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die anliegende Ebene am Main und erreicht in ihrem höchsten Punkte noch 543 m. Main und Neckar sammeln die Gewässer der anmutigen Gefilde und führen sie dem Rhein zu.
Viel einfacher gestaltet sich das Relief der Lothringer Stufenlandschaft. Zunächst baut sich eine 200-300 m hohe Muschelkalkebene auf, die auch wohl wegen ihres Seenreichtums Lothringer Seenplatte heißt; an diese reihen sich analog der schwäb.-fränk. Oolithplatte verschiedene Landstufen, die sich bis zu 400 m erheben und im S. sich am meisten den Vogesen nähern, wie im O. der Jura dem Schwarzwalde; auch in Bezug auf Wasserarmut, Höhlenreichtum u. s. w. gleicht der Lothringer Jura seinem Gegenstück im O.
4) Die mitteldeutsche Gebirgsschwelle. Zu derselben zählen wir: das Rheinische Schiefergebirge, das hess. Berg- und Hügelland, Thüringen und seine Randgebirge und das subhercynische Hügelland. Das Niederrheinische Schiefergebirge, das mehr den Charakter eines thaldurchfurchten Plateaus als den eines Gebirges trägt, legt sich mit einer Breite [* 2] von 150 km und einer mittlern Höhe von 500 m vor das südwestdeutsche Becken und wird durch den Rhein, die Mosel und die Lahn in vier einzelne Abschnitte zerlegt.
Die beiden südlichen derselben, der Taunus im O. und der Hunsrück im W., übertreffen zwar durch ihre bedeutendern Erhebungen die nördl. Glieder, [* 3] bleiben aber in Bezug auf Ausdehnung [* 4] hinter denselben zurück. Sie bilden eine ausgezeichnete Wasserscheide und schicken ihre Gewässer vorwiegend der Mosel und der Lahn zu, während in den nördl. Gliedern die Gewässer von den höchsten Erhebungen nach allen Richtungen ausstrahlen. Vom linken Moselufer bis zum Thale der Ourthe werden die kahlen, 500-600 m hohen Plateauflächen der Eifel mehrfach durchbrochen von vulkanisch gebildeten Gipfelmassen, unter denen die Hohe Acht bis zu 760 m aufsteigt. Im O. des Rheins steigt zwischen Sieg und Lahn das Plateau des Westerlandes empor, mit den Gipfeln des malerischen Siebengebirges dicht an den Rhein tretend. Südlich von der Eder liegt der Kellerwald.
Im obern Ruhr- und Diemelgebiet erhebt sich dann das Sauerland zu 500-600 m, im Kahlen Astenberge sogar zu 830 m. Die Lenne durchbricht das Lenne- und Ebbegebirge. Es folgt nun das wichtige Kohlengebirge von Dortmund, [* 5] das im O. zum Haarstrang übergeht, der zwischen Paderborn [* 6] und Brilon zu 400-500 m hohen Flächen emporsteigt. Allmählich verlieren sich diese in die Münstersche Bucht. Zwischen dem Rheinischen Schiefergebirge und Thüringen erhebt sich das hess. Berg- und Hügelland, einen etwa 100 km breiten Streifen einnehmend.
Umgeben von den Thalfurchen der Werra, der Fränkischen Saale, des Mains, der Nidda, Wetter, [* 7] Lahn (zwischen Gießen [* 8] und Marburg), [* 9] Diemel und Weser (zwischen Carlshafen und Münden) tritt ein vielfacher Wechsel von hoch und tief auf, vorzugsweise hervorgerufen durch das Herausbrechen basaltischer Massen aus der vorherrschenden Sandsteindecke. So im S. das 660 m hohe Plateau der Hohen Rhön mit der Großen Wasserkuppe, dem Kreuzberge und dem Pferdskopfe und vielfach umstanden von einzelnen Kegelbergen, und die Basaltgruppe des Vogelsbergs. Nördlicher liegt das Plateau des Knüll, das sich im Knüllköpfchen zu 636 m erhebt und weiter im N. der Meißner, bei Münden der Kaufungerwald, westlich von der Fulda [* 10] der Habichtswald und nördlicher der Reinhardswald. Den nördlichsten Ausläufer bildet der Solling. - Den östl. Anschluß an das hess. Berg- und Hügelland bildet Thüringen mit seinen Randgebirgen.
Den Südrand dieses Gebietes bildet das Fichtelgebirge, welches das Quellgebiet der Saale, Eger, [* 11] Naab und des Mains ist und als Centrum der ganzen deutschen Mittelgebirge gelten kann. Der 500-600 m hohe Sockel des Fichtelgebirges zieht sich nach NW. als Frankenwald fort, der mit einem Steilabfall in den Thüringerwald übergeht. Dieser spitzt sich vom Quellgebiete der Werra bis in die Gegend von Eisenach [* 12] keilförmig zu, wechselt seinen Gesteinsinhalt mannigfach zwischen krystallinischen und schieferigen, Porphyr- und Konglomeratmassen und steigt im Beerberg zur größten Höhe von 984 m auf.
Das niedere Thüringer Bergland ist eine Hochfläche, die zwischen Saale und Werra alle Glieder der Triasformation [* 13] entfaltet und durch das Thal [* 14] der Unstrut und Gera [* 15] in seiner Mitte zu tiefen Bassins eingesenkt, wie überhaupt mehrfach durch Parallelmulden des Thüringerwaldes sanft gewellt wird. Der Frankenwald geht nach O. ganz allmählich in die Saalplatte und das sächs. Vogtland über. Mit dem sächs. Berglande hängt das thüringische zusammen, worin als deutliche Ketten die Finne und Schmücke, inselförmig der Kyffhäuser hervorragen, und das in eine Hochfläche, das Eichsfeld, übergeht; hier steigen als Bergkette die Hainleite und gruppenförmig die Ohmberge auf.
Als nördlichster Rand des Thüringerwaldes erscheint der Harz, eine von NW. nach SO. gerichtete erhöhte Ellipse [* 16] von 100 km Länge bei 30-38 km Breite. Seine nordwestl. Fortsetzung bildet das subhercynische Hügelland.
