Winkler, Lehrbuch der technischen
Gasanalyse (2. Aufl.,
Freiberg
[* 3] 1892). -
Technische Chemie: Volley, Handbuch der chem.
Technologie (8 Bde., Braunschw.
1862-89; nebst
«Neuer Folge», 5 Hefte, ebd. 1880-82);
Muspratt,
Theoretische, praktische und analytische Chemie in Anwendung auf
Künste und
Gewerbe.
Encyklopäd. Handbuch der technischen Chemie von F.
Stohmann und B.Kerl (4. Aufl., in 8 Bdn.;
Bd. 1-4, ebd. 1886-93); von
Wagner, Handbuch der chem.
Technologie (von Dr. Ferd. Fischer, 13. Aufl.,
Lpz. 1889);
Ost, Lehrbuch der technischen Chemie (Berl. 1890). Einzelbände für die verschiedenen
Zweige der chem.
Industrie enthält Hartlebens Chem.-technische
Bibliothek
(Wien).
[* 4] - Pharmaceutische Chemie: Schmidt, Ausführliches
Lehrbuch der pharmaceutischen Chemie (2. Aufl., 2 Bde.,
Braunschw. 1887 - 90). - Geschichte der Chemie: Kopp, Geschichte der Chemie (4 Bde., Braunschw.
1843-47);
Jagnaur, Histoire de la chimie (2 Bde., Par.
1892). - Gerichtliche Chemie: Baumert, Lehrbuch der gerichtlichen Chemie (Braunschw.
1893). - Zeitschriften: die
Schriften der größern chem. Gesellschaften, vor allem die
«Berichte» der
DeutschenChemischen Gesellschaft
zu
Berlin,
[* 5] das «Journal of the Chemical
Society of
London»
[* 6] und das
«Bulletin de la
Sociéte chimique de
Paris»;
[* 7]
«Die chem.Industrie» (ebd.) u. a. Zusammenfassende
Berichte giebt regelmäßig der von Liebig begründete
«Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie» (Gieß.).
(spr. sch'mijeh),Hauptort des Kantons Chemille (214,34 qkm, 11 Gemeinden, 14 036 E.)
im
ArrondissementCholet des franz. Depart. Maine-et-Loire, in 87 m
Höhe, an dem zum Layon (Loire) gehenden Hyrôme und an der Linie La Possonnière-Riort der
Franz.
Staatsbahn, hat (1891)
3175, als Gemeinde 4467 E., Post,
Telegraph,
[* 12] eine
Kirche
(Notre-Dame) aus dem 12. bis 16. Jahrh., eisenhaltige Mineralquelle,
Woll- und Baumwollmanufaktur, Färberei und Papierfabrikation.
[* 13] Chemille wurde 1655 zur
Grafschaft erhoben.
Elemente, chemischeGrundstoffe,Urstoffe oder chemisch einfache Körper, chem. Körper
(s.
Chemie), die auf keine
Weise in mehrere
Bestandteile zerlegt werden können.
Ihre Zahl ist im Verhältnis zu der der chem.
Verbindungen sehr gering; sie beläuft sich etwa auf 67.
Jedes chem. Element wird durch ein besonderes
Symbol (s.
Chemische Zeichen) bezeichnet, das gleichzeitig
die Art des Elements und ein
Atom desselben, folglich auch die Atomgewichtszahl bedeutet. Die jetzt bekannten Chemische Elemente sind die
folgenden:
Außerdem
werden noch einige Elemente (Samarium,
Terbium,
Davyum, Decipium u. s. w.) aufgeführt, deren
Existenz nicht zweifellos ist. Nach den neuesten Untersuchungen scheint das Didym nur ein Gemisch zweier Elemente (Neodym
und Praseodym) zu sein.
Über dieBeziehungen der Elemente zueinander, ihre Einordnung in natürliche Familien u. s. w.
s. Elementarfamilien, Elementartriaden und
Periodisches System der Elemente.
Die bisher übliche
Einteilung der Elemente in Metalle und Metalloide oder Nichtmetalle, die der Metalle
wieder in schwere und leichte mit der
Dichte 5 als Grenze zwischen beiden, ist von der neuern
Chemie verlassen worden, da sie
nur physik. Eigenschaften berücksichtigt und oft dazu zwingt, in ihren chem. Eigenschaften einander
sehr nahe stehende Elemente weit auseinander zu reißen, wie z. B. Schwefel
und
Tellur; auch in den Fällen, wo Elemente in verschiedenen allotropischen Modifikationen (s.
