 67] Diakonissenstation,
Diakonissenverein, «Gasthaus» (Waisenhaus, Erziehungsanstalt für verwahrloste
Kinder und Pflegeanstalt für würdige alte Leute),
Armenarbeitshaus, Volksküche, Speiseanstalt für arme Kinder,Schifferwitwen-
und Waisenkasse «Eendragt», Handwerkerwitwenkasse.
Die Industrie erstreckt sich auf Schiffbau (2 Anstalten), Fabrikation von Papier, Backsteinen, Drahtseilen, Tabak
[* 68] (5 Fabriken),
Senf, Seife (3), Sauerkraut, Konserven, Fässern, Körben und Häcksel; ferner bestehen Reedereien, 3 Sägewerke, 5 Mehl-, 1 Ölmühle, 5 Fischräuchereien,
bedeutende Heringsfischerei (22 Logger, Ertrag 1893: 23 002 t für 515 809 M.), Schlächterei mit Fleischversand, Honigkuchenbäckerei,
Gemüsebau sowie Handel mit Getreide, Fleisch, Butter, Käse, Rindvieh, Pferden, Kolonialwaren, Thee, frischen, gesalzenen und
geräucherten Seefischen (namentlich Heringen und Bücklingen), Eisenwaren, Steinkohlen, Koks und
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