bezeichnete als musica choralis den einfachen, durch Papst
Gregor d. Gr. gestalteten
Gesang der liturgischen
Stücke im Gegensatze
zur musica figuralis, dem kunstvollen Tonsatze für mehrere
Stimmen. Die alten Melodien der mittelalterlichen Choralmusik,
zwar nicht taktlos, aber doch taktfrei gehalten, sind rhythmisch und namentlich melodisch oft von großer Schönheit. Sie
wurden von der kirchlichen
[* 1]
Figuralmusik als Grundmelodien (Themen) verarbeitet und
heißen
cantus firmus (s.
Choralbearbeitung).
Eine besondere, von der mittelalterlich kirchlichen
Weise abweichende Ausbildung und abgeschlossene liedartige Gestalt erhielt
der Choral in der luth.
Kirche.
Luther sammelte alle Hauptmelodien der alten
Kirche von dem sog.
Ambrosianischen Lobgesange an bis
auf seine Zeit, vermehrte sie durch herrliche eigene Erzeugnisse und regte seine Freunde, Dichter wie
Musiker, zu gleichen Thaten an.
Bald entstanden ganze Sammlungen (von denen diejenigen, welche die Melodien enthalten,
Choralbücher
[s. d.] genannt werden) und wuchsen nach und nach zu Tausenden an.
Luthers bahnbrechende That hatte in kirchlicher wie in
musikalischer Hinsicht gleich große Folgen.
Der Choralgesang verlieh dem Gottesdienste seiner
Anhänger eine feste Gestalt und auszeichnende Eigentümlichkeit; die spätern
ähnlichen Erzeugnisse der
Reformierten, der Anglikaner und selbst der Katholiken waren nur eine mehr oder weniger modifizierte
Nachahmung der luth. Vorbilder. Hinsichtlich der Kunstmusik wurde der Choral im Bereiche der luth.
oder evang.
Kirche so herrschend, daß die Geschichte eines Hauptzweigs der deutschen
Musik, welchem die größten
Meister angehören,
als harmonische Ausgestaltung dieser schönen Kirchenmelodien betrachtet werden kann.
Was man heute Choral nennt, bezieht sich denn auch vorzugsweise auf die
Kirchenlieder der
Lutheraner und deutet sowohl die Eigentümlichkeit
wie auch eine gewisse Beschränktheit der prot. Kirchenmusik an. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes
Choral, als Bezeichnung des vom
Chor Gesungenen, hat sich noch im
Englischen erhalten. Ein Chorgesangverein heißt in England Choral
Society, und
Beethovens 9.
Sinfonie wird wegen der Beteiligung des
Gesanges dort Choral Sinfony genannt. -
Vgl. von Winterfeld, Der evang.
Kirchengesang (3 Bde., Lpz. 1843-47);
Bäumker, Das kath. deutsche
Kirchenlied in seinen Singweisen (2 Bde., Freiburg
[* 2] 1883-86);
die kontrapunktische (vier- oder mehrstimmige) Bearbeitung des
Chorals, zeigt sich in folgenden
Formen: im homophonen
Satz als einfache Harmonisierung
(Note gegen
Note);
als
[* 1]
Figuration in den begleitenden
Stimmen, mit dem
Choral als
cantus firmus (figurierter
Choral, vorzüglich geeignet als Orgelbegleitung des
Gesangs und als Choralvorspiel);
ferner als Choralkanon, indem die Choralmelodie oder die begleitenden
Stimmen kanonisch geführt sind;
endlich als Choralfuge,
indem eine Fuge auf einer Choralmelodie alscantus firmus aufgebaut ist oder die Choralmelodie selbst
fugiert wird.
Sammlungen von Choralmelodien zum Gebrauch der Organisten, meist vierstimmige Bearbeitungen.
Von ältern
Choralbücher sind hervorzuheben die von
Doles, Kühnau, Schicht, Rinck und J. Seb.
Bach, dessen Bearbeitungen K.
Ph. Em.
Bach herausgab
(2
Tle., Berl. 1765-69);
von neuern die von A. G. Ritter, J. ^[Julius] Schäffer und die beiden Werke
von Johs.
Zahn: «Psalter und
Harfe für das deutsche Haus» (Gütersloh 1886) und «Die Melodien der
deutschen evang.
Kirchenlieder» (5 Bde., ebd. 1888-91).
(d. h.
Land derSonne,
[* 3] des
Ostens), der Landstrich zwischen den
Steppen des
TieflandesTuran und der Salzwüste
im Innern des Hochlandes
Iran, reicht von
Afghanistan
[* 4] im O. bis zu den pers.
ProvinzenMasen-Deran und
Irak-Adschmi im W. Dieser
800-1200 m hohe Landstrich wird durchzogen von vielen Gebirgszügen, wie im N. von dem Binalûdgebirge,
dem
Ala-Dagh und dem Dschuwein-Koh, sowie im S. von dem Gesul-Koh und Dubusch-Koh, die auf der Südseite sanft nach dem Innern,
auf der Nordseite steil ins
Tiefland von
Turan abfallen und die natürliche Grenzscheide zwischen diesen beiden geogr. Gesamtländern
bilden.
Das Klima ist durchweg im
Sommer sehr heiß und im Winter ziemlich kalt; der
Boden ist nur da fruchtbar,
wo er durch
Kanäle bewässert werden kann. Chorassân bildet kein polit. Ganzes mehr. Der kleinere östl.
Teil gehört unter dem
Namen Herat (s. d.) zu
Afghanistan; der größere westl.
Teil bildet unter seinem alten
Namen die nordöstlichste
Provinz des
PersischenReichs, ein starkes Drittel desselben, mit 322118 qkm und 843000 E. Zum großen
Teile
besteht sie aus den unbewohnbaren großen Salzwüsten
Lût (im
Süden) und der
Großen Salzsteppe oder Kewir (im Norden),
[* 5] sowie
andern unbewohnbaren Länderstrecken, zwischen denen einzelne
Oasen liegen. Chorassân erzeugt hauptsächlich Getreide,
[* 6] Obst,
Wein,
Arzneikräuter und
Seide.
[* 7]
Auch züchtet man Kamele,
[* 8]
Pferde
[* 9] und feinwollige Schafe.
[* 10] Die Einwohner sind dem größern
Teile nach
Tadschik.
Außer diesen
wird das Land von nomadischen
Stämmen arab., türk., kurd. und afghan.