Einzelne Erhebungen und Bergreihen setzen dies Gebirgssystem in der Hauptrichtung nach NW. bis zur Weser fort; sie werden gewöhnlich unter dem Namen Wesergebirge zusammengefaßt. Am mannigfachsten gruppiert in einzelne abgerundete Massen, scharfgekantete Berginseln und niedere Rücken, das Gestein wechselnd im Gebiete der Trias- und Juraformation, [* 17] erscheint das Land im S. von Hildesheim [* 18] und Hannover; [* 19] dagegen tritt es geschlossener auf am linken Ufer der Weser im Muschelkalk- und Keuperplateau südlich und nördlich von Pyrmont. Doch weiter nach NW. löst sich das Land in einzelne zungenförmige Ausläufer auf: so die vielzerstückelte Mauer des Teutoburgerwaldes.
5) Die Umwallung Böhmens. Durch natürliche Mauern ist Deutschland [* 20] von Böhmen [* 21] nach O., S. und W. hin getrennt. Zunächst streicht vom Fichtelgebirge aus nach ONO. das sächs. Erzgebirge, das seine größtenteils krystallinischen Felsmassen zu einer von S. aufsteigenden, 660-800 m hohen Mauer mit bis zu 1238 m hohen Höhepunkten aufbaut; nach N. senkt es sich im sächs. Berglande allmählich zur Tiefebene. Nach O. geht das Erzgebirge in das Elbsandsteingebirge über, das links und rechts vom Elbdurchbruche liegt.
Östlicher ist der Sandstein vielfach mit Basalt-, Phonolith- und Granitkuppen besetzt, die das Lausitzer Bergland bilden. Die Nordostseite der böhm. Gruppe wird von dem Gebirgssystem der Sudeten gebildet. Das Thal der zur March gehenden Betschwa ist die Lücke, die von den deutschen Mittelgebirgen die karpatischen trennt. Hier steigen die Thonschiefer- und Grauwackemassen des Mährischen Gesenkes allmählich aufwärts zur Anlehnung an die schieferig-krystallinischen ¶
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Gebirgsbildungen im Quellgebiete der Oppa, March und Glatzer Neisse, die im Altvater (1490 m) und Großen Schneeberge (1422 m) majestätische Kulminationspunkte erreichen. Im weitern Nordwesten löst sich das kompakte Gebirgsmassiv auf zu einer kettenartigen Umwallung des Glatzer Gebirgskessels. Die Nordostseite desselben bildet das Reichensteiner oder Schlesische Grenzgebirge und durch den Paß [* 23] von Wartha und die Neisse [* 24] davon getrennt, das Eulengebirge.
Die Südwestseite besteht aus dem Habelschwerdtergebirge und den westlich daneben streichenden böhm. Kämmen (Adlergebirge), am Nordende mit der 1085 m hohen Hohen Mense; und durch den Paß von Reinerz und Nachod davon getrennt, aus dem Heuscheuergebirge. Nördlich davon führt der Politzer Kamm zu den Adersbacher und Weckelsdorfer Sandsteinfelsen. Der Nordwestabschluß, das Waldenburger Kohlengebirge, sinkt zur Gebirgslücke des Bober bei Landshut [* 25] ab. Aus ihr erheben sich plötzlich die krystallinischen Gesteinsmassen zu den 1000 und 1300 m hohen Ketten des Riesen- und Isergebirges und im Quellgebiete der Elbe thront die Schneekoppe bei 1605 m Erhebung als der höchste Gipfel aller deutschen Mittelgebirge. Nach SO. schließt sich an das Fichtelgebirge das Böhmisch-Bayrische Waldgebirge an, das fast durchweg aus krystallinischem Gestein besteht und in seinem südöstl., höhern Teile in drei ziemlich parallele Wälle sich trennt, in den eigentlichen Böhmerwald mit dem Großen Arber (1458 m) in Bayern, [* 26] in eine böhm. Waldkette mit dem Kubany und den Bayrischen Wald.
6) Das norddeutsche Tiefland gleicht weder in seiner Oberflächenform noch in seinem Material einer einförmig gestalteten Ebene; es erfährt vielmehr durch mannigfachen Höhenwechsel eine reiche landschaftliche Gliederung und ist in neuerer Zeit durch wichtige geognost. Forschungen als das Produkt mehrerer geolog. Bildungsepochen erkannt worden. Das Relief des Tieflandes wird namentlich näher bestimmt durch zwei große Bodenschwellen. Die eine liegt in geringer Entfernung von der Ostküste.
Sie steigt in Westpreußen [* 27] aus dem Durchbruchsthale der Weichsel schnell auf, hat in der masurischen Seenplatte (in den Seesker Bergen) [* 28] 309 m, im Turmberge bei Danzig [* 29] 331 m, in der seenreichen hinterpommerschen Scheitelfläche 255-293 m Höhe und sinkt erst wieder zu einer vollständigen Tieflücke herab im Oderthale südlich voll Stettin. [* 30] Das Kreidegebirge der Insel Rügen ist mit der Herthaburg 159 m hoch. Auch westlich von der Oder in der Ukermark und Mecklenburg [* 31] erreicht die seereiche Höhenplatte im Helpterberg 179 m und im schlesw.-holstein. Geestlande im Bungsberge 164 m. Die zweite, wenn auch öfter unterbrochene Höhenwelle beginnt in Oberschlesien mit dem Tarnowitzer Plateau (St. Annaberg [* 32] nahe der Oder, 430 m) und wird weiterhin bezeichnet durch die Trebnitzer Höhen oder das Katzengebirgc nördlich von Breslau [* 33] (310 m Höhe im Weinberge); links von der Oder setzt sich der Höhenzug als Katzenberge fort und zieht westwärts durch die Niederlausitz als Grünberger, Sorauer und Muskauer Hügelgruppen (Rückenberg 228 m), als Fläming nördlich von Wittenberg. [* 34]
Westlich von der Elbe streichen nach NW. die Neuhaldenslebenerberge, die Hellberge bei Gardelegen [* 35] (160 m) und endlich die bis 171 m aufragenden Erhebungen der Lüneburger [* 36] Heide. Zwischen diesen beiden Dämmen liegt ein breiter Tiefstreifen, jedoch auch nicht ohne mannigfachen Höhenwechsel, wie namentlich bei Freienwalde an der Oder, zwischen Frankfurt [* 37] und Berlin [* 38] an der Spree und bei Potsdam [* 39] an der Havel, während die Bahnen einzelner Flußläufe oder Bruchstriche als markierte Tiefrinnen auftreten.
