Umwandlung der Organismen läßt sich mit der
Entwicklung eines
Baums vergleichen; die Urformen bilden den
Stamm, die Ordnungen,
Gattungen und
Arten die
Äste und Zweige, und ein natürliches
System kann daher nicht anders als in Form eines
Stammbaums dargestellt
werden. Dieser
Baum erstreckt sich gleichzeitig durch alle Gebirgsformationen aus der
Tiefe herauf, mit
bald einfachern, bald vielverzweigten, hier abgestorbenen, dort ausdauernden
Ästen. Da dieser
Stamm aber bereits in der Silurzeit
in viele
Äste auseinander läuft, so muß der Urstamm in noch viel ältern und tiefern Schichten stecken, welche man noch
nicht entdeckt hat.
Die hier skizzierte
Lehre
[* 2] hat Charles Rob.
Darwin zuerst veröffentlicht 1859 in seinem Werke «On the origin of species
by means of natural selection» (Lond. 1859). Dies
Buch ist die
Frucht zwanzigjähriger, der Erforschung der Natur wie der Litteratur
gewidmeter
Studien und enthält eine staunenerregende Fülle feinster
Beobachtungen und Schlußfolgerungen sowie eine strenge
Selbstkritik hinsichtlich der in ihm aufgestellten
Sätze. Die Darwinsche
Lehre ist aber keineswegs ihrem
ganzen
Inhalte nach neu. Die
Lehre, daß die unendliche Mannigfaltigkeit organischer Formen sich aus einer spärlichen Anzahl
ursprünglicher
Typen herausgebildet habe, wurde bereits von Kasp. Friedr.
Wolf in seiner Dissertation «Theoria generationis»
(Halle
[* 3] 1759; neue Aufl. 1774) und in der «Theorie der Generationen» (Berl. 1764) aufgestellt. Im Gegensatz
zu Linné, welcher mit der Mosaischen
Lehre annahm, daß alle einzelnen
Tier- und Pflanzenarten von Anfang an von Gott erschaffen
seien, und entgegen seinem großen Zeitgenossen
Cuvier, welcher die
Arten unabhängig voneinander in verschiedenen Epochen
entstehen ließ und an der absoluten Unveränderlichkeit derselben festhielt, erklärte
JeanLamarck die
Arten, die Gattungen, Ordnungen u. s. w. für willkürliche Bezeichnungen und ward durch
sein Werk:
«Philosophie zoologique» (2 Bde., Par.
1809), ein Hauptbegründer der Descendenztheorie oder des
Lamarckismus.
Bereits nach
Lamarcks Meinung sind die höhern Tierformen durch allmähliche Umbildung aus niedersten und einfachsten, durch
Urzeugung entstandenen Formen hervorgegangen, innerhalb welcher
Entwicklung der
Mensch zunächst von einem
affenartigen Säugetiere abstammt. Das Umbildende,
Varietäten und
Arten Schaffende ist für
Lamarck neben der Verschiedenheit
der äußern Lebensbedingungen wesentlich der Gebrauch und der Nichtgebrauch der Organe (die
Anpassung).
Geoffroy St. Hilaire suchte die
Ursache der auch von ihm angenommenen Umbildung der
Arten in
Veränderungen
der Außenwelt, namentlich der
Atmosphäre. Aus den eidechsenartigen Reptilien wurden
Vögel
[* 4] durch den infolge des verminderten
Kohlensäuregehalts der Luft gesteigerten Atmungsprozeß. Die Hypothesen dieser Forscher waren ohne nachhaltige Wirkung,
da ihnen die empirische
Begründung fehlte und überdies die
AutoritätCuviers entgegenstand. Erst durch
Darwins Werk gewann
die von seinen Vorgängern im Princip ausgesprochene Descendenztheorie, indem er dieselbe nach allen Seiten tiefer begründete
und in dem Kampfe ums
Dasein das wichtigste
Mittel kennen lehrte, dessen die Natur sich zur
Steigerung und Fixierung der auftretenden
Variationen bedient, ihre mechan.
Basis und einen mächtigen Einfluß auf die gesamte
Naturwissenschaft.
Ein naturphilos.
VorläuferDarwins ist
Oken, der in den Infusorien die Urform alles Lebens sah, und teilweise
Goethe, der eine
ursprüngliche Gemeinschaft aller Organisation und eine fortschreitende Umbildung annahm. Übrigens ist in dem Suchen nach
Vorläufern
Darwins viel
Schiefes und Schielendes behauptet worden. Was
Darwin so groß und seinenNamen
zum
Träger
[* 5] einer ganz besondern
Richtung gemacht hat, ist durchaus sein eigen.
Es ist eine Konsequenz von
DarwinsLehre, daß die wenigen niedern Formen, aus welchen die höhern hervorgingen, selbst wieder
einer niedrigsten und ursprünglichen Lebensform, etwa einer Zelle
[* 6] oder einem belebten Klümpchen
Eiweiß entstammten, wie
dies auch NachfolgerDarwins mit Bestimmtheit ausgesprochen haben. Eine fernere Konsequenz, welche
Darwin
in seiner ersten
Schrift, um die gegen seine
Lehre sich erhebenden Vorurteile nicht noch weiter zu vermehren, nicht ziehen
mochte, läßt auch den
Menschen als ein
Glied
[* 7] der angenommenen Entwicklungsreihe erscheinen, ja eine oberflächliche Beurteilung
hat in der angeblich behauptetenAbstammung des
Menschen von den
Affen
[* 8] den
Kern der Darwinschen
Lehre gesucht.