Ursprungs bewohnt, welche neben der Viehzucht
[* 11] hauptsächlich vom Raube leben. Der Gewerbfleiß ist unbedeutend, doch bestehen
Webereien von
Teppichen, Shawls und Kameltuch sowie berühmte Waffenfabriken. Der Karawanenhandel blüht.
Bisher ging
der HandelC.s über
Astrabad nach dem
KaspischenMeere; ein neuer Aufschwung desselben wird von der Erbauung von
Straßen vonAschabad nach Meschhed erwartet, die unmittelbar an die der Nordgrenze parallele
Transkaspische Eisenbahn anschließen
sollen. Hauptstadt ist Meschhed (s. d.). Westlich davon das
einst berühmte und wegen der benachbarten Türkisgruben bekannte Nischapur, näher im NW.
die Trümmerhaufen der alten Hauptstadt
Thûs, mit dem Grabmal Firdusis.
Chorassân besteht aus den alten iran. Landschaften Parthyäa, Margiana und
Aria und bildete einen
Teil des
PersischenReichs. Im 3. Jahrh.
v. Chr. fiel sein östl.Teil unter die Herrschaft der griech. Könige von
Baktrien, nach deren und der
SeleucidenSturze es einen
Teil des Parthischen
Reichs unter
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
forlaufend
265
dm Arsaciden, dann des PersischenReichs unter dcn Sassaniden bildete. Mit der Eroberung des letztern durch die Chalifen 646 fiel
es unter die Herr- schaft dieser, bis sich 820 der Statthalter Tahir un- abhängig machte. Im Anfange des 11. Jahrh, kam es
mit dem Sturze der Samaniden unter die Ghas- naviden. Doch schon 1037 setzten sich die Sel- dschuken in
dem westl. Teil fest, bis 1117 Sandschar, der seldschuk. Herrscher von ganz Persien,
[* 13] ganz Choreographie mit seiner Monarchie vereinigte. 1220 kam
es durch Dschingis-Chan Mter die Herrschaft der Mon- golen.
Nach TamerlansTode war es der Mittel- punkt der Macht seines Sohnes Schah-Noch, unter dessen langer Negierung
Choreographie eines seltenen Glücks genoh. Der Usbekenhäuptling Schaibek-Chan ver- jagte 1507 die Nachfolger Schah-Rochs, mußte aber
nach langen Kämpfen Choreographie an den Sckah von Persien, IsmaelSufi, abtreten. Bei diesem Reiche verblieb es, mit Ausnahme Herats,
das seit 1716 der Zankapfel zwischen Persern und Afghanen wurde und am Ende im Besitz der letztern blieb.
-
Vgl. MacGregor, K2.rr2.tiv6 ola^ourn^ tdroußii tk6 proviucs ok O. (2 Bde., Lond. 1879).
Chorazm, ein Ort in Palästina,
[* 14] der in dem Weheruf Jesu (Matth. 11,20-23) neben Bethsaida und Kapernaum genannt und deshalb
auch in der Nähe dieser Orte gesucht wird. Wahrscheinlich ent- spricht C.der heutigenTrümmerstätte
Keraze, 4-5 ^m nördlich von Tell Hum. Chorbischöfe, die Bischöfe der Landgemeinden in der alten Kirche des Orients. Ursprünglich
hatte jede Stadt ihren Bischof und das platte Land wurde von den Städten nur seelsorgerisch verwaltet. Weiter- hin wurden
besondere Landbischöfe (olioreipiZko- poi, 6pi8c(M ruri8) bestellt. Bald aber erlag die In- stitution
dem Widerspruch des städtischen Episko- pates und wurde im Morgenlande ausgeschieden, im Abendland gar nicht angenommen; nur
in den Pseudoisidorischen Dekretalen kommen die Choreographie auch für die abendländ. Entwicklung als ein Moment scharfen Gegensatzes
in Betracht. -
Vgl. Weizsäcker, Der Kampf gegen den Chorepiskopat (Tüb. 1859).
OkorÄa. (lat.; grch. ckoräs), Darmsaite, Saite, Sehne (s. d.) in anatom. und mathem. Sinne; durch Zusammensetzung des Wortes
mit den griech. Zahl- worten bildet man Ausdrücke, die eine Tonreihe oder ein Musikinstrument von einer gewissen Anzahl von
Tönen oder Saiten bezeichnen. (S. Dichord, Deka- choro, Oktachord, Tetrachord.) - 0. 601-8^18, Wir- belsaite,
Notochord, beim Wirbeltierembryo die knorpelige Anlage der Wirbelsäule, bleibend als erste Anlage des Binnenskeletts des Lanzett-
fisches und der Rundmäuler, vorübergehend bei den Larven der Seescheiden. - d t^mpan! oder Pau- kensaite, ein feiner, aus
dem siebenten Gehirnner- ven M6lvu3 k2.ei2.ii8, s. Gehirn)
[* 15] entstammender Ner- venzweig, der quer durch
die Paukenhöhle und über dks Trommelfell hmwegläuft, durch die sog. Gla- sersche Spalte die Paukenhöhle verläßt, sich
mit dem Zungennerv des dritten Astes des dreigeteilten Gc- hirnnerven vereinigt und mit diesem im Unterkiefer- Ganglion und
in der Zunge verzweigt.
Seine Neizung bewirkt Vlutüberfüllung der Unterkiefcrspeicheldrüse mitnachfolgenderreichlicher Speichelabsonderung.- 0. V6Q6I-62.,
die schmerzhafte Verkrümmung des eri- gierten Gliedes, meist Folge des Trippers. Chordatiere, s. Chordonier. Chordienst oder
Choramt, in der röm.-kath. Kirche ein Teil des kanonisch geregelten Gesang- und Artikel, die man unter C verm
Gebetdienstes
der Geistlichen und Mönche. Wie die Ii0i-2.6 C2.u0iiie2.6 sich allmählich feststellten, wurde deren
Beobachtung mit gemeinsamer Verrichtung der dafür vorgeschriebenen Gesänge und Gebete den Geistlichen sowie den Mönchen
und Nonnen und dann auch den Kanonikern ts. d.) als Choreographie zur Pflicht gemacht. Im Mittclalter nahm nicht nur
die Teil- nahme der Laien, sondern auch die der Geistlichen an diesen gemeinsamen Gebetstunden immer
mehr ab, und seit dem 14. Jahrh, sind nur noch die Mönche und Nonnen in den Klöstern und die Kanoniker dazu verbunden.
