innerlich erfahrene göttliche Liebe zu freier Gegenliebe getrieben, in der sittlichen Gemeinschaft, in der er steht, den
ewigen Liebeszweck
Gottes zu verwirklichen trachtet, also auch in allen seinen besondern sittlichen Pflichten ebenso viele
Aufgaben des höchsten Willens an ihn sieht. Die unerläßliche
Bedingung aber für den Eintritt in die neue
Gottesgemeinschaft oder ins «Gottesreich» ist die
Demut, als das tiefste Gefühl der eigenen sittlichen
Ohnmacht und Hilfsbedürftigkeit,
das sich im
Bewußtsein persönlicher sittlicher Verschuldung zur Ruhe oder zu dem reumütigen Eingeständnisse der eigenen
Sünde gestaltet.
Nicht als die, wenn auch noch so vollkommene
Lehre
[* 2] von dem wahren religiösen Verhältnisse des
Menschen
zu Gott, sondern als geschichtliche Offenbarung einer neuen göttlichen Lebensmacht, als ein sittlich erneuendes und befreiendes
Lebensprincip, welches von innen heraus alle sittlichen Lebensverhältnisse umgestaltete, ist das Christentum in die
Welt getreten. Durch diesen rein sittlichen Charakter ist zugleich der universelle Charakter der christl.
Religion als
einer für alle
Menschen und alle
Völker bestimmten bezeichnet, welche allen menschlichen Lebenslagen
und Lebensbedürfnissen gleicherweise entspricht und darum auch geeignet ist, die bleibende Grundlage und das zureichende
Princip alles sittlichen Strebens und Arbeitens in der Gemeinschaft zu bilden.
Von einer
Stiftung der christl.
«Kirche» durch
Jesus kann aber nur sehr bedingterweise gesprochen werden.
Das, was er als nahe herbeigekommen verkündigte, war vielmehr das
«Reich Gottes» (s. d.) oder das «Himmelreich».
Es konnte aber die Idee dieses Gottesreichs zunächst nur in Form einer besondern Religionsgemeinschaft verwirklicht werden,
und es war nur die innere
Notwendigkeit der Sache selbst, daß die ersten
Christen zur lebendigen Vertiefung
in die höchste religiöse Idee sich von aller Zerstreuung durch die «Welthändel»
und weltlichen Beschäftigungen zurückziehen mußten.
Darum ist die «Weltflucht» allerdings die Signatur des geschichtlichen
Christentum in seiner ältesten Gestalt. Aber wie schon
Jesus selbst in den großen Gleichnisreden über das göttliche
Reich deutlich
eine weit umfassendere
Aufgabe gezeichnet hatte, so war es eben die Allgemeingültigkeit des christl.
Princips selbst, die es immer mehr dazu drängen mußte, aus der
Stille des Privatlebens und der engsten
Kreise
[* 3] frommer Gemeinschaft
herauszutreten und alle menschlichen Lebensverhältnisse mit dem neuen
Geiste zu durchdringen.
Schon nach drei Jahrhunderten begann das Christentum seine civilisatorischeAufgabe in der Welt zu erfüllen. Es
ist eine
Thatsache, die kein
Historiker verkennen kann, daß die geistige und sittliche Umgestaltung des Völkerlebens im Gefolge
des Evangeliums Jesu Christi einhergeschritten ist, und daß noch heute die christl. Welt und
Menschheit die
Wiege aller durch wissenschaftliche und humanitäre Kultur bedingten Fortschritte in Kunst
und Wissenschaft, im bürgerlichen, polit. und häuslichen Leben ist. Es war geschichtlich begründet, daß das Christentum diese
seine welterneuernde Mission zunächst nur in kirchlich-dogmatischer Fassung übte; für die heutige Menschheit ist es notwendig,
Kirche und Christentum sorgfältig zu scheiden, und jene nur als die allerdings unentbehrliche Pflanzstätte des
specifisch religiösen Lebens zu betrachten, das als das lebendige Princip in alle sittlichen Lebensverhältnisse
überzugehen die Bestimmung hat, doch ohne daß diese darum selbst
in kirchliche Formen gegossen würden. Die Zeit einer kirchlichen
Universalmonarchie als alleiniger Trägerin des christl.
Geistes ist vorüber, ebenso die Zeit eines dogmatisch beengten Lehrkirchentums oder einer exklusiv
religiösen, die ganze Fülle sittlicher Lebensgebiete und Kulturinteressen als profane, unheilige Welt von sich ausstoßenden
Praxis. Die hierarchisch gegliederte
Theokratie des mittelalterlichen
Katholicismus, der luth. Dogmatismus und der pietistische
Prakticismus haben ihre geschichtliche
Aufgabe erfüllt, und derselbe christl.
Geist, der sich jene Formen schuf, sucht sich
heute in der ganzen
Breite
[* 4] des sittlichen
Menschen- und Völkerlebene eine neue
Stätte seiner welterneuernden
und weltversöhnenden Wirksamkeit. Die Gesamtzahl der
Bekenner des Christentum beträgt etwa 495 Millionen.
Litteratur:Châteaubriand, Le
[* 5] génie du Christianisme (5 Bde., Par. 1802 u. ö.;
deutsch von Schneller, 2. Aufl., 2 Bde.,
Freib. i. Br. 1856-57);
Ludw.
Andr.
Feuerbach, Das Wesen des Christentum (Lpz. 1841);
Ullmann, Das Wesen des Christentum (Hamb.
