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1) der Grundsteuer, welche teils in Silber, teils als Reistribut nach Peking [* 2] gelangt, 2) dem Salzmonopol, 3) den Zolleinnahmen und zwar den unter einheimische Verwaltung gestellten für den Binnen- und den seit 1860 unter ausländische Verwaltung gestellten für den Außenhandel, 4) dem Li-kin, einer 1853 zuerst eingeführten und später verallgemeinerten Abgabe auf Waren, welche in Transit nach dem Innern gehen, und 5) verschiedenen kleinen von den Ortsbehörden eingehobenen Taxen und Licenzgebühren, deren Ertrag jedoch unbedeutend ist. Das Budget (in Taels zu 4,9 M.) zeigt folgendes Bild:
Einnahmen.
Grundsteuer, in Silber | 24 Mill. Taels |
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Grundsteuer, als Reistribut | 7 " " |
Salzmonopol | 9,5 " " |
Zollcinnahmen (einheim. Adm.) | 5 " " |
Zolleinnahmen (internat. Adm.) | 20 " " |
Li-kin | 9,5 " " |
Kaiserl. Hof | 12 Mill. Taels |
---|---|
Gehalte der Militär- und Civilbeamten | 8 " " |
Heer | 46 " " |
Marine | 13 " " |
Öffentliche Bauten | 4 " " |
Diverse | 4 " " |
Das Deficit von 12 Mill. Taels muß durch Kontributionen von den Provinzen gedeckt werden; doch hat die Regierung seit 1874 auch Staatsanleihen im Gesamtbetrage von über 7 Mill. Taels gemacht. Von den in den letzten Jahren gemachten Anleihen soll die in Hongkong erhobene für die Eisenbahn von Tien-tsin nach Tung-tschou bestimmt gewesen sein (Jan. 1888). Auch der frühere Oberstatthalter von Kwang-tung und Kwang-si, Tschang, hatte bei einer deutschen Gesellschaft eine solche gemacht. Die kaiserl. Regierung schloß im Jan. 1887 mit deutschen Banken eine Anleihe ab. Von der im Jan. 1890 in Shang-hai eröffneten deutsch-asiat. Bank wird eine Beteiligung am Eisenbahnbau [* 3] erhofft.
Justizwesen. Die öffentliche Rechtsprechung ist in den untern Instanzen mit der Verwaltung verbunden. Das Institut der Advokaten ist unbekannt, die Richter erhalten eine feste Besoldung und sind nicht auf Sporteln hingewiesen, sodaß die Rechtspflege, etwaige Mißbräuche abgerechnet, bis auf die Kosten der schriftlichen Aufsetzung der Klage, die aber auch außerhalb des Gerichtshofes geschehen kann, unentgeltlich geschieht. Doch sind Beschwerden wegen Erpressungen häufig.
Gerichtshöfe niedrigsten Ranges, unsern Friedensgerichten entsprechend und oft nur aus einer Person bestehend, finden sich selbst in kleinern Ortschaften und der Ortsvorsteher ist zugleich der Richter. In allen Rechtssachen ist die Berufung auf höhere Instanzen zulässig, wer aber nur aus Prozeßsucht diesen Weg mit ungerechten, augenscheinlich nicht zu gewinnenden Sachen verfolgt, wird bestraft. Mit Bezug auf Kriminalfälle, namentlich wo es sich um Todesurteile handelt, verfährt die chines. Justiz mit größter Vorsicht, und die Sache geht, bevor das Endurteil gefällt wird, durch fünf bis sechs einander übergeordnete Gerichte.
Wegen etwaiger Ausnahmefälle in unruhigen Zeiten muß nach Peking berichtet werden. Die erste Instanz bilden die Kreisrichter (tschi-hien), die zweite die Bezirksverwalter (tschi-fu), die dritte der dem Statthalter der Provinz beigegebene An-tscha-schi, die vierte die S. 199 a genannte Behörde des Hing-pu und der Tu-tscha-jüēn (s. S. 199 b), welche früher mit einer dritten Ta-li-sse genannten Behörde die Schen-fa-sse oder drei Gerichtsbehörden bildeten.
Mit Ausnahme der nicht für Aufschub geeigneten Fälle werden alle von den verschiedenen Gerichtshöfen ausgesprochenen Todesurteile nur einmal im Jahre, an einem vom Kaiser hierzu bestimmten Tage, im ganzen Reiche zugleich vollzogen. Bevor die Urteile dem Kaiser zur Unterzeichnung vorgelegt werden, gelangen sie noch einmal zur Revision an ein höchstes aus neun Mitgliedern bestehendes Tribunal, nämlich aus je einem Mitgliede des Justizministeriums und der fünf übrigen Ressortministerien, des Hofs der kaiserl. Censoren, des Hohen Kassationshofs und des Hofs der Referendare bei dem Geheimrat.
Alle Gerichtsverhandlungen werden schriftlich niedergelegt. Das jetzt geltende Strafgesetzbuch Ta-tsing-lü-li (Gesetze des Mandschu-Herrscherhauses), 1810 von G. Th. Staunton aus dem Chinesischen in das Englische [* 4] und 1812 von F. Renouard de Sainte-Croix aus dem Englischen in das Französische übertragen, ist allgemein verbreitet. Dasselbe enthält in 436 Titeln nicht nur alle eigentlichen Strafgesetze, sondern auch zahlreiche polizeiliche und andere sich auf das häusliche und Familienleben, die genaue Inachtnahme der althergebrachten Sitten und Gebräuche, die im Umgänge mit andern zu beobachtende Etikette und ähnliche Verhältnisse beziehende Bestimmungen. Ein besonderes bürgerliches Gesetzbuch besteht nicht.
Kulturzustand. Die hoch entwickelte Civilisation der Chinesen ist nicht nur uralt, sondern auch von der aller übrigen Kulturvölker durchaus abweichend, und diese Eigentümlichkeit hat sich durch vier Jahrtausende zu bewahren gewußt, ohne deshalb in der Gegenwart nicht mehr lebenskräftig zu erscheinen. Diese Civilisation, die sich im Laufe der Zeit über einen großen Teil von Asien [* 5] ausbreitete, ist eine durchaus einheimische, von den Chinesen ohne irgend eine Übertragung oder Beihilfe von einem andern Volke selbst erzeugte.
