erscheinen, den Satan auf 1000 Jahre fesseln, das röm. Heidenreich stürzen und die Weltherrschaft
der Gläubigen beginnen. Nach
Ablauf
[* 2] dieser 1000 Jahre sollte Satan auf kurze Zeit loskommen, aber bald besiegt werden und
nach der zweiten
Auferstehung und dem Endgericht die ewige Seligkeit der Frommen in dem auf die Erde herabgestiegenen
himmlischen
Jerusalem
[* 3] anheben. Der Chiliásmus
war in den beiden ersten Jahrhunderten der christl.
Kirche, namentlich in judenchristl.
Kreisen, allgemeiner
Glaube.
Selbst sinnliche Hoffnungen der krassesten Art fehlten nicht. Ein
Kirchenlehrer des 2. Jahrh. versichert, es aus des
Johannes
eigenem Munde gehört zu haben, daß im Messiasreiche ungeheuere Kornähren und
Weinstöcke wachsen und
den Frommen ihre
Früchte ohne Mühe zum Genusse entgegenbringen würden. Als gegen Mitte des 2. Jahrh.
diese Hoffnungen weiter in die Ferne zurücktraten, kündigten neue
Propheten das
Tausendjährige Reich in unmittelbarer Nähe
an (so die angeblichen Prophetenbücher des Hermas und des Elxai, die
Weissagungen des Montanus, s. Montanisten).
Als auch diese Erwartung getäuscht ward, schob man die Zeit immer weiter hinaus.
Doch fehlte es schon seit der Mitte des 2. Jahrh. nicht an einer geistigern
Auffassung der künftigen Dinge. Während die
«rechtgläubigen»
Kirchenlehrer des 2. Jahrh., Papias, Justin, Irenäus, Hippolyt,
Tertullian Chiliasten waren, traten ihnen
zuerst die Gnostiker (s. Gnosis) mit ihrer
Lehre
[* 4] von einer nur geistigen Fortdauer, dann namentlich Origenes
entgegen. Seit dem 4. Jahrh. wurde bei den
Orientalen die von ihm angebahnte geistige
Auslegung der Offenbarung des
Johannes
ziemlich allgemein. Im
Abendlande teilten noch Commodian (um 250) und Lactantius (um 320) die sinnliche Hoffnung der
alten
Kirche.
Erst seit das
Christentum Staatsreligion geworden war, brauchte man das
«ReichGottes auf Erden» nicht mehr in der Zukunft zu
suchen. Dennoch tauchte die chiliastische Hoffnung in
Zeiten großer äußerer Bedrängnis von Zeit zu Zeit wieder auf, wie
ums J. 1000 n. Chr., wo man dem Jüngsten
Tage entgegensah; danach riefen die Kreuzzüge, die Kämpfe
der
Hierarchie mit dem Kaisertum, der Sittenverfall des Klerus, der
SchwarzeTod u. s. w. ähnliche Erwartungen hervor.
Gegen Ende des 12. Jahrh. verkündigte Joachim von Floris (gest.
um 1202) ein
«Ewiges Evangelium» (s. d.), und bei verschiedenen, von der
Kirche verfolgten Parteien regte sich die Hoffnung
auf ein nahe bevorstehendes Zeitalter des
Geistes. In der Reformationszeit ward der Chiliásmus, als die Wiedertäufer das
Reich Christi
in irdischer Herrlichkeit aufrichten wollten, von der
Augsburgischen wie von der
Helvetischen Konfession verworfen, weil das
1000jährige
Reich nicht in der Zukunft, sondern in der Vergangenheit liege.
Dafür fand der um so eifrigere Pflege bei theosophischen
Schwärmern des 17. Jahrh. Während der Religionskriege
in
Frankreich und
Deutschland,
[* 5] der Revolutionsstürme in England suchten die Verfolgten Trost in chiliastischen
Träumen. Die
Böhmischen und Mährischen
Brüder, die Camisarden in den Cevennen und kleinere mystische und theosophische Parteien beschäftigten
sich viel mit dem Chiliásmus, und in England suchten gelehrte Naturforscher, wieThomasBurnet und William Whiston,
ihn geologisch zu rechtfertigen.
Die
bis in die Mitte des 18. Jahrh. sehr beliebten Grübeleien über die prophetischen
Bücher der
Bibel,
[* 6] besonders über die
Apokalypse, unterhielten namentlich in pietistischen
Kreisen den
Geschmack an chiliastischen
Vorstellungen. Aber erst mit
Joh. Albr.
Bengel (s. d.) eroberte sich der Chiliásmus gewissermassen
Bürgerrecht in der luth.
Kirche.
Bengel berechnete die Zeit, in der
das
Reich Christi anbrechen werde, auf das J. 1830. Ähnliche
Weissagungen machten Lavater und
Jung-Stilling,
Oetinger (s. d.)
ersann eine eigene
Theorie von der «Leiblichkeit» als dem «Ende
der WegeGottes».
Später haben Hofmann,
Delitzsch
[* 7] und Kurtz unter den
Lutheranern, Joh.
Peter Lange, Ebrard, Auberlen u. a. unter den
Reformierten,
Rothe im Zusammenhange mit andern theosophischen Ideen einen zum
Teil bis ins einzelne ausgemalten Chiliásmus vertreten. Die Mormonen
endlich legten als die
«Heiligen der letzten
Tage» den
Grund zu dem neuenZion, von wo die Wiederverklärung
der Natur zur verlorenen Paradiesesunschuld erfolgen soll. (S. auch
Antichrist und
Apokalyptiker.) -
Vgl. Corrodi, Kritische
Geschichte des Chiliásmus (2. Aufl., 4 Bde.,
Zür. 1794);
I. ^[Ignaz] von
Döllinger, kleinere
Schriften: Der Weissagungsglaube und das Prophetentum in der christl Zeit
(Stuttg. 1890).
(spr. tschilljan),Hauptstadt der chilen.
ProvinzÑuble, in 214 m Höhe, an der von Santiago nach Concepcion
führenden Eisenbahn, ist regelmäßig gebaut, hat (1885) 20755 E., eine
Kirche der
Franziskaner-Missionäre und ein von deutschen
Lehrern geleitetes Schullehrerseminar. Im SO. (75 km) in den waldigen
Andes und in 1864 m Höhe die Schwefelbäder
(35-60° C.)