Nachdem zuerst Haeckel die Ahnenreihe des
Menschen, mit einem niedersten, gehirnlosen, fischartigen Wirbeltiere der Antesilurzeit
beginnend, bis zu dem
Menschen und seinen Seitenlinien:
Schimpanse und Gorilla, entworfen, hat sich später auch
Darwin («The
descent of man and selection in relation to sex», Lond. 1871) für den
Ursprung des
Menschen von den katarrhinen (schmalnasigen oder echten)
Affen erklärt.
Über die spätern
SchriftenDarwins, welche
für weitere
Begründung und
Ausbau der
Selektionstheorie wichtig sind, s.
Darwin, Charles Robert.
Die Darwinsche
Lehre, über deren Wert die Meinungen berufener Sachverständiger weit auseinandergehen, ist
für die Wissenschaften, welche sich mit dem
Studium der organischen Welt befassen, namentlich für die
Tierkunde zu einer
großartigen Untersuchungshypothese geworden, deren Einfluß die Wissenschaft nicht nur eine Reihe der wichtigsten Entdeckungen
verdankt, sondern die auch zuerst gezeigt hat, nicht bloß wie die untersuchten Organismen beschaffen sind, sondern warum
sie mit logischer
Notwendigkeit gerade so beschaffen sein müssen, wie sie sind. So haben Ausgangspunkte
und Ziele in der Wissenschaft unter ihrem Einflüsse eine ganz andere Gestalt gewonnen. An
Stelle der teleolog. und vitalistischen
Beurteilung, welche die Erscheinungen durch
Annahme eines Zweckmäßigkeitsbestrebens der Natur zu erklären suchte, führte
DarwinsSystem sämtliche biolog.
Vorgänge auf mechanisch wirkende
Ursachen, auf Kräfte zurück, welche der Materie selbst eingeprägt sind, womit der alte
Streit über den Wert und die Berechtigung der
Teleologie von selbst zusammenfällt. Der große Reiz, welchen das
Studium der
Entwicklungsgeschichte gewährt, verbreitet sich unter diesen
Gesichtspunkten auch auf die beschreibende Naturwissenschaft;
die verwandten
Tiere sind verwandt im eigentlichen
Sinne des Wortes, und statt einer bloßen
Beschreibung
und Erforschung einzelner Tiergattungen hat man es mit der
Entwicklungsgeschichte der ganzen
Tier- und
Pflanzenwelt zu thun.
Die Vorgänge dort des Verschwindens von Lebensformen, hier die Vervollkommnung und
¶
mehr
Vervielfältigung derselben, treten unter bestimmte Gesichtspunkte, und es wird dem Forscher möglich, in denselben Regeln
und Gesetze zu finden.
Bei Musterung der sehr ausgedehnten Kritik, welche DarwinsLehre gefunden hat, scheint es nützlich, von jenen principiellen
Gegnern und Verteidigern derselben abzusehen, welche, meist ohne der Sache selbst näher getreten zu
sein, Partei ergriffen, weil die neue Lehre ihrem religiösen Standpunkte zuwider oder weil sie der materialistischen Auffassung
bequem schien. Was die Stimmen der Naturforscher anlangt, so stehen diejenigen Anatomen, Zoologen und Botaniker, welche im
Sinne der modernen Wissenschaft ihre Studien betreiben, jetzt wohl alle auf seiten Darwins; geteilter sind die
Ansichten der Geologen, unter welchen als Darwin zuneigend Lyell («Principles of geology», 12. Aufl.,
Lond. 1876) zu nennen ist.
Einer der bedeutendsten Anhänger, wenn auch in einzelnen Fragen von Darwin abweichend, ist Huxley. Nach der Meinung des ältern
Milne-Edwards ist die Descendenztheorie jeder sonstigen einschlagenden Hypothese vorzuziehen. Doch steht Milne-Edwards
an, alle Umänderungen mit Darwin durch die unter den gegenwärtigen Lebensbedingungen sich vollziehende natürliche Zuchtwahl
erklären zu können. Auch Owen weicht darin ab, daß er die neuen Arten nicht durch Häufung kleiner Abänderungen und in
unmerklichen Übergängen, sondern plötzlich und sprungweise sich bilden läßt. Von deutschen Anhängern ist vor allen
Haeckel zu nennen, welcher DarwinsLehre durch zwei umfängliche Werke («Generelle Morphologie der Organismen», 2 Bde., Berl.
1866, und «Natürliche Schöpfungsgeschichte», 8. Aufl.,
ebd. 1889) näher zu begründen suchte und insbesondere auch den monophyletischen Stammbaum der Pflanzen, Protisten und Tiere
von den paläontol.
Zeiten bis zur Gegenwart im einzelnen entworfen hat. Viel beanstandet ist die neuerdings von Haeckel
aufgestellte Gasträatheorie, die eine durchgreifende Homologie der Keimblätter durch die ganze Tierreihe und eine gemeinsame
Abstammung aller mehrzelligen Tiere von einer einzigen unbekannten Stammform (Gasträa) annimmt, einem einfachen, aus zwei
Zellschichten (Blättern) gebildeten magenartigen Tierkörper, entsprechend der Gastrulaform, die als Jugendzustand zahlreicher
Wirbellosen sowie eines Wirbeltiers, des Amphioxus, vorkommt.