1845; 5. Aufl., 2. Bd. der Werke,
Gotha
[* 6] 1865);
Bruch, Das Wesen des Christentum (in Schenkels
«Allgemeiner kirchlichen Zeitschrift», 1867);
eigentlich
Deutsche Gesellschaft zur Beförderung
[* 9] reiner
Lehre und wahrer Gottseligkeit genannt,
von dem 1806 in
Augsburg
[* 10] verstorbenen evang.
Senior Joh. Urlsperger zu Basel
1780 gestiftet, war eine weitverbreitete
Verbindung bibelgläubiger
Christen gegen den Zeitgeist der
Aufklärung. Durch die Monatsschrift «Sammlungen für Liebhaber christl.
Wahrheit» erhielt sie ihre zerstreuten Mitglieder im Verkehr und veranstaltete an den einzelnen Orten erbauliche Zusammenkünfte
ihrer Mitglieder, ließ sich auch die
Verbreitung alter und neuer
Schriften wider den Unglauben angelegen sein.
Spittler (gest. 1867 in
Basel)
leitete seit Anfang des 19. Jahrh. die Gesellschaft und gab den Anstoß
zu einer Reihe selbständiger Unternehmungen, in denen die Christentumsgesellschaft allmählich aufging, wie die
BaselerBibelgesellschaft (1804),
die
BaselerHeidenmission (1816) und der
Verein der Freunde Israels (1826), der Traktatverein, die Rettungsanstalt zu Beuggen
u. s. w.
Christenverfolgungen haben namentlich in den drei ersten Jahrhunderten
des Bestehens der christl.
Kirche stattgefunden.
Schon als nach der Kreuzigung Jesu sich die Gläubigen allmählich wieder
in
Jerusalem
[* 11] gesammelt hatten, kam es hier zu vereinzelten Gewaltmaßregeln der jüd. Obrigkeit
gegen die «Sekte der Nazaräer». Den ersten
Anlaß scheint jedoch nicht die Predigt von dem Gekreuzigten überhaupt, sondern
die Geltendmachung freierer Grundsätze über die Gesetzesbeobachtung und die Verwerfung des Tempelkultus durch griechisch
gebildete
Juden, wie
Stephanus, geboten zu haben. Noch größern Anstoß gab dem
Judentume das Evangelium des
Paulus von der
Abschaffung des Gesetzes im
Christentum und von der Gleichberechtigung der
Heiden mit den
Juden. Während der Haß
der
Juden gegen die gesetzesfreie Heidenpredigt in immer neuen
Ausbrüchen sich Luft machte, scheint das am Gesetze festhaltende
Judenchristentumbis in die
Zeiten des ersten jüd.
Krieges Dul-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
dung genossen zu haben. Die Hinrichtung des ältern Jakobus durch Herodes Antipas (44 n. Chr.) und die Steinigung Jakobus'
des Gerechten durch den Hohenpriester Ananus (62) sind vereinzelte Fälle, deren nähere Veranlassung im Dunkeln liegt. Erst
seit der Zerstörung Jerusalems (70), besonders aber seit dem Aufstande unter Bar-Cochba (133), steigerte sich
der Haß der Juden gegen ihre der nationalen Sache entfremdeten Stammesgenossen zu einem leidenschaftlichen, aber mit dem
SturzeBar-Cochbas schnell vorübergehenden Terrorismus.
Die röm. Staatsgewalt nahm von den Christen anfangs wenig Notiz, da sie als jüd. Sekte gesetzliche Duldung genossen, aber
auch die auf den Juden lastende Verachtung teilten. Die Christenschlächterei unter Nero (64) scheint
sich nicht über Rom
[* 13] hinaus erstreckt zu haben, trägt auch noch nicht den Charakter einer eigentlichen Religionsverfolgung.
Der Tyrann wollte nur für den ihm von der Volksmeinung zugeschobenen Brand der Stadt Rom diejenigen büßen lassen, welche,
als von allen verachtet und gehaßt, zu jeder Schandthat für fähig galten.
Noch unter Domitian (81-96), welchen die Sage die zweite Christenverfolgang verhängen läßt, kam es höchstens zu vereinzelten
Todesurteilen in Rom, aus nicht ganz klaren Beweggründen, und zu Nachforschungen nach den Nachkommen der Davidschen Familie,
von deren Unschädlichkeit sich der Kaiser bald überzeugte. Einem förmlichen strafgerichtlichen Verfahren gegen
die Christen wegen staatsgefährlicher Verbindungen begegnet man erst unter Trajan (98-117), von dem der StatthalterPlinius von
Bithynien sich Verhaltungsbefehle erbat.
Nach der Weisung des Kaisers sollten die Christen nicht aufgesucht und anonyme Denunziationen nicht berücksichtigt, Überwiesene
und Geständige aber auf Grund der Staatsgesetze als Rebellen mit dem Tode bestraft werden. Dies blieb
auch für die folgenden Kaiserregierungen feststehende Regel. Seitdem die Zahl der Christen sich dermaßen vermehrt hatte,
daß an manchen Orten schon die Tempel
[* 14] zu veröden begannen, mußte die Staatsgewalt auf diejenigen ein wachsames Auge
[* 15] richten,
welche ungescheut den nahen Untergang des RömischenReichs und die Errichtung einer neuen Ordnung der Dinge
verkündigten, in welcher sie die Herrschenden sein und alle Heiden vertilgt werden sollten.