Die bedeutendsten Niederungen sind das Thal der Memel, [* 40] der Weichsel, der Netze- und Warthe- samt Obrabruch, das Mündungsgebiet der Oder, die Torfmoore des Spree- und Havelgebietes, die schlesw.-holstein. und hannov. Marschen, das Münsterland u. s. w. Erst jenseit der Lüneburger Heide im Gebiete der untern Weser und Ems [* 41] sinkt die Bodenfläche zu einem ungestörten tiefen, durch ausgebreitete Moore bezeichneten Niveau herab. Der sich zu großem Teil noch gegenwärtig bildende Alluvialboden ist vielfach und besonders in den Torfmooren vertreten, welche die bezeichneten Tiefrinnen begleiten.
Die Bildungen der Diluvialperiode erscheinen oft auf weiten Flächen gar mächtig verbreitet als Geschiebesand, wie am verrufensten in den Marken der Provinz Brandenburg, [* 42] oder als Geschiebethon und Mergel. Eigentümlich für das Ansehen der norddeutschen Ebenen fällt in diese Periode die weite Verbreitung von Felsblöcken (Erratische Blöcke), deren Heimat unverkennbar in Skandinavien, Finland, am Onegasee und in Ingermanland zu suchen ist, und die die Spuren eines weiten Transports an sich tragen.
Der Tertiärformation [* 43] ist durch neuere Einsichten ein weites Gebiet eingeräumt worden, seitdem man die feinern Thon- (plastischer Thon) und Sandarten (Formsand) von den diluvialen gröbern ähnlichen Gebilden unterschieden und die außerordentlich große Verbreitung der Braunkohlen vielorts aufgeschlossen hat. Auch ältere Felsbildungen ragen hier und da hervor (bei Lüneburg, [* 44] Segeberg, Cöpenick, [* 45] Cammin, auf Wollin, Usedom, Rügen u. s. w.) und verraten die Unterlage eines festen Felsgerüstes, dessen Thalspaltensysteme durch eine gewisse Symmetrie der Flußläufe und Seelagerungen ausgesprochen sind.
Vgl. Wahnschaffe, Die Ursachen der Oberflächengestaltung des Norddeutschen Flachlandes (Stuttg. 1891).
Der allgemeine Überblick der deutschen Bodengestalt zeigt, daß Deutschland einen mannigfachen Wechsel der äußern und innern Bodenbeschaffenheit besitzt. Es hat seine eisgekrönten Hochgebirge, seine waldschattigen Mittelgebirge, sanften Hügelgelände, seine hoch und tief liegenden Ebenen; aber keine der Formen bedeckt in einseitigem Charakter große Räume, keine ist durch abschreckende Schranken von der andern getrennt, sodaß menschliche Kultur auf natürlichen Bahnen überall einzieht. Deutschland besitzt eine große Mannigfaltigkeit landschaftlicher Gliederung, ohne die Vereinigung zu einem schönen Naturganzen auszuschließen.
Geologisches. (Hierzu Geologische Karte von Deutschland.) Bei der großen Mannigfaltigkeit der Bodenbeschaffenheit Deutschlands [* 46] sind auch fast alle Gebirgsformationen vertreten. Die archäische Formation der krystallinischen Schiefer (Gneis, Glimmerschiefer u. s. w.) findet sich in den Vogesen, im Schwarzwalde, Spessart, Hohen Venn, in Thüringen, Sachsen, [* 47] im Fichtelgebirge und Böhmisch-Bayrischen Waldgebirge und in Schlesien. [* 48] Das Silur tritt in geringer Ausdehnung in Thüringen und den angrenzenden Ländern auf. Devon [* 49] kommt in großer Mächtigkeit in den rhein. Schiefergebirgen (Taunus, Hunsrück, Eifel u. s. w. bis zur Ruhr im Norden) [* 50] vor, bildet den größten Teil des Ostharzes und findet sich außerdem in Ostthüringen, dem Fichtelgebirge, ¶
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in den Sudeten und Vogesen. Die Steinkohlenformation ist in ihrer untern Abteilung (Kohlentalk und Kulm) in Oberhessen, Westfalen, [* 52] im Westharz, in Ostthüringen und dem Frankenwalde und in Schlesien vertreten, während das produktive Steinkohlengebirge in ausgiebigen Lagern in der Saar- und Ruhrgegend, in Sachsen und Schlesien zu finden ist. Die Dyasformation (Zechstein und Rotliegendes) findet ihre Vertretung in den Vogesen, im Schwarzwald, Odenwald, am Harz, in Hessen, [* 53] Thüringen, Sachsen und Schlesien.
Die Trias (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper) setzt in fast ununterbrochener Folge den Teil zwischen Schwarzwald und Schwäbischem Jura in Württemberg, [* 54] das nördl. Bayern bis Bamberg [* 55] im Osten und zum Odenwald im Westen und Thüringen, Hessen u. s. w. bis zum Harz und dem Teutoburger Wald zusammen, ähnlich im Westen der Vogesen das Gebiet nordwärts bis Neustadt [* 56] an der Hardt, Kaiserslautern, [* 57] Saarbrücken [* 58] und über die Mosel hinaus bis zur Eifel. Die deutschen Kalkalpen bestehen ebenfalls zum größten Teil aus Schichten der Trias, aber in alpiner Facies.
Die Juraformation (Lias, Brauner und Weißer Jura) ist in geringer Verbreitung in dem zu Deutschland gehörigen Teil der Alpen, [* 59] vor allem aber in dem großen Jurazug, der vom Rhein bei Schaffhausen [* 60] nordostwärts bis zum Main geht, vertreten; in kleinern zerstreuten Partien finden wir ihn noch zwischen Saar und Mosel bei Metz, [* 61] in Hannover und Braunschweig, [* 62] im Teutoburger Walde, in der Weserterrasse. Die Kreide [* 63] breitet sich vor allem zu beiden Seiten der Elbe (im Elbsandsteingebirge), in Oberschlesien, in Braunschweig und Hannover, zwischen Leine und Weser, in Norddeutschland einschließlich Westfalens, links vom Niederrhein und zum kleinern Teil in den nördl. Alpen aus.