Allotropie) auftreten, von denen die eine entschieden metallisch, die andere ebenso entschieden unmetallisch ist, ist
diese
Einteilung nicht anwendbar. Man gruppiert jetzt die Elemente nach ihren chem. Eigenschaften
in Elementenfamilien, die durch das
periodische System der Elemente wiederum in naturgemäße chem.
Beziehungen
zueinander treten.
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
[* 11] Formeln, die unter Benutzung der Chemischen Zeichen (s. d.) hergestellten Symbole der chem. Verbindungen, durch
die nicht nur die qualitativen, sondern auch die quantitativen Zusammensetzungsverhältnisse der letztern ausgedrückt werden.
Handelt es sich dabei um nichts weiter, so heißen die Chemische Formeln empirische Formeln; empirische Molekularformeln aber dann, wenn
sie die Zusammensetzungsverhältnisse der bekannten Molekulareinheit der Verbindung angeben.
So bedeutet die empirische Molekularformel des Wassers: H2O, daß ein Molekül Wasser eine Verbindung von 1 Atom (16 Gewichtsteilen)
Sauerstoff mit 2 Atomen (2 Gewichtsteilen) Wasserstoff ist und demnach 18 Gewichtsteile darstellt.
Von den empirischen Molekularformeln werden die rationellen Formeln oder Konstitutionsformeln unterschieden.
Diese sollen, außer der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung auch noch die chem. Konstitution,
d. h. die Gruppierungsweise der Elementaratome, wie sie sich in dem Ablaufe chem. Veränderungen zeigt, ausdrücken. Für die
Umsetzung des Weingeistes z. B., dessen empirische Molekularformel C2H6O ist, mit Salzsäure
ergiebt sich die rationelle Formel C2H5.OH, denn bei derselben gehen die Gruppen C2H5 (das
zusammengesetzte Radikal Äthyl) und OH (das Radikal Hydroxyl) unverändert in die neuen Verbindungen ein. Die Formel C2H5.OH
ist daher eine Radikalformel. Jeder chem. Verbindung kommen so viele rationelle Radikalformeln zu, als sie Umsatzweisen mit
verschiedenen in die neuen Produkte übertretenden unveränderten Resten oder Radikalen aufweist. Für
die Bildung des Aldehyds, C2H4O, und der Essigsäure, C2H4O2, aus dem Weingeist durch Oxydation würde sich die
rationelle Formel C2H4O.H2 ergeben, denn
für die Spaltung in Äthylen und Wasser dagegen C2H4.H2O. Seitdem für die große Mehrzahl namentlich
der Kohlenstoffverbindungen die Reihenfolge in der gegenseitigen Bindungsweise der das Molekül zusammensetzenden Elementaratome,
die Art der Verkettung der Atome oder die Struktur des Moleküls, ermittelt worden ist, bedient man sich der Strukturformeln.
Dieselbe ist für den Weingeist
^[img]
oder
^[img]
d. h. ein MolekülWeingeist besteht aus zwei miteinander verbundenen vierwertigen Kohlenstoffatomen, deren eines weiter mit
drei AtomenWasserstoff vereinigt ist, während das andere außer zwei Wasserstoffatomen noch ein Atom des zweiwertigen Sauerstoffs
bindet, welch letzteres weiter mit noch einem Wasserstoffatom in Verbindung steht. In einer solchen Strukturformel sind alle
möglichen rationellen Molekularformeln des Moleküls gleichzeitig enthalten, denn die Strukturformeln der
obenerwähnten Derivate
des Weingeistes sind
Die Strukturformel soll daher ausdrücken, welche Elemente und in welcher Anzahl und gegenseitigen Bindungsweise die Atome
derselben das Molekül der Verbindung zusammensetzen.
Industrie, derjenige Teil der Industrie, der sich mit der Herstellung der «Chemischen Präparate» (s. d.) beschäftigt.