Die weitverzweigte geheime Verbindung der Christen konnte jetzt nicht mehr als jüd. Sekte Duldung beanspruchen: sie erschien
nicht bloß der herrschenden Staatsreligion, sondern der röm. Staatsordnung selbst gefährlich.
Die angeblichen Edikte Hadrians (117-138) und des AntoninusPius (138-160) zu Gunsten der Christen sind christl.
Fiktionen; doch hatte man unter diesen beiden Kaisern sowie in der ersten Zeit MarcAurels (160-180) verhältnismäßig Ruhe.
Erst in den letzten Regierunasjahren dieses Kaisers kam es gleichzeitig in den verschiedensten Teilen des Reichs, in Gallien,
Griechenland
[* 16] und im Orient, zu einem Verfolgungssturm, wie ihn die Christen bis dahin noch nicht erlebt
batten. Trajans Grundsätze wurden jetzt, namentlich von seiten der Statthalter in den Provinzen, vielfach überschritten. Ausführliche
Berichte aus jener Zeit haben wir namentlich über die Christenverfolgungen zu Lyon
[* 17] und Vienne. MarcAurels Nachfolger, Commodus (180-192), kehrte
zu der mildern Praxis des trajanischen Anklageverfahrens zurück. Der anfangs duldsamere Kaiser Septimius
Severus
(193-211)
gab durch sein 202 erlassenes Verbot des Übertritts zum Judentum oder Christentum das Signal zu einer, wie es scheint,
über verschiedene Teile des Reichs ausgedehnten Verfolgung. Doch war die Todesstrafe auch damals nicht die Regel, häufiger
scheinen Verbannungen und Deportationen zur Zwangsarbeit in den kaiserl. Bergwerken vorgekommen zu sein. Schon unter Severus
bereitete sich indes ein Umschwung in der Stellung des röm. Staates zum Christentume vor.
Der religiöse Synkretismus, dem die ausländischen Kaiser, namentlich Heliogabalus (218-222) und Alexander Severus (222-235),
ergeben waren, gewährte auch dem Christengotte eine Stelle in dem heidnischen Pantheon. Der Christenhaß
des Kaisers Maximinus (235-238), mehr noch die durch öffentliche Unglücksfälle gesteigerte Volksleidenschaft gab den Anstoß
zu vorübergehenden, aber harten Drangsalen der Christen in einigen Provinzen. Dagegen trat unter seinen Nachfolgern, von denen
einer, Philippus (244-249), der Sage nach sogar Christ geworden sein soll, eine längere Ruhe ein.
Die Periode der allgemeinen Christenverfolgungen beginnt erst unter Kaiser Decius (249-251). Um die alte röm. Staatsreligion, auf welcher ihm
auch die polit. Wohlfahrt zu ruhen schien, aufs neue zu befestigen, begann er gegen das Christentum einen Kampf auf Leben
und Tod. Decius leitete die Verfolgungen selbst; kaiserl. Edikte bedrohten die säumigen Statthalter mit
harten Strafen. Die gegen die Christen angewendeten Zwangsmittel schritten stufenweise bis zum sichersten fort. In Rom, Alexandria,
Karthago,
[* 18] Pontus scheint die Verfolgung am ärgsten getobt zu haben; vornehmlich war es auf die Bischöfe abgesehen, denn die
inzwischen ausgebildete festgegliederte kirchliche Verfassung erschien als ein fremdartiger Staat im Staate
ganz besonders gefährlich.
Die Zahl der Opfer war diesmal weit bedeutender als in den frühern Verfolgungen. Nach dem Tode des Decius ließen die Verfolgungen
nach, wurden aber von dem anfangs günstiger gestimmten Valerian (253-260) noch einmal erneuert. Doch bestrafte man fast
nur Bischöfe und Priester mit dem Tode. Der hierauf folgenden langjährigen, nur durch KaiserAurelian (274)
vorübergehend unterbrochenen Ruhe wurde durch die Edikte Diocletians (284-305) ein Ende gemacht. Nachdem dieser Kaiser neun
Jahre hindurch den Christen unbedenklich den Zutritt zu den höchsten Ehrenstellen bei Hofe und im Heere gestattet hatte, begann 303 die
letzte, aber furchtbarste Verfolgung.
Den Anlaß gab der Fanatismus seines Mitkaisers Galerius, der nur von der Ausrottung der Christen die erneute Gunst der zürnenden
Götter und den Sieg der röm. Waffen
[* 19] erwartete. Drei Edikte gegen die christl. Religion und die Vorsteher christl. Gemeinden
folgten 303 rasch aufeinander; ein viertes ward 304 gegen die Christen überhaupt erlassen. Im ganzen
RömischenReich wurden die christl. Kirchen zerstört, die heiligen Bücher weggenommen und verbrannt, die gottesdienstlichen
Versammlungen verboten: Verlust aller Ehrenämter, Beraubung des Vermögens, Gefängnis und zuletzt der Tod drohte allen, die
sich nicht bequemen wollten, den Göttern zu opfern. Die Zahl der Opfer war wenigstens in der ersten Zeit
an manchen Orten äußerst bedeutend. Dennoch erwiesen sich alle Versuche, das Christentum auszurotten, als vergeblich. Noch
zu Ende des J. 304 hob Diocletian die Todesstrafe
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
wieder auf, und seit 305 war die Verfolgung im Abendlande völlig erloschen. Im östl. Teile des Reichs setzten Galerius und
Maximin auch nach der Abdankung Diocletians das Unterdrückungssystem mehrere Jahre ununterbrochen fort: das Resultat war
nur die Einsicht in die Unmöglichkeit, das Begonnene durchzuführen. Galerius selbst erkannte endlich die Notwendigkeit,
mit den Christen Frieden zu schließen, durch die Zurücknahme seiner Verfolgungsedikte an (311). Diesem ersten Toleranzedikt
schlossen sich dann die KaiserKonstantin, Licinius und durch sie gezwungen auch Maximinus Daza durch Verordnungen an. Das
Toleranzedikt von Mailand
[* 21] (313) gewährte endlich den Christen volle Freiheit der Religionsübung, die geraubten Kirchen undGüter wurden zurückerstattet.