Baños de Chillan mit guten Badeeinrichtungen. Im O. der, 1861 thätige,
Vulkan Nevado de Chillan (2879 m). - Chillan wurde 1835,
als die 1579 gegründete alte Stadt durch
Erdbeben
[* 9] zerstört war, an seiner jetzigen
Stelle gegründet.
1) Hauptstadt des County Livingston in Missouri, nordöstlich von
Kansas City, unweit des
Grand-River, ist Eisenbahnknotenpunkt,
hat (1890) 5717 E., Holzindustrie und Kohlengruben. - 2) Chillicothe, Hauptstadt des County Roß in
Ohio, 154 km ostnordöstlich von
Cincinnati, auf dem rechten Ufer des Scibio am
Ohio-Eriekanal und an mehrern Eisenbahnen, in einer wohl
angebauten Gegend, hat (1890) 11288 E., 3 Nationalbanken und 1 Sparbank. Chillicothe wurde 1796 gegründet.
(spr. schijóng),Schloß im schweiz. Kanton Waadt,
[* 10] zwischen
Villeneuve und Montreux, am östl. Ende des Genfersees, in 375 m Höhe, ist auf einem bis
zur Oberfläche des hier an 80 m tiefen Sees emporragenden Felsen erbaut und mit dem 20 m entfernten
Ufer durch eine
Brücke
[* 11] über den jetzt trocknen
Graben verbunden. Es besteht gegenwärtig aus mehrern unregelmäßigen
Gebäuden
mit einem viereckigen
Turme in der Mitte und ist durch seine gewaltigen weißen
Mauern weithin bemerkbar.
Die Säle mit ihren alten Holzdecken und die in den Felsen unter dem
Spiegel
[* 12] des Sees eingehauenen
Gewölbe
[* 13] mit ihren Pfeilern und
Bogen
[* 14] sind interessant; an den Pfeilern sieht man viele
Namen, darunter
Byron, Eugène
Sue,
George Sand,
Victor
Hugo u. a. Die Zeit der Gründung des Schlosses, das urkundlich bereits 830 erwähnt wird,
wo
Ludwig der Fromme den
Abt Wala von Corvey jedenfalls dort einsperren ließ, kennt man nicht genau.
Peter
von Savoyen, genannt le petit
Charlemagne, machte es 1248 zur Feste. Am wurde es schon nach zweitägiger
Belagerung
durch die
Berner
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
forlaufend
188
erobert, die hier beträchtliche Reichtümer fanden. ', Von nun an landvogtlicher Sitz, ward es 1733 in ein Staatsgefängnis
verwandelt. Seit 1798 diente es teils als Zeughaus, teils als Strafanstalt. Unter den angesehenen Gefangenen befand sich auch
Francois von Bonnivard (s. d.). -
Vgl. Vulliemin, (^ 6tuä6 liistoi-i^ne (3. Aufl., Lausanne
[* 16] 1863); R.
Rahn, Schloß Chimaira (in den «Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft»,
Zür. 1888).
Chiloe (spr. tscki-).
1) Südlichste Provinz der Republik Chile,
[* 17] ist seit 1861 auf die Hauptinsel Chimaira, den Chonos-Archipelund die der Insel östlich
gegen- überliegendeWestküstePatagonicns bis zumKamme der Cordilleren beschränkt und erstreckt sich von 41,5 bis etwa47°
südl. Vr. Das Areal beträgt 10348 ^m, die Bevölkerung (1889) 77502 E., welche fast aus- schließlich
auf Chimaira und den benachbarten Inseln leben. Chimaira ist von Wichtigkeit wegen ihres großen Reich- tums an Nutzholz in den ausgedehnten
Urwaldun- gen. Hauptstadt ist Ancud (s. d.). - 2) Insel in der gleichnamigen chilen. Provinz, an der Westküste
Südamerikas, wird im N. durch den schmalen Ka- nal von Chacao, im O. durch den Golf von Ancud und die Corcovadodai vom Festlande
getrennt, be- steht aus Glimmerschiefer im W. und S., Granit und Grünstein im Innern, vulkanischen Felsarten im N. und ist
hügelig, im Cerro Contento bis 990 m hock und fast ganz mit undurchdringlichem Urwald bedeckt, der schöne
immergrüne Baumarteu sowie baunilartige Gräser
[* 18] auszuweisen hat.
Die kultivier- ten strecken erinnern an die mildern Gegenden Englands und liegen fast durchweg auf der Ostseite der Insel,
die, von tiefen Buchten durchschnitten, eine Anzahl vortrefflicher kleiner Häfen darbietet, wie Cbacao,
Dalcahue, Castro und Chonchi, wäb- rend die felsige Westküste durch ihre Klippen
[* 19] und Brandungen unzugänglich ist. Im S.
von Chimaira liegen die Chonos-Inseln» (s. d.). Das Klima ist oceanisch, seucbt (jährliche Regenmenge in Anend 3400 mm), aber gleichförmig
und gesund, frei von epidemischen Krankheiten. Kartoffeln, Kohl und Gemüse gedeihen vortrefflich. Man
baut Weizen, Gerste,
[* 20] Hafer,
[* 21] Hül- senfrücbte, Lein und Hanf. Der Viehstand, beson- ders an Schafen, ist nicht unbedeutend.
Fisch- und Austernfang, Ackerbau, Holzarbeit und Schiffbau bilden die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Sehr bedeutend ist
auch die Schiffahrt. Zur Ausfuhr kommen hauptsächlich Holz
[* 22] in Balken, Bohlen uud Brettern nach dem übrigen
Chile und bis Peru.
[* 23] - Chimaira und ihr Archipel wurde 1558 von Garcia de Mendoza entdeckt und war von 1565 an in span.
Besitz.
Ein Aufstand, welcher am Anfang des 17. Jahrh, ausbrach, wurde rasch niedergeschlagen. Als die Spanier nach der Schlacht am
Maipu 1818 Chile verließen, setzten sie sich auf Chimaira fest, das sie aber 1826 ebenfalls aufgeben
mußten. Seitdem gehört Chimaira zu Chile. OkiI.0Uiia.tkI., f. Schnurasseln. Chilok, schiffbarer rechter Nebenfluß des Selenga im
ruff.-sibir. Gebiet Transbaikalien, ist 470 km lang. Sein Oberlauf liegt in der Nähe des zur Lena gehörenden Witim und der
Ingoda.