Erfindungen. Nach manchen chines. Schriftstellern fällt der Ursprung der chines. Schrift in das Zeitalter des sagenhaften Fu-hi um 2850 v. Chr. Nach dem ältesten chines. Geschichtswerke, dem Schu-king, war etwa 2000 v. Chr. eine Schrift vorhanden. Es ist eine alte Überlieferung, daß in China [* 6] die erste Gedankenvermittelung in die Ferne, ähnlich wie in Peru, [* 7] durch Knotenschnüre geschah. Daß die chines. Schriftzeichen, welche aus einer Verbindung von Bilder- und Lautzeichen bestehen, ägypt. Ursprungs seien, ist ohne Grund vermutet worden. Bis zur Einführung des Seidenpapiers bediente man sich dünner Bambusbretter zum Schreiben. Man nimmt an, daß man zuerst die Schriftzeichen einritzte, und die Erfindung des Pinsels wird gewöhnlich dem Möng-tien (246-205 v. Chr.) zugeschrieben. Das Schi-ki (91 v. Chr.) ist bereits in «Rollen» [* 8] (küan) geteilt und die Geschichte der ältern Han bedient
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sich in Beziehung ans ein 126 v. Chr. hinterlassenes Schriftstück desselben Ausdrucks. 105 n. Chr. war die Erfindung des Tsai-lun schon bekannt, vermöge deren Papier aus Baumrinde und Lumpen verfertigt wurde. Diese wichtige Erfindung wurde im 6. Jahrh. ergänzt durch die Erfindung der Buchdruckerkunst. Erhalten sind noch Holzdruckausgaben der Geschichte der spätern Han von 1167 und 1242. Ein im 11. Jahrh. versuchtes Verfahren mit beweglichen Schriften erwies sich als unbrauchbar; ausgedehnterer Gebrauch von solchen wurde erst in neuerer Zeit durch europ. Einfluß gemacht. - Die Seidenzucht war nach dem Schu-king schon zur Zeit des Jü bekannt. - Über die Anwendung der Magnetnadel, die schon im 12. Jahrh. v. Chr. bekannt gewesen sein soll, finden sich 121 n. Chr. genauere Angaben.
Die Erfindung des Schießpulvers durch die Chinesen ist eine offene Streitfrage. Jedenfalls scheinen sie eine Art Griechisches Feuer schon früh gekannt zu haben. Der Gebrauch desselben zu Geschützen, welcher zur Zeit der Eroberung durch die Mongolen stattgefunden zu haben scheint, wurde bei diesen durch den Uiguren Ali-jaja eingeführt, stammt also von den Arabern. Im 17. Jahrh. besorgten die Jesuiten die Herstellung von Geschützen. Die Chinesen verfertigten bereits vor mehr als drei Jahrtausenden eherne und bronzene Gefäße, namentlich künstlich gravierte und ciselierte Vasen, [* 10] von denen eine Anzahl, deren Schönheit mit der griechischer und etruskischer wetteifern kann, noch jetzt im kaiserl. Museum zu Peking aufbewahrt wird; sie wissen die verschiedenartigsten Gegenstände von Holz, [* 11] Leder u. s. w. mit reichen Vergoldungen und den schönsten, dauerhaftesten Lackfarben zu überziehen und die künstlichsten Schnitzwerke aus Elfenbein, Holz und Speckstein darzustellen; aber bis jetzt ist selten ein Kunstwerk von höherer Auffassung aus ihren Händen hervorgegangen. Über die Verfertigung des chines. Porzellans sowie über die Kunst der Chinesen s. Chinesische Kunst. - Man nimmt an, daß es zur Zeit der Tschou schon gemünztes Geld gab. Die alten Nachahmungen von Kleidungsstücken (pu) und Messern (tao) weichen schon zur Zeit der Han den runden Kupfer- oder Messingstücken mit dem Loche in der Mitte zum Aufreihen, wie sie etwa noch heute sind, tragen aber erst seit dem 4. Jahrh. Zeitangaben auf der Vorderseite. Gold [* 12] und Silber wurden nur ganz ausnahmsweise geprägt, Papiergeld gab es schon seit der Zeit der Sungdynastie. - Von den in China üblichen Spielen sind zu erwähnen: das Fingerspiel (die Morra der Italiener von altröm. Ursprung bei letztern), das Schachspiel (ursprünglich indisch, hier in besonderer Gestalt), das Kartenspiel (vielleicht chines. Ursprungs), das Wei-ki (bei uns unter dem japan. Namen Go [* 13] bekannt).
Die Zeitrechnung ist, obschon im Schu-king von einem Jahre von 366 Tagen die Rede ist, erst in der Zeit des Geschichtschreibers Sse-ma-tsien (um 104 v. Chr.) eine einigermaßen sichere, auf der Bekanntschaft mit den Völkern des Westens beruhende. (Vgl. Chalmers, Astronomy of the ancient Chinese, in Legges «Chinese Classics», Lond. 1861). Das Jahr beginnt mit dem ersten Neumond nach Eintritt der Sonne [* 14] in das Zeichen des Wassermanns, hat 354 oder 355 Tage und zerfällt in 12 stets mit dem Tage des Neumondes anfangende Monate von 29 bis 30 Tagen.
Infolge hiervon wird alle 2-3 Jahre ein überschüssiger Monat erhalten, in welchem die Sonne in kein neues Zeichen des Tierkreises tritt. Dieser Monat wird der Schaltmonat und erhält den Namen des vorhergehenden mit dem Zusätze Zhun. Das Schaltjahr enthält also 383 oder 384 Tage. Der Jupiter, dessen Umlaufszeit man schon früh beobachtete, heißt der Jahresstern. Der Tag zerfällt in 12 Stunden (aber erst zur Zeit der Han nach Chalmers); ihre Namen jedoch finden sich schon im Schu-king zusammen mit einer Reihe von 10 Zahlen, die früher schon für Tage gebraucht waren, zu einem Kreise [* 15] von 60 Tagen verbunden (1 tze, 2 tschou. 3 jin, 4 mao, 5 schön, 6 sse, 7 wu, 8 wei, 9 tschou, 10 ju, 11 sü, 12 hai mit 1 kia, 2 ji, 3 ping, 4 ting, 5 mou, 6 ki, 7 köng, 8 sin, 9 shön, 10 kwei verbunden zu 1 kia-tze, 2 ji-tschou bis 60 kwei-hai).