Konstantin nahm immer offener für die Christen Partei und bereitete durch eine Reihe von Maßregeln die förmliche Erhebung
des Christentums zur Staatsreligion vor. Seitdem erfuhren die Christen nur noch außerhalb des RömischenReichs, z. B. 343 und 414 in
Persien
[* 22] und 437 mit welnigen Unterbrechungen bis zum Anfang des 6. Jahrh. im afrik. Reiche der Vandalen,
ferner unter german. Völkerschaften in den ersten Zeiten der christl. Mission, neue Verfolgungen, denn die erneuerten Bedrückungen
des Licinius seit 316 stellten doch das Mailänder Edikt nicht in Frage und der Versuch des Kaisers Julian (361-363) zur Wiederherstellung
des Heidentums kann nicht als eigentliche Christenverfolgung betrachtet werden.
Litteratur. Overbeck, Studien zur Geschichte der alten Kirche (Schloßchemnitz 1875);
Aubé, Histoire des persécutions de l’église
jusqu’à la fin des Antonins (Par. 1875);
ders., Histoire des persécutions de l’église. La polémique païenne à la
fin du 2e siècle (ebd. 1878);
ders., Les Chrétiens dans l’empire romain, de la fin des Antonins
au milieu du 3e siècle (1882);
ders., L’Église et l’État dans la seconde moitié du 3e siècle anno 249-284
(1886);
Wieseler, Die Christenverfolgungen der Cäsaren (Gütersloh 1878);
volkstümliche Bezeichnung von Münzen
[* 24] und thalerförmigen Medaillen, deren Gepräge aus die Geburt
Christi Bezug hatte und die daher namentlich im 17. Jahrh. vielfach als Christgeschenke verwendet
wurden.
Fürst von Anhalt-Bernburg (1603-30), wurde zu Bernburg
[* 25] als der zweite Sohn des Fürsten
Joachim Ernst aus dessen Ehe mit der Gräfin Agnes von Barby geboren, bereiste die Türkei
[* 26] und nach längerm Aufenthalt in Kursachsen
Italien.
[* 27] 1591 befehligte er ein deutsches
Hilfskorps für Heinrich IV. von Frankreich im Kampf gegen die Ligue, trat damals
zum Calvinismus über und wurde fortan die Seele aller reformierten, gegen Habsburg und die kath.
Reaktion gerichteten Bestrebungen. 1595 gewann ihn Friedrich IV. von der Pfalz zum Statthalter der Oberpfalz, und Christian blieb
in dieser Stellung auch, als ihm 1603 durch eine neue Teilung der anhalt.
LandeBernburg zufiel. (S. Anhalt.)
[* 28] Im Sommer 1606 verhandelte er in pfälzischem Auftrag mit Heinrich IV.
über dessen Verbindung mit den deutschen Protestanten; aber erst die Besorgnis erregenden Vorgänge in den kaiserl. Erblanden
und die Vergewaltigung der prot. Reichsstadt Donauwörth durch Bayern
[* 29] trieb einen Teil derselben zum Abschluß einer prot. Union
zu Ahausen deren Seele Christian war. 1610 übernahm er in dem jülich-cleveschen
Konflikt den Oberbefehl über das Unionsheer; er führte im böhm. Kriege das Heer, das am Weißen Berge bei Prag
[* 30] geschlagen wurde,
ward Jan. 1621 vom Kaiser geächtet, floh nach Schweden
[* 31] und nach Dänemark,
[* 32] bis er 1624 die Gnade des Kaisers erlangte. Seitdem
lebte er zurückgezogen in Bernburg, unermüdlich bestrebt, die Leiden
[* 33] des Krieges für sein Land zu mildern.
Er starb Christian war vermählt mit Gräfin Anna von Bentheim; von seinen 16 Kindern überlebten ihn nur 3 Söhne und 2 Töchter.
-
Vgl. Krebs,
[* 34] Christian von Anhalt und die kurpfälzische Politik am Beginn des Dreißigjährigen Krieges (Lpz.
1872).
Fürst von Anhalt-Bernburg (1630-56), Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. focht im savoyischen
Dienst gegen Spanien,
[* 35] dann unter seinem Vater in der Schlacht am Weißen Berge bei Prag 1620, geriet in kaiserl. Gefangenschaft,
wurde aber bald freigelassen.