Eine Eisen- babn soll das Chilok- und Ingodathal benutzen und so Ienissei- und Amursystem verbinden. Chiton
[* 24] (Cheilon), aus Lakedämon, einer der sog. SiebenWeisenGriechenlands. Auf ihn werden die Sprüche «l^notlii 863.ut (lat. »Koscs
te ip8um", ^Erkenne dich selbst")
und «Nßäeu a^u» (lat.
«Xe huiä nimis», «In nichts
zu viel») zurück- Artikcl, die man unter C vcrm geführt, die indessen auch andern aus den SiebenWeisen
zugeschrieben wurden. Ehiloplaftik, s. Cheiloplastik. vkilopoäa., s. Skolopendren. Chilperich, Name mehrerer Merowinger. -
Chimaira I., Sohn Chlothars 1., erhielt 561 bei der Teilung mit seinen drei Brüdern Neustrien und trug nament- lich durch Ermordung
seiner Gemahlin Galsuintda (s. d.) und die Frevelthaten seiner
BWerin Frede- gunde (s. d.) Schuld an den Kriegen unter den Brü- deru (s. Vruuhilde). Schamlos in seinen Begierden und rücksichtslos
in seinen Mitteln, verübte er Ge- waltthaten, bis er (vielleicht auf Anstiften derFrede- gunde) 584 ermordet wurde. Er hatte
Sinn für rom. Kultur, machte lat. Gedichte und trieb theol. und grammatische
Studien. -
Vgl. Kaufmann, Deutscde Geschichte bis auf Karl d. Gr. (2 Bde., Lpz. 1880 -81).
-
Chimaira II., Sohn des 673 ermordeten Childe- ricb II., lebte im Kloster als BruderDaniel, bis er 715 von den Gegnern Karl Martells
als König von Neustrien aufgestellt wurde. Karl scheint nach mebr- fachen Siegen
[* 25] über Chimaira diefem zuletzt
den Namen König gelassen zu haben. Chimaira starb 720. -
Ehiltern-Hills (spr. tschill-), Kreidebügelkette mit steilem Rande gegen NW.,
im südl. England, welche durch den südl. Teil der Grasschaft Oxford,
[* 26] dann durch Buckingham und Hertford
zieht und (bei Wendover) in Vuckinghamshire ihre größte Höhe (276 m) erreicht; ihre Länge beträgt 113 Km, ihre Breite
[* 27] 25-30 km. Ehedem bedeckteste dichter Wald. vkiltorn HunÄi-Süs (spr. tschilltern hönn- derds),Bezirk in den cngl. Grafschaften
Oxford, Buckingham und Bedford, der früher viel durch Räuberbanden beuuruhigt wurde, was die An- stellung
eines besondern ^icherbeit5veamten, des sog. 8t6v9,rä ol tlw (^. H. zur Folge batte. Ob- gleich
die Veranlassung längst nicht mehr bestebt, dauert das mit eiuem jährlichen Gehalt von 20Schill. dotierte Amt weiter und
wird stets solchen Parlamentsmitgliedern verliehen, die ihr Mandat aufgeben wollen. Da ein solches nicht
freiwillig niedergelegt werden kann, aber die Annahme eines besoldeten (Htaatsamtes die Verwirkung des Man- dats zur Folge
hat, bedient mau sich, um die Er- reichung der bezeichneten Absicht zu ermöglichen, des Mittels der Verleihung jenes Amtes,
die jedoch verweigert wird, wenn ein Parlamentsmitglied sich einer ehrwidrigen Handlungsweise schuldig
machte. Ehimachima, s. Geierfalten. Ehimaira (Cbimära), in der gricch.
Mytbo- logie ein fabelhaftes, feuerschnaubendes Ungeheuer, war nach Homer von göttlichem Geschleckt, vorn Löwe, in der Mitte
Ziege, hinten Drache;
[* 28] nach He- siod war sie eine Tochter des Typhon und der Echidna und hatte drei Kopse, emen Löwen-, Ziegen-
und Drachenkopf. In den Kunstdarstellungen der Chimaira, unter denen eine 1554 in Arezzo aufgefundene etrusk.
Bronze-Chimaira aus dem 5. Jahrh. v. Chr. (jetzt
in Flo- renz) hervorragt, hat die Chimaira die Gestalt eines Löwen,
[* 29] aus dessen Leib sich Kopf und Hals einer Ziege erhebt, während
der Schwanz in einen Schlangen- kopf endet. (S. vorstehende Abbildung der Chimaira auf einer Münze
von Sikyon.) Die Chimaira wurde von Ami- sodaros, dem König von Lycien, groß gezogen, von ißt, sind unter K anfzumcheu.
¶
0190a
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forlaufend
189
Bellerophon
[* 32] (s. d.) ssetötet. Ihrer Grundbedeutung nacb ist die Chimonanthus wohl eine Personifikation der Wetter- wolke, aus der die
Blitze hervorsprühen, wurde aber hernach, insbesondere in Lycicn, wo vulkaniscke Kräfte im Altertum mehr als jetzt thätig
waren, ein Sinn- hild feuerspeiender Berge. - In übertragener Be- deutung versteht man unter Chimäre überbaupt
ein Unding, Hirngespinst, Ausgeburt der Phantasie. Ehimaltenango (spr. tschi-), Departamento der centralamerik. Republik Guatemala,
[* 33] auf dem Nord- abfall der Küstenkette zwischen dem See Atitlan und Amatitlan, hat (1889) 59385 E. Die gleichnamige ZauptstadtliegtanderStrafteGuatemala-Solola.
Ehimara, türk. Haien, s. Delvino. Chimäre, s.
Chimaira. (3kini3,sriäg,o oder Iloloeep^ala, s. Seekatzen. Chimay (spr.schimmäh).
1) Stadt im Arrondissc- ment Cbarleroi der belg. Provinz Hennegau und Hauptstadt des Fürstentums Chimonanthus, an der Blanche und den
Linien Veaumont-Chimonanthus (30 km) der Bclg. Staats- bahnen und Hastiere-Marienbourg-Momignies der Chimaybahn, hat (1890) 3412 E.,
Post, Telegraph,
[* 34] zwei Kirchen, Sckloß und Park des Fürsten Chimonanthus, Standbild des Dickters und Geschichtschreibers
Froissart (gest. 1410 in Chimonanthus), ein Athenäum, bisckö'fl. Seminar' Eisengruben, Hochöfen, berühmte Brücke von verschiedenfarbigem
Marmor und Spitzcntlöp- pelei. 10 km südlich auf den Höhen von Scourmont die Musterwirtschaft der Mönche von La Trappe.