Die Anwendung eines Kreises von 60 Jahren findet sich mit augenscheinlich ausländischen Namen erst bei Sse-ma-tsien (s. oben). Jene früher für Tage gebrauchten Namen finden sich zwar in den Bambusbüchern vor, welche 297 n. Chr. im Grabe des Königs Siang von Wei (gest. 295 v. Chr.) gefunden sein sollen und mit Hwang-ti beginnen; aber auch da ist ihr erstes Vorkommen in diesem Sinne erst unter Jao zu finden, wie man glaubt, durch spätere Einschiebung. Jetzt ist diese ihre Verwendung allgemein. Das Jahr 1882 christl. Zeitrechnung war das 19. des 77. chines. Cyklus. In ganz alter Zeit bedienten sich die Chinesen auch noch eines durch Ausgleichung des Mond- mit dem Sonnenjahre gebildeten 19jährigen Cyklus. Der Monat wird teils halbiert, teils in Dekaden eingeteilt. Der Tag zerfällt in 12 Doppelstunden, chines. Schi, welche von 11 Uhr [* 16] abends gezählt werden.
Vgl. Ideler, Über die Zeitrechnung der Chinesen (Berl. 1839) und Biot, Études sur l'astronomie indienne et chinoise (Par. 1862).
Bei ihren Rechnungen, selbst den kompliziertesten, bedienen sich die Chinesen des bei allen mongol. Völkern und teilweise selbst bei den Russen gebräuchlichen Rechenbretts, chines. Swan-phan.
Stände. Die Jahrtausende alte Einteilung des Volks in die vier Abteilungen (sse-min) der Schi oder Beamten, Nung Landwirte, Kung Werkleute und Schang Handelsleute hat nie die Bedeutung der ind. Kasten gehabt. Indes sind die Kwan-shön der Beamten sowie diejenigen, welche durch die Prüfungen zu einer der oben genannten Würden gelangt sind, vor der Prügelstrafe geschützt, die auch an Mandschu nur durch die Peitsche statt des üblichen Bambus vollzogen werden darf. Die Gelehrten- und Beamtenlaufbahn steht dem ganzen Volke offen, nur daß z. B. Söhne von Schauspielern und Diener von Beamten ausgeschlossen sind. - Den Namen Wang, welcher einst die Herrscher C.s bezeichnete, führen außer mongol. Fürsten nur die nächsten Verwandten des Kaiserhauses und zwar sind im allgemeinen Tsin-wang die Söhne von Kaisern, Sün-wang die Söhne der vorigen, Belle die Söhne von Sün-wang; dann folgen Betze, vier verschiedene Arten von Kung und vier Arten Tsiang-kün (Oberbefehlshaber). Die Nachkommen des ersten Mandschu-Kaisers tragen einen gelben Gürtel, [* 17] die übrigen Verwandten einen roten als einzige Auszeichnung, die noch dem zwölften der oben namhaft gemachten Glieder [* 18] bleibt. - Von den Namen der alten Lehnsmannen der Tschou, deren Macht Tsin-schi-Hwang-ti gebrochen hatte, nämlich Kung, Hou, Po, Tze, Nan (mit den engl. Namen Duke, Marquis, Earl, Viscount und Baron verglichen), ist seit der Zeit der Han wieder Gebrauch
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gemacht worden und auch das jetzige Herrscherhaus hat sie beibehalten (mit je drei Abstufungen). Hierzu kommen noch vier andere Adelsnamen. Der Adel wird teilweise erblich verliehen, ist aber an keinen Grundbesitz geknüpft. Der einzige Kung, von welchem wir sichere Nachrichten haben, ist heutzutage der in Schan-tung ansässige Nachkomme des Kung-tze (Confucius). Schon unter Han-phing-ti im J. 1 n. Chr. war Kung-tze nachträglich zum Kung ernannt und diese Würde ist dann für die ältesten Söhne des Hauses erblich geworden. Nach Edkins beträgt der Grundbesitz mindestens 70-80000 Morgen. Doch sollen der Nachkommen des Kung-tze zwischen 20 und 30000 sein, von denen viele arme Leute sind. Bis auf gewisse äußerliche Ehrenbezeigungen und etwa die oben bezeichneten Vorrechte, welche für das kaiserl. Haus und die Beamten gelten, sind keine weitern mit dem Adel verbunden.
Alle Verhältnisse des socialen und staatlichen Lebens bewegen sich noch gegenwärtig in den starren, unveränderlichen Formen, welche vielleicht Jahrtausende v. Chr. festgesetzt wurden. Diesem Formzwange ist jeder Chinese von seiner Geburt bis zu seinem Tode unterworfen. Für die Aufrechthaltung und pünktliche Inachtnahme des von den ältesten Vorfahren überkommenen Ceremoniells bei allen Ereignissen des privaten und öffentlichen Lebens sorgt das Ministerium des Ritus in Peking.
Die Feststellung der Ehe als Staatsinstitut soll schon von Fu-hi, dem ersten Herrscher der halb-mythischen Periode, herrühren und ihm werden mehrere noch jetzt bestehende Gesetzesbestimmungen, wie die, daß kein Mann eine Frau gleichen Familiennamens heiraten darf, zugeschrieben. (Nach den ursprünglichen «100 Sippennamen» Po-sing wird das Volk Po-sing genannt. Auf den Sippennamen sing folgt, wie in Ungarn [* 20] und Japan, der besondere Name Ming, oder der Rufname Hao.) Die Ehe trägt einen ernsten, strengen Charakter; die Frau ist ihrem Manne zu Unterwürfigkeit, Treue und Gehorsam verpflichtet, aber keineswegs als rechtlose Sklavin desselben, sondern in gesicherter und gesetzlich festgestellter Stellung.