Das Tertiär (Oligocän, Braunkohle) ist über ganz Norddeutschland und am Niederrhein zerstreut, bildet das Mainzer Becken und kommt noch in einzelnen Streifen vor am Oberrhein zwischen Basel [* 64] und Mülhausen, [* 65] auf der Rauhen Alb und der südbayr. Hochebene. Das Quartär (Diluvium [* 66] und Alluvium) ist in großen Schichten über Deutschland, besonders Norddeutschland verbreitet (s. oben). Paläovulkanischen Gesteinen (Granit, Diorit, Diabas, Gabbro, Serpentin u. s. w.) begegnen wir in den Vogesen, im Schwarzwald, Odenwald, Thüringerwald, Harz und Fichtelgebirge; die Porphyre und Porphyrite finden sich in Schlesien, Thüringen, im Harz, am Mittelrhein u. s. w., die Melaphyre ebenfalls am Harz, in Niederschlesien und Sachsen. Die neuvulkanischen Gesteine [* 67] (Basalt, Trachyt, Phonolith) sind über ganz Mitteldeutschland verbreitet, besonders am Rhein, im Westerwald, Vogelsberg, in der Rhön, in Thüringen, im Erzgebirge, in einzelnen Kuppen in Schlesien, im Hegau und bei Freiburg [* 68] (Kaiserstuhl).
1) Meere. Die Gestade der zwei Meere Deutschlands sind verschieden beschaffen. Der pommersche Küstenstrich der Ostsee ist eigentümlich charakterisiert durch die Haffbildungen, welche ostwärts von den Odermündungen zwar nur in Form kleinerer Strandseen vorkommen, aber oberhalb der drei Mündungsarme Peene, Swine und Dievenow und im südl. Hintergrunde der zwischenliegenden Inseln Usedom und Wollin durch die Ausweitungen der Oder zu dem 627,7 qkm bedeckenden Kleinen und Großen (Stettiner) Haff großartigere Vertretung finden.
Dieser Teil der Ostseeküste würde mit zu den reizlosesten Gegenden gehören, wenn nicht der vorpommerschen Küste die Insel Rügen als größtes deutsches Eiland vorgelagert wäre, das mit seinen Naturschönheiten zugleich die Wiege deutscher Mythologie umschließt. Westwärts von Rügen gliedert die pommersche Küste noch das tiefe Eingreifen des Grabow im Süden der Insel Zingst und des Saaler Boddens südlich und östlich von der Halbinsel Darß, während an der Küste von Mecklenburg der flache Golf von Warnemünde und die tiefer gehende Bucht von Wismar [* 69] zu bemerken sind.
Den südwestlichsten Eingriff in Deutschlands Festland bildet die Ostsee durch die Lübecker Bucht, und den besten Stationspunkt für eine deutsch-baltische Flotte gewährt sie in der Bucht von Kiel. [* 70] Die schlesw. Ostküste ist ausgezeichnet durch vorherrschend hohe Ufer und weit eingreifende Föhrden mit größtenteils sehr günstigen Tiefen. So die Buchten von Eckernförde, Flensburg [* 71] und Apenrade, während die Schlei und die Haderslebener Bucht weniger tief sind.
Die Inseln Fehmarn und Alsen vermehren die reiche Gliederung der holstein-schlesw. Küste. Die Ostsee bespült auf 1365 km die deutsche Küste, und obgleich sie durch den dän. Archipel zu einem Binnenmeere herabgedrückt ist, so haben doch ihre Stürme und Klippen, [* 72] ihre Eisschollen und Nebel ein abgehärtetes und kühnes Schiffervolk erzogen; und wie die baltischen Gestade einst phöniz. Schiffe [* 73] anlockten und ihre Häfen die Wiege der mächtigen Hansa waren, so verkehren auch noch heute ihre bedeutendsten Handelsstädte, und vor allen Stettin, Lübeck, [* 74] Kiel und Flensburg, mit allen handeltreibenden Nationen.
Ganz anders ist der 300 km lange Ufersaum der Nordsee gestaltet. An die Stelle der baltischen Haffe treten tiefeinschneidende Busen; sei es, daß sie mittelbar durch breite Flußmündungen gebildet werden, wie bei Elbe und Weser, oder daß sie als unmittelbare Meeresglieder erscheinen, wie im Jadebusen und Dollart. Der tiefen und vor dem Einbrechen der Fluten künstlich geschützten Küste liegt die 8-16 km breite Zone der Watten vor. Aus ihnen taucht, durchschnittlich 7 km von der Küste, die Reihe der kleinen, langgestreckten und dünenbesetzten fries. Inseln, unter denen Röm, Sylt, Föhr, Amrum, Pellworm, Nordstrand, Neuwerk, Wangeroog und Norderney die bedeutendsten sind.
Die der Küste anliegende Watte hebt sich allmählich höher. Sie ist von fruchtbarem Meeresschlamm überdeckt, wird immer seltener überflutet, überkleidet sich mit üppig wuchernder Vegetation, indem sie die Hand [* 75] des Menschen durch Eindeichungen zur weidereichen Marsch umgestaltet. Hier wächst der Boden des Festlandes in das Meer hinaus; dort raubt die Sturmflut einer einzigen Nacht das Werk hundertjähriger Arbeit wieder, und eine Meeresbucht nimmt seine Stelle ein. Eine besondere Stellung hat die Felseninsel Helgoland [* 76] unter den deutschen Nordsee-Inseln, sowohl hinsichtlich ihres geolog. Aufbaues, als auch mit Bezug auf ihre Lage.