Einige der hierher gehörenden Erwerbszweige, z. B. die Herstellung von Seife, Öl, Leim,
von Gerbstoffen, Harzen u. dgl. sind uralt, ein großer Teil verdankt dagegen erst den wissenschaftlichen Forschungen
der theoretischen und praktischen Chemiker der letzten Jahrhunderte und Jahrzehnte seine Entstehung. Die Chemische Industrie hat
sich in allen Kulturstaaten außerordentlich entwickelt, wenn auch nach dem Princip der Arbeitsteilung das eine Land sich
in dieser, ein anderes in jener chem. Branche besonders auszeichnet.
Deutschland
[* 17] behauptet hierin eine hervorragende Stellung. Nach den Aufzeichnungen der Berufsgenossenschaft
für Chemische Industrie waren 1892 in Deutschland 5393 chem. Fabriken mit 102 101 Arbeitern vorhanden, denen an Jahreslohn 89,8 Mill. M.
gezahlt wurden. Außerdem zählte die Berufsgenossenschaft derGas- undWasserwerke, von denen die erstem zu den chem. Fabriken
gerechnet werden können, über 1100 Betriebe mit 25000 Arbeitern und 24,3 Mill. M. Jahreslöhnen. An
Rohstoffen der Chemische Industrie (Salpeter, Weinstein, Schwefel, Droguen, Farbholz, Harzen, Gerbstoffen u. s. w.) sowie an chem.
Fabrikaten (Alkalien, Säuren, Salzen, ätherischen Ölen, Leim, Lacken, Zündwaren, Farben, Seifen u. s. w.) wurden 1892 in
Deutschand ^[richtig: Deutschland] eingeführt: 11 067 208 Doppelcentner im Werte von 249 723000 M. (vorwiegend
Rohstoffe), ausgeführt 6 508 240 Doppelcentner im Werte von 285 396000 M. (vorwiegend Fabrikate). In Österreich-Ungarn
[* 18] betrug
für chem. Produkte, Kerzen, Seifen und Zündwaren (also ohne Rohstoffe) die Einfuhr 85 922, die Ausfuhr 168 359 Doppelcentner.
- Gleichfalls für chem. Produkte führten 1892 ein: Frankreich für 97 Mill. Frs., Großbritannien
[* 19] für 14 783 325 Pfd.
St., während die Ausfuhr 94 Mill. Frs. bez. 12 368 574 Pfd. St. betrug. Hierbei ist jedoch nicht zu übersehen, daß in den
vorgenannten Ländern die Handelsstatistik den Begriff der chem. Produkte bald enger, bald weiter faßt.
Laboratorien nennt man die Arbeitsstätten der Chemiker. Dieselben dienen entweder Lehr- und Forschungs-
oder Erwerbszwecken. In gerechter Würdigung des Einflusses, den die Chemie auf sämtliche Naturwissenschaften ausübt,
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
sind gegenwärtig in Deutschland alle höhern Lehranstalten mit zum größten Teil mustergültig eingerichtetenChemische Laboratorien ausgestattet,
welche die Aufgabe haben, die Lernenden in die Wissenschaft einzuführen und sie zu der Fähigkeit eigener Forschung auszubilden.
Außer den Laboratorien der öffentlichen Lehranstalten giebt es eine große Anzahl von Privatlaboratorien, deren Inhaber
sich die Aufgabe stellen, gegen Entgelt chem. Untersuchungen der verschiedensten Art auszuführen,
und die vielfach von Gewerbtreibenden, Kaufleuten und Fabrikanten benutzt werden, um Auskunft über die verschiedensten Gegenstände
des täglichen Lebens zu erhalten. Für gerichtliche Untersuchungen bedarf der Chemiker der behördlichen Konzession und wird
vereidigt.
Da dieChemische Laboratorien den verschiedensten Zwecken zu dienen haben, so müssen ihre
Einrichtungen diesen Zwecken angepaßt sein; ein für Lehrzwecke dienendes Laboratorium bedarf einer ganz andern Ausrüstung
als das einer Zuckerfabrik, dieses einer andern wie das einer Sodafabrik u. s. f. Es lassen
sich daher keine allgemein gültigen Normen aufstellen; dasjenige, was für das eine Laboratorium nötig
ist, ist für ein anderes überflüssig. Ein mustergültig eingerichtetes Universitätslaboratorium ist das 1868 von Kolbe
in Leipzig
[* 21] errichtete, in dem alle notwendigen Einrichtungen in zweckmäßigster Weise vereint sind und bei dessen Konstruktion
keine Kosten gescheut wurden, durch die Nützliches hätte geschaffen werden können, während andererseits aller unnötige
Luxus vermieden ist.