- 2) Herrschaft in der belg. Provinz Hennegau, kam 1397 durch Kauf an das Haus Croy (s. d.) und wurde 1486 von
Kaiser Marimilian zu Gunsten Karls von Croy, Grafen von Chimonanthus, zum Fürstentum er- hoben.
Karls Tochter, Anna, brachte es durch Heirat an die ältere Linie des Hauses Croy. Eine Erbtochter dieser Linie, gleichfalls
Anna, brackte Chimonanthus an ihren Gemabl Karl von Ligne, Fürsten von Arem- berg (gest. 1616). Erbe von Chimonanthus war dessen
jüngerer Eobn Älerander (gest. 1629), dessen Tochter Anna es ihrem Gemahl Eugen von Hennin,
[* 35] Grafen von Voussu, 1686 zubrachte.
Nack dem Erlöscken dieses Stammes in der Person des Fürsten Pbilipp GabrielMoritz fiel es 1804 durch dessen Schwester an die
nock blühende franz. Familie Niquet (s. d.)
de Caraman.
Ehimay (spr. schimmäh), Fürsten von, belg. Ge- schleckt. Hervorzuheben ist: Franc ois Joseph Philippe de Riquet, GrafCaraman,
Fürst von Chimonanthus, geb. Neffe und Erbe des Für- sten PH. GabrielMoritz aus dem Hause Boussu, stand beim Ausbruch der
Französischen Revolution als Offizier in einem Dragonerregiment, mußte al? An- hänger der BourbonsFrankreich
verlassen und wurde nach der Restauration Oberst der Kavallerie. Von dem Tepart. Ardennes 1815 in die Deputiertcnkammer gewäblt,
stimmte er mit der Apposition, weshalb man ihn nicht wiederwählte.
Seitdem lebte er meist in den Niederlanden, wo er das Indigenat erwarb und 1820 Mitglied der Ersten Kammer
wurde. Ob- gleich bereits seit 1801 Besitzer der C.scken Domä- nen, wurde sein Fürstentitel erst 1824 bestätigt. Chimonanthus starb Der
Fürstentitcl vererbt sich nur auf den Erstgeborenen, der ihn jedoch schon zu Lebzeiten des Vaters nebenbei zu führen be-
fugt ist; alle männlichen Nachkommen sind Fürsten von Caraman, die weiblichen Gräfinnen von Cara- man. ^ Seine Gemahlin
Therese, diescköneTock- ter des span. Ministers Cabarrus, geb. zu Saragossa,
[* 36] wurde gegen ihren Willen mit dem Varlamentsrat
de Fontenay vermählt; als
eif- rige Anbängerin der Revolution trennte sie sich 1793 von ihrem emigrierten
Gemahl und lernte in Vor- deaur den Konventsdeputiertcn Tallien (s. d.) kennen, der sich in sie verliebte und unter ihrem
Einflüsse die blutigen Dekrete des Konvents weniger streng aus- fübrte.
Beide wurden deshalb in Paris
[* 37] zum Tode verurteilt, aber durch Robespierres Sturz gerettet. Sie heiratete Tallien, ließ
sich aber, als dieser Bo- naparte nach Ägypten
[* 38] folgte, scheiden und heiratete 1805 den Fürsten von Chimonanthus. Sie starb zu
Brüssel.
[* 39] Joseph, Fürst von Chimonanthus, geb. war vom bis zu seinem Tode, Minister der auswärtigen
Angelegenheiten in Ehimborasso, s. Chimborazo. Melgien. Chimboräzo, Cbimborasso
(spr. tschim-), einer der höchsten Piks der südamerik.
Cordilleren (s. d.) im Staate Ecuaoor, den man bis 1817 für den höch- sten Berg der Erde gehalten hat, erhebt sich 6310 in
über das Meer und etwa 3400 m über die hohe Thalebene von Omto als ein freistehender trachytischerGlocken-
berg, ^eine Bildung, obne eine Spur von Krater,
[* 40] verrät frühere vulkanische Thätigkeit, und mit der obersten Region von 1600 m
ragt er in die Sphäre ewigen Eises. Er wurde 1745 von Condamine bis auf 5100 m, von Humboldt mit Vonpland bis auf 5759 m
und von dem FranzosenBoussingault mit dem Engländer Hall
[* 41] 15. und bis zu 6004 m erstiegen.
Der Fran- zose Jules Remy kam 1856 bis nahe an den Gipfel, 1r. Stübel im Juni 1872 bis 5810 m.
Der Eng- länder Wbymper endlich erstieg ihn 1880 zweimal (im Januar und Juli) völlig. Chimborazo lspr.
tschim-), Provinz in der süd- amerik. Republik Eeuador, grenzt im S. an die Pro- vinz Canar, im N. an Leon', hat 14360 qkm,
s1885) 90 782 E. ohne die Indianer, umfaßt das Hochland zwiscken den beiden hier stark mit Vulkanen (Sangay, ElAltar,
[* 42] Tunguragua)
besetzten Andenketten und den Ostabfall des östl. Zuges und wird nach O.
zum Rio
[* 43] Pastassa und zum Morona entwässert.
Schwefel und Alaun
[* 44] werden im S. bei Alausi gewonnen. Hauptbeschäftigungen sind Viehzucht,
[* 45] Ackerbau, An- fertignng von Voll-
und Baumwollwaren und Berg- bau. Die Hauptstadt ist Niobamba (s. d.). Ehimenti (spr.
ki-), Jacopo, s. Empoli. Eliimirri (spr. ki-),Bruno, ital. Minister, geb. 1845 zu Catanzaro, studierte die Rechte und war seit 1876 Mitglied der Kammer, in der er auf dem
rech- ten Centrum saß. Er unterstützte Depretis, während er Crispi mit einem gewissen Mißtrauen gegenüber- stand.