Die Kinder beweisen ihren Müttern dieselbe Liebe, Verehrung und denselben Gehorsam wie ihren Vätern. Bleibt die Frau während einer Reihe von Jahren unfruchtbar, so darf der Mann eine oder mehrere Nebenfrauen nehmen, die aber der eigentlichen Frau untergeordnet sind. Die Zahl der Nebenfrauen des Kaisers war häufig eine sehr große. Die Nebenfrau ersten Ranges (Kwei-fe) wird durch die Geburt eines Thronfolgers zur zweiten Kaiserin (Hwang-ho), weitere Rangstufen sind die der Fe und Pin. Zu ihrer Bedienung und Bewachung werden in der Haushaltung des Kaisers, aber ausschließlich nur dort, Eunuchen verwandt, welche zuerst in der Zeit der Tschou in Gebrauch kamen, seitdem fortwährend, nur ab und zu zeitweilig unterdrückt, eine sehr wichtige und einflußreiche Rolle gespielt haben und selbst bei Staatsumwälzungen thätig gewesen sind.
Der zuerst 934 n. Chr. aufgekommene Gebrauch, die Füße der Kinder weiblichen Geschlechts durch feste Einwicklungen am Wachstum zu verhindern, fällt bei denjenigen, die gezwungen sind, ihrem Erwerb nachzugehen, fort. Die Mandschu, Mongolen und Tataren haben diesen Gebrauch niemals angenommen, dagegen den Gebrauch der Zöpfe eingeführt. Das Töten und Aussetzen von Kindern weiblichen Geschlechts soll besonders in den großen Seestädten des Südens öfter vorkommen, wenn die Eltern zu arm sind, um eine größere Anzahl Kinder zu ernähren.
Religion. Die älteste und ursprüngliche Religion bestand in einem Naturkultus, in welchem der Himmel, [* 21] chines. Thien, als Sitz der Gottheit, mit letzterer identifiziert wurde und die Himmelskörper, die Elemente sowie alle heil- oder verderbenstiftenden Naturkräfte Gegenstände der Anbetung bildeten. Dieser Naturkultus, zu dem, außer den Chinesen, sich auch alle übrigen Völker des mittlern und östl. Asien bekannten, bis sie zum Buddhismus oder zum Islam übertraten, wurde nach der Überlieferung zuerst von dem halbmythischen Fu-hi zur Reichsreligion erhoben und in bestimmte Formen gebracht, welche sich großenteils bis in die Gegenwart erhalten haben.
Der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele und an ein Leben nach dem Tode fand in dieser ältesten Religion der Chinesen wenig Raum, wogegen aber schon frühzeitig die göttliche Verehrung und Anbetung der Seelen der Vorfahren und anderer um den Staat und das Gemeinwohl verdienstlicher Personen hinzutraten. Mit dem ausschließlichen Rechte, seine Ahnen zu verehren, verband sich bei den Kaisern dasjenige, den von ihnen anerkannten frühern Herrschern überhaupt an ihren Gräbern Opfer darzubringen, als Zeichen ihrer göttlichen Sendung; hierbei aber wurde ein himmlischer Urahn Schang-ti als «oberster Herrscher» angenommen, dessen Verehrung sich mit der des Himmels vermischte.
Der oftmalige Wechsel der Herrscherhäuser läßt jedoch nicht zu, den Namen der Kaiser «Thien-tze» (Sohn des Himmels) so wörtlich zu nehmen, wie es bei den Ten-o (Thien-wang, «Himmelskönigen») Japans der Fall ist. Himmel und Erde wurden nicht bildlich dargestellt, wohl aber die Götter der Berge, der Donnergott u. s. w. Die Stadtgötter stellen um das Gemeinwohl verdiente Menschen vor, die von den Kaisern dazu ernannt werden, wie es den letztern auch zusteht, widerwillige Gottheiten, wie z. B. von Flüssen, zu strafen. Uralt ist die Verehrung der Berge, namentlich die der ebengenannten fünf. - Neben diesem alten Glauben entstanden im 6. Jahrh. v. Chr. fast gleichzeitig: die Lehre [* 22] vom Tao, deren vielfach mißverstandener Stifter unter dem Beinamen Lao-tze (s. d.) von seinen vorgeblichen Anhängern vergöttert worden ist, und die Moralphilosophie des Kung-tze, in europäisierter Form Confucius (s. d.). Der Buddhismus (s. d.), 61 n. Chr. unter der Regierung des Kaisers Ming-ti zuerst eingeführt, verbreitere sich bald, besonders unter den niedern Volksklassen, wurde aber, anstatt auf die Denkweise des Volks einzuwirken, durch das specifisch chines. Element selbst umgestaltet.
Das Christentum gelangte zuerst in der ersten Hälfte des 7. Jahrh. durch die Nestorianer nach China, wie die berühmte Inschrift von Si-ngan-fu in chines. und syr. Sprache [* 23] bezeugt. Jahrhundertelang war diese Lehre in China verbreitet worden. Noch die ersten abendländ. Glaubensboten, welche während der Mongolenherrschaft erst das innere Asien, dann China besuchten, hatten nestorianische Gemeinden angetroffen. 1307 ernannte Papst Clemens V. einen Erzbischof für die christl. Gemeinde in Peking, die aber nur bis 1369 bestand. Die neue Verbreitung des Christentums in China beginnt erst im 16. Jahrh., nachdem die Portugiesen den Seeweg nach Indien um das Vorgebirge der Guten Hoffnung aufgefunden hatten und 1516 nach China ge-
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kommen waren. 1552 kam der berühmte Jesuit Franciscus Xaverius nach China, starb aber bald danach, ohne selbst den ersten Grund zu der christl. Mission gelegt zu haben. Ihm folgten 1579 M. Ruggiero und bald nachher M. Ricci, ebenfalls der Gesellschaft Jesu angehörend, als eigentliche Gründer des röm.-kath. Christentums in China, sowie bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrh. viele andere Jesuiten, unter ihnen viele durch Gelehrsamkeit ausgezeichnete Männer, die durch zahlreiche Schriften Land und Volk, Sprache und Litteratur der Chinesen in Europa [* 25] zuerst näher bekannt machten.