Mit großer Entschiedenheit und umfangreichem Wissen ist K. Vogt für die Darwinsche Lehre und ihre letzten Konsequenzen aufgetreten,
in den Mikrokephalen (einer pathol. Menschenform, welche er als Affenmenschen bezeichnet und deren Bildung er als atavistischen
Rückschlag auffaßt) ein Zwischenglied zwischen dem Menschen und seinen tierischen Ahnen suchend. Von den
zahlreichen Autoren, welche die Darwinsche Lehre durch theoretische Erörterungen, wie durch Forschungen gestützt haben, im
einzelnen von Darwin mehr oder weniger abweichend, sind ferner hervorzuheben: Karl Ernst vonBaer, RudolfLeuckart, Virchow, Kölliker,
Gegenbaur, M. Wagner («Die Entstehung der Arten durch räumliche Sonderung», 1889),
Fritz Müller, Claus,
Seidlitz, Weismann, die Gebrüder Hertwig u. a. m. Ein beachtenswerter Vertreter der Descendenzlehre war auch Oskar Schmidt,
der in einer vorzüglichen Darstellung («Descendenzlehre und Darwinismus», 3. Aufl.,
Lpz. 1884, Bd. 2 der «Internationalen wissenschaftlichen Bibliothek») nachweist,
daß die Thatsachen des biogenetischen Grundgesetzes
sowie die geogr. Verbreitung der Organismen durchaus mit der durch die Descendenztheorie geforderten Anordnung
übereinstimmen.
Zu den heftigsten Gegnern Darwins zählte der ältere Agassiz («Essay on classification», Lond.
1859; «Der Schöpfungsplan», deutsch von Giebel, Lpz.
1875). Was Agassiz dagegen bietet, ist die Behauptung absoluter Unveränderlichkeit der Arten; jede Species ist ursprünglich
und für sich erschaffen, doch nicht als reifes Tier, sondern als Ei.
[* 10] Ein anderer Gegner, Nägeli («Entstehung
und Begriff der naturhistor. Art», 2. Aufl., Münch. 1865, und «Mechan.-physiol. Theorie der Abstammungslehre», ebd. 1884), sucht
an die stelle der Darwinschen Nützlichkeitstheorie eine Vervollkommnungstheorie zu setzen.
Auch Nägeli nimmt eine mehr sprungweise als unmerkliche Weiterentwicklung an und sucht das Fortbestehen
niederer Arten neben höhern durch Annahme beständig stattfindender Urzeugung zu erklären. Das Nebeneinanderbestehen niederer
und höherer Formen hat bei verschiedenen Forschern Bedenken erregt; Bischoff fragt geradezu, wie es komme, daß der Mensch,
da alle frühern Organismen doch unvollkommener seien als er, im Kampfe um das Dasein nicht allein übriggeblieben
sei? Aber sehr verschieden hoch organisierte Geschöpfe sind jedes für das ihm zugefallene Medium gleich hoch und gleich
vollkommen organisiert, und auch noch aus dem scheinbar ganz gleichen Boden nehmen die verschiedenen Formen jede das für
sich, was für sie paßt.
Auch hat Darwin nicht ein durchgreifendes Variieren aller Descendenten, sondern neben der Variationsfähigkeit
das Beharrungsvermögen, die Erblichkeit, ausgesprochen, ja die Vererbung als die Regel bezeichnet. Man hat ferner eingeworfen,
daß kultivierte Pflanzen, in die Wildnis zurückversetzt, ausarten und alsbald auf die ursprüngliche Form zurückfallen,
die von der ursprünglichen Form ganz abweichenden Rassen der Haustaube nach wenigen verwilderten Generationen
jener wieder völlig gleich werden, und hierdurch erweisen wollen, daß in der freien Natur alle Lebewesen unveränderlich,
Abänderungen nur durch Menschenhand erzeugte Kunstprodukts seien, als ob irgend ein menschliches Thun und Lassen außerhalb
der Natur stehen könnte und nicht von den allgemein gültigen Naturgesetzen beherrscht sein müßte.
Jene Rückbildung ist, soweit sie erfolgt, nur eine Konsequenz desselben Gesetzes, nach dem die Körperformen
überhaupt bildsam sind und äußern Einwirkungen (gleichviel, ob diese durch den Willen des Menschen oder durch das Leben
in der freien Natur gesetzt sind) sich anpassen müssen. Keineswegs in Widerspruch hiermit steht, daß wohlbefestigte Formen
Jahrtausende hindurch sich unverändert erhalten können (Tier- und Pflanzenreste der Pfahlbauten),
[* 11] eine
Thatsache, durch welche man die Existenz jeder natürlichen Züchtung widerlegen wollte.