Das gemeinschaftliche feierliche Sprechen der Gebete, welches ihnen vorgeschrieben ist, bezeich- net man alsHorasingen. Die
übrigen Geistlichen haben die betreffenden Gebete an den kanonischen Stunden für sich allein zu verrichten,
und ihnen ist dabei stilles Lesen oder leises Sprechen gestattet. Häufig werden die Gebete für mehrere kanonische Stunden
zusammengefaßt, namentlich diejenigen für die nächtlichen Stunden mit denen am Abend und am Morgen zugleich verrichtet.
(S. Itora caiio- nies. und Brevier.) ständer.
Chordltis (grch.), die Entzündung der Stimm- Chordometer (grch., Saitenmesser), Instrument zum Messen der
stärke der Saiten. Ehordomeroder Chordatiere,Rückenftrang- tiere, von (ÜKoiM ä0i-32.1i8 (s. Oiwi'62.)
hergenom- mene Benennung einer von Häckel aufgestellten hypothetischen Tiertlasse, die ähnlich den Larven der Seescheiden
(s. d.) gebaut gewesen und die Wirbel- tiere mit den Würmern verbunden haben soll. Chorea (grch.), soviel wie Veitstanz
(s. 0.), auch soviel wie Tanzwut (s. d.). Choreg (Cho rag), Choregeion (Chora- geion,Choragium), Choregie, s.Chor (antik).
Choregische (Chorägische) Monuments, bei den Griechen Säulen
[* 16] oder kleine Bauwerke, die die Sieger in den dramat. Aufführungen
errichten durf- ten, um den als Siegespreis errungenen ehernen Dreifuß dort öffentlich aufzustellen. Die in Athen
[* 17] (s.Plan:
Das alte Athen) um den Ostabhang der Akropolis
[* 18] zumTheater des Dionysos
[* 19] sich hinziehende Straße hieß danach die Dreifußstrahe
(Tripodes). Unter den Choreographie M. sind wegen ihres künstlerischen Aufbaues bekannt das Lysikratesmonument (s. d.) und das Denkmal
des Thrasyllos (320 v. Chr.). Choreographie oder Choregraphie (grch.,
«Tanzschrift»),
die Aufzeichnung der Tänze durch konventionelle Zeichen für die Pas und Evolutio- nen.
Die Erfindung der Choreographie, die schon dem Altertum nicht ganz unbekannt war, wird Toi not Arbeau (Anagramm von Jean Tabourot),
Ofsizial
zu Langres, zugeschrieben, der 1588 eine «Orcl^oFra.- IQi6» (deutsch von
A. Czerwinski, «Die Tänze des 16. Jahrh.»,
Danz. 1878) veröffentlichte. Doch gehl aus einem viel früher geschriebenen
Manuskript: «I^e 1ivl6 ä68 I)H8868 ä2.Q868», das aus dem Besitz Mar- garetens von Qsterreich, Tochter Philipps des Schö-
nen, in die Lid1iotU6hii6 äs Loui-FOFne zu Brüssel
[* 20] übergeaangen ist, hervor, daß die Choreographie in der Weise, wie sie Arbeau anwandte,
schon vor ihm in Gebrauch war. Später wurde sie durch Veauchamps vervoll- kommnet, während Noverre
sich gegen sie erklärte. -
Dürholz, Praktischer Leitfaden für Tän- ,ißt, sind unter K aufzusuchen.
¶
forlaufend
266
zer und Tänzerinnen, nebst Chorizema der neuesten Konter- tänze, Polonaisen, Cotillontouren (Verledurg 1855). Choreomanie (grch.),
Choromanie, Tanz- sucht oder Tanzwut, eine krankhafte Neigung zu rhythmischen Bewegungen der untern Extremitäten, auch wohl
der Arme, beruht auf einem krankhaften Erregungszustand des Nervensystems und des Gei- stes, der im Mittelalter zeitweise epidemisch
auftrat (Johannis- oder Veitstanz). Im 16. Jahrh, erlosch diese «Volkokrankheit»
in Deutschland;
[* 23] in Italien
[* 24] trat später eine ähnliche Erscheinung auf als Taranteltanz, Tarantismus (s. d.). In der Neuzeit
hat man bei einer Sekte der Methodisten (den Jumpers oder Springern) in England und Nordamerika
[* 25] die Tanzwut als religiösen
Brauch beobachtet. -
Vgl. Hecker, Die großen Volkskrank- heiten des Mittelalters (in erweiterter Bearbeitung
hg. von Aug. Horsch, Verl. 1865).
vkoi-bpisköpoi (grch.), Chorbischöfe (s. d.).
Choret, s. Choreutik. Choreus (grch.), Versfuß, s.
Trochäus. Choreutik (grch.), Tanzkunst: Choreut oder Choret, Tänzer, auch soviel wie Chorist;
choreu- tisch, auf Chorizema bezüglich.
Chorführer, s. Chor (antik). Chorgestühl, die an den Wänden, in Kloster- und Stiftskirchen an der Nord-
und Südseite des hohen Chors aufgestellte Reihe von Stühlen, auf denen während des Gottesdienstes die Domherren, Chorherren
oder Mönche ihre Plätze haben. Es ist stets von Holz,
[* 26] meist mit Baldachinen überdeckt und wurde im spätern Mittelalter,
der Renaissance und dem Barockstil oft sehr reich geschmückt. Die berühm- testen deutschen Chorizema sind
die im UlmerDom (1469-74 von Jörg Syrlin), in der Minoritentirche zu Cleve
[* 27] (1474), in der Kirche zu Calcar (1505-8), zu Kemp-
ten, Memmingen,
[* 28] Martinskirche zu Landshut,
[* 29] sämt- lich im spätgot.
Stil; in der Klosterkirche zu Danzig,
[* 30] Spitaltirche zu Ulm,
[* 31] Kapitelsaal zu Mainz,
[* 32] Kloster Wettingen, Michaelskirche
zu München,
[* 33] sämtlich aus der Renaissancezeit; in zahlreichen süddeutschen Stiftskirchen, namentlich zu Ottobeuren, St.