Die große Klugheit in ihrem Auftreten, die Gewandtheit, mit der sie den christl. Begriff von Gott der Anschauung der Chinesen von der Gottheit anzupassen verstanden, ihre Duldsamkeit gegen altherkömmliche Gebräuche, z. B. gegen die göttliche Verehrung der Vorfahren und des Confucius, die Pracht des in seiner äußern Form dem Buddhismus ähnlichen röm.-kath. Kultus verschafften dem Christentum zunehmende Verbreitung unter dem Volke, während eine Anzahl Missionare sich in Peking und selbst an dem Hofe des Kaisers durch ihr mathem. und astron.
Wissen, ihre Kenntnisse in der Mechanik und, wie z. B. Vater Schall [* 26] aus Köln, [* 27] durch Geschicklichkeit in der Stückgießerei großes Ansehen erlangten. Diese Erfolge der Jesuiten erregten die Eifersucht anderer geistlicher Orden, [* 28] namentlich der Franziskaner und Dominikaner. Sie traten bei Papst Clemens XI. als Kläger gegen die Jesuiten auf, und dieser sandte den Legaten Tournon nach um die Handlungsweise der Jesuiten zu untersuchen, den chines. Christen aber alle Teilnahme an den einheimischen, altherkömmlichen Ceremonien zu untersagen.
Der Kaiser Schöng-tsu nahm sich der Jesuiten an und verbannte alle andern Missionare sowie auch Tournon. Die Sendung eines zweiten Legaten, des Patriarchen Mezzabarba, 1720 war ebenfalls erfolglos. Jung-tschöng, der Nachfolger von Schöng-tsu erklärte sich gegen das Missionswesen überhaupt, und von nun an trat eine fast ununterbrochene Verfolgung des Christentums ein. Fast vollständig vernichtet ward die kath. Mission, als 1805 eine Karte der Provinz Schan-tung, die man zur Schlichtung eines bischöfl.
Streites nach Rom [* 29] schicken wollte, von den chines. Behörden mit Beschlag belegt wurde. 1814 wurde der Bischof Dufresne enthauptet. Nachteilig auf das Missionswesen, das aller Verfolgungen ungeachtet im geheimen fortbestand, wirkte auch der erste Krieg der Engländer (1840-42) ein, bis durch die Verträge von Tien-tsin vom 26. und sowie die nachträgliche Konvention zu Peking vom 24. und den Angehörigen christl. Glaubensgenossenschaften Sicherheit der Person und des Eigentums sowie freie Ausübung ihrer Religion, den in das Innere reisenden Missionaren, wenn sie mit Pässen versehen, wirksamer Schutz zugesichert wurde; auch sollte der Übertritt und die Ausübung der christl. Religion erlaubt und straflos sein.
Ungeachtet dieser Bestimmungen gab der Haß der Bevölkerung [* 30] gegen die Europäer und die Erbitterung der Gelehrten, besonders der Verehrer von Confucius, gegen die Missionare auch noch später Veranlassung zu blutigen Auftritten. 1870 wurden franz. Missionare und chines. Christen zu Tu-sang in der Provinz Sze-tschwan und 21. Juni desselben Jahres zu Tien-tsin 28 europ. und 40 chines. Katholiken ermordet. Die Schätzung der Gesamtzahl der kath. Chinesen schwankt zwischen einer halbe und zwei Millionen.
Christl. Gemeinden bestehen in den Provinzen Sze-tschwan, Kiang-nan und Fu-kien. Ende der sechziger Jahre gab es apostolische Vikare in den Provinzen Fu-kien, Schan-tung, Jün-nan, Kwei-tschou, drei in Sze-tschwan, drei in Pe-tschi-li, je einen in Kiang-nan, Ho-nan, Kiang-si, Tsche-kiang, Hu-nan, Hu-pe, Schen-si, Schan-si und einen apostolischen Präfekten für Kwang-tung, Kwang-si und Haí-nan. In Fu-kien sind span. Dominikaner, in Schan-tung ital. Franziskaner, dergleichen in Hu-nan, Hu-pe, Schen-si und Schan-si, in Jün-nan, Kwei-tschou, Sze-tschwan, Kwang-tung und Kwang-si Mitglieder der franz. Mission (Congrégation des Missions étrangères), in Kiang-nan und einem Teile von Pe-tschi-li Jesuiten, in Pe-tschi-li und Ho-nan Lazaristen.
Damals zählte man mit Hongkong 158 europ., 169 einheimische Priester, 325000 Gemeindeglieder und 15 Seminare. Nach einer neuern Angabe sollen unter 41 Bischöfen 664 europ. und 559 eingeborene Priester stehen (1881). Ungleich jünger ist die evangelische Mission in China, die erst zu Anfang des 19. Jahrh. mit der Übersetzung der Heiligen Schrift begann, aber erst nach dem Frieden von Nan-king festen Fuß fassen konnte. Außer verschiedenen englischen und amerikanischen sind auch deutsche Gesellschaften daran beteiligt, und zwar letztere auch an der Bekehrung der Miao-tze. Können sich die prot. Missionen auch in der Anzahl der Bekehrten nicht mit den katholischen messen, so haben sie doch durch Verbreitung von Bildung im allgemeinen, durch Ärzte und Krankenhäuser und durch Beförderung unserer Kenntnis von Land, Sprache und Bevölkerung desto mehr gewirkt.