Die vorstehende
[* 11]
Fig. 1 stellt einen Grundriß des Erdgeschosses,
[* 11]
Fig. 2 einen
Grundriß des obern Stockwerks dar. Die Tafel: Chemisches Laboratorium giebt in
[* 11]
Fig. 1 die Ansicht eines Arbeitstisches zu vier
Plätzen, in
[* 11]
Fig. 2 eine Ansicht eines der großen Arbeitssäle im obern Stockwerk. Im Grundriß des Erdgeschosses
liegen drei große Arbeitssäle für Anfänger A, A' undB;
letzteres Gas wird im Keller entwickelt und
den einzelnen, gut ventilierten Kapellen durch eine Röhrenleitung zugeführt. F Arbeitszimmer der Assistenten,
G Vorratskammer, H Kammer zur Aufbewahrung der Reagentien, J Wagenzimmer, auch für mikroskopische Untersuchungen, Luftpumpen
[* 23] u. s. w., K Feuerraum mit Schmelzöfen u. dgl., L Garderobe für die Praktikanten des Laboratoriums, L' desgleichen
für den großen Hörsaal M, N Vorbereitungszimmer für die in den Vorlesungen anzustellenden Experimente, N'
Vorzimmer, O Saal für die Sammlungen, P kleineres Auditorium, QQ', RR', SS' Wohnungen für drei Assistenten, T dunkles Zimmer
für Spektralanalyse, U V W X Y Z zur Wohnung des Direktors gehörige Räume.
Im obern Stockwerk
[* 11]
(Fig. 2), dessen Räume für die Arbeiten der bereits weiter vorgeschrittenen Studierenden
bestimmt sind, sind A, A' und B die Arbeitssäle, C offene Halle mit Fenstern versehen, D offener Dachraum zum Arbeiten im Sonnenlicht,
E Schwefelwasserstoffraum, F Arbeitszimmer der Assistenten, G Raum zum Erhitzen von explodierbaren Röhren,
[* 24] H Reagenskammer,
J Zimmer für Luftpumpen, K für Wagen, L Raum für Elementaranalysen, M Garderobe, N, O und P Privatlaboratorium
des Direktors, Q Raum für Spektralanalyse und Photometrie,
[* 25] R Bibliothek, S Zimmer für Gasanalyse. Die Räume T bis Z gehören
zur Wohnung des Direktors.
Dazu kommen noch in dem hohen Kellergeschoß Räume für Dampfkessel,
[* 26] Schmelz- und Feuerarbeiten, Vorräte und für besondere
chem. Arbeiten. Die Zahl der in diesem Laboratorium in letzter Zeit unterrichteten studierenden Praktikanten
beträgt zwischen 175 und 190. Der Unterricht wird vom Direktor und sechs staatlich angestellten Assistenten geleitet.
Prozesse,chemische Vorgänge, sind alle Veränderungen, bei denen vorher vorhandene chem. Körper (die Ingredienzien
der Chemische Prozesse) in andere (die Produkte der Chemische Prozesse) übergehen. Wird ein chem.
Körper so verändert, daß zwei oder mehrere neue aus ihm entstehen, so ist der Vorgang ein analytischer,
eine Zersetzung. Wenn sich dagegen zwei oder mehrere chem. Körper miteinander so verändern,
daß aus ihnen ein einziger neuer entsteht, so wird der Prozeß ein synthetischer, eine Verbindung, genannt. Läßt sich aus
den Produkten der Zersetzung durch Synthese der ursprüngliche Körper wiederherstellen, so sind jene die
chem. Bestandteile des letztern.
Sehr häufig lassen sich die Zersetzungsprodukte eines Körpers wieder weiter zersetzen. Die neuen Körper werden dann die
fernern Bestandteile, gegenüber den nähern, den Produkten der ersten Zersetzung, genannt. Niemals können aber die Zersetzungen
beliebig oft wiederholt werden, sondern man gelangt schließlich zu Zersetzungsprodukten, die nicht weiter
zersetzt werden können. Diese letzten Bestandteile sind die chemischen Grundstoffe oder Chemischen Elemente (s. d.) und werden
als chemisch einfache Stoffe betrachtet, während alle zersetzbaren chem. Körper zusammengesetzte Körper
oder chemische Verbindungen heißen. Die meisten der bekannten chem. Verbindungen, deren Zahl eine ungeheuer
viel größere als die der chem. Elemente ist, können auf dem Wege der Synthese wiederhergestellt werden.