Flo- rian, Einsiedeln im Barockstil. In Italien sind prächtige Chorizema in San Domenico zu Bologna (1530) und im Dom zu Siena von
Bart. Negroni (1560); in Frankreich in den Kathedralen zu Amiens
[* 34] und Albi. Aus neuester Zeit befinden sich
Chorizema reinsten got. Stils in der Kathedrale zu Antwerpen.
[* 35]
Chorhemd, s. Albe. Chorherren, s. Domkapitel und Stift. Choriambus, der aus einem Choreus oder Trochäus (- ^) und einem Iambus
(^ -) zusam- mengesetzte Versfuß (- ^ ^ -, z. B. wonnebe- rauscht).
Der Chorizema kann auch als eine rhythmische Reihe, bestehend aus einem vollständigen und einem unvollständigen
Daktylus, als eine katalektische dak- tylische Dipodie aufgefaßt werden. Die Alten wen- deten den Chorizema gewöhnlich nur in Verbindung
mit andern Rhythmen an. Gehäufte Choriamben geben wegen ihres raschen Tempos und wegen des Zu- sammenschlagens
der betonten Silben den Versen einen stürmischen, leidenschaftlichen Charakter. Choriebutter, Chooriebutter, s. Bassiafette.
Chörilus.
1) Griech. Tragiker, Vorläufer des Aschylus, machte sich verdient um die äußere Gestal- tung des Chors. Berühmt waren seine
^atyrspiele. Die erhaltenen Bruchstücke seiner Werke in Naucks «LrISioolUN (^1-3.6001-um
fi-HFinsiita,» (2. Aufl., Lpz. 1.889). -
2) Griech. Epiker, aus Samos (ungefähr 470-400 v. Chr.),
jüngerer Zeitgenosse und Freund des Herodot. Seine
«?6i-8ic3.»
(oder «?6i-86i8») be- handeln den Sieg derAthener über Lerres und sind das erste zeitgeschichtliche Epos. Chorizema starb am Hofe
des macedon. Königs Archelaus. Die erhaltenen Bruchstücke seines Epos gab heraus Näke (Lpz. 1817;
Nachträge, Bonn
[* 36] 1827-28 und 1838-39, und in den «Opuscula. pkiloloAica.», hg.
von Weicker, Bd. 1, 1842), dann Dübner (zusammen mit andern Epen, Par. 1840) und Kinkel in den «Npioolum
Ai-aecoruin li^mLutH», Bd. 1 (Lpz. 1877). - 3) Griech. Epiker aus Iasos in Karien, besang Alexander d. Gr. Horaz erwähnt ihn
mit scharfem Tadel. Chorm, ehemaliges Cistercienserkloster im Kreis
[* 37] Angermünde des preuß. Mg.-Bez. Potsdam,
[* 38] 12 km
im SW. von Angermünde, jetzt Oberförsterei im forstfiskalischen Gutsbezirk Liepe, an der Linie Ber- lin-Stettin der Preuß.
Staatsbahnen
[* 39] (Bahnhof 4 km entfernt), hat (1890) 157 E. - Markgraf Al- brecht II. hatte 1231 in dem wend. Flecken
Bardzin neben der Burg Oderberg ein Kriegerhospital ge- gründet; 1264 ward dieses Stift nach einer Insel im Parsteinsee, dem
Pehlitzwerder, übertragen, zu einer Abtei des Cistercienserordens umgewandelt und dem See der Name Mariensee gegeben. 1270 wurde
die Abtei von dem Werder an ihre jetzige Stätte, an den 9 kiu südwestlich entfernt liegenden, 15 ba.
großen Amtssee verlegt.
Hier wurden be- stattet Johann I., die Prinzen seiner Linie: Johann und Otto IV. mit dem Pfeile (der Minnesänger), Konrad I.,
Hermann und Waldemar d. Gr. Von dem im reinsten frühgot. Stile gebauten Kloster steht noch die 75 m lange Kirche, einst eine
dreischissige Säulenhalle, sowie ein großer Teil der Gebäude, die in ursprünglicher Form wiederhergestellt
sind. 1543 wurde das Kloster säkularisiert. Chorioblastosen oder Choriodesmösen (grch.), Hautkrankheiten,
[* 40] welche auf Wachstums-
anomalien des Bindegewebes der Haut
[* 41] beruhen, wie der Lupus, die Lepra, das Syphilom, das Fi- brom, Lipom, Angiom und Sarkom der
Haut u. a. Chorio'l'dea (grch.), die
Aderhaut des Auges (s.d., Bd. 2, S. 105d); Chorio'iditis oder Cho- rioideItis, Entzündung der Aderhaut (s. d.); C h o - rioretinltis,
Entzündung der Ader-und Netzhaut.
Chorion (grch.; lat. ^oi-wm), Haut, Leder; in der Anatomie die mittlere Ei
[* 42] haut des Embryo (s. d.). ChorioretinMs, s. Chorio'l'dea.
Choripetalen, Polypetalen, Eleuthero- petalen, in der Botanik eine der beiden Abteilun- gen der Dikotyledonen
(s. d.). Sie umfaßt alle die Pflanzen, deren Blütenhülle aus nicht miteinander verwachsenen Blättern besteht. Zu den Chorizema rechnet
man jetzt auch die Apetalen, welche früher als besondere Abteilung abgegrenzt wurden, weil bei ihnen die Blütenhülle entweder
nur rudimentär ent- wickelt ist, oder Kelch und Blumenkrone nicht deut- lich zu unterscheiden sind.
Die Chorizema umfassen die Ord- nungen der Leguminosen,
[* 43] Rosifloren, Thymelinen,
[* 44] Myrtifloren, Passiflorinen,
[* 45] Opuntinen, Sarifragi- nen,
Nmbellifloren, Tricoccen, Frangulinen,
[* 46] Asculi- nen, Terebinthinen, Gruinalen, Columniferen, Cisti- floren, Rhöadinen, Polycarpen,
Centrospermen,
[* 47] Polygoninen, Nrticinen, Amentaceen, Hysterophyten (s. die Einzelartikel). Chorist^ Chorsänger. vkorisvina.
^a^/., Pflanzengattung aus der Familie der Leguminosen (s. d.), Abteilung der Papilionaceen. Man kennt
gegen 15 sämtlich austral. Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
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forlaufend
267
Arten. Es sind Sträucbcr oder Halbsträucher mit einfachen abwechselnden Blättern und orangefarbe- nen oder roten Blüten.