Ernst, Markgraf von Bayreuth, geb. Vetter des Großen Kurfürsten, trat 1661 die
Regierung in Bayreuth an, wurde Kreisoberst des fränk. Kreises und von KaiserLeopold 1676 zum Feldmarschalllieutenant und
Oberbefehlshaber der gesamten Reichsarmee ernannt. Er nahm dann teil an der BefreiungWiens, am Pfälzischen und Spanischen
Erbfolgekrieg, legte 1707 den Oberbefehl des Reichsheers nieder und zog sich nach Erlangen
[* 39] zurück, das
er zu seiner Residenz machte und durch Heranziehung von franz. Réfugiés zu heben suchte; auch stiftete er daselbst eine
Ritterakademie, aus der die Erlanger Universität hervorgegangen ist. Christian starb in Erlangen. Der große Brunnen
[* 40] vor
dem Schlosse zu Bayreuth trägt sein Reiterstandbild. -
Nach- dem er unter Moritz von Oranien gegen die Spamer gekämpft hatte, kam er nach der Schlacht am WeißenBerge dem
vertriebenen Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz zu Hilfe und gelobte der Kurfürstin Elisa- beth,
nicht zu ruhen, bis er sie und ihren Gemahl in ihre Lande wieder zurückgeführt hätte.
Mit einem geworbenen Heer plünderte
er 1621 am Main und in Westfalen
[* 43] die kath. Kirchen und Klöster und ließ aus dem erbeuteten Silber Münzen schlagen mit der
Inschrift«Gottes Freund, der Pfaffen Feind».
Von Tilly bei Höchst geschlagen und gleich Mansfeld
aus den Diensten des Pfalzgrafen ent- lassen, schlug er sich mit Mansfeld zu Moritz von Oranicn durch, besiegte die
Spanier bei Fleurus, wobei er den linken Arm verlor, und entsetzte Bergen op Zoom.
[* 44]
Hierauf wandte er sich
wieder nach Paderborn
[* 45] und Hildesheim,
[* 46] zog sich aber bei TillysAnnäherung nach Westfalen zurück, wurde jedoch von Tilly eingeholt
und bei Stadtlohn an der Verkel geschlagen. Er entkam wieder zu Moritz von Oranien, reiste nach England, um Jakob I.
zur Unterstützung dcs Pfalzgrafen zu bewegen, und trat dann in die Dienste
[* 47] Christians IV. von Dänemark.
in Schweden dagegen, wo er seit 1457 herrschte, vermochte er nicht
festen Fuß zu fassen, vielmehr erfochten die Schweden unter Sten Sture in der Schlackt am Vrunkeberge bei Stockholm
[* 53] 1471 ihre
Unabhängigkeit.
Nach herzog AdolfsTode 1460 war (5. auch zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein gewählt worden. Er
starb In C.s Ne- aierungszeit fällt die Gründung der Universität zu Kopenhagen,
[* 54] 1479. Christian
II., König von Dänemark und Nor- wegen, Herzog von Schleswig-Holstein,
[* 55] Sohn dcs Königs Johann, geb. zu Nyborg auf
Fü- nen, regierte seit 1506 als Statthalter in Norwegen und folgte seinem gestorbenen Vater
durch Wahl der Stände in Dänemark und Norwegen und der einen Hälfte von Schleswig-Holstein, wäh- rend die andere Hälfte sein
Oheim, HerzogFriedrich, beherrschte. Schon als Prinz hatte Christian in Bergen einen Liebeshandel mit dcr schönen Holländerin Dyvcke
(s. d.) angeknüpft, deren Mutter Sigbrit Willums dann die einflußreichste Ratgeberin des jungen Königs
wurde. Er vermählte sich 1515 mit Elisabeth (Isabella), der Schwester KaiserKarls V. Christian hatte es sich zur Aufgabe gesetzt,
den unterdrückten Bürger- und Bauernstand zu heben und eine selb- ständige Handels- und Gewerbthätigkeit zu be- gründen.
Dadurch kam er zunächst in Konflikt mit den deutschen Hansestädten, welche bis dahin unter dem Schutze
ausgedehnter Privilegien fast aus- schließlich den sscmdmav.
Nordcn mit den Produkten ihrer Industrie versorgt
und den Ausfuhr-
und Zwischenhandel daselbst monopolisiert hatten.
Aber auch der dän. Adel fand sich durch die Reformen in seinen Vorrechten
und materiellen Interessen bedroht. Obwohl die Schweden Christian 1497 zum Thronfolger gewäblt, hatten sie sich 1501 wieder
von der Union mit Dänemark und Norwegen losgesagt und die Regierung einem Reichsverweser aus dem Geschlecht der Sture übertragen.
Nach einem erfolglosen Zuge 1518 schlug Christian den Sten Sture und wurde 1520 in ganz Schweden als König anerkannt;
aber un- mittelbar
nach der Huldigung hielt er ein furcht- bares Gericht (Stockholmer Blutbad 8. bis über seine Gegner, wobei über 600 der
vor- nehmsten MännerSchwedens den Tod fanden.
Die Folge war ein neuer Aufstand unter Führung des Gustav Wasa (s. Gustav I.,
König von Schweden), der mit der definitiven Losreihung Schwedens von der Kalmarischen Union endigte.
Nun erklärten auch die Hansestädte den Krieg, der Adel in Iütland empörte sich und bot dem HerzogFriedrich von Schleswig-Holstein
die dän. Krone an. Christian floh im April 1523 mit seiner Familie und seinen Schätzen von Kopenhagen nach den Niederlanden, während
sein ganzes Reich binnen wenigen Wochen dem neuen König Friedrich I. (gest. 1533) zufiel.