Ein Beispiel mag diese Verhältnisse näher erläutern.
Erhitzt man Calciummetall oder Kohlenstoff im Sauerstoffgase, so verbinden sie sich mit letzterm und geben gebrannten Kalk
[und] Kohlensäure, die, wenn sie bei Gegenwart von Wasser zusammentreffen, sich miteinander verbinden zu kohlensaurem Calcium.
Von den rein analytischen und synthetischen Veränderungen unterscheidet sich eine dritte Gruppe Chemische Prozesse, die man chemische Umsetzungen
genannt hat. Bei ihnen ist die Zahl der Produkte der Veränderung gleich der Zahl der Ingredienzien. Eins der letztern mindestens
muß ein zusammengesetzter Körper sein. So entstehen z. B. aus Salzsäure (Chlorwasserstoff)
[* 33] und dem
Elemente Eisen:
[* 34] Chloreisen und Wasserstoff, indem erstere zersetzt wird
und einer ihrer Bestandteile, das Chlor, sich mit dem
Eisen wieder verbindet;
Solche Umsetzungen zwischen zwei chem. Verbindungen werden auch als Wechselzersetzungen bezeichnet.
Bei dem synthetischen Prozesse wird die zwischen den Ingredienzien vorhandene Affinität (s. d.) wirksam, beim analytischen
Vorgange muß sie zur Trennung der durch sie verbundenen Bestandteile überwunden werden, bei der Umsetzung gruppieren sich
die in den Ingredienzien vorhandenen Bestandteile unter Überwindung der schwächern Affinitäten durch die in den Produkten
wirksam werdenden stärkern Affinitäten in anderer Weise.
Die Vorgänge bei Umsetzungen werden auch Substitutionsprozesse genannt. Wenn z. B. Eisen und Salzsäure sich miteinander umsetzen,
so tritt das Eisen an Stelle des Wasserstoffes mit dem Chlor in Verbindung, es ersetzt den Wasserstoff oder wird für ihn substituiert.
Wird durch Temperaturerhöhung eine Verbindung in Bestandteile zersetzt, die sich beim Abkühlen wieder
miteinander verbinden, so heißt ein solcher Vorgang Dissociation (s. d.); wird
die Zersetzung dagegen durch den galvanischen Strom veranlaßt, so nennt man sie Elektrolyse
[* 35] (s. d.).
Chemische Prozesse verlaufen in der Natur überall, wo Änderungen der stofflichen Art der Naturkörper stattfinden.
Sie führen zur Veränderung der die Erdrinde bildenden Gesteine
[* 36] und Mineralien (geologisch-chemische Prozesse),
durch sie bildet die Pflanze organische Stoffe aus den Gemengbestandteilen der Atmosphäre und des Bodens (Assimilationsprozesse)
und wandelt das Tier seine Nahrung durch Verdauung in Bestandteile seines Körpers um und zersetzt sie wieder unter Wärmebildung
und Leistung von mechan. Arbeit.
Technologie, soviel wie technische Chemie, d. h. die Anwendung der chem. Wissenschaft zur Herstellung
von chem. Körpern, die Handelsprodukte sind (s. Chemie, Chemische Präparate).
Tusche ist lithographische Tusche, s. Lithographie. ^[= # und lithographischer Druck oder Steindruck, eine der wichtigsten vervielfältigenden Künste, ...]
Wage
[* 37] (Präcisionswage), eine zweiarmige Wage, die durch genaue zweckmäßige Konstruktion und sorgfältige
Ausführung Wägungen von solcher Feinheit gestattet, wie sie für chem. Analysen erforderlich ist, d. h. die Wage muß bei
einer Belastung von höchstens 200-300 g ein Übergewicht von einem Bruchteil eines Milligramms noch mit
Sicherheit erkennen lassen. Solche Chemische Wage sind zum Schutz immer in einem Glaskasten aufgestellt. Um die
nötige Empfindlichkeit der Wage zu erreichen, baute man deren Balken möglichst lang und leicht. Derselbe ist daher nicht
massiv, sondern durchbrochen
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.]