Allen Einwürfen, welche der Darwinschen Theorie gemacht worden sind, gegenüber wird man behaupten dürfen, daß, wenn auch
noch keineswegs alle einzelnen Erscheinungen sich ungezwungen nach der Darwinschen Theorie sofort erklären
lassen, ein eigentlicher Widerspruch doch nirgends vorhanden ist. Sieht man, daß Variationen der Tierkörper überhaupt vorkommen,
ja daß innerhalb des sehr engen Kreises des bereits Beobachteten die Breite
[* 12]
¶
mehr
dieser Variierung eine ganz erhebliche ist, so schwindet jede Sicherheit über das Maß, wie sehr die Vorahnen der Tiere und
auch des Menschen von den jetzigen Formen abwichen, und die Möglichkeit einer Abstammung aller Geschöpfe von einer Urform
muß zugegeben werden. Wenn aber die Entwicklungsgeschichte nachweist, daß die Natur selbst innerhalb
des Mutterleibes die sog. zusammengesetzten Gewebe
[* 14] (Knorpel,
[* 15] Knochen,
[* 16] Muskelgewebe) und die zusammengesetzten Organe nie «auf
einen Ruck» machen kann, sondern eine ganze Reihe provisorischer Gewebe und embryonaler Bildungen erzeugt, die alle durchlaufen
und wieder abgebrochen werden, bis endlich der fertige Organismus zu stande kommt, dann wird es sehr unwahrscheinlich,
ja für den, welcher Entwicklungsvorgänge zu verfolgen gewohnt ist, undenkbar, daß außerhalb eines tierischen Organismus
ein zusammengesetzter Tierleib entstanden sei, sich aus den chem. Elementen Fleisch, Knochen, Blut u. s. w. in einem einzigen
Bildungsakte gebildet hätten und zu einem Tierkörper zusammengetreten seien.
Die Argumentation vieler Gegner Darwins, «da man die Entstehungsweise der ersten Zelle
nicht nachweisen könne, solle man lieber bei der alten Annahme der Einzelschöpfung aller Tier- und Pflanzenarten stehen bleiben»,
ist hiernach völlig unberechtigt; denn die äquivoke Entstehung eines einfachsten Organismus ist immerhin denkbar, die eines
komplizierten Tierkörpers aber nach allen Konsequenzen unserer wissenschaftlichen Erfahrung schlechthin undenkbar.
Fehlen Beispiele von künstlicher Züchtung solcher Formen, die mit Bestimmtheit und ohne Streit als neue
Species dastehen, ja neuer Gattungen, so ist unser künstliches Züchten und Experimentieren nicht nur was die Zeit,
sondern namentlich auch was die Kraft
[* 17] der Einwirkungen anlangt, nicht entfernt vergleichbar mit dem, was die Natur vermag
und unter den ganz abweichenden kosmischen Einflüssen früherer Epochen vermochte. Fehlen in den paläontol.
Sammlungen vielfach Zwischenformen, so wäre es nach der Lage aller Verhältnisse ein Wunder, wenn es anders wäre. Ein heftiger
Angriff der Selektionstheorie (Wigand, «Der Darwinismus und die Naturforschung
Newtons
[* 18] und Cuviers», 3 Bde., Braunschw.
1874‒77) hat von seiten G. Jägers («In Sachen Darwins, insbesondere contra Wigand», Stuttg. 1874) eine
eingehende Kritik und Widerlegung erfahren.
Neben den bereits aufgeführten sind folgende Schriften zu nennen: Lyell, Das Alter des Menschengeschlechts auf der Erde (2.
Aufl., Lpz. 1874);
Wallace, Contributions to the theory of natural selection (Lond. 1870; deutsch von A.
B. Meyer, Erlangen
[* 19] 1870);
M. Wagner, Die Darwinsche Theorie und das Migrationsgesetz der Organismen (Lpz. 1868);
Vorzügliche Darstellungen der Darwinschen Lehre sind
gegeben durch Oskar Schmidt (in der oben citierten Schrift); durch F. Rolle, DarwinsLehre von der Entstehung
der Arten (Frankf. 1863; 2. Ausg., Prag
[* 20] 1870) sowie durch Seidlitz, Die Darwinsche Theorie, elf Vorlesungen über die Entstehung
der Tiere und Pflanzen (2. Aufl., Lpz. 1875). Die ethischen und religiösen Konsequenzen
des Darwinismus mit Zurückweisung theol. Angriffe behandelt Jäger in der Schrift: Die Darwinsche Theorie und ihre Stellung zu
Moral und Religion (Stuttg. 1869). Einen vermittelnden Standpunkt in Bezug auf den Darwinismus
nimmt E. von Hartmann ein in seiner Schrift:
Wahrheit und Irrtum im D. (Berl. 1875). Eine Widerlegung des Darwinismus und der analogen Forschungen
Lyells, Huxleys u. a. versucht Maschi zu geben: Confutazione delle dottrine trasformistiche di
Huxley, Darwin, Canestrini, Lyell etc. (Parma
[* 21] 1874). Ebenso stellt sich Bastian vom anthropol. und ethnogr.