Die Versuche
C.s, den Thron
[* 56] wiederzuerlangen, blieben erfolglos. Ein Heer, das er noch 1523 in Deutschland werben ließ, lief bald wegen Geldmangels
auseinander.
Bei einem zweiten Angriff auf Norwegen (1531) ward er selbst gefangen.
Zwar kämpfte in dem
Kriege, der nach dem TodeFriedrichs I. über Däne- marl hereinbrach (der sog. Grafenfehde, 1534-36), nochmals eine
Partei für die Wiedereinsetzung C.s; aber sie unterlag, und der König blieb bis an seinen Tod in Gefangenschaft. Er ward
zuerst auf dem Schloß Sonderburg auf Alsen in Gewahrsam ge- halten , seit 1549, nachdem er 1546 auf die
Krone verzichtet hatte, auf dem Schloß Kallundborg auf Seeland, wo er starb. Christian hinterlieh
keine männliche Nachkommenschaft.
Die Reformation
wurde nun auf dem Reichstage zu Kopenhagen Okt. 1536 eingeführt', gleichzeitig verlor Norwegen seine Selbständigkeit und
blieb seitdem (bis 1814) ein Bestandteil der dän. Monarchie.
Unter Christian wurde die Macht des Königs bedeutend
vermehrt, indem die meisten Güter der aufgehobenen Bistümer und Mö'ster in seinen Besitz kamen. 1544 teilte er Schleswig und
Holstein mit seinen beiden Brüdern und schloß mit KaiserKarl V., mit dem er in Krieg verwickelt war, einen
Vergleich zu Speier.
[* 58] Er war ein thatkräftiger und frommer Mann, der mit den deutschen Refor- matoren und Gelehrten, besonders
Luther, Melanch- thon, Bugenbagen, in Briefwechsel stand.
Seit Artikel, die man unter C vermißt, sind murr K auszusuchen.
¶
forlaufend
278
15^5 war er mit Dorothea von Sachsen-Lauenburg vermählt. Er starb I.Ian. 1559. -
Vgl. N. Krag, C.s III. Historie (Bd. 1 u. 2 und
Suppl., Kopenh. 1776-79);
Anfangs unter Vormund- schaftgestellt, wurde er erst 1593 in den Herzogtümern, 1596 in den Königreichen für
volljährig erklärt und übernahm nun selbst die Negierung, welche er bis an seinen, zu Kopenhagen
erfolgten Tode führte.
Nnter allen Königen aus dem oldcnb. Stamm ist Christian der volkstümlichste.
Das beliebte dän. Volkslied
«König Christian stand am hohen Mast» verherrlicht seinen Heldenmut in der Seeschlacht gegen die Schweden vor dem Kieler Hafen
Tapfer und unternehmungslustig, führte er doch seine auswärtige Politik mit wenig Glück. Nur
sein erster Krieg gegen Schweden 1611-13 endigte mit einem vorteilhaften Frieden (zu Knäröd 1613), während dagegen sowohl
seine Teilnahme am Dreihigjährigen Kriege (bis zum Lübecker Frieden 1629) wie auch sein zweiter schwed. Krieg (1643-45) ohne
Erfolg waren.
Namentlich brachte seine Politik fürSchleswig-Holstein und Iütland schwereLeidens- jahre,
und endlich mußte der Vro'msebroer Friede 1645 mit schweren Opfern und Abtretungen in den übersundischen Landen erkauft werden.
Diese Kriege gaben überdies mehrfachen Anlaß zu Mißtrauen und Hader zwifchen dem Könige und seinem Mit- regenten in Schleswig-Holstein,
HerzogFriedrich III. von Gottorp, woraus allmählich eine bittere Feind- schaft zwifchen der königl.
und der Gottorpischen Linie erwuchs, die später wiederholte Bürgerkriege in den Herzogtümern veranlaßte.
Dagegen setzte er manche Reformen in der Gesetzgebung und Ver- waltung durch, that auch manches für die Ent- wicklung von Handel
und Industrie, zeigte nament- lich Interesse für die Entwicklung der Flotte und erwarb Trankebar, die erste dän. Kolonie in
Ost- indien. In Schleswig und Holstein achtete er im ganzen die ständischen Rechte;
doch wurde mit seiner
Genehmigung von dem Gottorpcr Herzog das stän- dische Wahlrecht in dessen Staaten abgeschafft und dafür 1608 die Primogenitur
eingeführt (in dem königl. Anteile erst 1650).
Auch vereinigte er 1640 nach dem Aussterben des schauend.
Grafenhauscs dessen
Anteil, die Herrschaft Pinneberg, mit dem übrigen Holstein.
Außerdem begründete Christian 1617 -20 die Stadt
Glückstadt an der Elbe und erhob sie bald darauf zur Hauptstadt des königl. Anteils von Holstein, welcher
danach lange Zeit in der Reichsmatrikel «Holstein-Glückstadt» (im Gegensatz zum herzogl.
Anteil Holstein-Gottorp) benannt wurde. In Kopenhagen wurde ihm ein Standbild (von Thorwaldsen) errichtet,
ebenso 1874 in Kri- stiania (von Iakobsen).
Christian war seit 1597 mit AnnaKatharina vonBrandenburg vermählt, nach deren Tode er
Christine Munk heiratete, die Tochter eines dän. Edelmannes.