¶
mehr
(s. nachstehende
[* 38]
Figur), damit er bei möglichst geringem Gewicht doch die
nötige Stärke
[* 39] besitze. Die mittlere aus Stahl verfertigte Schneide ruht auf einer Unterlage von Achat,
[* 40] von der sie der Schonung
wegen, durch Drehung am untern Knopf a, abgehoben wird, solange die Wage nicht gebraucht wird. Der eine Wagearm ist
von der mittlern Schneide an bis zum Aufhängepunkt der entsprechenden Wagschale in zehn gleiche Teile geteilt, die, von der
Mitte an gezählt, mit 1, 2, 3 u. s. w. bezeichnet sind.
Wird ein aus Draht
[* 41] gebogenes Häkchen (Reiter), das 1 Centigramm schwer ist, in den Punkten 1, 2, 3 u. s. w.
aufgehängt, so hat es dieselbe Wirkung, als ob man ein Gewicht von 1, 2, 3 u. s. w.
Milligramm in die Wagschale der gleichen Seite gelegt hätte. Das Häkchen kann durch den nach außen gehenden Stab b
[* 42] verschoben
werden. Diese von Berzelius erdachte Wägmethode gestattet mittels zehnfach größerer, nicht so leicht verwerfbarer und besser
herstellbarer Gewichtchen kleinere und dennoch genaue Wägungen zu machen.
Eine Wage ist auch um so empfindlicher, je näher der Schwerpunkt
[* 43] des Wagebalkens unter dem mittlern Drehpunkt liegt. Um nun
die Lage dieses Schwerpunktes regulieren zu können, ist in der vertikalen Mittellinie der mittlern Schneide eine feine Schraubenspindel
angebracht, mittels deren man ein kleines Metallgewicht c nach Belieben höher oder tiefer stellen kann.
Ferner befindet sich in der Mitte des Wagebalkens ein meist nach unten gerichteter Zeiger zur Erleichterung der Beobachtung
des Ausschlags.
Seit man sich gewöhnt hat, nicht die ruhige Einstellung der Wage abzuwarten, sondern das Übergewicht nach den
ungleichen Ausschlägen rechts und links zu beurteilen, also durch Schwingungen zu wägen, ist es der Zeitersparnis wegen
wichtig, rascher schwingende Wagen zu haben. Man baut deshalb nach dem Vorgang von Bunge die Wagebalken kürzer als früher.
An einer gut zur Wägung hergerichteten (justierten) Wage muß sich der unbelastete Wagebalken horizontal
einstellen. Man wählt die Wagschalen von gleichem Gewicht, das durch die unveränderte Lage der Wagebalken bei Vertauschung
der Schalen nachgewiesen wird, um von einer zufälligen Vertauschung der Schalen unabhängig zu sein. Stört gleiche Belastung
der Wagschalen das Gleichgewicht
[* 44] nicht, so sind beide Arme der Wage gleich lang, was zur richtigen Wägung
notwendig ist.
Hängt man die eine Wagschale kürzer auf und bringt unter derselben ein Häkchen an, um Körper, z. B. Glastropfen an feinen
Platindrähten daran zu hängen, so kann man den Gewichtsverlust dieser Körper beim Eintauchen in Flüssigkeiten bestimmen
und so diese hydrostatische Wage zur Ermittelung des specifischen Gewichts verwenden. (S. Auftrieb.)
[* 45]
Zeichen (Chemische Symbole). Die früher in der Chemie und Pharmacie, besonders für die Metalle gebräuchlichen
Zeichen, die
teils aus der Alchimie, teils aus der Astrologie
[* 46] entlehnt waren, und von denen ^[img] (Sol) für Gold,
[* 47] ^[img] (Luna)
für Silber, ^[img] (Venus) für Kupfer,
[* 48] ^[img] (Mars)
[* 49] für Eisen, ^[img] (Mercurius) für Quecksilber, ♄
(Saturnus) für Blei,
[* 50] ^[img] (Jupiter) für Zinn, sowie ^[img] für Salz,
[* 51] ^[img] für Salpeter, ^[img] für Wasser, ^[img] für
Feuer, ^[img] für Erde, ^[img] für Sublimieren, ^[img] für Präcipitieren, ^[img] für Destillieren am häufigsten
vorkamen, sind in neuerer Zeit gänzlich außer Gebrauch gekommen.