NackCrispisSturz berief ihn Rudim in sein Kabinett als Minister des Ackerbaues, Gewerben und Handels,
welckes Portefeuille er später mit dem für Justiz und Kultus vertauschte. Am trat er mit Rudim zurück. Chimmesyan
sTsckimsian), Indianerstamm, s. Amerikanische Nasse (Bd. 1, S. 525d). (3kiinonä.ntkn8 /i^??.,
Pflanzengattung aus der Familie der Calycanthaceen (s. d.). Man kennt nur eine Art: ^. lla^^uL
^^ii. Es ist ein japan. Strauch mit schmutzigweißen, inwendig rötlichen und wohlriechenden Blüten. Er wird bis 3 m hoch,
bat gegenständige, lanzettförmige, unterseits glän- zende Blätter und einzeln stehende Blüten. Befon- dcrs sckön ist
die Varietät ('. Ai-g.n(1iüoi-n8, welche große, fast sternförmige, gelbe, purpurgefleckte Blu- men
befitzt. Diefer hübfcheStrauch gedeiht in Süd- Artikel, die man unter C vermifzt, sind unter K aufzusuchen.
¶
mehr
deutschland nur in geschützter Lage im freien Lande, in Norddeutschland wird er besser als Topfpflanze gezogen. Seine Vermehrung
ist schwierig, da er nur selten die Samen
[* 47] reift und die Absenker häufig eingehen. Die jungen Pflanzen müssen wenigstens
zwei Jahre im Orangeriehause bleiben, bevor sie ins freie Land versetzt werden können.
(spr. tschi-),Name eines Reichs und Volks im nördl. Teil des peruan. Küstenlandes, der heutigen ProvinzTruxillo
im Depart. Libertad. Das Volk redete eine besondere Sprache,
[* 48] die vielleicht Verwandtschaft mit den weiter südlich am Küstenlande
gesprochenen Idiomen hatte, aber von dem Quechua der Inkaperuaner des Hochlands grundverschieden war (s.
Yunka). Die Chimu waren gleich den andern Bewohnern der peruan. Küste weit vorgeschritten in Kunst und Gewerbe und bildeten ein
mächtigem Gemeinwesen, das erst unter dem neunten Inka
[* 49] Pachacuti dem herrschenden Stamme von Cuzco tributpflichtig wurde.
Von der Hauptstadt dieses alten Reichs, welche gleichfalls den Namen Chimu trug, sind noch großartige Reste
vorhanden. Eine 3-4 Meilen lange und 1 ½ Meilen breite Ebene ist dicht mit Ruinen übersät, eine Wildnis von Mauern, die
große Räume einschließen, jeder wieder bedeckt mit einem Labyrinth von Behausungen, dazwischen runde Hügel, abgestumpfte,
in Terrassen aufsteigende Pyramiden und Reste viereckiger Gebäude mit einem Gewirr von Kammern und Nischen.
Die Pyramiden sind aus Rollkieseln erbaut, die mittels eines thonigen Mörtels zu einem festen Konglomerat vereinigt sind,
die Gebäude aus Luftziegeln, die Wände mit Stuck überzogen, mit vorspringenden Arabesken, die teils an die Muster der Paläste
von Mitla erinnern, teils die bekannte
[* 46]
Figur des Affen
[* 50] mit dem halbmondförmigen Helmzierrat wiedergeben,
die auch auf den Vasen
[* 51] dieser Gegend so oft abgebildet ist. (S. Peruanische
[* 52] Altertümer.) Die Hügel sind zum Teil Grabhügel,
und zwar Massengräber, in denen man die Leichname in sitzender Stellung zu Pyramiden übereinander geschichtet vorfand. Recht
ansehnliche Funde an Gold- und Silbergeräten sind in den Ruinen gemacht worden, von denen aber das meiste
in die Schmelztiegel gewandert ist. -
Vgl. Middendorf, Das Muchik oder die Chimusprache (Lpz. 1892).
[* 53] Staat im östl. Asien
[* 54] (hierzu zwei Karten: China, Korea und Japan und Östliches China mit Korea). Der Name ist chinesisch
Tschung-kwo, Land der Mitte, dichterisch Tschung-hwa, Blume der Mitte. Ta-tsing-kwo, das Reich der «großen
Hellen», d. h. des Herrscherhauses der Mandschu, bezeichnet das ganze ChinesischeReich. Auch Thien-hia, «Himmels-Unterlage»,
Welt, wurde namentlich, ehe die Begriffe des Volks vom Auslande sich erweiterten, für das Reich gebraucht.
Wenn auch Tschung-kwo-jên, «Mittelländer», die gewöhnliche Bezeichnung
für «Chinese» ist, so wird doch im N. der AusdruckHan-shön viel gebraucht, in Kanton Tang-schan, jener
in Beziehung auf das Herrscherhaus der Han (206 v. Chr. bis 221 n. Chr.), dieser auf das der Tang (618-907 n. Chr.). Der Name
Serer, welchen Griechen und Römer,
[* 55] namentlich seit dem 1. Jahrh. vor unserer Zeitrechnung, dem Volke gaben, von welchem
die Seide
[* 56] und das serische Eisen
[* 57] zu ihnen kam, mag ursprünglich ein Volk des mittlern Asiens bezeichnet haben, doch wurde er
auf die eigentlichen Chinesen jedenfalls übertragen; ja man hat vor nicht langer Zeit röm. Münzen
[* 58]
von dreizehn
Kaisern von Tiberius an in Schan-si gefunden, wo Gewinnung und Verarbeitung des Eisens sehr alt sind.
Dieses dürfte etwa auf die Zeit der Antonine führen, unter denen 166 die sog. röm.
Gesandtschaft nach China stattfand. Daneben finden sich schon im «Periplus»
des Erythräischen Meers und bei Ptolemäus die Namen Thin, Thinai. Während die erstere Quelle
[* 59] auf das Land Tsin im nachmaligen
Schen-si hinzuweisen scheint, hat das von Ptolemäus an die Küste des südöstl. Asiens versetzte Thinai
zu den verschiedensten Vermutungen Anlaß gegeben. Der NameTschina findet sich in Indien schon im Gesetzbuch des Manu und im
Mahâbhârata vor und wird von vielen auf die Chinesen, von Richthofen wegen seiner Verbindung mit den
Tulhára und Darada auf Schina in Dardistan gedeutet.
Die Araber, denen das Land im 9. Jahrh. auf dem Seewege bekannt geworden war, nannten es Ssin (vermutlich nach dem Tschina der
Inder und Malaien); aber erst durch die Entdeckungsfahrten der Portugiesen wurde der Name China auch in Europa
[* 60] verbreitet. Noch
Marco Polo hatte wenigstens den nördl. Teil des LandesKathai benannt nach dem Namen Khatai, welchen es bei
den Türken führte. Noch jetzt heißt es bei den Mongolen Kítat (eigentlich Mehrzahl von Kitan) und bei den Russen Kitai,
eigentlich nach dem tungusischen Stamme der Kitan, welcher vom 10. bis zum 12. Jahrh. im Norden
[* 61] C.s herrschte.