2) Flüsse. [* 77] Die 150 Flüsse Deutschlands senden ihr Wasser in die Nordsee, Ostsee und in das Schwarze Meer. Von den größern Flüssen gehört nur die Weser von ihrer Quelle [* 78] bis zur Mündung ganz dem Deutschen Reiche an, während Memel, Weichsel, Oder und Elbe ihren Ursprung, die Donau die Mündung und der Rhein beides außerhalb des Reiches haben. An wichtigen Küstenflüssen hat Deutschland im Gebiete der Ostsee den Pregel, [* 79] die Warnow und Trave und im Nordseebereich die Eider ¶
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und Ems. Von den größern, hauptsächlich durch ihre Schiffbarkeit wichtigen Flüssen ist zunächst im Ostseegebiet zu erwähnen die Memel oder der Niemen, der 790 km lang ist, wovon aber nur die letzten und schiffbaren 112 km von Schmalleningken an zu Deutschland gehören. Er mündet in das Kurische Haff, das außerdem noch die Minge und Dange und den Nemonien aufnimmt. Der Pregel, von Insterburg [* 81] ab auf 133 km schiffbar, ist ein vollständig deutscher Fluß. Die 1050 km lange Weichsel gehört dem preuß. Staate im Oberlaufe teilweise und im Unterlaufe völlig an, zusammen auf 250 km Länge, wovon über 246 km einschließlich des in die Danziger Bucht mündenden Hauptarms schiffbar sind; von ihrem rechten, in das Frische Haff fließenden Hauptarme, der Nogat, sind 52 km schiffbar; ihr Stromgebiet mißt innerhalb des Deutschen Reichs 34300 qkm. Unter den Küstenflüssen zwischen Weichsel und Oder (Rheda, Leba, Lupow, Stolpe, Wipper, Persante, Rega) sind die beiden letztern die längsten mit 188 und 148 km Lauflänge.
Die Oder, ein zum größten Teil deutscher Fluß, hat von der österr. Grenze an eine Länge von 893 km, darunter 769 von Ratibor [* 82] ab schiffbar; sie mündet in 3 Armen (Dievenow, Swine und Peene) in das Pommersche Haff und umspannt innerhalb des Deutschen Reichs ein Gebiet von 109830 qkm. Ihre bedeutendern Nebenflüsse sind rechts die 760 km lange und in Deutschland auf 358 km schiffbare Warthe mit der 230 km weit schiffbaren Netze und die 112 km lange Ihna; links die Glatzer und Lausitzer Neisse, der Bober und die 110 km lange schiffbare Peene.
Westlich von der Oder sind noch zu nennen die 128 km lange Warnow (60 km schiffbar) und die 112 km lange Trave. Zum Nordseebecken gehört zunächst die auf 140 km schiffbare Eider. Die Elbe, 1165 km lang, wovon 760 km zum Deutschen Reich gehören, das sie schiffbar bei Herrnskretschen betritt, erreicht die Nordsee bei Cuxhaven mit einer Breite von 15 km. Ihr Stromgebiet beträgt 143327 qkm, auf deutschem Gebiete 96305 qkm. An deutschen Nebenflüssen erhält sie auf der rechten Seite die 209 km lange Schwarze Elster, die 356 km lange (330 km schiffbare) Havel mit Spree, Dosse und Rhin, die 200 km lange, schiffbare Elde, die Delvenau und die auf 25 km schiffbare Stör; auf der linken Seite die 345 km lange Mulde, die auf 160 km schiffbare Saale, die 37 km schiffbare Jeetze und die 78 km weit schiffbare Oste.
Aus dem Zusammenfluß der Werra, von deren 275 km Lauflänge 72 km schiffbar sind, und der Fulda von 195 km ganzer und 100 km schiffbarer Länge entsteht die noch 436 km lange Weser; ihr Flußgebiet mißt fast 48000 qkm. Von den rechten Zuflüssen ist die Aller 162 km lang und davon 113 km ab Celle [* 83] schiffbar, deren linker Nebenfluß, die Leine, 185 km lang und 100 km ab Hannover schiffbar. In den Dollart mündet die 335 km lange und 224 km schiffbare Ems, die durch Westfalen und Hannover fließt und die Haase und Leda aufnimmt.
Der Rhein, der mächtigste Strom Deutschlands, tritt in dieses erst unterhalb des Bodensees und auch da nur als Grenzfluß ein. Erst bei Basel tritt er vollständig in deutsches Gebiet über und durchströmt von hier bis Mainz [* 84] die Oberrheinische Tiefebene, durchbricht von Bingen [* 85] bis Bonn [* 86] die rhein. Schiefergebirge, beginnt bei letzterer Stadt seinen Unterlauf und verläßt unterhalb Emmerich [* 87] wieder das Deutsche Reich. [* 88] Er ist 1225 km lang, im ganzen auf 886 km und in Deutschland auf 721 km schiffbar und entwässert innerhalb des Deutschen Reichs ein Gebiet von 185400 qkm. Die bedeutendsten Nebenflüsse sind rechts die Kinzig, die Murg, der 397 km lange und 185 km weit schiffbare Neckar, der Main (495 km lang und auf 330 km schiffbar), die Lahn (218 km lang, 110 km schiffbar), Sieg, Wupper, Ruhr (235 km lang und 75 km schiffbar) und Lippe [* 89] (255 km lang und über 226 km schiffbar); links die 205 km lange und auf 99 km schiffbare Ill, die Nahe und die Mosel (330 km lang schiffbar dem Deutschen Reich angehörig). Zu dem mit dem Rheingebiet zusammenhängenden, 29000 qkm großen Gebiet der Maas geboren etwa 4950 qkm deutschen Landes, aber nur ein linker Zufluß, die Roer; zum Zuidersee geht die Vechte. - Dem Schwarzen Meere strömt die Donau zu, die mit 570 km (356 schiffbar) dem Deutschen Reich angehört; ihr Stromgebiet enthält 56109 qkm deutschen Landes. Von der linken Seite fließen ihr die Wörnitz, Altmühl, Raab [* 90] und der Regen zu, auf der rechten Seite die Iller, der Lech, die Isar und der Inn (226 km in Deutschland) mit der Salzach.
3) Kanäle. Von diesen erscheinen am wichtigsten: die Verbindung zwischen Memel und Pregel (Gilge, Seckenburger Kanal, Großer Friedrichsgraben und Deime);
die Verbindung der Seen auf der Grenze von Ost- und Westpreußen durch den Elbing-Oberländischen Kanal; [* 91]
der Bromberger Kanal, der das Weichsel- und Odergebiet verbindet;
der Müllroser oder Friedrich-Wilhelms-Kanal zwischen Oder und Spree und der Finowkanal zwischen Oder und Havel;
der Plauesche Kanal zwischen Havel und Elbe;
der Eiderkanal, der durch die Eider die Nordsee mit der Ostsee verbindet;
der Ludwigs-Donau-Main-Kanal zwischen Donau und Main;
der Rhein-Rhonekanal (134 km in Deutschland) und der Rhein-Marne-Kanal (107 km in Deutschland).