Dafür hat die neuere Chemie besondere Symbole für die chem. Elemente eingeführt und als solche die Anfangsbuchstaben der
sog. Generalnamen, d. h. der lat.
oder griech. Namen der Elemente, gewählt. Fangen mehrere Elemente mit demselben Buchstaben an, so fügt man zu ihrer Unterscheidung
noch einen zweiten für den Namen charakteristischen Buchstaben hinzu, z. B. Ca für Calcium, Cl für Chlor,
C (allein) für Carboneum (s. Chemische Elemente). Diese Elementarsymbole drücken indessen nicht nur die Art des Elementes,
die Qualität, sondern gleichzeitig ein Atom, demnach die Atomgewichtsmenge, also eine bestimmte Quantität, aus. So bedeutet
z. B. H ein Atom, d. h. ein Gewichtsteil Wasserstoff oder Hydrogenium; O ein Atom = 16 Gewichtsteile Sauerstoff
oder Oxygenium u.s.w.
Die Elementarsymbole eignen sich in dieser Form vortrefflich für kurze Bezeichnung der Zusammensetzungsverhältnisse und
der Molekulargröße chem. Verbindungen. Die Symbole der letztern, die Chemischen Formeln (s. d.), werden nämlich durch Zusammenstellung
der Elementarsymbole gewonnen, wobei gewöhnlich das Zeichen jedes in der Anzahl von mehrern Atomen im
Moleküle vorhandenen Elements nur einmal geschrieben und die Atomanzahl durch Beifügung der betreffenden Ziffer rechts unterhalb
(oder wohl auch oberhalb) des Atomsymbols ausgedrückt wird.
So hat z. B. die Salzsäure die Formel HCl, d. h. ein Molekül besteht aus
Durch die chem. Formeln lassen sich auch alle chem.
Prozesse nach Art und Quantität ihrer Ingredienzien und Produkte veranschaulichen. Es geschieht dies in Form chemischer
Gleichungen, deren linke Seite die durch das Additionszeichen miteinander verbundenen Molekularformeln der aufeinander einwirkenden
Ingredienzien, deren rechte ebenso die der gebildeten Produkte enthält. So bedeutet z. B.
die chem. Gleichung:
Treten in einem chem. Prozesse unter den Ingredienzien oder Produkten mehrere
Moleküle auf, so wird der Formel der betreffenden Verbindung auf der Zeile die betreffende Ziffer vorgesetzt. Die multiplizierende
Wirkung dieser auf der Zeile stehenden Ziffern erstreckt sich nach rechts hin bis zum nächsten algebraischen Zeichen. So heißt
z. B.
Soll dagegen die Multiplikation einer ganzen Formelsumme ausgeführt werden, so schließt man dieselbe in Klammern
[* 55] ein und
setzt den multiplizierenden Faktor entweder auf die Zeile vor den Ausdruck, oder unter (bez. über) die Zeile
dahinter. So bedeutet z. B. die Gleichung
(grch.) wurde von ihrem Erfinder Chemitypie Piil, einem Dänen, die
Kunst genannt, durch ein chem. Verfahren Hochdruckplatten zum Abdruck von Illustrationen in der Buchdruckerpresse herzustellen.
Das Verfahren ist im wesentlichen folgendes: Auf einer blankpolierten Platte von reinem Zink wird in gewöhnlicher
Weise durch Gravierung und Ätzung eine vertiefte Zeichnung ausgeführt, welche einen Abdruck in der Kupferdruckerpresse geben
würde. Diese Zeichnung wird durch Einlöten eines leichtflüssigen Metalls (7 Teile Wismut, 16 Teile Zinn, 13 TeileBlei) ausgefüllt
und letzteres dann wieder genau bis auf die Oberfläche der Zinkplatte weggeschliffen, sodaß nur die
vertieften Züge ausgefüllt bleiben.