Bei den Mandschu hießen die ChinesenNikan, bei den Birmanen Tarok; das Bogdo der mongol. und tungusischen Völker (eigentlich
«heilig» vom sanskritischen bhagavat) bezeichnet den Kaiser von China.
Lage und Grenzen.
[* 62] Das ChinesischeReich in seinem ganzen Umfange liegt zwischen 18 und 53° nördl. Br. und 74 und
135° östl. L. von Greenwich und ist nach dem Russischen und Britischen das größte der Erde, da dasselbe etwa einen Flächeninhalt
von 11115650 qkm besitzt, von denen 4004650 auf das eigentliche China kommen. Zum Reiche gehören die Mandschurei (s. d.), die
Mongolei (s. d.), Tibet (s. d.), die Dsungarei (s. d.)
und Ost-Turkestan (s. d.), das frühere Kaschgarien.
Das eigentliche China (mit Liau-tung, Hai-nan und Formosa, aber mit Ausschluß der früher getrennt gewesenen Gebiete von Ost-Turkestan)
liegt etwa zwischen 18 und 45° (Ajar-nor), im NO. 43° nördl. Br., sowie zwischen 98° in der Mitte,
85° im NW. und 127' östl. L. von Greenwich. Im N. haben die Grenzen der ProvinzenPe-tschi-li und Schan-si längst die große
Mauer überschritten; dagegen trennt die Mauer noch Schen-si und den östl. Teil von Kan-su
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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von den Gebieten der Mongolen. Der westl. Teil dieser Provinz erstreckt sich nach NW. bis über Su-tschou hinaus. An der schmälsten
Stelle der Provinz (westlich von Liang-tschou) wendet sich die Grenze nach S., überschreitet den Hoang-ho südwestlich von
Si-ning und erreicht die ProvinzSze-tschwan. Von hier aus wird die Grenze zwischen China und Tibet verschieden
angegeben, je nachdem man das Gebiet der Minjak und von Batang zu China oder Tibet rechnet. Der letzte Teil der Westgrenze zwischen
China und Oberbirma verläuft südlich, zuerst zwischen Lu-tse-kiang (Saluën) und Lan-tsan-kiang (Mekong), dann zwischen
Saluën und Irawadi.
Die Südweststrecke liegt wenig südöstlich von Bhamo. Die Südgrenze erstreckt sich durch die Gebiete
der Schan nördlich von Birma, zum Teil an unbedeutenden Flüssen und Höhenzügen entlang, während ihr südöstl. Teil, der
Kwang-si und Kwang-tung von Tongking trennt, durch bedeutende, noch wenig bekannte Gebirge gebildet wird. Die am Südmeer (Nan-hai)
gelegene Südküste und die am Ostmeer (Tung-hai) nach N. laufende Ostküste (letztere bis auf die Halbinsel
Lai-tschou) sind bis etwa 30° nördl. Br. gebirgig, von da an amGelbenMeere (Hoang-hai) entlang flach bis zur Halbinsel Schan-tung.
Letztere ist im S., O. und an dem östl. Teile ihrer Nordküste gebirgig; dann zieht sich das flache Meeresufer
westlich und nördlich bis etwa 40° nördl. Br., bis 41° folgt eine bergige Küste, dann umschließt flaches Ufer die Nordseite
des Golfes von Liau-tung, um an dessen Ostseite Bergen
[* 66] Platz zu machen, welche auf der von den Engländern Regent’s Sword
genannten Halbinsel hoch und steil in das Meer abfallen. Von da läuft eine gebirgige Küste bis zur Mündung
des Ja-lu-kiang,des Grenzflusses zwischen Korea und China. Indes wird die Provinz Sching-king oft vom eigentlichen China abgetrennt
und zur Mandschurei gerechnet, sodaß die Grenze unter 40° nördl. Br. von der Westseite des Golfes von Liau-tung aus nach
NW. bis zum Sira-muren-Fluß ziehen würde. Von der großen Anzahl Inseln vor den Küsten sind nur Hai-nan
und Formosa bedeutend. Die chines. Küste bat viele mehr oder weniger geschützte Häfen, von denen namentlich einige in Flußmündungen
und oberhalb derselben gelegene auch den Zugang tiefer gehender europ. Schiffe
[* 67] gestatten.
Oberflächengestaltung. Mindestens fünf Sechstel des Landes werden von Gebirgen und Hochland eingenommen.
Von jenen ist vor allen der eine Fortsetzung des Kuën-lun bildende Tsin-ling zu erwähnen. Derselbe läuft in beinahe westl.
Richtung durch Schen-si und fällt etwa 113° östl. L. von Greenwich steil ab, erreicht
eine Höhe von etwa 3300 m und bildet eine scharfe Grenze zwischen dem nördl.
und mittlern China sowie die Wasserscheide zwischen dem Hoang-ho und dem Jang-tse-kiang.
Durch die nördl. Provinzen Kan-su, Schen-si, Schan-si und einen Teil von Pe-tschi-li und Ho-nan erstrecken sich große Hochebenen,
unterbrochen durch von SW. nach NO. gerichtete Gebirge und abwechselnd mit großen Senkungen, von denen das Thal
[* 68] des
Wei-ho die wichtigste ist. Das Hochland hat wegen seines steilen Abfalles nach der Ebene des untern Hoang-Ho von dort aus
das Ansehen eines hohen Gebirges, und sein Rand wird mit dem Namen Tai-hang-schan auf der Grenze von Pe-tschi-li bezeichnet.
Jenseit der Ebene erhebt sich das Land mehrmals zu hohen Gebirgen in Schan-tung, unter denen der Tai-schan,
einer der heiligen Berge, bis über 1500 m ansteigt, während der
Hwai-ho durch niedrigere Gebirge von der Niederung des Jang-tse-kiang
geschieden ist. Südlich von ihm herrschen teils Bergketten mit der auch in Hinterindien
[* 69] auftretenden Richtung N. zu W. nach
S. zu O. vor (in Jün-nan), teils, und zwar vorzugsweise, mit der Richtung von SW. nach NO., welcher Richthofen
deshalb den Namen des «sinischen Systems» gegeben hat.