Einige Arten, wie 0. ilicilolium Fm., 0. coräatnin ^/i?ick?. u. a. sind sehr schöne, reichblühende
Ziersträucher des Kaltbauses. Sie beanspruchen dort während des Winters einen hellen, trocknen und im Sommer einen balbschattigen
Platz im Freien. In sandiger Heideerde gedeihen sie vortrefflich, nur sind sie gegen Nässe empfindlich.
Vermebrung durch Stecklinge oder Samen.
[* 49] Chörlein, in ^üddeutschland die aus den Faca- den der Häuser hcrausgebauten Erker,
die einen ab- geschlossenen Sitzplatz im Zimmer mit Aussicht auf die Straße, meist nach drei Seiten hin, bilden. Sie erhielten
diesen Namen, weil ihre Form ursprünglich aus den kleinen Chören der Hauskavellen sich heraus- gebildet hat. Berühmt ist
das gotische Chortizy (1318) am Pfarrhofe von St. Sebaldus zu Nürnberg.
[* 50] Chorley (spr. tschorli), Industriestadt in der engl.
GrafschaftLancashire, 40 km im NO. von Liverpool,
[* 51] am Chor und am KanalPreston-Liverpool, bat (1891) 23 082 E.,
Fabriken von Baumwollgarn, Musselin, Kaliko, Indiennes, Putzwaren und Eisenbahn-Wag- gons. In der Nabe Kohlen- und Bleibergwerke,
Stein- brüche und Bleichereien. Chorographie (grch.), Teil der Länderkunde, die Beschreibung einer einzelnen Gegend von klei-
nerm Umfang, im Gegensatz zur Topographie oder Ortsbeschreibung. Chorol.
1) Kreis im mittlern^eil des Gouver- nements Poltawa, mit frucht barer schwarz erde, aber waldlos, hat
3310,6 qkm, 154881 E., Ackerbau. - 2) Kreisstadt im Kreis Chortizy, 106 km westnordwestlick von Poltawa, an dem zum Psiol gehenden
Chortizy, hat (1888) 6631 E., Post und Telegraph,
[* 52] 6 Kirchen, Pro- gymnasium für Mädchen und Ackerbau. Chorolögie (grch.),
von neuern Gelehrten (Po- korny) eingeführte Bezeichnung für die Pflanzen- und Tiergeographie. Choromänie, s. Choreomanie.
Chorometrie (grch.), Feldmeßkunst. Choron (spr. schoröng),Alexandre Etienne, franz. Musiktheoretiker, geb. zu
Caen, gest. zu Paris,
[* 53] stand an der Spitze der ausgezeichneten Männer (Berlioz, Kastner u. a.), die sich in der
ersten Hälfte diefes Jahrhunderts be- mühten, das Musikwesen ihres Vaterlandes neu zu beleben und zu vertiefen. Zu diefem
Zwecke suckte er die theoretischen und praktischen Meisterwerke dem Musikunterricht wieder zugänglich zu machen.
IhrerBekanntmachung dient ein großer Teil seiner frühern Arbeiten: «?i'iii(;ip68ä'aee()inpg.Fii6ni6iitäk8 kcoi68 ä'itaiw»
(mit Fiocchi, Par. 1804),
Auch erwarb er sich ein Verdienst durch Errichtung und Leitung einer Ge- ^aNgichule, 6t i-6iiFi6U86 (1818), die für
die bis dahin in Frankreich fehlende Pflege des Chorgesangs trotz vielfacher Hemmnisse förderlich geworden ist. Chortizy war
ein gründlich gebildeter Theoretiker, hatte aber auf dem eigentlich praktischen Gebiete, das er erst spät betrat, wenig
Erfolg. Chorremäbäd(arab.Felek-el-Aflat), Stadt in der pers. Provinz Luristan, an dem zum Kercba
gebenden Flusse am südwcstl. Fuße des Scfid- Koh, in 1241 in Höhe, hat 5000 E., einen schönen Palast des Statthalters
von Kurdistan, und ist die einzige bedeutende Stadt der Provinz. Chorrillos (spr. tschorriljos),
Seebad
im peruan. Depart. Lima,
[* 54] 12 km südlich von Lima, mit
dem es durch Eisenbahn verbunden ist, an der Bai von Chortizy nördlich vom Berge Salto del Frayle, der in die Punta de Chortizy ausläuft,
hat (1876) 4329 E. und ist be- liebter Sommeraufenthalt der Bewohner der Haupt-
stadt. - Am überraschten die Chilenen (26400 Mann) die Armee der ungleich stärkern Peruaner und eroberten deren
feste Stellung und die Stadt Chortizy, während ein Teil der Gegner un- thätig in der Nähe bei Miraflores stand.
Chorrock der kath. Geistlichen, s. Stola. Chorsabad (Khorsabad), in den Keilinschrif- ten Dür-Scharrukin («Sargonsveste»),
Ort in Babylonien, drei Stunden nordöstlich von Ninive, berühmt durch die EntdeckungenVottas, der30. März 1843 dort Ausgrabungen
begann und damit die Assyriologie ins Leben rief, und des franz. Architekten Victor Place (Abbildungen s. Tafel:Babylonisch-
Assyrische Kunst,
[* 48]
Fig. 1, 2, 4, 5, 7 und Tafel: Babylonifch-Afsyrische Altertümer,
[* 48]
Fig. 1 u. 2). Dür-Scharrukin
wurde von Sargon II. 711 v. Chr. erbaut, um den damals noch in Ruinen liegenden Palast Ninives zu ersetzen.
Die Stadt war mit einer noch jetzt verfolgbaren Mauer um- geben, die ein Rechteck bildete. Äuf der Nordwestseite
war der Königspalast sowie prachtvolle mit Bas- reliefs und Inschriftenfriesen versehene Hoffäle und 200 Gemäcber des Hofes
und des Harems. (S. Baby- lonien: Kultur.) Die Hauptmasse dieser Reliefs und Friese
[* 55] befindet sich jetzt im Louvre zu Paris.
Auch die Neste eines (707 v. Chr. von Sargon eingeweih- ten) Tempels sowie ein Portal mit sechs geflügelten
stieren wurden in Chortizy ausgegraben. -
Oppert, 1^68 inseriptiou" äo vour- 83.1'ka^g.u (XtiorLadÄcl)
proveuant ä68 louilisä äs N. Victor I1ae6 (ebd. 1870).