Zur Verbindung von Rhein, Weser und Elbe (Mittellandkanal) sowie der Emshäfen mit Dortmund sind Kanalisierungen begonnen, wie auch der große Nord-Ostsee-Kanal bereits im Bau begriffen ist. Kleinere Kanäle in den Niederungen sind vielfach nur Entwässerungsgräben der Moore, wie solche in Hannover, Oldenburg [* 92] und Schleswig-Holstein, [* 93] wie auch zu beiden Seiten der Ems, Hunte und Weser angetroffen werden. (S. Fehn- und Moorkolonien und Schiffahrtskanäle.)
4) Seen. Deutschland ist reich an Landseen, die sich in eine südl. und eine nördl. Hauptgruppe gliedern. Die Seen der südl. Zone liegen teils in den Alpen, teils am Rande derselben, teils auf der schwäb.-bayr. Hochebene und erreichen ihr Ende an der Nordgrenze der Moränenzone. Außer dem Bodensee, der nicht vollständig zu Deutschland gehört, sind erwähnenswert der Walchen-, Kochel-, Ammer-, Staffel-, Würm- oder Starnberger-, Tegern-, Schlier-, Chiem- und Königssee, von denen der Chiemsee mit 85,06 qkm der größte und der Königssee der schönste bayr. See ist. - Die nördl. Seenzone begleitet die Ostseeküste in ihrer ganzen Erstreckung von Ostpreußen bis Schleswig-Holstein und zerfällt in drei Hauptgruppen, die preuß., pommersche und mecklenb. Seenplatte. Wie dieser Name schon andeutet, liegen alle diese Seen, deren es in Mecklenburg allein 223 giebt, höher als die benachbarten Stromthäler; ihr Wasserspiegel ist zugleich die Scheitelfläche des norddeutschen Landrückens. Die wichtigsten derselben sind (von O. nach W.) der Spirdingsee, der Geserichsee, der Drazigsee, ¶
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Schweriner- und Müritzsee und der Ploenersee in Schleswig-Holstein. Unabhängig von diesen Gruppen erscheinen im S. von diesen die Flußseen der Spree und Havel, der Arendsee in der Altmark, der Dümmersee in Hannover, das Steinhuder Meer in Schaumburg-Lippe, der Salzige und Süße See im Mansfeldischen und der Laacher See in der Eifel.
Mineralquellen und Bäder. Die Quellen sind, wenigstens soweit sie kohlensäurehaltig sind, eine Begleiterscheinung der so vielfach in Deutschland auftretenden vulkanischen Vorkommnisse. Von ihnen sind zu nennen die des niederrhein. Gebietes (Selters u. s. w.), die sich nordostwärts bis in das Gebiet der untern Weser erstrecken. Stahlquellen sind in Driburg, Pyrmont, Rehburg; Solquellen sind die von Nauheim, Kreuznach [* 95] und die von Rehme (Oeynhausen); dazu kommt noch eine reiche Anzahl Quellen im Schwarzwald, in den Sudeten, im Riesengebirge u. s. w. Von den Bädern sind zu nennen (von W. nach O.) die von Aachen, [* 96] das Revier der Taunusbäder (Ems, Schlangenbad, Wiesbaden [* 97] u. s. w.), die nordfränk.
Badelandschaft (Kissingen, [* 98] Brückenau), Alexanderbad auf dem Fichtelgebirgsplateau und das Revier der schles. Bäder (Warmbrunn, Reinerz, Salzbrunn u. s. w.); von S. nach N. die Schwarzwaldbäder Baden, [* 99] Wildbad, Zellerbad, Badenweiler, das hess. Hofgeismar und in der Weserlandschaft die schon genannten Bäder Driburg und Pyrmont und Eilsen. Unter den Seebädern sind die bedeutendsten an der Ostsee Misdroy, Swinemünde, Heringsdorf, Binz, Saßnitz, Warnemünde, Travemünde, Kiel; an der Nordsee Westerland auf Sylt, Wyck auf Föhr, Wangeroog, Norderney, Borkum und die Insel Helgoland.
Pflanzenwelt. Die Hauptelemente der deutschen Flora sind das alpine und das baltische, in das sich atlantische Arten vom Westen, Steppenpflanzen aus dem Südosten und arktische Arten (aus Skandinavien in der Eiszeit [* 100] vorgedrungen) gemischt haben. Im Gebiet des Deutschen Reichs zählt man jetzt 2517 Arten von Blütenpflanzen; beschränkt man aber die vielen schwachen Arten (Rubus, Rosa u. s. w.) auf Haupttypen und zieht die durch Kultur eingeführten Arten und ihre Begleiter ab, so verbleiben nur etwa 2200 Blütenpflanzen, dazu über 60 Gefäßkryptogamen, 750 Moose [* 101] und eine diese Gesamtzahlen noch übertreffende Masse von Süßwasseralgen, Flechten [* 102] und echten Pilzen. - Die Gaue Deutschlands unterscheiden sich wesentlich durch die Verteilung der Pflanzenarten; für die Beurteilung der Pflanzenwelt und Bodenproduktion Deutschlands ist zunächst der Umstand maßgebend, daß sich in ihm der unter Europa [* 103] (s. d.) geschilderte mittlere und südl. Gürtel [* 104] der mitteleurop.
Flora mit Trennungsscheide durch die Weinkultur absondern. Durch Schlesien, Sachsen, Anhalt, [* 105] Südhannover und Braunschweig zum Unterlauf des Rheins zieht daher die Grenzlinie, südlich von welcher eine bunte Hügelflora mit Sträuchern und Triften herrscht, selbst wiederum nach O. (Böhmen) und W. (Rhein) stark verschieden, und wo in den Bergwäldern die Tanne [* 106] neben der Buche und Fichte [* 107] vorwaltet, während die norddeutschen Wälder ohne Tannen häufiger noch aus Kiefer, Birke und Eiche mit Erlen sich zusammensetzen, der trockne Sandboden zur Heidebildung neigt und die feuchten Niederungen von Wiesen oder ausgedehnten Mooren besetzt sind. Je nach ihrer Höhe haben die deutschen Mittelgebirge mehr oder weniger Arten von Alpenpflanzen auf ihren höchsten Spitzen, am meisten die Schneekoppe; dann folgt im Süden der deutsche Anteil an der Alpenwelt. Im Bereich der von Deutschen eingenommenen, aber nicht zum Deutschen Reiche gehörigen Alpenländer finden sich noch etwa 800 Arten von Blütenpflanzen mehr, sodaß die Gesamtzahl der im deutschen Sprachgebiet ursprünglichen Baum-, Strauch-, Gras- und Kräuterarten etwa 3000 beträgt. - In diese natürliche Flora hinein sind die entsprechenden Kulturbestände gelegt.