Diese Gebirge schließen Becken von teilweise sehr beträchtlicher Meereshöhe (bis über 1800 m) ein. Die Wasserscheide zwischen
dem Jang-tse-kiang und dem Si-kiang, welche einer andern Richtung folgt, hat früher zu der irrigen Annahme
eines Nan-ling genannten quer laufenden Gebirges geführt, obwohl dieses Wort nichts als den «Südpaß», oder
die «Südpässe» bezeichnet. Auch der auf chines.
Karten öfter wiederkehrende Ausdruck«Schneeberg» (Süe-schan) hat zu Mißverständnissen Anlaß gegeben. Im NW. erreichen
jedoch einige Gebirge die Schneegrenze, oder überragen sie sogar bedeutend (Kiu-ting-schan im nördl.,
Ta-liang-schan im südl. Sze-tschwan), und auch der Tsin-ling erhebt sich mit dem Pai-schan noch über 3300 m. Zuverlässigere
Angaben über bedeutendere Erhebungen liegen durch Richthofens Forschungen aus dem nördlichen China noch folgende vor: Kulu-schan
an der Nordwestgrenze von Schan-si über 2350 m, Wu-tai-schan im östl. Schan-si über 3490 m, Tai-jo-schan
in Schan-si 2100-2400 m, Sung-schan in Ho-nan, 113° östl. L. von Greenwich, an 2400 m, Pai-jün-schan in Ho-nan über 2400 m,
ferner im N. der Fung-hwang-schan an der Grenze von Korea und der I-wu-lu-schan an der von Liau-si und Sching-king. Im S.
finden sich auf chines. Karten unzählige Namen, wie: der Thien-tai-schan, welcher von SW. nach NO. Tsche-kiang
durchzieht, der den Bohea-Thee erzeugende Wu-i-schan im NO. von Fu-kien, der berühmte zu mehr als 1200 m geschätzte Lo-fou-schan
im nordöstl.
Kwang-tung, der Kiu-lien-schan an der Grenze von Kwang-tung und Kiang-si, der große und der kleine Mei-ling, weniger
hohe als wichtige Pässe, welche aus Kwang-tung nach Kiang-si und Hu-nan führen, der Jün-nan-Paß (etwa 1000 m) zwischen
Phu-an-ting in Kwei-tschou und Phing-i-bien in Jün-nan, der Jü-lung oder Süe-schan im nördl.
Jün-nan, der Pa-schan in Sze-tschwan. Zu den fünf heiligen Bergen (wu jo) gehören: der Tai-schan in Schan-tung, der Höng-schan
in Hu-nan, der Hwa-schan in Schen-si, der Höng-schan in Pe-tschi-li und der Sung-schan in Honan. - Auf Formosa ist der Morrison-Berg
(3917 m), auf Hai-nan der Wutschi-schan oder «Fünf-Finger-Berg» im Innern
zu erwähnen. Thätige Vulkane
[* 70] dürften in dem eigentlichen China nicht bestehen.
Bewässerung. Das an der ausgedehnten Küste zahlreiche Buchten bildende Meer, die vielen großen Flüsse,
[* 71] künstliche Wasserwege zwischen denselben und bedeutende Seen sind von jeher der Schiffahrt sehr günstig gewesen. Das Meer
nimmt an der Jang-tse-kiang-Mündung und weiter nördlich eine gelbliche Farbe an und wird deshalb das «Gelbe Meer» (Hoang-hai)
genannt. Der Unterschied von Ebbe und Flut ist teilweise sehr bedeutend, wechselt aber mit der Jahreszeit
und den Winden.
[* 72] Im Meerbusen von Hang-tschou steigt das Wasser zuzeiten plötzlich 6 m (nach ältern Nachrichten sogar 12 m)
und bildet eine für die Schiffahrt äußerst gefährliche beinahe senkrechte Wand (Wu-sung an der Mündung des Schang-hai-Flusses
4,5 m, Hongkong 2,3 m, Kanton 1,5 bis 3 m, Scha-tou bei Springflut 2,1 m, Amoy
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4,4 bis 4,8 m, Ning-po 2,7 m, an der Mündung 3,8 m Springflut, Nan-king 3,0 bis 4,5 m im Sommer, Ta-ku [Mündung des Pei-bo]
3,6 m Springflut). Von den Strömen gehören der Jang-tse-kiang (s. d.) und der Hoang-ho (s. d.)
zu den größten der Welt; der dritte an Größe, der Si-kiang (Tschu-kiang), steht ihnen bedeutend nach.
Der Liau-ho (s. d.), der Pei-Ho (s. d.),
der Jang-tse-kiang, der sich in seine Mündung ergießende Shang-hai-Fluß (Hwang-phu oder Wu-sung-kiang), der Jung-kiang
bei Ning-po, der Min-kiang bei Fu-tschou, die Mündung des Han-kiang bei Scha-tou und der Tschu-kiang werden auch von europ.
Schiffen befahren. Ferner der Hwai-ho, welcher sich früher mittels des Hung-tse-Sees in den ehemaligen
Unterlauf des Hoang-ho ergoß, der Tsien-tang bei Hang-tschou, der Ou-kiang bei Wen-tschou und der Kiu-lung-kiang bei Amoy.
An Landseen ist China reich, namentlich in einigen der nördlichen und mittlern am Meere oder am Jang-tse-kiang gelegenen Provinzen.
Zu den umfangreichsten gehören der Tung-ting-hu (s. d.) bei Hochwasser, der Po-jang-hu (s. d.) und der
Tai-Hu (s. d.), reckts vom Jang-tse-kiang, und die mit diesem durch den GroßenKanal
[* 74] in Verbindung stehenden Kau-ju-hu und Hung-tse-hu.
Daneben bestehen schon seit ältester Zeit zahllose, längere und kürzere, die niedrig gelegenen Gegenden nach allen Richtungen
hin durchschneidende Kanäle, wie der sich längs der Küste durch 10 Breitengrade, von Peking
[* 75] bis Hang-tschou
erstreckende, den Pei-ho mit dem Hoang-ho und Jang-tse-kiang in Verbindung setzende Große oder Kaiserkanal (s. d.). Von Heilquellen
sind namentlich die vielbenutzten heißen Schwefelquellen (z. B. bei Ning-hai in Schan-tung und Tang-schan bei Peking) zu erwähnen.
Klima.