Standpunkte aus in schärfsten Gegensatz gegen den Darwinismus in seiner Schrift: Schöpfung oder Entstehung (Jena
[* 22] 1875). Aus der großen
Zahl der neuern, den Darwinismus betreffenden Schriften sind zu nennen: Cattie, Goethe, ein Gegner der Descendenztheorie (gegen Haeckel,
Utrecht
[* 23] 1877);
Katharina Romanowna, Fürstin, geborene Gräfin Woronzow, geb. zu Petersburg,
[* 30] beteiligte sich 1762 an der
Verschwörung gegen Peter Ⅲ. zu Gunsten Katharinas Ⅱ. und genoß seitdem eine Zeit lang deren Freundschaft; 1770 wurde
sie vom Hofe entfernt und begab sich auf Reisen nach Westeuropa. 1782 zur Präsidentin der PetersburgerAkademie der Wissenschaften ernannt, erhielt sie im folgenden Jahre den Auftrag, eine Russische
[* 31] Akademie nach dem Muster der Französischen
zu gründen und wurde ebenfalls deren Präsidentin.
Diese Akademie bestand bis 1841, wo sie mit der Akademie der Wissenschaften als deren zweite Abteilung vereinigt wurde. Hier
vereinigte Daschkow die damaligen russ. Schriftsteller, die auch das
erste russ. etymologische Wörterbuch herstellten. Sie gab auch 1783‒84 ein Journal: «Der
Gesellschafter der Freunde des russ. Wortes», an dem sich die Kaiserin selbst beteiligte,
heraus, ließ eine Sammlung sämtlicher russ. Theaterstücke des 18. Jahrh.
veranstalten («Theatr Rossijskij», 43 Tle., 1786‒94), gründete zur Vermittelung ausländischer Litteratur
das Übersetzerdepartement an der Akademie, veranlaßte öffentliche Vorlesungen der Akademiker, wissenschaftliche
¶
mehr
Expeditionen, Sendungen junger Russen ins Ausland. 1793 wurde sie aufs neue vom Hofe entfernt und mußte unter KaiserPaul sogar
einige Zeit in die Verbannung auf eins ihrer Dörfer gehen. Sie starb zu Moskau.
[* 33] Ihre «Memoiren» erschienen zuerst
englisch: «Memoirs. Edited from the originals, by Mrs. W. Bradford» (2 Bde., Lond.
1840),
Joh. Martin Zacharias, Rechenkünstler, geb. in
Hamburg,
[* 36] besuchte schon mit 2½ Jahren die Schule und trat 15jährig öffentlich als Rechenkünstler auf. Er bereiste
1844‒45 alle größern StädteDeutschlands,
[* 37] wo er durch seine schnelle und sichere Berechnung der größten Zahlenaufgaben
Bewunderung erregte. war von 1853 an einige Jahre im preuß. Finanzministerium
beschäftigt. Er starb. in Hamburg.
der Ausdruck dafür, daß etwas ist, in der Philosophie meist dem Wesen (s. d.), dem Ausdruck dessen, was eine
Sache ist, gegenüberstehend; das Wort Sein (s. d.) kann beides bezeichnen. Wenn
Kant behauptet, das Dasein sei kein Prädikat, so will er sagen, es sei nicht eine Wesensbestimmung, oder
es komme keinem Dinge, dem bloßen Begriff zufolge, unter dem wir es denken, zu, zu existieren; eine Bemerkung, die ihre Anwendung
findet in seiner Kritik des sog. ontologischen Beweises für das Dasein Gottes. Es ist nach Kant unzulässig,
das Dasein von vornherein in den Begriff einer Sache aufzunehmen. – Über Dasein als Kategorie, s. Wirklichkeit.
(spr. dehs'nt),SirGeorge, eigentlich Webbe, engl. Schriftsteller und Kenner der nordischen Litteratur, geb. 1820 auf
St. Vincent. Im Kings College in London
[* 38] und in Oxford
[* 39] ausgebildet, wurde er 1852 an die Barre des Middle Temple
berufen, beschäftigte sich jedoch vorzugsweise mit gelehrten, besonders nordischen Studien. Als Schriftsteller lieferte er
zuerst «Translation of the prose or younger Edda» (Stockh. 1842),
dann 1845 «Theophilus Eutychianus, from the original Greek,
in Icelandic, Low-German and other languages», eine polyglotte Erzählung der Legende vom BischofTheophilus;
«The Norsemen in Iceland» (1858, in den «Oxford
Essays»);
von Asbjörnsen (s. d.) übersetzte er «Popular
tales from the Norse, with an introductory essay on the origin and diffusion of popular tales» (1859);
aus dem Isländischen «The story of Burnt Njal» (2 Bde.,
1861) und «The story of Gisli, the outlaw» (1866);
«'The Vikings of the Baltic, a tale of the North from the 10th century»
(3 Bde., 1875).
Außerdem erschienen von Dasent die ansprechenden Romane: «Annals of an eventful life» (3 Bde., 5. Aufl.
1870),
«Three to one, or some passages of the life of Amicia, Lady Sweet-apple» (3 Bde., 1872) und «Half
a life» (3 Bde., 1874). Verstreute
Essays sammelte er
als «Jest and Earnest» (2 Bde.,
1873). Daneben war Dasent längere Zeit litterar. Redacteur der «Times» und seit 1870 Mitglied der Regierungskommission für Beamtenprüfungen; 1876 erhielt
er die Ritterwürde.
(spr. daß oder dasch), Gräfin, eigentlich Gabrielle Anne de Cisternes de Coutiras, Marquise de Saint
[* 40] Mars,
[* 41] franz.