Indem nun die Bodenerhebung durchschnittlich von N. nach S. ansteigt und Deutschland den Nordhang der Alpen besitzt, ist die Zunahme der Bodenproduktion nach S. nicht so bedeutend wie in andern europ. Ländern. Da im Winter die Kälte von W. nach O. mit der Entfernung von der atlantischen Küste bedeutend zunimmt (s. S. 119 b), so vereinigt sich alles, um den Mittelrhein zum Garten [* 108] Deutschlands, die innern Seengelände Ostpreußens (Spirdingsee) zum rauhesten Teil des Reichs zu machen.
Dies zeigt sich deutlich in den Frühlingszeiten der deutschen Gaue und der davon abhängigen Entwicklung der Kulturpflanzen: die Blütezeit des Winterroggens ist im nordöstl. Seeschwellengebiete Preußens [* 109] um etwa 30 Tage, und die Erntereife noch etwa um 24 Tage zurück hinter den mittlern Terminen dafür im südwestl. Rhein- und Donaugebiete. Hierin sind die Gegensätze kurz angedeutet, auf denen die Landesnatur und Produktion beruht, die die Eigenart der verschiedenen deutschen Stämme erhält sowie die Anhänglichkeit an die besondere Heimat begründet.
Tierwelt. Deutschland gliedert sich tiergeographisch von S. nach N. in drei Provinzen, die alpine, die oberdeutsche, von den Vorbergen der Alpen bis zum Beginn des norddeutschen Tieflandes, und die niederdeutsche, das Tiefland bis zur Küste. Die beiden letztern Provinzen zerfallen wieder in je zwei Gaue; die Grenze zwischen denselben bildet die Elbe, obere Saale und eine Linie ungefähr von Halle [* 110] bis Lindau [* 111] am Bodensee. So erhält man außer der alpinen Provinz vier Gaue: einen südwestlichen, südöstlichen, nordöstlichen und nordwestlichen, die alle ihre charakteristischen Faunen besitzen. Am reichsten ist die Tierwelt der alpinen Provinz, weil hier zu wahren Alpentieren (Gemse, Schneehase, Murmeltier, Alpenschneehuhn, Steinadler, Lämmergeier, Alpenkrähe, Alpendohle, Mauerläufer [* 112] u. a. Vögel), [* 113] zahlreichen Insekten [* 114] und Mollusken, [* 115] die die Eiszeit überdauert haben, und einigen südl. Formen der größte Teil der Arten des oberdeutschen Berglandes hinzutritt.
Der Südwestgau enthält einige aus Süden eingewanderte Formen (Zwergohreule, Zaun- und Zippammer, Steinsperling, Steinmerle, Blaumerle, Orpheussänger, Bartmeise, 2 Eidechsen-, 4 Schlangenarten, 3 Fischarten, zahlreiche Gliedertiere und Mollusken), die sonst in Deutschland nicht vorkommen. Ebenso enthält der Südostgau östl. und nördl. Arten (Ziesel, Gartenschläfer, Sperlingseule, Spinnolettgimpel, Morinellregenpfeifer, einige Insekten und Mollusken); manche, die die Eiszeit überdauert haben (dreizehiger Specht, Bergfink, Ringdrossel, Alpenflühvogel), hat er mit den Alpen überein. An eigenen Fischformen ist er durch die Seen der Voralpen und durch die Donau sehr reich (14 Arten). Der Nordostgau zeigt manches sehr eigentümliche. Er beherbergt in Ostpreußen noch den Wolf, den Nörz, den Biber, das Elentier, mit den Alpen gemeinsam hat er den Schneehasen und den Luchs; die Wildkatze ist hier häufiger als sonst. Von besondern Vögeln ¶
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brüten in ihm Schnee- und Habichtseule, Lapplandskauz (Syrnium laponicum Pall.), wilde Gänse, vielleicht wilde Schwäne, Kraniche und mit den Alpen gemeinsam beherbergt er das Schneehuhn. In diesem Gau findet sich auch die einzige deutsche Schildkröte (Emys europaea L.), und zahlreiche Insekten werden nur hier gefunden. Der Nordwestgau ist in jeder Beziehung der ärmste. Dem Totalcharakter nach herrscht in Deutschland die Waldfauna bei weitem vor, und die Gesamtfauna setzt sich, soweit wir sie übersehen können, folgendermaßen zusammen: 65 Säugetierarten, 225 Vögel, 13 Reptilien, 18 Amphibien, 64 Süßwasserfische, 240 Land- und Süßwassermollusken, 820 Großschmetterlinge ohne Spanner, für die wie für die Kleinschmetterlinge genauere Angaben noch nicht zulässig sind. Käfer [* 117] mögen etwa 6000 Arten vorkommen; Orthopteren etwa 150; für die andern Tierordnungen lassen sich Artenzahlen kaum mit Sicherheit feststellen, zumal die Fauna eine wechselnde ist, und einerseits aus O. und SO. immer neue Formen zuziehen, anderseits alte Formen, besonders der Wälder und Sümpfe, durch die zunehmende Kultur immer mehr verdrängt werden.
Klima. [* 118] Deutschland, als in der gemäßigten Zone gelegen, erfreut sich im allgemeinen eines gleichförmigen Klimas; nur die höchsten Alpengipfel ragen in die Eisregion hinein, während die deutschen Mittelgebirge weit hinter derselben zurückbleiben. Diesen wenigen der ewigen Erstarrung preisgegebenen Punkten stehen aber auch wieder Gegenden gegenüber, die durch ein besonders mildes Klima ausgezeichnet sind; so läßt die Oberrheinische Tiefebene und der Südabhang des Taunus nebst vorzüglichen Weinen die Mandel und eßbare Kastanie gedeihen, wie auch die Einsenkungen im Innern Thüringens sich eines mildern Klimas erfreuen als die Umgebung.