Chorschrankcn, in der kirchlichen Baukunst
[* 57] die den Chor vom Längsschiff trennenden steinernen oder hölzernen
Brüstungen oder Scheidewände (s. auch Lettner). Künstlerisch hervorragende Chortizy sind
z. B. in der Liebfrauenkirche zu Halberstadt
[* 58] (Ende des 12. Jahrh.),
spätgotische in der Marienkirche zu Lübeck.
[* 59] Chorstörer (wi-d^torEs okori), im Mittelalter in einigen Mönchsklöstern
angestellte Personen, die den Chorgesang an feierlichen Stellen durch Geschrei unterbrechen mußten. Ursprung
und Zweck dieser Einrichtung sind nicht bekannt. Chorstühle, s. Chorgestühl. Chortatzis, Georg, neugriech. Dichter aus Kreta,
lebte wahrscheinlich um 1620. Sein mund- artliches Trauerspiel «Erophile» ist das erste in neu- griech.
Sprache
[* 60] gedichtete Drama (Vened. 1637; neuer Druck in Sathas' «Kretikon
t1i62.ti0n», ebd. 1879) und war wegen des Ncicbtums an Sentenzen sehr beliebt. Es ist nach Giraldis (s. d.)
Tragödie «I/Oi-I)6ccii6» gearbeitet.
Chortizy (Chortiza, Chortiz), Insel des Dnjepr im russ. Gouvernement und Kreis Iekate- rinoslaw, 82 km unterhalb der Stadt Iekaterino-
slaw, ist 10 km lang, 3 km breit, sehr fruchtbar und Sitz einer gleichnamigen Kolonie von Mennoniten, die
Ende des 18. Jahrh, aus der Gegend von Danzig einwanderten. Die Kolonie hat (1885) 1658 E., Post, Ackerbau, 2 Maschinenfabriken,
Gießerei,
[* 61] Fär- berei, Vierbrauerei. Aus der Südspitze der InselArtikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
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forlaufend
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Ruinen eines Palastes Potemkins, dem Katharina II. die Insel schenkte. Bis 1775 war Chotusitz (^itz der be- rühmten saporogischen Sitsch.
(S. Saporoger.) Chorton oder Orgelton, die früher für die Orgeln gebräuchliche Stimmung; sie war um einen ganzen Ton höher
als der Orchester- oder Kammer- ton (s. d.). Ganz alte Orgeln
waren sogar in dem sog. Kornett ton gestimmt, der eine kleine Terz höher stand als der Kammerton. Seit dem 18. Jahrh, siel
der Unterschied weg, und jetzt baut man nur Oraeln im Kammerton, dessen Stimmung in der Hö!)e etwa die Mitte hält zwischen
dem alten Chor- und Kammerton.
Der Grund dieser verschiedenen Art lag besonders darin, daß man für die Kirche einen hellen, starktönenden
Ton erzielen wollte, während für die Kammermusik im Hause der durch die tiefere Stimmung weichere Ton beliebt war. Chorturm,
die besonders an deutschen roman. Kirchen, häusig an der Nord-und Südseite des Chors, errichteten Türme; so z. B.
die runden am Dom zu Mainz und Worms,
[* 63] die viereckigen an den Domen zu Speier,
[* 64] Bamberg,
[* 65] Naumburg. . Chorvikar, s. Domkapitel.
Chorwaten, s. Kroaten. Chorzelle, poln. poln.
Gouvernement Plozk, unweit der preuh. Grenze, an dem Flüßchen Orzec, 124 kui nordöstlich von Plozk, hat (1885) 3086 E.,
über die Hälfte Israeliten, Post, Ackerbau, regen Vieh- und Getreide- handel mit Preußen.
[* 66] In C. befindet
sich der erste Kordon der russ. Grenzwache. Chorzow, Dorf im KreisKattowitz
[* 67] des preuh. Reg.-Vez. Oppeln,
[* 68] 4 km im SO. von Beuthen,
[* 69] 6 Km
von der poln. Grenze, an den Linien Vrcslau-Ols- Sosnowice und Schwientochlowitz - Bcuthen
der Preuh.
Staatsbahnen, dicht neben Königshütte,
[* 70] hat (1890) als Gemeinde4978 (2494münnl., 2484 weibl.)
meist kath. E., Postagentur, Telegraph und in der Umgebung Eisenbergwerke und Steinkohlengruben. Nahebei der Redernberg mit
einem Denkmal (seit 1781) des Grafen Redern, des Begründers des oberschles. Steinkohlenbergbaues. Chofchen, der Brustschmuck
(Orakelsteintasche), welchen der Hohepriester nach dem Priestcrtodex tragm soll (s.
Hoherpriester). Choschot, ein Stamm der Kalmücken (s. d.). Okoso (frz.,
spr. schohs'), das Ding, die Sache; (!. ^uF66 (spr. schüscheh; lat.
r68 ^uäiea.tk), rechts- kräftig entschiedene Sache (s. Rechtskraft). Chosroes I., Name des 25. Arsaciden (s. d.); auch griech.
Schreibuna, für Khosrev I. (s. d.). Chotan, Stadt in Turkestan, s. Khotan. Chotba (Chutba), s. Chatib.
Chotöbor (czech., spr. chotjeborsch).
1) Bezirks- hauptmannfchaft in Böhmen,
[* 71] hat 539,28 ykm, (1890) 45 898 (22387 männl., 23511 weibl.) E., darunter 1722 Evangelische, 43 657 Katholiken
und 519 Israeliten; 6225 bewohnte Gebäude und 9217 Wohnparteien in 77 Gemeinden mit 140 Ort- schaften und umfaßt
die Gerichtsbezirke Chotusitz und Pri- bislau. - 2) Stadt und Sitz der Bezirkshaupt- mannschaft Chotusitz, in 519 in
Höhe, an der Linie Dcutsch- brod-Königgrätz dcrOsterr. Nordwestbahn, hat (1890) 3621 czech. E., Post, Telegraph. Bezirksgericht
(328 ykm, 51 Gemeinden, 29531 czech. E.), ein grohes Schloß (in 794 in Höhe) mit Herrschaft (17,34
qkin) und großem Park, eine Brauerei undLandwirtschaft. Die früher bedeutende Industrie (in Glas,
[* 72] Wollzeug und Leder) ist zurückgegangen.