Der Islam verbreitete sich schon früh in China. Wenn auch die Sage, daß ein altes Grab in Kanton [* 31] dasjenige eines Oheims Mohammeds sei, wohl auf Verwechselung beruht, so berichtet doch die chines. Geschichte über eine Plünderung Kantons durch Araber und Perser 758, und die arab. Berichte der Reisenden Suleiman und Ibn Wahb aus dem 9. Jahrh. lassen auf die Anwesenheit von Mohammedanern in großer Menge schließen. Mitte des 14. Jahrh. wurde die Kantoner Moschee umgebaut; der stehengebliebene Turm [* 32] soll Mitte des 7. Jahrh. vorhanden gewesen sein. Mohammed. Gemeinden giebt es auch in Ning-po, Shang-hai, Nan-king, Kai-föng, Peking, namentlich aber in Schen-si, Kan-su und Jün-nan, sodaß man vor dem großen Aufstande der sechziger Jahre wohl 3-4 Mill. annehmen konnte. - Von Juden in China im 9. Jahrh. reden die oben genannten arab. Berichte. W. Martin sah auf seiner Reise durch Kai-föng 1866 ein Denkmal mit der Zeitbestimmung Lung-hing (1163-65), welches die Erbauung eines jüd. Tempels berichtet. Die noch vorhandenen Nachkommen der alten jüd. Gemeinde konnten ihre Gesetzrollen nicht mehr lesen. Ihr letzter Rabbiner war 30-40 Jahre zuvor gestorben. Die ersten Juden sollen schon zur Zeit der Han eingewandert sein.
Unterrichtswesen. In jeder Provinz ist ein von dem Gouverneur derselben unabhängiger Generalstudiendirektor angestellt, unter dessen Ressort alle Lehranstalten der betreffenden Provinz mit ihrem Lehrer- und Schülerpersonal gehören. Dieser Lehranstalten hat jede Bezirks- oder Kreisstadt mindestens eine. Außer den Staatsschulen befinden sich allenthalben, selbst in kleinsten Flecken und Dörfern, entweder von der Gemeinde unterhaltene Volksschulen,
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oder es wird durch Privatlehrer Elementarunterricht erteilt. Es giebt kaum ein anderes Land, wo besser als in China für den ersten Unterricht der Kinder, selbst der aus den ärmsten und niedrigsten Familien gesorgt wäre. Daher kommt es auch, daß die Prozentzahl derer, die etwas lesen, schreiben und rechnen können, daselbst groß ist; doch ist die gewaltige Anzahl der Schriftzeichen ein Hindernis und es giebt schwerlich einen, der sie alle innehat. Über das Altherkömmliche hinaus erstreckt sich der Unterricht kaum.
Nach dem Elementarunterricht gehen diejenigen, welche nach einer höhern Geistesbildung und durch diese bedingten spätern Anstellung im Staatsdienst streben, in die allen, ohne Unterschied des Ranges und Reichtums, zugänglichen öffentlichen Lehranstalten über, indem sie sich zu den Prüfungen melden, von denen die erste in der Hauptstadt des Kreises (hien), die zweite in der des Bezirkes (fu), die dritte in der der Provinz stattfindet. Durch letztere wird die Stufe des Siu-tsai (glänzend an Geistesgaben) erreicht und die Befähigung zum Staatsdienst dargethan; Anspruch auf Anstellung wird durch Bestehung der zweiten Prüfung am selben Orte oder in Peking in der Stufe eines Siü-schên (Hervorgehobenen) erworben.
Eine höhere Würde erreicht man durch eine dritte Hauptprüfung in Peking als Tsin-schi oder vorgerückter Gelehrter. Diese letzten beiden Prüfungen finden nur alle 3 Jahre einmal statt. Enthalten die Prüfungshöfe in den Provinzen mehrere tausend schmale Hütten, [* 34] in denen die Prüflinge einige Tage und Nächte eingesperrt leben müssen, so ist das mit der höchsten Stufe des Han-lin (Pinselwald) anders, da die betreffende Prüfung in der kaiserl. Hofburg stattfindet. Obwohl die Inhaber dieser Würde teilweise im Han-lin-jüen (der Akademie, s. S. 199 b) Verwendung finden, so sind sie doch auch anderweit in hohen Ämtern anzutreffen.
Zeitungswesen. In keinem civilisierten Lande der Welt ist das einheimische Zeitungswesen so dürftig wie in China. Das ungeheure Reich hat nur 16 chines. Zeitungen bez. Zeitschriften, von denen 5 in Shang-hai, 5 in Hongkong, 2 in Singapur [* 35] und je 1 in Tien-tsin, Amoy, Kanton und Peking erscheinen. Die Ursache des geringen Zeitungsbedürfnisses des Chinesen liegt in dessen Gleichgültigkeit gegen dasjenige, was sich innerhalb und außerhalb der Grenzen [* 36] seines Reichs ereignet, und in der Armut eines großen Teils des Volks.
Als die älteste Zeitung, nicht nur C.s, sondern der gan1zen Welt, gilt «King-Pau» (Hauptstadt-Zeitung) in Peking. Sie ist nur eine täglich in geschriebener und gedruckter Form erscheinende Sammlung der amtlichen Bekanntmachungen, die an einem Thore des kaiserl. Palastes angeschlagen werden. Ferner erscheinen in den kleinen Tagesheften diejenigen Berichte der Beamten der Hauptstadt und der Provinz, welche die Regierung in der Staatskanzlei zur Mitteilung an die Beamten- und Litteratenwelt täglich auslegt. Um die Verbreitung über das ganze Reich hinzu ermöglichen, ist es Privatunternehmern gestattet, Abschriften zu nehmen, welche dann in der angegebenen Form im Buchhandel erscheinen.