Deutschland entbehrt nicht der häufigen Niederschläge, welche einer reichen Vegetation so gedeihlich sind. Sie fallen zu allen Jahreszeiten [* 119] und lassen daher Temperatur-Extreme nicht aufkommen. Die größte jährliche Regenhöhe hat der Oberharz mit 1700 mm, dann folgen die Alpen und der Schwarzwald mit 1400 mm, das Riesengebirge und die Vogesen mit 1100 mm, das rhein.-westfäl. Schiefergebirge mit 1050 mm, das Erzgebirge mit 900 mm, die Nordseeküste mit 700-900 mm, die Oberrheinische Tiefebene, Württemberg, die bayr. Hochebene, die nordwestdeutsche Ebene, die schleswig-holstein. Ostseeküste und Nordostpreußen mit 600-700 mm, Thüringen, Sachsen, Brandenburg, Schlesien, Pommern, [* 120] Mecklenburg und Hannover mit 500-600 mm und der norddeutsche Landrücken mit 400-500 mm. Die Monate der stärksten Niederschläge sind Juni, Juli und August. - Da Deutschland nur auf einer Seite, im N., vom Meere bespült wird, so findet man mit der größern Entfernung vom Meere auch bedeutendere Unterschiede zwischen den kältern und wärmern Monaten.
Die mittlere Jahrestemperatur beträgt an der Ostseeküste 6,2-8,4° C., am norddeutschen Landrücken 5,7-8,2°, in der dahinterliegenden Gegend von diesem bis zum Fläming 7,5-8,6° (Berlin 9°), im schles. Berglande 6-7°, im Riesengebirge auf einer Höhe von nahezu 600 m 4,46°, in den höhern Teilen des Erzgebirges 4-5°, in der Tiefebene westlich von der Elbe 8,5°, von der Weser bis zum Rhein 9-10° (Köln [* 121] 10,1°), auf dem Brocken 2,4°, in den Berglandschaften vom Harz bis zum Main 7-8,5°, auf der Höhe des Rheinischen Schiefergebirges nicht über 6°, in den Thälern und am Rande dagegen 7,5-10° (Koblenz [* 122] 10,5°), im nördl. Bayern je nach der Erhebung über dem Meere 6-10°, auf der bayr. Hochebene 7° (der Hohe Peißenberg hat 6°, Mittenwald 6-7°, tiefer und günstiger gelegene Punkte dagegen, wie Lindau, München, [* 123] Freising, [* 124] Passau [* 125] 7,5-9°, ja Reichenhall sogar über 10°). Am meisten ist das südwestl.
Deutschland begünstigt; denn nur die auf der Höhe des Schwarzwaldes gelegenen Orte haben eine mittlere Temperatur von unter 7,5°, während die Orte in der Oberrheinischen Tiefebene bis Straßburg [* 126] und das Neckarthal aufwärts bis Stuttgart [* 127] 9,5-11° haben (Stuttgart 9,6°, Straßburg 9,8°, Karlsruhe [* 128] 10,4°, Mannheim [* 129] 10,5°, Heidelberg [* 130] 10,8°). Einer größten Wärme [* 131] von +36° steht eine größte beobachtete Kälte von -36° C. gegenüber, sodaß sich also der Unterschied auf 72° berechnet.
Der Januar ist überall der kälteste Monat, der Juli in der Regel der wärmste. Die mittlere Januartemperatur sinkt fast überall unter Null herab, am tiefsten (die höchsten Alpenspitzen ausgenommen) auf dem Brocken (-5,4°) und in Klaußen bei Arys (-5,6°); über Null bleibt die Nordseeküste, die Ebene des nordwestl. Deutschlands und der Rhein von Koblenz bis Mannheim hinauf. Der wärmste Monat erreicht eine mittlere Temperatur von 16-19° (auf dem Brocken nur 10,7° und an manchen Punkten im S. über 20°). Von W. nach O. findet im allgemeinen eine Wärmeabnahme statt, die durch den Einfluß oceanischer Nähe und den Anhauch des Golfstroms im W. sowie durch die kontinentale Anlagerung im O. und das bedeutende Übergewicht der West- und besonders Südwestwinde über Ost- und Nordwinde genügend erklärt wird. Es ist nicht nur die Regenmenge im W. eine größere als im O., sondern auch der Unterschied zwischen den wärmsten und kältesten Monaten ist im O. bedeutender als im W., wie folgende Übersicht zeigt:
Ort | Seehöhe m | Januar | Juli | Differenz |
---|---|---|---|---|
Koblenz | 61 | 2,0 | 18,4 | 16,4 |
Cassel | 173 | 0,0 | 17,3 | 17,3 |
Halle | 111 | -0,2 | 18,7 | 18,9 |
Breslau | 147 | -2,2 | 18,5 | 20,7 |
Ratibor | 207 | -3,4 | 18,3 | 21,7 |
Die am meisten vom Klima begünstigten Landstriche sind das Rhein-, Mosel-, Main- und Neckarthal.
Bevölkerung. [* 132] Das Deutsche Reich hatte nach der Volkszählung vom einschließlich Helgolands (2086 E.) 49428470 E., während die Einwohnerzahl bei den vorhergehenden Zählungen (1867) 40093154, (1871) 41058804, (1875) 42727360, (1880) 45234061, (1885) 46855704 betrug; eine Berechnung ergab für 1816: 24831396, 1834: 30608698, 1852: 35929691 E. Die Zunahme beträgt in den J. 1871/80: 4175257 (10,1 Proz.), 1881/90: 4194409 (9,2 Proz.), 1886/90: 2572766 Personen (5,4 Proz.). Über die Zunahme der einzelnen Teile des Reichs giebt umstehende Tabelle Auskunft, in der die Bevölkerung für 1871 und 1875 auf dieselben Grenzen [* 133] wie die für 1880, 1885 und 1890 zurückgeführt ist und die inzwischen stattgefundenen Gebietsveränderungen zwischen Preußen [* 134] einerseits, Mecklenburg-Schwerin, Oldenburg und Braunschweig andererseits Ende 1871 daher schon berücksichtigt sind. Die damalige Occupationsarmee in Frankreich ist bei Preußen, Bayern und Oldenburg eingerechnet; die Besatzung auswärts befindlicher deutscher Kriegsschiffe ist außer Ansatz geblieben. ¶