Romanschriftstellerin, geb. zu Poitiers, verheiratete sich jung und trat erst als Schriftstellerin
auf, als der Verlust ihres Vermögens sie dazu zwang. In manchem Jahre erschienen fünf bis sechs große
Romane von ihr. Sie behandelte mit Vorliebe galante Verhältnisse und Liebesintriguen aus den höchsten Kreisen, nicht ohne
Anmut, aber mit recht unweiblicher Offenherzigkeit.
Sie starb in Paris.
[* 42] Von ihren Romanen sind am bekanntesten: «Le
[* 43] jeu de la reine» (1839),
«Madame de la Sablière»
(1840),
«La Marquise de Parabère» (2 Bde.,
1842),
«Les bals masqués» (2 Bde.,
1842),
«Le château Pinon» (2 Bde.,
1843),
«Les châteaux en Afrique» (2 Bde.,
1844),
«Madame la Princesse de Conti» (2 Bde.,
1846),
«La belle aux yeux d'or'» (2 Bde.,
1860),
«Les galanteries de la cour de Louis ⅩⅤ» (4 Bde.,
1861),
Stadt im KreisEinbeck
[* 44] des preuß. Reg.-Bez. Hildesheim,
[* 45] 13 km im W. von Einbeck, in einem hübschen Thale am
Solling, an der Ilme und an der Nebenlinie Salzderhelden-Dassel (Ilmebahn, 47,5 km) der Preuß. Staatsbahnen,
[* 46] hat (1890) 1453 E.,
darunter 78 Katholiken, Post, Telegraph, kath. Hospital; mehrere Mühlen,
[* 47] Steinschleiferei und -Handel,
Gerberei, Kalkbrennerei, Bierbrauerei,
[* 48] Landwirtschaft; in der Nähe eine Eisenhütte und das königl. Remontedepot Hunnesrück.
Der Solling liefert Steinplatten in großer Menge. – war ein uralter Sitz sächs. Dynasten, von welchen die Grafen von Dassel (s.
unten) abstammten. Die Kirche wird schon 1022 erwähnt: im 12. Jahrh. erhielt Dassel Stadtrechte, 1310 fiel
die Grafschaft an Hildesheim.
altes Grafengeschlecht, nach dem Städtchen Dassel (s. d.) bei
Einbeck genannt. Berühmt ist KaiserFriedrichs Ⅰ. Kanzler Rainald (s. d.) von Dassel – Adolf der Kühne, Graf von Dassel, der in
Abwesenheit des GrafenAdolf von Schauenburg dessen Land verwaltete, mußte 1189 nach Lübeck
[* 49] flüchten,
als Heinrich der Löwe mit Waffengewalt in das Gebiet einbrach, erhielt aber freien Abzug, als Heinrich10. Nov. auch diese Stadt
einnahm, und sammelte nun ein Heer, mit dem er 1190 die Anhänger des Herzogs an der Trave schlug und dadurch Heinrich zum
Frieden mit dem König nötigte. Mit Simon, Grafen von Dassel, der Dassel an das Stift Hildesheim verkaufte, starb 1329 das Haus aus.
–
Marktflecken im Amt Grevesmühlen des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, 7 km von der Ostsee, an der Mündung
der schiffbaren Stepenitz in den Dassower Binnensee, hat (1890) 1415 E., Post, Telegraph, Maschinenfabrikation, Fischräucherei
und Getreidehandel.
(grch.), Dichtigkeitsmesser, ein von OttoGuericke um 1650 erfundenes Instrument, das die
Veränderungen der Dichte der freien Luft anzeigt. Das beistehend abgebildete Dasymeter besteht aus einem kleinen Wagebalken, an
dem sich links ein dünnwandiger, wohl verschlossener Glasballon und rechts ein Gewichtchen aus einem dichten Metall (Gold,
[* 53] Platin u. dgl.) das Gleichgewicht
[* 54] halten. Ist bei horizontalem Stande des Wagebalkens das Gleichgewicht hergestellt
worden, und verdünnt man dann mittels einer Luftpumpe
[* 55] die Luft, so sinkt jener Glasballon, und zwar um so tiefer, je weiter
die Luftverdünnung fortschreitet.
Verbindet man daher die Glocke nicht mit der Luftpumpe, sondern mit der freien Luft, so werden durch Hebungen resp. Senkungen
des Glasballons Luftverdichtungen resp. -Verdünnungen angezeigt. Der Glasballon
war nämlich vorher mit dem Gegengewicht nur vermöge des Gewichtsverlustes im lufterfüllten Raume im Gleichgewicht, welcher
Verlust aber für den Ballon,
[* 56] weil von größerm Volumen, mehr betrug als für jenes Gegengewichtchen. (S. Auftrieb.)
[* 57] ^[Abb.:
Dasymeter]
Rauhfuß, Hasenfuß, Peter, Humanist, geb. zu Frauenfeld im Thurgau,
wurde 1530 Prediger und
Lehrer daselbst, 1533 Lehrer des Griechischen am Gymnasium in Straßburg,
[* 58] 1540 Kanonikus und 1551 Dekan des Thomasstiftes daselbst.