Chotek, böhm.Adelsgeschlecht, 1556 in den Frei-. Herrenstand, 1723 in den böhm. Grafenstand und 1745 in den Reichsgrafenstand
erhoben.
- GrafI o hann Karl, ein Sohn des ersten Grafen Chotusitz, geb. widmete sich dem Kriegsdienste,
wurde aber meist zu diplomat. Sendungen und Regierungs- geschäften verwendet. Er ward 1744 Feldmarschall- lieuienant, Geheimrat
und Landesadministrator von Bayern,
[* 73] 1762 Feldzeugmeister und erhielt für seine Familie das Erbland-Thürhüteramt in Nieder-
österreich 1765. Er starb - Sein Neffe, JohannRudolf, Graf Chotusitz von Chotkowa und Wognin, geb.
ward 1770 nieder- österr.
Regierungsrat, 1776 Hofrat bei der vereinig- ten Hofkanzlei, kurze Zeit nachher deren Kanzler. Nach Leopolds II. Regierungsantritt
wurde ihm die Leitung der neuerrichteten Finanzhofstelle über- tragen. Er nahm 1793 seine Entlassung, ward aber 1802 Staatsminister
und Oberburggraf von Böhmen, in welcher Stellung er für Hebung
[* 74] der Industrie des Landes segensreich wirkte.
1805-9 war er Mitglied des Konferenzministeriums und nach dem Frieden Präses der normalen Hofkom- mission. Er starb zu
Wien.
[* 75] - Des letztern Sohn, GrafKarl von Chotusitz, geb. trat 1803 in den Staatsdienst, wurde 180!)
Gubernialrat in Brunn, 1812 Kreishauptmann zu Prerau in Mähren und dann zur Organi- sierung des nachmaligen Triester Kreisamtes
nach Trieft berufen.
Nach der Vesiegung Murats wurde er 1815 Generalgouverneur des Königreichs Neapel,
[* 76] 1816 Hofrat bei der Triester Regierung, die
er dann. bis zum Juli 1818 leitete. In diesem Jahre wurde er Vicepräsident in Tirol,
[* 77] ein Jahr später
Gouver- neur von Tirol und Vorarlberg. 1825 berief ihn der Kaiser als Hofkanzler und Präsident der Studien- Hofkommission nach
Wien, und im Herbst 1826 er- hielt er die oberste Verwaltung des Königreichs Böhmen, um das er sich die
glänzendsten Verdienste erwarb. Ende Juli 1843 legte er seine Stelle als Oberburggraf nieder. Er starb
Jetziges Haupt der Familie ist GrafRu- dolf, aeb. erbliches Mitglied des Herrenhauses des österr. Reichsrates.
Chotin.
1) Kreis im nordwestl. Winkel
[* 79] des Gou- vernements Bessarabien, mit fruchtbarer Schwarz- erde, hat 3985,3 hkm, 233 985 E., Acker-
und Obstbau. - 2) Chotusitz, poln. 01iooiui, Kreisstadt im Kreis Chotusitz, 5 km von der österr.-ungar. und 38 km von der rumän.
Grenze, an den Abhängen zweier Berge, rechts des Dnjepr, hat (1888) 20070 E., darunter die Hälfte Israeliten; 5 russ., 1 armenisch-
gregorianische, 2 kath. Kirchen, 16 Synagogen und Bethäuser; Acker-, Obstbau, wenig Handel und Grenzschmuggel.
Hier siegten 1621 und 1673 die Polen über die Türken; 1711 setzten sich die Türken in Chotusitz fest. Im KriegeRußlands mit der
Türkei
[* 80] ward es dreimal von den Russen genommen: 1739, 1769 und 1788, aber immer wieder zurückgegeben;
Die Festungswerke wurden 1856 geschleift. Chotusitz,
czech. (HowLice, Marktflecken in der österr. Bezirtshauptmannschaft und dem Gerichts- bezirk Caslau in
Böhmen, in 220in Höhe, hat (1890) 1388, als Gemeinde 1423 czech. E. und Ackerbau. - Vor den Hussitenkriegen gehörte Chotusitz der
benachbarten Cistercienscrabtei Sedletz, die von Zizka bis auf dcn Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
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Grund zerstört wurde. Im ersten Schlesiscben Kriege siegte König Friedrich II. von Preußen mit 24000 Mann bei Choulant über
die Österreicher (30000 Mann) unter dem Prinzen Karl von Loth- ringen hauptsächlich, wie bei Mollwitz, durch die Infanterie.
Die Preußen verloren 4765, die Oster- reicher 6000 Mann. Die Österreicher waren im Vorteil, bis der König
ihren linken Flügel schlug und den Siea durch Umfassung gewann. Die Folge des Sieges bei Choulant war der Friede von Vreslau. Chotzen,
czech. Okocsu, Stadt in der österr. Vezirkshauptmannschaft und dem Gerichtsbezirk hohenmauth in Böhmen, in 278 ni Höhe,
in hüge- liger Umgebung, an der StillenAdler
[* 83] und an den Linien Wien-Brunn-Prag, Choulant-Halbstadt (91 km) und
Choulant. - Leitomischl (24 km) der Österr. - Ungar.
Staatsbahn, hat (1890) 3869 czech. E., Post, Tele- graph: eine Flachsspinnerei (12000 Spindeln, über 600 Arbeiter), Metallgießerei,
Maschinenfabrik, zwei Kunstmühlen, Brauerei, Holzdrahtfabrik und Landwirtschaft. Auf der linken Seite
des Flusses das fürstl. Kinskysche Schloß (erbaut 1562) mit roman. Kapelle und ausgedehntem
Parke, durch dessen südl. Teil die Bahn geht. Ehouannerie (spr. schuan'rih), s. Chouans. Chouans (spr.
schuäng), in der ersten Fran- zösischen Revolution Bezeichnung der Royalisten in der Bretagne und auf dem rechten Ufer der
untern Loire, im Gegensatze zu den Vendeern auf dem linken.
Der Name selbst wurde wahrscheinlich von Jean Cottereau, einem der Anführer, hergenommen, der nach dem eigentümlichen Schrei,
den er auszu- stoßen pflegte, Chat-Huant (d. h. Nachtkauz, Uhu), Chouan genannt wurde. Gegen Ende 1793 bildete dieser in
den Wäldern von Pertre und Fougöres einen Insurrektionshaufen, die sog.