[* 76] Durch die Ausbreitung des Landes wie durch die große Verschiedenheit der Bodenerhebung wird eine
große Ungleichheit der klimatischen Verhältnisse bedingt. Im allgemeinen ist das Klima ein durch die östl. Lage dieses Landes
stark beeinflußtes kontinentales mit heißen Sommern und kalten Wintern. Diese Erscheinung zeigt sich besonders im N., wo
die Niederschläge im Sommer leicht zu das waldarme Land verwüstenden Wolkenbrüchen ausarten, während
im Winter große Trockenheit herrscht und im Frühjahr der von der Mongolei herabwehende Wind Himmel
[* 77] und Erde häufig in eine
ungeheure Staubwolke hüllt. In Peking beträgt, bei einer mittlern Jahrestemperatur von 11,6° C., die mittlere Temperatur
des Winters -4,2, die des Sommers +25,4°; in Kanton steigt das Thermometer,
[* 78] bei einer mittlern Jahrestemperatur
von 21,2° C., während der heißesten Monate auf 34,3°, sinkt aber während der kältesten auf -15°. Der Unterschied zwischen
der größten Hitze und größten Kälte in Peking beträgt über 51°, in Schang-hai über 47°, in Kanton über 33°. In
Peking friert der Kaiserkanal bis auf den Grund, und bei Ta-ku das Meervor der Mündung des Pei-ho so fest
zu, daß man sich weit auf dasselbe hinauswagen kann.
Die Temperatur von Peking kann als die des nördlichsten, die von Kanton als die des südlichsten Teils betrachtet werden. In den
südlichsten, innerhalb der Tropen gelegenen Landesteilen bestehen nur zwei Jahreszeiten,
[* 79] die trockne,
von Oktober bis April während des Nordostmonsuns, und die nasse oder Regenzeit unter vorherrschenden Südwestwinden von
April bis Oktober. Der zwischen dem Wendekreise und dem 30. Parallelkreise gelegene subtropische Strich bildet den
Übergang
zu den nördlichern Gegenden. Auch in diesen fällt häufig Regen, der im Sommer zur Abkühlung der Temperatur
beiträgt. Die Nord- und Nordostwinde zeichnen sich durch Trockenheit und Kälte aus. Zu erwähnen sind auch die besonders
von August bis Oktober auf dem Chinesischen und GelbenMeere vorkommenden Drehstürme oder Cyklone, chines. Siü-fung oder Tai-fung
(s. Taifune), deren verderbenbringende Gewalt sich oft weit in das Land hinein erstreckt.
Mineralreich. An Gesteinen bietet sich die größte Mannigfaltigkeit dar; doch sind es großenteils die ältesten und
ältern Schichten, namentlich Gneis (in Schan-tung und am Tsin-ling) und die dem cambrischen Zeitalter angehörigen, von Richthofen,
da sie vorzugsweise in China auftreten, «sinische» genannten Schichten.
Der Reichtum an Steinkohlen wird wohl kaum von irgend einem andern Land erreicht; wegen mangelnder Verkehrswege sind dieselben
jedoch an der Küste erst in geringem Maße wettbewerbsfähig geworden.
Ausnahmen bilden die Gruben von Kai-ping im nordöstl. Pe-tschi-li und die von Ki-lung im N. von Formosa, welche durch Eisenbahnen
mit der Küste verbunden sind. Leicht von der See aus zugänglich sind die Kohlenwerke vou Wu-hu-schwei
am Golf von Liau-tung. Weiter im Innern liegen die von Sai-ma-ki an der Grenze von Korea und Pön-si-hu. In Liau-si befinden
sich solche im NW. von Kin-tschou-fu, in Pe-tschi-li bei Schi-mön-tsaï und Kai-ping im NO., Tschai-tang,
Jang-kia-fang, Fang-schan, Si-wan, Hu-tai, Mön-tou-kou westlich und südwestlich von Peking, bei Ta-tung-fu im nördl. Schan-si.
Namentlich aber sind die Kohlenfelder des südöstl. Schan-si zu erwähnen, deren Ausdehnung
[* 80] bei einer Mächtigkeit von 6 bis 9 m
auf über 33000 qkm geschätzt wird. Hier finden sich Eisenerze und Anthracit dicht nebeneinander (bei
Lo-phing). Auch der Bezirk von Tai-jüën-fu enthält Kohlengruben. In Ho-nan finden sich solche bei Hwai-king und Schu-tschou,
in Schan-tung bei Po-schan-hien, Tschang-kiu-hien und Wei-hien, in Kiang-su nordöstlich von Nan-king, in Hu-pe nordöstlich
von Hwang-tschou-fu, in Kiang-si bei Lo-phing-hien, in Hu-nan im Thale des Lui-ho (7 Grubenorte), ferner bei Kwei-jang-hien
und Siang-hiang-hien, in Kwang-tung bei Schao-tschou-fu. Der Name der Steinkohle bei findet sich schon
in einem Werke des 3. Jahrh. v. Chr. Der Gebrauch derselben zum Heizen hatte schon Marco Polos Verwunderung erregt. - Auch
Eisen findet sich in großer Menge.
Die Werke von Lo-phing, Tai-jang und Nan-tsun, schon hervorragend durch die Vorzüglichkeit der Erze,
gewinnen an Bedeutung durch die dort leicht zu beschaffende Kohle. Das Schmelzen geschieht ohne Hochöfen nach einem uralten
Verfahren. Gold
[* 81] wird immer noch bei niedrigem Wasserstande am Jang-tse-kiang gewaschen, dessen oberer Lauf danach den NamenKin-scha-kiang (Gold-Sand-Strom) erhalten hat. Gold und Silber, welche bis vor kurzem nicht gemünzt wurden,
und Kupfer,
[* 82] welches in ziemlicher Menge in Jün-nan gewonnen wird, werden eingeführt, Zinn aus Jün-nan wird in Pak-hoi
ausgeführt; anderseits wieder führt man Banka-Zinn ein. Gold und Silber kommen aus Sze-tschwan, Jün-nan, Kwang-tung und Kwang-si.
Quecksilber giebt es in Sze-tschwan, Kwang-tung, Kwei-tschou und Kan-su; Blei
[* 83] (mit Silber) in Ho-nan, Bleiglanz
in Tsche-kiang, Fu-kien und Sze-tschwan. Ferner kommen zahlreiche Arten von Granit, Por-
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
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