Die geschriebene Zeitung ist gewöhnlich die vollständigere und zuverlässigere und daher teuer. Diese Verbreitungsweise der Amtsnachrichten besteht seit etwa tausend Jahren. Die älteste Zeitung nach europ. Art ist «Shön-Pau» oder «Shen-Pau» (die Shang-hai-Zeitung),
das gediegenste und gelesenste (monatliche Auflage 350000) Blatt [* 37] C.s; es wurde 1870 von dem engl. Kaufmann Ernst Major gegründet. Daneben wird die seit 1881 erscheinende «Hu-Pau» (Shang-hai-Zeitung) viel (Auflage 60000) gelesen. Sie ist Eigentum der «North China Daily News» (Shang-hai),
besitzt auch mehrere illustrierte Zeitschriften, so die von Chinesen seit 1887 herausgegebene «Tien-Shi-Tschai-Hwa-Pau» (Auslage 20000 monatlich); ferner befassen sich die in Shang-hai ansässigen Missionare mit der Ausgabe illustrierter Blätter, zumeist für jugendliche Leser. In Sü-sia-we (unweit Shang-hai) erscheint seit 1879 «Ji-Wen-Luh» (Der Verbesserer der Litteratur). Das Blatt gehört den Mitgliedern der Gesellschaft Jesu in Sü-sia-we und wird in deren Buchdruckerei hergestellt (Auflage 15000 monatlich). In Tien-tsin erscheint noch «Shih-Pau» (Die Zeit). Es ist Eigentum eines Konsortiums engl. Kaufleute und dient der Förderung der engl. Handelsinteressen (Auflage 30000). In Kanton erscheint seit 1886 «Kwang-Pau» (Kanton-Zeitung). Hongkong besitzt 5 chines. Zeitungen, von denen 4 (nämlich «Chung-Wai-Shing-Pau», «Hwa-Tsze-Juh-Pau», «Wei-Shing-Juh-Pau», Auflage je 15000 monatlich, und «Jue-Pau», 30000) von Europäern gegründet wurden. «Lat-Pau» in Singapur ist mit monatlicher Auflage von 30000 das Organ der von Jahr zu Jahr ungemein zunehmenden chines. Bevölkerung der Straits-Settlements.
Die europäische Presse [* 38] ist in China verhältnismäßig stark vertreten. Das älteste Blatt ist das «Canton Register». Von größerer Bedeutung sind ferner «Chinese Recorder», «North China Daily News», «North China Herald», «The Celestial Empire», «Journal of the North China Branch of the Royal Asiatic Society» (sämtlich in Shang-hai),
«Foochow Advertiser» (in Fu-tschou),
«Daily Press», «China Mail», «Echo do Povo» (portugiesisch),
«China Review» (in Hongkong); «The Straits Observer» (in Singapur). Seit dem erscheint in China einmal wöchentlich auch eine deutsche Zeitung: «Der ostasiatische Lloyd», welche die Interessen der Deutschen in Ostasien vertritt.
Entdeckungsgeschichte. Über die Kenntnis des Landes und die Reisen während des Altertums und Mittelalters s. Asien (Bd. 1, S. 987 fg.). In der neuern Zeit haben sich namentlich die Jesuiten große Verdienste um die Erforschung C.s erworben. Bald nachdem sie ihre Thätigkeit hatten einstellen müssen (s. oben, Religion), erschien 1792 Lord Macartney als engl. Gesandter; über seine Reise wurden von seinen Begleitern mehrere Berichte veröffentlicht. 1820 kamen die ruß. Reisenden Timkowski und Bitschurin zu Lande nach China. Nach dem Opiumkriege bereiste Rob. Fortune von 1843 bis 1845 die Theedistrikte, um dieselbe Zeit etwa war auch der Missionar Gützlaff dort thätig und durchzogen die franz. Lazaristen Huc und Gabet die innern Provinzen.
Eine neue Periode der geogr. Forschung trat durch die Erschließung des Reichs für Fremde im Vertrage von Tien-tsin (Juni 1858) ein. Zunächst sind zu nennen die Aufnahmen des Pei-ho 1858 durch Osborn und Ploix; des Jang-tse-kiang bis Han-kou 1858 durch Ward und bis Ping-schan 1862 durch Sarel und Blakiston, 1869 durch Michie; des Si-kiang und Kwang-tungflusses 1859 durch engl. Marineoffiziere. Den Unterlauf des Hoang-ho erforschte 1868 Elias, der 1875 die Provinz Jün-nan bereiste. Pumpelly nahm zuerst umfassende geolog. Untersuchungen in
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China vor, welche in gründlicherer und vollständigerer Weise 1868-72 von F. von Richthofen, der 6 Küstenprovinzen und 8 Provinzen im Innern bereiste, fortgesetzt wurden. Die Reisen des Abbé A. David 1862-74 waren wegen der reichen zoolog. Ausbeute von Wichtigkeit. Ferner bereisten China Michie 1861, Bickmore 1866, die Missionare Wylie und John 1868, Alabaster 1868, Oxenham 1868, Markham 1869, Rochechouard mit Prof. Lepissier 1869, Dupuis 1868-70 und besonders Sosnowsky 1875. China nebst seinen Nebenländern bereiste Prschewalski 1870-73; Margary zog 1875 quer durch Kwei-tschou und Jün-nan. 1877 zog Gill in der Richtung von Shang-hai nach Bha-mo in Oberbirma; dieser Reisende untersuchte namentlich die Gebirgskette, welche die Ostgrenze des tibetan.
Hochlandes gegen Sze-tschwan bildet, eine Höhe von 6000 m erreicht und nach O. steil abfällt. Gill hat zahlreiche Höhenmessungen vorgenommen und treffliche Routenaufnahmen gemacht. Colborne Baber, seit 1877 brit. Konsul für das westliche China zu Tschung-king, machte 1877 eine Reise durch die Provinzen Sze-tschwan und Jün-nan, auf welcher er den heiligen Berg O-mi bei Kia-ting sowie Ning-jüan, das Caindu Marco Polos, besuchte, welches 1850 durch ein Erdbeben [* 40] größtenteils in Trümmer gelegt worden war; dem Plateau von Tschao-tung gegenüber, auf dem linken Ufer des Jang-tse-kiang, entdeckte Baber den Ta-liang-schan, ein bis zu 6500 m Höhe aufsteigendes Schneegebirge, welches steil zum Strome abfällt, der hier bis oberhalb Ping-schan nach NNO. fließt und nicht nach NNW., wie man bis dahin glaubte.
Graf Bela Széch_nyi, begleitet vom Lieutenant Kreitner und Geologen Loczy, fuhr 1878 von Shang-hai aus den Jang-tse-kiang sowie den Han-kiang hinauf und ging über Lan-tschou-su und Si-ning an den Kuku-nor und drang nordwestlich bis An-si-fan am Su-lai-ho vor; da die Behörden den Reisenden nicht gestatteten, weder zum Lob-nor noch nach Lhasa zu gehen, so wendeten sie sich aus Kan-su südlich nach Sze-tschwan; doch auch zu Batang mißlang ein Versuch, nach Tibet einzudringen, weshalb über Ta-li und Bha-mo 1879 die Rückreise angetreten werden mußte. Im südwestlichen China setzte Abbé Desgodins seine Forschungen ununterbrochen fort.