Ihre eine Tochter, Leonora Chri- stina, wurde mit Korsiz Ulfcld
(s. d.) vermählt. -
Vgl. Artikel,
die man unter E verm Stange, Christian lV. (Kopenh. 1794);
Christian IV. (aus dem
DänischenvonIenssen-Tilsch,3Bde.,Hannov.1864);
Lind, Kong Kristian den fjerde og Hans maend (ebd. 1889).
Seine Briefe und Akten sind hg. von Bricka und Fridcncia (5 Bde., Kopenb.
1878-91). Ehristian V., König von D cvn em ark und 3ior- wegen (1670-99), Herzog von Schleswig-Holstein,
geb. Sohn Friedrichs III., war der erste dän. König seit Einführung des Erbkönigtums.
Im Bunde mit Brandenburg führte er Krieg gegen Schweden (1675 - 79), um die 1645 verlorenen Provinzen wiederzuerobern.
Trotz
großer Erfolge, besonders zur See (s. Niels Iucl), mußte er doch im Frieden zu Lund und Fontaincbleau 1679 die
Eroberungen wieder herausgeben.
Unter seiner Re- gierung erfolgten die ersten dän. (1683) und norweg.
(1687) Landesgesctze, die Einführung von einerlei Maß und Gewicht, die Erwerbung der wcstind.
Den alten dän. Adel suchte er zu schwächen, indem er neue reich privi- legierte Grafschaften und
Baronien errichtete, die großenteils in deutsche Hände gelangten.
Seit dem Sturze seines tüchtigen Ministers Grissenfeldt
(Schu- macher, s. d.) führte Christian die Regierung mit geringem Glücke. Er starb Auf dem Kömgs- Neumarkt in Kopenhagen
steht sein aus Blei
[* 61] ge- gossenes Reiterstandbild (von L'Amoureux).
1667 vermählte er sich mit Charlotte
Amalie, einer Tochter des Landgrafen Wilhelm VI. von Hessen-Casscl (geb. 1650, gest.
1714). -
Vgl. Riegels, Forssg til Femte Christians Historie (Kopcnh. 1792);
Holm, Dan- mark-Norges indre Historie 1660 til 1720 (2
Tle., ebd. 1885-86).
Verdienste erwarb er sich durch Förderung von Handel und Gewerbe, Hebung
[* 62] der Flotte und Verbesserung des gesamten Nntcrrichts-
wesens.
Durch Gesetz vom führte er den Heimatszwang ein, der die jungen Bauernburschen verpflichtete, von ihrem 14. bis 35. Lebensjahre
ihre «Scholle» nicht zu verlassen. Christian starb -
Vgl. L.Koch, Christian den Sjettes Historie (Kopenh.
1886);
Holm, Danmark-Norges Historie under Kristian VI. (Bd. 1,
ebd. 1893).
Christian VII., König von Dauernail und Norwegen, Herzog von Schleswig-Holstein, geb. zu Kopenhagen aus der ersten
Ehe König Friedrichs V., folgte seinem Vater und vermählte sich mit der Prinzessin
Karoline Mathilde (s. d.) von England. Bald nach seinem Regierungsantritt zeigten sich schon bei ihm die ersten Spuren einer
Geistesver- wirrung, welche, durch frühe maßlose Ausschwei- fungen hervorgerufen, sich schnell verschlimmerte und ihn vollständig
regierungsunfähig machte^ Die Negierungsgcwalt wurde in solcher Lage ein (^piel- ball der Harteien. Zunächst
erfolgte 1770 der Sturz des Grasen Johann Hartwig Ernst von Vernstorff (s. d.) und der andern alten Minister
Friedrichs V., welche Christian anfangs beibehalten hatte. Dafür erlangte der tönigl.
Leibarzt Struensee (s. d.), ißt, find unter
K aufzusuchen.
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forlaufend
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begünstigt von der Königin, den entscheidenden l^in- siuß lmd ward bald zum Geh.
Kabinettsmiuistcr und Grafen cruauut. Am 17. Iau. 1772 ward
Strucnscc gestürzt und verhaftet, zugleich mit ihln die Köuigin Karoline Mathilde, und gegeu beide ciue Untersuchuug wegen
Ehebruchs eingeleitet, welche mit der Hinrichtung Struensees und der Scheidung von der Königin (1772)
endigte.
Seitdem führten die Königin-Witwe und der ErbprinzFried- rich, Stiefbruder des Königs, unter Beirat des Mi- uistersOveHöegh-Guldberg
(s. d.) 12 Jahre lang das Staatsruder. In dieser Periode vollzog sich die voll- ständige Wiedervereinigung Schleswig-Holsteins
unter der königl. Linie, indem auch der gottorpische Anteil von Holstein 1778 gegen die
Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst eingetauscht wurde und die letzte apanagiertc Nebenlinie, Schleswig-Holstcin- Glttcksburg, 1779 erlosch.
Im April 1784 jedoch verdrängte der Kronprinz Friedrich VI. (s. d.) den Oheim und die Stiefgroßmutter und übernahm selbst
die Regierung.
Der schwachsinnige Christian starb zu Rendsburg,
[* 64] wohin man ibn das Jahr zu- vor, beim
Ausbruch des Krieges mit England, der Sicherheit halber gebracht hatte. Christian VIII., Königvon Dänemark (1839 -48), Herzog
von Schleswig-Holstein und Lauen- burg, der älteste Sohn des ErbprinzenFriedrich, des Stiefbruders Christians VII., wurde zu
Kopenhagen geboren.