Er starb zu Straßburg. Dasypodius schrieb ein «Griech.-Lat. Wörterbuch»
(1535) und ein «Lat.-Deutsches Wörterbuch» (1537); eine lat. Komödie «Philargyrus»
(Straßb. 1565) nach dem «Plutus» des Aristophanes ließ er 1530 in Frauenfeld spielen. (Vgl. NeuesSchweizer-Museum,
Bd. 6, Bas. 1866.) – Sein Sohn, Konrad Dasypodius, geb. 1530 in Frauenfeld, starb als
Lehrer der Mathematik zu Straßburg. Nach seiner Angabe wurde die bekannte astron. Uhr
[* 59] im StraßburgerMünster
[* 60] 1578 konstruiert.
Borstenkopf- oder Adlerpapagei, eine den Nestorkakadus zunächst stehende Papageiengattung
(s. Papageien) mit nur einer genauer gekannten Art (Dasyptilus PesquetiLess.; s. Tafel: Papageien Ⅰ,
[* 52]
Fig. 3) von Neuguinea, von
schwarzer, auf dem Rücken bräunlicher Färbung, mit roten Flügel- und Achseldeckfedern, roten mittlern Schwingen zweiter
Ordnung und rotem Bauch
[* 61] und teilweise nacktem Gesicht.
[* 62]
Körperlänge etwa 50 cm. Eine zweite Art (Dasyptilus fulgidusLess.) ist ungenügend bekannt.
eine spätestens seit dem Anfang des 13. Jahrh. von der
Cancellaria abgetrennte Abteilung der Römischen Kurie (s. Kurie) zur Expedierung der kirchlichen Gnadensachen. An ihrer Spitze
steht ein Kardinal, Prodatarius;
(spr. dättschět), Dorf in der engl. GrafschaftBuckingham, an der Themse, Windsor gegenüber, in fruchtbarer
Gegend herrlich gelegen, ist bekannt durch die Scene von Falstaffs Züchtigung in Shakespeares «Lustigen Weibern von Windsor».
dicat,dedĭcat oder Dat, donat, dedicat (lat. abgekürzt Dat, dicat, dedicath. giebt,
weiht, widmet), eine bei den Römern übliche Inschrift auf Göttern geweihten Gegenständen;
Carlo Roberto, ital. Sprachgelehrter und Schriftsteller, geb. in
Florenz,
[* 66] wurde in seiner Jugend von Galilei unterrichtet, beschäftigte sich mit mathem. und physik., auch
astron. Untersuchungen. Er übernahm 1647 zu Florenz den Lehrstuhl der griech. und lat. Sprache
[* 67] und Altertumskunde, wurde Mitglied
der Crusca (s. d.) und starb zu Florenz. Dati begann eine Sammlung von Sprachmustern, «Prose fiorentine
», und arbeitete mit Capponi und Redi an der 3. Ausgabe des Wörterbuchs der Crusca. Sein bedeutendstes
Werk, die «Vite de' pittori antichi» (Zeuxis, Parrhasius, Apelles und Protogenes),
erschien in Florenz 1667 u. ö., auch in der
«Bibliotheca enciclopedica» (Bd.
14, Mail. 1831). Briefe von ihm veröffentlichte Moreni (Flor. 1825),
in transitiver Bedeutung: eine Urkunde mit dem Datum (s. d.) versehen;
intransitiv wird damit der Ort und
die Zeit bezeichnet, an welchem ein Rechtsgeschäft in Kraft getreten ist.
Das hat eine Bedeutung, wenn der Vertrag
unter Abwesenden abgeschlossen, die Erklärungen der einzelnen Parteien an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten
abgegeben sind. – Über Datieren der Wechsel nach altem und neuem Stil s. Datowechsel und Alter Stil.
L., Streichkraut, Pflanzengattung aus der Familie der Datiscaceen (s. d.) mit wenigen im
Orient und in Asien
[* 68] wachsenden Arten; ausdauernde Stauden mit abwechselnden fiederschnittigen Blättern und in lange, rispige
Trauben gestellten kleinen grünlich gefärbten Blüten. Die auf Kreta und im Orient wild wachsende, hanfähnliche Datisca cannabinaL., gelber Hanf, wird häufig als Zierpflanze in Gärten gezogen und auch als Färbepflanze benutzt.
¶
mehr
Sie enthält das sog. Datiscin (s. d.), das mit Alkalien und alkalischen Erden tiefgelbe Lösungen giebt. Sie treibt 1 m hohe
Stengel
[* 70] mit hellgrünen Blättern.
Ausdrucksweise nach Art des bei Marathon befehligenden pers. Satrapen Datis, welcher das Griechische fehlerhaft
sprach, daher soviel wie barbarische Ausdrucksweise, auch Roheit.
der Casus, in den das Nomen oder Pronomen gesetzt wird, dem die Handlung des Verbums gilt oder sich zuwendet,
z. B. «ich schenke dir». S. auch Casus und Objekt.
(vom grch. dateisthai, «absondern»,
wegen der körnigen Absonderung der derben Varietäten), ein monoklines Mineral mit meist kurzsäulenförmiger
oder dicktafelartiger Ausbildung der farblosen, grünlich-, gräulich- oder rötlichweißen glasglänzenden Krystalle, die
gewöhnlich zu Drusen,
[* 77] auch zu grobkörnigen Aggregaten zusammengehäuft sind. Härte = 5; spec. Gewicht = 2,9 bis 3. Chemisch
betrachtet ist der Datolith ein Zweidrittelsilikat: H2Ca2Si2(B2)O10 ^[H2Ca2Si2(B2)O10]
mit 37,5 Kieselsäure, 21,9 Borsäure, 35 Kalk, 5,6 Wasser, welch letzteres erst in starker Glühhitze entweicht
und daher als chemisch gebunden erachtet werden muß.
der Wechsel, dessen Zahlungszeit auf eine bestimmte Zeit nach dem Tage der Ausstellung des
Wechsels, dem Wechseldatum (s. d.), festgesetzt ist. Die sog.