Das Gebirgsland zwischen Kan-su und Sze-tschwan durchwanderte George King, die zuletzt genannte Provinz Riley und Mollmann (1879), die Provinz Kwang-si Abbé Creusé. Fitzgerald Creagh ging 1879 von Amoy aus durch Fu-kien, Kiang-si, Hu-nan und Hu-pe nach der Stadt Han-kou an der Mündung des Han-kiang in den Jang-tse-kiang. Morrison reiste 1878 von Han-kou nach Kanton und untersuchte auf einer Reise von Tschin-kiang nach Tien-tsin den Kaiserkanal, sowie den untern Lauf des Hoang-ho.
Die Provinzen Schen-si und Schan-si durchzog 1878 Hillier. Fast völlig unbekanntes Gebiet berührten 1882 Colquhoun und Wahab auf ihrer Reise von Kanton den Si-kiang hinauf nach Jün-nan. Da es ihnen verwehrt wurde, nach Hinterindien [* 41] zu gelangen, so wandten sie sich nördlich über Ta-li und Bha-mo nach Birma. Wahad starb auf der Heimreise während der Fahrt durchs Rote Meer infolge von Überanstrengung. Hosie berührte 1882 und 1883 in den Provinzen Kwei-tschou, Jün-nan und Sze-tschwan völlig unbekannte Landstriche. Die Insel Formosa (Thai-wan) bereiste Corner.
Geschichte. Die Geschichte C.s zerfällt in eine gänzlich mythische, eine halbmythische und eine historische. Die erste Periode beginnt mit dem Aufhören des Chaos und der Scheidung des Flüssigen von dem Festen. Die halbmythische Periode umfaßt die Regierungen von fünf Wahlfürsten, unter denen Fu-hi, Schin-nung und Hwang-ti als erste Grundleger des Staatswesens gelten. Durch Jao (2356-2254 v. Chr.), unter dem 2284 eine der Sintflut der Semiten entsprechende Überschwemmung C.s stattgefunden haben soll, und seinem Mitregenten und spätern Nachfolger Schun (gest. 2205 v. Chr.) geht diese Periode in die urgeschichtliche mit der Dynastie Hia (Hja) beginnende über.
Der Schu-king oder der von Confucius im 6. Jahrh. zusammengestellte, teilweise erhaltene «Leitfaden der Aufzeichnungen», das älteste Geschichtswerk der Chinesen, beginnt mit Jao und geht bis zum König Phing aus dem Hause Tschou (gest. 718 v. Chr.). Das vorzugsweise die Anreden der Könige enthaltende Werk wird ergänzt durch die «Bambusbücher» und die von Sse-ma-tsien benutzten Quellen. Mit der Zeit des genannten Königs beginnen die von Confucius gesammelten Tagebücher des «Frühlings und Herbstes» (Tschun-tsiu). Im ganzen haben, die gegenwärtige mitgerechnet, in China 22 Dynastien bestanden, deren Wechsel großenteils durch ebenso viele Staatsumwälzungen veranlaßt wurde.
Der Gründer des Hauses Hia (Hja, 2205-1766) war Jü (Yü), der die Sündflut (Hung-schui) bewältigte. Der letzte dieses Hauses wurde von Jin-tsching-tang vertrieben, und dieser gelangte als Stifter der Dynastie Schang (1766-1121 v. Chr.) auf den Thron. [* 42] Der letzte des Hauses Schang kam bei einer Empörung um, an deren Spitze Wu-wang, der Sohn des Vasallenfürsten Wen-wang stand. Wu-wang wurde Stifter der Dynastie Tschou (1121-249 v. Chr.) und hat durch seinen Eifer für die Gesittung seines Volks einen noch jetzt gefeierten Namen erlangt. Unter einem seiner spätern Nachfolger, Ling-wang (571-544), wurde (551) Confucius (s. d.) geboren. Unter Ling-wangs Nachfolger King-wang (544-519) fällt die Wirksamkeit sowohl von Confucius als auch von Lao-tze. Unter der Regierung von Hien-wang (368-320 v. Chr.) lebte und lehrte der berühmte Meng-tze oder Mencius.
Schon seit Beginn der Herrschaft des Hauses Tschou waren größere oder kleinere Lehnsfürstentümer entstanden, die sich später häufig befehdeten oder gar unabhängig zu machen suchten. Namentlich die an den Grenzen befindlichen (Thsin, Tsin, Jüc, Jen, Tschu, Wu) gewannen bedeutend an Macht und Ausdehnung, [* 43] während Tschou, das unmittelbar unter den Königen stehende «Land der Mitte», weit darin zurückstand und seine Herrscher immer mehr zu Schatten [* 44] herabsanken.
Thsin, das sich 324 unabhängig gemacht hatte, stürzte 249 das Reich der Tschou und unterwarf die übrigen Lehnsfürstentümer. König Tschöng von Thsin, der 246 dem König Tschwang-siang gefolgt war, nahm statt der alten Würde eines Wang oder Königs den Namen Hwang-ti («Kaiser») an, den seitdem alle Kaiser von China führen, weshalb er gewöhnlich Thsin-schi-Hwang-ti, «der erste Thsin-Kaiser» genannt wird (221-209 v. Chr.). Er bekriegte im Norden [* 45] die Hiung-nu (s. d.), im Süden unterwarf er das Reich Nan-jüe (Tongking); [* 46] auch ist er nach einigen Erbauer, nach andern Vollender der Chinesischen Mauer (s. d.). Seine absolutistische Regierungsweise fand starke Opposition seitens der Gelehrten, namentlich aber der Anhänger von Confucius, infolgedessen er 460 Gelehrte in einen Abgrund stürzen ließ und die Vernichtung aller Bücher im
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