Aus seiner ersten Ehe (1806) mit Prinzeß Charlotte von Mecklenburg-Schweriu, welche 1809 wegen
Ehebruchs von ibm geschieden ward, hatte er einen einzigen Sohn, Friedrich VII. (s. d.);
Der Priuz
machte jedoch den Versuch, sich selbst im Besitz von Norwegen zu behaupten.
Nachdem er 25. Febr. zu Kristiania
[* 65] als Regent proklamiert
worden war, berief er eine Reichsversammlung, welche ihn 17. Mai zum Erbkönig von Norwegen wühlte.
durch eine engl. Flotte und ein schwed. Heer sah sich Christian bald ge- zwungen, einen Waffenstillstand
(14. Aug.) einzu- gehen, demgemäß er 10. Okt. der norweg. Krone entsagen mußte. Nach Dänemark zurückgekehrt, lebte er den Wissenschaften
und Künsten, bis er durch den TodFriedrichs VI. auf den Thron gelangte. Wenn Christian auch am Absolutismus
festhielt, so bahnte er doch sofort Reformen an und suchte besonders die zerrütteten Finanzen zu heben. Als seine eigentliche
Lebensaufgabe betrachtete er es, die Verbindung zwischen dem Königreich und den Herzogtümern enger zu knüpfen und hierdurch
einen wirtlichen «dän. Gesamtstaat»
zu schaffen. Da des Königs einziger Bruder, der ErbprinzFried- rich Ferdinand (geb. 1792, gest. 1863),
und sein eigener Sohn, Friedrich VII., keine Aussicht auf Nachkommenschaft hatten, war Christian bemüht, den dän.
Gesamtstaat durch eine einheitliche Erbfolge zu gründen. Er erlieh zu diesem Zwecke den Offenen Brief vom gegen
den sowohl die Stände der Herzogtümer und die Agnatcn wie anch der Deutsche Bund sich erklärten.
Der König erlieh hierauf eine Bekanntmachung vom welche, ohne den Gedanken der In- tegrität aufzugeben, doch
den innern Frieden nicht herstellen konnte.
König Christian entschloß sich nun zu einem letzten Versuch,
indem
er durch eine konstitu- tionelle Verfassung die Herzogtümer mit dem König- reich zu verschmelzen gedachte;
doch starb er
vor der Verkündiguug dieser VerfassungChristian IX., König von Dänemark (seit 1863), geb. auf Schloß
Gottorp bei Schleswig, vierter Sohn des 1831 verstorbenen Her- zogs Friedr.Wilh.
PaulLeopold von Schleswig-Hol-
stein-^onderburg-Glücksburg (früher Vcck), wurde nach dem Tode des Vaters in Dänemark erzogen und studierte 1839-41 zuBouu.
Am ver- mählte er sich mit Prinzeß Luise, dritten Tochter des Landgrafen Wilhelm von Hessen-Cassel und der Prin-
zessin Luise Charlotte von Däuemark (gest. 1864), Schwester König Christians VIII.
Infolge dieser Hei-
rat schlug der Prinz seinen Wohnsitz in Kopenhagen auf, wurde 1837 Rittmeister und 1848 Chef der Gar'dc- kavallerie. Er unterschrieb
den Offenen Brief 1846 und war während der Kriegsjahre 1848-50 der einzige Prinz des Gefamthanfes Schleswig-Holstein, welcher
in dän. Kriegsdiensten blieb. So kam es, daß die dän.
Negierung beschloß, ihm beim Aussterben des dän. Köuigshauscs die Nachfolge zu verschaffen. Er ward im LondonerProtokoll
vom zum Thron- folger in der gesamten dän. Monarchie bestimmt und, nach Verzicht der
näher berechtigten Agnaten und nach Vereinbarung mit dem Reichstage, durch das Thronfolgegesetz vom als
Thron- erbe und Prinz von Dänemark eingesetzt.
Nach dem Tode König Friedrichs VII. (s. d.) trat Christian IX. die faktische
Regierung in der gesamten Monarchie an, und seine erste Regierungshandlung war, daß er 18. Nov. eine gemeinschaftliche Ver-
fassung für Dänemark und Schleswig genehmigte.
Bald darauf rückten, um die bereits be-
schlossene Bundesexekution gegen Dänemark zu voll- strecken, sächs.-hannov.
Truppen 24. bis in die Herzogtümer
Holstein und Lauenburg
[* 66] ein.
Sodann forderten Osterreich und Preußen,
[* 67] unterstützt von England und Rußland,
die sofortige Rücknahme der Verfassung vom 18. Nov. Die dän. Regierung versprach den Reichsrat zu berufen,
um diese Verfassungsänderung auf gesetzliche Weise durchzuführen (20. Jan.). Da indessen die Forde- rung Österreichs und Preußens
[* 68] wegen sofortiger Räumung Schleswigs verweigert ward, überschritten ihre Truppen die Eider und
eroberten das Herzogtum Schleswig und die ganze dän. Pro- vinz Iütland. Als nach dem fruchtlosen Ausgange der Londoner Konferenz
(April bis Juni) die letzte Hoffnung anf auswärtige Hilfe schwand, berief der König an Stelle des bisherigen nationalliberalen
(eiderdänischen) Ministeriums 11. Juli ein konserva- tives Kabinett, welches Friedensunterhandlungen mit
dendcutschen Großmächten begann.