Wenn man sodann mit verdünnter Salpetersäure ätzt, die nur das Zink, jedoch nicht das ausfüllende Metall angreift, so
bleibt dieses als Relief stehen, indem es auf das genaueste die vorher vertieften Züge in hochstehenden Linien
wiedergiebt, sodaß die Platte nun in derselben Weise wie ein Holzschnitt sich behandeln läßt. Die Chemitypie hat jedoch nie vermocht,
dem Holzschnitt erfolgreich Konkurrenz zu machen, denn sie erreichte nie dessen Weichheit, auch hatten seine Lufttöne und
Ausgänge stets etwas Rohes und Dickes. Dagegen wurde sie viel
zur Herstellung von Karten und Plänen im
Buchdruck angewendet, während sie jetzt wohl überall durch die sehr vervollkommnete Zinkhochätzung (s. Zinkographie) ersetzt
ist.
1) Amtshauptmannschaft (ohne Stadt Chemnitz) in der sächs. Kreishauptmannschaft
Zwickau,
[* 57] hat (1890) 187 800 (91 749 männl., 96 051 weibl.) E., 3 Städte und 79 Landgemeinden.
2) Selbständige Stadt, erste Fabrikstadt Sachsens und eine der bedeutendsten Deutschlands,
[* 58] etwa 35 km von der österr. Grenze,
liegt in 306 m Höhe (Bahnhof), 50° 50' von Greenwich, in einer Einsenkung des Erzgebirgischen Beckens,
am gleichnamigen Flüßchen und hatte (1888) im Mittel eine Jahrestemperatur von etwa 7° C., einen Luftdruck von 734 mm und
eine Niederschlagsmenge von 637 mm sowie einen Flächenraum von etwa 15,36 qkm.
Bevölkerung.
[* 59] Chemnitz hatte 1840 : 23 476, 1864: 54 827, 1880: 95 123, 1885: 110 808, 1890: 138 954 (67 864 männl., 71 090 weibl.)
E., d. i. eine Zunahme (1885-90) von 28 146 (25,4 Proz.) oder jährlich 5629 Personen;
Geburten (1892) 6218, Sterbefälle 4586,
Eheschließungen 1236, Zuzug (1892) 20 891, Abzug 19 902. Dem Religionsbekenntnis nach waren 129 176 Lutherische, 7138 röm., 440 deutsche
Katholiken, 278 Reformierte und 953 Israeliten;
der Staatsangehörigkeit nach 5531 Österreicher, 364 Angehörige der übrigen
europ. Staaten und 69 Nichteuropäer. In Garnison (1717 Mann) liegt das Infanterieregiment Prinz FriedrichAugust von Sachsen
[* 60] Nr. 104. Rechnet man zu der Einwohnerzahl von 1890 (138 954) noch diejenige der Ortschaften,
welche an Chemnitz angrenzen, mit der Stadt in regem Verkehr stehen, und deren Bewohner daselbst
Beschäftigung finden, nämlich Altchemnitz (6398 E.), Altendorf (3834), Bernsdorf (2080), Borna (2299), Furch (1907), Gablenz
(9857), Hilbersdorf (4893) und Kappel (5245), zusammen 36 513 E., so erhält man für Groß-Chemnitz eine Einwohnerzahl von 175 467.
Anlage. Plätze. Bauwerke. Die Stadt ist nur in ihrem Mittelpunkte, der ehemaligen Festung,
[* 61] ältern
Ursprungs; die Vorstädte sind erst in diesem Jahrhundert entstanden. Etwa 50 ha des Weichbildes sind von freien Plätzen
und Promenaden bedeckt; zu nennen sind die Schloßteichanlagen, der Stadtpark, der große Festplatz am Küchwald und der
mit der Petrikirche besetzte Schillerplatz in der Nähe des Hauptbahnhofs. Chemnitz hat 7 evang.
Kirchen, darunter die Jakobikirche aus dem J. 1389, im 18. Jahrh. und 1879-80 abermals
im got. Stile umgestaltet, mit einem Gemälde von Lukas Kranach dem Ältern in der Sakristei; die 1514-25 in spätgot.
Stil vollendete Schloßkirche mit beachtenswertem Portal und Bildern der alten frank. Schule; die 1888 erbaute
got. Kirche St. Nikolai auf dem Niklasberge von Schramm und die ebenfalls neue Petrikirche von Enger; ferner eine kath.
Kirche. Von weltlichen Bauten sind zu erwähnen das alte spätgot. Rathaus mit Laubengängen und hohem Turm
[* 62] am Markt und das neue
Rathaus an der Poststraße, die Post, das Reichsbankgebäude, das auf dem Kaßberg, der Centralbahnhof,
die königl.
¶