Datoklausel kann die Frist nach Tagen, Wochen, Monaten, Jahren oder auch ½ Monat, ½, ¼, ¾ Jahr vom Tage der Ausstellung ab
bestimmen und z. B. lauten: drei Tage dato oder a dato, de dato, nach dato, von dato, auf dato, von heute,
nach heute, a dato in drei Tagen, nach drei Tagena dato. Ist der Wechsel nur dato gestellt, so ist der Ausstellungstag der Zahlungstag.
ÜberDato nach Sicht, s. Sichtwechsel. Bei Berechnung der Frist wird der Ausstellungstag nicht eingerechnet,
½ Monat gleich 15 Tagen, Woche, Jahr und seine Bruchteile nach der Kalenderzeit. Ein am Sonnabend den 1. Febr. zwei
Wochen, drei Monate, ¼ Jahr, ½ Jahr, ein Jahr nach dato ausgestellter Wechsel
ist z. B. fällig
am Sonnabend der Zahlungswoche, am 1. Mai,1. Aug.,1. Febr. (des kommenden Jahres). Ein am letzten Februar einen Monat nach dato ausgestellter
Wechsel ist am 31. März fällig, ebenso ein vom letzten Februar eines Nichtschaltjahres ausgestellter am
letzten Februar des Schaltjahrs. Über den Zahlungstag von Wechseln, die in einem Lande ausgestellt sind, wo nach dem Julianischen
Kalender gerechnet wird, s. Alter Stil.
1) Bezirkshauptmannschaft in Mähren, hat 1107,25 qkm und (1890) 66007 (32108 männl., 33899 weibl.)
meist czech. E., darunter 2990 Evangelische, 62061 Katholiken und 994 Israeliten; 345 Militärpersonen; 10547 bewohnte Gebäude
und 14539 Haushaltungen in 184 Gemeinden mit 216 Ortschaften und umfaßt die Gerichtsbezirke Datschitz, Jamnitz und
Teltsch. – 2) Datschitz, czech. Dačice, Stadt und Sitz der Bezirkshauptmannschaft
Datschitz, an der mähr. Thaya, hat (1890) 2629 meist czech.
E., Post, Telegraph, Bezirksgericht (57 Gemeinden, 75 Ortschaften, 21156 E., darunter 7824 Deutsche), Pfarrkirche mit schönen
Fresken von Jos. Winterhalter (1787), altes Schloß mit interessanten Bauresten (15. Jahrh.);
Landwirtschaft und eine Zuckerfabrik, eine der größten und die älteste (1830) Mährens. Das neue Schloß
am obern Stadtplatz, das 1610 erbaut und 1832 erneuert wurde, gilt wegen der innern Einrichtung und des Parks für einen der
schönsten Landsitze in Mähren. Die früher hier blühende Tuchmacherei ist erloschen.
Dorf in der Bürgermeisterei Linz
[* 83] a. Rh., Kreis Neuwied des preuß.Reg.-Bez. Koblenz,
[* 84] hat (1890) 873 E.,
Weinbau, Bleierzgruben und Basaltbrüche (bedeutende Ausfuhr der Basalte nach dem Niederrhein und nach den Niederlanden, wo
sie zu Deichbauten gebraucht werden).
Nahebei das Hüttenwerk Arensau und die Schloßruine Dattenberg, mit schöner Aussicht
auf Rhein- und Ahrthal.
ursprünglich die Bezeichnung für die auf der Ausfertigung einer Urkunde mit Angabe des Tags
verzeichnete Aushändigung an den, für welchen die Ausfertigung bestimmt war, im Gegensatz zu Actum, der Bezeichnung des beurkundeten
Vorgangs. Die Reichsgesetze werden noch heute von dem Kaiser vollzogen mit der Unterzeichnung «Gegeben
...» (folgt das Datum und die Allerhöchste Unterschrift). Dann bezeichnete man mit «datum et actum» die Angabe
der Zeit und des Ortes, wann und wo der beurkundete Akt vor sich gegangen und das Protokoll darüber aufgenommen wurde.
Daraus entwickelte sich die heutige Bedeutung von Datum, Bezeichnung des Ortes und der Zeit (Jahr,
Monat, Tag) der Ausstellung einer Urkunde, dann die für die kalendermäßige Bezeichnung eines bestimmten Tags überhaupt (Datierungswesen).
Die Bezeichnung öffentlicher Urkunden mit dem war schon bei den Römern unter den Kaisern üblich und vorgeschrieben, die Urkunde
fing mit dem Namen des regierenden Kaisers, der Angabe des Jahres seiner Regierung, des regierenden Konsuls,
Monats und Tags der Aufnahme an. Im Mittelalter ist Datum bald allein, bald in Verbindung mit actum, die Schlußformel, welche
in lateinisch abgefaßten Urkunden der Orts- und Zeitangabe voransteht. Die Lehre von der
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