Chouannerie. Während die Vende'er bei Savenay 18. Dez. fast auf- gerieben wurden, entwickelte sich die Chouannerie m der Bretagne,
Normandie und Maine bis in die Nähe von Paris.
GeneralBeaufort zersprengte bei Granvilledie erste geordnete Streitmacht der Choulant unter Marquis Puisaye. Am über-
wältigte Beaufort auch in der Gegend von Lagravelle die Bande Cottereaus, der 29. Juli bei einem Ge- fecht
in der Nähe von Laval fiel. Als der Wohl- fahrtsausschuß den ganzen Westen in Belagerungs- zustand erklärte und Hoche das
Oberkommando über vier daselbst befindliche Armeekorps übertrug, ging Vuisaye nach England, um Pitt
zu wirksamerer Unterstützung und die Emigranten zur Teilnahme zu vermögen. Er gab das Kommando über die Banden einstweilen
an den kühnen Abenteurer Deso- teux, genannt Cormatin, ab. Dieser unterzeichnete zu Le Mabilais einen Vertrag mit
dem Konvent, wonach die Choulant die Waffen
[* 84] niederlegen und die Republik anerkennen sollten.
Cormatin zog in Rennes ein, wurde aber von Hoche infolge von Reibungen zwischen den Choulant und den Republikanern
verhaftet. Bei dem Wiederausbruche der Feind- seligkeiten traten unter den Choulant besonders GeorgesCadoudal und Scöpeaur als
Anführer auf, die einen neuen Geist unter die Banden brachten. Doch wurden die C'. von der Übermacht
fast aufgerieben, bis Puisaye mit Engländern und Emigranten zu Quiberon landete. Cadoudal und Puisaye wollten nun
mit ihren Banden die ganze Bretagne aufrühren; allein die zagbaften Emi- granten gaben dies nicht zu, stellten die Choulant unter
Offiziere der Emigration und zwangen sie, an der Befestigung des genommenen Forts Pentbiövre zu arbeiten.
Diese Maßregeln erbitterten die Banden,
und als sich die engl. Flotte entfernt hatte und GrafArtois sich nicht, wie er versprochen,
an die Spitze derErhebung stellte, verloren die Choulant vollends den Mut; ihre tüchtigsten Anführer, Tinteniac, Scöpeaur, Tete-Carree,
Palierne, wurden wieder- holt geschlagen und der Aufstand auf allen Punkten niedergeworfen. Noch schlimmer
wurde die Lage der Choulant, als Hoche dieVendöe unterworfen hatte und nun alle Streitkräfte auf das rechte User der Loire
ziehen konnte. Ecepeaur mußte die Waffen strecken, dann unterwarf sich Cadoudal;
Frotts floh nach Eng- land ; Vieuville,
Sörent und andere Anführer waren gefallen;
Puisaye vermochte kaum durch Flucht nach Amerika
[* 85] der Anklage
seiner Genossen zu entgehen. Die Choulant waren vernichtet. Erst als 1799 die Republikin ItalienVerluste erlitt, erhoben sie sich
plötzlich unter Cadoudal aufs neue; doch brachte der 18.Vrumaire die Erhebung zum Stillstand. Bona-
parte schickte Arune mit einer Verstärkung
[* 86] von 30000 Mann an die Loire. Die Kaufen wurden allmählich zerstreut, und die
Anführer ließen sich in die allge- meine Amnestie einschließen. 1814 und 1815 brach die Chouannerie nochmals auf beiden
Ufern der Loire aus. Die Banden waren gut bewaffnet und hatten tüchtige Führer, darunter Coislin, Andigns,
Ambru- geac, Courson und Sol de Grissoles. Die Schlacht vei Waterloo
[* 87] beendigte diesen Aufstand. -
Vgl. Kengant, 1.68 (^. (Par.
1882);
La Fregeoliere, Nun- Flätion 6t (Houg.nQ6!'i6 (ebd. 1882);
G. de Cadou- dal, ^601'368 (^donäa! 6t Ia ^0119.111161-16
(ebd. 1887);
Sylvanecte, Iroiil8 v6nä66U8 (ebd. 1887).
Ehoulant (spr. schuläng), Job. Ludw., Medi- ziner, geb. zu
Dresden,
[* 88] studierte seit 1811 erst zu Dresden, dann zu Leipzig
[* 89] Medizin und ließ sich in Altenburg
[* 90] nieder. 1821 wurde Choulant Arzt des
königl. Krankenstifts in Friedrichstadt in Dresden, wo er 1823 die erledigte Professur der theoretischen Heilkunde übernahm,
die er 1828 mit der der praktischen Heilkunde und der Direktion der therapeutischen Klinik vertauschte.
Seit 1842 Direk- tor der Akademie, erhielt er 1844 die Stelle eines Medizinalreferenten im Ministerium des Innern und starb Er
schrieb: «Anleitung zur ärztlichen Rezeptierkunst» (2. Aufl.,
Lpz. 1834s, «Anleitung zur ärztlichen Praxis»
(ebd. 1836) und vor allem das «Lehrbuch der speciellen Pathologie
und Therapie des Menschen» (ebd. 1831; 5. Aufl., bearbeitet von Richter, ebd. 1852-53). Besonders verdient machte er sich um
die Geschichte der Medizin durch die Werke: «Tafeln zur Geschichte der Medizin» (Lpz. 1822),
«Handbuch der Vücherkunde für
ältere Medizin» (2. Aufl., ebd. 1841),
«Lid1iotli6ca m6 bistoriog.» (ebd. 1842),
«Geschichte und Bibliographie
der anatom. Abbildung» (ebd. 1852),
«Die Anfänge wissenschaftlicher Naturgeschichte» (Dresd. 1856), «Graphische
[* 91] Inkunabeln
für Naturgeschichte und Medizin» (Lpz. 1858). Auch besorgte Choulant eine neue Ausgabe der"0p6i-a" des VenvenutoCellini(3Bde., ebd.
1833-35). Ehoulant (spr. schuläng), Theod., Baumeister und Maler. Sohn des vorigen, geb. zu
Dresden, besuchte das Polytechnikum und später die Akademie zu Dresden, wo er sich besonders unter Semper in der Architektur
ausbildete. Angeregt durch wiederholte Reisen nach Italien, malte er viele Aquarelle, in denen er namentlich Ansichten von Venedig
[* 92] darzustellen liebt; das Ölbild: Ansicbt der Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.
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